HELMUTH STOLZE (HRSG.) Die Konzentrative Bewegungstherapie

HELMUTH STOLZE (HRSG.) Die Konzentrative Bewegungstherapie Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Hongkong London Mailand Paris Tokio HEL...
Author: Monica Kolbe
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HELMUTH STOLZE (HRSG.)

Die Konzentrative Bewegungstherapie

Springer Berlin Heidelberg New York Barcelona Hongkong London Mailand Paris

Tokio

HELMUTH STOLZE (HRSG.)

KBT Die Konzentrative Bewegungstherapie Grundlagen und Erfahrungen Dritte, erganzte Auflage Unter Mitarbeit von Christine Breitenborn, Anemone Carl, Ursula Dultz und Klaus-Peter Seidler Mit Beitragen von Edith Badura-MacLean, Hans Becker, Sophinette Becker, Rose Brand, Christine Brezowsky, Anemone Carl, Ruth Cohn, Peter Dettmering, Elga Dilthey, Jan Fischer-Antze, Erich Franzke, Hartwig Gaedtke, Jorg Gehrmann, Elsa Gindler, Miriam Goldberg, Christine Graff, Gertrud Heller, Anneliese Henning, Ilse Hilzinger, Sven-Olaf Hoffmann, Edith Kirchmann, Lore Koch, Hannelore Korn, Ursula Kost, Heidi Lechler, Helmut Ludeke, Joachim Ernst Meyer, Hans und Heide MUller-Braunschweig, Gertrud v. Peschke, Thea Schonfelder, Renate Schwarze, Helmuth Stolze, Waltraud Wendler und Rudolf Wilhelm

,

Springer

PROFESSOR DR. HELMUTH STOLZE

Adalbert-Stifter-Strcille 31 D-81925 MOOchen

Die 1. Auflage erschien 1984 im Verlag Mensch und Leben Berlin

ISBN-13:978-3-S40-42901-2 DOl: 10.10071978-3·642·59409·0

e·ISBN-13:978·3·642·59409·0

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Die IConzentrative Bewegunptherapie : Grundlagen und Erfahrungen I Hrag.: Helmuth Stolze. - 3q erg. Au1i.. - Berlin ; Heidelberg; New York; Barcelona; Honglwng ; London; Malland ; Paris; Tokio: Springer. 2002 ISBN-13:978-3-540-42901-2 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschlltzL Die dadurch begrilDdeten Rechte. insbesondere die der Obersetzung, des Nachdrucks. de. Vortrags. der Entnahme von Abbildungen und Tabe1len. der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervie1flJtigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. bleihen. auch bei nur auszugsweiser Verwmung, vorbehalten. Eine Vervie1flJtigung dieses Werkes 000 von Teilen dieses Werkes ist auch im Einze1fal1 nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zullsaig. Sie ist grundsiltzlich verglitungspOichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urbeberrechtsgesetzes. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York ein Untemehmen 00 Berte1smannSpringer Science+Business Media GmbH http://wwllupringer.deJmedizin o Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1989.2002

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GER TRUD HELLER gewidmet

INHALT

Vorwort des Herausgebers

XII

Anemone CARL, Ursula DULTZ und Klaus-Peter SEIDLER (2001): KBT im Wandel der Zeit

XIII

Zur Einfiihrung E.1. E.2.

Thea SCHONFELDER (1982): Die therapeutischen Moglichkeiten der Konzentrativen Bewegungstherapie Peter DETTMERING (1973): Eindriicke eines Kursteilnehmers

3 10

Erster Teil: Grundlagen der Konzentrativen Bewegungstherapie 1.1. 1.2. 1.3.

1.4. 1.5. 1.6.

Helmuth STOLZE (1958): Psychotherapeutische Aspekte einer Konzentrativen Bewegungstherapie

15

Helmuth STOLZE (1959): Zur Bedeutung von Erspiiren und Bewegen fur die Psychotherapie

28

Helmuth STOLZE (1960): Zur Bedeutung des Leib-Inbilds fur die psychotherapeutische Behandlungsmethodik und die Neurosenlehre

39

Helmuth STOLZE (1960): Das Erspiiren des eigenen Korpers als psychotherapeutisches Agens

43

Joachim-Ernst MEYER (1961): Konzentrative Entspannungsiibungen nach Elsa GindIer und ihre Grundlagen

50

Helmuth STOLZE (1971): Kinaesthetisches BewuBtmachen als Grundlage einer Entspannungstherapie

60

VII

Elga DILTHEY (1971): Konzentrative Bewegungstherapie im Rahmen intensivierter analytischer Gruppentherapie

66

1.8.

Helmuth STOLZE (1972): Selbsterfahrung und Bewegung

71

1.9.

Ursula KOST (1973): Konzentrative Bewegungstherapie in Kirchberg 1973

86

1.10. Miriam GOLDBERG (1974): Uber meine Therapieformel in der Konzentrativen Bewegungstherapie

96

1.11. Hans BECKER (1976): Nonverbaler Therapieansatz bei psychosomatischen Patienten

102

1.12. Helmuth STOLZE (1977): Einige Grundfragen der Konzentratiyen Bewegungstherapie (Deuten und Bedeuten. - Die Kombination der KBT mit anderen psychotherapeutischen Verfahren. Zur Einschatzung der KBT. - KBT als Personlichkeitsbildung.)

109

1.13. Jorg GEHRMANN (1978): Die Assoziation in der Konzentrativen. Bewegungstherapie im Vergleich zur Analyse

114

1.14. Helmuth STOLZE (1979): »Agieren« und »Erinnern« in der konzentrativen Bewegungstherapie. - Mit einem Behandlungsprotokoll von Renate SCHWARZE (1979)

121

1.15. Hans BECKER (1979): Theoretischer Ansatz der Konzentrativen Bewegungstherapie aus der Entwicklungspsychologie

132

1.16. Anneliese HENNING (1979): Konzentrative Bewegungstherapie - warum?

146

1.17. Edith BADURA-MAC LEAN und Helmuth STOLZE (1979): Der »Stuttgarter Bogen« 'in der Konzentrativen Bewegungstherapie - Evaluierung und Anwendbarkeit

155

1.18. Anemone CARL, Jan FISCHER-ANTZE, Hartwig GAEDTKE, Sven Olaf HOFFMANN und Waltraud WENDLER {1982}: Vergleichende Darstellung gruppendynamischer Prozesse bei Konzentrativer Bewegungstherapie und Analytischer Gruppentherapie. Zugleich ein Versuch zur formalen Beschreibung dieser Prozesse

167

1.19. Hans BECKER (1982): Konzentrative Bewegungstherapie. Ein nonverbales Psychotherapieverfahren zur Erweiterung der Indikation

187

1.20. Rose BRAND (1982): Eutonie und KBT. - Ein Methodenvergleich

197

1.7.

VIII

1.21. Sophinette BECKER (1983): Die Bedeutung des Widerstands in der Konzentrativen Bewegungstherapie

203

1.22. Helmuth STOLZE (1983): Konzentrative Bewegungstherapie als tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

210

Anhang zum ersten Tei!: Definitionen - Beschreibungen - Begriffserklarungen (»A rbeitsweise der KBT« - »Konzentration, konzentrativ« - »Bewegung« -» Therapie« - »Ohen, Obung, A rbeitssituation« »Bewuftt, Bewu/ftsein - Wahrnehmen«)

221

Zweiter Teil: Herkunft und Geschichte der Konzentrativen Bewegungstherapie 2.1.

Elsa GINDLER (1926): Die Gymnastik des Berufsmenschen

227

2.2.

Rudolf WILHELM (1961): Elsa Gindler. Eine groBe Padagogin besonderer Art. 19. Juni 1885 bis 8. Januar 1961

234

Gertrud HELLER (1949): Uber meine Arbeit am Crichton Royal Hospital

243

Ruth C. COHN (1955): Ein Ansatz zur psychosomatischen Analyse

248

Heidi LECHLER (1982): Die Fundierung der Konzentrativen Bewegungstherapie in der »Bewegungsarbeit« Elsa Gindlers und ihre Weiterentwicklung

260

Helmuth STOL~E (1981): Zu~ Geschichte der Konzentrativen Bewegungstherapie

278

2.3. 2.4. 2.5.

2.6.

Dritter Teil: Praktische Erfahrungen mit der Konzentrativen Bewegungstherapie 3.1.

3.2. 3.3.

Helmuth STOLZE (1966): Die praktische Arbeit mit der Konzentrativen Bewegungstherapie (Vorbereitung des Patienten. - AuBere Arbeitsbedingungen. - Allgemeine Aufgaben lind Haltung des Therapeuten. - Arbeitssituationen. - Erlebnis der Arbeitssituationen.)

285

Hans BECKER und Helmut LUDEKE (197'8): Erfahrungen mit der staiionaren Anwendung psychoanalytischer Therapie

310

Helmuth STOLZE (1982): Uber die Verwendung der Worte zur Gestaltung von Arbeitsangeboten in der Konzentrativen Bewegungstherapie

327

IX

3.4.

Christine GRAFF (1981): Strukturierung in der KBT-Arbeit

331

3.5.

Gertrud von PESCHKE (1979): Uber das Auftauchen und Bearbeiten von Assoziationen in der Konzentrativen Bewegungstherapie

334

3.6.

lIse HILZINGER (1978): Tiefenpsychologischer Deutungsversuch einzelner KBT-Erfahrungen

340

3.7.

Helmuth STOLZE (1982): »Von der Bahre bis zur Wiege«. Bericht von der Bearbeitung eines Traums in einer KBT-Gruppe

345

Helmuth STOLZE (1964): Moglichkeiten der Psychotherapie von Angstzustanden durch Konzentrative Bewegungstherapie

351

Hans BECKER und Rose BRAND (1981): Die Behandlung von Angstsymptomen in der Konzentrativen Bewegungstherapie

356

3.10. Erich FRANZKE (1977): Uber den Umgang mit kritischer Nmegrenze, mit Vorurteilen, mit Behalten und Hergeben, mit Hindernissen und Behinderungen in der Konzentrativen Bewegungstherapie

365

3.11. Helmuth STOLZE (1963/1971): Bewegungs- und Atemtherapie in der psychotherapeutischen Praxis

374

3.12. Hannelore KORN, Heide MULLER-BRAUNSCHWEIG und Hans MULLER-BRAUNSCHWEIG (1981): Zur therapeutischen Funktion der Mal- und Bewegungstherapie

383

3.13. Christine BREZOWSKY (1977): Behandlung einer Borderline-Patientin mit Konzentrativer Bewegungstherapie und Gestaltungstherapie

393

3.14. Edith KIRCHMANN (1979): M6gliche Beispiele eines Einsatzes der Musik in der Bewegungstherapie

404

3.15. Lore KOCH (1982): Konzentrative Bewegungstherapie in der Nachsorge brustamputierter Frauen

417

3.8. 3.9.

Vierter T eil:

Die Konzentrative Bewegungstherapie wird vorgestellt - Beitrige zur Hinfiihrung an die Methode 4.1. 4.2.

x

Anneliese HENNING (1972): Aus derArbeit einer Selbsterfahrungsgruppe mit Konzentrativer Bewegungstherapie

445

Christine GRAFF (1975): Von der Korper-Sprache zur Sinn-Gestalt: Vom psychosomatischen Weg der Konzentrativen Bewegungstherapie

449

4.3. 4.4. 4.5.

Edith KIRCHMANN (1978): Versuch einer Beschreibung der KBT-Arbeit im Sinne eines 5-gliedrigen Aufbaus

452

Ursula KOST (1979): Yom Erkennen der Erlebnisstorung in der Konzentrativen Bewegungstherapie

460

Helmuth STOLZE (1979): Uber die Erweiterung des therapeutischen Raums durch Konzentrative Bewegungstherapie

466

Aus der Sieht des Deutschen Arbeitskreises fiir Konzentrative Bewegungstherapie (DAKBT) 5.

Ursula KOST (1983/1987): Auf dem Wege sein - Sich umschauen - Weitergehen

473

Anhang A.I. Quellennachweis

481

A.2. Weitere Veroffentlichungen und Arbeiten fiber die Konzentrative Bewegungstherapie (2001)

485

A.3. Register: a. Arbeitssituationen b. Fallskizzen - Falldarstellungen c. Sachregister

492 494 497

Hinweise for den Leser: Aile wm Herausgeber wrfaftten Texte sind durch Schragdruck gekennzeichnet. Wo in den Arbeiten Texte in Schragdruck und in Klammern erscheinen, so ersetzen diese weggelassene Abschnitte der Originalarbeiten. Anmerkungen der Verfasser, die aus den Originalarbeiten ubernommen sind, sind im Text mit "fbezeichnet und als Fuflnote aufder jeweiligen Seite wiedergegeben. Hochgestellte ZtIhlen mit Klammer verweisen aufAnmerkungen des Heraus· gebers am Ende des Beitrags. Literaturhinweise, soweit sie gegeben werden, sind den Originalarbeiten ent· nommen; sie sind im Text in Klammern bezeichnet und finden sich am Schlup des Beitrags.

XI

VORWORT DES HERAUSGEBERS

Schon seit Jahren ist auch die 2. Auflage dieses Buches vergriffen. Dennoch zogerten Herausgeber und Verlag mit einer Neuauflage dieser Sammlung, in der die Erfahrungen mit der Konzentrativen Bewegungstherapie (KBT) aus ihren ersten 30 Jahren (1953 - 1983) zusammengefaBt sind. Denn die KBT hat sieh weiterentwiekelt: Forschungsergebnisse der Natur- und Geisteswissenschaften haben manche der Grundannahmen der KBT bestatigt, aber auch neue Fragen aufgeworfen, an denen gearbeitet wird; der erweiterte Erfahrungshorizont in der Praxis hat eine differenziertere Anwendung der KBT ermoglicht; Erfolgskriterien, die iiber den subjektiven Eindruck von Patienten und Therapeuten hinausreiehen, sind in Entwieklung begriffen. MuBte dies nieht alles beriicksiehtigt werden? Wir haben uns aber schlieBlich von der Einsieht leiten lassen, daB gerade dann, wenn lebhafte Bewegung herrscht, eine (Riick-)Besinnung auf das Gewachsene und Gewordene notwendig ist als Gegenpol zum Fortschreitenden. Denn nur so kann sieh das Spannungsfeld aufbauen, in dem jenes Vergleichen moglich wird, das wir zu unserer Orientierung in Praxis, Lehre und Forschung benotigen. lndem die hier wieder vorgelegte Sammlung zu den "Wurze1n" der KBT zuriickfiihrt, fordert sie - ganz im Sinne ihrer Methodik - dazu auf, sieh auf den ProzeB des Wahrnehmens, Vergleichens, Wiihlens und Entscheidens einzulassen. So konnen eigene Beobachtungen und Reflexionen neb en diejenigen gestellt werden, die andere Therapeutinnen und Therapeuten schon gemacht haben. Daraus lassen sieh Anregungen gewinnen fUr die eigene therapeutische Arbeit - auch dann, wenn man erst beginnt, mit der KBT neue Behandlungswege zu beschreiten. Urn dem Leser aber auch einen Eindruck zu vermitte1n von der Entwicklung der KBT in den letzten 15 Jahren, ist dieser 3. Auflage ein Berieht von Carl, Dultz und Seidler vorangestellt: "KBT im Wandel der Zeit". Und das aktualisierte, im Anhang beigegebene Literaturverzeiehnis liiBt die Vielfalt der behandelten Themen erkennen und zeigt Wege zur Vertiefung in Einzelfragen. Der AnstoB zu dieser Neuauflage kam letztlich von Christine Breitenborn. Sie hat alle Stadien der KBT-Weiterbildung bis zur Ausiibung der KBT in klinischer Tatigkeit und eigener Praxis durchlaufen und hat dabei"am eigenen Leib" erfahren, wie wertvoll ihr immer wieder diese Sammlung von Arbeiten gewesen ist. Das hat sie motiviert, die Verhandlungen aufzunehmen, die nun zur Neuauflage "des" KBTBuches gefiihrt haben. AIle an der KBT lnteressierten sind ihr dankbar fUr diesen Einsatz. Wir danken auch dem Springer-Verlag, der siehbereiterklart hat, diese 3. Auflage, nun in seiner Reihe "Book on Demand", wieder zu betreuen. Miinchen, im Miirz 2001

XII

Helmuth Stolze

KBT 1M WANDEL DER ZEIT Von Anemone CARL, Ursula DULTZ und Klaus-Peter SEIDLER (2001) Angesiehts der Aufgabe, fUr die Neuauflage des Sammelbandes iiber die Grundlagen der KBT eine Standortbestimmung fUr das Jahr 2001 zu schreiben, wurde uns rasch klar, dass dies nieht ohne einen erneuten Riickblick auf die Anfange der KBT moglich sein wiirde. Dabei war es uns wichtig, an den Beitrag anzukniipfen, den Ursula Kost als Standortbestimmung fUr die KBT 1983 geschrieben hat, und zu reflektieren, was sieh seither veriindert hat und was unveriindert geblieben ist. Betrachten wir dies in Hinblick auf unsere Herkunft und theoretische Begriindung, so wird deutlich, dass die KBT auf dem theoretischen Fundament weiter gewachsen ist, welches die tiefenpsychologisch ausgeriehteten "Vater und Miitter der friihen Jahre", wie Stolze, Meyer, Kost und Becker durch ihre analytische Ausriehtung mit gepragt haben. So war es ab 1958 in den Anfangsjahren hauptsachlich das Verdienst von Stolze, die Erfahrungen der KBT wissenschaftlich einzuordnen und als Psychotherapiemethode in wissenschaftliehen Seminaren und zahlreiehen Veroffentlichungen zu begriinden. Insbesondere hat er durch die Riickbindung an von Weizsiickers Gestaltkreislehre die Theorieentwicklung der KBT auf ein solides Fundament gestellt. Dadurch konnten die spezifischen Elemente der KBT in der Praxis, niimlich die Einbeziehung des Gestaltkreises von Wahrnehmen und Bewegung als therapeutische Erfahrung, in einem sinnvollen Behandlungsmodell begriindet werden (siehe dazu S.71ff.). Stolze selbst hielt jedoch die theoretische Basis der KBT noch bis in die 80er Jahre fUr sehr schmal und begriiBte daher in seinem Vorwort zu Beckers 1981 erschienenem Buch des sen Versuch, durch klinische Fallbeispiele und deren wissenschaftlichen Diskussion die KBT auf dem Hintergrund der Psychoanalyse darzustellen. Das Bediirfnis vieler mit KBT arbeitenden Menschen nach theoretischen Erklarungsmustern wuchs in dem MaBe, indem sie Erfahrungen mit Patienten sammelten und dadurch immer mehr Fragen nach der Wirkungsweise der KBT auftauchten. Man erkannte durch die Arbeitserfahrungen mit KBT, dass der Mensch ein Leibgedachtnis hat, das iiber KBT-Angebote aktiviert werden kann, so dass friihe emotionale Erlebnisebenen erreieht werden. Erst mit den weiteren theoretischen Geriisten der Entwicklungspsychologie war es moglich, fUr viele der aufgetauchten Fragen Denkmodelle anzubieten, indem sich Erfahrungen in der therapeutischen Arbeit auf dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Theorien einordnen lieBen, die neu reflektiert fUr den weiteren Therapieprozess nutzbar gemacht werden konnten. Von groBer Bedeutung ist hier die Arbeit von Becker, der eine theoretische Begriindung der KBT aus der Entwicklungspsychologie heraus vornimmt. Er zeigte, wie sich den entwicklungspsychologischen Phasen nach den theoretischen Modellen von Erikson und Mahler, spezifische Inhalte aus der KBT-Arbeit zuordnen lassen und schreibt hierzu:

XIII

Akzeptieren wir die Analogie des Geschebens der friihkindlichen Entwicklung mit dem tberapeutischen Proze8 der KBT. so eroffnet sich die MogIichkeit eines Zugangs zum friihkindlichen Konflikt und der tberapeutische Proze8 impliziert auf gleicher Ebene eine emotional korrigierende Erfahrung. (Becker. 1979. siebe dazu 5.132 ff)

Cserny hebt in ihrer 1995 veroffentlichten Dissertation fiber die entwicldungspsychologischen Grundlagen der KBT hervor (S.67), dass die KBT die einzige Therapiemethode sei, welche direkt mit Bezugnahme auf die entwicldungspsychologischen Phasen-Modelle arbeitet, sie dabei nicht nur als Grundlage und Erkliirungsmuster filr auftretende Storungen benutzt, sondern sich in ihren Interventionen, d.h. in der Gestaltung der sog. Bewegungs- und Wahrnebmungsangebote, an diesen orientiert und sie so in den Entwicldungs- und Entfaltungsprozess des Patienten im Therapieverlauf miteinbeziebt. Die entwicklungspsychologischen Modelle werden auch heute immer noch als theoretische Grundlage fUr die KBT gesehen. Sie fanden jedoch in den 90er Jahren eine Erweiterung durch die Ergebnisse der neuen Sauglingsforschung und der Objektbeziehungstheorie. Cserny (1995) erweiterte zudem die theoretischen Grundlagen der KBT durch die Einbeziehung des entwicldungs- und kognitionstheoretischen Modells der Intelligenzentwicklung von Piaget. Auch auf der Basis dieses kognitionstheoretischen Entwicldungsmodells, dessen Phasen der Intelligenzentwicklung sich yom Zusammenspiel motorischer, emotionaler und kognitiver Entfaltung herleiten, lassen sich Entwicldungsstorungen besser verstehen und kOnnen spezifische KBT-Angebote den verschiedenen Phasen zugeordnet werden. Auf dem Hintergrund der entwicklungspsychologischen Begrundung etablierte sich die KBT als Methode Mitte der achtziger und im Laufe der neunziger Jahre zunehmend als eine eigenstandige Therapieform. Die qualifizierte Ausbildung der KBT-Therapeut/innen vermittelte diesen einen theoretischen Rahmen, die Erfahrungen in der therapeutischen Arbeit zu reflektieren und auch einer verbalen Bearbeitung zuganglich zu machen. Viele der KBT-Therapeutlinnen der ersten Generation konnten auf eine fiber zehn Jahre hinausreichende Erfahrung mit KBT im Gruppen- und Einzeltherapie-Setting an Kliniken zurfickblicken, als sie in den achtziger Jahre die Ergebnisse ihrer Arbeit in wissenschaftlichen Artikeln oder Bficher zu veroffentlichen begannen. Carl zum Beispiel, damals tatig als KBT-Therapeutin an einer psychosomatischen Klinik, arbeitete 1982 an einer vergleichenden Studie fiber gruppendynamische Prozesse bei KBT und analytischer Gruppentherapie mit (siebe S. 167 ff). Eine der wichtigsten Resultate der vergleichenden Studie war, dass KBT im Gruppenverlauf der analytischen Gruppentherapie voraus ging. Diese durch die korper- und handlungsbezogenen Ablaufe methodenimmanente Erlebnisniibe wurde als Vorteil im Behandlungsverlauf der Probanden festgestellt. Graff, die als erste KBT-Therapeutin in Deutschland bereits Ende der 50 er Jahre die KBT an einer psychosomatischen Klinik einfiihrte, stellte ihre praxisbezogenen Erfahrungen in ihrem 1983 erschienenen Buch vor, das bereits in dritter, fiberarbeiteter und erweiterter Auflage vorliegt (Graff,2000)~ 1992 erschien Budjuhns Buch fiber XIV

die psychosomatischen Verfahren mit praxisbezogenen Beispielen aus der KBT und Gestaltungstherapie, in dem sie die KBT als Methode sowohl sprachlieh wie inhaltlich auf der theoretischen Basis der Psychoanalyse und den entwicklungs- und kognitionstheoretischen Modellen von Piaget vorstellte. Als ein bedeutsamer Schritt, die KBT als eigenstandiges, humanistisch orientiertes und tiefenpsychologisch begriindetes Therapieverfahren zu etablieren, ist das 1996 erschienene Buch von Pokorny, Hochgerner und Cserny mit dem Titel "Konzentrative Bewegungstherapie - Von der korperorientierten Methode zum psychotherapeutischen Verfahren" anzusehen. Es entstand aus den Bemiihungen des Osterreiehischen Arbeitskreises fUr Konzentrative Bewegungstherapie (OAKBT) heraus, nach Inkrafttreten des Osterreiehischen Psychotherapeutengesetzes 1990 als Ausbildungsinstitution anerkannt zu werden. Ende 2000 war dem OAKBT damit Erfolg beschieden. 1m Zusammenhang mit den Bestrebungen, sieh als eigenstandiges Psychotherapieverfahren zu etablieren und zu profilieren, spielen auch empirische Arbeiten zur KBT eine bedeutsame Rolle, da es darum geht, den empirischen Nachweis der Wirkung und Wirkungsweise der KBT zu erbringen. Dabei sind insbesondere in den letzten zehn Jahren verstiirkte Forschungsaktivitaten zur KBT zu verzeichnen. Bis Ende 2000 sind insgesamt 23 empirische Arbeiten erschienen (vgl. Seidler 2001), wobei die iiberwiegende Anzahl dieser Studien von der Methodik her quantitativ ausgeriehtet ist. Besonders hervorzuheben ist die Arbeit von Schreiber-Willnow (2000), die sieh einer umfangreiehen empirischen Oberpriifung von Prozessen und Effekten der KBT-Gruppenbehandlung im Rahmen stationarer Psychotherapie widmet. Zentrales Ergebnis ihrer Untersuchung ist, dass die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Behandlungserfolg und Verbesserungen im Leiberleben sowie den therapeutischen Erfahrungen im Verlauf der KBT-Gruppenbehandlung bestatigt werden konnte. Trotz der noch relativ kleinen Anzahl von Forschungsarbeiten, lassen sieh anhand deren Ergebnisse eine Reihe empirisch abgesieherter Aussagen zur KBT machen und vorlaufige Schlussfolgerungen ziehen. Die Studien belegen sehr deutlich die hohe Wertschatzung, die der KBT sowohl im Urteil von Klinikleitern (Dietrich, 1995) als auch der Patienten (z.B. Gathmann, 1990, Kordy et al. 1990) zukommt. Einzelne qualitative Studien (Moller, 2000; Senf, 1988) verdeutlichen zudem, dass diese hohe Wertschatzung von Seiten der Patienten nieht etwa ein regressives "WohlfiihlGruppenerleben" widerspiegdt, sondern Patienten im Rahmen der KBT wesentliche therapeutische Erfahrungen machen und Einsiehten gewinnen. In Untersuchungen zum Gruppenerleben (z.B. Seidler, 1995; Schreiber-Willnow, 2000) konnte nachgewiesen werden, dass im Rahmen der KBT-Gruppenbehandlung spezifische Merkmale korperorientierter psychotherapeutischer Arbeit zum Tragen kommen und ihre Wirksarnkeit entfalten. Anhand der Ergebnisse erster kontrollierter Studien (Kehde, 1994; Weber et al., 1994; Wernsdorf, 1998) zeiehnet sieh sogar ein Wirkungsprofil fUr die KBT ab, das wesentliche Schwerpunkte der therapeutischen Arbeit widerspiegdt. Demnach scheint KBT ihre Wirksarnkeit im Hinbliek auf das subjektive (korperliehe) Wohlbefinden und ein erhOhtes Selbstbewusstsein im Zusammenhang mit einer Ober-Ich-Milderung zu entfalten. Die Ergebnisse weisen aber auch daraufhin, dass-

xv

wie bei anderen Psychotherapieverfahren auch - keineswegs alle Patienten in gleicher Weise von KBT profitieren. Art des Storungsbildes, Personlichkeitseigenschaften und Charakteristika des Korpererlebens scheinen hier von Bedeutung zu sein und machen systematische Forschung diesbeztiglich dringend notwendig. Bei der Frage einer Differenzierung der KBT angesichts unterschiedlicher Krankheitsbilder, wurde uns deutlich, mit welchem Pioniergeist und Mut in den 60er Jahren mit KBT gearbeitet worden ist. Grundsatzlich geht aus den Beitragen von Stolze (1958) und Meyer (1961) hervor, dass es damals wenig Einschrlinkungen in Bezug auf die lndikationsstellung oder auf ein dem Krankheitsbild entsprechendes KBTAngebot gab. Meyer (1961) erwiihnte in einem Abschnitt tiber Hinweise zur Indikation, dass sich seiner Meinung nach noch keine eng umgrenzte Indikation aufstellen lieBe, jedoch einige Neurosenformen, wie Angst- und Zwangsneurosen, vor allem Phobien, besonders gUnstig auf eine Behandlung mit der Methode der KBT ansprechen wilrden. Auf dem Hintergrund der vielfach gesammelten praktischen Erfahrungen mit KBT und dem sie langsam durchdringenden theoretischen tiefenpsychologischen Hintergrund gewann die Methode in den siebziger Jahren an zunehmender Bedeutung in Hinblick auf die Behandlung psychosomatischer Storungen und praverbaler Neurosen. Becker hebt bereits 1976 in seinem Beitrag tiber den nonverbalen Therapieansatz bei psychosomatischen Patienten die hohe Effektivitat der KBT-Methode hervor. Von der Annahme ausgehend, daB psychosomatische Storungen, Fixierungen bzw. Regressionen auf einer frUben praverbalen Stufe der Entwicklung des Menschen sind, kommt der nonverbale Therapieansatz der KBT-Methode dieser Tendenz zur Korperorientiertheit und Sprachlosigkeit bei einem Teil der Patienten mit psychosomatischen Erkrankungen entgegen und bietet eine Obersetzungsarbeit yom reinen KOrpersymptom zum auch verbal ausdrtickbaren psychischen Leiden. Demnach sind nach Becker (1982) die psychosomatischen und die funktionellen Storungen sogar als Hauptindikationsbereich der KBTMethode zu betrachten. Weitere erfolgversprechende Indikationen waren fUr ibn Neurosen mit sogenannten frtihen pragenitalen Storungsanteilen aber auch Patienten mit ausgepragten Phobien und Beziehungsangsten, wiihrend alle anderen Neurosen mehr in die Hand der verbal orientierten (psychoanalytischen) Therapieverfahren gehorten. Dieses Missverhliltnis, die KBT trotz ihrer hohen therapeutischen Bedeutsamkeit im klinischen AUtag als eine Art Hilfsmethode anzusehen, findet sich - teilweise bis heute - an den rein psychoanalytisch ausgerichteten Kliniken. Durch die Trennung des nonverbalen Erlebnisbereichs der KBT von der verbalen psychotherapeutischen Aufarbeitung durch den analytisch ausgebildeten Einzeltherapeuten, wird der vielfach geforderte ganzheitliche Psychotherapieansatz der KBT verhindert. In den neunziger Jahren veranderte sich diese Einstellung - zumindest im ambulanten Bereich - erkennbar daran, dass viele Krankenkassen im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens und der Heilpraktikerzulassung von KBTTherapeutlinnen fUr psychotherapeutische Tlitigkeit die KBT sowohl als Gruppentherapie wie auch als Einzelbehandlung auf Empfehlung eines mitbehandelnden Arztes dem Patienten erstatteten. XVI

Am Ende der neunziger Jahre war die KBT in rund 90 psychosomatischen, psychotherapeutischen und psychiatrischen Kliniken in Deutschland etabliert. Mit wachsendem Wissen und einem groBen Fundus an jahrzehntelanger klinischer wie auch ambulanter Praxis, war zu beobachten, dass sich KBT sowohl bei psychosomatischen als auch neurotischen Storungen und insbesondere bei Essstorungen bewiihrt hatte (Bayerl, 1998, Budjuhn, 1998, Carl, 1992, Hochgerner, 1994, Hochgerner, 1998, KluckPuttendorfer, 1992, Reymann und Wiegand, 2000, Schwarze, 1991). Die klinischen Erfahrungen mit KBT verdeutlichten zudem, dass uber KOrperwahrnehmung Entwicklungsdefizite der praverbalen Zeit therapeutisch zuganglich werden und damit auch sogenannte "friihe Storungen" mit narziBtischer Problematik und Borderline-Symptomatik therapeutisch beeintluBbar sind (z.B. Schwarze, 1992). Des weiteren zeigte sich, dass mit einem stark strukturierten Vorgehen auch Psychosen behandelt werden mnnen, wenn Reste der Ich-Funktionen erhalten sind (z.B. Kritsch und Heuer, 1997). So erlaubt die Differenzierung der jeweiligen KBT-Angebote gegenuber spezifischen Krankheitsbildern die Formulierung adaptiver Indikationsregeln. Demnach ware beispielsweise mit psychotisch erkrankten Menschen auf der Basis von strukturgebenden, nicht regressionsrordernden und realitatsbezogenen Angeboten zu arbeiten, wohingegen Patienten mit frUben Storungsanteilen regressive KBT-Erfahrungen im Sinne der Progression angeboten werden. 1m Sinne eines auch zunehmend storungsspezifischen therapeutischen Vorgehens haben sich in den letzten Jahren KBTTherapeut/innen auch der Behandlung posttraumatischer Belastungsstorungen zugewendet (Karcher, 2000; Peichl und Schmitz, 2000). So lasst sich insgesamt die Frage nach einer Veranderung in den therapeutischen Arbeitsfeldern der KBT und ihrer Methodik so beantworten, dass sich im Indikationsbereich weniger Veranderung zeigte als vielmehr in der Differenzierung der KBT als Methode den unterschiedlichen Krankheitsbildern gegenuber. Die berufspolitische Landschaft hat sich wohl mit am nachhaltigsten verandert seit 1983. Auch wenn damals schon eine Kluft bestand zwischen arztlichen und nichtarztlichen KBT-Therapeuten, die sich vor allem durch die Abrechnungsmoglichkeiten bei den Krankenkassen bemerkbar machte, so gab es doch, wie ohen erwiihnt, fUr viele nicht-iirztliche Therapeuten eine Reihe von Moglichkeiten, ihre Arbeit von den Kassen bezahlt zu bekommen, u.a. durch das sogenannte Kostenerstattungsverfahren und die Heilpraktikererlaubnis fUr Psychotherapie. Daneben bestand eine gewisse Hoffuung, durch die im Deutschen Arbeitskreis fUr Konzentrative Bewegungstherapie (DAKBT) 1993 verabschiedete neue Weiterbildungsordnung mit deutlich gesteigerten Qualifikationsstandards einen Beitrag zu den BemUhungen zu leisten, eine eigene Abrechnungsziffer fUr die KBT zu erlangen. Mit dem 1999 in Kraft getretenen Psychotherapeutengesetz wurden diese Moglichkeiten fUr aIle Nicht-.Arzte und NichtPsychologen - die Mehrzahl der DAKBT-Mitglieder - mit einem Schlag zunichte gemacht. FUr aIle KBT-Therapeut/innen jedoch, die aufgrund ihres Grundberufes oder des Besitzes der Heilpraktikererlaubnis weiter psychotherapeutisch tatig sein konnten, wurde es in ihrer ambulanten Tiitigkeit mit KBT im Laufe der letzten Jahre

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durch die Folgen der Gesundheitsreformen und Einsparungen im Gesundheitswesen zunehmend schwieriger, ihre Behandlungen im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens bei den Kassen genehmigt zu bekommen. Ein gewisser Hoffnungsschimmer geht hier von den Bestrebungen aus, den Beruf des Psychotherapeuten langfristig europaweit einheitlich als eigenstandigen Beruf zu definieren und zwar unter Wahrung allgemein verbindlieher Qualitatsstandards, wie sie das ECP (European Certificate of Psychotherapy) festlegt. Ein Aufnahmeantrag des DAKBT in den EAP (European Association of Psychotherapy) ist in Arbeit. Daneben gibt es Bemiihungen, iiber die Mitgliedschaft in Dachverbanden wie die AGPF(Arbeitsgemeinschaft Psychotherapeutischer Fachverbande) oder die DVP (Deutscher Fachverband fUr Psychotherapeuten) Einfluss auf die berufspolitische Entwicklung zu nehmen. Die in Kosts (1983) Beitrag erwahnte Anerkennung der KBT als Zweitverfahren im Rahmen der arztlichen Weiterbildung zu den Zusatzbezeiehnungen "Psychotherapie" und "Psychoanalyse" wird von einigen, aber nieht allen, Landesarztekammern aktzeptiert. Hier ist der Vorstand des DAKBT aktiv bei dem Versuch, der KBT in weiteren Ausbildungsinstituten Anerkennung zu verschaffen. 1m Rahmen eines in Freiburg entwickelten kombinierten Angebots von KBT und Analytischer Gruppentherapie wird die KBT gleiehberechtigt als tiefenpsychologisch fundierte Selbsterfahrung anerkannt. Der 1976 gegriindete DAKBT, dessen Zustandekommen Ursula Kost entscheidend beeinflusste, erfuhr seit 1983 erhebliche Veranderungen. Aus einem 40 Personen umfassenden Griindungskreis war 1983 bereits ein Verein mit iiber 200 Mitgliedern geworden; heute betragt die Zahl der aktiven Mitglieder 433 (plus 73 ruhende Mitglieder). Das Verhliltnis zwischen KBT-Therapeut/innen mit abgeschlossener Weiterbildung und Weiterbildungskandidaten hat sieh jedoch deutlich verandert. Standen 1983 mehr als 100 Weiterbildungskandidaten rund 80 KBT-Therapeut/innen gegeniiber, so ist Ende 2000 die Zahl dieses Personenkreises mit 264 deutlich hOher als die Zahl der Weiterbildungskandidaten mit 176. Konsequenzen aus dieser veranderten Mitgliederstruktur zog der DAKBT im Jahr 2000 durch die Entwick1ung von berufs- und arbeitsfeldspezifischen Fortbildungsangeboten, die Mitgliedern mit abgeschlossener Weiterbildung ein eigenes Tiitigkeitsfeld eroffnen sollen. 1m Gegensatz zu dieser Entwick1ung blieb die Zahl der Lehrbeauftragten mit 20 nahezu konstant, mittlerweile allerdings erganzt durch eine Reihe sogenannter Mentoren, die spezielle Weiterbildungsaufgaben wie Anleitung bei Beobachtung und Co-Therapie sowie fUr Einzelarbeit wahrnehmen. Viele der seit 1983 eingetretenen Veranderungen gehen zuriick auf eine vom DAKBT in Auftrag gegebene und 1991/92 durchgefiihrte gr06e Strukturreform.Sie zielte im wesentlichen darauf ab, die Moglichkeiten der Mitgestaltung durch die Mitglieder zu starken. Bewahrt hat sieh die Einrichtung einer Weiterbildungskommission, durch deren Arbeit verschiedene wichtige Projekte verwirklicht werden konnten, nieht zuletzt die Erstellung eines Curriculums, das in Zusammenarbeit mit den Lehrbeauftragten im Jahr 2001 fertiggestellt wurde. XVIII

Erfreulich entwickelte sich die Griindung von KBT-Fachverbanden au6erhalb Deutschlands. Der Osterreichische Arbeitskreis fUr KBT hat die Griindung eines Arbeitskreises in der Slowakei initiiert, eine Weiterbildung ist dort angelaufen und KBT-literatur wird ins Slowakische iibersetzt. Auch in der Schweiz und in Italien wurde vor kurzen jeweils ein Arbeitskreis fUr KBT gegriindet. Am Ende ihres Beitrages formuliert Kost die Zukunftsaufgabe einer "wissenschaftlichen Untermauerung unserer Arbeit" und fordert zugleich als niichsten Schritt eine "vermehrte Veroffentlichung von Kasuistik" (siehe S. 478). Fiir die letztgenannte Aufgabe besteht in der Zeitschrift des DAKBT ein angemessenes Forum, das auch zunehmend hierfUr genutzt wird. Daneben gibt es seit 1983 wichtige Buchveroffentlichungen und zahlreiche in wissenschaftlichen Zeitschriften und Sammelbanden veroffentlichte Einzelarbeiten (siehe hierzu Anhang 2). Auch auf nationalen wie internationalen Tagungen ist die KBT regelmii6ig durch Vortriige und Seminare vertreten. Impulse fUr die weitere empirische Forschung zur KBT sind von der 1999 im DAKBT eingerichteten Forschungsgruppe und der Ulmer KBT-Forschungswerkstatt zu erwarten. Aufgaben der Forschungsgruppe sind die Erfassung des Stands der empirischen Forschung zur KBT und die Bahnung von Untersuchungen zu Prozessen in der KBT und ihrer Wirkungen. Beziiglich des erst genannten Aufgabenbereichs wurde inzwischen ein Forschungsarchiv mit der detaillierten Beschreibung bisheriger Forschungsarbeiten zur KBT vorgelegt (Seidler et al., im Druck), das auch im Internet unter der Homepage des DAKBT (www.dakbt.de) einsehbar ist. Die Forschungsgruppe initiierte zudem eine Erhebung zu der Frage, welche Storungsbilder in Kliniken und freier Praxis von KBT-Therapeutlinnen behandelt werden und wie lange diese Therapien dauern. Gegenwiirtige Projekte sind die Entwicklung von Skalen zur Beurteilung relevanter Merkmale des therapeutischen Prozesses in KBT-Behandlungen und die Planung einer kontrollierten Untersuchung zur Wirksamkeit von KBT bei Schmerzpatienten. Die Ulmer KBT-Forschungswerkstatt, die vom DAKBT in Kooperation mit der Abteilung Psychotherapie und Psychosomatische Medizin der Universitiit Ulm unter der Leitung von Horst KiJchele organisiert und 2001 bereits das dritte Mal stattfand, bietet einen hervorragenden Rahmen - unter der Beteiligung und Unterstiitzung von Psychotherapieforschern - Forschungsprojekte, wie die oben genannten, zu entwickeln und deren Ergebnisse in Hinblick auf ihre Bedeutung fUr die Weiterentwicklung der KBT zu diskutieren. Bisherige Themen der Forschungswerkstatt waren das Gruppenerleben, die Therapieziele und die Prozessdiagnostik in der KBT. Mit seinem ersten Beitrag iiber die KBT 1958 wollte Stolze "die Bewegungstherapie aus ihrer psychotherapeutischen Uneigentlichkeit erlosen" (siehe S.15). 2001 miissen wir uns daher fragen, ob wir aus dieser Uneigentlichkeit eigentlich erlost sind! Ganz ist es uns wohl noch immer nicht gelungen, obwohl wir in wichtigen Bereichen wie der klinischen, theoretischen und in Ansiitzen auch empirischen Fundierung dabei sind, uns die Anerkennung als eigenstandige psychotherapeutische Methode zu erwerben. Ob die "Erlosung" letztendlich nur dutch eine eigene Abrechnungsziffer zu erreichen ist, oder ob es auch darum geht, sich im weiten Feld der Korperpsychotherapien einen unverwechselbaren Platz an der Spitze zu bewahren, bleibt auch im Jahre 2001 eine offene Frage.

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