Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Hans und Xaver Fuchs zum...
Author: Katrin Kramer
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Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken

Wir waren so jung, wir mussten sterben Denkt daran, denkt an uns

Transkription ihrer handschriftlichen Aufzeichnungen und Feldpostbriefe nach Hause

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Hans Fuchs, Kerlenmoos Feldpostbriefe und Tagebucheintragungen aus seiner Rekruten - und Soldatenzeit Soldat Hans Fuchs, geb. 24. 8. 1921, Feldpostnummer 18093 Körpergröße 1,70 m Hut-Nr. 57 Kragen-Nr 39 Handschuh-Nr. 8 ½ Schuh-Nr. 41 Fahrrad-Nr. 34 Kraftfahrzeug-Nr. IIIY 8202 Abs.: Reiter Hans Fuchs, Kav. Ers. Abt. 18, Stuttgart-Bad Cannstadt, Reiterkaserne.

Bad Cannstadt, 9. 2. 1941. Lieber Xaver. Als frischgebackener Soldat grüßt Dich Dein Bruder Hans. Es gefällt mir gut. Die Kameraden sind lauter Schwaben und Badener. Mein Stubenältester ist aus Neukirch. Ein guter Kerl. Morgen beginnt der aktive Dienst. Hoffentlich ist der Kasernenhof trocken. Das Essen ist gut und reichlich, bloß sind die Mahlzeiten weit auseinander. Sonst gibt’s noch nicht viel Neues. Bis jetzt durften wir immer faulenzen. Bad Cannstadt, 9. 2. 41. Liebe Gretel. (nach Hegne, Amt Konstanz, privates Töchterheim) Als frischgebackener Soldat grüßt...... Von der Großstadt spüren wir nichts. Müllers Alfred ist auch in Cannstadt, aber ich weiß nicht wo, Ich habe ihn auf dem Bahnhof in Ravensburg getroffen. Er ist bei der Nachrichtentruppe. Da wird ihm sein Speck schon vergehen. Cannstadt, den 6. 3. 41. Liebe Gretel! Für Deinen lieben Brief, den ich ja schon längst erhalten habe, danke ich Dir noch recht vielmals. Gestern waren es grade 4 Wochen seit meiner Einberufung. Während dieser Zeit habe ich mich recht gut an den Kommiß gewöhnt. Hätte gar nicht geglaubt, daß dies so leicht ginge.. Du glaubst natürlich, ich hätte arges Heimweh. Aber es ist Gott sei Dank nicht so. Es gibt hier stets so viel Abwechslung und Unterhaltung, daß ich gar keine Zeit dazu habe. Unser Dienst ist ziemlich stramm. Aber dennoch zum Aushalten.. Mit dem Essen bin ich bis jetzt recht zufrieden. Wenn es immer so ist, leide ich keine Not. Seit gestern Nachmittag ist unsere Bude gesperrt. Einer von unserer Stube ist an Scharlach erkrankt und jetzt sind wir dieser Krankheit verdächtig. Wir habens gar nicht übel. Wir können ausschlafen, müssen keinen Dienst machen, das Essen wird uns gebracht, haben uns also lediglich um uns selbst zu kümmern. Voraussichtlich sind wir 7 Tage eingesperrt. Also können wir uns tüchtig ausruhen. Von Boleys Ernst habe ich letzte Woche ein prima Päckle erhalten. Meine Pia schreibt mir fleißig. Zwei- und vier Seiten lange Briefe sind nicht selten. Ich bin manchmal gar nicht imstande, ihr alle zu beantworten.. Mit meinen Kameraden habe ich bis jetzt noch keine Verbindung. Eichelbergers habe ich auch noch nicht geschrieben. Xaver hat mich bis jetzt nicht besucht. Jetzt kann er auch nicht kommen. Ist alles gesperrt. Zu Hause werden sie meine Abwesenheit schon spüren. Hoffentlich bekommen sie bald Ersatz. Ich glaube kaum, dass Andreas auf die Dauer mit den Pferden umgehen kann. Wo ist auch Hugo? Ist er immer noch in Frankreich? Bis in 4 – 5 Wochen werden wir auch nicht mehr hier sein. Wohin? Das wundert mich sehr. Sei nun für heute recht herzlich gegrüßt von Deinem Bruder Hans.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Cannstadt, den 8. 3. 41. Liebe Mutter! Habe Deinen Brief erhalten und danke Dir recht herzlich. Du bist scheints sehr in Sorge um mich, weil ich so wenig schreibe. Kann ich sehr gut verstehen. Du weißt eben nicht, wie wenig Zeit ich dazu habe. Wenn Xaver und Gretel mehr schreiben als ich, dann darfst Du mich nicht mit ihnen vergleichen. Bei mir geht es bestimmt ein bißchen anders zu. In letzter Zeit mußten wir immer um 5.15 Uhr aufstehen. Dann gings los: Unterricht, Stalldienst, Reiten, Fußdienst, Geländedienst usw. bis Abends 7 Uhr. Ist Feierabend, müssen die Kleider und Schuhe in Ordnung gebracht werden. Bin ich mit meinem Sach fertig, dann muß ich die Kleider und Schuhe von meinem Unteroffizier noch putzen. Bin ich mit diesem allen fertig, so habe ich gewöhnlich keine Lust mehr zum Schreiben. Heute wußte ich ja nichts gescheiteres zu tun. In der Schwadron sind etliche an Scharlach erkrankt. Von unserer Stube ist auch einer dabei. Wir dürfen deshalb seit Mittwoch nicht mehr mit anderen in Berührung kommen, weil wir scharlachverdächtig sind. Voraussichtlich geht es 7 Tage. So lange können wir es aushalten. Eigentlich haben wir es gar nicht schlecht. Wir dürfen ausschlafen, müssen keinen Dienst machen und bekommen reichlich zu essen. Also nach 4 Wochen Dienstzeit die schönste Erholung. Sind wieder 4 Wochen vorbei, dann werden wir wohl nicht mehr hier sein. Wo man uns brauchen kann, das wundert mich. Der Führer sorgt ja immer für neuen Raum. Wo sind auch meine früheren Kameraden? Ist noch keiner weggekommen? Mein Päckchen werdet Ihr inzwischen erhalten haben. Andreas wird froh sein, wenn er wieder ein bißchen Vorrat hat. Mir brauchst Du weiter nichts schicken als Gesälz und Butter. In der Kantine gibt es wohl Kunsthonig. Aber das kommt zu teuer. Ein halbes Pfund reicht mir kaum am Tag. Das Geld reicht mir bis jetzt. Wenn Du aber trotzdem was übrig hast, so kannst es ruhig schicken. Wenn wir mal richtig ausgehen dürfen, finde ich schon Verwendung dafür. Gestern habe ich der Gretel geschrieben. Sie mußte auch lange warten. Liebe Mutter, schreib mir auch genau, wann Alfred und Hilde Namenstag haben. Ich kann hier keinen Kalender ausfindig machen.. Du wirst jetzt wohl viel Arbeit haben. Rosele kann doch bestimmt nicht allen Arbeiten vorstehen. Wie leicht könntest Du Dir da Deine Gesundheit verderben. Schone Dich so gut es geht. Um mich darfst Du Dich bestimmt nicht sorgen. Ich komme schon durch. Hoffentlich bekommt Ihr bald Ersatz für mich. Wie kommt auch Andreas mit dem Marte aus? Wird wohl keiner dem anderen folgen. Kann mirs gut vorstellen. Sonst ist alles gesund? Ist Helgale immer munter? Ernstle soll auch nicht so grantig sein. Sei nun mit Vater und allen anderen herzlich gegrüßt von Deinem Hans. Cannstadt, den 16. 3. 41. Liebe Gretel! Habe mit Freuden Deinen lieben Brief erhalten und danke Dir recht herzlich dafür. Seit Mittwoch mache ich wieder Dienst. Ich bin grad froh, dass dieses faule Leben ein Ende hat. Sonst wäre ich noch vom Nichtstun krank geworden. Heute mußten wir alle zu Hause bleiben. Unsere größte Freude natürlich!. Dazu noch dieses herrliche Wetter. Ist schon fast zum verrückt werden. Zum Zeitvertreib habe ich meinen Kameraden die Hosen gebügelt, damit sie auch Staat machen können, wenn’s wieder einmal so weit ist. Morgen früh müssen wir wieder reiten. Das macht mir am meisten Spaß. Mein Sitzleder hat sich bisher sehr gut gehalten. Xaver geht in nächster Zeit wieder nach Seemoos. Er hat scheints nicht genug vom letzten Mal. Von Mutter habe ich heute eine Karte erhalten. So viel ich sehe, stammt sie aus einem Päckchen. Wo dieses hingekommen ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist es krepiert. Fliegeralarm hatten wir bis jetzt hier noch nicht. Aber vielleicht kommt’s noch. Nächsten Sonntag ist „Tag der Wehrmacht“. Da wird’s bei uns ziemlich lebhaft zugehen. Besucher wird es allerhand geben. Was alles geboten wird, weiß ich noch nicht.. Auf jeden Fall wird’s interessant werden. Deshalb schick mir auch den Foto. Wenn Du ihn gleich absendest, kommt er noch rechtzeitig an. Mußt ihn aber gut verpacken. Sei nun einstweilen gegrüßt von Deinem Hans.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Bad Cannstadt, den 27. 4. 41. Liebe Mama! Dein liebes Päckchen habe ich mit großer Freude erhalten und danke Dir von Herzen. Es ist alles gut erhalten angekommen und schmeckt mir prima. Ich schicke Dir diesmal meine Waagscheine. Du kannst daraus ersehen, daß mir der Kommiß nicht schlecht bekommt. Ich glaubte immer, ich wäre leichter geworden. Nun hat sich aber das Gegenteil erwiesen. Du darfst also sehr beruhigt sein. Seit der Besichtigung haben wir ein ganz ruhiges Leben. Fast jeden Tag dürfen wir ausreiten. Letzten Montag waren wir auf Schloß Solitude, vorgestern auf dem Exerzierplatz in Ludwigsburg und gestern Morgen sind wir zum Zeitvertreib kreuz und quer durch Cannstadt geritten. Dies hat wahrscheinlich den Zweck, unser Sitzleder auf den bevorstehenden Marsch nach Münsingen vorzubereiten. Voraussichtlich geht es am 5. Mai auf den Truppenübungsplatz. Da wird man uns den letzten Schliff beibringen. Hoffentlich ist das Wetter so lange schön. Es wäre mir recht, wenn Du mir bis dahin noch ein Päckchen schicken würdest. Es braucht ja nicht viel sein. Wenn’s nur etwas Dauerwurst oder Rauchfleisch ist, damit ich auch etwas in die Tasche nehmen kann. Das Geld habe ich restlos erhalten und danke Dir noch besonders. Daß Helgale so arg krank war, habe ich gar nicht gewußt. Ich bin grad froh, daß sie wieder auf der Höhe ist. Da werdet Ihr allerhnd Arbeit gehabt haben. Ich kann mirs schon vorstellen. Xaver wird jetzt wohl wieder in Meersburg sein. Urlaub gab es bei uns noch keinen. Nicht einmal Sonntagsurlaub. Meine Kameraden, die in Konstanz sind, werden wohl die meisten schon einmal zu Hause gewesen sein? Nun noch mal recht vielen Dank für alles und sei mit allen anderen recht herzlich gegrüßt von Deinem Hans. Cannstadt, den 12. 5. 41. Liebe Eltern! Ich bin heute wohlbehalten von „Schwäbisch Sibirien“ (Münsingen) zurück gekehrt und danke Euch für das liebe Paket, das ich sofort in Empfang genommen habe. Nun habe ich doch schon Vorrat für die neue bevorstehende Reise, denn es geht gleich wieder weiter. Ziel unbekannt! Wir waren kaum angelangt, da wurden wir schon zu den Feldtruppenteilen eingeteilt. Ich war bös überrascht. Ich glaubte immer, wir dürften jetzt in Urlaub fahren. Nun geht’s aber wo anders hin, wahrscheinlich nach Polen. Gleich übermorgen geht es weg. Ihr dürft mir also vorerst nicht mehr schreiben. Ich muß erst eine neue Adresse haben. Meine übrigen Klamotten schicke ich Euch. Den Tabak habe ich bereits beisammen. Denkt! Gestern hat mich Boleys Ernst in meinem Quartier gesucht. Das Dorf, in dem wir untergebracht waren, war etwa 14 km von Pfullingen entfernt. Auf die Karte, die ich ihm schickte, hat er sich sofort auf die Suche gemacht. Mein Quartier war ganz prima. Nur hätten die Töchterchen älter sein sollen. Abends hatten wir Freibier. Davon habe ich tüchtig Gebrauch gemacht. Ist bloß schade, daß die Zeit so kurz war. Auf dem Truppenübungsplatz war es nicht so schlimm wie ich mir vorgestellt habe. Nur das Essen und die Unterkunft ließen zu wünschen übrig. Und dann diese gottverlassene Gegend. Hier in Cannstadt ist schon lange alles grün und da oben ist noch alles öde und leer. Nicht gestorben möchte ich da sein. Da ist es hier in Cannstadt schon anders. Nachts konnte ich vor Kälte kaum schlafen. Bin jetzt noch ganz heiser. Nicht umsonst heißen es die Bewohner da oben „schwäbisch Sibirien“. Dies ist der richtige Name. Wo es jetzt hin geht, das wundert mich sehr. Einige Tage Bahnfahrt ist uns sicher. Bang ist mir nicht. Ich bringe mich schon durch. Nur wäre ich verflucht gerne vorher noch in Urlaub gefahren. Nun ist es möglich, daß es noch längere Zeit geht, bis ich es so weit habe. Xaver hat mir auch geschrieben. Der hat’s jetzt ganz interessant. Er schreibt, er könne jetzt pullen und segeln nach Herzenslust. Den Photo wünschte er auch. Ich lege ihn ins Paket, dann könnt Ihr ihn ihm schicken. Und nun möchte ich Schluß machen. Ich habe noch so viel zu packen und zu richten bis ich marschbereit bin. Seid also alle recht herzlich gegrüßt von Euerem Hans.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Den 18. 5. 41. Liebe Eltern! Bin nun in meinem Bestimmungsort eingetroffen. Im ganzen war ich 3 Tage auf Fahrt. Fast immer nur Bummelzug. Aus denkbaren Gründen darf ich den Ort nicht angeben, in dem ich mich befinde. Aber Ihr werdet Euch auch so denken können, wo ich mich befinde. Die Zustände hier sind ganz minimal. Wir liegen in Baracken, haben keine Spinde und keine Betten. Unser Zeugs hängt alles an der Wand und schlafen tun wir auf dem Boden auf Holzwolle. Ihr werdet Euch ein Bild machen können, wie es hier aussieht. In den Stall müssen wir erst eine Viertelstunde laufen. Die Gegend und das Klima ist ungefähr so wie in Münsingen. Zum guten Glück können wir Hoffnung haben, daß es nicht allzu lange geht. Denn sonst könnten wir Jungen unser Kreuz machen. Wir müßten bestimmt noch einmal eine Ausbildung machen. Die wäre mit der in Cannstadt nicht zu vergleichen. Deshalb nur recht bald fort von hier. Das Essen läßt auch zu wünschen übrig. Immer Eintopf und nicht besonders dick. Außer uns sind hier lauter alte Mannschaften. Da müssen wir natürlich immer schön die Schnauze halten. Sonst setzt es Krach. Ich vertrage mich bis jetzt aber sehr gut mit ihnen. Man muß ihnen nur immer Recht lassen. Ihr dürft Euch also keine Sorge machen um mich. Ich kann mich allen Verhältnissen anpassen. Heimweh hatte ich bis jetzt auch noch nicht. Das ist jetzt ja mein großes Glück. Denn Urlaub gibt es jetzt nicht mehr so schnell. Ihr dürft mir jetzt immer nur fleißig Päckchen schicken, dann bin ich schon zufrieden. Ihr müßt sie aber gut verpacken, denn bis hierher sind sie etliche Tage unterwegs. Mein rotes Polohemd könnt Ihr mir auch schicken. Die Kommißhemden sind so schnell dreckig und sehr schlecht waschen. Eine Taschenlampe könnte ich auch brauchen. Elektrisches Licht ist hier selten. Weiß der Teufel, wo wir noch überall hinkommen. Das wäre alles, was ich vorerst benötige. Ihr werdet jetzt sehr viel Arbeit haben. Hoffentlich habt Ihr auch genügend Leute. Hier ist noch alles kahl und öde. Vor 3 Wochen lag hier noch Schnee. Jetzt wird es dann anständig heiß werden, denn hier ist lauter Land. Eine halbe Wüste. Nun muß ich Schluß machen. Ich habe noch eine große Wäsche vor. Seid alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Hans. Hoffentlich könnt Ihr alles lesen. Im Felde, den 8. 6. 41. Liebe Mama! So überrascht Du von meiner Versetzung gewesen magst, so überrascht war ich gestern, als ich Deinen lieben Brief erhielt und lesen mußte, daß Du Dich im Krankenhaus befindest. Gretel schrieb nur, Du wärest in Konstanz in Erholung. Und ich dachte mir eben, daß Du Dich bei den Verwandten aufhältst. Nun, liebe Mama, da Du ja nur eine Kur machst und sich Dein Zustand auch gebessert hat, habe ich mich wieder beruhigt. Möge es doch auch Gottes Wille sein, dass Du auch wieder einmal Deine alte Gesundheit zurück erlangst. Und ich Dich einmal frisch und gesund wiedersehen kann. Seit ich von Cannstadt weg bin, bin ich den einen Tag hier und den andern dort, so ein richtiges Zigeunerleben. Bis am Pfingstmontag war ich in Polen in einem Lager, wo es nicht allzu schön war. Wir waren so richtig von der Außenwelt abgeschnitten. Bei Tag herrschte eine Bombenhitze und Nachts fror man im Bett wie ein Hund. Dazu noch strenger Dienst und dieser furchtbare Staub, den wir schlucken mußten. Ein jeder von uns sagte „Gott sei Dank“, als wir dieses Nest verlassen konnten. Obwohl wir im Voraus wußten, daß uns nichts Besseres erwartet. Wir haben uns jetzt nach vier anstrengenden Nachtmärschen für einige Tage seßhaft gemacht und haben bis jetzt ein ganz ruhiges Leben. Das verdienen wir auch. Die kommenden Wochen und Monate werden wir nicht mehr besonders ausruhen können. Bis zur Siegesparade in Moskau werden wir noch allerhand Strapazen mitmachen. Hoffentlich haben wir den Russen bald über den Haufen, wenn es einmal losgeht. Wir freuen uns jetzt schon auf die guten Pferde, die wir den Kosaken abnehmen. Nun liebe Mama, darfst Du dir natürlich noch keine Sorgen machen. Vielleicht ist alles nur Phantasie, was wir uns hier vorstellen. Etwas Genaues wissen wir ja überhaupt nicht. Bis jetzt ist hier noch alles ruhig. Ich bin zur Zeit in Ostpreußen in der Nähe von den masurischen Seen. Hier ist mein Zug auf einem Hof untergebracht. Das Essen ist nicht besonders. Von den Bauern können wir auch nicht viel kaufen. Zu dem, daß die so große Güter haben, müssen es

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ rechte Hungerleider sein, oder sind sie nur so geizig? Es ist natürlich schon alles aufgefressen von dem vielen Militär, das hier ist. Gretel hat mir wohl einige Päckchen geschickt. Aber die brauchen einige Zeit bis sie hier sind. Ja, Morgen oder Übermorgen kommt der Marketenderwagen, da gibt es wieder Kunsthonig. Und so lange ich was Süßes aufs Brot habe, bin ich immer zu haben. Abends hole ich beim Bauern Milch und dann esse ich feste Milchbrocken. Das habe ich auch schon lange nicht mehr gegessen und schmeckt mir prima. Liebe Mama, nun hätte ich noch einen Wunsch. Könntest du mir nicht eine Taschenlampe besorgen und einen Marschkompaß. Die Lampe könnte ich sehr gut brauchen, denn hier gibt es nirgends elektrisches Licht. Vielleicht kann Dir’s der Götte besorgen, der kennt sich da besser aus. Vielleicht bekommst Du noch irgendwo Eisbonbons oder sonst was gegen den Durst. Hier findet man selten ein rechtes Trinkwasser. Ich schicke Dir hier mein übriges Geld. Ich finde hier keine Verwendung dafür. Daß ich meinen Photo nach Hause geschickt habe, das reut mich schwer. Ich könnte ihn sehr gut brauchen. Und mit der Feldpost ihn herzuschicken ist nicht ratsam. Xaver wird natürlich froh sein, wenn er ihn nun eine Weile für sich behalten kann. Liebe Mama, nun lasse ich es für heute genug sein und grüße Dich aus weiter Ferne. Dein lieber Hans. Besondere Grüße an Großpapa, Tante Katinka, Paula u.s.w. Im Felde, am 11. 6. 41. Lieber Xaver! Weil mirs die Zeit gerade erlaubt, möchte ich Dir, bevor der Teufel losgeht, noch einige Zeilen schreiben. Mußtest ja lange genug warten. Ich liege hier in einem Zelt, und du wirst mir deshalb auch verzeihen, wenn ich mit Bleistift schreibe. Seit ich von Cannstadt weg bin, befinde ich mich bereits jeden Tag wo anders. Erst war ich 14 Tage in Polen in einem Lager. Und jetzt bin ich seit Pfingstmontag auf Fahrt. Erst gings durch Ostpreußen, vorbei an den masurischen Seen durch Johannisburg und jetzt sind wir wieder in Polen nahe der russischen Grenze. Wann der Kampf entbrennt, wirst Du ja erfahren. Ich weiß es ja noch nicht. Lange wird’s ja nicht dauern. Hoffentlich haben wir die Kerle bald über den Haufen. Lieber Xaver, ich schicke Dir hier meine Negative. Bei mir könnten sie auch verloren gehen. Und nun hoffe ich, daß der Kampf bald entschieden ist und wir uns bald gesund und mit ganzen Knochen wiedersehen. Hals- und Beinbruch! Viele Grüße, Dein Bruder Hans. Gegen England hätt mir mehr Spaß gemacht. Da hätt man auch was Gescheites zu Fressen gefunden. Hier sind die Aussichten schlecht. Schreib mir bald! Im Felde, den 16. 6. 41. Liebe Gretel! Deine lieben Briefe und das sehnlichst erwartet Päckchen habe ich erhalten und danke Dir recht vielmal. Das zweite Päckchen ist noch nicht da. Es dauert natürlich auch eine Ewigkeit, bis die Post hier anlangt. Du bist sehr unzufrieden mit mir. Aber ich kann’s mit dem besten Willen nicht anders machen. Wir sind ja seit 14 Tagen bald jeden Tag wo anders und da ist die Gelegenheit zum Schreiben sehr selten. So muß ich eben eins nach dem andern machen. Wir sind zur Zeit an der russisch-litauischen Grenze als Grenzschutz eingesetzt. Ich muß leider Gottes zu Hause bleiben und Haus und Stall hüten. Denn ich hatte diese Woche schwer Pech. Ich bin von einem Pferd geschlagen worden. Direkt aufs Maul. Eine hübsche Wohltat! Vorne ist ein Zahn ab, einige weitere beschädigt. Schlimm ist es nicht. Es hätte können anders ausgehen. So war’s nur eine Mahnung zur Vorsicht. Dich wundert es, ob es mir beim Kommiß noch immer gut gefällt? Ja, weißt, hier gibt es schöne Tage und auch welche, die weniger schön sind. Zur Zeit verfluchen wir ja die Kavallerie jeden Tag. Wir haben keine ruhige Minute. Eigentlich ist fast jeder selbst schuld, daß er hier ist, denn es sind bereits lauter Freiwillige. Wenn der bevorstehende Feldzug zu Ende ist, werden’s wir auch wieder ruhiger bekommen. Hoffentlich geht es bald los. Einen früheren Kameraden oder einen Bekannten habe ich bis jetzt noch nicht getroffen. Die Konstanzer und Weingartner sind, so viel ich weiß, in unserer Division. Aber weiß Gott, wo sich die aufhalten.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Mama hat mir letzte Woche auch geschrieben. Die schreibt fast das Gegenteil, was Du. Ich weiß nun nicht, wem ich glauben soll. Hoffentlich erlangt sie endlich einmal wieder ihre Gesundheit. Es wäre für mich viel leichter, hier in der Ferne zu sein. Ich werde ihr natürlich auch noch viel Sorgen machen. Obwohl es ganz unnötig ist. Liebe Gretel! Eins möchte ich Dir ans Herz legen. Vergiß auch meine früheren Kameraden nicht. Schick ihnen auch ab und zu ein Päckchen: Stieble Anton, Klaas Baptist usw. Stübe Karl mußt vor allem eins schicken. Habe gestern von Mayenbergers auch eins bekommen und war göttlich froh daran. Ihr wißt gar nicht, wie sehnsüchtig man auf so ein Päckchen wartet. Gegenwärtig wirst Du ja keine Zeit haben. Ihr werdet wohl feste heuen und sonst viel Geschäft haben. Habt Ihr auch genügend Leute? Liebe Gretel, ich lege Dir hier mein übriges Geld bei. Ich könnte es auch verlieren. Schick mir im nächsten Päckchen Zwieback und Zucker. Ich hätte so gerne wieder einmal was Süßes. Sei bitte so gut. Im voraus recht vielen Dank für Deine Mühe. Es grüßt Dich Dein Bruder Hans. Extra Grüße an alle anderen, besonders: Alfred, Hilde, Ernstle und Helgale. Wie geht es auch Schmids Mutter. Sagst ihr auch viele Grüße. Morgen Abend ziehen wir wieder weiter. Im Felde, am 21. 6. 41. Meine Lieben! Eure lieben Päckchen habe ich erhalten und danke Euch von Herzen. Es war alles sehr gut erhalten und hat mich riesig gefreut. Besonders danke ich Dir, liebe Gretel, für die Mühe, die Du Dir gemacht hast. Liebe Eltern, liebe Geschwister und alle anderen. Die Zeit des Wartens hier im Osten ist nun zu Ende. Immer waren wir im Unklaren, ob es hier wirklich einmal zum Kampf kommen könnte. Im Grund genommen wußten wir gar nichts. Wir konnten es nur denken, daß hier nicht alles in Ordnung ist. In den letzten Tagen machte man uns dann klar, daß es jeden Tag losgehen kann. Und nun ist es so weit. Heute um Mitternacht brechen wir auf. Wenn die Sonne aufgeht, werden wir russischen Boden unter uns haben. Der Kampf wird nicht leicht sein. Der Russe wird sich mit den scheußlichsten Mitteln verteidigen. Aber wir werden ihn trotzdem über den Haufen rennen. Das werdet Ihr ja am Radio erfahren. Die Möglichkeiten, die hier bestehen, wollen wir außer Acht lassen und hoffen auf ein frohes Wiedersehen. Viele tausend Grüße Euer Hans. Im Felde, 30. 6. 41. Meine Lieben! Habe bis jetzt alle Kämpfe glücklich überstanden. Die Russen sind eingeschlossen und wehren sich zäh. Unsere Abteilung war bis jetzt sehr erfolgreich. Wir sind sogar schon im Wehrmachtsbericht erwähnt worden: „Vorausabteilung Niemack“. Vielleicht habt Ihr es auch gehört. Viele Grüße, Euer Hans Müssen viel Hunger leiden. Alle 3 – 4 Tage Verpflegung. Im Felde am 16. 7. 41. Liebe Gretel! Deinen lieben Brief habe ich vor einigen Tagen erhalten und danke Dir von Herzen. Ihr alle werdet wohl mit Sehnsucht auf ein Lebenszeichen von mir warten. Doch da müßt Ihr eben auch Geduld haben. Die Post verkehrt nämlich nirgends so schlecht wie bei uns und zudem habe ich kein Schreibpapier mehr. Darfst mir gleich im nächsten Päckchen welches beilegen. Mein Befinden wirst Du dir schon vorstellen können. Was Krieg ist, habe ich so ziemlich erfahren. Zum guten Glück kam ich stets mit heiler Haut davon. Die letzten 14 Tage sind wir mit Rücksicht auf die Pferde, da sie den Strapazen nicht mehr gewachsen waren, hintendrein gezottelt. Dabei habe ich zum erstenmal einen Bodnegger zu Gesicht bekommen. Das ist der Hotz Josef. Leider konnte ich mich nicht mit ihm unterhalten. Bis er mich richtig erkannte, waren wir schon wieder weg. Vielleicht hätte ich sonst noch mehrere getroffen. Vorgestern haben wir die Düna überschritten und sind wieder an der Front. Es ist stets ein großes Kesseltreiben. Ob wir noch mal an den Feind rankommen, glaube ich kaum. Wir müssen nur noch marschieren. Den halben Weg nach Moskau haben wir hinter uns. Aber hoffentlich geben sich die Russen vorher zufrieden. Sonst geht’s noch

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ etliche Wochen und mein Arsch würde mir nochmals weh tun. Rußland ist schon verflucht groß. Das habe ich schon gemerkt. Xaver wird sich sicher ärgern, weil er nicht zur gewünschten Waffengattung kam. Das kann ich mir lebhaft vorstellen. Ich kann ihm alles empfehlen, nur nicht zur Kavallerie. Die ist recht in Cannstatt zum Angeben. Aber nicht im Krieg. Damit Du ungefähr weißt, wo ich mich befinde, will ich Dir eine Stadt angeben, die Du bestimmt auf der Karte findest. Es ist Witebsk, eine Stadt mit 140 000 Einwohnern. Gestern sind wir durchgeritten. Die ganze Stadt ein Trümmerhaufen. Kein Stein ist mehr auf dem anderen. So was habe ich noch nie gesehen. Liebe Gretel! Wie geht es auch zu Hause? Ist alles gesund? Sag mal, was ist denn mit Mama los? Ist denn die Krankheit so langwierig?. Ich bin so besorgt um sie. Ich würde ihr so gern schreiben, weiß aber nicht, wohin, da sie jedes Mal wo anders ist. Vor acht Tagen habe ich nach Konstanz geschrieben. Weiß aber nicht, ob sie den Brief erhalten hat, da sie bereits in Radolfzell war. Mit Heuen werdet Ihr jetzt wohl fertig sein. Habt Ihr es gut heimgebracht? Hat Papa immer genügend Leute? Liebe Gretel! Im nächsten Päckchen legst du mir einige Päckchen Pudding bei und Süßstoff. So, nun denke ich, dass Du für heute zufrieden bist mit mir. Sei recht herzlich gegrüßt von Deinem Bruder Hans. Extra Grüße an Papa, Alfred, Hilde, Ernstle und Helgale und alle anderen. Im Felde, den 22. 7. 41. Liebe Mama! Gestern habe ich von Gretel die freudige Nachricht erhalten, dass Du jetzt wieder zu Hause bist. Mir ist viel, viel leichter. Hoffentlich bist Du bald wieder auf der Höhe. Ich wäre einer großen Sorge enthoben. Wenn Xaver da ist und Ernst auch noch kommt, seid Ihr für die Ernte ja so ziemlich vollzählig. Papa wird froh sein. Ich bin wieder an der Front. Wir liegen gerade einige Hundert Meter hinter der Infanterie mit den Pferden in Deckung. Schüsse knallen, MG rattern, die Artillerie bummert, Granaten heulen. Unsere Flieger geben den Russen den Morgensegen. Häuser gehen in Flammen auf. Ab und zu pfeifen verirrte Kugeln um unsere Köpfe, Querschläger miauen. Solange es nicht schackt, ist es ganz interessant, dies alles mit zu erleben.. Gestern sind die Russen in großen Scharen übergelaufen. Heute schießen sie wieder. Aber wahrscheinlich nicht lange. Sie sind schon so herzhaft umgarnt, daß ihnen bald der Schnaufer ausgehen wird. Der ganze Krieg ist ein großes Kesseltreiben und ich glaube, daß es bald ein Ende nimmt. Hoffen wir auf ein baldiges siegreiches Ende. Viele herzliche Grüße sendet Dir Dein Hans. Nun hätte ich noch eine Bitte an Xaver. Lieber Xaver, da kein einziger von meinen Kameraden einen Photo besitzt, bitte ich Dich, schick mir den Deinen. Wenn Du ihn gut verpackst, kannst Du ihn herschicken. Sollte er verloren gehen, so habe ich so viel Geld auf der Seite, daß es noch zu einem Besseren reicht. Sei also bitte so gut. Leg auch genügend Filme bei. Im voraus vielen Dank, Dein Bruder Hans. Viele Grüße an alle anderen. Im Felde, den 3. 8. 41. Liebe Mama! Für Dein liebes Briefchen, das ich heute Morgen mit Freuden erhalten habe, hab viel Tausend Dank. Vor einigen Tagen erhielt ich auch ein Päckchen von Dir, für das ich Dir noch besonders danke. Von den anderen Päckchen, die ich hätte erhalten sollen, habe ich bis jetzt noch nichts gesehen. Vielleicht kommen sie, wenn die Sperre aufgehoben ist oder liegen sie bei der Abteilung, bei der wir vorher waren. Zur Zeit sind wir einem Infanterieregiment zugeteilt und haben es etwas ruhiger. Wir haben meistens die Aufgabe, gegen den Feind aufzuklären oder irgendwo zu sichern. Die gewaltigen Märsche, wie bei der Vorausabteilung, fallen weg. Dafür haben wir auch mehr mit dem Gegner zu schaffen als sonst. Seit einigen Tagen sind wir in der Nähe der Autobahn Smolensk – Moskau an einem neuen Kessel eingesetzt. Die Russen sind zähe Hunde und machen unserer Infanterie schwer zu schaffen. Bei Nacht ziehen sie sich zurück und graben sich ein. Andern Tags muß sie unsere Infanterie förmlich herausholen aus den Löchern. Man muß ihnen furchtbaren Respekt eingeflößt haben vor der deutschen Gefangenschaft. Aber es nützt

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ ihnen alles nichts. Unaufhaltsam geht es vorwärts. Glücklicherweise hat diesmal die russische Artillerie keine Munition mehr. Es ist deshalb ein bißchen ruhiger im Hintergelände als sonst. Ich bin sehr froh, denn die ist mir am meisten auf die Nerven gegangen. Papa kann ja am besten erzählen, wie dies ist. Den Brief von Eichelbergers Xaver werdet Ihr erhalten haben. Von unserem Zusammentreffen werdet Ihr wohl so überrascht gewesen sein wie wir zwei. Das war bestimmt ein glücklicher Zufall, und noch in so einem Prassel drin, wie damals. Wir hatten das Glück, mehrere Tage zusammen sein zu können. Es ist nur schade, daß ich den Foto nicht hatte. Wir trafen uns gerade an jenem Tag, wo ich meine letzte Karte wegschickte. Erst lagen wir in einem Hohlweg, mußten jedoch den Platz bald aufgeben, weil wir eingesehen waren. Kaum waren wir hundert Meter weg, schlugen drei Volltreffer hinein, genau da hin, wo ich meinen Platz hatte. Da hatte ich wieder mal Glück! Nachher zogen wir in einem Dorf unter, wo zufälligerweise die Protzenstellung der Batterie war, wo Xaver sich befindet. Wie ich meinen Kram verrichtet hatte, untersuchte ich das Dorf nach brauchbaren Sachen. Wie ich da die Straße entlang stiefelte, hörte ich plötzlich heimatliche Laute aus einem Haufen Soldaten heraus. Und wie ich genau hinschaue, sehe ich Eichelbergers Xaver. Ich gehe zu ihm hin, stoße ihn von der Seite und reiche ihm die Hand. Er mußte mich aber genau ansehen, bis er mich erkannte. Ich sah ungefähr aus wie August manchmal, dreckig, verschwitzt, einen Bart im Gesicht, ganz toll. Aber das gibt’s halt, wenn man einige Tage in Erdlöchern haust und nicht zum Waschen kommt. Jedenfalls freuten wir uns, einander in bester Gesundheit anzutreffen. Liebe Mama, seit Du wieder zu Hause bist, habe ich einen ganz anderen Humor. Besonders freut es mich, daß Du’s mit Deiner Krankheit wieder zum Aushalten hast. Um mich brauchst du Dir gar nicht so viele Sorgen zu machen, Du betest ja so viel für mich, daß mir kaum etwas passieren kann. Ich fühle es grad. Im Schutze Deines Gebetes fühle ich mich immer so sicher, daß ich überhaupt noch nie Angst um mein Leben hatte. Würde nicht so viel für mich gebetet werden, so wären wahrscheinlich nicht alle Kugeln, die mir die Russen auf Spähtrupp und sonst schon nachgesandt haben, an mir vorbei gepfiffen. Und ich hoffe auch, daß es weiterhin so bleibt. Nochmals tausend Dank und viele herzliche Grüße, Dein Hans. Viele Grüße an Papa und Geschwister. Leg mir im nächsten Brief einen Kamm bei. Im Felde am 8. 8. 41. Meine Lieben! Bin immer gesund und munter und hoffe von Euch dasselbe. Wir sind nun über Smolensk draußen. Seit vorgestern sind wir wieder bei unserer früheren Abteilung. Und bleiben für einige Tage Divisionsreserve. Unsere tägliche Arbeit ist Pferde pflegen und Kohldampf schieben. Auf Wiedersehen! und viele Grüße, Euer Hans. Im Felde, den 16. 8. 41. Liebe Gretel! Dein liebes Päckchen habe ich mit Freuden erhalten und danke Dir von Herzen. Deine Nachricht von dem glücklichen Verlauf der Operation unserer lieben Mama hat mich sehr gefreut. Das war eine große Überraschung für mich.. Hoffentlich hält der gute Zustand an, damit wir bald wieder eine gesunde Mama haben. Nun hätte ich noch einen Wunsch und es wäre mir recht, wenn Du mir folgende Sachen so bald als möglich schickst. Und das wäre Briefpapier, einen Taschenkamm, Rasierklingen und ein Päckchen Süßstoff. Im voraus vielen Dank und viele Grüße von Deinem Bruder Hans. Extra Grüße an Mama, Papa und alle anderen. Besonders danke ich Marte für seine großartige Unterschrift. Im Felde, den 19. 8. 41. Liebe Mama! Für Dein liebes Kärtchen viel tausend Dank. Gretel hat mir bereits geschrieben, daß du eine glückliche Operation hinter Dir hast. Besonders freut es mich, dass Dein Zustand so gut ist. Hoffentlich wirst Du nun endlich einmal gesund, so daß wir uns, wenn es Gottes Wille ist, einmal gesund und glücklich wiedersehen. Wie es mir geht, wirst Du dir schon denken können. Seit 14 Tagen sind wir etwas weiter vom Schuß und führen ein ziemlich ruhiges leben. Ab und zu bekommen wir Fliegerbesuch. Aber

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ bis jetzt haben sie ihre Bombenlast immer abgeladen, bevor sie über uns waren. Wie lange dieses Leben noch dauert, weiß ich nicht. Aber ich rechne damit, daß es in den nächsten Tagen auf unserem Frontabschnitt wieder vorwärts geht. Wir sind zur Zeit etwa 70 km nordostwärts von Smolensk. Hoffentlich geht dieser Feldzug bald zu Ende. Immer unter freiem Himmel zu schlafen, ist jetzt schon manchmal ungemütlich. Erwacht man morgens, so friert es einen wie einen Hund. In einem Haus zu schlafen darf man gar nicht wagen. Da würde man am Morgen voller Läuse, Flöhe und Wanzen sein. Für Reinlichkeit haben die Russen nicht viel Sinn. Sie sind natürlich auch bettelarm. Mir tut es manchmal grad weh, wenn man ihnen das letzte Stück Brot nimmt. Aber letzten Endes muß man doch bedenken, wie die bei uns gehaust hätten, wenn sie nach Deutschland gekommen wären. Die hätten alles kaputt gemacht. Grüße an Papa und Geschwister. Liebe Mama! Nun wünsche ich Dir zu Deiner Genesung alles Gute. Laß bald wieder etwas von Dir hören, denn Deine Zeilen freuen mich immer so sehr. Viele Grüße aus weiter Ferne sendet dir Dein Hans. Mein Briefpapier ist nun zu Ende. Bekommen kann ich auch keines. Schickt also so schnell wie möglich eines. Sonst kann ich nicht mehr schreiben. Im Felde, den 29. 8. 41. Meine Lieben! Für Eure lieben Päckchen und den Brief von Gretel viel tausend Dank. Ich habe mir bereits einmal Pudding gekocht. Herrlich, so was! Von Götte habe ich auch schon zwei Päckchen erhalten mit einem ausgezeichneten Inhalt. Viel Neues weiß ich nicht. Seit 5. August waren wir nicht mehr am Feind. Was wollen wir schon mit unseren Böcken (Pferden)) machen. Es wäre ja Selbstmord! Ist Mama schon zu Hause? Es freut mich sehr, daß ihr Zustand so gut ist. Ihr werdet jetzt tüchtig Hopfenbrocken. Schade, daß ich nicht auch dabei sein kann. Laßt bald wieder was hören und seid vielmals gegrüßt von euerem Hans. Im Felde, den 10. 9. 41. An Ernst Boley in Pfullingen. Lieber Ernst! Habe den Foto gestern in bestem Zustand mit großer Freude erhalten. Und ich danke Dir recht herzlich für die Mühe, die Du dir gegeben hast. Ich bin immer gesund und munter. Wir liegen einige km hinter der Front und haben ein ganz ruhiges Leben. Wir bekommen genügend zu Essen, vor allem Brot Ab und zu bekommen wir Fliegerbesuch. Doch bis jetzt haben sie uns noch nichts geschadet. Deine Ferien sind wohl zu Ende. Ich will sehen, wann ich einmal in Urlaub fahren kann. Dieses Jahr wahrscheinlich nicht mehr. Nun nochmals vielen Dank und viele Grüße an dich und Deine Lieben von deinem Hans. Im Felde, den 12. 9. 41. Liebe Gretel! Nach 14 Tage langem Warten habe ich nun die letzten Tage drei Päckchen, das Briefpapier und zwei Briefe von Dir erhalten. Der Brief vom 1. 9. war in 10 Tagen hier. Eine kurze Zeit. Für Deine liebe Mühe danke ich Dir von ganzem Herzen. Ernst hat mir den Foto auch schon geschickt. Er ist gut erhalten angekommen und es hat mich sehr gefreut. Filme waren keine dabei. Aber ich habe glücklicherweise noch zwei Stück hier. Wenn so große Päckchen zugelassen sind, könnt Ihr ruhig einmal Rauchfleisch oder Butter schicken. Süßstoff kann ich auch wieder brauchen. Das Essen ist ja bestimmt nicht schlecht zur Zeit. Aber eine Zulage kann man immer ertragen. Meine Handschuhe und ein paar Socken könnt Ihr mir auch schicken. Mit der Zeit wird es im Sowjetparadies recht kühl. Ich habe mir schon einen Unterstand gebaut, weil’s im Zelt zu kalt war. Es ist ganz nett in so einem Loch, besonders wenn’s regnet, wie es heute der Fall ist. Liebe Mama! Für Deine Geburtstagsgrüße recht vielen Dank. Ich habe ihn gut vorbei gebracht. Wir hatten Lausappell an jenem Tag. Deshalb werde ich ihn nie vergessen. Daß Du in Sorge um mich bist, glaube ich Dir gerne. Aber es ist ganz unnötig. Wir liegen nun schon über 4 Wochen in einem Wald in Ruhe und ich glaube, daß wir noch längere Zeit hier sind. Es

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ ist überhaupt eine Frage, ob wir noch einmal eingesetzt werden. Ab und zu besuchen uns Flieger. Aber dann gehen wir eben schnurstracks in unsere Bunker und lassen sie schießen. Von Götte habe ich wieder zwei Päckchen bekommen. Seid nun alle zusammen recht herzlich gegrüßt von euerem Hans. Extra Grüße an alle Hopfenbrocker, wenn sie noch da sind. Im Felde, den 27. 9. 41. Liebe Mama! Tausend Dank für Deine lieben Päckchen und Deinen lieben Brief. Habe es mit großer Freude erhalten. Ob ich alle Deine Päckchen erhalte, bezweifle ich sehr. Mache in Zukunft immer eine Nummer dran. Dann weiß ich ungefähr, woran ich bin. Ich bin immer gesund und munter. Vor einigen Tagen haben wir unsere Waldbehausung verlassen und sind mit unseren Pferden in einer Scheuer untergezogen. Es ist dort viel gemütlicher. Wir selbst wohnen in einer Rauchkammer. Es ist dort wohl ein wenig dunkel und schwarz, aber nachts ganz gemütlich warm. Wir Jungen müssen zur Zeit einen Sonderlehrgang mitmachen, werden tüchtig geschliffen. Von dem vielen Hinliegen und Hüpfen habe ich schweren Muskelkater bekommen. Dies alles haben wir nur unserem Flügelmann, diesem langen Scheißhans, diesem bockbeinigen, zu verdanken. Aber ich hoffe, daß dies bald ein Ende hat. In wenigen Tagen wird es wieder heißen: Reitet für Deutschland! Ich glaube, daß dann der Krieg auch noch vor dem Winter hier in Russland zu Ende geht. Wir alle rechnen noch bis Mitte Oktober. Hoffentlich täuschen wir uns nicht. Liebe Mama, Du hast immer gefragt, was ich an warmen Sachen alles brauche. Socken brauche ich und noch Ohrenschützer. Sonst nichts. Ein Polohemd kannst mir noch schicken, möglichst ein rotes oder schwarzes, wo man den Dreck nicht sieht. Und die Läuse mögen sich in den seidenen Sachen auch nicht aufhalten. Das ist viel wert. Liebe Mama, daß Dein Zustand so gut ist, freut mich sehr. Schone Dich auch so gut es geht. Du wirst jetzt in der Hopfenernte natürlich nicht viel Ruhe haben. Das kann ich mir gut vorstellen. Laß nun bald wieder was hören und sei mit Papa und Geschwistern tausendmal gegrüßt von Deinem Hans. Im Felde, den 19. 10. 41. Meine Lieben! Für Eure lieben Päckchen viel tausend Dank. Habe nun nach dreiwöchigem Warten wieder einmal Post bekommen. Ihr müßt ja diesmal auch viel Geduld haben. Aber auch mir war es nicht eher möglich, zu schreiben. In letzter Zeit ging bei uns überhaupt keine Post weg. Der Krieg ist für uns zu Ende. Wir haben Hoffnung, daß wir in nächster Zeit der Heimat entgegenreiten. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Hier im Paradies ist es zur Zeit ganz ungemütlich. Es ist ganz ekelhaft kalt. Richtig Winter. Xaver hat mir die Fotos auch geschickt. Sterk von Unterwagenbach, Dörflinger Gebhard und Heine Hugo habe ich in letzter Zeit auch getroffen. In der Gegend hier sieht es ganz trostlos aus. Die ganze Gegend ist übersät mit gefallenen Russen und Pferdeleichen. Grausam muß es hier zugegangen sein. Meistens waren es die Stukas, die da arbeiteten. Ich bin immer gesund und munter und hoffe von Euch dasselbe. Laßt nun bald wieder was hören und seid alle zusammen tausendmal gegrüßt von Euerem Hans. Im Westen, den 19. 11. 41. Meine Lieben! Nach siebentägiger Bahnfahrt ab Witebsk sind wir nun im Süden Frankreichs gelandet. Wir befinden uns in der Nähe von Bourbon-Lancis, ganz an der Demarkationslinie. Zu essen gibt es nicht besonders viel. Man braucht zu allem Marken. Seid bitte so gut und schickt mir welche. Brot- und Fleischmarken (Reisemarken). Sonst bin ich gesund und munter und ganz besonders herzlich froh, daß ich aus dem Paradies heraus bin. Dort ist es jetzt schon ganz verflixt kalt, was hier nicht der Fall ist. Meinen letzten Brief werdet Ihr hoffentlich erhalten haben, denn ich warte schon lange auf ein Hemd. Mein altes ist vollständig kaputt. Soviel ich weiß, sind jetzt Kilopäckchen zugelassen. Hoffentlich benützt Ihr die Gelegenheit recht. Denn ich habe einen Sau-Appetit. Fett bin ich auch nicht besonders. Hatte in Russland noch die Ruhr. Dies hat mich schwer mitgenommen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Wir warten tagtäglich auf Post. Schon drei Wochen haben wir keine Post mehr. Laßt nun bald was hören und seid alle recht herzlich gegrüßt von euerem Hans. Briefpapier kann ich auch brauchen. Sonntag, 23. 11. 41. Meine Lieben! Habe heute Eure lieben Päckchen mit den Socken, Unterjacke und Pullover erhalten und danke von Herzen. Wir haben heute einen großen Tag. Nach beinahe vier Wochen haben wir wieder Post erhalten. Jeder ist glücklich! Daß der Karle (Karl Stübe, Hinterhölzer) nicht mehr sein soll, kann ich fast nicht glauben. Mußte der arme Kerl auch dran glauben. Oh, wie gottfroh bin ich doch, daß ich aus diesem Land heraus bin. Ich kann Gott nicht genug danken. Unsere Pferde werden wir wohl verlieren und mit Fahrrädern vertauschen. Es ist eine große Erniedrigung für uns. Aber als Kavallerist werde ich doch noch in Urlaub fahren. Die ersten sind schon gefahren. Vielleicht bin ich auch mal dabei. Für heute alles Gute und tausend Grüße, Euer Hans. A.O., den 20. XII. 41 Liebe Eltern! Bin nach guter Fahrt heute Mittag in meinem Bestimmungsort gelandet. Euer liebes Weihnachtspäckchen mit dem Briefpapier habe ich erhalten und danke von Herzen. Ferner waren Päckchen da von Tante Marie, Tante Katinka und eines von Sauter, Tobel. Brötchen habe ich also vorerst genug. Eichelbergers Xaver wird Euch wohl schon besucht haben. Er hat mir geschrieben, daß er über Weihnachten in Urlaub fahren werde. Wir hätten uns wahrscheinlich treffen können. Ein Foto hat er mir geschickt. Es ist aufgenommen worden ganz in der Nähe von Smolensk, wo wir uns das zweitemal trafen. Hebt es gut auf, damit es nicht verloren geht. Nun wünsche ich Euch allen noch ein glückliches neues Jahr und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen. Ein Teil von der Div. fährt schon zum zweitenmal. Hoffentlich geht es nicht vorher los, damit es mir auch noch reicht. Unsere Pferde sind schon fort. Fahrräder sind noch keine da. Ich glaube fast, daß wir es so schöner haben. Seid nun alle recht herzlich gegrüßt von euerem Hans. A.O. 17. 1. 42 Liebe Mama! Habe das Päckchen mit dem Haarwasser und Deine beiden Briefe mit vielem Dank erhalten. Das Geld ist noch nicht angekommen. Warte aber täglich darauf. Will nun sehen, ob mir das Haarwasser hilft. Würde ich nicht so fest auf Urlaub hoffen vor dem neuen Einsatz, so würde ich die Haare ganz herunterschneiden lassen. Mein Magen ist wieder in Ordnung und ich bin auch schon ziemlich dicker geworden. Mit unserem Dienst bin ich sehr zufrieden. Wir haben einen neuen Chef. Es ist ein pfunds Kerl. Das Radfahren ist auch nicht schlimm. Wir haben viel weniger Arbeit als mit den Pferden. Nochmals herzlichen Dank und viele Grüße an alle, Dein Hans. Eintrag ins Tagebuch: am 20. 1. 42: Löhnung, Postsperre 23. 1. 42: 1 Päckchen 26. 1. 42: 50 Mark erhalten 3. 2. 42: Päckchen. Fertigmachen zum Abmarsch 4. 2. 42: 5 Uhr Abmarsch in Neuvy. Schlechtes Wetter. 5. 2. 42: 11 Uhr Straßburg Freitag, 6. 2. 42: Berlin Tempelhof 7. 2. 42: Monitz, Aufenthalt Sonntag, 8. 2. 42: Königsberg 9. 2. 42: Tilsit 14. 2. 42: 3 Tage Aufenthalt an der Grenze wegen Bahnunfall

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Feldpostkarte ohne Datum:

15. 2. 42: 16. 2. 42: 17. 2. 42: 18. 2. 42: 19. 2. 42: 20. 2. 42: 21. 2. 42:

Auf großer Fahrt!!! Tausend Grüße, Euer Hans. Bei Zivilisten Speck eingetauscht. Dünaburg Rossitten Morgens 2 Uhr Transport ausgeladen vor Staraja Russa.12 km Marsch. Warmes Wetter. ½ 8 Uhr Wecken. Quartier einrichten. Schie fassen. Ausbildung auf Schieern. 2 Uhr Alarm. Mittags Schiefahren. Quartier der MG-Staffel abgebrannt.

Im Osten, den 21. 2. 41 (42!) Meine Lieben! Endlich kann ich wieder was von mir hören lassen. Es hat sich wieder vieles geändert. Am 21. 1. kam plötzlich Postsperre. Am 4. 2. sind wir dann verladen worden und nun letzten Mittwoch hier an der Ostfront gelandet. Eingesetzt waren wir bis jetzt noch nicht. Schnee und Kälte haben wir genügend, aber wir sind gut ausgerüstet. Es schadet uns nicht so schnell. Das Geld habe ich erhalten ein paar Tage vor der Abfahrt. Kaufen konnte ich nichts mehr. Es war ganz unmöglich. Die paar Tage ging es drunter und drüber. Post haben wir seit 4 Wochen keine mehr erhalten. Schickt auch Päckchen sobald es geht. Ein paar Kerzen und Batterien könnte ich gut brauchen. Schickt mir welche. Wollsachen brauche ich keine. Laßt nun bald was hören. Tausend Grüße sendet Euer Hans. Bin im nördlichen Abschnitt Ilmensee. Tagebuch: Sonntag, 22. 2. 42: Tag der Roten Armee. Nachts Alarmbereitschaft. Wetter schön. 1 Brief. 23. 2. 42: 7 Uhr Wecken. Kaltes stürmisches Wetter. Marsch an die Front 15 km. Halb kaputt. 24. 2. 42: Sachyaja. Ortssicherung mit Gruppe Töpfer. Gutes Quartier. Trübes Wetter. Schokolade. Im Felde, den 24. 2. 42 (Feldpoststempel: 7. 3. 42) Meine Lieben! Wir sind nun seit heute Nacht eingesetzt und müssen einige Ortschaften sichern, damit der Russe nicht durchbricht. Bis jetzt hat sich noch keiner sehen lassen. Es ist scheints nie viel los an diesem Abschnitt, denn es ist eine ganz ungangbare Gegend. Die Straßen sind höchstens 1,5 m breit. Tritt man daneben, so steckt man bis zum Bauch im Schnee. Die Kälte ist ganz erträglich. Wir sind natürlich sehr gut gekleidet. In unseren Schneehemden sehen wir ganz toll aus. Man sieht schon mehr einem Gespenst ähnlich. Die Verpflegung ist bis jetzt noch ganz gut. Schickt aber trotzdem Päckchen soviel Ihr könnt. Pudding dürft Ihr nicht mehr schicken. Nur wenn Ihr Dosenmilch bekommt, kann ich ihn gebrauchen. Meine Kameraden bekommen sehr oft solche. Süßstoff kann ich wieder brauchen. Dann Butter, Wurst, Rauchfleisch (fettes), Keks und Zwieback. Denn Brot ist bei uns immer ein wenig knapp. Verpackt sie aber gut, sonst kann es sein, daß sich Kameraden daran gut tun. Unsere Fahrräder haben wir weit zurück gelassen. Es ist alles ein großer Schwindel. Die Pferde sind nichts, die Fahrräder nichts, Skie kann ich nicht brauchen, da ich das MG auf einem Schlitten nachschleppen muß. Nun muß ich halt in Gottes Namen zu Fuß gehen. Wir sind gestern 15 km marschiert. Nun ist mirs heute, als hätte man mir alle Knochen abgeschlagen. Alles scheiße! Viele Grüße sendet Euch allen Euer Hans. Tagebuch: 25. 2. 42: Stellung bauen. Wetter schön. Abends Probealarm, Chef. Wache mit Weigand. Parole: Königsberg. 26. 2. 42: Gute Verpflegung. Schokolade. Mittags 1 Uhr Ablösung durch Panzerjäger. Zurück zum

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

27. 2. 42:

28. 2. 42:

Schwadronsgefechtsstand. Schlechtes Quartier, eingepfercht wie Schafe. Nachts keine Wache. Hundsmiserabel geschlafen. Uffz. Vohs Spähtrupp. Abends Alarmbereitschaft. Wetter schön. Von 3 – 5 Uhr auf Vorposten. Löhnung: 37 RM

Im Osten, den 28. 2. 42 Lieber Ernst! Bin nun bald wieder 14 Tage im Einsatz. Unser Aufenthalt in Frankreich wurde ganz jäh abgebrochen. Wir wurden hier notwendig gebraucht. Am Ilmensee war’s brenzlig. Wir müssen zur Zeit einige Ortschaften sichern. Doch bis jetzt hat sich noch kein Russe in unsere Nähe getraut. Es würde ihnen auch schlecht bekommen. Die Kälte ist jetzt gut zu ertragen. Schnee haben wir ganze Berge. Die Fahrräder haben wir weit zurückgelassen. Dafür rutschen wir mit Skiern in der Gegend herum. Die Verpflegung ist ganz verblüffend gut. Da hat es keine Not. Von Xaver erfahre ich heute, dass Du Deinen Arm gebrochen hättest und dies gerade vor der Einberufung. Natürlich ein großes Pech. Aber Du wirst noch früh genug Soldat. Glaube es mir nur. Es reicht Dir trotzdem noch. Du darfst natürlich nicht glauben, daß meine Freude am Soldatsein aus ist. O nein. Weißt, immer Kopf hoch, wenn der Hals auch dreckig ist. Bei mir ist beides der Fall. Ich habe nun schon ein Jahr vorbei gebracht. Hoffentlich kommt der Winkel bald. Es wäre an der Zeit. Laß nun bald was hören und sei herzlich gegrüßt von Deinem Hans. Extra Gruß an Eltern und Geschwister. Tagebuch: 1. 3. 42: 4 Uhr Wecken. 6 bis 18 Uhr Wache auf Stützpunkt Schneesturm. Löhnung: 19,5 RM / Post. 2. 3. 42: Ruhetag. 5 Uhr Abmarsch zum Stützpunkt. Mildes Wetter. Im Felde, den 2. 3. 42 Liebe Mamma! Habe gestern Deinen Brief mit den Fotos erhalten und danke Dir herzlich. Es sind alle gut, nur, wenn ich mein blödes Gesicht sehe, könnte ich alles zerreißen. Aber es ist ja egal. Hauptsache ist, daß es nun einmal geschehen ist. Von hier gibt es nicht viel Neues. Wache schieben, schlafen und gut essen ist unser ganzes Geschäft. Ich glaube, daß den Russen das Wetter zu schlecht ist. Es läßt sich keiner blicken. Gestern herrschte ein sau Schneesturm. Draußen kann man sich bloß noch mit Skiern bewegen, so hoch liegt der Schnee. Über unsere Verpflegung muß ich gerade staunen. So gut ist sie. Darfst also ganz unbesorgt sein. Nur unsere Unterkunft läßt zu wünschen übrig. Wir liegen hier wie die Heringe. Aber immer noch besser als wenn wir frieren müßten. Sei nun mit allen recht herzlich gegrüßt von Deinem Hans. Tagebuch: 3. 3. 42: 15 km Marsch. Sickie. 4. 3. 42: 17 km Marsch. Bebelaska gestürmt. Chef verwundet. 5. 3. 42: Sicherungs-Stellung bauen. 6. 3. 42: Horchposten 7. 3. 42 Spähtrupp mit Gefr. Hörcher 8. 3. 42: Von Russen umstellt. Nachts Rückzug. Feuerüberfall. 9. 3. 42: Tchar naja. Russischer Angriff. 10.3.42: Nachts Alarm. Angriff. 11.3.42: Angriff 12.3.42: Ein Dorf gestürmt. Bauchsteckschuß. Wolofka

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Briefe an die Mutter Agathe Bentele nach dem Tod ihres Sohnes Hans: Im Felde, den 21. III. 42 Sehr geehrte Frau Fuchs! Ich habe die traurige Pflicht, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihr lieber Sohn, unser tapferer Kamerad Hans Fuchs am 18. III. an den Folgen seiner Verwundung, die er am 12. III. bei einem Angriff erlitten hat, gestorben ist. Er bekam beim Sturmangriff auf ein russisches Dorf einen Bauchschuß, wurde dann von uns in ein Lazarett gebracht, wo er am 18. III. gestorben ist. Er wurde von uns beerdigt in Barewo, etwa 40 km südlich Staraja Russa mit einem anderen Kameraden zusammen. Er wird im Gedächtnis der Schwadron bleiben als leuchtendes Vorbild eiserner Pflichterfüllung bis zum Letzten. Ihnen in herzlicher Teilnahme die Hand drückend bin ich Ihr Bullinger, Leutnant. Im Felde, den 27. April 1942 Sehr geehrte Frau Fuchs! Ich möchte Ihnen gleich heute auf Ihren Brief vom 9. 4. antworten und Ihnen Ihre Fragen, soweit es mir möglich ist, sofort beantworten. Ich habe Ihnen ja schon in meinem letzten Brief kurz die Begleitumstände geschrieben. Daß Sie möglichst vieles von den letzten Stunden Ihres Sohne wissen möchten, ist mir absolut verständlich und ich habe selbstverständlich immer Zeit, auf solche Anfragen zu antworten. Denn ich fühle ja bei jedem einzelnen, der von uns fällt, Ähnliches wie zu Hause die Angehörigen. Ihr Sohn wurde am 12. III. Morgens verwundet, lag dann noch einige Zeit auf der Verwundetensammelstelle, da ein Abtransport ins Lazarett der Umstände wegen nicht möglich war. Vor seinem Weggehen war ich noch bei allen Verwundeten und habe ihnen gute Besserung gewünscht und noch mit jedem einige Worte gesprochen, soweit es die Feindverhältnisse zuließen. Von Ihrem Sohne, der bei ganz klarem Bewußtsein war, hatte ich nicht den Eindruck, daß seine Verwundung tödlicher Natur sein konnte. Er sagte noch zu mir, er käme bis zur Sommeroffensive wieder. – Darauf wurde er mit den anderen Verwundeten zusammen zum Hauptverbandsplatz zur Operation gebracht. Und von dort aus erfuhren wir einige Tage nachher von seinem Tode. Ich kann Ihnen deshalb leider nichts über seine letzten Stunden mitteilen, auch nicht Ihre Frage nach den hl. Sterbesakramenten beantworten. Und die Kameraden, die von der Schwadron bei ihm dort lagen, sind ja alle noch in den verschiedensten Lazaretten. Das eine möchte ich Ihnen zur Beruhigung sagen: Es gibt unendlich viele, die fallen ohne den Pfarrer bei sich haben zu können. Und sie sterben nicht schlechter als einer zu Hause wohl versehen mit allen Sakramenten. Es besteht aber absolut die Möglichkeit, daß er sie empfangen hat. Denn dazu haben wir ja unsere Pfarrer. Die Nachlaßsachen Ihres Sohnes wurden, soweit sie nicht durch Feindeinwirkung vernichtet wurden, was leider bei einem großen Teil der Fall war, schon an Sie abgeschickt. Falls Sie auf eine persönliche Aussprache Wert legen, stehe ich Ihnen selbstverständlich während der nächsten Gelegenheit immer zur Verfügung. Meine Heimatadresse: Schorndorf / Württbg., Zeppelinstr. 12 Mit ergebenen Grüßen bin ich immer Ihr Bullinger, Lt. Im Felde, den 31. 5. 42 Wertes Fräulein Fuchs! Ich danke Ihnen vielmals für Ihren Brief vom 27. 4., den ich schon vor längerer Zeit erhalten habe. Wollte schon länger einmal schreiben, aber glauben Sie, es ist nicht leicht. Ich spreche hiermit meine herzliche Anteilnahme am Tode Ihres Bruders Hans aus. Es war für mich selbst eine niederschmetternde Nachricht, Hans wäre an seiner Verwundung gestorben, denn er war immer mein bester Kamerad. Wir waren beide in einer Gruppe und im gleichen Abmarsch. Hans als Munitionsschütze, ich als MG-Schütze. So auch am Tage des 12. März.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Unsere Abteilung mit noch 2 Kampfgruppen war eingeschlossen. Wir hatten den Auftrag, das Dorf Wolofka, das uns den Nachschub sperrte, anzugreifen und in unsere Hand zu bekommen. Das Gelände war so ekelhaft, wollte man Schußfeld haben, mußte man sich selber auf den Präsentierteller begeben. Hans war etwa 10 m hinter mir. Als ich meine Munition beinahe verschossen hatte, rief ich: „Hans, einen Kasten!“ Als Antwort erhielt ich nur einen kurzen Schrei und „jetzt ist es aus“. Ich konnte nur rufen „nichts ist aus, Kopf hoch.“ Tatsächlich, er richtete sich auf, reißt vorne auf und sieht nach, und sagt dann „ich glaub, es ist nur eine Prellung, am Nabel ist ein blauer Fleck, mehr nicht. Er packte seine Sachen und lief selbst auf seinen Skiern zum Sanitäter. Er wurde dann mit einem Schlitten in unser Ausgangsdorf zurück gebracht, da der Rückweg noch nicht ganz gefahrenfrei war, wie es bei Verwundetentransporten sein muß. 2 oder 3 Tage später, das weiß ich jetzt nicht mehr genau, wurden die Verwundeten Nachts geholt. Sie blieben dann einen Tag bei der Schwadron. Dort habe ich Hans zum letzten Mal gesprochen, und da erfuhr ich unter anderem, daß er einen Bauchsteckschuß hat. Der Arzt sagte noch zu ihm, wenn er nicht eher etwas ißt und trinkt, als bis es ihm ein Arzt erlaubt, dann kommt er durch. Hans wurde dann mit den anderen Schlitten weitertransportiert. Ein paar Tage später bekamen wir die Todesnachricht. Warum und wie er gestorben ist, das konnte ich bis heute noch nicht erfahren. Es ist für uns selbst ein Rätsel. Die Lücke, die sein Tode bei uns gerissen hat, wird so schnell nicht wieder ausgefüllt, denn er war einer unserer Besten. Gerade sein frohes Wesen hat mir immer gefallen. Was haben wir beide immer für Pläne gemacht, was wir nach dem Krieg machen wollten, und nun soll es mit einem Mal aus sein. Soll es ihm doch die Gewißheit, daß es ihm in einer anderen Welt besser geht als uns hier in diesem Tränen- und Jammertal, Trost und Kraft verleihen, solche Schicksalsschläge leichter zu tragen. Ich habe mich mit dem Spruch in das Unabänderliche gefügt: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen.“ Ich hoffe nun, Ihrer Bitte, so weit es in meiner Macht lag, über den schmerzlichen Verlust Ihres lieben Bruders, unseres guten Kameraden, zu berichten, nachgekommen zu sein. Bewahren Sie ihm ein treues Andenken. Ist es Gottes Wille, daß ich wieder gesund nach Hause kehre, so will ich’s nicht unversucht lassen, Sie zu einer mündlichen Aussprache aufzusuchen. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen alles Gute und grüße Sie herzlich, Karl Rieger. Bad Cannstadt, den 27. 5. 42 Werte Familie Fuchs! Erst heute, nachdem ich wieder gesund aus dem Lazarett entlassen bin, kann ich Ihnen einige Zeilen schreiben. Zunächst spreche ich Ihnen für den großen und schmerzvollen Verlust Ihres lieben Sohnes meine tiefempfundene Teilnahme aus. Hans war uns stets ein guter und tüchtiger Kamerad, er wird in unserer Gruppe und Schwadron weiter leben und wir alle werden Ihrem lieben guten Sohn ein ehrendes Gedenken bewahren. Anbei schicke ich Ihnen einige Bildchen, die für Sie auch eine schöne Erinnerung sein werden. Es grüßt Sie in herzlichem Gedenken und im Namen aller Kameraden der Gruppe, Uffz. Theo Vohs.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Linden, den 13. 6. 42 (Brief von seiner Braut an die Mutter).Liebe gute Frau Bentele! Wiederum scheuten Sie die vielen Mühen nicht, auch mir die Ergebnisse Ihrer Forschungen zu übermitteln, worüber ich mich so arg freue und ich von ganzem Herzen dankbar bin, dies aber leider nicht durch Tat beweisen kann. Ach, wie heimeln einen die lieben Bildchen an! Wie ein Stich geht es durch die Seele bei dem Gedanken, daß das alles einmal war, vorbei ist und gar nie wiederkommt. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie man all die schönen Jugenderlebnisse und all das Glück von einst je vergessen könnte. Das kann gar nicht sein! Im Gegenteil, mir ist, als ob mir von Tag zu Tag klarer würde, daß ich das nie mehr erreichen kann, was ich in Zukunftsträumen, in der Hoffnung auf den lieben Hans, erreichen wollte und bestimmt auch erreicht hätte. Ach ja, eine tiefe Wunde heilt mit der Zeit auch, aber die Narbe bleibt eben doch und wird immer bleiben. Und mögen böse Menschenzungen daran deuteln, es bleibt dennoch wie es ist. Nur der Gedanke an Sie, an seine so sehr geliebte Mutter, die nun doch das viel größere Kreuz zu tragen hat, ist mir Richtschnur und Erbauung. Könnte man nichts Besseres im Jenseits erhoffen, so wäre so ein Schlag unerträglich. In Gottes Namen, komme was wolle, denn nicht Verzweiflung und Hadern helfen weiter, Wir müssen alles dem Schicksal überlassen. Die Briefe habe ich mir abgeschrieben und bewahre sie mir mit all den anderen Andenken zur steten Erinnerung auf. Sie sollen immer von dem tugendreichen Charakter des leider nie wiederkehrenden lb. Hans zeugen. Und wie ich sehe, ist er nun noch nachträglich zum Gefreiten befördert worden. Warum auch nicht eher, damit er sich hätte noch darüber freuen können? Dann der erschütternde Bericht über seine Verwundung, wonach er sich in seinem Pflichtgefühl noch immer nicht ergeben hatte. Und sie behalten zweifellos recht in Ihrer Meinung, dass Hans, wenn er hätte sofort operiert werden können, sein frisches junges Leben nicht hätte opfern müssen. Ja, Hans könnte noch leben. Aber ich glaube, er war zu gut für diese schlechte Welt und er wird jetzt wohl an einem besseren Ort belohnt für seine Verdienste all. Mit einem nochmals herzl. Vergelt’s Gott für Ihre Güte, sowie die ergreifenden lieben Worte, die Sie mir in so liebevoller Weise gewidmet, grüßt Sie Ihre Pia. Linden, den 1. 9. 42 Liebe gute Frau Bentele! Zu Tränen gerührt erhielt ich heute Ihren liebevollen Brief mit herzlichen Glückwünschen zu meinem Geburtstag und ich danke Ihnen so recht innerlich dafür. Vor allem empfinde ich dies als eine große Ehre meinerseits, und fühle immer deutlicher, dass Sie mir eigentlich am nächsten stehen. Und wie wohl das so einer blutenden Wunde tut, das braucht man ja Ihnen nicht zu sagen. Ihre liebevollen mütterlichen Worte sind mir ja Brücke über die große Lücke, die das unerbittliche Schicksal gerissen hat. Schweren Herzens muß ich den gewohnten, ja fast leidenschaftlichen Briefwechsel vergessen lernen, was mir fast am schwersten fällt. Aber hier ist nun einmal alles vergeblich, und es kommt ja alles so wie’s Gott gefällt, er sorgt doch für heut und auch für morgen. Drum überlasse ich meine Zukunft ganz dem Schicksal. Aber eines weiß ich! Den vollen Ersatz für den lieben unvergesslichen Hans, den Sie mir so nett wünschen, werde ich nicht finden können. Wenigstens kann ich mir das gar nicht vorstellen. Denn ich denke immer, solche Menschen sind zu gut für diese schlechte Welt. Und wer weiß, was uns noch bevorsteht! Liebe Frau Bentele! Zu einem Besuch für Sie habe ich immer Zeit. Vielleicht sehen wir uns einmal auf dem Friedhof sonntags und können besprechen, wann es Ihnen am passendsten ist. Nochmals ein herzliches Vergelt’s Gott für Ihre lieben gütigen Zeilen, die mich eigentlich so recht überraschten, denn ich konnte kaum fassen, dass Sie daran dachten. Immer in Liebe und Stolz an Hans denkend und Sie viel tausendmal recht innerlich grüßend, Ihre dankbare Pia.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Unser Edmund schrieb immer so fleißig und gut, und nun auf einmal kommt einfach nichts mehr. Woran es liegt, das weiß ich auch nicht. Hoffentlich nur an der Postverbindung. Cannstadt, den 26. Juni 1942 Meine werte Frau Bentele! Erst heute, nachdem ich von (?) zurück bin, komme ich dazu, Ihnen, liebe Frau Bentele, auf Ihren mir so lieben Brief vom 28. Mai eine Antwort zukommen zu lassen. Ich fühle Ihren Schmerz mit, der Sie als Mutter besonders traf; aber lassen wir dem lieben guten Hans seine ihm so schwer erkämpfte Ruhe. Er ist nun allen vorangegangen. Aber der gute Junge lebt bei all seinen Kameraden weiter, die ihn brauchen und wird weiter der Stolz seiner Mutter, ja seiner ganzen Angehörigen bleiben. Ich selbst wurde als 4. Kind von 10 Geschwistern geboren und weiß bestimmt, was es heißt, wenn eines fehlt und man das letzte Ende nicht miterleben konnte. Hans war mir besonders ein guter Kamerad, oft haben wir uns gegenseitig Familienverhältnisse ausgetauscht und so manche schwere Stunde überwunden. Hans und ich wurden im gleichen Augenblick verwundet. Er war ganz in meiner Nähe, wo er mir sagte: Unteroffizier, mich hats getroffen. Ich bat Hans liegen zu bleiben, da wir einem starken Abwehrfeuer ausgesetzt waren. Auf ging es mit den anderen Kameraden, aber der Feind hatte sich schon gut auf uns eingeschossen. Ich wurde dann beim nächsten Gegenstoß auch durch Schulterdurchschuß verwundet, konnte aber den Sturm noch mitmachen. Hans war inzwischen vom Sanitätsunteroffizier zurück gebracht. Der Sanitätsunteroffizier, ein einziger Sohn, hat aber inzwischen auch sein Leben auf dem Felde der Ehre gelassen. So kann ich Ihnen, liebe Frau Bentele, nur schreiben, daß Ihr lieber guter Junge bis auf der letzten Minute voll und ganz zufrieden war. Er war seit dem 1. März Gefreiter und von mir eingegeben zum EK II seit dem 4. März. Aber das EK wird ihn nicht mehr erreicht haben, da der Zugführer auch schwer verwundet ist. Nun zu Ihrem Anliegen, welchem ich vorläufig nicht nachkommen kann, da meine Frau als Operationsschwester im Kriegslazarett eingesetzt ist und ich die ganzen Negative zu Hause habe. Aber Sie, liebe Frau Bentele, können die Gewißheit haben, daß ich Ihrem Wunsch entspreche, sobald es mir möglich ist. Sollte ich aber inzwischen zum anderen Wehrkreis versetzt werden, und es Ihnen zu lange dauern, so können Sie sich, liebe Frau Bentele, an meine Privatadresse wenden: Uffz. Theo Vohs, Frackenhorst, Bez. Münster in Westfalen, Schulstr. Nr. 2. Meine Frau, die weiß dann über alles Bescheid, wenn ich nicht mehr da sein sollte. Auch ist es mir nicht möglich, so gern ich Ihnen einen Besuch machte, da es über 100 km sind. Für heute will ich schließen. Und grüße Sie in herzlichem Gedenken an Ihren lieben guten Sohn Hans, Ihr Uffz. Vohs. Ohne Datum Liebe Frau Bentele! Mit einem wiederholten „Vergelts Gott“ für Ihre unermüdliche Güte mir gegenüber, sende ich Ihnen hier den Brief von diesem Uffz., welcher wiederum den lieben kameradschaftlichen und nicht zuletzt tüchtigen Hans vor unsere Augen führt. Wer wird diese Lücke je einmal überbrücken? Nochmals dankend grüßt sie herzlichst Ihre Pia. Ohne Datum Liebe Frau Bentele! Mit herzlichstem Dank schicke ich Ihnen anbei die beiden Briefe sowie das Tagebuch zurück. Sie können wohl gar nicht ahnen, wie beruhigt ich immer wieder bin und wie leichter es mir ist, wenn ich mich mit Ihnen unterhalten habe über das, was sonst kein Mensch auf der ganzen Welt erfasst, weil ich mich dann wieder an Ihnen erbaue und mich freuen darf, daß Sie mir so mütterlich zugetan sind. Vergelt’s Ihnen der Herrgott alles einmal recht reichlich und seien Sie tausendmal gegrüßt von Ihrer mit Ihnen trauernden Pia.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Russland, den 8. Juli 1942 Sehr geehrte Frau Fuchs! Habe Ihren lieben Brief vom 25. 6.42 mit Freuden erhalten und danke Ihnen recht herzlich für Ihre lieben Zeilen. Ich muß Ihnen sagen, daß es scheinbar doch noch anständige Leute auf der Welt gibt. Sie können mir glauben, Frau Fuchs, es ist der erste Brief, den wir erhalten, da wo es keine Beanstandungen gibt betreffs Nachlaßsachen. Leider können sich viele Leute diesen Krieg hier in Russland gar nicht vorstellen. Sie rechnen nicht damit, was alles verloren gehen kann. Wenn es eben nicht anders mehr geht, dann neigt der Soldat dazu, daß er sein Gepäck so leicht wie möglich macht, vieles wird weggeworfen, wo nachher die Angehörigen uns Schwierigkeiten bereiten wollen. Dann geht ein Geschrei los, das und das fehlt bei den Nachlaßsachen. Aber jedermann Recht tun ist eine Kunst, die niemand kann. Frau Fuchs, wir versichern Ihnen, daß es uns zu jeder Zeit freut, wenn Sie uns immer wieder mit ein paar lieben Zeilen beglücken. Das sind wir einer Mutter schuldig, die ihren lieben Sohn bei unserer Einheit verloren hat. Es ist ja schade für Hans, er war seinen Kameraden gegenüber immer ein guter und treuer Kamerad. War stets freudig beim Dienst, er war auf gut Deutsch gesagt, Soldat von A bis Z. Er wird bei der Schwadron weiterleben bis zum endgültigen Siege und wird von keinem einzigen der Schwadron vergessen bleiben. In tiefem Schmerz fühlen wir Ihr Leid mit. Nicht jedem ist es vergönnt, die Heimat wiederzusehen, das Schicksal hat es bei ihm anders gewollt. Diese Uhr muß bestimmt Ihrem Sohn gehören, sie kam noch aus der Drilchhose heraus. Es kann gut der Fall sein, daß er sie entweder umgetauscht oder gekauft hat, hier gehört sie niemand. Nun zum Schluß recht herzliche Grüße von allen Schwadronsangehörigen, besonders vom Herrn Schwadrons-Chef. Es grüßt Sie recht herzlich Ihr Köpf, O’Wachtmeister. Öhringen, den 1. 9. 42 Werte Frau Fuchs! Endlich komme ich dazu, Ihren Brief vom 9. 6. zu beantworten. Dank ebenso für den Brief vom 28. 8. Ich bin am 25. 6. leicht verwundet worden und jetzt zu Hause in Genesungsurlaub. Aber nur 14 Tage. Sonst hätte ich Sie gerne einmal besucht. Mit unserem Gruppenführer, Uffz. Vohs, bin ich noch nicht zusammen gekommen. Vielleicht ist es mir möglich, durch ihn ein Bild von Hans seinem Grab zu bekommen. Ein Schulfreund von ihm hat es aufgenommen, ist aber leider auch gefallen. Es frägt sich nur, ob die Schwadron die Sachen nach Hause geschickt hat. Wenn nicht, wird es schwer sein, ein Bild zu bekommen. Ich selbst habe auch keine Negative, nur ein Bild, und das stammt von Hans. Ich lege es in diesem Brief bei. Gefreiter Hörcher, jetzt Uffz., befindet sich auf einer Offiziersschule. Genaue Adresse habe ich auch nicht, und meine kann ich Ihnen auch nicht angeben. Bis 13. d. M. bin ich in Öhringen, Heilbronnerstr. 1. In Cannstadt werde ich wohl auch nicht lange sein, es werden in letzter Zeit viele nach Afrika geschickt. Vielleicht melde ich mich auch freiwillig dorthin. Ich danke Ihnen nochmals herzlich für Ihre Mühe, die Sie sich gemacht haben. Es grüßt Sie vielmals Karl Rieger nebst Eltern. Russland, den 11. 12. 42 Werte Frau Fuchs! Entschuldigen Sie bitte, weil ich Ihnen erst jetzt auf Ihren Brief vom 4. 9. antworte. Ich war in der Zwischenzeit im Urlaub und anschließend hatte ich viel zu tun. Besten Dank für Ihren lieben Brief. Habe jetzt nochmals überall nachgefragt wegen einer Aufnahme. Aber niemand weiß etwas davon. Dann ist es auch so, die meisten wo damals dabei waren, sind weg. Außerdem war es uns in diesem Sommer nicht möglich, dort hin zu kommen, wo Ihr Sohn gefallen ist. Wir liegen seit Frühjahr 80 km davon weg. Ich habe es jetzt dem Schwadron-Chef gesagt, daß wir doch mal dort hinfahren müssen und sämtliche Gräber aufsuchen. Das ist nämlich so, wenn ich nur einen oder zwei Mann wegschicke, das ist zu gefährlich wegen Partisanen. Unnötigerweise will man doch nicht einen Menschen in den sicheren Tod schicken. Bis im Frühjahr kommt bestimmt jemand dort hin. Werde Ihnen dann gerne einige Bilder zuschicken. Zum Schluß wünsche ich Ihnen frohe Weihnachten und ein

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ gesundes, glückliches neues Jahr. Es grüßt Sie, Heil Hitler! Ihr Köpf, Ob.Wachtmeister. Kriegsweihnacht 1942 Brief vom Chef der Einheit 18 093 (Einheit, in der Hans Fuchs war, als er am 18. März 1942 bei Barewo gefallen ist) Verehrte Frau Bentele! Alljährlich gedenkt besonders anlässlich des Weihnachtsfestes die Schwadron in stolzer Trauer der gefallenen Kameraden, die als Vorbilder jedes Einzelnen in leuchtender Pflichterfüllung ihr Leben für die Heimat gaben. Immer wieder gehen die Gedanken zurück zu denen, die nun fremde Erde deckt und jeder einzelne fühlt den Verlust, den ihm der Tod des guten Freundes und Kameraden brachte. In Gedanken an sie grüßt jeder von uns in ehrfürchtiger Verbundenheit die Angehörigen der für alle Zeit unvergessenen Toten. Möge uns gelingen, was sie im Tode erstrebten: Der Sieg unserer Waffen für eine freie, glückliche Zukunft unseres Volkes, das sei der Schwur an ihren Gräbern. i.V. (gez.), Leutnant. O.U., den 18. 3. 43 Werte Frau Fuchs! Ich will nicht versäumen, Ihnen heute ein paar Zeilen zu schreiben. Es geschieht im Gedenken an meinen lieben Kameraden Hans und die Geschehnisse vom 12. – 18. März 1942. Sie werden mir immer in schmerzlicher Erinnerung bleiben, wo ich meinen besten Kameraden verlor. Er gab das Höchste, was ein Soldat für sein Vaterland geben kann, sein Leben. Hoffen wir, daß dieses Opfer nicht umsonst war. – Wie es heute in der alten Schwadron aussieht, weiß ich auch nicht. Sie war ja in den letzten Tagen wieder in schwere Abwehrkämpfe verwickelt. Ich selbst bin seit meiner Verwundung am 26. 6. 42 nicht mehr in Russland. Hatte mich nach der Genesung freiwillig nach Afrika gemeldet, bin aber leider nicht ganz rüber gekommen. 20 Minuten Flugzeit vor Afrika machten die Maschinen kehrt und setzten uns auf Kreta ab. Warum, kann ich Ihnen heute noch nicht schreiben. Es ging aber alles noch gut. Hier wurde ich dann einer Infanteriekompanie zugeteilt, wo ich jetzt noch bin. Bis jetzt hatten wir ja noch keinen Einsatz, aber eines schönen Tages wird uns der Engländer doch mal einen Besuch abstatten. Nun ja, wir sind bereit. – Schön ist es hier auf der Insel ja nicht, aber klagen dürfen wir nicht. Wir haben es immer noch ein ganz Teil besser als die Kameraden in Russland, die wieder in Kälte und Schnee aushalten müssen. Davon haben wir hier gar nichts gespürt. Es gibt nur eine Regenzeit aber keinen ausgesprochenen Winter. Trotzdem hatte ich mich etwas erkältet. Es ist aber schon wieder soweit gut. – Wie geht es auch Ihnen und Ihrer Familie? Alles gesund und munter? Ich hoffe es wenigstens. Denn das ist ja die Hauptsache, daß man seiner Arbeit nachgehen kann. Haben Sie immer Hilfskräfte genug? Bei meinem Onkel sieht es da sehr traurig aus. Er selbst hat es so stark an den Nerven, daß er nicht mehr arbeiten kann. Der einzige Sohn ist auch in Russland gefallen. Nun hängt alles an Tante und Kusins. Sie haben wohl zwei Gefangene, aber diese arbeiten auch nur, wenn jemand dahinter steht. So hat eben jedes sein Teil Last zu tragen. Es wäre wünschenswert, wenn der Krieg bald ein Ende fände, aber erst müssen die Gefahren gebannt sein, die uns drohten, und darum dürfen wir nicht wanken und nicht müde werden, bis der Endsieg errungen ist. Im Gedenken an Hans und in der Hoffnung, daß bei Ihnen alles gesund ist, grüße ich Sie herzlichst, Karl Rieger. O. U. den 13. 9. 43 Werte Frau Fuchs! Ich darf es nun nicht mehr länger hinausschieben, für Ihren lieben Brief zu danken und ihn zu beantworten. Es kam eben in letzter Zeit immer etwas anderes dazwischen. Einmal die Vorbereitung zur Besichtigung und jetzt diese Schweinerei mit den Italienern. Obwohl die ganze Sache bei uns ganz ruhig und ohne Zwischenfälle verlief, gab es doch Arbeit genug, so daß an ein Schreiben nicht zu denken war. Ich hoffe, daß es nun wieder

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ etwas besser wird. Sicher interessiert es mich, dass Rittmeister Bullinger noch Photos aufgebracht hat vom Grabe meines Kameraden Hans. Ich selbst habe auch schon des öfteren den Versuch gemacht, mit der Schwadron wieder in Verbindung zu treten, jedoch ohne Erfolg. Keiner hat sich bemüht, auch nur einen Gruß als Antwort zu geben. Es ist nicht gerade schön zu wissen, daß man als vergessen gilt. Ich sag mir aber immer wieder: es geht alles vorüber, und vieles ist schon vorbei. – Gestern habe ich zufällig einen Kameraden getroffen, das heißt, durch seine Sprache bin ich auf ihn aufmerksam geworden. Auf meine Frage stellte sich heraus, daß er von Ravensburg ist. Man freut sich immer wieder, wenn man einen Landsmann trifft. Es ist nur schade, daß man nicht mehr Zeit hat, um sich einmal ordentlich zu unterhalten. – Meinem kleinen Bruder geht es fast ebenso wie Ihrem jungen Xaver. Kaum haben die Kerls die Schulbank verlassen, wollen sie schon zum Kommiß. Er ist ja erst 17 Jahre alt. Einen 3wöchigen Militärkursus hat er schon hinter sich. Jetzt muß er aber erst noch nach Isny als Hilfslehrer. Es ist ganz gut, wenn er vor seiner Einberufung noch etwas in seinem zukünftigen Beruf tätig ist. Die Jungens brauchen keine Angst zu haben, daß sie zu spät kommen. So schnell geht der Krieg noch nicht zu Ende. Vier sind bei uns sowieso schon beim Militär: 2 Jungens und 2 Mädels. Die Hauptsache ist aber immer, daß alles gesund und munter ist und bleibt. Es hat mich gefreut, das auch von Ihnen zu hören. – Den Wunsch, eine Zulassungsmarke zu schicken, (Zulassungsmarke, um ihm ein Päckchen zu schicken) kann ich nicht erfüllen. Ich habe ja nichts dagegen zu bieten. Es grüßt Sie nun herzlich, Ihr Karl Rieger. Auch herzliche Grüße an Ihre Tochter Gretel.

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Xaver Fuchs, geb. 11. 8. 1923 in Kerlenmoos Aus seinen Tagebuch-Aufzeichnungen Ich und meine Angelegenheiten Zuname: Fuchs Vorname: Xaver Fernsprecher: Bodnegg 46 Formation: Marine H.J., Mitglieds Nr. 1762488 Gebiet Baden, Bann 408 Überlingen Dienstgrad : Scharführer Wohnung : Bodenseeschule, Meersburg, Schloßplatz Geburtstag: 11. 8. 1923, Geburtsort: Kerlenmoos, Bodnegg Schule: Staatliche Oberschule, Marke und Nummer des Rades: Wanderer, Nummer der Uhr: Kienzle 17157 Größe mit Schuhe: 1,78 m, Gewicht mit Kleider: 1,32 Ztr. Brustumfang: 81 / 99 cm

22. Juli bis 30. Juli 1939 H. J. – Lager in Oberstdorf 21. Juli, Freitag: Morgens um 9 Uhr Abfahrt mit dem Rad in Meersburg. Nur Hartlieb (Helmut Hartlieb, Rosenheim, Haustätter Höhe) fuhr von unserer Schule mit. Fahrt über Friedrichshafen, Kressbronn. Vor Nonnenhorn platzte mein Fahrradschlauch, ich mußte einen neuen Mantel kaufen. Bei Lindau Rast. Hier stießen wir wieder auf die anderen Kameraden des Überlinger Bannes. Dann über Weiler, eine Strecke auf der Alpenstraße über Simmerberg, dort eine große Steige, Oberstaufen, ein schönes Dörfchen, dann eine ziemlich ebene Strecke bis nach Immenstadt. Vorbei am schönen Alpsee. Nach Immenstadt regnete es. Wir mussten unterstehen. Links vorbei an Sonthofen, dann eine große Steige mit nachfolgender Abfahrt nach Oberstdorf. Dort suchten und fragten wir lange, bis wir einen Meersburger trafen, der uns ins Lager führte. Es war schon Nacht. Manz (Gerold Manz, München 9, Vintschgauersstr. 22) war schon vorher mit dem Zug angekommen. 22. Juli, Samstag: Es regnete den ganzen Tag. Wir liegen im Zelt und schlafen. Prima Essen. Eintopf. Mittags kommen die Salemer. Wir sind nun 11 Mann: Manz, Viktor Vester, Graf v. Inzzberg, Wilhelm Thilmann, Schneider, Helmut Becker, Fuchs, Hartlieb, ein Überlinger, Bernd Lang, unser Zeltführer und noch einer aus Meßkirch. Ich mußte ums Zelt einen Wassergraben ausheben. Wenn wir nicht schlafen, wird gesungen und Witze geklopft. 23. Juli, Sonntag: Es regnet nicht. Wir beginnen nach einem Waldlauf und Waschen gleich Lagerarbeiten. Ein Zaun wird errichtet. Manz und ich basteln das schwarze Brett. Bis Mittag. Dann Flaggenhissung. Danach Ausflug zum Freiberg-See, der wunderschön in einem Kessel liegt. Singen über einem Abhang: „I bin dr Bue...“. Abends werden zwei Mädels unter großem Hallo von Lang vor den Bannführer geführt. Zelt zwei machte Gaude. Zum Schluß Flaggeneinholung. 24. Juli, Montag: Waldlauf und Waschen. Flaggenhissung. Dann Tagesausflug. Über Freibergsee, Café Schönblick zur Breitachklamm. Es regnete als wir über den Berg gingen. Breitachklamm ist sehr schön. In Oberstdorf ins Bauerntheater: „Alles in Ordnung“. Drauf der 1. Ausgang. Wir trafen Bollbrügge. Dann Heimmarsch. Flaggeneinholung und Zapfenstreich.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 25. Juli, Dienstag: Waldlauf zum Fluß, Waschen. Wir warteten bis Regen aufhörte. Dann zu Fuß nach Sonthofen. Unterwegs Hilfe bei einem Bauern. Es regnete bis Sonthofen. Besichtigung der Ordensburg. Rast im Burgkeller. Das Gebäude ist prima. Alles hohe und lichte Räume, besonders der Speisesaal. Heimfahrt mit Zug. Es regnete wieder. Flaggeneinholung und Zapfenstreich. 26. Juli, Mittwoch: Es regnet. Dann Aufstehen, Waldlauf, Waschen, dann Schuhe putzen, anschließend essen. Mittags marschieren wir nach Oberstdorf. Spiele in der Turnhalle, dann Singen. Nachher einen Vortrag über Sagen von Dr. Maton (?) aus Salem. Sehr interessant. Ausgang bis 19 Uhr. Wetter war das erstemal prima. Kurkonzert. Am Heimweg mußten wir Brot auf einem Wägelchen ins Lager fahren.. Die Berge sind bei diesem Wetter ja schön. Flaggeneinholung. Zapfenstreich. 27. Juli, Donnerstag: Es regnete kurz. Um 12 Uhr marschierten wir ab. Hartlieb geht mit der andern Gruppe. Wanderung über die Bingsau über Bings und Einödbach, Kurze Rast und dann Aufstieg zum Waltenbergerhaus.. Es schneite. Wir aßen und gingen dann zu Bett. 28. Juli, Freitag: Schönes Wetter, herrliche Aussicht vom Waltenbergerhaus aus. Wir kamen bis zu einem Grat. Kamen nicht auf’s hohe Licht wegen zu hohen Schnees. Zurück über die Hütte am Fuße der Trettachspitze vorüber. Auf der Spitze eines Höhenzuges entlang. Nach einer Mittagsrast kam Nebel auf. Dann die Bergwiesen hinunter ins Tal, strengte sehr an. Bei einer Almhütte erfrischten wir uns. Dann durch die Spielmannsau, vorbei am Christ....(?) zurück zum Lager. Herrliches Wetter, als wir durch das schöne Tal marschierten. 29. Juli, Samstag: Herrliches Wetter. Tour aufs Nebelhorn. Eine wunderschöne Wanderung. Durch Oberstdorf an den Wasserfällen entlang, dann durch ein Tal, anschließend Aufstieg zum Edmund Probst Haus. Dort Rast. Dann Aufstieg zum Nebelhorn. Herrliche Aussicht auf Mädelegabel, Hochvogel, Zillertaler Alpen und Scesaplana. Kurze Rast, dann wieder Abstieg zum Edmund Probst Haus, dann Abstieg über ...(?) und im Serpentinenweg eine steile Wand hinunter ins Oy-Tal. Dort Rast und dann zurück ins Lager. Dort waschen im Fluß und viel zu Essen. Die anderen, Manz und Hartlieb noch nach Oberstdorf, ich blieb im Zelt. Der letzte Tag vorbei. 30. Juli, Sonntag: In der Morgenfrühe um 6 aufstehen. Hartlieb und ich machen uns fertig, dann noch Abschied von Manz. Fahrt durch Oberstdorf bei herrlichem Wetter. Nach kurzer Fahrt Rast und letzter Rückblick. Dann weiter über Sonthofen, Immenstadt, rechts am Alpsee eine kurze Steigung hinauf. Über Missen, Isny, Wangen nach Hause. Dort Abschied von Hartlieb. Eine schöne Zeit vorüber. Wir wurden nicht geschlaucht, hatten viel zu essen, nur das schöne Wetter am Anfang fehlte. Standort des Lagers: Von Oberstdorf nach dem Freibergsee, an einem Wald vor dem Aufstieg zu diesem.

Aus: Der Merker 1940: 8. Januar, Montag. Rückreise von den Weihnachtsferien. Mein Bruder Hans schlittete mich nach Rosenharz. In Friedrichshafen traf ich Froschmeier, ich rauchte 2 Zigaretten, er 7. 14. Januar, Sonntag. Jugendfilmstunde: „Der Berg ruft“, Luis Trenker. 16. Januar. Meine Großmutter starb im 71. Lebensjahr nach längerer Krankheit. Sie wurde am 30.9.1868 in Pechtensweiler geboren, heiratete 1891 meinen Großvater Martin Hauber. Ihrer Ehe entsprangen 13 Kinder. (Familie Hauber, Wollmatingen, Fürstenbergstr. 68) 18. Januar. Begräbnis meiner Großmutter in Wollmatingen. Mich erreichte die Nachricht zu spät. Meine Eltern besuchten mich nach der Beerdigung.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 21. Januar. Ich war zu Hause und las „Der Sternsteinhof“ von Anzengruber 22. Januar. Wir müssen jetzt gerade ziemlich viel für die Schule lernen. Eine Arbeit kommt nach der andern. Ich komme am Werktag fast nie ins Freie. 11. Februar. „Feldgottesdienst“. Spaziergang über Sportplatz, am Strand zurück. Begleitet von Froschmeier (Wolfgang Froschmeier, Hamburg), Stotz, Boley (Ernst Boley, Pfullingen, Klosterstr. 98). 15. Februar. Ich las das Buch „Ein Stern fiel vom Himmel“ von Hans Dominik. Keller hat es mir geliehen. 18. Februar Jugendfilmstunde: „Befehl ist Befehl“. Weiß Ferdl. (Mußte sehr viel lachen). Ich las das Buch Kapitän Kaiman. 19. Februar. Ich las Nachmittags im Buch „Kapitän Kaiman“ von Karl May. Die Werke der Jugendschriftsteller gefallen mir noch immer. 21. Februar. In Kerlenmoos starb Vater Schmid. 22. Februar. Heute war mündliches Abitur. Nur drei Teilnehmer: Franz Welz, Gisela Löner, Norbert Echinger. Alle haben bestanden. Alle anderen haben das Notabitur bekommen und sind vorher zum Militär eingezogen worden. 23. Februar. Wir mußten für Musik zwei Aufsätze machen: die Koriolen-Ouvertüre und die (Egmont -Ouvertüre) 25. Februar, Sonntag. Feldgottesdienst. Ich machte mit Rieder, Froschmeier, ... einen Spaziergang auf der Hauptstraße nach Hagnau, am Strand zurück. Ich bekam heute den Merker. 28. Februar. Vor einem Jahr mündliches Abitur. Ausmarsch nach Mühlhofen und Birnau.... 1. März. Ich bekam Geld von zu Hause und die Nachricht, daß unser Nachbar, Vater Schmid, gestorben ist. 2. März. Ich las am Nachmittag und Sonntagmorgen. Am Mittag sonnten wir uns im Strandbad. Wir rauchten Zigaretten (Ich nur eine). 3. März. Ich war nicht in der Kirche. Mittags war Jugendkundgebung. Der Direktor sprach. 6. März. Wir bekamen die Lateinarbeit zurück. Ich schrieb eine 5. Heute Mittag bekam ich Post aus Pfullingen. Ich schrieb den Aufsatz: „Mitreisende“. 7. März. Heute schneite es wieder. In Chemie sahen wir den Film über Hochöfen und Walzwerke. 8. März. In Latein schrieben wir eine Arbeit. Übersetzung ins Deutsche. 9. März. Wir bekamen heute die Lateinarbeit zurück: 3-4 . Wir schrieben gleich wieder eine. Heute Mittag gingen wir ins Strandbad und sonnten uns. 10. März. Um 3 Uhr ging ich in den Film „Ein ganzer Kerl“. War prima. Spielte auf einem ostpreußischen Gutshof. 11. März. In Mathematik schrieben wir eine Arbeit. Heute Mittag zogen wir vom Musiksaal in unsere alten Schlafräume. Nachher ging ich mit Manz und Keller spazieren. Wetter war schön. Ich bekam von Tussaint Langenscheidt ein Probelexikon. 12. März. Bekamen Deutscharbeiten zurück: 3. Nachher Mathematikarbeit: 4? Am Nachmittag war Notenkonferenz. Hurra, das schlimmste ist vorüber. Am Mittag putzte ich mein Rad. 13. März. Ich bekam heute Post von daheim. Ich ging in den Film „Der Feldzug in Polen“. Ich stellte einen Antrag auf eine Zusatzkleiderkarte. Das Wetter war sehr schlecht, es regnete. 14. März. Heute war Chorprobe statt Deutsch. Das Wetter ist saumäßig. Von 2 – 3 mußte ich in der Bibliothek helfen. Gegen 6 Uhr erhob sich ein schwerer Sturm. Windstärke 9. 15. März. Wir bekamen Lateinarbeiten zurück: 4. In der 4. Stunde hatten wir Chorprobe. Am Mittag ging ich zum letzten Mal mit Froschmeier spazieren. 16. März. Ich begleitete schon in der Früh um 6 Uhr Froschmeier zum Hafen. Einer meiner liebsten Schulkameraden hat uns verlassen. Abends um 6 Uhr machte ich noch eine Radtour über Unteruhldingen – Mühlhofen. Klassenfest. Ich hatte kein Geld.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 17. März. Radfahrt am Mittag nach Friedrichshafen. 18. März. Ab 3. Stunde Chorprobe. Ich packte meinen Korb. Abends machte ich mit Manz noch einen Bummel durch die Stadt. Begleitete in der Frühe Klassenkamerad Lohr zum Hafen. Abschied für immer. 19. März. Schlussfeier, über deutsches Heldentum. Das Zeugnis hätte ich besser erwartet. Um 12 Uhr fuhr ich nach Hause. Sehr regnerisches Wetter. Nun beginnt hoffentlich eine schöne Ferienzeit. Osterferien vom 19. 3. – 9. 4. 21. März. Ich kaufte in Neukirch einen neuen Anzug. 22. März. Ich fuhr um 10 Uhr los in die Ferien nach Pfullingen. Schönes Wetter begleitete meine Fahrt. Bei Zwiefalten musste ich flicken. In der Dämmerung kam ich zu Boleys. Vor meiner Abfahrt sah ich Onkel August zum letzten Mal. 23. März. Ernst schaffte morgens auf dem Bau. Ich ging mit Herrn Boley spazieren. Am Abend sah ich den Film „Gasparone“. 24. März. Spaziergang zur Echazquelle. 25. März – Ostermontag. (Am Morgen schaffte Ernst wieder auf dem Bau.) Spaziergang auf die große Wanne mit Ernst und Herrn Boley. 26. März. Ernst schaffte morgens wieder auf dem Bau. Ich ging derweil mit Herrn Boley spazieren. 27. März. Ernst und ich fuhren nach Tübingen, der alten Universitätsstadt am Neckar. Ein sehr schmuckes Städtchen mit einem sehr netten Park und See. 28. März. Es schneite. Spaziergang durchs Sommertal. Wenn schönes Wetter geherrscht hätte, wäre dies eine wunderbare Tour gewesen. 29. März. Das Wetter zwang mich in die Stube. Ernst mußte schon wieder den zweiten Tag in die Schule. 30. März. Wir zwei Freunde waren in Reutlingen. Wir schauten die Läden an. 31. März. Omnibusfahrt nach Gomaringen. 1.April. Spaziergang nach Honau, Traifelbergfelsen, Jubiläumsweg mit anschließender Erfrischung im Traifelberghotel. Rückfahrt mit der Bahn. Herrliches Wetter. August in der Morgenfrühe gestorben. 2. April. Heimfahrt wieder mit dem Fahrrad. Eine wirklich schöne Strecke über Großengstingen, Sigmaringen, Ostrach. Ich mußte dreimal flicken. Ich traf Ott und besuchte Werner. Erst in der Dunkelheit erreichte ich Kerlenmoos. 3. April. Begräbnis von Onkel August. Seit dem August 1939 lag er an Wassersucht darnieder. Bei der Beerdigung regnete es. 4. April. Ich war zu Hause beschäftigt. 5. April. Die meiste Zeit regnete es. Ich war zu Hause beschäftigt. 6. April. Mit dem Fahrrad nach Ravensburg. Besuch bei Tante Agnes. 7. – 9. April. Mußte zu Hause arbeiten. Am Mittag fuhr ich nach Meersburg. Deutsche Truppen marschieren in Dänemark und Norwegen ein. Letzter Ferientag. 10. April. Erster Schultag. Klassenlehrerin Fräulein Hauk. Wir hatten eine Stunde Mathematik und Deutsch. Deutsche Truppen besetzen Dänemark, Kopenhagen. Deutsche Truppen besetzen Norwegen und Oslo. 11. April. Die gleichen Stunden wie gestern. Die alten Internatsregeln wurden wieder aufgefrischt. Ich kaufte einen neuen Füllfederhalter. 12. April. Nur Deutsch und Mathematik. Stundenplan wird diktiert. 13. April. Das erstemal stundenplanmäßig Schule seit den Ferien. Sehr trübes Wetter. Ich fuhr nach Hause. 14. April. Ich war in der Frühmesse und dann zu Hause. Bei der Herfahrt regnete es. 15. April. Das erstemal schönes Wetter seit den Ferien. Wir haben einen wunderschönen Ausblick von unserem Studiensaal auf den See. Paket von zu Hause.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 16. April. Besuch von Ministeriellen aus Karlsruhe. Spaziergang durch die Stadt. Aprilwetter: Sonne, dann wieder Regen. Sport bei Ass. Doll. 17. April. Turnen bei Hoffmann. Dienstsport. Besuch von Tante Paula. 19. April. Abends Sport statt Heimabend. Boxen. 20. April. Geburtstag des Führers. Um 8 Uhr Rede von Heß. Chorprobe in der 6. Stunde. Wir tragen den ganzen Tag Uniform. Karte von Froschmeier. Er ist immer noch zu Hause. Herrliches Wetter. Dienst und Parteifeier am Abend. 21. April. Herrliches Wetter, Feldgottesdienst. Besichtigung des alten Schlosses. 22. April. Herrliches Wetter. Ich holte das neue Lesebuch und trug ins Ringheft von den germanischen Göttern ein. Die Sonne scheint im Studiensaal direkt auf meinen Platz. 23. April. Wieder herrliches Wetter. Gegen Abend trüb. Sport. Verteilung der ReichskleiderZusatz-Karten. Das Erdkundebuch erscheint. 24. April. Abends Feuerwehrübung am Haus. Diesiges Wetter. Ich hole auf der Bibliothek die Bücher: Die Insel Heldentum, Das harte Geschlecht. 25. April. Stenographie bei Herrn Rayer. Das erstemal seit zwei Jahren. Manz bekam die Masern. 26. April. In Deutsch nahmen wir das „alte Atlilied“ durch. Dichtung im Stabreim. Mittags Gartenarbeit. Muß immer wieder an die Schulkameraden denken, die nicht mehr unter uns weilen. Es wird mir ganz seltsam zu Mute, wenn ich daran denke, wie schnell die Zeit verging. 27. April. Um ½ 3 Uhr hielt Reichsaußenminister Ribbentrop eine Rede an das Diplomatische Korps. Er bewies die Absicht der Alliierten, in Norwegen, überhaupt in Skandinavien, einen neuen Kriegsschauplatz zu schaffen. 28. April. Ich las: „Das harte Geschlecht“ von Will Vesper. Film: „Gewitterflug zu Claudia“. 29. April. Dr. Ley sprach am Morgen zur Deutschen Jugend. Sie machte keinen tiefen Eindruck auf mich. Diesiges Wetter. Ich beschließe: „Polishing your English“ von ToussaintLangenscheidt zu bestellen. 30. April. Gegen Mittag wieder prima Wetter. Ich fuhr nach Hause. Stotz fuhr mit bis Markdorf. Eine schöne Fahrt durch die grünende und blühende Gegend. 1.Mai. Auch zu Hause blüht alles. Seit ich nicht mehr so viel ins Freie komme, fällt es mir viel mehr auf als früher. Gegen Abend zog ein Gewitter herauf. 2. Mai. Himmelfahrt. Prima Wetter. Ich war bei der Prozession. Prima Sicht in die Alpen. Sie haben immer etwas Anziehendes an sich. Ich tauschte mit meinen ehemaligen Volksschulkameraden Erlebnisse aus der damaligen Zeit aus. 3. Mai. In Deutsch besprachen wir das alte Atlilied, die nordische Fassung des Nibelungenliedes. Abends im Dienst Geländebeschreibung. 4. Mai. Ich fuhr nach Überlingen zu Fürsts. Gutes Wetter. Ich verlor meinen Füller. Die Engländer müssen ihre Truppen aus Norwegen zurückziehen. 5. Mai. Sehr diesiges Wetter. Ich las: Die schwarze Galeere. Roland Lange war hier. 6. Mai. Neues Physikbuch. Geht bis zur 8. Klasse. Wetter wieder besser. Manz wieder gesund. 7. Mai. Geschichtsbuch erschienen. Ich las auf der Terrasse: „Die Buschhexe. Ein sehr mäßiges Buch. Wetter war prima. Es ist im Freien so schön hier, wenn alles blüht und grün ist. 8. Mai. Im Dienst Altpapiersammeln. Las Die Buschhexe. Wetter prima. 9. Mai. Lateinarbeit, sonst nichts besonderes. 10. Mai. Deutsche Truppen marschieren in Belgien, Holland und Luxemburg ein. Flugplatz Metz wird bombardiert. Vor der belgischen und holländischen Küste wird ein deutscher Minengürtel gelegt. 11. Mai. Chamberlein zurückgetreten. Freiburg bombardiert. 24 Tote. 72 feindliche Flugplätze in Frankreich, Belgien und Holland angegriffen. 300 – 400 Flugzeuge vernichtet,

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 26 feindliche im Luftkampf. Die Flugplätze Metz, Nancy, Dijon und Lyon. Deutsche Truppen haben Luxemburg durchschritten. Der Krieg in sein entscheidendes Stadium getreten. 12. Mai. Ich war zu Hause. 13. Mai. Herrliche Fahrt von Hagnau bis Meersburg und am See entlang. Lüttich erobert. Deutsche Fallschirmzüge bei Rotterdam gelandet. Landverbindung zu diesen hergestellt. 14. Mai. Deutsche Panzertruppen nördlich von Namur. Holländische Regierung in London. Nordholland in Deutscher Hand. Bekam den Aufbaukurs von Toussaint-Langenscheidt. Herrliches Wetter. Mathematikarbeit. 15. Mai. Holland kapituliert. 72 feindliche Flugzeuge abgeschossen. Maginotlinie in ihrer Verlängerung nach Norden bei Sedan durchbrochen. 16. Mai. Rastatt von feindlichen Fernkampfbatterien beschossen. Dafür Feuer auf Hagenau. 17. Mai. Deyle Stellung zwischen W. und Namur durchbrochen. Zwischen Sedan und Maubeuge die Maginotlinie in 100 km Breite durchbrochen. Südöstlich Sedan 12000 Franzosen und zw.. Generäle gefangen genommen. Brüssel besetzt. Besuch von Tante Marie. Regnerisches Wetter. 18. Mai. Gestern Abend Vortrag von Dr. Pohl über das britische Weltreich und Weltkampf um Rohstoffe. Löwen und M. erobert. Dylestellung überrannt. Deutsche Truppen in Antwerpen. Bei Maubeuge bis an die Oise. Ich las „Der laufende Berg“ von L. Ganghofer. Das Buch ist prima. 19. Mai. Antwerpen, St. Quentin erobert. 20 Panzerwagen von Flak in direktem Beschuß erledigt südlich von Brüssel. 142 Flugzeuge. Bei Namur alle Außenforts bis auf eines eingenommen. Straße zwischen Cambrai und P. überschritten. Herrliches Wetter. Ich las „Insel Heldentum“. Eupen-Malmedy angegliedert. 21. Mai. Eine französische Armee zwischen Namur und Sedan geschlagen. General mit Generalstab zusammen gefangen genommen. Arras, Amiens und Abbeville erobert. Damit ist das in Belgien kämpfende Herr abgeschnitten. Chemin de D. überschritten.. 43000 Tonnen Schiffsraum in einer Nacht vernichtet. 22. Mai. Soisson erreicht. Deutschen Truppen. 80 km vor Paris. 120 feindliche Flugzeuge abgeschossen. 10 eigene vermißt. Gegen Abend ein Gewitter. Kugelstoßen im Hofe. 23. Mai. Deutsche Truppen marschieren von Süden her auf Calais. Dover bombardiert. Wir machten Kugelstoßen im Hof. 24. Mai. Herrliches Wetter. Schon um 8 Uhr ins Bett. Froschmeier schreibt aus Hamburg. 25. Mai. Boulogne, Gent eingenommen. Calais eingeschlossen. Ring um die belgischfranzösisch-englischen Armeen in Belgien geschlossen. Wettkampf der Hitlerjugend. Schulferien, prima Wetter. Morgens von 10 bis ½ 1 Uhr Ausgang. Froschmeier schreibt aus Kiel. 26. Mai. Das erstemal seit letztem Jahr beim Baden. Am Morgen mit der HJ im Film. Kulturfilm u. Wochenschau. 27. Mai. Calais erobert. Ein Zerstörer durch das Feuer eines deutschen Panzerwagens zum Sinken gebacht. Physikarbeit. Wetter ist schön. 28. Mai. Die belgische Armee unter König Leopold kapituliert. Etwa 4 – 500 000 Mann. 91 feindliche Flugzeuge abgeschossen. Lateinarbeit zurück: 6. Gegen Abend ein Gewitter. Brief von Lohr an unsere Klasse. 29. Mai. Die englisch-französischen Truppen in Belgien in der Auflösung begriffen. Amiens erobert. Brügge durchschritten, Ostende, Langemark, Armentiere, Lille, Ypern und das K.Massiv erobert. Dünkirchen unter dem Feuer schwerer Artillerie. Dünkirchen erreicht. 30. Mai. Die englischen Truppen flüchten auf die Kanalhäfen. Deutsche Luftwaffe versenkt dabei durch Bombenabwurf 16 Transportschiffe, und drei Kriegsschiffe versenkt, 10 Kriegsschiffe beschädigt oder in Brand geschossen. 89 feindliche Flugzeuge vernichtet. 15 eigene abgeschossen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 31. Mai. Vernichtung der englisch-französischen Armeen geht weiter. Narvik von englischen Truppen eingenommen. Ich schickte meine Wäsche nach Hause. Trübes Wetter. Schon wieder der Frühlingsmonat vorüber. Die Zeit vergeht viel zu rasch. Vortrag eines Offiziers der Luftwaffe mit Wochenschau. 1. Juni. Englische Truppen leisten nur noch bei Dünkirchen Widerstand. Ich war um 3 Uhr in dem Film: Der Fuchs von Glenarvon , vom irischen Freiheitskampf. Carl Ludwig Diehl, Olga Tschechowa. Gegen Mittag schönes Wetter. 2. Juni. 11 Transporter und 4 Kriegsschiffe versenkt. Marseiller Hafen bombardiert. Am Morgen in der Wochenschau. Mittags mit Ott spazieren. Um Dünkirchen harte Kämpfe. Die Gefangenenzahl hat nach der Vernichtungsschlacht in Flandern nach den vorläufigen Feststellungen 33 000 erreicht. Herrliches Wetter. Ab 4 Uhr schreinerten wir. Am Morgen sprach Gauleiter W. Habe meinen Daumen eingeklemmt. 4. Juni. Häuserkampf in Dünkirchen. Etwa 500 feindl. Flugzeuge um Paris vernichtet. 9 eigene vermißt. Im ganzen mit belgischen und holländischen Armeen und den engl.französischen Truppen ½ Million Mann gefangen genommen. 5. Juni. Die Festung Dünkirchen gehalten. 40 000 Mann gefangen genommen. Die große Schlacht in Flandern und im Artois beendet. // siehe am Ende des Monats. Herrliches Wetter. Luftschutzalarm während Erdkunde. Herrliche Aussicht vom Platz im (?). Einfügung: Wehrmachtsbericht v. 5. 6. 40: „Wie schon durch Sondermeldung bekannt gegeben wurde, wurde gestern Dünkirchen genommen. Verschiedene französische Truppenverbände ergaben sich unseren Truppen. Bei Abbéville scheiterte ein feindlicher Angriff. Ebenso bei Longwy. Mit Kampf- und Sturzkampffliegern griff die Luftwaffe feindliche Ansammlungen südlich Abbéville, sowie die Hafenanlagen von Le Havre erfolgreich an.. In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages haben neue Angriffe an der bisherigen Angriffsfront in Frankreich begonnen. 6. Juni. 143 feindliche Flugzeuge abgeschossen. 19 eigene vermißt. Angriffsoperationen gegen Frankreich verlaufen planmäßig. Herrliches Wetter, Ich konnte nicht zeichnen, da mein Daumen verbunden ist. 7. Juni. Deutsche Operationen in Frankreich planmäßig. Schulfrei. Schulsportfest. Ich konnte nicht mit wegen meinem Daumen. War mit Frl. Hubert beim Ballweitwurf.. Herrliches Wetter. Der Direktor las Kriegsberichte vor. Aufgabenfrei. 8. Juni. Holte die Lebensmittelkarten auf dem Ernährungsamt. Vorbereitungen nach Seemoos. Herrliches Wetter. 9. Juni. Anfahrt mit Schmieder nach Seemoos (Reichsseesportschule der H. J.). Prima Wetter. Arbeitszeugempfang. Kartoffelschälen. 10. Juni. 6 Uhr aufstehen. Hängematten bauen, waschen. Meine Stiefel fehlten zuerst. Bis jetzt gefällt es mir nicht. Italien erklärt England und Frankreich den Krieg. 11. Juni. Aufgefallen. Werde immer am meisten geschliffen. Wenn Schmieder nicht dabei wäre, würde ich schon längst abgehauen sein. Alles Scheiße. 12. Juni. A Schüler. Alles Scheiße. Deutsche Truppen 20 km vor Paris. Reims gefallen. 13. Juni. Die Zeit vergeht so langsam. Am Morgen Ordnungsdienst und (?)dienst. Drei schöne Wochen sind zum Teufel. 14. Juni. Der Feldzug in Norwegen siegreich beendet. 1000 Mann Verluste, 2000 Mann vermißt. Soeben marschieren deutsche Truppen in Paris ein. Siegeseuphorie. Schade, daß ich jetzt nicht in Meersburg bin. 15. Juni. 2 Stunden Reinemachen. Regnerisches Wetter. Baden. 16. Juni. Rheinübergang bei Colmar. Verdun gefallen. Durchbruch des rechten Flügels in den Rücken der Maginotlinie. 17. Juni. Marschall Petain erklärt seinem Volk, daß Frankreich kapitulieren müsse. Er teilt der deutschen Regierung mit, daß er ihr die Vorschläge zu einem Waffenstillstand mitteilen

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ werde. Orléans gefallen. Loireübergang erzwungen. Langres genommen. Renaud zurückgetreten. 18. Juni. Belfort, Metz, Colmar, Dijon in deutscher Hand. 100 000 Gefangene. Führer und Duce treffen sich in München. An Loiremündung 10 000 Tonnen Schiffsraum versenkt. 19. Juni. In Seemoos von 4 – 6 Schießen. 38 Ringe. 21. Juni: Der Führer im Wald von Compiègne mit den französischen Unterhändlern. 22. Juni. Riester, Weckerle und Patzer bei mir in Seemoos. Bringen 10 (?) von Meersburg. Um 3 Uhr in Friedrichshafen in der Wochenschau „Deutsche Truppen in Paris“. Unterzeichnung des deutsch-französischen Waffenstillstandsvertrages. 23. Juni. Morgens Ausmarsch nach Friedrichshafen ins Dorniermuseum. Mittags war mir schlecht. Prüfung in Seemoos. 25. Juni. Prüfung in Seemoos. Um 1.35 Uhr Einstellung der Feindseligkeiten der deutschen und italienischen Wehrmacht gegen Frankreich. Der Feldzug in Frankreich beendet. 26. Juni. Prüfung in Seemoos. 27. Juni. Mittags Ausgang nach Friedrichshafen. Besuch bei Müllers. Die meiste Zeit im Eisstand vor dem Bahnhof, Abends Abschiedsfeier. 28. Juni. ½ 5 Uhr Abfahrt in Seemoos. Es regnete. Kam um 8 Uhr nach Hause. Radio freute mich sehr. Mußte nachmittags Butter rühren. Veränderliches Wetter. 29. Juni. Kirchlicher Feiertag Peter und Paul. Schönes Wetter. Eltern in die Stadt. Hans und ich häufelten zuerst Kartoffeln. Dann kam Gretel. Feiertag. Mittags Erdbeeren sammeln und auf dem Kirschbaum. 30. Juni. Ich war mit Hans in der Frühmesse. Mittags aß ich Kirschen. 1. Juli. Wieder Schule. In der ersten Stunde eine Rede. Nachmittags aß ich 5 Eis mit Werner und Stotz. Eine Selbstmordstimmung. Ich könnte heulen. Ich schrieb Boleys einen Brief. 2. Juli. Die anderen schrieben eine MatheArbeit. Ich schrieb nicht mit. In Deutsch Nibelungenlied in Mittelhochdeutsch. Mittags mit Stotz und Keller zum Baden. Böse Vorahnungen aufs Zeugnis. Saumäßige Laune, Heimweh. 3. Juli. Im Turnen Kugelstoßen. Bei Steiß Erdkunde. Mittags mit Manz in die Stadt., kauften ein Pfd. Kirschen. Veränderliches Wetter. Abschlußbericht der Wehrmacht über den Feldzug in Frankreich. Ich schrieb nach Hause. 4. Juli. Englischarbeit in der 1. Stunde. In Musik: Richard Wagner. Gegen Mittag regnete es. 5. Juli. Schönes Wetter. In Geschichte die Punischen Kriege. Biologiearbeit. Abends musste ich den ersten M.H.J.-Dienst halten. Winken. 6. Juli. Schönes Wetter. Um ½ 3 Uhr triumphaler Empfang des Führers in Berlin. Seit 8 Wochen wieder das erstemal in der Reichshauptstadt. Ungeheurer Jubel in der Bevölkerung. 7. Juli. Wochenschau. Compiègne. Filmbericht über Ruhmestage Deutscher Geschichte. Gegen Abend Regen. Lernte Physik. 8. Juli. Physikarbeit. Direktor in Biologie anwesend.. Regenwetter. Brief von Boleys und Bilder. Sogar Ernst schreibt. Erstaunen, wieso ich nicht Offizier werden will. Karte an Froschmeier. 9. Juli. In Mathematik und Chemie werde ich geprüft. Schönes Wetter. Latein fiel aus. Schafften Mittags bei der Apotheke. Meine Mutter hier mit Ernstle. Sie fuhr von Wollmatingen nach Hause. Um 6 Uhr fuhr sie wieder weg. 10. Juli. Physikarbeit zurück: 3. Mittags Notenkonferenz. Schönes Wetter. Mit Stotz, Reiser (Josef Reiser, St. Georgen, Tannenreinstr. 15), Werner zum Baden. Im Dienst ein paar Reihenfilme. 11. Juli. Latein fiel aus. In Musik „Der fliegende Holländer“ und „Tannhäuser“. Nur 4 Stunden Schule. Um 2 Uhr Chorprobe, das übrige Kartoffelkäfersuchen. 8 Uhr Feier im Musiksaal. Sturm, Hagelschauer, Regen. 12. Juli. 4 Stunden Schule. 12 Uhr Flaggenparade. Zeugnis ausgeben. 4 Uhr Abfahrt mit Stotz über Markdorf. Regnerisches Wetter.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 13. Juli. Mein erster Ferientag. Regnerisches Wetter. Mußte am Morgen ins Tobel und zum Neurohr. 14. Juli, Sonntag. In der Kirche im Amtzell. Mit Hans Mittag Kirschenessen und Spaziergang. Gutes Wetter. 15. Juli. In den Hopfengarten. Gutes Wetter. 16. Juli. Zu Hause beschäftigt. Regen. 17. Juli. Im Hopfengarten fertig düngen. Regenwetter. 19.Juli. Mittags fährt Hans in die Berge mit Stübe Karl und Baumanns Georg. Vater nach Tettnang. Schönes Wetter. Führerrede. Reichstagssitzung. 20. Juli. Am Morgen zu der oberen hinteren Halde. Mit Heuen angefangen. Mittags Ammoniak an die (?). Herrliches Wetter. 21. Juli. Mittags mit Stiebles Rudi in den Kirschen. Bedeckter Himmel. 22. Juli. Mußte Mittags Hopfenranken oben auseinanderschieben. Regenwetter. 23. Juli. Regenwetter. In der Frühe Futter holen. Hopfenranken auseinanderschieben. Mittags zu Schmied Bee. Regenwetter. 24. Juli. Heuen an der hinteren Halde. 25. Juli. Die obere hintere Halde eingeheut. Gutes Wetter. Brief von Froschmeier. 26. Juli. An der unteren hinteren Halde gemäht. Gegen Abend wieder Regen. 27. Juli. Regenwetter. Ich suchte am Morgen Pfifferlinge im Tobelholz. Jäger in Urlaub. Die Eltern in der Stadt. 28. Juli, Sonntag. Am Morgen in die Kirche. Mittags bei Flocks. Herrliches Wetter. 29. Juli. Untere vordere Halde gemäht. Schönes Wetter. Hans fuhr ins Reichermoos. 30. Juli. Obere vordere Halde gemäht. Hopfenspritzen. Ich musste noch Hopfenstöcke auseinanderschieben.. mehr trübes Wetter. Vor einer Woche kam Eugen Geiger. 1. August. Schönes Wetter. Sommergerste eingebracht. Obere vordere Halde ebenfalls. Eine Hummel hat mich gestochen. Hinter der Hopfendörre. 2. August. Schönes Wetter. Billener Wiese abgemäht. Mittags kam Boleys Ernst in Ferien. Wir führten hinter der Hopfendörre und im Bartobel ein. 7. August, Sonntag. Mittags Fußballspiel. Auf dem Alpenblick. Baden im Brunnenhaus. Fischers Emilie abends hier. Daheim Ernten und Heuen. Mittags Gerste sammeln. Wetter etwas besser. Billenwies eingeführt. Herrliches Wetter. 8. August. Morgens Gerste sammeln. Ich war sehr wütend. Zu Hause beschäftigt. Hopfen spritzen. 9. August. Daheim ernten und heuen. Gerste binden. Herrliches Wetter. Am Morgen am Rand entlang mit Ernst Roggen sammeln und aufstellen. 10. August. Einführen der Gerste. Sturm und heftiger Regen. Nachher Schweinestall misten. 11. August, Sonntag. Zum Kriterium (Radrennen) nach Wangen. Dann über Lindau und Kressbronn zurück. Nachts zu Hause. 12. August. Morgens Fruchtrechen mit Ernst auf dem Gerstenacker. Mittags auf dem Acker über Ergeten foggen und Weizen legen. 13. August. Gerste foggen. Schon vor dem Mittagessen Weizen binden. Mittags Gerste, dann die restlichen Weizenfoggen binden. Insgesamt 10 Wagen eingeführt. Sauters Karl half. Um halb 11 Uhr Feierabend. Ich lief barfuß. Strengster Tag in der ganzen Ernte. 14. August. Morgens immer hüten. Auf dem oberen Weizenacker fertig gebunden. Die Hälfte vom Moos abgemäht. 15. August. Morgens Fruchtrechen auf dem Gerstenacker über Ergeten mit Ernst. Schönes Wetter. 16. August. Im Moos abgemäht. Haber im Tobelholz abgemäht. Ich mußte Hans die Ecken abwenden, dann (?) zusammentun. Nachts schoß die Flak heftig ¾ Stunden.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 17. August. Alles Öhmd zu Hause. Alles im Moos geschocht. Schönes Wetter. Fand zwei Flugblätter. Abends hüten mit Ernst. Vollmond. Wir sangen, spielten Mundharmonika, waren lustig. Einfach herrlich. 18. August. In der Frühmesse. Dann mit Ernst ins Roggenbach (?). Photo hin. Baden im Lindauer Strandbad. 19. August. Haber im Tobelholz und Roggen eingeführt. Abends hüten. Gewitter. 20. August. Verwunderliches Wetter. Mittags hüten. Sonne schien. Standquartier. Zwei Hopfenbrocker aus Dettingen gekommen. 21. August. Den ganzen Tag regnete es. Ich mußte hüten. Ernst war es zu kalt. Wenn schönes Wetter wäre, würden wir Hopfen brocken. 22. August. Regenwetter. Blähmühle treiben. 23. August. Frau Schneider von Vater geholt. Sehr lahmer Betrieb. Verwunderliches Wetter. 24. August. Weizen umkehren. Schönes Wetter. In die Schmiede nach Linden. 25. August. Mit Ernst nach Friedrichshafen, Meersburg, Mainau, Konstanz. Um 10 Uhr zurück. Hundsmüde. 26. August. Die zwei Feldkircher Mädels zum Hopfenbrocken hier. Schönes Wetter. Zwei pfunds- und temperamentvolle Mädels. 29. August. Mußte Hopfengärtner machen, Schlechtes Wetter. Abends Betrieb. 30. August. Im Hopfengarten. Abends Wasserschlacht. 31. August. Hopfengärtner. Abends im Bett lachten wir uns fast zu Tode. Ich kann hier keine Einzelheiten berichten. Im Hopfengarten geht alles den gewohnten Gang. Sauwut auf Päule. 1. Sept. Sonntag. In der Frühmesse. Prima Wetter. Fernsicht. In der Nacht schießt Flak. 2. Sept. In der Frühe begleitete ich Ernst mit dem Rad bis ober den Knollengraben. Mittags auf die Darlehenskasse. Abschied von den Hopfenbrockern. Prima Wetter. Nach Meersburg. Nachts Fliegeralarm. 3. Sept. bis um ½ 9 schlafen. 10 Uhr Flaggenparade. Herrliches Wetter. Mit Werner in die Stadt spazieren. Heimweh. Es ist so einsam um mich her, obwohl so viel Jungens um mich sind. 4. Sept. Beim Baden. Ich kaufte ein Pfund Pflaumen. 5. Sept. In Musik Richard Wagner. Mittags arbeiten. Kehren auf dem Speicher und unten im Gang. Herrliches Wetter. Morgens und Abends bekomme ich immer so Heimweh. 6. Sept. Brief von Froschmeier. Ministerbesuch aus Karlsruhe. Ausgang bis 6. Beim Bachmeier(?) Schulbad. 7. Sept. Herrliches Wetter. In der 5. Stunde Ausgang mit Weckerle, Keßler. Vor dem Essen fuhr ich weg nach Hause. Kaufte im Dorniermuseum 3 Nadeln(?) für Boleys Ernst. Um 4 Uhr zu Hause. Zwetschgen schütteln. Die Feldkircher am Morgen nach Hause. Abends um 9 Uhr mit Hans in den Film „Die Pfingstorgel“. 8. Sept. Herrliches Wetter. Kirmes, Mangenfest. Mittags Gewitter. Um ½ 7 wieder Abfahrt. 9. Sept. Trübes Wetter. Mit Stotz und Reiser spazieren. Post von zu Hause und Boleys Ernst. 10. Sept. Den ganzen Tag regnete es. Brief an Ernst und an den Bann. Bischof einberufen. 11. Sept. Trübes Wetter. Mit Stotz spazieren. 12. Sept. Bekam in der 5. Stunde ein Päckchen von Tante Boley. Schrieb ihr eine Karte. 13. Sept. Mit Schmieder und Werner in Überlingen. Auf dem Bann. Wollte einen Photo kaufen. Abends Heimabend abgehalten. 14. Sept. War Mittags zu Hause in der Bibliothek. 15. Sept. Regenwetter. Jahresappell. Las „Buck schießt zu viel“ (R. Arden). Kriminalroman. 16. Sept. Morgens Regenwetter. Mittags Ausgang mit Stotz und Reiser in die Stadt. Karte nach Hause. Gutenbergfeier in der 6. Stunde. 17. Sept. Herrliches Wetter. Prima Aussicht in die Alpen wie schon lange nicht mehr.. Zu Hause mit Hopfenbrocken fertig.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 18. Sept. Gegen Mittag schönes Wetter. Mußte Dienst halten. Mir war schlecht. Die zwei Dettinger hier. Mit Stotz und Reiser Ausgang in die Stadt. Um ½ 7 Uhr richtete der Direktor Worte an unsere Vernunft. 19. Sept. Zeichnen in der Burggasse. Herrliches Wetter. Mittags Kastanien schütteln und auflesen in der Seestraße. 20. Sept. Trübes Wetter. Mit Stotz Unteruhldingen zu spazieren. Am See zurück. Abends Dienst halten. 21. Sept. Nichts besonderes. Abends Maulwurf geärgert. 22. Sept. Sonntag. Morgens Regen, Mittags schön. Auf dem Sportplatz Fußballspiel. Um 10 Uhr im Fährhaus. 23. Sept. Postsparbuch angelegt. Mit Reiser und Werner spazieren. Mit letzterem im Fährhaus. 24. Sept. In Chemie zwei Filme. In Deutsch Zusammenfassung des Nibelungenliedes. 25. Sept. In Physik machten wir Schülerübungen. Prospekte der Büchergilde Gutenberg hier. 26. Sept. Nur 3 Stunden Unterricht. Regenwetter. 27. Sept. Nach dem Essen um halb 1 Fliegeralarm. Sondermeldung: Dreimächtepakt zwischen Deutschland, Italien und Japan in Berlin abgeschlossen. 28. Sept. Den ganzen Tag Regenwetter. Mittags in der Bibliothek. Sahen den Film „Der Korporal von Leuthen“. War prima. 30. Sept. Morgens um halb 9 Großfeuer in Meersburg. Bäckerei Thum und ein Ökonomiegebäude niedergebrannt. 2 Dächer von angrenzenden Häusern ausgebrannt. 102 Flugzeuge abgeschossen. 1.Okt. Kaltes Wetter. Trug Nibelungenlied ein. In Geschichte am Ende der römischen Geschichte. Zwei Stärkemeldungen an den Bann. 2. Okt. Richtiges Herbstwetter. Mittags in den Film „Der Klosterjäger“ nach Ganghofer. War pfundig. Las Abends „Das Haus auf der Höhe“, Roman. 3. Okt. Englischarbeit. Schönes Wetter. Karte von den Eltern. 4. Okt. Ich las: „Der Ulrichshof“ von Paul Keller. War ganz gut. 5. Okt. Englischarbeit zurück: 3-4. Lateinarbeit: 5. Mittags in Überlingen. Mit Stotz zurück. Erhielt Notenhefte vom Musikhaus Lamper (?). 6. Okt. Gutes Wetter. Hans ist hier. Nach Wollmatingen zu den Großeltern. Mit der Fähre zurück. Abschied. 7. Okt. Sehr stürmisch. Ich las. „Der hohe Schein“ von L. Ganghofer. Einzigartiger Roman. 8. Okt. Regen und nochmals Regen. Ich las „Der hohe Schein“ aus. Wirklich einzigartig. 9. Okt. In Geschichte den Direktor. Ich las: „Die Trutze von Trutzberg“ von Ludw. Ganghofer. Hat mich nicht sehr begeistert wie die anderen Romane von ihm. 10. Okt. Mittags Sport bei Welte. 11. Okt. Mittags las ich das Buch „Der Unfried“ von Ganghofer. War wieder prima. 12. Okt. Deutsch und Englisch fiel aus. Ich kaufte Mittags das Buch „Der Dorfapostel“ von Ganghofer. Ein prima Buch. Von 6 – 7 Uhr Dienst gehalten. Morsen und Singen. 13. Okt. Ich las „Der Dorfapostel“ zu Ende. Mittags auf dem Sportplatz. Herrliches Wetter. In den Film: „Fahrt ins Leben“ 14. Okt. Chor fiel aus. Mittags mit Stotz und Keßler spazieren zum Kriegerehrenmal und am See entlang zurück. Prima Wetter. 15. Okt. Trübes Wetter. Hob auf der Post Geld ab. Karten gespielt. 16. Okt. Klassenausflug zum Haldenhof bei Sipplingen über Unteruhldingen, Birnau, Überlingen und die Heidenhöhlen. Morgens trüb, Nebel. Gegen 3 Uhr herrliches Wetter. Prima Aussicht zum Haldenhof. Mit Bahn zurück nach Überlingen. Im Hotel. Mit Schiff zurück. Herrliche Nacht. 17. Okt. Klassenlehrerin H. nach Straßburg versetzt. In Musik Volkslied und Kunstlied. 18. Okt. Mittags mit Fr. und Zw. Im Fürstenhäuschen. Trübes Wetter.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 19. Okt. Neuer Stundenplan. In der 1. Stunde Abschied von unserer Klassenlehrerin Fräulein H. Englisch und Chemie fielen aus. Nur ½ Stunde Latein. Ein prima Tag. Trübes Herbstwetter. 20. Okt. Sonntag. 17 Frachtschiffe versenkt. Prien (Admiral) allein. Ich schrieb am Hausaufsatz. 21. Okt. Ich schrieb am Hausaufsatz. Karte von Boleys Ernst. 22. Okt. Ich schrieb wieder am Hausaufsatz. Thema: Von deutscher Heldensage und deutscher Art. 23. Okt. Von halb 1 bis halb 3 Dienst gehabt. Platzkonzert auf dem Schloßplatz. Um 3 Uhr in den Film: „Achtung, Feind hört mit!“ Prima, spannend bis zum Schluß. 24. Okt. Regenwetter. Sport fiel aus. 25. Okt. Saumäßiges Wetter. Ausgangssperre wegen Verdunkelung. 26. Okt. Mordsmäßig kalt. Ich las „Die letzten Reiter“ von Dwinger. Historischer Roman, Tragödie der Baltendeutschen. Ein prima Buch. Abends von 8 –9 im Spielzimmer. Phantastische Musik im Studio. 27. Okt. Sonntag. Jugendfilmstunde: Robert Koch. Mittags mit Werner, Reiser und Walter spazieren auf den Höhenweg nach Hagnau. 28. Okt. In der 4. und 5. Stunde die ganze Klasse Kartoffel abladen. Erdkunde fiel dafür aus. Ich bestellte die „Hugo 5„ bei Porst. 30. Okt. Es schneite. Mittags hielt ich von 2 – 4 Dienst. Ich las das Buch „Sieg des Gewissens“. 31. Okt. Sport fiel aus. Schönes Wetter. In Stenographie eine Arbeit. 1. Nov. Ich las: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Trübes Wetter. Mit Patzer in der Stadt. 2. Nov. Um 3 Uhr traf ich Gretel auf dem Schiff. Abends las ich: „Die Kameliendame“ von Alexandre Dumas. 3. Nov. Sonntag. War den ganzen Tag zu Hause. Um 4 Uhr hörte ich dem Wunschkonzert zu. 4. Nov. Nur zwei Schulstunden. Mathematik fiel aus. Den ganzen Tag herrliche Sicht auf die Alpen. 5. Nov. Ich bekam die Hugo 5 von Photo Porst. 6. Nov. In der Nacht von ½ 3 bis 3 Uhr Fliegeralarm. Um ¾ 7 Uhr Wecken. Zwei erste Stunden fielen aus. Mittags mit der HJ in den Film „Michelangelo“. 7. Nov. Bekam von den Eltern ein Paket. Besuch von Tante Marie aus Konstanz 8. Nov. Abends 2 Stunden Fliegeralarm, von halb 10 bis halb 12. 9. Nov. Nur 1 Schulstunde. Dann Feier im Musiksaal. Mittags fuhr ich heim. Prima Sicht in die Alpen. 10. Nov. Ich las zu Hause das Buch „Wastl hängt in der Wand“. Auf der Herfahrt bekam ich vor Fischbach Plattfuß. Um halb 9 kam ich hier an. 11. Nov. Nur Latein und Englisch. Die andern frei. Ich war im Spielzimmer. 12. Nov. In Deutsch eine kleine Feier. Regenwetter. 13. Nov. Mittags Dienst. Winken und Lichterführung. Von 7 – 9 spielten wir Karten. 14. Nov. Wir waren Mittags in der Flugmodellausstellung in Konstanz. Besuchte anschließend Götte. Um 6 Uhr mit dem Schiff zurück. 15. Nov. Ich las „Höhenluft“ von Grabein. Erhielt von Ernst einen Brief. Regenwetter. 16. Nov. Ich spielte den ganzen Mittag bis 4 Uhr Billard. Von halb 6 bis 7 Dienst. 17. Nov. Morgens mit Stotz und Keßler spazieren. Mittag in dem Film „Trenk, der Pandur“. War hervorragend. 18. Nov. Ich schickte den Korb nach Hause. Herrliches Wetter. Feier zum Tag der deutschen Hausmusik. 19. Nov. Zwei Stunden Unterricht, dann mit dem Schiff nach Überlingen zur Beisetzungsfeier von Kreisleiter Mensch. Gauleiter Wagner hielt eine Rede. Anschließend mit Reiser ins Café.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Am Abend wieder zurück. Erhielt das Buch „Angelika“ von der Deutschen Buchgemeinschaft. 20. Nov. Ich las das Buch „Angelika“ v. Richard Beitl, Roman aus dem Montafon. Prima geschrieben. Trübes Wetter. 23. Nov. Mittags in dem Film „Traumulus“. Regenwetter. 24. Sonntag. Im Theater in Konstanz. Schauspiel „Rheinsberg“ v. Friedr. d. Gr. Spielt von 1796 bis 1806. 25. Nov. Mit Patzer beim Zahnarzt Koch. Fragte wegen einer Rechnung. 26. Nov. Paket von daheim. 27. Nov. Mathematikarbeit. Mittags hielt ich von 2 – 4 Formaldienst auf dem Schulplatz. 28. Nov. In Musik die „Meistersinger“. Im Zeichnen wieder Rottweiler. Erzählen viel vom Feldzug im Westen. Regen. 29. Nov. Herbstwetter. Dienst auf dem Wassser. Winken. 30. Nov. Mordsmäßig kalt. Mittags in den Film „Zwischen Leben und Tod“. Ein italienischer Fliegerfilm. Abends Dienst. 1. Dez. Sonntag. Marinesachbearbeiter vom Bann hier. Dienst bis 11 Uhr. Mittags hörte ich das 50. Wunschkonzert. 2. Nov. Mathearbeit zurück. Knapp 4. Das hätte ich nicht erwartet, den ganzen Tag ganz niedergeschlagen. 3. Dez. Lateinarbeit zurück: 4. Erdkundearbeit. Froschmeier schreibt eine Karte. Fragt mich, ob ich immer noch Volksschullehrer werden will. 4. Dez. In Deutsch den Minnesang beendet. Zusammenfassung über Walter von der Vogelweide. Major Wick, der Kommodore des Richthofengeschwaders nach seinem 56. Luftsieg vermißt. 6. Dez. Ich las „Der Erbe von Brjörndal“ von Gulbransson. Ein prima Buch. 7. Dez. Deutschaufsatz zurück: 2+ . Das hatte ich nicht erwartet. Mittags in den Film „Jud Süß“, ein einzigartiger Film. Abends las ich „Der Erbe von Björndal“. 8. Dez. Buch zu Ende. War hervorragend. Mittags hörte ich das Wunschkonzert.. Paket von zu Hause. 9. Dez. (Grabmann?) wieder hier. In der 1. Stunde eine Lateinarbeit. 10. Dez. Um ½ 1 Uhr sprach der Führer zum deutschen Arbeiter von einem Berliner Rüstungsbetrieb aus. 11. Dez. Klassenaufsatz: „Lebenslauf“. Erfahren, daß das neue Schuljahr erst im Herbst nach den großen Ferien. Keine Weihnachtszeugnisse. Große Erregung bei uns. 12. Dez. Ich las im „Mythus“ von Rosenberg. 13. Dez. Geschichte fiel aus. Mittags las ich im Mythus. 14. Dez. Schulfrei. Ich sammelte den ganzen Vormittag mit Farrenkopf fürs WHW. Mittags las ich das Buch „Der Ochsenkrieg“ von L. Ganghofer. 15. Dez. Ich las „Der Ochsenkrieg“. Mittags mit Vetter ein Stück spazieren, Riedetsweiler zu. Eine Saukälte. 16. Dez. Doll auf Urlaub hier. Mittags las ich den Ochsenkrieg zu Ende. Ein Buch mit viel Humor und Ernst. 17. Dez. Geschichte und Deutsch fiel aus. „Verbrecherjagd“. Im Turnen wurde vorgelesen. Mordsmäßig kalt. Abends war geheizt in unseren Zimmern. 18. Dez. In Geschichte Lichtbildervortrag. Letzte Stunde frei. Welte las aus Wilhelm Busch. 19. Dez. Letzte Englischstunde. In Musik lasen wir die Meistersinger zu Ende. Letzte Stunde fiel aus. Bekam von Tante Anna aus Pfullingen ein Päckchen. Ich schickte es Gretel. Abends schneite es. 20. Dez. Prima Wetter. Letzter Schultag. In Physik las Wagner von G. vor. In Deutsch aus Walter Flex. In Geschichte Lichtbilder. Mittags mit Weckerle spazieren. Abends Weihnachtsfeier.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 21. Dez. Morgens um ¾ 6 mit dem Schiff von Meersburg abgefahren. In Ravensburg traf ich die Eltern. Mußte Äpfel helfen verkaufen. Mittags um 3 Uhr zu Hause. 22. Dez. Morgens in der Kirche. Mittags zu Hause. Viel Schnee hier. 23. Dez. Mittags mußte ich nach Bodnegg und nach Laubern. Herrliche Wanderung durch die verschneite Heimat. 24. Dez. Nach Buch zu Jäger. Herrliches Winterwetter. Abends machte ich mit Mutter den Christbaum. Nach dem Abendessen Bescherung. Ich erhielt ein Photoalbum, Pullover, Krawatte und Handschuhe. 25. Dez. Wieder herrliches Winterwetter. Keine Christmette. Morgens ins Amt, Mittags zu Hause. 26. Dez. Morgens wieder in der Kirche. Mittags ging ich spazieren durch den herrlich verschneiten winterlichen Wald. 27. Dez. Morgens im Tobel bei Klas. Es schneite den ganzen Tag. Ich flickte die Schiebindung. Abends war Gerays Josef hier. 28. Dez. Mit Vater in die Stadt. Zuerst verkauften wir Äpfel. Ich bekam Schiehosen und einen Hute. Es schneite. 29. Dez. Ich fuhr Mittags mit Stiebles Rudi und Flocks Karle Ski an der hinteren Halde. 30. Dez. Ich fuhr Morgens mit Alfred Ski. Herrliches Wetter. Mittags wurde es kalt. Ich fuhr an Schmieds Buckel. Ich las „Die lange Nacht“ von preußischen Kadetten. 31. Dez. Silvester. Es regnete den ganzen Tag. Abends kleine Feier beim brennenden Christbaum. Ich las „Novembersturm“, ein Seemannsroman. Sehr schönes Buch.

Jahr 1941 (aus: Der Merker 1940) 1. Jan, Neujahr. Alles verreist. Mit Hans in die Kirche. Kamen zu spät. Ein sehr trüber Neujahrstag. 2. Jan. Der Metzger war da. Abends schneite es wieder. Nach dem Nachtessen schnitten wir Speck. 3. Jan. Morgens war ich zu Hause. Mittags mußte ich nach Bodnegg, bei Nägele Benzin holen. Es war sehr kalt. Ostwind. 4. Jan. Mutter geht nach Wollmatingen zu Großmutters Sterbetag. Hans bekam den Bereitstellungsbefehl. 5. Jan. Morgens in der Frühmesse. Mittags fuhr ich mit Flocks Karl, Waggershauser Mäng und Alfred Ski. 6. Jan. Dreikönigstag. Herrliches Wetter. Wir fuhren an der hinteren Halde und an Schmieds Buckel. Abends mit Flocks Karle nach Linden. 7. Jan. Mußte Abends Mutter in Ravensburg abholen. Schönes Wetter. 8. Jan. Herrliches Winterwetter. Ich fuhr mit Alfred Mittags Ski am Birkenloch. Morgens Rauhreif. Ich machte zwei kleine Schanzen. 9. Jan. Ich fuhr mit den Skiern zur Post und brachte Stiebles einen Film. 10. Jan. Die Näherinnen da. Ich bekam von Froschmeier einen Brief aus Nauburg. Ich las im Kemptner Kalender. 11. Jan. Herrliches Wetter Ich fuhr mit Alfred Ski. Um vier Uhr nach Rosenharz zum Beichten. Die Eltern in der Stadt. 12. Jan. In der Frühmesse. Traf Müllers Ludwig. Mittags Spaziergang im Tobelholz. 13. Jan. War den ganzen Tag zu Hause. Draußen ist es kalt. Ostwind. Ich ging nach Linden in die Schmiede. 14. Jan. Abends nach dem Vesper ging ich noch aufs Birkenloch. Prima Sternenhimmel. In den Tälern schon Nebel.. Morgens holte ich in Linden die Maschinenmesser. Prima Wetter. 15. Jan. Ich ging Abends noch zu Stiebles, um den Film zu holen. Noch nicht fertig.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 16. Jan. Es hat wieder geschneit. Ich holte Mittags beim Bee Benzin. 17. Jan. Holte bei Stiebles die Bilder. Es schneit wieder. 18. Jan. Im Tobel, bei Klas. Winterwetter. 19. Jan. Sonntag. In der Frühmesse. Hoher Schnee. Mittags Wanderung über den Langenberg nach Brunnenhaus. Es fing an zu regnen. 20. Jan. Es regnet immer noch. Mittags um 3 Uhr fuhr mich Hans mit dem Schlitten ins Rosenharz. In Ravensburg eine Stunde Aufenthalt. Im Zug traf ich Froschmeier. in Matrosenuniform. Wir fuhren dann miteinander nach Meersburg. 21. Jan. Erster Schultag. Wolfgang ist immer noch das alte Viech. Mittags wollte ich mit ihm spazieren gehen. Kam zu spät. Ging mit Weckerle auf den Edenstein. Abends machten wir mit Froschmeier Blödsinn. Am Morgen musste er für B. eine Stunde halten. 22. Jan. Ich ging mittags mit Wolfgang, Stotz und Ott auf den Edenstein spazieren. Dann ins Strandcafé. Wir lachten fast ununterbrochen. Nachher machten wir auf der Terrasse Aufnahmen. Abends gab es dann wieder Blödsinn. 23. Jan. Wolfgang (Froschmeier) fährt schon um ¼ 6 weiter nach Oberstaufen, wieder mit dem Schiff, mit dem ich vor einem Monat in die Ferien fuhr. Manz, Reiser, Stotz, Werner und ich begleiteten ihn an den Hafen. Sternenhimmel. Abschied von meinem besten Freund und alten Schulkameraden. Nachher kleiner Spaziergang. Dann im Spielzimmer Frühkonzert.. 24. Jan. Abends schrieb ich einen Brief an Gretel. Mittags in der Stadt. 25. Jan. Mathematik und Turnen fiel aus. Zwei Stunden Deutsch und eine Stunde Englisch. Bekam eine Karte von Onkel Johann, dass ich seine Skier bekomme. Abends schrieb ich einen Brief nach Straßburg. 26. Jan. Morgenfeier. Lächerliche Reden. Mittags machte ich allein am Strand entlang einen Spaziergang nach Hagnau. Bekam von Ernst einen vierseitigen Brief. Ich schrieb ihm gleich wieder. Abends Appell im Musiksaal. Der Direktor rügt das Verhalten der 7. Klasse betreffs Gaststättenbesuch und Rauchen. Etliche andere mußten auch vortreten. Regenwetter. 28. Jan. Ich bin wieder Lichtordner. 29. Jan. Abends morsten Weckerle und ich im Spielzimmer. Dann Appell vom Rex. 30. Jan. Jahrestag der Machtergreifung Hitlers. In der 1. Stunde Proben im Musiksaal. In der 3. Stunde Vortrag eines Leutnants aus dem Heer. In der 5. Stunde eine Feier. Mittags um 16.30 Uhr sprach der Führer im Sportpalast in Berlin zum Deutschen Volk. 31. Jan. Bekomme neue Schuhe von zu Hause geschickt. Hans muß am 5. nach Cannstadt einrücken. Ich schicke ihm den Koffer. Welte muß am 5. einrücken. Skielager fällt ins Wasser. 1. Febr. In der Nacht schneite es. Zwei Stunden Deutsch. Mit dem Kohlhaas fertig. In Englisch schrieb ich eine Zwei. Bekam die Skier aus Oberreute geschickt. Wir machten in der 4. Stunde auf dem Schloßplatz Schneeballschlachten. 2. Febr. Morgens schneite es. Mittags war ich in dem Film „Bismarck“. Ein ausgezeichneter Film. Dann hörte ich Wunschkonzert. 3. Febr. Nur 1 reguläre Stunde: Englisch. Drei Stunden im Musiksaal. Draußen ist es wieder kalt. Wir spielten „Bimbo“. 4. Febr. Erhielt einen Brief von Froschmeier. Er ist jetzt auf der Seemannsschule in Finkenwärder. 5. Febr. Holte beim Prinzing Marschkompaß und ....(?) für den Dienst. 6. Febr. Es schneite wieder. Machten nach dem Essen einen Spazierganz auf der Bundesstraße bis zum Wetterkreuz, dann zurück. Abends las ich „Die Burg im Osten“. 7. Febr. Das erstemal Turnen seit den großen Ferien. Sonst lauter Vertretungsstunden. Wir schrieben am Aufsatz: „Fliegen heißt Siegen“. Nur 1–2 Stunden regulärer Unterricht am Tag. 9. Febr. Sonntag. So eine Abendstimmung sah ich bis jetzt noch nie. Alpen ganz klar. Alles rötlich in den letzten Sonnenstrahlen. Morgens herrliches Wetter. Ich spazierte Hagnau zu. Mittags sah ich die Burg von Osten.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 10. Febr. Erhielt aus Straßburg einen Brief. Das Mädel kann noch nicht mal recht deutsch. (Name und Adresse: Maria Theresia Rickert, Straßburg, Vogesenstr. 65) 11. Feb. Bekam Mittags eine Karte von Hans aus Cannstadt. Bis jetzt gefällt es ihm gut beim Kommis. Ich schrieb ihm gleich Abends einen Brief. Mittags las ich das Buch „Die Burg im Osten“. 12. Febr. Den ganzen Tag lang Nebel. Ich holte mit Reiser und Vetter auf dem Wirtschaftsamt Benzinscheine. Bekam von zu Hause ein Paket mit Äpfeln und Butter. 13. Febr. Zeichenlehrerin Dietrich wieder hier. Den ganzen Tag neblig. Erhielt von Mama einen Brief. 14. Febr. Mittags Spaziergang mit Schmieder, Werner, Stotz und Reiser. Um 9 Uhr Radfahren fürs Sportabzeichen auf der Strecke nach Unteruhldingen. Alpen prima Sicht. 15. Febr. Mittags in die Stadt spazieren. Von 4 – 6 spielte ich Skat mit Reiser und Vetter. Alpensicht. 16. Febr. Schrieb nach Straßburg. Mittags fuhr ich zuerst nach Wollmatingen. Tante Paula ging dann mit mir zu Gretel. Tante Marie und Onkel Gebhard waren auch bei ihr. 17. Febr. Schickte die Skier an Götte. Schrieb an Gretel nach Hause. Spielten Abends Skat. 18. Febr. Bekam von Hans wieder eine Karte. Froschmeier entschuldigte sich in einem Brief über sein Verhalten. Stotz wurde Mittags krank. Neuer Stundenplan. 19. Febr. Buhmann wieder in Latein. Englischarbeit zurück: 4. Mittags machte ich schießen im Dienst. Ich schoß mäßig. Ich las: „Günther Prien“ von ihm selbst geschrieben. Prima Buch. 20. Febr. Ich bekam den neuen Merker. Regenwetter. 22. Febr. In Latein eine Arbeit. Gestern Abend schneite es. Mittags fuhr ich zu Fürsts nah Überlingen und kaufte Schuhe. Auf der Herfahrt schönes Wetter. 23. Febr. Morgens schneite es, darauf Regen. Jugendfilmstunde: „Spiel im Sommerwind“ Prima Film, lustig. Mittags hörte ich Wunschkonzert. 24. Febr. Um 5 Uhr Mittags sprach der Führer anlässlich der Parteigründung, in München. Mir ist es hundsmiderabel. 25. Febr. Mathematikarbeit. Habe alle falsch. Ich glaube, ich muss doch nach den großen Ferien abhauen. Wenn ich nur wüsste, was ich dann anfangen soll, was für einen Beruf. Schönes Wetter. Ich schickte den Koffer heim. Um 4.15 Uhr Sport. Handball. 26. Febr. Schönes Wetter. In Physik guckten wir durch das Teleskop die Sonnenflecken. Mittags auf der Terrasse. 27. Febr. Englischarbeit zurück: 3. Wir schrieben gleich wieder eine. Im Zeichnen müssen wir eine Arbeit: „Seefahrt tut not“ machen. 28. Febr. Regenwetter. Ich schrieb Abends den Aufsatz „Fliegen heißt Siegen“ ins Arbeitsheft. Bekam von Froschmeier einen Brief. 1. März. Mittags hörte ich Radio. Abends las ich das Buch: „Bootsfahrer von Heute“. Sonst nichts besonderes. 2. März. Sonntag. Morgens prima Wetter. Über dem See Nebel. Dahinter sah man die Alpen darüber herausragen. Ich schaute zum hinteren Fenster hinaus. Morgenfeier im Kino. Mittags Spaziergang mit Werner und Schmieder nach Hagnau zu den Scheinwerfern. 3. März. Mathematikarbeit zurück: 5 Im Dienst Abends Turnen in der kleinen Turnhalle. 4. März. In Geschichte mußte ich einen Wochenbericht halten. In Deutsch begannen wir Aeschylos: Die Perser. Gegen Abend Handball im Sport bei Burb(?). Ein Saudreck. 5. März. Mittags um 2 Ordnungsdienst. Während dessen fing es an zu schneien. Die H.J. machte einen Gepäckmarsch nach Immenstaad. Ich erhielt von zu Hause ein Paket. 6. März. Ging Mittags zum Zahnarzt. Bekam von Hans eine Karte. 8. März. Mittags als Jugendfilmstunde den Film: „Wunschkonzert“. Prima.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 9. März, Sonntag. Morgens Nebel. Bei Bützner im Krankenhaus. Mittags herrliches Wetter. Seemoos hier. War im Strandbad, dann auf der Terrasse. 12. März. Mittags machten wir mit der Flieger-H.J. einen Gepäckmarsch nach Immenstaad fürs H.J.- Leistungsabzeichen. 2 Kutter von Seemoos segelten an uns vorüber. Wir sangen viele frohe Lieder und es wurden viele Witze geklopft. In Immenstaad kehrten wir ein. 13. März. Englischarbeit zurück: 3. In Zeichnen hielt der Nazikünstler zum Schluß einen verrückten Vortrag. Mittags Notenkonferenz. Ich war auf der Terrasse. Wir winkten an den See hinunter zu Schmieder und Weckerle. 14. März. Am Abend machten wir den 3000 m Lauf für das H.J. - Leistungsabzeichen. Ich lief als Schlußmann. 15. März. Bekamen am Morgen die Zeugnisse. Bin zufrieden. Musiklehrer im Urlaub hier.. Mittags Spaziergang mit Stotz, Reiser, Vetter, Schmieder. Gegen Unteruhldingen. Ich schnitzte mir einen Stecken. Prima Wetter. Abends im Dienst Kugelstoßen und Keulenzielwerfen fürs Leistungsabzeichen. 16. März Sonntag. Morgens Heldengedenkfeier in der Festhalle der Finanzschule. Mittags mit Vetter auf dem Sportplatz. Spiel gegen Immenstaad. Dann auf der Terrasse. 17. März. Ich schickte mein Zeugnis heim. Morgenfeier über Befehle und Gefahr. 18. März. Schönes Wetter. Fuhr nach Überlingen auf den Bann wegen Bezugscheinen und Schießscheiben. Besuchte dann Fürsts. Um 4 Uhr Sport. Handball. 19. März. Mittags Dienst. Schießen und Entfernungsschützen, dann eine halbe Stunde Formaldienst auf dem Finanzschulplatz. Bosch in Urlaub hier. Schönes Wetter. 20. März. Im Zeichnen hielt Dietrich Reden. Der spinnt halb. Mittags war ich beim Zahnarzt. Der machte mir zwei Blomben. Schönes Wetter. 21. März. Deutschaufsatz „Fliegen heißt Siegen“ zurück. 3 . Bekam von Boleys ein Päckchen, von Froschmeier einen Brief. War beim Haarschneiden. Kaufte Kleinigkeiten für Seemoos. 22. März. Es regnete. Letzter Schultag vor den Ferien. Schickte meinen Korb heim. Bei Bützner im Krankenhaus. Vorbereitungen auf Seemoos. Habe eine gedrückte Stimmung.

Aus: Der Merker 1941: 24. Febr. Der Führer sprach anlässlich des Parteigründungstages in München. Unterseeboote versenkten 192 300 Bruttoregistertonnen. Andere Seestreitkräfte versenkten weitere 25 000 BRT. 27. Febr. Deutsche Fernkampfbomber versenkten aus einem Geleitzug 58 000 BRT feindlichen Schiffsraum. 28. Febr. Im Februar insgesamt 740 000 BRT feindlichen Handelsschiffsraum versenkt. Davon 540 000 von der Kriegsmarine. 1. März. Staatsakt in Wien. Bulgarien tritt dem Dreierpakt bei. Ribbentrop und der bulgarische Außenminister hielten Ansprachen. 2. März. Deutsche Truppen ziehen in Bulgarien ein, um die Engländer endgültig vom Balkan zu verjagen. 3. März. Die Besetzung Bulgariens schreitet planmäßig fort. 22. März. Abschied vom Direktor und Frl. Zw. (?). Ich schrieb Abends nach Hause. Kaufte für Seemoos ein. Sauwetter. 23. Sonntag. Saumäßiges Wetter. Am Morgen in den Film „Grenzfeuer“. Mittags mit Weckerle nach Seemoos. Noch kein schlimmer Betrieb. 24. März. Geht gleich gut an. 25. März. Morgens Segeltheorie und Bootskunde. Ein Brief aus dem Elsaß. 2 Std. Ordnungsdienst. Schlauch. Abends bei der Runde aufgefallen. 3 Stunden Strafwache. 26. März. Morgens bei der Musterung aufgefallen. 2 Stunden Seekunde. Mittags Untersuchung.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 27. März. Das erstemal Segeln. 29. Mittags bei Regen nach Friedrichshafen. Dann Seekarte und Peilung. Übten ein neues Lied ein. 30. Sonntag. Bis 7 Uhr schlafen. Morgens saukalt. Dann stand ich von 10 – 12 Posten. 31. Um 3 marschierten wir nach Friedrichshafen. Dort 2 Std. Ordnungsdienst. Regenwetter, dann 1 Std. Winken und Unterricht.. Eilbrief von daheim. Muß heimkommen. 1. April. Am Morgen noch 2 Std. Seekarte und Winken. Mittags fuhr ich nach Meersburg. Dort traf ich H. Abends um 10 Uhr zu Hause. 2. April. Schaffte zu Hause. Ich musste Mittags walzen. Gretel ist auch wieder zu Hause. Mama geht es wieder schlechter. 3. April. Den ganzen Tag Obstbäume spritzen mit Karbolineum. Schönes Wetter. 4. April. Hopfen aufackern. Vater nach Waldsee. Mußte an der hinteren Halde Maushäufen verscharren. Mittags Haber säen. 5. April. Morgens walzen auf dem Haberacker. Mittags auf dem selben Acker eggen. Regen. Papa in die Stadt. 6. April. Deutscher Einmarsch in Jugoslawien und Griechenland. Morgens in der Kirche. Es regnete den ganzen Tag. Mittags zu Hause. 7. April. Regenwetter. Kartoffel verlesen im Keller. Deutsche Flugzeuge bombardieren militärische Ziele in Belgrad. Ich bekam das Buch „Opiumkrieg“. 8. April. Gutes Wetter. Im Hof aufräumen. Dachlatten holen. Deutsche Panzertruppen erreichen Saloniki. 20 000 Gefangene in Jugoslawien und 6 Generäle. 10. April. Auf dem Birkenloch walzen und an der vorderen Halde. Vorstoß in Jugoslawien erweitert. Sondermeldung: Agram gefallen. 11. April, Karfreitag. Am Morgen und Mittags in der Kirche. Mit Müllers Ludwig spazieren 12. April. Morgens Fleisch holen und auf die Post.. Mittags hinter der Hopfendörre und auf der hinteren Halde walzen. 13. April, Ostersonntag. Sondermeldung: Belgrad von deutschen Truppen eingenommen. Morgens ins Amt. Mittags mit H. und Marschalls Hugo und ... spazieren. Götte abholen. 14. April, Ostermontag. Alfred kommt zur 1. hl. Kommunion. Gutes Wetter. Abends mußte ich nach Billen fahren. 15. April. Wir schlachteten. Bayer von Rosenharz. Ich mußte helfen. 16. April. Helgale schwer krank. Walzen. Trübes Wetter. Die alte Flockin gestorben. Die gesamte serbische Armee kapituliert. 17. April. Morgens Hopfen aufackern. Schönes Wetter. Mittags den Weizenacker unter der Straße eggen. Igels Albert machte ein paar Flugkunststücke. Am Morgen mußte ich noch das Bett für den gefangenen Serben nach Bodnegg fahren. 18. April. Waffenruhe auf dem serbischen Kriegsschauplatz. Morgens den Serben abholen. Dann Geschirr putzen. Mittags auf dem Acker und an der unteren Halde und vor dem Hopfengarten eggen. 19. April. Morgens mit dem Wagen nach Ravensburg und am Bahnhof Kücken abholen. Plattfuß. Mittags Hopfen aufackern. Abends mit Fritzle (Pferd) die Schwester zum Wachen für Helgale holen. 20. April, Sonntag. Morgens Beichten und Kommunizieren in Frühmesse. Mittags zu Hause. 21. April. Morgens nach Bodnegg und zu Bee, Benzin holen. Beim Weiß einen neuen Sattel. Helgale wieder besser. Mittags Abschied und um 5 Uhr fuhr ich weg. Um 7 Uhr hier. 22. April. Erster Schultag. Vier neue Lehrer. Drei aus dem Elsaß. Neuer Musik- und Chemielehrer. Mittags mit Weckerle nach Seemoos. Strafe und Plattfuß. Im Schloß Kirchberg eingekehrt. Abends Passbilder machen lassen. 23. April. Telefonierte nach Hause wegen Geburtsschein usw. Mittags in die Wehrstammrolle eingetragen. Abends Dienst. Singen. Schönes Wetter.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 24. April. In Deutsch: Maria Stuart von Schiller. Mittags in Sport Handball bei einem Elsaßschiffer. (?). Es regnet. 25. April. Nichts besonderes. Ich holte die Passbilder. 26. April. Kameradschaftsabend. Vorzügliche Kapelle, vorzügliche Darbietungen, prima Hanswurst. Um 12 nach Hause. 27. April. Drei Sondermeldungen. Deutsche Panzertruppen in Athen.. Deutsche Fallschirmjäger besetzen die D. von Korinth. 28. April. Raiser, Stotz und ich schickten Froschmeier ein Päckchen. Dann Spaziergang. Ich las: der Spion von O. von Karl May. Mittags saßen wir an der Kurve zur Fähre. Herrliches Wetter. 30. April. Mittags hielt ich 2 Stunden Ordnungsdienst auf dem Finanzschulhof. Abends schon um ½ 8 ins Bett. Regenwetter. 1. Mai, Feiertag. Schönes Wetter. Die ganze Schule machte einen Spaziergang nach Uhldingen. Wir 5 verschwanden. 1 Woche Hausdienst. Mittags Spaziergang zum Denkmal. Dann schafften wir es noch nach Hagnau an den Wellenhof. 2. Mai. Regenwetter. Mittags in den Film: Ohm Krüger nach Konstanz. Großartig. Besuchte noch Götte. 3. Mai. Mittags in der Bibliothek. Ich las: P. und Hölle. Ein richtiges Abenteuerbuch. Besetzung des Peleponnes beendet den Krieg auf dem Balkan. 4. Mai, Sonntag. Abends um 6 Uhr Reichstagssitzung. Der Führer gab einen Rechenschaftsbericht über den Balkanfeldzug: Deutsche Verluste: 1700 Tote und Vermisste. 310 000 serbische Gefangene. Die griechischen Gefangenen entlassen. 6. Mai. Morgens beim Rex wegen dem Schulboot. Es wird der W.H. 1 zur Verfügung gestellt. Mittags las ich das Buch: Segen der Erde. Ein prima Werk eines nordischen Dichters. 7. Mai. Bolani fehlt. Die ganze Woche kein Latein. Ich las von Knut Hamsun: Der Segen der Erde. Abends um 8 der Bannführer hier. Mädchen und Jungen HJ auf dem Finanzschulplatz. 8. Mai. Im Zeichnen auf der Terrasse Dach vom Alten Schloß zeichnen. Mittags Handball. Ich las: Sagen der Erde. Der Direktor erzählte von seinen Erlebnisse in Hamburg. 9. Mai. Nur 3 Stunden Schule, dann spielten wir Faustball. 10. Mai. Am Morgen nach der 2. Stunde fuhr ich nach Konstanz und kaufte Farbe. Kurzer Besuch bei Götte. 12. Mai. Rudolf Heß seit 3 Tagen vermisst. Mit dem Flugzeug gegen das Verbot des Führers in Augsburg abgeflogen. 13. Mai. Rudolf Heß in Schottland mit dem Fallschirm abgesprungen. Nach zurückgelassenen Briefen leidet er wahrscheinlich an dem Wahn, durch persönliches Opfer England zum Frieden zu bewegen. 14. Mai. Abends Pultkontrolle. Um 8 Uhr kurzer Dienst. 15. Mai. Klassenausflug mit dem Schiff. 16. Mai. Meine Eltern waren hier. Mama nach Konstanz zur Untersuchung. 17. Mai. Abends Pultkontrolle. Ich trug das Gudrunlied ins Deutschheft ein. Hans schreibt eine Karte von Nürnberg. Es geht weiter nach dem Osten. 18. Mai. Muttertag. Mittags fuhr ich nach Wollmatingen zur Mutter. 19. Mai. Morgens Mathematikarbeit. Habe keine fertig. Mittags transportierten wir das Schulboot vom Klingenstein zum Parkplatz. Wir strichen es mit Unterwasserfarbe an und transportierten es herauf. 22. Mai. Himmelfahrt. Ein neuer Zeichenlehrer. Mittags Handball. Englischarbeit: Robert Koch. Lateinarbeit zurück: 3 Mama schreibt aus dem Vinzentiuskrankenhaus in Konstanz.. Abends um 8 Uhr BeethovenSchubert-Abend im Musiksaal. 2 Solisten. 24. Mai. HJ-Sportwettkampf. Den ganzen Morgen regnete es. Katastrophale Leistungen. Habe 114 Punkte. Mittags mit Stotz an den Fährehafen spazieren. Luftlandetruppen auf Kreta.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 25. Mai. Schlachtschiff Bismarck versenkt. Den englischen Schlachtkreuzer Hood und 3 weitere schwer beschädigt. 26. Mai. Mathematikarbeit zurück. Ungültig. In Chemie Schülerübungen. Von 5 – 7 Uhr sprach Bellegrini aus Bayreuth über die Werke Richard Wagners. Mittags brachten wir unser Schulboot zu Wasser. 29. Mai. Bischof erzählte von seinen Erlebnissen auf Feindfahrt. Mittags Handball. 30. Mai. Latein- und Mathematikarbeit. Abends machte ich den 100 m Lauf und Weitsprung fürs Jugendsportabzeichen. 31. Sonnabend: Fuhr Mittags bei Regenwetter nach Hause. 1. Juni. Pfingstsonntag. Morgens im Amt. Mittags las ich den Winnetou zu Ende. 2. Juni. Pfingstmontag. Morgens im Amt. Alles blüht, alles wie ein Paradies. Mittags flickte ich mein Rad. Abends, als ich herfuhr, hatte Vogels Matthias. Plattfuß. Ich traf ihn bei Kehlen. Er mußte um 2.10 Uhr auf dem Schiff sein. 3. Juni. Wir dürfen jetzt segeln. Mittags ich zum erstenmal. Stotz ist zu Hause erkrankt. 6. Juni. Es regnete den ganzen Tag. Mittags schrieb ich am Aufsatz über Sinn und Wesen unserer völkischen und nationalen Feiertage. 7. Juni. In Musik sangen wir das Prager Studentenlied von Eichendorff. Mittags segelte ich. Gegen Schluß phantastischer Wind. Las „Ferien vom Ich“ v. Paul Keller. Sehr gutes Buch. Mittags bis 4 fuhr ich mit dem Schulboot. Englische Truppen rücken in Syrien ein. 14. Juni. Statt Deutsch Kugelstoßen und Rettungsschwimmen. Lateinarbeit zurück: 5 Mittags war ich auf dem Schießstand. Dann las ich „Hubertusland“. 15. Juni, Sonntag. Mittags bei Mama im Krankenhaus. Götte und Papa auch dort.. 16. Juni. Erdkundearbeit. Mittags spielte ich Klavier. 17. Juni. Klassenausflug. Prima Wetter. Mit der Fähre nach Staad. Dann über Wollmatingen auf die Reichenau. Besichtigung der Kirche. Mittags im Mohren. Mit der Bahn zurück nach Konstanz. Dort in den Film „... reitet für Deutschland“. 18. Juni. Vortrag von einem Korvettenkapitän. Sprach hauptsächlich über die Kolonien. 19. Juni. In Latein abgesägt. Bekomme eine 5. Nach der 3. Stunde fuhren wir nach Überlingen und holten den Kutter. 22. Juni, Sonntag. Krieg mit Russland. Dr. Goebbels verliest eine Proklamation des Führers vor dem Rundfunk. Ribbentrop hielt vor dem Auswärtigen Amt eine Rede. 23. Juni. Musterung. Ich bin kv, wahrscheinlich zur Infanterie. Mittags im Ochsen. In Meersburg zum Baden. Um ½ 8 in den Bären. Der Direktor stiftete ein Faß Bier. Phantastischer Tag. 24. Juni. Brief von Hans. Schickt seine Photos. Mittags Altmaterialsammeln. Dann auch der Terrasse arbeiten. Abends Theaterprobe. 25. Juni. In Physik Abhören. Mittags bis 7 Uhr im Strandbad. 300 m Schwimmen fürs Leistungsabzeichen. 26. Juni. In Biologie neuer Lehrer. Mittags 100 m und 600 m Schwimmen fürs Zeugnis und Sportabzeichen. Abends Theaterprobe. Gewitter. 28. Juni, Sonnabend. Nur 2 Stunden Schule, dann Hauptprobe. Mittags mit dem Schulboot draußen. Abends Theateraufführung. 29. Juni, Sonntag. Sondermeldung um 12 Uhr: Dünaburg, Grodno, Brest Litowsk erobert. 4000 Flugzeuge vernichtet. 2300 Panzerwagen gleichfalls. Ich segelte den ganzen Tag. Mittags auf die Mainau. 1. Juli. 3 Stunden Schule, dann Ausflug. Nach Dingelsdorf, dann auf die Insel Mainau marschiert, dort in die Schwedenschenke. Von dort nach Staad und mit der Fähre zurück. 2. Juli. Wir schrieben in den ersten 4 Stunden einen Klassenaufsatz: „Jugend von Langemarck“. Danach brachten wir den Kutter nach Überlingen. 3. Juli. In der ersten Stunde Biologie. Dann Heilkräutersammeln bis 12 Uhr. Dann segelte ich mit Reiser, Stotz, Brüchle bis 16 Uhr. Sondermeldung: 20 000 Russen übergelaufen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 4. Juli. Letzter Schultag. Abends um 17 Uhr Schlußfeier. Ich flickte noch mein Rad. 5. Juli. Morgens um ½ 9 fuhr ich mit Stotz weg. Um ½ 12 Uhr zu Hause. 6. Juli, Sonntag: Sondermeldung: Westlich Minsk 52 000 Russen übergelaufen. Mittags um 4 zum Baden ins Brunnenhaus. 7. Juli. Czernowitz genommen. Morgens Kleeheu einbringen. Mittags hinter der Hopfendörre das letzte Heu eingeführt. 204 Flugzeuge vernichtet. 8. Juli. Morgens Futter zusammentun, dann den ganzen Tag Kartoffelhacken. Abends ins Brunnenhaus zum Baden. Morgen Jahrtag von Vater. 14. Juli. Von Hans ein Brief aus dem Feld. Er ist bei der Vorausabteilung Niemack. 17. Juli. Mußte die Zentrifuge und das Rührfaß nach Bodnegg bringen. 18. Juli. Morgens um 6 Uhr fuhr ich ins Reichermoos zum Torf holen. Mittags die Hopfen b’schütten. 19. Juli. Mittags den Hopfengarten fertig b’schütten. Abends nach dem Nachtessen im hinteren Hopfengarten ackern. 21. Juli. Morgens Hopfen spritzen. Mittags ging Vater mit Mama nach Ravensburg zur Untersuchung. 22. Juli. Morgens Bäume spritzen, Mittags mit der Maschine die Wintergerste abgemäht. 23. Juli. Mama nach Ravensburg ins Krankenhaus. Mittags holten wir die Wintergerste, 2 Wagen, dann abladen. 24. Juli. Mama wurde in Ravensburg der Kropf heraus gemacht. Operation gut verlaufen. Vater und ich gewinnen Kirschen, oben am Hopfengarten. 26. Juli. Gestern und heute den ganzen Tag Kirschen gewinnen. Vater fuhr Mittags ins Krankenhaus. Mama geht es gut. 27. Juli. Mittags zum Baden ins Brunnenhaus. Rudi auch dort. Es regnete ¾ Std. stark. Wir gingen dann in die Wirtschaft. Ich las: „...starben in Flandern“. 29. Juli. Ich fuhr ins Krankenhaus zu Mama und brachte ihr Wäsche. Die letzten Kirschen herunter. Ich war bei Tante Agnes und brachte ihr Kirschen. 31. Juli. An der oberen Halde das erste Öhmd gemäht. Alles mit der Sense. Es regnete. 1. August. Gutes Wetter. Hopfen spritzen. 3. August Sonntag. Nach der Kirche das Öhmd loreien. Mittags nach Ebersberg zum Baden. Dann mit Rudi und Heines H. auf den Alpenblick. 5. Aug. Regen. Wintergerste gedroschen. 6. Aug. Wir mähten den ersten Roggen mit der Hand und stellten ihn gleich auf. 8. Aug. Mittags Roggen mähen. Abends kam Ernst. Wir fuhren noch nach Sigmarshofen in die Mühle. 9. Aug. Morgens Roggen umkehren. Mittags das Reststück abgemäht. Regenwetter. 10. Sonntag. Mittags mit Ernst, Gretel u. a. auf dem Alpenblick. 12. Aug. Gerste gemäht und auf Heinzen gelegt. 13. Aug. Ich war im Krankenhaus bei Mama. Mit Schmids Gebhard fuhr ich heraus. 15. Aug. Ernst in der Frühe nach Hause. Vater hatte Krach mit Amanns. Allen Weizen unten eingeführt und der restliche Roggen. 21. Aug. Wieder einmal schönes Wetter. Ich mußte lernen. Papa mähte den Haber. Stübes Mang gestorben. Chersson von deutschen Truppen genommen. 22. – 24. Aug. Erntearbeiten Sonntag: Nach der Kirche bei Nußbaumers. Knöpflers Magnus auch. Mittags mit Rudi und Hugo auf dem Alpenblick. 26. Aug. Mittags war ich in Ravensburg und kaufte mir einen Anzug. Mittags Fallobst zur Abgabestelle. Abends mußte ich im Regen Fleisch holen und vorher noch Wurst. 27. Aug. Morgens holte ich auf dem Rathaus eine Bescheinigung. Graf bei Vater. Nach dem Vesper fuhr ich in die Mühle.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 28. Aug. Morgens noch mal bei Weiß. Mußte Alfred die Kühe helfen eintreiben. Mittags fuhr ich wieder nach Meersburg mit dem neuen Rad. Die schöne Ferienzeit schon wieder vorbei. 29. Aug. Morgens Flaggenparade. Klasseneinteilung. Mittags mit Schmieder spazieren. 30. Aug. Morgens 1 Std. Mathematik. Dann wurde aus den Bismarcknovellen von Walter Flex vorgelesen. Mittags mit Stotz auf den Spießhof. Kerlenmoos gefällt mir besser. Abends Bibliothek. 31. Aug. Den ganzen faden Tag zu Hause. Ich las: „Leuchtendes Land“ von Luis Trenker. 1. Sept. In Physik Elektrizitätslehre. Statt Deutsch Schlagball. Neuer Stundenplan. Mittags mit Werner in der Stadt. Abends teufelte der Rex im Studiersaal. 2. Sept. Nachts Luftschutzalarm, nur 5 Minuten. Wir durften morgens bis 9 Uhr schlafen. In Biologie wieder Fritz. Ich las: Zweikampf um Deutschland. 4. Sept. In Deutsch: Ulrich von Hutten. Mittags mit Rosenfelder, Patzer, Weller, Stotz und P. zum Zwetschgenklauen. Dann in den Film: U-Boote westwärts. 6. Sept. Schönes Wetter. Mittags fuhr ich nach Hause. Sie hatten am Freitag geschlachtet. Ich mußte in der Ofenküche Speck schmelzen. Im Hopfengarten: Frau Schneider, Paula, Lina und 5 Baienfurter. 7. Aug. In der Frühmesse. Von Mittags bis Abends Regen. Wurde ganz naß bei der Herfahrt. 9. Aug. Meyer tobte in Mathematik wegen Zuspätkommen und Krankwerden. Mittags mit Keßler und Keller beim Altmaterialsammeln.. Wehrmachtsbericht: Tschernikow und Krementschug am Dnjepr erobert. Dadurch die Einkesselung bei Kiew in die Weg geleitet. 10. Aug. Schönes Wetter. Mittags Dienst. Winken und Ordnungsdienst. Ich schickte die Bilder von Hans nach Hause.. 11. Aug. Beim Kartoffelkäfersuchen. Seemoos mit 3 Kutter hergesegelt. StürmischesWetter. 13. Reiser holte mir bei Götte einen neuen Füller. Ich trug mein Deutschheft nach. 14. Aug. Schäffer erzählte Abends von seinen Fronterlebnissen. 15. Aug. Mit Stotz und Pl. eine Diskussion über eine neue Religion. 17. Aug. In Deutsch lesen wir „Götz von Berlichingen“. Mittags las ich in „Die Krone im Süden“ von Gmelin. 18. Sept. Prima Wetter. Mit Stotz auf der Terrasse. Zwei Maler malten das alte Schloß. Ich las in „Krone im Süden“. 19. Sept. Mittags statt Sport bis um 5 Uhr Segeln. Sauberer Wind. 3 Sondermeldungen: Bei Kiew sowjetische Armeen eingekesselt. Kiew nach harten Kämpfen genommen. Auf der Zitadelle weht die deutsche Fahne. Die deutschen Verlustlisten bekannt gegeben: Beim Heer: 84000 Tote, 10 000 Vermisste, 300 000 Verwundete. Bei der Luftwaffe: 1500 Tote, 1300 Vermißte. 700 Flugzeuge, nur ...tel unserer Monatsproduktion. 23. Sept. Mittags eine Sondermeldung: In dem Kessel südlich von Kiew bisher 38 000 Gefangene und 520 Panzer erbeutet. 50 Divisionen vernichtet. Abends im Musiksaal Konzert eines Damenquartetts. Deutsch: Aufsatz zurück: 2 24. Sept. Ich brachte Frau Dr. C. die Lebensmittel. W.B.: Der große Kessel südlich von Kiew in zwei kleinere aufgelöst. 25. Sept. Morgens eine Mathematikarbeit. In Geschichte hielt R. einen Vortrag über die Schweiz. Zum Tanzkurs nach Konstanz. Wir lernten den schnellen und langsamen Walzer. 28. Sept. Ich wollte nach Überlingen fahren. Ventile geklaut und platt. Sondermeldung: 572000 Gefangene südöstl. Kiew. 27. Sept. Mittags fuhr ich nach Überlingen, holte meine Schuh und ließ die Haare schneiden. Sondermeldung: Schlacht bei Kiew beendet. 28. Sept. Ich bin diese Woche Jungmann vom Dienst. Sondermeldg.: Geleitzug versenkt. Las: Die Sonne Asiens. 29. Sept. Kuhnle fuhr um ¾ 9 Uhr mit dem Schiff weg. Muß zum Militär einrücken. 30. Sept. Lateinarbeit. Mittags zum Tanzkurs nach Konstanz. Mathearbeit zurück: 4

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 1. Okt. In Deutsch nahmen wir Luther durch. Mittags segelten wir. Der Zoll ließ uns nur bis 3 hinaus. Es regnete immer ein bißchen. Gespenstische Fahrt. 2. Okt. In der 5. Stunde sprach ein Offizier der Luftwaffe. Mittags um 5 Uhr zum Tanzkurs. Es waren zum erstenmal die Damen dabei. Bin etwas enttäuscht. 3. Okt. Mittags hielt ich auf der Terrasse Dienst. Um 5 Uhr hielt der Führer eine Rede zum Beginn des Winterhilfswerks. Wir stehen vor großer Entscheidung. 2,5 Millionen Gefangene, 1 000 Panzer, 14500 Flugzeuge, 22 000 Geschütze. 5. Okt. Sonntag. Morgens auf der Terrasse. Überweisung in die Partei. Mit Stotz in die Kirche. Mittags auf dem Sportplatz. 6. Okt. Trübes Wetter. Hörte im Spielzimmer Musik. Kuhnle kam nochmals vor er einrücken muß. Abends im Waschsaal bei Engel aufgefallen. 7. Okt. Morgens stand ich mit Manz schon um ¾ 6 Uhr auf. Abschied von Kuhnle. In der 6. Stunde Abschied von Jauch. Mittags beim Rex wegen Hausarrest. 4 Uhr Tanzkurs, vorher bei Götte. Abends Führerschulung im Rathaus. 8. Okt. „Staatsaktion“ im Internat. Ein paar Mal beim Rex. Der ganze rote Stock Hausarrest.. Mittags Dienst auf dem Sportplatz. Mordsbetrieb draußen. Bei Winniza mehrere sowjetische Armeen eingeschlossen. 9. Okt. Bei Briansk drei feindliche Divisionen eingeschlossen. Marschall Timoschenko hat hier seine letzte Armee geopfert. 10. Okt. In der 5. Stunde erzählt Herr Welte aus Frankreich seine Probleme. Mittags Handball. Abends brachte ich Wäsche zur Wäscherei. In der Zeitung wird ein Tagesbefehl vom 2. 10. veröffentlicht, nach dem die russ. Armee militärisch vernichtet ist. 11. Okt. Mittags um 5 Uhr zum Tanzkurs nach Konstanz. Die Schlacht am Asowschen Meer beendet. Die 8. und 18. Armee vernichtet. 12. Okt. Sonntag, Eintopfsonntag: Morgens Empfang der Rede Dr. Goebbels zur Eröffnung der Jugendfilmstunde in der Finanzschule. Die gesamte Front vom Asowschen Meer bis zum Waldaigebirge in 1200 km Breite in stetigem Vorwärts, da die 2 Kessel schon weit hinter der Front. Bisher 200 000 Gefangene. 13. Okt. In der letzten Nacht von 12 bis 2 Fliegeralarm. In Deutsch fingen wir Lessing an. 14. Okt. In Latein hatten wir frei. In der 2. Einkesselungsschlacht bei Wiasma und Briansk bisher 560 000 Gefangene. 16. Okt. In Latein frei. Geschichtsarbeit über die Hanse. Las: Das Schweigen im Walde (Ganghofer). Die Russen rufen zur Verteidigung Moskaus auf. Rumänische und Deutsche Truppen heute in Odessa einmarschiert. 18. Okt. Stürmisches Wetter. Wir brachten schon am Morgen um 9 Uhr den Kutter nach Überlingen. Zuerst schöne Fahrt. Dann riß auf der Höhe von Birnau die Leine. Wir pullten 2 Ruder, kamen trotz aller Anstrengung kaum vorwärts. Setzten ihn bei Nussdorf auf den Strand und wateten an Land. Wir waren 8 Mann. Um 4 Uhr mit dem Schiff zurück. 19. Okt., Sonntag: Abends um 8 Uhr ging ich mit Götte und Tante Marie in den Ratskeller. 20. Okt. Erdkundearbeit zurück: 3 Ich las Clausewitz (Feder und Schwert). 21. Okt. Geschichtsarbeit zurück: 2. Mittags ging ich mit dem 2 Uhr Schiff nach Konstanz. Dort mit Patzer und Huber in den Film „Ich klage an“.. Dann ging ich zu Götte. Sondermeldung: Insel Dagö genommen. Um 6 in den Tanzkurs. Um 9 Uhr ließ ich mein Paket auf dem Schiff stehen. 22. Okt. Ich holte einen Bezugschein für Turnschuhe und das Paket von Götte beim Hafen. 23. Okt. 2 Stunden Geschichte über Rudolf von Habsburg. Sauwetter. Mittags um 3 ins Kino: „Jungens“.. Das Problem, das aufgeworfen wurde, war ganz gut und wert darüber nachzudenken. Ich schrieb Hartlieb einen langen Brief. 24. Okt. Mordsmäßig kalt. Mittags las ich „Feder und Schwert“ von Clausewitz zu Ende. Erstklassige Biographie. Inhaltlich tief und nicht immer leicht zu verstehen. Stotz krank.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 25. Okt. In Biologie ließ Fritz uns frei beschäftigen. Sondermeldung: Charkow am 24. gefallen. (später hinzugefügt: „18. 2. 43 wieder verloren“) 26. Okt. Es regnet und schneit den ganzen Tag. Morgens mit Schmieder in der Kirche.. Dann las ich in der Deutschen Literaturgeschichte. Mittags schrieb ich Hans einen Brief. Ich mußte vielmals an ihn denken. 27. Okt. In Deutsch hielt May ein Referat über Emilia Galotti von Lessing. Es schneite heute richtig. 28. Okt. Statt Erdkunde ein Vortrag eines Leutnants über die Offizierslaufbahn im Heer. Lateinarbeit, schrieb über die Stunde hinaus, dann nahm er sie nicht mehr an. Ich habe eine Sauwut. Mittags Kohlenschippen, dann ging ich zum Zahnarzt.. 29. Okt. In Physik Schülerübungen. Reger aufgeregt und viel beschäftigt. Von daheim eine Karte: Stübes Karle, Hans’ Freund, und Vogels Eugen gefallen. (Stübes Karle, der immer Lustige. Er war erst 3 Tage eingesetzt.) 30. Okt. Zwei Stunden Geschichte. Mittags flickte ich mit Farrenkopf mein Hinterrad, 2 Stunden lang. Bekam von daheim ein Paket. 1. Nov., Sonnabend: In Englisch ein Diktat. Mittags hier im Studiersaal. Wollte heim und bekam kein Rad. Gestern wieder Plattfuß gehabt. Rex hält einen Appell. Abends um 8 Uhr sprach der Kreisleiter in der Finanzschule. 2. Nov. Es hat mindestens 15 cm Schnee. Das war noch nie da. Morgens mit Werner und Schmieder auf dem Schießstand., dann auf der Post. Sondermeldung: Die Hauptstadt der Krim, Simferopol, erobert. Rex ging weg auf die Reichenau. Für 6 Wochen. Erst um 9 aufstehen. In Geschichte hielt Vetter ein Referat über Indien. In Deutsch: Klopstock. Mittags schickte ich Hans ein Päckchen mit einem Polohemd und 2 Filme. 4. Nov. Mathematikarbeit, 2 Aufgaben, beide falsch. Das Englisch-Diktat zurück: 3 – 4. Mittags mir Stotz spazieren, Sondermeldung: 73000 Bruttoregistertonnen versenkt. 5. Nov. Kaltes Wetter. Mittags fing es an, naß zu schneien. Um 3 Uhr fuhren wir nach Konstanz, Tanzkurs. Diesmal gefiel es mir gut. Wir nahmen den Rheinländer durch. Von Boleys Ernst einen Brief. 6. Nov. Mathematikarbeit zurück: 6. In Erdkunde beendete Vetter sein Referat über Indien. Über Nacht hat es geschneit. Alles wieder weiß. Von Hans einen Brief, den er am 20.10. schrieb. Glaubt, er komme zurück. Der Krieg sei für ihn aus. 7. Nov. In Englisch einen Klassenaufsatz. Ich sehe schwarz für mein Zeugnis, wenn ich in Latein und Mathematik eine 5 bekomme. Mittags schrieb ich Hans. Dann las ich in Caesar von Jelusich. 8. Nov. Um 9 Uhr antreten zur Flaschensammlung. Die M. H. J. (Meersburger Hitlerjugend) mußte vom Schützen bis letzten Heller (??) sammeln. Um halb 11 Uhr fertig. Dann las ich bis abends Caesar. Ein gutes Buch. Saukalt. 9. Nov. Mittags spazieren. 10. Nov. In Erdkunde wurde die Führerrede vorgelesen. In Biologie warf Weckerle beim Heilkräuterzusammentun Schmieder ein Loch in den Kopf. Mittags mit Vetter in der Stadt. 11. Nov. In Geschichte hielt Werner einen Wochenbericht. Englischaufsatz zurück: 3 Abends hörte ich mit May und Keßler die 3. Symphonie „Eroica“ von Beethoven am Radio. 12. Nov. In Deutsch lasen wir den „Kaufmann von Venedig“ von Shakespeare. 13. Nov. In Geschichte und Erdkunde hielt Stotz ein Referat über Rudolf von Habsburg, Mittags die anderen im „Laufenden Berg“. Ich bekam von zu Hause ein Päckchen. Gretel schreibt, dass Hans auf dem Wege nach Deutschland sei. 14. Nov. In Musik erzählte Ender von seiner Tätigkeit als Leiter eines Singleiterkurses. Nur 4 Stunden Unterricht. Von 2 – 6 Röntgenreihenuntersuchung. Wir kamen am Anfang dran. Ich stellte Abends eine Inventarliste der M. H. J. auf. 15. Nov. In Geschichte wieder einmal abgebombt. Mittags um 5 zum Tanzkurs. Wären fast zu spät aufs Schiff gekommen. Stotz blieb daheim. Werner wurde beim Bescheißen auf der (?

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Schiff) erwischt. Sondermeldung vom 15. 11. : Der britische Flugzeugträger Arc Royal von deutschen U-Booten im Mittelmeer versenkt. Dabei wurde das Schlachtschiff „Malaga“ schwer beschädigt. 16. Nov. Sonntag. Morgens mit Schmieder eine Weile in der Kirche. Mittags hörte ich zuerst Volkskonzert. Las von Manz ein Witzbuch. Abends = Heimabend. Die 5. Symphonie von Beethoven. 17. Nov. In Biologie eine schriftliche Arbeit. Konnte nicht viel. Sondermeldung: Kertsch, an der Ostspitze der Krim, genommen. Ich traf unten am Hafen Schiele. Er ist bei den Panzern. Ich holte das Buch „Bauernadel“ von Busse auf der Post. 18. Nov. Reichsminister für die neubesetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg. Bildung zweier Reichskommissariate: 1. RK Ostland (Baltische Staaten und Weißrußland), 2. RK. Ukraine. Generaloberst Udet tödlich verunglückt. Um 5 Uhr Feier zum Tag der deutschen Hausmusik. 19. Nov. Zum Zahnarzt Koch. Er plombierte einen Zahn. Wehrm.bericht: Neue erfolgreiche Operationen an der Ostfront. 10 000 Gefangene eingebracht, um die 170 Panzerwagen vernichtet. In Deutsch beendeten wir den „Kaufmann von Venedig“. Mittags regnete es. 20. Nov, In Biologie: 1 Film über Vererbungslehre und 2 Röntgenfilme. Trübes Spätherbstwetter. Im Tanzkurs nahmen wir den offenen Tango durch. Bin schwer enttäuscht, eine Sauwut. F. Rauber (Reuber?)am 22. Sept. gefallen. 21. Nov. 93 unregelmäßige Verben in Englisch lernen. Mittags brachte ich die Wäsche in die Unterstadt. Staatsbegräbnis in Berlin unter Anwesenheit des Führers und Görings für Udet. 22. Nov. Wir schreiben den ganzen Morgen den Klassenaufsatz: „Shylak, der Jude“. Ich schrieb einen Mordsdreck zusammen. Sondermeldung: Rostow am Asowschen Meer erobert. Ich fuhr Mittags mit dem Rad nach Hause. 23. Nov., Sonntag: Morgens um 10 im Amt bei trübem Wetter. Requiem. Bodnegg hat 12 Gefallene. Hans Rittler im Sept. und Xaver Knöpfler im Okt. gefallen. Mittags zu Hause. Um 5 Uhr wieder nach Meersburg. 24. Nov. Der erfolgreichste Jagdflieger der Welt, Oberst Mölders tödlich verunglückt.. In Deutsch fingen wir „Minna von Barnhelm“ an zu lesen. 25. Nov. Mittags Übertragung des Staatsaktes in Berlin. 7 neue Mächte treten dem Antikominternpakt bei: Spanien, Dänemark, Bulgarien, Rumänien, China, Kroatien, Slowakei. War vor und nach dem Tanzkurs bei Götte. 26. Nov. In Chemie ein neuer Schüler aus dem Elsaß. In Geschichte hielt Huber einen Wochenbericht. Fliegergeneral Helmut Wilberg tödlich verunglückt. (jüdischer Mischling mit Deutschblütigkeitserklärung Hitlers: Statege des „Blitzkrieges“). Sondermeldung: deutsche U-Boote versenken einen britischen Kreuzer und torpedierten ein Schlachtschiff schwer. Außenminister Ribbentrop sprach anlässlich des Staatsaktes. 27. Nov. In der 4. und 5. Stunde eine Erdkundearbeit über „Australische Probleme“. Die 4 von Seemoos zurück. Mittags in den Film „Kampfgeschwader Lützow“. Prima Film. Spielt während des Polenfeldzugs. Ich telefonierte Abends nach Überlingen m. dem Bannführer. 28. Nov. Italienischer WB: Gondor(?) nach heldenmütigem langem Widerstand von den Engländern erobert. Den ganzen Mittag zu Hause. Die Seemooser erzählten von der Reichssondersportschule. 29. Nov. Chor fiel aus. In Geschichte die Renaissance. Mittags holte ich meine Wäsche in der Unterstadt. Abends Elternabend. Zuerst Turnen, dann Keulenschwingen des BDM. Seemannsgesang des BRD, dann fliegerärztliche Untersuchung. Zum Schluß eine Posse (?) von Hans Sachs. Um 11 Uhr Schluß. 30. Nov. Sonntag: Um 9 Uhr Jahrgänger 24 und aufwärts zur vormilitärischen Ausbildung Exerzieren auf dem Finanzschulplatz, dann Geländebeschreibung ober dem Friedhof. Mittags schmökerte ich mit Stotz in der Bibiliothek. 1. Dez. WB: Um Moskau dringen die deutschen Truppen weiter vor. Im Donezbecken heftige Angriffe und gewaltige Verluste der Sowjets. Am Samstag wurde bekannt, daß der Stadtkern

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ von Rostow von den Deutschen geräumt wurde, um die Zivilbevölkerung zu schonen. Trübes Wetter. Drückte mich von der Morgenfeier. Im Sport ein Spaziergang. 2. Dez. Massenagriffe bei Rostow. Tiefer Einbruch in die russischen Verteidigungslinien bei Moskau, unaufhaltsames Vordringen trotz heftigsten Widerstandes. Ausbruchversuche aus Leningrad. 3. Dez. Mittags zuerst das Schulboot zu Klingenstein bringen. Deswegen wäre ich beinahe zu spät aufs Schiff gekommen. Nikolausfeier in der Tanzschule. Zuerst tanzten wir ein wenig. Dann kam die Platzverlosung. M. machte den Nikolaus und verlas Gedichte. Phantastisch. 4. Dez. Der deutsche Hilfskreuzer ... versenkte im Pazifik den australischen Kreuzer Sydney, musste aber auch aufgegeben werden. Vor Moskau weiterer Landgewinn. H. von finnischen Truppen erobert. Päckle von Tante Boley. Mathearbeit. Deutsch zurück: 3 5. Dez. In Latein versprach mir B. einen 4-er. Morgens Schnee. Mittags kam von daheim ein Telefonanruf, dass Hans in Urlaub gekommen ist. 6. Dez. Mathematikarbeit zurück:3. Politik: England erklärt Ungarn den Krieg. England erklärt Finnland und Rumänien den Krieg. 7. Dez. Sonntag. Hans kam gestern Abend erst um 9 von Linden. Ein strammer Soldat. Er liegt bei Molin in der Nähe von Vichi (Frankreich). Er kommt jetzt zu den Radfahrern, schwer enttäuscht davon. Morgens mit Hans, Papa und Gretel ins Amt, dann zu der Kundgebung bei Weishaupt, dann zu Nußbaumer. Mittags zu Hause. Hans erzählte vom Einsatz. Seit Sonntag Kriegszustand zwischen Japan einerseits und England und Amerika andererseits. Japan bombardiert Hongkong und Hawai. 8. Dez. Wieder in Meersburg. In Turnen machten wir Blödsinn. In Erdkunde wurde aus Colin Ross über südafrikanische Probleme vorgelesen. WB: Die Operationen im Osten durch den russischen Winter bedingt, also Stellungskrieg.. Im Donezbecken blutig abgeschlagene Angriffe. In Nordafrika heftige Kämpfe. 9. Dez. Japanische Flugzeuge versenkten bei Hawai 2 Schlachtschiffe, 1 Flugzeugträger und beschädigten 4 Schlachtschiffe und 4 Kreuzer scher. Sie vernichteten 40 englische und 50 amerikanische Flugzeuge. Landung auf den Philippinen. Nicaragua und Costa Rica erklären Japan den Krieg. Um 3 Uhr in den Tanzkurs. Wäre beinahe gestürzt. 10. Dez. Nur Turnen in der 1. Stunde. In der 2. mussten wir statt der gefürchteten Physik das Spielzimmer bestuhlen. Dann wurde das ganze Internat gegen Diphterie von Dr. Müller geimpft. Mittags stellte ich einen Antrag auf einen Anzug-Bezugschein. 11. Dez. zum Zahnarzt Dr. Koch. Plagte mich saumäßig. Um 3 Uhr sprach der Führer vor dem Reichstag. Er rechnete mit Roosevelt und Churchill ab. Erklärte an Amerika den Krieg. 12. Dez. Nur 3 Stunden Schule. Statt Turnen schauten wir vom Känzele aus in die Alpen. Die 5. Stunde fiel aus. Mittags die ganze H.J. Meersburgs nach Konstanz in „Clavigo“, einem Trauerspiel von Goethe. Ein mäßiges Stück. Abends telefonierte ich nach Hause. 13. Dez. War 2 Std. beim Zahnarzt. In Deutsch schloß Röhrenb. sein Referat über Caesar von Shakespeare. Mittags um 2 fuhr ich mit dem Zug nach Ravensburg. Dort ließen wir bei Scherer ein Familienbild machen. Nachher noch bei Rösch. Rittler, Langacker Sepp und Bentele Josef auch dort. Um ½ 7 mit dem Zug wieder weg. 14. Dez. Sonntag. Nach dem Morgenessen kam überraschend Bührer aus Überlingen und nahm das Leistungsabzeichen ab. Mittags zu Hause, abends im Musiksaal eine Symphonie von Mozart und den Erlkönig von Schubert auf Schallplatten. 15. Dez. Erdkunde fiel aus. Mittags kam Hans. Wir fuhren um halb zwei nach Konstanz zu Götte. Dort aßen wir zu Mittag. Um 8.30 Uhr ging ich zu Fuß nach Wollmatingen, Hans mit dem Fahrrad. Dort trafen wir noch Tante Marie. Großpapa kam erst später. Ich wäre fast zu spät auf den Omnibus gekommen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 16. Dez. Ich schwänzte 3 Stunden unter dem Vorwand Zahnweh, war bei Ratzel im Krankenzimmer. Ich war nur in Musik und Englisch. Ich hatte überhaupt nichts geschafft. Mittags um 3 zum Tanzkurs. Dann in den Film „Das andere Ich“. 17. Dez. In Physik tobte Steyer. Er hat eine Wut, weil er uns im Film gesehen hatte. Latein schwänzte ich wieder. Statt Chemie: Chor. Mittags holte ich meinen Bezugschein für einen Anzug. 18. Dez. In Lastein lesen wir aus einem Weiß Ferdl – Büchlein. Während Erdkunde und Geschichte hielt Stotz ein Referat über den Aufbau der Kurie. Mittags brachte ich meinen Korb zur Post. 19. Dez. Letzter Schultag. In Biologie Lichtbilder über Vererbung. In Chemie 2 Filme. In der 2. Stunde Chor. In der 4. und 5. Stunde Weihnachtsfeier. Mittags packte ich.. Mit Patzer an den Hafen. Traf Hubers Martin. Abends Weihnachtsfeier. 20. Dez. Morgens um 5.55 Uhr fuhr ich mit dem Schiff los. Um 8.18 Uhr in Friedrichshafen mit der Bahn. In Ravensburg 2 Std. im Warteraum. Um 12 Uhr mit dem Omnibus heim. 21. Dez. Sonntag. 3 neue Gefallene: Schmids Johann von Oberlachen, Marschalls Gebhard von Kofeld und Kienes Ernst ( richtig: Anselm) von Josenhalden. Morgens im Amt. Mama zum erstenmal wieder in der Kirche. Nach der Kirche noch bei Stiebles Rudi. 22. Dez. Morgens holte ich auf dem Rathaus meine Lebensmittelkarte und bei Fugunts einen Hasen. Ich las das Buch: „Zu früh und zu spät“ von B. Brehm. Inhaltsschweres Buch von den Befreiungskriegen. 23. Dez. Es schneit. Morgens war ich bei Brucker und zahlte, dann zu Stiebles und ..(?). Mittags holte ich, Alfred, Mädi und Ernstle und Walde den Christbaum, mussten 2 Stunden suchen. Der Wald ist schön verschneit. Abends richteten wir den Baum. 24. Dez. Heilige Abend: Vater in die Stadt. Ich half Weizen dreschen. Das Gebläse funktionierte nicht recht. Mama und Alfred fuhren Mittags zum Engelamt in Bodnegg. Um 3 Uhr fertig mit dreschen, dann aufräumen. Abends schellte ich ein paar Mal, dann Bescherung. Ich bekam den Kampf und Handschuhe und ½ ?. 25. Dez. Weihnachten: Am Morgen war mir schlecht. Kramers Anton gefallen. Bernharts Ludwig schwer verwundet. Morgens im Amt. den ganzen Tag Sauwetter. Ich habe selten so ein schlechtes Weihnachtswetter gesehen. 26. Dez. Schönes Wetter. Morgens ins Amt. Nachher bei Nußbaumer mit Marschalls Baptist und Heines Hugo. Mittags zuerst zu Hause. Dann nach Vorderreute. Dort musste ich die Kinder knipsen. Wunderschöner Abend. 27. Dez. Stürmischer Tag. Draußen schneit es heftig, Windstärke 7. Hongkong in jap. Hand. 28. Dez. Sonntag: Morgens ins Amt. Herrliches Wetter. Nachmittags ging ich mit dem Photo zweimal spazieren. Vogelwanger da. Ist über die Art der Gefallenenfeiern empört. 29. Dez. Mittags brachte ich ein Paket zur Post. Dann brachte ich kaputte Schuhe zu Klas. Dort blieb ich eine Weile. Morgens erhielten wir einen Brief von Gebhard Blum. Seit dem 11. 12. Angriff auf Sewastopol. Feindliche Landungen auf der Halbinsel Kertsch. 30. Dez. Es hat wieder geschneit. Morgens dreschen wir den Weizen. Ich schickte Boleys Ernst ein paar Fotos von Hans. Mittags dreschen wir Roggen. 31. Dez. Silvester: Vater ging zur Trauerfeier für Schmids Johann. Wir dreschen Roggen. Der Riemen ging kaputt. Alfred und ich rannten mit Walde im Schnee herum. Es schneit unaufhörlich. Die Brietsmaschine ging kaputt. Mittags schaffte ich nichts.

1. Januar 1942 (aus: Der Merker 1941) Nach einer herrlichen Silvesternacht schöner Neujahrstag mit viel Schnee. Morgens im Amt. Dann trank ich bei Nußbaumer eine Halbe. Mittags um 3 machte ich mit Walde einen Spaziergang über Billenhaus, Tobel, durch den Langenberg, Ebersberg, Boselberg, Oberwagenbach.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 2. Jan. Manila von japanischen Truppen eingenommen. Ganz Britisch Nordborneo in japanischer Hand. Wir droschen den Roggen fertig. An der mittleren Ostfront harte Abwehrkämpfe. In Nordafrika noch wochenlang heldenhafter Widerstand. B. von engl. Truppen erobert. 4. Januar, Sonntag: Morgens Nebel. Ins Amt. Dann sofort nach Hause. Ich las das Buch: „Bismarck gründet das Reich“. Ich musste Gretel knipsen. 5. Jan. Wir droschen Haber. Ich bekam von Hartlieb einen Brief. Ich mußte einen Wagen ganz mit Stroh laden. Es staubt saumäßig. 7. Jan. Ein kalter Ostwind kommt auf. Wir droschen den Haber fertig. Abends begannen wir noch mit der Gerste. Franz ist krank. Er kann mittags nichts mehr schaffen. 8. Jan. Ich bekam von Jauch einen Brief. Der freute mich sehr. Morgens fuhr Vater in die Mühle und lieferte Frucht ab. Mittags brachte er Agnes das Stroh. Wir droschen Gerste. Schönes Wetter. 9. Jan. Ich war den ganzen Tag zu Hause. Sie sind jetzt fertig mit Dreschen. Ich bekomme von Boleys Ernst einen Brief. Er meint, er werde im Februar zu den Gebirgsjägern eingezogen. 10. Jan. Ich stand schon um ½ 7 Uhr auf. Um 7 Uhr mit Gretel ins Rosenharz und in die Stadt. Trug ihr den Koffer zur Bahn. Dann zum Friseur. Um 9 Uhr kam Papa. Er kaufte mir bei Bauer einen schwarzen Anzug. Dann in den Storchen. Dann traf ich Stübes Christian und Füßingers Sepp. Mittags mit Stiebles Rudi in „Der scheinheilige Florian“. 11. Jan., Sonntag: Morgens um 7 Uhr in der Frühmesse. Ich beichtete und kommunizierte. Herrlicher Sternenhimmel. Sehr kalt. Morgens mußte ich Andres fotografieren. Ich las. Abends Besuch vom Tobel, dann Vogelwanger, dann Schorsch. Sehr lustig. Papa mußte Heilig noch ins Tobel schlitten. Konnte nicht mehr gehen. 12. Jan. Ich stand erst um ½ 11 auf. Knöpflers Rese zum Flicken hier. Papa ging nach Bodnegg aufs Rathaus. Ich war den ganzen Tag zu Haus. Kathri Mittags dann noch hier. Abends kam der Metzger Bayer aus Rosenharz und schlug ein Kalb tot. (Notschlachtung) Hans hat geschrieben. An Silvester erhielten sie ihren Fahrbefehl. 13. Jan. Schönes Wetter. Abends kam Schorsch wieder. Ich mußte Gretel abholen. Ging ihr bis in den Langacker entgegen. 14. Jan. Ich sah noch nie einen so schönen Wintermorgen. Mittags verhackte der Metzger das Kalb ganz. Um 5 Uhr holten die Leute das Fleisch ab. Ferien bis 19. Januar. Mußte Abends Vater mit dem Schlitten von Rosenharz abholen. 15. Jan. Ich las in: „Mein Kampf“ und hörte Radio. Ich mußte zum Vogelwanger und ihm eine Axt bringen. Mußte sehr lachen. Walde war dabei. 16. Jan. Holte am Morgen die Axt vom Vogelwanger. Nebliges Wetter. Mittags fing ich das Buch „Bauernadel“ von Busse an.. Ein sehr schönes und tiefes Buch. 17. Jan. Morgens las ich in „Bauernadel“. Mittags mußte ich Franz und Marte etwas ausrichten. Machte dann mit Walde einen kleinen Dauerlauf durch den verschneiten Rauhreifwald. 18. Jan. Sonntag: Morgens ins Amt. Heinrich mußte in der Kirche sehr lachen. Nachher ging ich sofort nach Hause. Mittags knipste ich den Tischwinkel. Dann stiefelte ich um 3 Uhr mit Walde los. Die Sonne durchbrach den Nebel. 19. Jan. Am Morgen las ich den Bauernadel zu Ende. Ein einzigartiges Buch, erhaben über das meiste, was ich auf diesem Gebiet bisher las. Mittags zuerst noch ins Tobel. Um 3 Uhr mit Gretel ins Rosenharz. Mußte in Friedrichshafen übernachten, da kein Schiff mehr fuhr. 20. Jan. Morgens fuhr ich mit dem 5 Uhr-Schiff nach Meersburg. Morgens Flaggenparade.. Nach der 2. Stunde Impfung gegen Diphterie. 5 Schiffer (vom Bodensee) sollen eingezogen werden.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 21. Jan. Turnen fiel aus. In Physik verabschiedeten wir uns von Meyer. Geschichte fiel aus. Generalfeldmarschall von Reichenau an einem Schlaganfall gestorben. Brief von Hans. Trübes Winterwetter. Mittags mit Stotz und Bützner an den Hafen. 22. Jan. Mathematik fiel aus, ebenso Latein. Die Engländer in Nordafrika zurückgeschlagen. Japaner 80 km vor Singapur. 23. Jan. In Biologie schafften wir mit 3 Mikroskopen. In Turnen zum Siechenweiher. Kaltes Winterwetter. Mittags aufs Wirtschaftsamt, Haben keine Schuhbezugscheine. 24. Jan. Es schneit den ganzen Morgen. Zum letzten Mal bei Bueb Unterricht. Mittags um 3 nach Konstanz. Zuerst mit Schmieder zu Götte, dann in den Tanzkurs. Nachher in den Film: „Der Meineidbauer“. Großartiger Film. 25. Jan. Ich las: „Die stumme Schlacht“ von Robert Hohlbaum. Ein einzigartiges Buch vom Schicksal der Deutsch-Österreicher. In Nordafrika wieder deutsche Erfolge bei ... Ag.... Japanische Truppen südöstl. Von Rangoon. Südspitze Malays. erreicht. 26. Jan. Die ersten 2 Stunden Latein. Die nächste Chemie mit der 8. Klasse. Es schneit massig. Mittags mit Stotz und Vetter zur Wäscherei.. WB: Harte Abwehrkämpfe an der Ostfront. In Nordafrika gestern 90 Panzerwagen vernichtet. Abends um 9 Uhr war der Rex im Musiksaal. Zuerst Feldpostbriefe, dann ein furchtbares Donnerwetter. 27. Jan. Morgens vor dem Studium wurden wir vom Rex nochmals wegen dem Kinobesuch abgedonnert. Herrlicher Wintertag. Mit Bützner spazieren. Um 3 Latein bei I. Vor der amerikanischen Küste 103 000 Tonnen versenkt. Vor der nordafrikan. Küste ein Schlachtschiff versenkt. 28. Jan. In Chemie und Physik Schülerübungen mit der 8. Klasse. Zu Götte, dann Tanzkurs. Schuler wieder im Internat. 29. Jan. Nach dem Mittagessen Appell vom Rex wegen Ober.... Am Morgen in der 10 Uhr Pause wurden Heinz als Jungmann und Rieger und Rosenfeld wegen Altstoffsammlung abgebombt. Sondermeldung: Bengasi wieder erobert. Rommel zum Generaloberst befördert. 30. Jan. In der 4. Stunde Feier zum 30. Januar. Um 2 mußten wir eine Kiste zur Bahn fahren. Um 5 Uhr sprach der Führer: Der ärgste Winter sei vorbei, mahnte die Heimat, durchzuhalten,. Die Front tue ihre Pflicht immer. WB: Wieder 23 Schiffe versenkt. 31. Jan. Die nächste Woche bin ich Jungmann bei Bangnatz. Mittags bis um 5 Uhr mit Keßler und Stotz in der Bibliothek. 1. Febr. 1942: War Morgens mit Keßler in der Bibliothek. 1 – 3 Uhr mit Stotz in Hagnau und zurück. Es schneit den ganzen Tag. Ich las: Lichtenstein v. Hauff, ein sehr feines Buch. 3. Feb. In Deutsch sollen wir einen Hausaufsatz machen. Mittags musste ich beim Baden kontrollieren. Von 4 – 5 Latein. Abends Lichtenstein zu Ende gelesen. Einfach einzigartig. Schöner Stil. 4. Feb. Mittags um 5 nach Konstanz, zum letzten Mal Tanzkurs. Zuerst mit Keßler zum Friseur. Nachher Schneeballschlacht und großer Abschied. 5. Feb. In der 6. Stunde spielte ich mit Reiser Tischtennis. Mittags las ich von Stifter „Hochwald“, ein klassisches Waldmärchen. Mehr Träumerei als Wirklichkeit. Mußte die Kleinen beim Baden kontrollieren. Boleys Ernst hat den Unterarm gebrochen. Er hat den Stellungsbefehl: Am 9. 2. soll er nach Garmisch. 6. Feb. In Erdkunde und Englisch frei. Mittags ging ich mit Bützner aufs Wirtschaftsamt und holte einen Schuhbezugschein. Las: Der Hochwald fertig. 7. Feb. In Geschichte den Aufstand der Niederlande. Die letzten zwei Stunden fast ganz frei. Wir wissen gar nicht, wie schön wir es hier haben. Mittags Bibliothek, Dann mit Bützner bis zum Schülben spazieren. Herrliches Winterwetter. Las dann in der Bibliothek „Der liebe Augustin“ von Geißler. Geschichte über ein leicht getragenes Leben.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 8. Feb., Sonntag: Morgens büffelte ich mit den anderen Latein. Trübes kaltes Wetter. Dann las ich in der Bibl. den lieben Augustin zu Ende. Dieses Buch sollte mein Begleiter werden, wenn ich auch im Anfang ein wenig unpädagogisch sein sollte. 9. Feb. Reichsminister Dr. Todt tödlich verunglückt. Sein Nachfolger Architekt Speer. Mittags mit Stotz und Fl. Zum Zahnarzt. 10. Feb. In Deutsch erzählte May den Inhalt des „König Lear“. Spielte Mittags Klavier. Dann Baden. Von 4 – 5 Latein. Im WB: Japanische Truppen nach 12 stündigem Trommelfeuer auf Singapur gelandet. 20 000 Engländer in der Festung eingeschlossen. 11. Feb. Im WB: Singapur zur Kapitulation aufgefordert. Einen neuen Elsäßer in Mathematik. In Chemie sprach Lemeyer über ... Holte Mittags einen Bezugschein und schickte ihn nach Hause. Württ. Infanteriedivisi0nen zeichnen sich im Osten besonders aus. 12. Febr. Singapur gefallen. Japanische Flagge über der Stadt. In Deutsch fingen wir den Hamlet an. In Latein wieder Belami. Mittags schickte ich Hans 2 Zeitungen. Bekam ein Buch von der Buchgemeinschaft. Wir fotographierten im Studiersaal. Die andern vom Schullager wieder hier. 13. Feb. In Geschichte Wallenstein. In Englisch spielte B. im Musiksaal vor. Mittags zum Zahnarzt. Ich las: „Der Wittiber“ von L. Thoma. Der Radio wieder fertig. Deutscher WB: Siegreiches Seegefecht im Kanal. „Scharnhorst“, „Gneisenau“ und ... beteiligt. Ein englischer Zerstörer vernichtet. 43 engl. Flugzeuge abgeschossen. 14. Feb. In Geschichte Wallenstein. In Physik Mathe-Unterricht mit der 8. Klasse zusammen. Bei Engel Englisch. Erhielt „Pflanzen unserer Heimat“. 15. Febr. Sonntag: Der Winter will gar nicht mehr aufhören. Morgens hatte ich mit May und Farrenkopf einen Diskurs über die Moral der heutigen Jugend. Mittags bis 2 Uhr beim Volkskonzert. WB: Die Garnison von Singapur hat kapituliert. 16. Feb. Erdkunde bei Engel. In Sport einen Ausmarsch nach Deisendorf. Ich machte eine Aufnahme. 17. Feb. Morgens nach dem Unterricht machten May und ich Klassenaufnahmen. Deutsche U-Boote versenken 3 Tanker im karibischen Meer und beschossen die Hafenanlagen von ... 18. Feb. Für den Jahrgang 1924 Musterung in Überlingen. Ich schrieb am Aufsatz : „Gedanken zu Herders Aufsatz: ‚Wie erziehe ich mich zu Sprechen und Schreiben’. Mittags um 3 Zahnarzt. An der Kirche ein Besoffener. Huber führte ihn mit dem Schlitten an den Hafen. Boleys Ernst schreibt aus Garmisch; bei den Gebirgsjägern. 19. Feb. In Geschichte Wallenstein zu Ende. Die letzte Stunde fiel aus. Ich schrieb den ganzen Tag am Aufsatz. WB: An der Ostfront Abwehrkämpfe. 44 russische Flugzeuge abgeschossen. Die zweite Hälfte des Jahrgangs 1924 gemustert. Abends Retzel, Walter, Wintermantel total besoffen. 20. Feb. Die letzte Stunde fiel aus. 5 von unserer Klasse gehen am 26. auf eine Bannschulung nach Damüls. WB: Japaner landen auf portugiesisch und niederländisch Timor. Weitere Erfolge auf Sumatra. 21. Feb. In Geschichte den 30-jähr. Krieg zu Ende. Schönes Winterwetter. Mittags im Studiersaal. Jugendfilmstunde fällt aus. Im Studio allein am Radio. 22. Feb. Sonntag: Morgens erst um halb 9 wecken weil in der Nacht Fliegeralarm. Morgens mit Stotz, Rosenfelder, Pützer, Riegel in die Kirche, dann vormilitärische Ausbildung, Mittags in der Bibliothek, Abends Wunschkonzert im Musiksaal. 23. Feb. In Biologie Rassenkunde. Beim Mittagessen verkündet Zwisler, dass Walter, Klein, Böttger und Scherzinger fliegen wegen Disziplinverstoß in der Sache M. Japaner auf der Insel Bali gelandet. D.WB: Seit 1.1. 42 56 800 Gefangene, 960 Panzer, 179 Geschütze, 1189 Flugzeuge. 24. Feb. In Lastein wurde fast nur über die H. J. gehetzt. Geschichte fiel aus. Mittags Konferenz. Jeder 24er wurde einzeln verhört. Ich las den ganzen Nachmittag von Ettighofer „Die Teufelsinsel“. Sehr spannend. Tauwetter. Der Schnee schmilzt weg.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 25. Feb. In Erdkunde nahmen wir Italien durch. Vom Wehrbezirkskommando der Entscheid, dass wir 23er von der Klasse 7 bis 30. Juni zurückgestellt sind. Von Mutter ein Brief mit Geld und die Nachricht, dass Walde vermisst wird. Schade um den kleinen Kerl. Er ist mir ein treuer Begleiter geworden in den Ferien. 26. Feb. In Deutsch mit Hamlet fertig. Lateinarbeit. Rogg fährt heim, muss am 2. 3. einrücken. Ich fuhr um 3 nach Überlingen zur Untersuchung und kaufte Schuhe. Um 4 wieder zurück. Tauwetter, die Straßen dreckig. Von daheim ein Paket. WB: Harte Abwehrkämpfe an der Ostfront. Artilleriefeuer auf Leningrad. Spähtrupptätigkeit im Norden. W. bombardiert, Kiel angegriffen. 27. Febr. In Deutsch nehmen wir C. F. Meyer durch und begannen den „Jörg Jenatsch“ zu lesen, eine Bündnergeschichte aus Graubünden. Bensbach war hier, ihm fehlt ein Auge und er hat Brandnarben im Gesicht. Holte meine Wäsche in der Unterstadt. 52 000 BRT im Atlantik versenkt. 28. Feb. Abends Wunschkonzert der Reichsfinanzschule in der Festhalle hinten. Der Saal überfüllt, phantastisches Orchester mit 2 Saxophonen und Akkordeon sowie 5 Geiger und Klavierspieler. Der Dirigent spielte Trompetensolos. Alle bekannten Schlager und Walzer. Ein Chor sang Soldatenlieder vor. Um 12 Uhr Schluß. 1. März, Sonntag: Morgens trug ich Deutsch ins Reinheft ein. Dann las ich in der Bibliothek von Hermann Stehr „Der Geigenmacher“, eine sehr feine Künstlergeschichte. Der Kampf zwischen den sinnlichen und seelischen Kräften des menschlichen Lebens mit psychologischen Verflechtungen). Mittags nach dem Volksonzert mit Stotz und B. Spazieren bis zur Haltenau (?). Dort sonnten wir uns. Eine Schafherde ergötzte uns. Stotz und Bützner verschlugen sich immer im Spaß. Herrliches Wetter. Abends fiel Stotz im Bett noch auf. 2. März: Rangoon gefallen. Biologiearbeit über das 1. Hindenburggesetz. Abends fielen wir auf, weil wir nicht beim Gemeinschaftsunterricht waren. 3. März. In der Schule nichts besonderes. Tauwetter. Patzer fährt nach Bad ... zur Untersuchung für die Offizierslaufbahn. Bleibt 3 Tage fort. 4. März: Schmieder fuhr schon in der Frühe nach München zur Fliegeroffizierstauglichkeitsprüfung. In Erdkunde begannen wir mit Rußland. Mittags um 3 nach Konstanz ins Theater: Der Biberpelz von Gerhart Hauptmann. 5. März: Es regnet. Latein und Turnen fielen aus. Mittags nach dem Essen Appell. Der Direktor brandmarkte die Revolte vom 23. Februar. Walter, Klein und Böttger sind geworfen, ... wird die Ausweisung angedroht und der ganze Jahrgang 1924 nur bis 4 Uhr Ausgang. Mittags mit Werner und Reiser in die Stadt. Wir trafen Bensbach; furchtbar entstellt im Gesicht. 6. März: WB: 22500 BRT versenkt von U-Booten. Biologiearbeit zurück: 2. In Lastein mußten wir allein weitermachen. Mittags las ich im Landsknechtsbuch. Abends um halb 11 kamen die 3 vom Schilager zurück. 7. März. Die drei vom Schilager ganz schwarz gebrannt. Ich las im Buch „Der deutsche Landsknecht“. Ich spielte Klavier mit Schwarz. Es regnet den ganzen Tag. Klein und Böttger abgefahren. Walter wohnt in Meersburg und geht nach Konstanz zur Schule. 8. März, Sonntag: Morgens vormilitärische Ausbildung. Ich spielte mit Schwarz Klavier und beim Volkskonzert. 9. März. Rangoon erobert. Über Nacht hat es wieder geschneit. In der 2. Stunde einen Ausmarsch. Mittags spielte ich Klavier. 10. März. Abitur in Mathematik. Ich schwänzte die 1. Stunde. Fast die ganze 2. Stunde frei. Mittags spielte ich Klavier. Ging zu Frau Dr. Glen. War nicht zu Hause. Patzer von der Eignungsprüfung zurück. Ich begann für mich „Die Braut von Messina“. 11. März. In Mathematik war der Rex hier. Rügte uns wegen des Studiensaals. Zum letzten Mal Erdkunde bei Engel. Mittags ging ich zu Frau Dr. Glan und holte Schuhe. Abends hörte ich Radio. Barnabas von Geczi spielte Santa Lucia.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ 12. März. In Latein zum letzten Mal Belami. Der Chemiker Herrmann erzählte während Geschichte über seine Erlebnisse im Russlandfeldzug. Sondermeldung: 110 000 BRT vor der nordamerikanischen Küste versenkt. Mittags schickte ich ein Paket nach Hause. (An diesem Tag wurde sein Bruder in Wolofka verwundet) 14. März. Mathematikarbeit. Habe keine fertig. Den anderen ging es fast allen ebenso. Mittags nach Konstanz ins Hallenbad. Wir schwammen 300 m fürs Sportabzeichen. Kaufte bei Langer noch Noten und war bei Götte. Um 6 Uhr zurück. Patzer muss Morgen nah München. 15.März. Sonntag. Morgens um 11 Uhr in der Heldengedenkfeier in der Reichsfinanzschule. Mittags mit Schmieder, Vetter und Rieser nach Hagnau. Vetter ging dann nach Hause. Wird von May und Detzel vermisst. Dann in den Wellenhof. 16. März. Um ½ 11 Uhr aufstehen. In der Schule nichts besonderes. Erhielt meine braunen Schuhe aus Überlingen. Mittags von 3 – 4 spielte ich Klavier. Nach 4 Uhr unter Vetter eine Stunde Sport in der Turnhalle. Machten Blödsinn. Abends spielte ich nochmals Klavier. 17. März. Im Zeichnen Kunstbetrachtung über Burgen und Baustile. Latein fiel aus. Englischarbeit zurück: 2 Mittags spielte ich gleich nach dem Essen bis 3 Uhr Klavier. Las dann Jürg Jenatsch. 18. März. Latein bei Füll. Statt Turnen Ausmarsch in den Finanzschulplatz. Stutzmann fehlt, keine Mathematik. Großer Jubel bei uns. In der 4. Stunde nochmals Deutsch bei Magus. Mittags schönes Wetter. Spielte Klavier. (Todestag seines Bruders) 19. März. Mußte in Erdkunde über Northcliffe vorlesen. In der 5. Stunde in der kleinen Turnhalle. Mittags mit Manz beim Friseur. Um 5 mußten wir im Musiksaal proben. Dann im Spielzimmer Versteigerung. 20. März. In der 2. und 3. Stunde wieder eine Mathematikarbeit. Bekam 2 Briefe von Hans. Er ist seit dem 20. Februar wieder an der Ostfront in der Gegend des Ilmensees. Mittags im Film „Junker“. Sehr guter Bericht mit guter Schauspielerbesetzung. 21. Schlimmster Tag der Woche. In Geschichte wurde Retzel abgebombt. Kalle bekam Karzer von Zwiesler. Mathematikarbeit zurück: noch 4. - Mittags ging ich mit Stotz und Retzel ins Strandbad, las im Geschichtsbuch. Abends im Kameradschaftsabend der Flieger. Einer ahmte Hans Moser nach. Ganz nett. Um 10 Uhr zu Hause. 22. März, Sonntag: Morgens in der Reichsfinanzschule Überweisungsfeier der 14Jährigen. Ich zog seit langem wieder einmal Uniform an. Las Mittags im Strandbad und auf der Terrasse. Abends mit Schmieder, Bützer und Patzer in den Ratskeller. 23. März. Um 4 Uhr zum Zahnarzt. Ein Neuer aus Überlingen in der Klasse. Turnen fiel aus wegen Abitur. Erhielt von Boleys Ernst einen Brief. 24. März. Im Zeichnen sprachen wir zuerst über Baustile und zeichneten dann an der Burg. Latein und Geschichte fielen aus. Trübes Wetter. Mittags Klavierspielen und zum Zahnarzt. Um 7 Uhr mündliches Abitur. Von Klasse 5 ab aufwärts Ausmarsch unter Schmieder nach Kirchberg. Wir zechten 1 ½ Stunden. Hochweber besoffen. Mittags schönes Wetter. Ich spielte Klavier. 26. März. Nach der 2. Stunde mündliche Abitursprüfung. Mit Keller, Patzer und Keßler auf den Friedhof. Wir schauten uns die Grabsteine an. Abends um 9 Vortrag von Hauptmann Eller über den Ostfeldzug. 27. März. In Mathematik Aufruhr. Ringel bekam Karzer. In Geschichte selbst weiterlernen. Mittags mit Vetter und Patzer im Strandbad. Kicherer ist abgehauen. 28. März. Im Unterricht nichts besonders. In Mathematik fingen wir den Kegelschnitt an. In Geschichte Selbstbeschäftigung. Mittags holte ich in Überlingen mein Fahrrad. Abends in der Germania Abschiedsfeier mit Zanker. 29. März, Sonntag: Sondermeldung:16 Schiffe versenkt, darunter 8 Tanker mit 73000 BRT.. Trübes kaltes Wetter. Morgens in die Jugendfilmstunde: „Achtung! Feind hört mit!“ Prima

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Film mit René Deltgen u.a. Mittags hörte ich Volkskonzert. Mit Schmieder und Patzer spazieren. Abends hörte ich Radiomusik. 30. März: In Deutsch lasen wir Jörg Jenatsch zu Ende. Für Turnen Ausmarsch. Ich brachte ein Paket zur Post. Um 4 Uhr in Sport Schlagball auf dem Finanzschulplatz, stur bis zum letzten Augenblick. Abends wird bekannt, dass die ...zugführer schon Morgen fahren dürfen. Abends von Lander die Zeugnisse. Bin sehr enttäuscht. 31. März. Im Zeichnen spricht Rottweiler über entartete Kunst. Und verglich dazu Klassische Werke. Manz, Patzer und ich gingen dann an den Hafen. Herrliches Wetter. Werner haut ab. Geschichte fiel aus. In Englisch sprachen wir mit Engel über Wandern. Mittags um 4 Uhr fuhr ich nach Hause. Um 7 Uhr daheim. Mittwoch, den 1. April 1942: Morgens war ich daheim und las und hörte Radio. Mittags holte ich in Rosenharz Stiefmütterchen. Dann schrieb ich Erdkunde ein. Abends las ich „Das blühende Leben“. Glaser Karle Rossknecht. Donnerstag, den 2. 4. 42.: Morgens las ich daheim in „Weltall und Menschheit“ über die Geschichte und Erforschung der Natur. Mittags ging ich ins Rosenharz und holte die Werkzeugkisten vom Stotz. Abends las ich wieder in „Das blühende Leben“. Karfreitag, den 3. April 1942: Morgens mit Karle ins Amt. Ging volle zwei Stunden. Mittags um halb 4 ging ich mit Karle in die Kerlenmooser Betstunden. Dann sofort wieder heim. Abends um 8 telefonierte Agnes von Rotheidlen. Ich mußte hinauffahren und paßte bis Nachts um ¾ 1 Uhr auf einen Dieb, der ihr Heu und einen Kommet gestohlen hatte; fand nichts. Ich fror wie ein Hund. Karsamstag, den 4.4.1942 : Morgens machte ich Agnes ihren Gartenhag. Aprilwetter, Wind, Regen, Sonnenschein. Sie erzählte mir von ihren bösen Nachbarn. Mittags um 3 fuhr ich heim. Agnes fuhr mit bis Bodnegg. Führerworte: „Mögen Jahrtausende vergehen, so wird man nie von Heldentum sprechen und schreiben können, ohne der Gefallenen der großen Kriege um die Erhaltung unserer Heimat zu gedenken“. O Herrgott im Himmel, mußte das sein? Mein Bruder Hans ist am 18. März 1942 bei den harten Abwehrkämpfen im Osten am Ilmensee an einem Bauchschuß gestorben. (Hier folgt der Brief des Leutnants Bullinger vom 21. 3. 42 an die Mutter. Siehe Chronik.). Von Sterks in der Winteröhr ist der letzte Sohn gefallen. Nun stehen sie ganz allein und haben umsonst gearbeitet. Ostersonntag / Ostermontag, 5. und 6. 4. 42 (siehe Chronik Seite 79) Dienstag, den 7. 4. 1942: Trübes Wetter. Morgens daheim, mittags zu Jäger nach Buch um wegen des Stubenbodens um Rat zu fragen. Die beiden Alten kondolierten mir und waren ebenfalls tief traurig. Er erzählte mir dann noch von seiner Wanderschaft nach Überlingen und in die Schweiz als junger Geselle. Abends mit Gretel in die Kapelle nach Oberwagenbach. Beten für Dörflingers Gebhard. Es regnete unaufhörlich. Mittwoch, 8. 4. 42: Morgens mit Alfred nach Ravensburg. Mußten etliches einkaufen und von Hans Vergrößerungen machen lassen. Trübes Wetter. Mittags nochmals zu Jäger. Abends zum Beten nach Oberwagenbach. Baumanns Georg auf Urlaub hier. Donnerstag, 9. 4. 42: Opfer für Dörflingers Gebhard. Mit Vater und Schmieds Johann nach Oberwagenbach. Ich ging mit Benteles Josef im Trauerzug. Dieser hat den Stellungsbefehl nach Ulm. Die Musikkapelle marschierte voraus. Es kamen immer mehr Leute hinzu. Marschalls Baptist kam in Bodnegg noch zu uns. Am Kriegerdenkmal hielt Mayenberger zu Ehren Gebhards eine Ansprache und legte einen Kranz für den gefallenen Kameraden nieder. Fast allen Versammelten kamen die Tränen. In der Kirche predigte der Kaplan, und anschließend Traueramt. Nachher sprach ich noch mit Heines Baptist von Alberberg. Er war zwei Jahre beim Wachregiment Berlin und ist nun in Stuttgart als Ausbilder. Als ich ihn das letzte Mal sah, war Hans noch dabei, vor 2 Jahren im Sommer an einem Sonntagmorgen im

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Amtzell. Das waren noch Zeiten. Schönes luftiges Wetter. Mittags war ich zu Hause und brachte um ½ 3 die Werkzeugkiste von Stotz ins Rosenharz. Freitag, den 10.4.1942: Schönes Wetter. Morgens nach Bodnegg aufs Rathaus. Holte Trauerbescheinigungen. Mittags Gretel und Rosa in die Stadt, holten mir eine Füllertinte. Vater fuhr nach Waldsee zur Viehversteigerung. Samstag, den 11. 4. 42: Wieder schönes Wetter. Herrliche Alpensicht den ganzen Tag. Ich flickte morgens mein Rad und putzte es gleich. Gegen Abend nach Bodnegg zum Fleisch holen und zur Näherin. Wunderbarer Abend. Die Alpen in seltener Klarheit. Und Hans kann das alles nicht mehr sehen. Sonntag, den 12. 4. 42: Heute vor einem Monat ist Hans tödlich verwundet worden. Schon wieder so lange her. O grausamer krieg. Morgens in die Frühmesse, wollte beichten, kam aber nicht mehr dazu, weil der Kaplan die Messe hatte. Dann mit Karle, Ergeten Heiner und Vater ins Amt. Nachher zu den 23-ern zum Nußbaumer. Es werden alle diese Woche noch eingezogen, die meisten nach Konstanz. Schmids Gebhard und Hansers Max nach Böblingen zu den Panzern. Wiggenhausers Ali nach Neu-Ulm. Ging dann mit Baumanns Georg bis zur Lachen. Wir sprachen über vergangene, bessere Zeiten und das harte Schicksal der 21-er. Ihm sind alle näheren Freunde und Kameraden gefallen. Von den dreien, die im Sommer 1940 eine Bergtour nach Oberstdorf machten, lebt nur noch er. Hans und Stübes Karle sind nicht mehr. Georg hat drei Wochen Urlaub. Mittags ging ich mit Flocks Karle zum Mausen mit den Pulverfallen. Erschreckten die Russen bei Schmids. Um 4 ging ich auf den Alpenblick, ging aber dann gleich wieder mit Stiebles Rudi herunter. Abends um 8 fuhr ich nochmals hinauf. Abschiedssaufen der 23-er. Baumanns Georg auch droben, Königs Eugen und Wellhäuser und Karle. Die andern kamen langsam nacheinander. Müllers Ludwig kommt nach Konstanz, Joos Mang, Sterks Gebhard, Marschalls Hugo, Küfer Karl kommen nach Böblingen. Baumanns Georg spielt auf der Ziehharmonika alte Weisen. Ich kann dabei nicht lustig werden, muss immer an frühere Erlebnisse, als Hans noch dabei war, denken, Ergeten Heinrich (Heinrich Hartmann?) und Schulers Hugo kamen noch zum Schluß. Um ½ 12 Uhr fuhr ich wieder heimwärts. Herrlicher Sternenhimmel, doch ein verflixter Wind. Montag, den 13. 4. 42: Stand erst um ½ 10 Uhr auf. Der Kaplan war gestern Abend bis um ½ 12 Uhr hier. Zeigte Farbaufnahmen mit seinem Projektionsapparat. Schaute sich unsere Grammophonplatten an. Ich schrieb am Morgen ins Tagebuch ein, mußte von Ostern ab nachtragen. Mittags um vier mußte ich mit Alfred einen Stier in Prestenberg holen. Abends nach Bodnegg zu Schlosser Hummel wegen der Gefallenentafel. Dann setzte ich das Sterbebildchen für Hans auf. Gretel machte den Artikel für die Zeitung. Trostbrief von Tante Boley an Mama. Dienstag, den 14. 4. 1942: Schönes, windiges Wetter. Vater fährt am Morgen aufs Rathaus und in die Stadt wegen Hans. Ich fuhr Mittags ebenfalls nach Ravensburg. Hatte vom Vesper bis zum Mittagessen Hopfen mit Marte und Andreas im hinteren Garten aufgehackt. Fuhr zuerst zum Müller nach Sigmarshofen, dann in die Stadt. Holte auf der Druckerei am AdolfHitler-Platz die Trauerbriefe für Hans. Ließ mir die Haare schneiden. Zu Hause adressierte ich die Trauerbriefe an die Verwandten. Mittwoch, den 15.4.42: Schönes, aber windiges Wetter. Morgens war ich in der Stube und las. Mittags las ich im hinteren Hopfengarten die Flexen auf. Um 7 Uhr fertig. Abends machten Karle und ich mit Rosa Blödsinn. Donnerstag, den 16. 4. 42: Wieder ein kalter Wind. Morgens wieder in der Stube. Mittags las ich im vorderen Garten Flexen auf. Warf Gretel, Rosa und Luise Bodenbollen nach. Abends musste ich von Vater aus zu Stärk ins Steinhaus und Fischers im Fricker. Freitag, den 17.4.42: Morgens las ich noch die restlichen Flexe im vorderen Garten auf und richtete im Kleeacker über dem Hopfengarten die Schießmausfallen. Mittags mit Helgale zu

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Horn. War hier halb 6 dort. Beklagten das Schicksal von Hans. Fliegeralarm. Wind hat ein wenig nachgelassen. Samstag, den 18.4.42: Trübes Wetter. Vater in der Stadt. Marte und Andreas beschütteten die vordere Halde. Ich mußte die Pumpe abstellen. Ins Tobel. Der Pfarrer kurz da. Mittags musße ich nach Krumbach zum Bäcker. Nachher noch nach Bodnegg zu Stelzer, Weißhaupt und Brugger und Stiebles Rudi. Sonntag, den 19.4.1942: Morgens beichten und kommunizieren. Dann mit Karle ins Amt. Regenwetter. Für Hans betete man die Scheidegebete. Mittags wieder in die Andacht und den Rosenkranz für Hans, Dann holte ich auf dem Alpenblick meinen Hut vom letzten Sonntag her. Gegen Abend schönes Wetter. Freitag, den 8.5.1942: In Deutsch wurde eine japanische Novelle vorgelesen: Pflicht. In Musik: Geschichte. Mittags wieder auf der Terrasse lesen: „Friedr. d. Große“. Sehr heiß. Erhielt von Boleys Ernst aus Mittenwald einen Brief. Wollte mich trösten. Samstag, den 9.5.1942: Englischarbeit über Cromwell. In Geschichte die französische Revolution. Lateinarbeit zurück: 3 Mittags wird das Wetter schwül. Auf der Bibliothek, dann las ich mit Plato auf der Terrasse. Abends ein Gewitter, ich las Seydlitz von Eckhard v. Naso, ein Buch über die Schlesischen Kriege und die Leidenschaft eines Reiters. Sonntag, den 10.5.1942: Nun ist es schon 2 Jahre her, dass der Westfeldzug begann. Und Hans ist nicht mehr. Wegen der vormilitärischen Ausbildung schon um ¼ nach 7 wecken. Ich las den Seydlitz zu Ende, ein leidenschaftliches Buch. Morgens lag ein Nebel über dem See. Nach dem Essen ging ich mit Bützner auf den Ödenstein und las. Dann spazierte ich mit ihm den Höhenweg durch den schönen schattigen Laubwald nach Unteruhldingen. Um 4 Uhr gingen wir den See entlang zurück. Hörte dann im Spielzimmer Radio. Nach dem Abendessen schrieb ich Boleys Hella einen Brief. Um 9 Uhr mit Schneider die große Kurve hinunter. Mittwoch, den 13. 5. 42. Die erste Stunde frei, in der 3. und 4. Stunde Mathematik, in der 5. frei. Mittags aufs Wirtschaftsamt. Dann knipste ich die M. H. J. beim Knoten und Winken. Schwül-heißes Wetter. Von zu Hause ein Päckchen. Donnerstag, den 14.5.42: In der Schule nichts besonderes. Mittags eine Karte von Mama. Von Hans sind die Nachlaßsachen zurückgekommen. Er hat ein Tagebuch geführt. Der Leutnant schrieb, er hätte nach seiner Verwundung noch gesagt: „Bis zur Offensive komm ich wieder!“ Hans, was hast du uns angetan? Mama schreibt, daß es ihr fast das Herz zerrissen hätte. Freitag, den 15.5.42: Riester hat Geburtstag. Musik. Kuli tobte wegen dem Krach. Wir schrieben eine Englischarbeit über Cromwell. Schlechtes Wetter. Samstag, den 16.5 42: In der Schule nichts besonderes. Mittags plötzlich schönes Wetter. Fuhr mit Keßler nach Schloß Heiligenberg und besichtigte das Salemer Münster. Abends um 8 Uhr zurück. Hans kann das alles nicht mehr sehen. Sonntag, den 17. 5.42: Morgens trug ich ins Deutschheft ein. Mittags ging ich allein auf den Friedhof zur Friedrichshöhe, dann zum Denkmal auf den Lerchenberg. Las dann am See „Der König und die Kaiserin“. Abends schon früher als die anderen ins Bett. Montag, den 18. 5. 1942: Welch ein Tag. Vor 2 Monaten gingst Du, o Hans, zur großen (Im Merker 1941am Schluß eingelegte Blätter brechen hier ab).

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Kleines Tagebuch ohne festen Umschlag: Meinem Bruder Hans, gefallen am18. 3. 1942 an den Folgen einer schweren Verwundung, die er am 12. 3. in den harten Abwehrkämpfen an der Ostfront erhielt, der nun in Barewo bei Staraja Russa für immer ruht. Bruder, in ewig tiefer Pause feiern alle Deine Hoffnungen; oft erwärmt die Sonne Deinen Hügel. Ihre Glut empfindest Du nicht mehr. Seine Blumen wiegt des Ostwinds Flügel, sein Gelispel hörest Du nicht mehr. Liebe wird Dein Auge nie vergolden, nie umhalsen Deine Braut wirst Du. Nie, wenn unsere Tränen stromweis rollten, ewig, ewig sinkt Dein Auge zu. (aus „Elegie auf den Tod eines Jünglings“, Schiller. Pfingstsonntag, den 24.5.1942: Zu Hause. Es regnet. Mit Karl ins Amt. Traf Götzes Bene und Benteles Sepp. Haben nur 2 Tage Urlaub. Nachher beim Nußbaumer mit Hugo und den anderen. Mittags um 4 Uhr mit Karle auf den Alpenblick. Schrieb Boleys Ernst eine Karte auf dem Aussichtsturm. Die 2 Soldaten kamen zum Schluß. Begleiteten sie bis zu Biesenberger. Das Wetter ist schön geworden. Pfingstmontag, 25.5.42: Mit Karl ins Amt. Schönes Wetter. Nachher mit den beiden Kameraden zu Nußbaumer. Bald nach Hause. Mittags, etwa um 2, spannte Karle Fritzle ein und wir machten auf dem Rennwägle eine Rundfahrt, einfach herrlich: Oberwagenbach, Boselberg, Amtzell, Korb, zu Agnes nach Rotheidlen, dann über den Bruderhof heim. Dort schossen wir dann mit dem Revolver. Um halb 8 fuhr ich wieder nach Meersburg. Schlug ein anständiges Tempo an. Um halb 10 Uhr hier. Nun sind diese wunderbaren Tage auch schon wieder vorbei, die letzten meiner Jugend. Und Hans kann das alles nicht mehr erleben, ich kann es einfach nicht begreifen. Dienstag, den 26. 5. 42: Mir ist es hundsmiserabel. Lag den ganzen Vormittag mit Rosenfelder im Krankenzimmer. Mittags war Götte kurz da. Abends Abschiedsfeier im „Wilden Mann“ für Weckerle und Kramer, die am 3. 6. zur Marine als Offz. Anwärter einrücken. Mir wurde es wieder schlecht, verließ die frohe Runde vor Schluß. Mittwoch, den 27. 5. 42: In Deutsch referierte Röhrbach über „Die Leiden des jungen Werther“. Im Turnen Völkerball. In der 1. Stunde begleiteten wir Weckerle zum Hafen, Abschied auf wie lange Zeit? Mittags zu Hause, schrieb Deutsch ein. Götte kurz da. Wieder Blödsinn mit Papst. Donnerstag, den 28. 5. 1942: Deutscher WB: Bei Charkow 3 sowjet. Armeen eingeschlossen. In Geschichte die preußische Reform. Deutsch auf der Terrasse. Rosenfelder referiert über „Egmont“. In Musik sprachen wir über das Oratorium. Herrliches Wetter. Die unteren Klassen bei der Heilkräutersammlung. Bekam „Der liebe Augustin“ von der Deutschen Buchgemeinschaft. Hatte Mittags mit Stotz und Plato eine Diskussion über Katholizismus und Nationalsozialismus. Abends erhielt ich von Boleys Hell. Einen Brief. Ich will mich einer Äußerung enthalten. Im nördlichen Eismeer 96000 BRT. Freitag, den 29. 5. 42;. War in Chemie dran. Fiel angenehm auf. In Deutsch Egmont fertig. Englischarbeit zurück: 3 – 4. Trübes Wetter. Mittags Götte kurz da. Brachte meine Wäsche in die Unterstadt. Wollte heimfahren, es fing an zu regnen. WB: Kesselschlacht bei Charkow beendet. 165000 Gefangene, 517 Tanks,1180 Geschütze erbeutet und ungezähltes anderes Kriegsmaterial. Samstag, den 30. 5 42: H.J. Sportfest. Wir mußten nicht mehr mitmachen, ich stand schon um halb 7 auf und fuhr um halb 8 weg nach Hause. Um 11 Uhr war ich daheim. Holte mit Mama und Hilde schöne Setzlinge. Mittags Sondermeldung: Vernichtungsschlacht bei Charkow beendigt.. Ich stelle den Wochenbericht zusammen. Um 5 lud ich Heinzen mit Karle. Dann setzten wir Kohlraben auf den Acker beim Tobelholz. Brachte Mittags ein Paket zur Post.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Sonntag, den 31. 5.1942: Morgens mit Karle zur Kirche, nachher gleich nach Hause. Mittags zum H. J. Sportfest in Bodnegg auf den Platz unterhalb Schlosser Hummel. Guckte den BDM-Mädchen beim Weitsprung zu, dann den Boxkämpfen, nachher bei der „Siegerehrung“ mit Königs Eugen. Noch kurz beim Kaplan, um 5 Uhr wieder zu Hause. Gewitter kommt auf. Sondermeldung: 166 000 BRT von einem U-Boot versenkt. Um halb sieben fuhr ich nach Meersburg weg. Zweimal mußte ich wegen des Regens bei Friedrichshafen unterstehen. Hatte1 ½ Stunden Aufenthalt. Um ¾ 10 hier. Butscher schon seit dem Samstag in Meersburg. Immer noch der gleiche. Er lag zu mir und Vetter ins Gräble, sprachen bis 12.15 Uhr. Montag, den 2. 6. 42: Nun ist der schöne Mai schon wieder vorbei, der letzte in Meersburg. Wie geht es doch so schnell. Schrieben einen Deutschaufsatz: „Der soldatische Mensch“. Das deutsche Männerideal. Katastrophal. Mittags mit Botsche, Stotz, Keller in den Wilden Mann und ans Schiff. Abschied von Kramer. Abends nach dem Nachtessen mit Frosch, Manz, Huber, Stotz, Reiser, Vetter und Keller in den Becher und ins Strandcafé. Botsche bekam einen Affen, legte sich zu Stotz ins Bett, schwere Gaudi. Im Mai insgesamt 924 000 BRT versenkt. Dienstag, den 2. 6. 42: Die ersten zwei Stunden zeichneten wir das Obertor. Botsche auch dabei. In Geschichte hielt ich den Wochenbericht. Dann begleiteten wir Botsche zum Hafen und nahmen wieder Abschied von ihm. Wann wir uns wohl das nächstemal sehen werden? Ob wir überhaupt noch mal zusammenkommen? Wohl nicht mehr. Er kommt auf den Dampfer „Lappland“ auf große Fahrt, der als Blockadebrecher nach Norwegen fährt. Mittags nach dem Essen schippte ich Kohlen, dann im Studiersaal. WB: 59 Britische Flugzeuge bei Einflügen ins westliche Reichsgebiet abgeschossen. Ein deutscher Panzergeneral ist in Nordafrika abgeschossen und gefangen genommen worden. Mittwoch, den 3. 6. 42: Herrliches Wetter. Knipste das Alte Schloß. In Physik tobte Stutzmann, weil wir die Matheaufgaben gemeinschaftlich gemacht haben. In der letzten Stunde Völkerball. Neuer Erlaß: Die 24-er, die sich nicht als Offiziere melden, werden am 1. Juli zum RAD eingezogen, es bleiben also nur 2 da, Werner und Huber. Es geht alles auseinander. Die Schulzeit im schönen Burgenstädtchen wird bald zur Vergangenheit zählen. Brief von Boleys Ernst. Muß schwer herhalten. Hat eine ziemliche Einbildung. Immerhin schafft er es damit. Für einen guten Freund ist er zu egoistisch. Mittags zum Friseur. Wollte zum Zahnarzt, abends um 6 kam Tante Paula. Nach 7 hörte ich am Radio Valentin. Donnerstag, den 4. 6. 42: Herrliches Wetter. In Geschichte die Befreiungskriege. In den letzten 2 Stunden eine Lateinarbeit. Mittags gleich zum Zahnarzt. Las: „Der König und die Kaiserin“. Erhielt vom Bodnegger Kaplan aus Stuttgart eine Karte. Ich war sehr erstaunt. An der Ostfront nichts besonderes. Bremen von stärkeren britischen Luftstreitkräften angegriffen. Freitag, den 5. 6. 42: In Deutsch referierte Vetter über den jungen Schiller, wurde abgesägt. In Musik nahmen wir Bach durch. Mittags um 2 mit Stotz zum Zahnarzt, bis 4 oben. Japanischer WB: Unterseeboote griffen einen Hafen auf Madagaskar an und beschädigten ein Schlachtschiff und leichten Kreuzer schwer. Ebenso wurde der Hafen von Sydney angegriffen. Samstag, den 6.6.42: In Latein las Füll Übersetzungen vor. Mathearbeit. In Geschichte der Wiener Kongress. Herrliches Wetter. Furchtbar heiß. Fuhr nach Überlingen zu Tante Fanny. Um 5 Uhr wieder zurück, kehrte in der Tangente ein. Nach dem Nachtessen mit Ratzer zum Weintrinken, hatte ein bißchen hoch, ruinierte mein Bett. WB: In Köln 300 Tote bei dem Angriff. Sonntag, den 7. 6. 42: Wunderbares Wetter. Mit Schmieder zuerst an der Kirche vorbei spazieren. Fronleichnam. Traf bei Marschall, welch glücklicher Zufall, Baumanns Georg, der gerade auf dem Heuberg stationiert ist und nun über den Sonntag mit seiner Gruppe einen Ausflug hierher machte. Gingen zum K..., dann ins Strandbad, tauschten Erinnerungen aus. Nach dem Essen wieder dorthin. Um 2 begleitete ich ihn ans Schiff. Abschied. Wenn ich ihn

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ sehe, muss ich immer an den lieben Hans denken, der Erinnerung wegen ist er mit teuer. Nachher wieder ins Strandbad, das erstemal im See getummelt, mit Huber, Werner, Klas und anderen auf dem Rasen. Vetter hat den Stellungsbefehl auf den 1. 7. nach Heilbronn. Nach dem Abendessen zog ich mich um und besuchte mit Ratzel die Gaststätten Becher, Bären, Wilder Mann. Dort bekamen wir nichts, dann mit Patzer ins Strandcafé, Café Hummel, dann ins Schiff. Zum Schluß nochmals in den Becher mit Stotz und Schmieder. Leichter Glanz. Montag, den 8. 6. 42: Physik schwänzte ich. Im turnen ins Strandbad. In Englisch war der Rex da und prüfte Benz. Dienstag, den 9. 6. 42: Im Zeichnen Kunstgeschichte: Unser Neues Schloß. Ein höheres Tier aus Karlsruhe hielt Visitation, ungefährlich. In Latein prüfte der Rex Benz, tobte gewaltig, Benz wollte abhauen. Mathematikarbeit zurück: 3. In Geschichte nahmen wir die Romantik durch. Man könnte darüber so viel sagen, und da wird es in Form von Phrasen heruntergeleiert. Mittags holte ich meine Wäsche in der Unterstadt. Hörte dann am Radio klassische Musik von Beethoven. Egmont. Mittwoch, den 10.6.42: In Latein hörten wir von Vergil. In Deutsch Referat über Jahn und Arndt. Regenwetter. Nach dem Essen zum Zahnarzt, plagte mich nicht schlecht. Brief von Mama. Aus jeder Zeile spricht der Schmerz um unseren lieben Hans, der doch nicht wiederkommt. Unerbittlich und hart ist das Schicksal. Nun ist es schon 2 Jahre her, daß ich in Seemoos war. Donnerstag, den 11. 6. 42: Die Japaner machten einen Überraschungsangriff auf Pearl Harbour. 2 amerikanische Flugzeugträger versenkt. Truppen auf den Aleuten gelandet. 1 jap. Flugzeugträger und 1 Kreuzer beschädigt. – Harte Kämpfe um Sewastopol. In Geschichte die Demagogenverfolgung, in Latein Vergil. In Deutsch hielt Vetter zum letzten Mal ein Referat, er fährt am Samstag nach Hause. Mittags von zu Hause ein Paket. Schönes Wetter. Droben führten Plato, Probst, Riegel und ich einen Universitätsprofessor aus München im Haus herum. Freitag, den 13. 6. 42: In Deutsch hielt Plato einen Vortrag über (?). In Musik Haydn. Mittags zum Zahnarzt. Nach dem Nachtessen mit Vetter zur Abschiedsfeier. Platzregen. Gab fast keinen Wein. Er ist der Dritte. Wann wir wohl dran kommen? Lange wird es nicht mehr dauern. Zum Schluß waren die meisten leicht beschwipst. Große Gaude. Samstag, 13. 6. 42: In der 1. Stunde begleiteten wir Vetter ans Schiff. Den Panzer wären wir los. Stutzmann wird versetzt. Prüfte uns dem Alphabet nach in Physik und Mathe. Katastrophe. In Englisch eine Übersetzungsarbeit. Mittags windiges Wetter. Tante Paula abends da. Es kam wieder zum Regnen. Sonntag, den 14. 6. 42: Morgens mit Schmieder in der Kirche, dann am Hafen und am Känzele. Mittags zu Rad nach Wollmatingen, war dort 3 Stunden, gingen zu Großmutters Grab. Vorbeimarsch der H.J. in Konstanz vor dem Gebietsführer. Es regnete. Um 7 Uhr mit dem Schiff nach Meersburg, dann mit Schmieder in den Ratskeller. Früh zu Bett. Montag, den 15.6.1942: .In Physik neuer Schiffer, Stutzmann lässt sich Gott sei Dank nicht mehr blicken. Lander hat Hochzeit. Mittags arbeitete ich an meinem Referat „Die Brüder Grimm“. Machte mit Willmann Blödsinn. WB: In Einkesselungen östlich Charkow bisher 20 000 Gefangene. In Nordafrika die englischen Truppen südlich Tobruk eingekesselt. Vier Kreuzer eines Geleitzuges versenkt, 1 Schlachtschiff und 1 Flugzeugträger von italienischen Fliegern schwer beschädigt. Dienstag, den 16.6: Regenwetter. Bei Rottweiler Kunstgeschichte. Wir sprachen auch übers Wandern und die Schönheit unserer Heimat. Besprachen das Barock. Lateinarbeit zurück: 4 In Geschichte nahmen wir den deutschen Zollverein durch. Mittags las ich und bereitete das Referat vor. Mittwoch, den 17.6.42: In Deutsch referierte Röhrenbach über den „Prinz von Homburg“. In der letzten Stunde Völkerball. Wetter zum Verrücktwerden. Daheim können sie ja nicht heuen. Mittags mit Schmieder zum Zahnarzt. WB: Harte Kämpfe um Sewastopol.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Donnerstag, den 18.6.42: Seit 1 ½ Wochen zum erstenmal wieder schönes Wetter. In Geschichte die 48-er Revolution. In Chemie fiel die Klasse wieder mal auf. In der 6. Stunde Völkerball. Mittags zum Zahnarzt, um 4 zum Sport: auch Völkerball. WB: Ins nördliche Befestigungssystem von Sewastopol eingebrochen. U-Boote versenkten 105 000 BRT im Atlantik. In Nordafrika Verfolgung in Richtung Bardia. Freitag, den 19. 6. 42: In Geschichte mit dem Buch fertig. In Deutsch referiert Manz über die Räuber. In der letzten Stunde Völkerball auf der Terrasse. Schmieder will morgen verschwinden. Las Mittags über die Brüder Grimm. Abends Abschiedsfeier. Zuerst bis 10 Uhr im Wilden Mann (besoffener Fischer randalierte). Dann in den Becher. Große Gaudi. Hetze gegen Plato, der bei den Lehrern sitzt. Fleming schlägt sein Glas kaputt. Alle beschwipst. Samstag, den 20.6. Herrliches Wetter. Brief von Mama. Aus jeder Zeile spricht der Schmerz um Hans. Ein Kamerad des lieben Gefallenen schrieb, daß er 4 Tage nicht abtransportiert werden konnte, weil sie eingeschlossen waren. Hans lebte also noch, wäre er schnell in ein Lazarett gekommen. Es ist hart, dies zu erfahren. Ich hätte doch früher nie daran gedacht, daß er nicht mehr zurückkehren sollte. Soll denn unser Name wirklich auf unserem schönen Hofe aussterben? So langsam erkennt man: Es wird einem nichts geschenkt auf der Welt. Ging Mittags mit Fleming nach Unteruhldingen zum Baden. Schmieder, der nicht fehlen durfte, kam später. Wir stießen Steine und machten über einen Strauch Hochsprung.. Dann erleichterten wir einen in der Nähe stehenden Kirschbaum. Um 5 wieder zu Hause. Nach dem Nachtessen zog ich mit Schmieder Richtung Riedetsweiler los, suchten zuerst Erdbeeren und klauten dann Kirschen. Das war ein Tag wie in Schillers Räuber im böhmischen Wald. Sonntag, den 21.6.42 : Herrliches Wetter. Am Morgen in der Kirche, dann auf de Terrasse. Reger Segelbetrieb auf dem See, darunter 4 Kutter aus Seemoos. Nach dem Essen mit Vetter nach Unteruhldingen zum Baden, dann wie gestern Abend an den gleichen Platz zum Kirschen klauen. Abends nach dem Essen mit Patzer ins Strandcafe. Retzel und Bützner kehren aus Stuttgart zurück. Sondermeldung: Tobruk, die letztes Jahr vergeblich heiß umkämpfte Festung von deutschitalienischen Verbänden gestürmt. Besatzung kapituliert. Bardia ebenfalls eingenommen. Rommel Generalfeldmarschall. Montag, den 22.6.42: Was für Erinnerungen weckt dieser Tag. Als begeisterter Soldat, im Glauben an den raschen Sieg, zog vor einem Jahr mein lieber Hans über die russische Grenze. Was mußte er alles durchmachen im festen Vertrauen, wieder auf den schönen Hof im schönen Schwabenlande zurückzukehren. Bauer, wie unsere Väter zu werden, unseren Namen fortzuführen, seine liebe Pia einmal heimzuführen. Ein Tag hat alle diese Hoffnung zunichte gemacht. Und ich kann und darf doch sein Erbe nicht antreten. Warum, das bleibt Geheimnis. Schicksal, wie viel Leid, wie viel Schweres hast du mir aufgegeben, schweigend zu tragen. Doch ist mein Los bis jetzt immer noch besser als das, dem Hans zum Opfer fiel. Ich müßte diesen Krieg, diesen Moloch verfluchen, wäre ich nicht der festen Zuversicht, daß alles Blut und alle Tränen nicht umsonst geflossen sind, daß es für ein größeres deutsches Reich, dem des Mittelalters gleich, geschehe. Und sollte, was ich nicht hoffe, auch nicht glauben kann, der Herrgott droben uns den Sieg nicht schenken, dann bleibt immer noch das Opfer der letzten Getreuen, unter denen ich sein werde. Denn wofür haben uns Helden wie Roland, die Nibelungen, Friedrich der Große und die Heroen des Weltkrieges Beispiele für Tapferkeit bis zur Selbstaufopferung gegeben: Daß wir ihnen nachahmen und uns ihrer würdig erweisen. Über allen aber steht mir das Vorbild meines Hans. Herrliches windiges Wetter. In Deutsch lesen wir die Räuber zu Ende, ein großartiges Schauspiel, groß in seiner Tragik. Mittags von Ernst wieder einen Brief. Zum Zahnarzt. Dienstag, den 23.6.42: In den ersten zwei Stunden zeichneten wir das Obertor. Rottweiler ist mir der liebste Lehrer. In Latein eine Arbeit, Rede des Cicero. In Geschichte las May über Bismarck vor. Mittags zum Baden ins Schulbad. Zum erstenmal dieses Jahr dort. Stotz und Keller warfen Steine auf die Querstange, wie die Kinder. Arbeitete mein Referat über Grimm.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Mittwoch, den 24.6.: Engel regte sich in Englisch auf, weil ich mich entschuldigte. Deutschaufsätze zurück. Den ersten Vierer seit ich hier bin. In der letzten Stunde mit Belami zum Baden ins Strandbad. Ich ging bald, weil meine Badehose kaputt war. Mittags holte Götte das Sach ab, das von zu Hause für ihn bestimmt war. Von Boleys Hella einen Brief. Antwortete ihr ausführlich. Stotz und Retzel in Erntehilfe. Donnerstag, den 25. 6. 42: In Geschichte über Bismarck, in Erdkunde über „Wissenschaft bricht Monopole“. In der 6. Stunde Völkerball auf der Terrasse. Bützer und Farrenkopf in Erntehilfe, wollen den Aufsatz nicht schreiben. Mittags Zahnarzt, dann sammelte ich aus „Mein Kampf“ Stoff für den Hausaufsatz „Propaganda als Waffe im Krieg“. WB: In Nordafrika stießen deutsch-italienische Verbände bis Barein vor. Freitag, den 26.6.42: Wir unternahmen mit Rottweiler zu 11 Mann einen Ausflug per Fahrrad nach Salem. Fuhren um halb 9 Uhr weg bei trübem Wetter. May und ich klauten nach dem Deisendorfer Wald Kirschen, über Mühlhofen und Mimmenhausen. Vor einem Monat blühte noch alles als ich mit Plato nach Heiligenberg fuhr. Um halb 10 in Salem. Stotz und Retzel erwarteten uns. Rottweiler besprach zuerst die Entstehungsgeschichte des Klosters, dann besichtigten wir das Münster und die alten monumentalen Klostergänge und Säle. Um 12 Uhr Mittagessen im Schwanen (Suppe und Bratkartoffeln mit Salat). Dann fuhren wir über die Höhe nach Uhldingen, besichtigten den Marktplatz, den alten Rathaussaal. Stammt aus der Renaissance, sehr eindrucksvoll. Anschließend das Münster. Als wir wegfuhren, bekam mein Fahrrad Platte. Ich fuhr auf dem Schiff um 16.25 Uhr nach Meersburg. Die andern sahen sich noch Birnau an und klauten mit Rottweiler Kirschen. Ich schrieb Abends bis zum 10 mit Schmieder den Hausaufsatz fertig. Deo gratias. Samstag, den 27.6.42: Lateinarbeit zurück: 3 – 4. In Deutsch hielt Schmieder sein Referat über Humboldt. Mittags Bibliothek, dann im Schulbad. Wir verkauften Bücher an die 6. Klasse. Schrieb Botsche und Hartlieb Briefe. Keller erhielt morgens seinen Stellungsbefehl zum RAD. Muß sich am 6.7. in Neubreisach bei Kolmar stellen. WB: In Afrika vorgestoßen. Direkt phantastische Erfolge. O Hans, daß du nicht mehr lebst: O Jammer! Manchmal fühle ich mich so einsam, mein Bruder, dem ich vertraute, der mir wirklich teuer war, warum verließest du uns! O grausames Schicksal. Sonntag, den 28.6.42: Herrliches Wetter. Zuerst in der Kirche, dann auf dem Sportplatz. Handballspiel BDM Friedrichshafen gegen Meersburg, 8 : 2. Mittags ins Schulbad. Wetter wird trüb. Abends schrieb ich Briefe und vollendete das Referat über die Brüder Grimm. Montag, den 29. 6. 42: In Biologie mit unserem Stoff fertig. Sprachen mit Lander über den Lehrerberuf. Bischoff da, erzählte von seiner Tätigkeit, hörte meinem Referat zu. Englisch fällt aus. Spielten Völkerball. Retzel und Riegel den Stellungsbefehl zum RAD, ebenfalls Schmieder. Er kommt nach Gent. Las Mittags: „Scharnhorst“ von Jelusich, abends Abschiedsfeier in allen Lokalen. War richtig drauf. WB: Marsa Matink (Marsa Matruh) genommen. Dienstag, den 30.6.42: In Zeichnen besprach Rottweiler das Barock anhand von Bildern. Reiser und Lützow den Stellungsbefehl zum RAD. Latein fällt aus. In Mathe ließ Burkhardt über den Norwegenfeldzug vorlesen. Geschichte fiel aus. Wir begleiteten Mittags die Scheidenden : Riegel, Retzel, Schmieder zum Schiff. Um 3 nach Konstanz zum Götte. Abends wieder Abschiedsfeier bis 11 Uhr. Zuerst im Strandcafe, dann im Schützen. Röhmbach brachte Wein mit. Nebenan Bauernversammlung. Wir konnten uns nicht austoben, tranken dafür umso mehr. Schlei und Rudolf am Fenster. Gab nachher Krach. Leicht benebelt. Mittwoch, den 1. 7. 42: Wirklich schöner Ausflug mit Rottweiler nach Schloß Heiligenberg. Vorher Abschied von Reiser. Aufnahmeprüfung der Kleinen. Fuhr die meiste Zeit mit Manz, er wusste mit Patzer und Flaig die Abkürzungen die Steige hinauf, schwitzten wahnsinnig. Die anderen kamen 20 Minuten später. Tranken im Hotel Winter Erfrischungen, Schloß keine Besichtigungen, müssen bis um 2 Uhr warten. Gingen auf eine Wiese und sonnten uns. Um 1 Uhr in den Bayerischen Hof zum Mittagessen. Dann ins Schloß. Ein Mädchen übernahm die

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Führung, wurde von uns schwer aufgezogen. Ein fabelhafter Rittersaal. Nachher fuhren wir heim, ich als Letzter, klaute bei Deisendorf Kirschen. Um halb 5 zu Hause. Kaufte mit Werner Kirschen. Schaffen tun wir seit Samstag nichts mehr. Die Schulzeit ist praktisch vorbei. Fünf und ½ Jahr sind wir nun hier und nun zerstreuen sie sich in alle Winde. Hatte Abends Krach mit Bangratz, drohte mir mit Rausschmeißen. Er brüllte im Waschsaal wie wahnsinnig. Sondermeldung: Sewastopol ist gefallen. Deutsche und rumänische Truppen rücken in die Stadt und die stärkste See- und Landfestung der Welt ein. Generaloberst Manstein zum Generalfeldmarschall befördert. Donnerstag, den 2. 7. 42: Kartoffelkäfersuche der ganzen Schule, schwüles, heißes Wetter. Wir 7 der Klasse 7 gingen mit 6 a und 6 b mit Belami und Burkhardt Riedetsweiler zu. Wir suchten links der Straße. Klauten Kirschen. Hinter Riedetsweiler warteten wir auf die andern. Um 12 Uhr in Meersburg. Marschierten gröhlend ein. Es kam zum Regnen. Mittags trug ich Erdkunde nach. Um halb 5 bei Zwießler. Mußten ihm den Hergang der Krachs erzählen. Farrenkopf kam zu spät ins Studium, fiel auf. Wir dürfen mit Lützow keinen Abschied feiern. Freitag, den 3.7.42: In der ersten Stunde Abschied von Lützow. In Deutsch beendigte ich „Die Brüder Grimm“. Lasen dann den „18. Oktober“. In Musik ließ Burkhardt über den Norwegenfeldzug vorlesen. Mittags ging ich zum Zahnarzt. Sprach ein Weilchen mit Gertrud. Ein solches Mädchen findet man selten. 2 Stunden bei Koch. Fertig. Dann trug ich Kleist ins Literaturheft ein. Wechselndes Wetter. WB: Die russische Front in 300 km Breite aufgerissen. Samstag, den 4. 7. 42: In Mathe ließ Burkhardt über den Norwegenfeldzug vorlesen. In Geschichte Wilhelm I. In der großen Pause auf die Direktion. Der Polizist knöpfte mir 3 Mark ab. Ich hatte eine Sauwut auf Bangratz, dann Galgenhumor. In der letzten Stunde lasen wir den „18. Oktober“ zu Ende. Mittags mit Stotz ins Schulbad. Nach dem Nachtessen mit Stotz bis 10 Uhr Riedetsweiler zu spazieren. Sonntag, den 5. 7. 42: Herrlicher Morgen. Ich zog, weil es der letzte Sonntag in Meersburg ist, meinen schwarzen Anzug an. Zuerst marschierte ich die große Kurve ein Stück hinunter, ein herrlicher Ausblick auf unsere Schule. Dann mit Röhr auf den Ödenstein. Nachher mit Stotz zum letzten Mal in Meersburg zur Kirche. Nachher auf der Terrasse, mittags wieder draußen, dann mit Stotz ins Schulbad. Patzer ist abgereist. Um halb 6 hörte ich im Radio das Meisterschaftsspiel Schalke 04: ... Wien, 2 : 0. Nach dem Abendessen mit Werner und Stotz, in Räuberzivil, im „Wilden“ und im Strandcafe. Probst kam nochmals, vom Fußballspiel. Montag, den 6. 7. 42: In der 3. Stunde wieder Abschied: Von Probst. Stutzmann wieder da, wurde gleich wieder blöd und fing mit der Wurfparabel an. In Deutsch und Turnen mit Belami ins Strandbad. Mittags packte ich und „arbeitete“ an meiner Zeichnung. Dienstag, den 7.7. 42: Trübes Wetter. Das letzte Mal Zeichnen. Isenheimer Altar. Verabschiedeten uns am Schiff kurz vor Röhrenbach. In Latein Übersetzung. In Mathe hörte Stutzmann nochmals ab, bombte Manz und Huber ab. Geschichte fiel aus. Packten Mittags wieder. Abends exerzierten Werner, Flaig und ich die Kleinen aus der 3 a im Schlafsaal. WB: Woronesch gefallen. Dienstag, den 8. 7. 42: Herrliches Wetter. In deutsch besprachen wir wieder den „18. Oktober“. Letztes Mal Englisch. In Turnen auf der Terrasse Völkerball. Mittags packte ich wieder. Nach dem Nachtessen mit Flaig Richtung Friedrichshöhe. Herrliche Abendstimmung. Nachher für die Kleinen im Schlafsaal wieder „vormilitärische“. Rosenfelder und Stotz im Wehrbezirkskommando, schwindelten uns an. Mit Werner und Flaig nach dem Nachtessen zum Baden ins Schulbad. Donnerstag, den 9. 7. 42: Wunderbarer Morgen. Nun sind wir noch 2 Tage hier, wie schnell vergingen doch diese 5 Wochen im Burgenstädtchen. Schon Ferienstimmung. Abschied von Zwießler. Morgens mit Keßler, Werner und Flaig nach Konstanz zum Augenarzt. Aßen in der Post zu Mittag. Ich fuhr dann nach Radolfzell, besuchte zuerst Tante Helene, dann Tante

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Marie und Onkel Gebhard. Um 7 Uhr zurück. Schöner Ausblick durchs Zugfenster auf die Reichenau. Um 9 Uhr wieder in Meersburg. In Konstanz verabschiedete ich mich noch von Götte. Freitag, den 10. 7. 42: Wunderbares Wetter. Wir fragten von der Schule frei wegen des Packens. Faulenzten den ganzen Vormittag. Schrieb die polizeiliche Abmeldung. Nun ist es also aus. Die schöne Schulzeit! Mittags um3 Uhr Schlußfeier. Oster machte sich reichlich lächerlich. Ich mußte nachher zur Flaggenparade antreten lassen und melden. Das Zeugnis ist ganz ordentlich. Abschied von allen Lehrern. Mit Stotz nachher zur Post. Platzregen mit Gewitter. Nach dem Nachtessen, dem letzten hier, mit Flaig, Keßler und Stotz im Regen in den Becher und Ratskeller. Huber, Werner und Rosenfelder trafen später ein, Belami stieß auf uns und soff mit. Toll besoffen, kann nicht nach Hause. Nachher noch bis halb 12 Uhr in den „Wilden Mann“. Zu Hause randalierten Flaig und ich. Glatzer kam wutschnaubend, ich verzog mich, schlief im Aufbaulehrgang und bei Keßler unten. Morgens nach droben. Die ganze Nacht Krach im Haus, toll ging es zu, wie noch nie bisher. Samstag, den 11. 7. 42: Die Schule ist aus. Wir sind frei und haben das Notabitur in der Tasche. Jetzt mit Volldampf zum Kommis. Morgens Abschied von den Kameraden. Keßler, May, Stotz, Flaig und Werner fuhren schon um 6 Uhr weg. Ich brachte mein Rad zur Bahn und war bei Frau Dr. Glan. Windiges Wetter. Nun ist es endgültig vorbei. 5 ½ Jahre drückten wir uns hier herum. Schön war es doch! Nun sollen wir hinaus ins Leben. Hoffentlich fällt es mir nicht so schwer. Abschied von Stotz, dem besten Kameraden, dann von Keßler und May. Um 12 Uhr nur noch Farrenkopf, Flaig, Schwarz und ich am Mittagstisch, dann das Bündel unter den Arm und zum Hafen. Um ½ 3 fuhr ich weg. Ade schöne Schulzeit und du schöne Burgenstadt! Mit Schiff und Bahn bis Ravensburg. Um 8 Uhr zu Hause. Nach 5 ½ Jahren Schulzeit wieder in der Heimat. Sonntag, den 12.7.1942: Schönes Wetter. Mit Karl ins Amt. Anschließend mit den Eltern zur Wäschers Einkehren. Mittags las ich: „Eine Armee meutert“. Mit Karl ins Buckenloch auf die Kirschbäume. Astra ist in Ferien da, ebenfalls Gerda wieder. Montag, den 13.7.1942. Ich las „Wallenstein“ von Schiller. War auf dem Rathaus. Erledigte Formalitäten. Mittags spielte ich mit dem Fernlenkauto und war auf einem Kirschbaum im Birkenloch. Abends spielten wir Ball und unternahmen eine Razzia auf Wespen mit Feuer. Dauerte bis 10 Uhr. WB: Bei Rschew 30 000 Gefangene und große Mengen Kriegsmaterial. Dienstag, den 14.7.1942. Herrliches Wetter. Wir heuten im unteren Obstgarten und Wiesl. Mittags pflückte ich Kirschen. Ich schickte Abends meinen Wehrpaß nach Überlingen. Wir schochten im Wiesle. Las im „Wallenstein“. Mittwoch, den 15. 7. 42: Es regnete den ganzen Tag. Ich las den Wallenstein zu Ende. Die Eltern fuhren nach Tettnang. Mittags tippte ich auf der Schreibmaschine. Kam den ganzen Tag kaum zum Haus hinaus. Abends tippte ich Froschmeier einen Brief. Donnerstag, den 16.7.42: Mußte bei Bruggers Ware holen. Der Stellungsbefehl ist da. Am Montag muß ich mich in Ulm stellen. Komme zur Nebel - Ers. - Abt. 3. O weh! Zu den Verneblern muß ich. Das paßt mir noch nicht recht. Aber schließlich ist es egal, wo man geschliffen wird. Jetzt ist die schöne Jugendzeit ein vergangener Traum. Schrieb Jauch ins Feld. Hockte dann im Birkenloch auf einem Kirschbaum und schlug wir den Bauch voll. Sondermeldg.: 107 000 BRT von U-Booten in allen Meeren versenkt. Freitag, den 17.7.1942: Veränderliches Wetter. Morgens mit dem Rad nach Ravensburg, kaufte Kleinigkeiten für den Kommis. Um 4 Uhr wieder zu Hause. Schrieb Boleys Hella. Abends noch schnell ins Tobel. Sondermeldung: Der wichtige Industrieort am unteren Donez: Woroschilograd genommen.

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Rekrutenzeit Meinem gefallenen Bruder Hans. Wieder soll Dir die erste Seite gehören, lieber Hans, denn immer und ewig muß ich an Dich denken und um Dich trauern. Wollen mich schwere Stunden fast zu Boden drücken, so überwinde ich sie im Gedenken an Dein unerbittlich hartes Schicksal und das unserer leidgeprüften Mutter. Hätte doch mich die Vorsehung auserkoren, was wäre an mir gewesen! An mir wäre kein Hof gehangen, um mich hätte kein teures Mädchen geweint, für mich hätte keine schönere Zeit kommen können, als die sonnigen Jugendtage, während Dich, Hans, noch viel erwartet hätte. Aber was nützt mich das Hätte und Wäre, da das Geschehene doch nicht mehr zu ändern ist. Lieber Hans, die Trauer um Dich kann ich in Worten nicht ausdrücken. Und nun hast Du mir die schicksalsschwere Frage zur Entscheidung überlassen, ob der schöne Heimathof durch mein Wort unseren althergebrachten Namen weiterhin tragen soll, wo ich doch glaube, dass ich Deine Stelle nicht so vertreten kann, wie es nötig wäre. Lieber Hans, steh mir in diesem Kampf bei, daß mir die Entscheidung leichter falle. Meinst Du nicht, ich solle es Mama leichter machen und nach ihrem Wunsche handeln? Ihr zu Liebe vollbringe ich alles, wie auch Du alles für sie getan hättest. Denn es gibt halt nur eine Mutter. Lieber Hans, bitte beim Herrgott droben für uns alle, daß er uns überall beistehe. Am 20. 7. 1942 rief mich der Stellungsbefehl nach Ulm zur Grenadierkaserne. Dort übernachteten wir. Ich traf Knöpfler und wir fuhren am nächsten Mittag weiter. Es ging über Stuttgart, Heidelberg, Darmstadt nach Frankfurt. Eine Nacht im Wagen folgte. Von dort am nächsten Morgen über Gießen, Marburg (Brüder Grimm), Kassel, Göttingen, Hannover nach Bremen. Am 23. 7. betrat ich die Kaserne und wurde der 2. Batterie der Nebel Ers. Abt. 3 zugeteilt. Die ersten zwei Wochen noch kein richtiger Dienst. Das Heimweh packte mich schwer an, besonders wenn ich an Hans dachte. Dann gingen für uns harte und heiße Tage an. Seemoos kam mir dabei sehr zugute. Allmählich gewöhnte ich mich an das neue Leben. Ich mußte nicht mehr so oft heimdenken. Auch unsere Waffen wurden mir ein wenig sympathischer. Ein Sportfest brachte etwas Abwechslung in den sturen Alltag beim Kommis, ebenso ein Batterienachmittag im Korbhaus. So verging der Juli und mein Geburtsmonat (August). Daheim ist alles gesund. Nur Mama macht mir immer wieder Sorge, gleichfalls die Frage, ob ich den nun mir zustehenden Heimathof übernehmen soll. Ende August ging es auf die Staller Heide, andere Geländeübungen und ein kleiner Marsch folgten. Das gefällt mir immer am besten. Am 3. September fand bei uns ein Küstenalarm statt. Die angesagte Divisionsübung fiel aus. Dafür gab es Mittags einen 30-km-Marsch. Wir waren müde, doch bleibt er mir in guter Erinnerung. In der Nacht vom 4. auf den 5. erlebte ich den 1. Angriff auf Bremen. Wir wurden in der Nacht noch zu Löscharbeiten eingesetzt. Am andern Mittag, es war Samstag, ging es in die Stadt. Dort stand ich mit Vießmann Wache, ebenfalls am Sonntag. In der Dienstag Nacht arbeitete ich in der Osterstraße, am Mittwoch mit Rottweiler auf dem Wehrmachtsfürsorgeamt. Am Freitag zum letzten mal. Am Samstag war „Gesundheitsbelehrung“. Mittags ging ich mit Vießmann und Rinninger in den Bürgerpark. Am Sonntagmorgen Gewehrappell. Fiel nicht auf. Mittags mit Lackinger und Vießmann in den Bürgerpark. Dort erlebten wir miteinander ein paar sehr schöne Stunden. Abends packten wir die Packtasche. Morgen sollte es bis zum 3. Oktober nach Münster gehen. Statt dessen fand ein 3-stündiger Großangriff in der Nacht statt.. In drei Wellen kamen sie angeflogen. Diesmal wurde es ungemütlich. Die Kantine wurde getroffen. Bei uns alle Fensterscheiben kaputt. In den Stuben sah es toll aus. Nun geht das Arbeitskommando wieder los. Auf der Wehrwiese waren auch ein paar Trichter zu sehen. Vor unserem Gebäude steckt ein Blindgänger, ebenfalls im Exerzierplatz. Der rechte Teil der Kantine ist weg. Alle Dächer fast abgedeckt. Morgens war ich auf der Kammer, am andern Tag mit Hagendorn im Stabsgebäude, Kitt aus den Fenstern kratzen. Abends in die Stadt zum Postenstehen. Eine

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Straße, mehrere vollständig, Haus an Haus ausgebrannt oder zerstört, besonders die Westerstraße, die Osterstraße, an denselben Plätzen wie das letzte mal. Um halb 12 kamen wir wieder heim. Am andern Mittag, also Mittwochs, mit Oberkanonier. Selb in die Westerstr. Ein pfundiges Kommando, Abends wieder zurück. (Aber) Es ist nicht mehr schön in Bremen. Henninger fuhr in Urlaub. Wenn ich nur auch könnte. Am Donnerstag wartete ich mit Griesel den ganzen Tag auf Abruf in die Westerstraße, ein fauler Tag. Mittags lagen wir im Bett. Am Freitag auf der Waffenkammer. Samstag arbeitete ich in der Westerstraße mit Vießmann, Lackinger u. a.. Mittags machten wir gar nichts mehr, kauften Fische und Obst. Am Sonntag schoben wir Wache auf Polizeirevier 10, netter Aufenthaltsraum, vor allem Musik vom Radio, ich stand (Wache) von elf bis halb eins. Mittags las ich in Zeitschriften und spielte Billard. Erst Abends um 8 wieder hier. WB: Härteste Kämpfe um Stalingrad, auch um Rschew. Sondermeldung: Im Nordmeer ein Großgeleitzug zum größten Teil vernichtet, 250 000 BRT versenkt. Am Montag mußten wir Panzerdeckungslöcher auswerfen. Oberkan. Selb ist aus der Nähe von Bregenz. Schöner Nachmittag. Dienstag dasselbe mit Brandstetter. Mittags machten wir unser Sturmgepäck und die Packtasche fertig. Große Aufregung wegen eines ?

Truppenübungsplatz (bei Münster) Donnerstag, den 24. 9. 1942. Schöner Morgen, Packtaschen verladen. Mittags um 12 marschierten wir, schwer behangen, unter Führung von Obltnt. Rudolph zum Bahnhof und wurden sofort verladen. Schöne Fahrt durch die Norddeutsche Landschaft mit den netten niedersächsischen Bauernhäusern. Prima Humor im Zug. War mit Vießmann, Lackinger, Hendl und Griesel zusammen. Nachts um 2 Uhr marschieren wir nach Raubkammer. Freitag, den 25. 9. 1942: Regentag. Wir holten unsere Werfer vom Bahnhof im strömenden Regen. Mittags schönes Wetter. Holten Brennholz, wollten nachher zum Duschen. Anschließend Waffenreinigen. WB: Harte Kämpfe um Stalingrad und im Kaukasus. Samstag, den 26.9.1942: Morgens exerzieren, mittags Waffenappell. Fast niemand fiel auf. Dann fuhren wir am Uhrturm Sand weg. Abschließend Ausgang. Ich hatte kaputte Schuhe und meldete mich ab. Schöner Abend. Erhielt von zu Hause ein großes Paket Nr. 3 Und Post von Stotz, Flaig und Tante Anna. Sonntag, den 27. 9.1942: Um 8 Uhr Wecken. Unterricht und Singen. Spindrevision. Mittags ging ich mit Vießmann und Lackinger nach Münster, abends in den abwechslungsreichen Film „Was will Brigitte?“ Schöner Spaziergang nach Hause zur Baracke. Montag, den 28.9. 1942: Trübes, regnerisches Wetter. Werferexerzieren, es klappte schlecht. Mittags auf dem matschigen Sportplatz Infanteriegefechtsdienst. Dienstag, den 29. 9. 1942: Herrlicher Herbsttag. Zogen unsere Werfer zum ersten Scharfschießen auf den Übungsplatz. Wir waren Grundwerfer, schossen deshalb am meisten. Wie Stiere zogen wir die Werfer durch die Heide. Rückmarsch durch eine wunderbare Abendstimmung, durch Birkenalleen, vorbei am schönen Muno-See und an niedersächsischen Bauernhäusern mit Strohdächern. Mittwoch, den 30. 9. 1942: Morgens im schönsten Wetter Waffen- und Werferreinigen, dann Unterricht über Bodenformen und den Marschkompaß. Mittags stand ich abwechslungsweise bei den Kraftfahrzeugen Wache, Eine wundervolle Sternennacht folgte. Im Norden tasteten um die zwanzig Scheinwerfer den nächtlichen Himmel ab. Und jeden Tag muß ich halt an Dich denken, lieber Hans und kann es nicht überwinden, daß es Dir so bestimmt war. Ich kann nur immer wieder sagen, was ich in der Widmung zu Anfang dieses Buches niederschrieb. Hitler eröffnet das WHW im Berliner Sportpalast.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Donnerstag, den 1. 10. 1942: Wieder ein herrlicher Morgen. Ich stand von 7 – 9 Uhr Wache. Wenn ich allein bin, fällst mir immer Du ein, teurer Hans. Es fehlt mir mit Dir halt mein einziger Bruder. Freitag, den 2. 10. 1942: Trübes Wetter. Morgens Infanteriedienst auf dem Sportplatz, mittags Sport und Baden. Samstag, den 3. 10. Waffenreinigen und Appell. Kam gut durch. Mittags um 6 ging ich allein spazieren. Walter und Bruno dürfen nicht raus. Herrlicher Abend. Suchte das Heidekirchlein auf, ein wunderbarer Winkel, in der Nähe schöne alte niedersächsische Bauernhäuser. Sonntag, den 4. 10.1942: Schöner Tag. Morgens um 8 Uhr Aufstehen, den ganzen Morgen frei. Konnte wegen meiner zerrissenen Hose nicht ausgehen, ging in den Wald spazieren. Montag, den 5. 10. : Morgens Nahkampfschule auf dem Sportplatz, mittags im Münsterlager auf dem Übungsplatz desselben. Heiße Stunden und viel Schweiß. Dienstag, den 6. 10. 1942: Morgens Werferdienst, trübes Wetter. Am Dienstag fuhren wir, früher als vorgesehen, nach Bremen zurück. Mittags Werferreinigen und Packen. Abends in der Kantine Batteriefest. Mittwoch, den 7. 10. 42: Morgens Revierreinigen, mittags Packen, dann brachten wir die Werfer zum Bahnhof. Herrliches Wetter. Donnerstag, den 8. 10. 42: Fahrt nach Bremen. Dort erhielten wir gleich den Laufzettel. 9. 10. – 17. 10. 42 : Bei der Marschbatterie, zuerst mit Lackinger auf Stube 54 in Block 1, dann nach dem Appell auf Stube 55 im 3. Block. Hier gefiel es mir sehr gut, zusammen mit Wolf, Beilharz, Steinbauer usw.

Urlaub 17. 10. – 31. 10. 42: O herrliche Zeit, wie verflogen die Stunden so rasch. Kaum hatte ich die liebe Heimat begrüßt, hieß es schon wieder Abschied nehmen von den teuren Angehörigen und dem wundervollen Oberschwaben. Ich kann nicht viel niederschreiben, es könnten mir Tränen kommen. Ich glaube, sie waren daheim etwas enttäuscht von mir. Aber liebe Eltern und Geschwister, ihr müßt mich nun mal nehmen, wie ich bin. Daß ich manchmal ein sonderbarer Kerl bin, der gerne allein ist, müßt Ihr mir schon verzeihen. Hoffentlich, liebe Mama, habe ich Dir durch nichts weh getan. Es würde mich noch lange verfolgen und mir keine Ruhe lassen, besonders, da ich weiß, daß sich Dein Zustand wieder verschlechtert hat. Möge der Herrgott droben doch die Güte haben und Dich uns noch lange erhalten.

K.O.B. Lehrgang (Kriegsoffiziersbewerber) 1.11. 42 bis - - hoffentlich nicht lange. Hierüber möchte ich überhaupt nichts berichten, es gefiel mir noch keine Minute im Lehrgang. Ich wünsche nur das eine, daß ich möglichst bald wegkomme, zu meinen alten Kameraden und an die Front. Vielleicht, lieber Hans - denn immer denke ich an Dich – kann ich dann einmal Dein teures Grab besuchen. Sonntag, den 15. 11. 1942: WB: Tobruk geräumt. Deutsche Panzertruppen an der südfranzösischen Küste. 268 000 BRT in 2 Tagen versenkt. Morgens hatte ich U.v.D. Trübes Wetter. Mittags ging ich mit Bruno ins Hansa-Theater, sahen: „Bernd Rose“, ein Schauspiel von Gerhart Hauptmann. Sehr wirklichkeitsnah.. Nachher gingen wir in den Remer und aßen zu Nacht. Ein sehr netter Nachmittag schon wieder vorbei. Bruno ist doch mein bester Kamerad. Dienstag, den 17. 11. 42: Derna geräumt. Spanien mobilisiert. Mittwoch, den 18. 11. 42: WB: In Tunesien deutsch-italienische Truppenverbände gelandet. In Stalingrad durch Stoßtrupps weitere Häuserblocks erobert. Im Kaukasus mehrere feindliche Kräftegruppen vernichtet. Harte Kämpfe im Raum südöstlich des Ilmensees.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Donnerstag, den 19. 11. 42: Morgens wurden russische Beutefilme gezeigt. Mittags beim Baden im Hansabad. Abends wegen Diphteriegefahr in die Stube eingesperrt. Freitag, den 20. 11 42: Stubenarrest. Zwei weg ins Lazarett. Samstag, den 21.11.42: So seid ihr nun beide vor dem Feind geblieben: Hans und Xaver. Von Eichelbergers mußte ich erfahren, daß ihr Xaver am 29. 10. am Terek in der nordkaukasischen Ebene durch einen Granatsplitter bei einem nächtlichen Angriff tödlich getroffen wurde. Ich kann nicht viele Worte machen. Sie reißen nur alte Wunden auf. Sonntag, den 22. 11. 1942: WB: Bengasi von deutschen Truppen ausgeräumt. Wir standen erst um 9 Uhr auf. Den ganzen Tag wieder auf der Bude. So ließ es sich wohl aushalten. Doch hoffe ich noch immer, daß ich im Dezember herauskomme. Steinbauer wieder in der Marschbatterie. Von Mama einen Brief. Sie glaubten, daß ich in Frankreich wäre. Dienstag, den 24. 11. 1942: Nichts besonderes. Hörten morgens Radio. Eine Stunde „höchste Alarmbereitschaft Küste“. Abends großer Klamauk auf der Stube bis 12 Uhr. Mittwoch, den 25. 11. 1942: Wir standen erst um 10 Uhr auf. Ich lag fast den ganzen Tag in der Falle, hatte Halsschmerzen und Kopfweh. WB: Die Russen im Donbogen südlich Stalingrad durchgebrochen. Gegenmaßnahmen sind im Gange. In der Cyrenaika planmäßiger Rückzug Rommels. Donnerstag, den 26. 11. 42: Draußen trübes Wetter. Wir lassen es uns auf unserer Bude gut gehen, stehen um halb zehn auf, schreiben dann und hören nebenher Radio. Das ist ein Leben! Abends spielten wir „Mensch ärgere dich nicht“. Las dann im Gehl über den Weltkrieg nach. Freitag, den 27.11.1942: Bald wird es wieder heißen: „die schönen Tage sind vergangen“. Standen wie üblich auf. Erhielt von daheim ein Päckchen. Dauernd sind Gerüchte über Versetzungen nach Südfrankreich im Gange. Oberleutnant Wendt versetzt. Knorzer nach Afrika. O Herrgott, aber da kannst du ja nichts dafür, hätte ich mich doch nicht zu dem Lehrgang gemeldet, ich wäre vielleicht mit Bruno weggekommen, irgendwohin nach dem Süden, hätte in dem großen Kriegsgeschehen die vielen Sorgen besser vergessen gelernt. Denn sechs Monate bin ich nicht hier, dafür werde ich sorgen. Mein Bruder Hans und Xaver Eichelberger mußten fallen. Grausames Schicksal! Und ich sitze hier weit vom Schuß. WB: ? von deutschen Truppen besetzt. Die französische Flotte versuchte auszureißen. Die Hälfte versenkte sich selbst, der andere Teil in deutscher Hand. Der Führer richtete ein Schreiben an Petain: „Für oder gegen mich!“ Warnt ihn vor einem europäischen Chaos. Die Stube nebenan wieder Diphterie-verseucht. Abends machten wir Revierreinigen. Dann las ich in einem Abenteuerbüchlein über Robert Kochs Kampf gegen die Schlafkrankheit. Samstag, den 28. 11. 1942: Wir standen um 9 Uhr auf. Das wird wohl das letztemal für lange Zeit gewesen sein. Leider, leider. Herrliches Wetter draußen, Der General der Nebeltruppen besichtigt die anderen. Mittags arbeiteten wir auf der Bude. Ging Abends mit Vießmann zur Marschbatterie: Hendl, Griesel und Morlock versetzt, zusammen nach Münster. Sonntag, den 29. 11. 42: Schönes, aber kaltes Wetter. Morgens Stubendurchsicht vom Chef. Mittags mit Walter und Vogt in den Film „Fronttheater“. Anschließend aßen wir in der Liebfrauen. Dann machte ich mit Röhn und Neugir einen Bummel durch die Stachenhauer Straße. Ganz interessant. Montag, den 30. 11. 42: Draußen liegt Schnee. Ein neuer Oberleutnant hier. Daheim erfuhren sie von Eichelbergers, daß ich noch hier bin. Meine Stimmung auf dem Nullpunkt. Fast die gesamte Marschbatterie kommt zu einem neuen Regiment weg. Also auch unsere alten Kameraden. Nun ist es also so weit. Vielleicht komme ich noch dazu. Wie wäre ich froh. Dienstag, den 1. 12. 42: Regnerisch trübes Wetter. Morgens Werferdienst, mittags Appell in Socken und Pullover. Aufgefallen natürlich! Dann auf der Weserwiese Zielansprache usw., matschiger Platz. Mittwoch, den 2. 12. 42: Morgens bei schönem Wetter auf den Weserwiesen. Mittags ging der gesamte Lehrgang ins Theater. „Idothea“ (Griech. Mythologie) wurde gegeben.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Donnerstag, den 3. 12. 42: Draußen liegt Schnee. Mayer im Cafe Finke. Wehrfilme. Dann zum Scharfschießen, liegend aufgelegt und freihändig. Mittags Wachexerzieren. Abends im Film. Freitag, den 4. 12. 42: Auf der Staller Heide übten wir bei schönstem Wetter Angriff und Verteidigung. Mittags Ausbildung am s. M. G. (schweres MG). Samstag, den 5. 12. 42: Morgens Fußdienst, mittags Revier reinigen. Mit Walter allein da. Sprach mit ihm über Hans und Religionsfragen.

Urlaub vom 19. 12. 42 bis 7. 1. 1943: Samstag, den 19.12.42: Mit dem Bummelzug morgens früh um 5 Uhr bis Bremen. Dann mit dem D-Zug um 8.00 weiter über Hannover, Kassel, Frankfurt bis Stuttgart. Dann wieder mit dem Bummelzug bis Ulm. Dort übernachtete ich in der Wehrmachtsunterkunftsstelle. Sonntag, den 20.12.42: Um 7 Uhr mit dem Bummelzug Richtung Ravensburg. Herrlicher Wintermorgen, leider ohne Schnee. Um halb 10 am Ziel der Bahnfahrt. Lief dann heim zu Fuß. Mittags daheim. Montag, den 21.12.42: Morgens bei schönem Wetter aufs Rathaus und zur Darlehenskasse. Mittags holte ich in Ravensburg an der Bahn meinen Koffer. Kaufte für Ernst ein Taschenmesser. Traf Lehrer Roth. Suchte vergebens nach einem guten Buch. Dienstag, den 22.12.1942: Morgens nach Tettnang. Kaufte eine Taschenmesser. Mutter brachte ich Pakete zur Post. Holte welche von Götte und Hella. Mittwoch, den 23.12.1942: Morgens bei Sauters in Tobel. Mittags las ich in „Bauernadel“. Ein einzigartiges Buch über das Schicksal eines Schwarzwälder Bauerngeschlechtes. Donnerstag, den 24.12.1942: Am Morgen daheim. Nach dem Essen nach Ravensburg zu Scherer. Ließ ein Passbild machen. Dann gleich heim. Am Heiligen Abend zuerst ins Engelamt mit Karl. Zuerst beichtete ich. Nach der Kirche Bescherung. Es war wie jedes Jahr. Wer weiß, wo ich nächstes Jahr um diese Zeit bin. Weihnachten, 25. 12. : Schade, daß kein Schnee liegt, es sieht gar nicht weihnachtlich aus. In Predigt und Amt. Dann bei Nußbaumer mit Stiebles Anton. Mittags hörte ich daheim Radio, schrieb Briefe und las. Abends war Biesenbergers Konrad zu Besuch da. Er erzählte von seinen Afrika-Erlebnissen. Hörte „Paganini“. Weihnachten, 26.12.: Morgens im Amt. Dann wieder mit Marschall Baptist, Karle und Dörflinger Sepp bei Nußbaumers. Fuhr nach Ravensburg ins Burgtheater, sah den Film „Wen die Götter lieben“. Ein Mozartfilm, einfach großartig, herrlich, besonders die Stellen aus seinen Opern. Hervorragende Schauspielerbesetzung. Abends hörte ich am Radio „Tannhäuser“, die wunderbare Oper von Richard Wagner. Sonntag, den 27.12.: Im Amt. Dann wieder bei Nußbaumer; da wurden vielleicht Witze geklopft, daß sich einem die Haare sträuben konnten. Mittags war Stiebles Anton da, sämtliche Rittler Kinder, Hirschers Ageth. Hochbetrieb in der Stube. Montag, den 28. 12. 1942: Herrliches kaltes Wetter. Mittags mußte ich zu Sauter und Klas nach Tobel. Mittags wollte ich mit Schallplatten zum Kaplan. Er war bei einer Hochzeit. Abends schrieb ich Botsche. Dienstag, den 29.12.1942: Vormittags kurz im Tobel. Gegen Abend besuchte ich den Kaplan. Hörte dort Schallplattenmusik großer Meister und sah seine Farbaufnahmen an. Draußen schneite und stürmte es. Mittwoch, den 30.12.1942: Draußen schneit es wieder. Kramte in meinen früheren und Meersburger Erinnerungen. Mittags fuhr ich nach Ravensburg. Sah den Film „Wir machen Musik“. Fuhr nachher mit Biesenbergers Konrad heraus. Schrieb Boleys Hella. Silvester: Schönes Wetter. Ich schrieb Probst einen sehr humorvollen Brief. Dörflingers Sepp war kurz da. Nach dem Nachtessen saßen wir alle bei Likör zusammen. Karle, Andreas und

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Alfred spielten Karten. Nachher machten wir Luise mit dem Teufel Angst. Hörte die Radioübertragung zur Jahreswende, dann den Schlußsatz aus Beethovens IX. Symphonie mit dem Hymnus an die Freude. Dann das „Bekenntnis (zu Preußen)“ von Clausewitz. Nun gehört dieses schicksalsschwere Jahr also auch zur Vergangenheit.

Neujahr 1943: Ging zum erstenmal wieder in Zivil ins Amt. Nachher mit Karle zu Nußbaumer. Begleitete nachher Stiebles Anton und Moosbruggers Otto. Schönes Winterwetter. Mittags hörte ich Strauß-Walzer. Dann schlittete ich an Schmids Häldele mit Flocks und Billes Kindern und besuchte Flocks noch. Abends hörte ich Musik aus Opern. Samstag, den 2. 1. 1943: Draußen stürmts und regnets. Ich holte meine Meersburger Photos vor und las in meinen Tagebüchern. Mittags schrieb ich Rosenfelder, hörte dazu Musik vom Radio. Abends unterhielt uns Weiß Ferdl. Las im Faust. Sonntag, den 3. 1. 43: Draußen schneit’s. Mit Karl ins Amt, dann zu Nußbaumers. Die 25-er haben den Stellungsbefehl zum RAD. Mittags hörte ich das Volkskonzert. Knipste dann und ritt eine Weile auf Fritzle. Spazierte dann zu Stiebles. Anschließend besuchte ich den Kaplan. Sprachen dort über alles mögliche. Schöner Winterabend. Daheim spielte Vater mit Rittlers Paul und Hirschers G. Karten. Hörte Musik. Montag, den 4. 1. 1943: Es schneit und weht draußen. Stand erst um halb 10 auf. Half kurz vor dem Essen und den ganzen Nachmittag Roggen dreschen. Erhielt von Lützow aus Frankreich einen Brief. Abends spielten Karle, Alfred, Papa und ich Karten. Dienstag, den 5. 1. 1943: Herrlicher Wintermorgen. Ich schrieb Lützow. Mittags hörte ich am Radio Musik. Bestellte von der Deutschen Buchgemeinschaft „Der hohe Schein“. Abends mußte Karle in die Feuerwehr gehen. Lernte Gretel den Tango. Mittwoch, den 6. 1. 1943: Morgens schlittete mich Karl nach Rosenharz. Fuhr mit dem Omnibus zuerst bis Grünkraut, unterhielt mich mit Kleiners Josef. In Ravensburg erledigte ich etliches, kam mit einem Weißhaupt von Langentrog ins Gespräch, kehrte bei Rösch ein, mit Kleiners Josef wieder in den vollgestopften Omnibus bis ins Rosenharz. Mittags kam Vater Mayenberger. Man sprach mit ihm über Hans. Besuchte Rittlers kurz. Abends ging ich ins Amt und Predigt. Wann ich wohl das nächstemal in diese Kirche komme?. Der Kaplan hielt eine schöne Predigt. Nachher mit Gretel, Moosbruggers Otto und Langacker Ottil heim. Nun ist auch der letzte Tag verflogen. O schöner Urlaub! Donnerstag, den 7. 1. 1942: Morgens stand ich um halb 9 auf. Ging nach Bodnegg, brachte den „Faust“ und Gretels Buch zum Kaplan. Auf dem Rathaus traf ich Schulers Mathes. Hofers Ältester von Unterwagenbach ist tödlich abgestürzt bei einem Übungsflug in Augsburg. Hörte das letztemal Mittagsläuten. O herrliche Stunden, wie rasch seid ihr entschwunden. Was ich dabei fühle, läßt sich in Worten nicht ausdrücken. Unterhielt mich mit Mama über den Lehrgang, sagte ihr, daß mir der ganze Krampf zum Halse heraus hängt, daß alles Schwindel ist. Nun heißt es Abschied nehmen von allen Lieben und von der schönen Heimat. Wann ich Euch wiedersehe? Papa und Alfred schlitteten mich zur Bahn. Letzter Abschied. Mit dem Bummelzug bis Ulm. Von dort mit dem Fronturlauber weiter. Meine Stimmung unter dem Nullpunkt. Ende. Freitag, den 8. 1. 1943: Aus mit der Freude! Liebe Eltern, wenn Ihr wüßtet, wie schwer es mir zu Mute ist, was nun für harte Tage kommen. In Köln hatte ich 4 Stunden Aufenthalt. Fliegeralarm. Um 8.21 Uhr mit einem PKW nach Bremen weiter. Platz genug vorhanden, zudem schön geheizt. Fahrt durchs Ruhrgebiet. Gegen Mittag schönes Winterwetter. In Bremen traf ich Stelzer und Hack sowie Fechter. Um 4 Uhr mit dem Bummelzug nach Oldenburg, dann gings zur Kaserne, ins Zuchthaus. Vießmann und Weber schon da. Die Hälfte vom Eierkognak im Koffer ausgelaufen. Meine Stimmung hatte sich etwas gebessert. Dafür andere Nachricht: Roth und Schuller weg, wir sollen aufgeteilt werden. Auch das noch, In der Nacht froren wir jämmerlich.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Samstag, den 9. 1. 1943: O liebe Eltern, ihr habt daheim die Arbeit und andere Sorgen, aber seid in der Heimat freie Menschen. Und ich in weiter Ferne, unter fremden Menschen, habe Heimweh, dass es mich fast zu Boden drückt bei diesem meinem melancholischen Temperament. Lieber Hans, es ging dir ja nach deinem Urlaub ebenso. Nun ist es bald ein Jahr her, daß dich die Erde Russlands zudeckt. O Hans, daß es auch so kommen mußte! Nun geht der alte Betrieb mit Hochdruck weiter. Gut, daß wir zu Ende der Woche kamen. Wir von der 3. Gruppe wurden unter die anderen vier aufgeteilt. Mit Walter und Drögenmüller kam ich zur 2. Gruppe, mußten von der alten Stube umziehen. So ist’s halt immer beim Barras, hat man sich mal aneinander gewöhnt, wird man auseinander gerissen. Morgens 1 Stunde einexerzieren. Auch in Oldenburg hat es Schnee, schönes Winterwetter. Mittags zogen wir um und reinigten Revier. Abends brachte ich mit Walter unseren Spind in Ordnung. Sonntag, den 10. 1. 43: Schönes Winterwetter. Ich will nicht weiter klagen, es ist zwecklos, ich mache es mir damit nur schwerer. Um 8 Uhr aufstehen, dann Stube- und Spindrevision. War nicht schlimm. Gott sei Dank haben wir ein Radio auf der Bude. Mittags schrieb ich heim und ging anschließend mit Walter zum Essen in die Stadt. Unterhielten uns nett. Montag, den 11. 1. 1943: Herrliches kaltes Winterwetter. Morgens Geländeausbildung. Mittags Appell, bekamen einen Minuspunkt, dann klopften wir Griffe. Sonst gibt’s nicht viel zu beichten. Das Heimweh macht mir halt noch immer zu schaffen. Dienstag, den 12. 1. 1943: Trübes Wetter. Unser Uffz. krank. Obgefr. Kristoffel jagte uns. Es ging morgens wieder ins Gelände. Mittags auf der Stube Schießdienst. Erhielt aus der Heimat ein Paket mit Brot. Mittwoch, den 13. 1. 1943: Unsere Gruppe stellte das Aufbaukommando, marschierte um halb 7 los. Scharfschießen, liegend, aufgelegt. Erfüllte nicht. Mittags schliff uns Peters in den Gängen herum. Sonst nichts besonderes. Abends um halb 7 machten wir eine Nachtübung, nach Marschkompaß marschieren. Um 9 Uhr zurück, um 12 Uhr ins Bett. Donnerstag, den 14. 1. 1943: Furchtbares Wetter. Schneematsch, Regen. Gefechtsdienst auf dem Übungsplatz. So lagen wir noch nie im Dreck. Peters ließ uns hinliegen bis wir bis auf die Haut naß waren. Mittags hatten wir auf der Stube Dienst. Freizeit ist ein fremder Begriff. Freitag, den 13. 1. 1943: Regnerischer Tag. Morgens machten wir einen Marsch mit Gefechtssicherung. Samstag, den 16. 1. 1943: Morgens im Regen draußen exerzieren. Dann Gasraumprobe. Mittags Fliegeralarm. Nachher Revierreinigen, dann Stuben- und Spindrevision durch den Leutnant. Ging mit Weller noch zur Alten Wache. Aßen dort. Erhielt einen Brief von Plato. Sonntag, den 17. 1. 1943: Um 8 Uhr aufstehen. Der ganze Morgen ging flöten durch Putzen und ähnlichem Dreck. Um 11 Uhr Stubendurchgang. Er riß sämtliche Betten ein. Mittags um 12 Uhr Abmarsch zum Nachzüglerscharfschießen. Schoß 21 Ringe. Der Leutnant war ziemlich blau. Schoß liegend freihändig und stehend freihändig. Erhielt von Mama eine Karte. Jäger einem Herzschlag erlegen. Wagners Walde soll in Oldenburg sein. Montag, den 18. 1. bis 23. 1. 1943: Die strengste Woche bisher, die ich beim Kommis erlebte. Beim Scharfschießen schoß ich daneben. Am Donnerstag Mittag und Samstag jeweils in der Mittagspause Nachexerzieren, am Freitagabend Maskenball. Am Samstagabend in ein Lortzingkonzert. Fast jeden Morgen im Gelände. Das gefällt mir am besten. Mittags wurden wir vom Leutnant geprüft. Ich hatte G.v.D. Erhielt von Reiser, Münscher und Fintsche Post. Sonntag, den 24, 1. 1943: Morgens zum Nachzüglerschießen. Der Feldwebel war prima gelaunt. Schoß 20 Ringe. Mittags schrieb ich Briefe und hörte Volkskonzert. Abends ging ich in die Alte Wache. Montag, den 25. 1. 1943: Schönes Wetter. Fiel wegen der Erkennungsmarke auf. Unter der Gasmaske MG-Übungen. Mittags aßen wir im Offizierskasino. Mittags Nahkampfschule, ziemlich gemütlich. Der Oberst hielt kurz eine Ansprache. WB: Tripolis kampflos geräumt. In

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Stalingrad dringen die Russen vom Westen her ein. Die deutschen Truppen verteidigen sich bis zum Letzten. Im Nordkaukasus setzen sich die Armeen planmäßig vom Feind ab. WB: Woronesch von den Russen zurückerobert. Dienstag, den 16. 1. 1943: Und immer wieder, liebster Hans, überwältigt mich der Schmerz über dein hartes Schicksal. Ich denke ja immer an Dich, an die Lieben daheim, die mit mir um dich trauern. Trüber Tag. Geländeausbildung. Mittags Schießausbildung. Der Radio auf unserer Bude hilft mir über manche schwere Stunde. Abend in der KdF. Mittwoch, den 27.1. 1943: Wir sahen einen russischen Beutefilm über Nahkampfschule. Abends hörten wir ein Konzert in der Genesendenkompanie. Es wirkten ein Cellist, ein Pianist und eine Sopranistin mit. Donnerstag, den 28. 1. 1943: Morgens mit dem Feldwebel Geländeausbildung. Es regnete. Die meiste Zeit unter der Gasmaske. Mittags sprach ein Hauptmann über Zusammenwirken der Infanterie und Luftwaffe. Nachher exerzieren. Ich bin jeden Abend zum Umfallen müde. Dazu kommt noch eine leichte Grippe. Freitag, den 29. 1 1943: Wurden Morgens eine Stunde lang geschliffen, weil der Anzug nicht in Ordnung war. Nachmittags übten wir Meldungen durchgeben und Einbruch in eine feindliche Stellung, auf einer Wiese. Abends putzten wir unsere Klamotten zur Parade. Samstag, den 30. 1. 1943: Zuerst übten wir für die Parade. Einige Fliegeralarme. Gegen 3 Uhr marschierte die ganze Lehr-Abt. nach Oldenburg. Der Komdr. nahm den Vorbeimarsch ab. Göring sprach Mittags zur deutschen Wehrmacht: Das Opfer von Stalingrad nötig, daß sich die Front wieder auffangen konnte. Goebbels verlas eine Proklamation des Führers. Abends hatte ich wieder Kopfweh. Sonntag, den 31. 1. 1943: Und es geht auch dieser Monat zu Ende, der mit so schönen Urlaubstagen begann. Auf die so harten Wochen der Ausbildung auf dem Kasernenhof und im Gelände, zum Teil bei Tauwetter, folgte draußen an der Front wohl der krisenschwerste Monat seit Kriegsausbruch. Mittags hatte ich Telefondienst. Montag, den 1. 2. 1943: Sport. Dann Essen im Offizierskasino. Stürmisches Wetter. Dienstag, den 2. 2. 1943: Marschierten unter der Gasmaske vom Gelände zurück. Dann Gasmaskenappell. Fiel auf.. Mittags Schießausbildung, zurück im Regen. Leutnant schwingt eine Sauwut. Mittwoch, den 3. 2. 1943: Morgens Gefechtsübung. Übten in den Bunkerstellungen Einbruch und Gegenstoß. Um1 Uhr schon Abmarsch zum Schießen, kniend angelegt und 15 Schuß mit dem MG. Erfüllte beide Bedingungen. Nachher in der Kantine am warmen Ofen. Abends noch Unterricht über die Gefechtsübung von Morgen. Stalingrad gefallen. Donnerstag, den 4. 2. 1943: Unser Unteroffz. zur Hochzeit. Morgens Nahkampfausbildung. Mittags Übergabe des Regiments Lehr-Abt. an Hauptm. Duhm, den Regimentskommandeur. Anschließend Parade. Fliegeralarm. Mittags zeichneten wir Skizzen und besichtigten eine Stellung der Vierlingsflak. Abends Griffe klopfen. Ich war zum Schluß fertig. Trank noch mal in der Kantine Glühwein. Freitag, den 5. 2. 1943: Vormittags Gefechtsübung über Aufklärung. Spielte mit vier anderen den Feind in einem kleinen Waldstreifen. Abends Gesundheitsappell wegen Filzläusen. Samstag, den 6. 2. 1943: Regnerischer, stürmischer Tag. Scharfschießen. Wir waren Vorkommando. Schossen Hüft- und Deckschuß, hatten beim MG 9 Treffer. Mittags Gewehrappell. Um 4 Uhr Stuben- und Spindrevision durch Feldwebel Schmidt. Harmlos. Holte einen Sonntagurlaubschein. Sonntag, den 7. 2. 1943: Lief morgens zum Bahnhof. Fuhr über Leer, wo ich drei Stunden Aufenthalt hatte, nach Groß... und überreichte unserem Unteroffizier das Hochzeitsgeschenk des Lehrgangs, aß Kuchen, trank Kaffee und Wein. Abends fuhr ich zurück.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Montag, den 8. 2. 1943: Morgens Übersetzübungen mit Schlauchbooten über überschwemmte Wiesen und Kanäle. Wir waren fertig zum Schluß und ganz naß. Mittags im Offizierskasino Essen. Nachher MG Ausbildung. Leutnant wieder mal blau. Dienstag, den 9. 2. 1943: Windiges kaltes Wetter. Übten Einbruch auf dem Übungsplatz. Der Feldwebel zeigte die Wirkung von Kanonenschlägen. Heidschers Stahlhelm kaputt. Mittags Kleinkaliberschießen. Erhielt von Mama einen Brief. Mittwoch, den 10. 2. 1943: Regnerisches Wetter. Übten bei der Löwenkaserne Meldungen durchgeben. Fauler Dienst. Der Schmerz um meinen Hans, den ich nie wiedersehe, überwältigt mich wieder einmal. O Bruder, ich kann es immer noch nicht fassen, daß du für ewig in fremder Erde ruhst. Mittags Scharfschießen, stehend freihändig. Schoß schwer daneben. Abends packten wir unsere Tornister. Von Papst Post. Er ist ROB (Reserveoffiziersbewerber) auf der Regimentsschule in Mühlhausen. Nun werde ich verrückt. Wenn der Offizier werden will, muß ich es zehnmal vorher werden. Donnerstag, den 11. 2. 1943: Marschierten mit schwerem Tornister zur Nahkampfbahn, wurden dort herumgehetzt, machten einen Angriff aus dem Wald heraus. Dann bauten wir Stellungen. Ich war Beobachter. Stand Nachts von 10 – 12 Wache. Ein Alarm jagte uns in die Stellungen. Ich schlief keine Minute. Freitag, den 12. 2. 1943: Morgens wieder in der Nahkampfbahn. Wurden schwer gejagt. Verlor vorübergehend mein Seitengewehr. Mittags Spähtrupp zur Huntebrücke. Nachher, um 4 Uhr, ein Marsch über Wardenburg nach Sede. Kurz in unseren alten Stellungen. Regen und Sturm. Dort übernachteten wir in unseren Erdlöchern. Samstag, den 13. 2. 1943: Wir vernichteten unsere Stellungen, marschierten dann bei schönem, aber stürmischen Wetter zurück zur Kaserne. Gott sei Dank ist das vorbei. Mittags Waffenappell und Revierreinigung. Dann Stuben- und Spindrevision bei Feldwebel Schmidt. Ging Abends früh zu Bett. WB: Krasnodar von den Russen genommen. Östlich und nördlich Charkow harte Kämpfe. Sonntag, den 14. 2. 1943: Trüber, windiger Tag. Um 11 Uhr Waffenappell durch den Leutnant. Mittags schrieb ich und schaute Photos an. Abends mit Walter in die Alte Wache. Wurden aufgeschrieben, weil wir nicht grüßten. Montag, den 15. 2. 1943: Flauer Dienst. Den ganzen Tag im Bau. Mittags eine kleine Arbeit über Allgemeinwissen. WB: Rostow und Woroschilograd von den deutschen Truppen planmäßig geräumt. Dienstag, den 16. 2. 1943: Uffz. Peters wieder da. Bei Sturm und Regen Gefechtsdienst in Bümmerstade. Am Nachmittag nur eine Stunde Nahkampfschulung, sonst Unterricht. Mittwoch, den 17. 2. 1943: Schönes Wetter. Zwei Stunden Exerzieren, beinahe die ganze Zeit Einzelmarsch. So geschliffen wurden wir noch nicht viele male. Mittags marschierten wir zum Schießen. Knallte wieder daneben. Marschierten erst Nachts heim. Donnerstag, den 18. 2. 1943: Wir sollen als Gruppenführer besichtigt werden. Hoffentlich geht der Lehrgang auch früher zu Ende. Übten Kommandosprache. Mittags eine halbe Stunde Nachexerzieren. Wir hatten eine Sauwut. WB: Charkow geräumt. Unerbittlich harte, gewaltige Abwehrkämpfe an der gesamten Ostfront. Freitag, den 19. 2. 1943: Schönes Wetter. Gefechtsdienst. Wurden mordsmäßig im Gelände geschliffen, weil der Anzug nicht in Ordnung war. Mittags eine Stunde unter der Gasmaske. Erhielt von daheim ein Paket. Abends zweimal Fliegeralarm, wie jeden Abend. Von 10 – 12 Maskenball, mußten unsere ganzen Spinde ausräumen, die Betten auf den Flur tragen. Nachts um 1 Uhr die Stuben in Ordnung bringen. Samstag, den 20. 2. 1943: Schönes Wetter. Beim Exerzieren Kommandosprache üben. Um 15 Uhr Waffenappell. Fiel auf. Dann wie üblich Revierreinigen. Um 16 Uhr Stubendurchgang.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ O Hans, wieder einmal überwältigt mich der Schmerz um Dich, um Dein trauriges Schicksal. Hoffen wir, dass Dein Opfer nicht umsonst war, wenn es jetzt an der Ostfront auf Biegen und Brechen geht, wo die deutschen Armeen riesige Gebiete aufgeben müssen. Sonntag, den 21. 2. 1943: Herrliches Wetter. Marschierten morgens zum Schießplatz, erfüllte beide Bedingungen, prima Stimmung. Mittags schrieb ich Briefe. Blieb auch Abends daheim. Montag, den 22. 2. 1943: Trübes Wetter. Neuer Leutnant kommt dazu. Gefechtsdienst bei den Bunkern. Grafehrend führte unsere Gruppe, prima Dienst. Mittags Kommandosprache üben, dann Film über Geschlechtskrankheiten. Besichtigung auf 3. April verschoben. Kommen am 2. 3. wahrscheinlich nach Nordeney. Dienstag, den 23. 3. 1943: Trübes Wetter. Wieder Kommandosprache üben. Mittags Kleinkaliberschießen und Schießdienst. Ich mußte die Gruppe führen. Abends trank ich Glühwein in der Kantine. Mittwoch, den 24. 2. 1943: Trübes Wetter. Morgens Formalausbildung und Nahkampfschule. Mittags Offz.unterricht im Luftbildwesen. Donnerstag, den 25. 2. 2943: Trübes Wetter. Jeden Tag ein anderer von uns Gruppenführer Morgens Gefechtsdienst, Angriff und Einbruch üben. Mittags lachten wir uns beim Unterricht vom Leutnant wieder schief. Den ganzen Mittag Unterricht. Brief von Gretel. Sie macht eine Bodenseerundfahrt zu allen Verwandten. Bernharts Hans und Marschalls Hugo sind gefallen. Freitag, den 26. 2. 1943: Morgens Spähtruppunternehmen unter Schillers Führung. Mußte zum Bümmerstader Krug, melden. Mittags Fliegeralarm. Ein japanischer Bomber wurde hier abgeschossen. Mittags Gruppenführerunterricht, nachher formale Ausbildung. Um 7 Uhr Zapfenstreich. Um 10 Uhr Alarm. Um 11 Uhr marschierten wir bei Sternenhimmel Richtung Sandkrug zur Nachtübung. Unser Stützpunkt in einem Bauerngehöft. Samstag, den 27. 2. 1943: Legten uns abwechselnd in einem Schuppen auf Stroh zur Ruhe. In der Morgendämmerung Angriff des 5. Lehrgangs mit Unterstützung von Pak und sMG. Griffen auf Trompetensignal an. Zum Schluß: „Das ganze Halt!“ Nachher Marsch nach Oldenburg, mit der Regimentsmusik durch die Stadt.. Parade vor den Offizieren. Mittags Walter beim Nachexerzieren. Mußte mit ihm noch die Leutnantsstube reinigen. Sonntag, den 28. 2. 1943: Ruhiger Tag. Las fast den ganzen Tag in meinem Lieblingsbuch „Der hohe Schein“. Neue Rekruten laufen wieder herum. Die nächsten Tage Dienst wie gewöhnlich. Fast jeden Abend Fliegeralarm. Dadurch wird uns immer die Freizeit gestohlen. Ich bin diese Woche Schütze 1. Mittwoch, den 3. 3. 1943: Der Monat Februar ist zu Ende. Harte Tage brachte er uns zu Beginn. Gegen Ende wurde der Dienst etwas leichter. An der Ostfront die schweren Rückzugskämpfe. Mittags schossen wir 300 m liegend freihändig und übten Fliegerbeschuß mit dem MG bei schönem Wetter. Erfüllte beides. Abends Kameradschaftsabend. Fliegeralarm. Ich habe Brandwache. Donnerstag, den 4. 3. 1943: Herrliches Wetter. Bin Gruppenführer. Geländedienst. Bunkerkampf: „die letzte Phase nochmals“. Der Leutnant rügte uns wegen des Verhaltens gestern Abend. Mittags mußte ich über Ortsgefecht Unterricht halten, unvorbereitet. Nachher Nahkampfschule. WB: Das hart umkämpfte Rschew geräumt. Freitag, den 5. 3. 1943: Morgens Fahnenzugexerzieren. Mittags marschierten wir zum Pferdemarkt. Abends ging ich in den Film „Schicksal“. Gefiel mir gut. Samstag, den 6. 3. 1943: Um 1 Uhr Alarm: Nachtübung. In Marschsicherung über ... zum Korsenberg. Dort in der Frühe Gefecht. Um halb 9 zurück. Nachher Waffenreinigen, Revierreinigen. Um halb 5 Stubenrevision, um 7 zu Bett. WB: Kämpfe in der Gegend von Staraja Russa. (Zu dieser Zeit ist dort Josef Schmid aus Raihen gefallen). O Hans, nicht mal im Grabe findet Dein Leib Ruhe, wie muß ich um Dich trauern!

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Sonntag, den 7. 3. 1943: Herrlicher Tag. Las wieder mal im Geschichtsbuch. Nachmittags Fahnenzug bei der Vereidigung, klappte ausgezeichnet. Trauernachricht von daheim: Franzl ist an seiner Gehirnhautentzündung gestorben. Das ist ein Schlag für Onkel Fritz. Nun kommt auch dort ein neuer Name auf den Hof. Montag, den 8. 3. 1943: Herrliches Wetter. Gefechtsübung auf Platzteil C, ziemlich lauer Dienst. Mittags Waffen reinigen und Tornister packen. Abends ab halb 6 frei. Kurz Fliegeralarm. Dienstag, den 9. 3. 1943: Um halb 5 Wecken. Um 6 marschierten wir mit zwei anderen Lehrgängen an den Bahnhof, fuhren im Viehwagen nach Münster. Kamen in eine Doppelkompaniebaracke, der ganze Lehrgang auf einer Stube! Abends mit Walter in den „Waldkater“. Mittwoch, den 10. 3. 1943: Marschierten morgens auf Schußbahn 6. Hatten wegen Nebel zwei Stunden Pause. Ich hatte Kopfweh und bin stark erkältet. Wir waren zur Deckung eingeteilt. Am Kreuzerberg schossen schwere Werfer. Die .... fingen an zu brennen. Wir haben deshalb Feuerpause. Ich senkte die Mündung in den Sand. Herrliches Wetter. Donnerstag, den 11. 3. 1943: Marschierten zur Waldkampfbahn. 2 Stunden Pause. Mußte eine Mustergruppe führen. Fuhren per Auto zurück. Freitag, den 12. 3. 1943: O Hans, ein Jahr ist es nun her, dass Du im fernen Osten Dein teures Leben opfertest. Ein ganzes Jahr ruhst Du nun schon in fremder Erde, hast uns in Trauer und Schmerz um Dich zurückgelassen, in banger Sorge um die Zukunft unseres Geschlechts. O Hans, bitte den Herrgott, er möge unserer Mutter beistehen, denn sie ist das Teuerste, was Gretel und ich noch haben. Bald werde auch ich an die Front müssen. Vielleicht, o Hans, sehen wir uns dann bald in einer besseren Welt wieder. Herrlicher Tag. Morgens wurden wir gejagt, weil der Anzug nicht in Ordnung war. Mittags marschierten wir zur Nahkampfbahn, machte wieder eine Lehrvorfühung. Knipste die Kameraden. Abends im Varieté. Samstag, den 13. 3.1943: Wunderschönes Wetter. Morgens ging es beim Exerzieren rund, auf Befehl des Feldwebels, dieses Spinners. Mittags jagte uns der Leutnant, als wir zur Schießbahn VII marschierten, unter der Gasmaske, weil das Singen nicht klappte, in Linie im Exerziermarsch frei weg durch die Heide. Hilt fiel gewaltig auf. Der Leutnant machte beim letzten Angriff Schütze 1. Sonntag, den 14. 3. 1943: Schöner Sonntagmorgen. Marschierten zur Schießbahn VI. Übten Schießen im Verband des Zuges. Haukelbach schoß hinter den anderen her, fiel gewaltig auf. Dann Vorführung der Gesamtwerfer. Marschierten in bester Laune zurück. Beim Waffenreinigen unterhielt ich mich mit Walter und Bruno über Baukunst und Geschichte. Mittags packten wir unsere Klamotten. Anschließend ging ich mit Walter zu dem alten Kirchlein, nachher in die „hohe Luft“. Sauwut, weil wir kein Essen bekamen. Montag, den 15. 3. 1943: Machten uns zum Abmarsch fertig. Um 9 Uhr marschierten wir zum Bahnhof, wurden in 2. Klasse-Wagen verladen. Bequemes Abteil mit Schmidt, Vießmann, Schiller, Mayer, Wintruff. Um 16 Uhr ging die Fahrt erst los. Um 8 Uhr in Oldenburg. Marschierten bei Dunkelheit zur Kaserne. Dienstag, den 16. 3. 1943: Morgens Waffenreinigen und Appell. Ich bin Gruppenführer. Leitete Mittags den Schießdienst und die Nahkampfschule. Mittwoch, den 17. 3. 1943: Morgens schanzten wir bei den Bunkern einen Graben. Mittags schossen wir auf Pappkameraden, der Mg. fiel aus. Alles in bester Laune. Nachts um 10 Spindrevision durch Uffz. Peters. Donnerstag, den 18.3. 1943: Herrliches Wetter. Bin schon wieder Gruppenführer. Schanzten morgens wieder in den Bunkern, tarnten diese anschließend. Mittags Zusammenstellung der Ehrenkompanie für den Heldengedenktag. Anschließend Fliegeralarm. Ein Bomber wurde abgeschossen. Erhielt von Mama Brotmarken und von Alfred einen Brief.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Heute ist es ein Jahr, lieber Hans, dass Du Deiner schweren Verwundung erlagst. Bis zum letzten Augenblick hofftest Du auf Genesung. Doch das Schicksal blieb unerbittlich. O Hans, nie werde ich den Schmerz um Dich ganz überwinden. Zu viel verlor ich mit Dir, zu große Hoffnungen musste ich mit Dir begraben. Und daheim trauert unsere liebe Mama um ihren Stolz, den Träger unseres Namens und Erbe des schönen Hofes. Freitag, den 19. 3. 1943: Übten morgens die Besichtigungsaufgaben durch. Mittags marschierte die Fahnenkompanie mit Musik in die Stadt und übten für die Feier am Sonntag vor. Gefiel mir ausgezeichnet. Außerdem fällt die Nachtübung aus. Samstag, den 20. 3. 1943: Übten morgens für den Sonntag mit Musik vor. Mittags Revierreinigen, sonst nichts besonderes. Sonntag, den 21. 3. 1943: Heldengedenktag. Frühlingsanfang. Gott sei Dank ist dieser Winter vorbei. Harte und schwere Stunden brachte er mir. Und dieses Jahr ist auch der Name meines Bruders auf der großen Liste der Gefallenen. O Hans, wie muß ich um Dich trauern. Um 9 Uhr trat die Fahnenkompanie an, holte im Schloß die Fahnen ab, marschierte dann zur Feier vor das Ministerium. Der Oberst hielt eine Ansprache, anschließend Kranzniederlegung vor dem Ehrenmal. Dann brachten wir die Fahnen wieder zum Museum. Mittags wollten Walter und ich ins Museum. War geschlossen. Gingen gleich wieder heim. Schrieb Mama dann zum Heldengedenktag. Nachts musste ich mich erbrechen. 345 000 Gefallene in diesem Krieg. Montag, den 22. 3. 1943: Schönes Wetter. Morgens Unterricht beim Feldwebel. Fliegeralarm. Dann marschierten wir ins Theater: „Die Perle von Tokay“. Sehr ausgelassenes, leichtfertiges Stück (Tausend rote Rosen blühn). Dienstag, den 23. 3. 1943: Nolte Gruppenführer, den ganzen Morgen Unterricht, lachten viel. Mittags übten wir für den Sportwettkampf. Nachts um12 Uhr Fliegeralarm. Mittwoch, den 24. 3. 1943: Sportwettkampf, Weitsprung. Handgranaten Zielwerfen. 300 m Lauf. Herrlicher Morgen. Mittags schossen wir liegend aufgelegt. Erhielt ein Päckchen mit Honig und Brot von Mama. Donnerstag, den 25. 3. 1943: Trübes Wetter. Geländedienst, Angriff, Einbruch und Besetzen einer Stellung im Bunkergelände. Walter verknackte sich den Fuß. Bluterguß. Mußte ihn bis zur Straße tragen. Abends arbeiteten wir Themen aus. Brief von Mama. Auch ihr ist der Heldengedenktag nahe gegangen. Freitag, den 26. 3. 1943: Übten den ganzen Morgen Angriff. Heidschi Gruppenführer. Samstag, den 27. 3. 1943: Unterricht. 14 Mann kommen heute noch aus dem Lehrgang. Hilt, Nolte und Müller II aus unserer Gruppe. Wache-Exerzieren. Mit Heidschi, Schiller und Meyer auf der II. Wache. Dreimal Fliegeralarm. Sonntag, den 28. 3. 1943: Reger Betrieb am Sonntagmorgen. Wurde um 1 Uhr abgelöst. Schlief den ganzen Nachmittag. Montag, den 29. 3. 1943: Spielten im Gelände die Besichtigungsaufgaben durch. Dreimal Fliegeralarm. Erhielt von Vorderreute und daheim Päckchen. Dienstag, den 30.3.1943: Im Gelände gab es wieder Dunst. Haben Spaten nicht dabei. Peters tobte. Habe am linken Fuß Beschwerden. Unterricht über Pferdepflege, bis halb 7 Uhr Dienst, dann noch Unterricht über Besichtigung. Ich arbeite bis halb 1 Uhr Themen aus. Konnte kaum schlafen. Mittwoch, den 31. 3. 1943: Meldete mich krank. Machte aber Mittags wieder Dienst mit. Pferdepflege macht mir viel spaß, erinnert mich an unsere beiden Pferde daheim. Donnerstag, den 1. 4. 1943: April – Nun endete dieser für mich so schicksalsschwere Monat. In der Natur die Zeit des fröhlichen Erwachens, des Abschüttelns der Winterschwermut. Uns brachte er weit draußen im Osten ein Heldengrab, um das schon so viele Tränen geflossen sind und noch fließen werden. Alle Hoffnungen auf ein

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Wiedersehen, auf eine glückliche Zukunft hast du grausamer Krieg zunichte gemacht. Doch will ich nicht hadern, Frühling ist es wieder. Spielten bei regnerischem Aprilwetter Marschsicherung, ich führte die 1. Gruppe durch, weiter bis zum Verschiebebahnhof. Mittags holten wir einen Panzer in der Löwenkaserne. Erhielt von Mama Post: Josef Schmid von Raihen, der einzige Sohn, Schulkamerad von Hans, ist gefallen. Freitag, den 2. 4. 1943: Aprilwetter. Führten unsere Geländeübung, H. J. Führer usw. Ich führte die 1. Phase. Klappte ausgezeichnet. Machte dann den Angriff mit, nebelten uns ein. Mittags Waffenausbildung in der Exerzierhalle. Abends ging der Lehrgang ins Varieté. Ich mußte Walter versorgen. Samstag, den 3. 4. 1943: Ging morgens ins Revier. Regenwetter. Unser Leutnant hielt einen wunderbaren Vortrag, sprach über unsere Beurteilungen. Mittags brachten wir unsere Sachen in Ordnung, putzten für die Besichtigung für den Sonntag. Sonntag, den 4. 4. 1943: Ein Jahr ist es heute her, daß wir die Trauernachricht vom Heldentod unseres lieben Hans erhielten. Nie vergesse ich diesen Tag, die Tränen meiner Mutter und Schwester. Was folgten für uns traurige Ostern. Morgens Appell im Besichtigungsanzug. Um 2 Uhr nochmals. Nahm dann an den Vorführungen zum „Tag der Wehrmacht“ teil. Abends nochmals Appell. Veränderliches Wetter.

Montag, den 6. 4. 1943: Besichtigung, 1. Tag: Marschierten um 7 Uhr bei schönstem Wetter nach Bümmerstade. Um halb vier wurde an den Kommandeur gemeldet. Gleich der erste Eindruck ausgezeichnet, Richtung, Putz usw. Ich führte die 1. Phase, klappte prima. Ich wurde vom Kdr. bei der Besprechung persönlich gelobt. Mayer führte die 2. Phase. Klappte auch sehr gut, besonders die Panzernahbekämpfung. Der letzte Teil wurde gestrichen, weil alles so ausgezeichnet war. Gesamturteil: ausgezeichnet. Der Feldwebel drückte uns beiden Gruppenführern die Hand. Alles in bester Stimmung. Unterrichtsbesichtigung, meistens Offiziersunterricht vom Leutnant. Sehr gut. Selbstunterricht schlecht. Naumann versagte. Unsere Stimmung ist ruiniert. Mayer entschuldigte sich. Dienstag, den 6. 4. 1943: Besichtigung 2. Tag: Um 8 Uhr Meldung. Gingen gleich in die Exerzierhalle. Es wurde zum Teil großer Mist gezeigt. Ich mußte mit meiner Gruppe Nahkampfschule machen. Klappte. Anschließend teilte uns der Rgts.-Kommandeur die Beförderung zum Gefreiten mit. Kommen dann als Ausbilder in die Kompanien. Hauptmann Duhm verabschiedete sich von uns. Heute und Morgen dienstfrei. Großer Jubel bei uns. Nun sind die vielen harten Tage seit Weihnachten, an denen wir oft glaubten, es ginge nicht mehr, doch belohnt worden. O wie freue ich mich, daß ich durchgehalten habe und meinen Angehörigen auch diese Freude bereiten kann. Nähten unsere Winkel gleich auf. Mittags ging ich mit Franz Fechter zu seinen Bekannten, kauften dann Reclambändchen in einer Buchhandlung. Telegraphierten nah Hause. Abends aßen wir im Hotel Günther, anschließend in den Film: „Nacht ohne Abschied“. Mittwoch, den 7.4. 1943: Dienstfrei. Standen um 10 Uhr auf. Aprilwetter. Nachmittags ging ich mit Walter in die Stadt. Sahen uns im Kapitol den Film „Der dunkle Tag“ an. Fuhren dann gleich zurück. Schrieb meinen Eltern.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Donnerstag, den 8. 4. 1943: Es hat geschneit. Von 8 – 9 Sport in der Exerzierhalle bei Peters und Tilgar. Nachher Unterricht : Pflichten der Gruppenführung. Mittags dienstfrei. Schrieb Briefe. Habe kein Geld mehr. Abends um halb 7 mit Walter und Wintruff zur Harmonie: Abschiedsfeier des Lehrgangs mit Musik. Leutnant hielt zu Beginn eine kleine Ansprache. Müller2 las dann aus der Bierzeitung, ebenfalls Haukeller. Feldwebel de Vries verabschiedete sich anschließend. Bei Witzen und Glühwein unterhielten wir uns. Leutnant verschwand. Nun tanzten wir mit den (?). War sehr nett. Um 24 Uhr zu Hause. Freitag, den 9. 4. 1943: Schlief fast den ganzen Tag. Aprilwetter. Abends in den Film: „Der Gasmann“. Ich hatte Kopfweh. Abschluß des ersten Lehrgangsperiode. Kommen nun zu den Ausbildungskompanien. Samstag, den 10. 4. 1943: Meldeten uns am Morgen bei der neuen Kompanie. Rekruten kommen erst am 17. 4. Wir schafften dann unsere Klamotten in die Levekkaserne. Abends ging ich mit Walter in „Am Abend auf der Heide“. War sehr nett. Vorher im Eiscafe. Sonntag, den 11. 4. 1943: Schliefen bis 10 Uhr. Gingen Abends ins Theater, „Troubadour“ von Verdi. Gefiel mir ausgezeichnet, wieder mal ein richtiger Kunstgenuß, man fühlt sich wieder als Mensch. Da merkt man erst, was einem durch den Krieg alles verloren geht. Montag, den 12. 4. 1943 bis 15. 4. 1943: Unterführerausbildung bei Oberleutnant Meineke. Die brechen sich noch einen ab vor Kleinlichkeiten und Vorschriften. Reinhard und Heidschi holen Rekruten ab. Wir werden alle auf eine große Stube zusammengepfercht. Mittwochs wetterte der Leutnant im Unterricht über unsere Haltung. Donnerstagabend ging ich mit Heitmann in die „Walküre“. Sehr gute Vorstellung, herrliche Oper, doch war ich zu müde, um aufnahmefähig zu sein. Wäre fast eingeschlafen. Freitag, den 16. 4. 1943: Unterführerausbildung. Erhielt von zu Hause ein Päckchen. Mittags übten wir Nahkampfangriffe. Die ersten Rekruten da, wir räumten Stuben ein. Samstag, den 17. 4. 1943: Schönes Wetter. Morgens in die Exerzierhalle. M.G. Ausbildung. Mittags kamen weitere Rekruten. Fuhr gegen Abend mit Walter zum Bahnhof. Kann nicht in Osterurlaub fahren. Aß dann mit Wintruff im Stallinger, anschließend ins Kino. Interessanter Kulturfilm über das Adlerleben. Lachten uns dann schief über Hans Moser in dem Film „Einmal der liebe Herrgott sein“. Trafen nachher am Markt Heidschi mit 17 Luxemburgern. Wie ich zur Kaserne kam, war meine Stube schon belegt. Sonntag, den 18. 4. 1943: Betreuten die Rekruten. Mittags hatte ich noch G. v. D. Schrieb einen langen Brief heim. Brendgen und ich wurden abends nach 10 Uhr vom Spieß angeschissen. Woche vom 19. 4. bis 24. 4. 1943: Erste Woche der Rekruten. Erst auf Stube 100, dann auf 93. Vertrage mich ganz gut mit ihnen. Herrliches Frühlingswetter. Die Bäume und Büsche blühen, überall das frische Grün. Es ist eine wahr Freude zuzusehen, wie alles wächst. Am Karfreitagmorgen singen, abends die ganze Kompanie im Varieté, phantastische Kapelle „Alborn“. Siki ..., kleiner Kerl, steppte ausgezeichnet. Ostern. Sonntag, den 25. 4. 1943: Den ganzen Tag im Bau. Erhielt von Mama ein Paket. Regenwetter. Solch doofe Ostern habe ich noch nie erlebt. Bützner schreibt mir, dass Stratt und Klein gefallen sind und Flaig schwer verwundet. Brunnenwinkel machte abends Blödsinn. Ostermontag, den 26. 4. 1943: Stürmisches, regnerisches Wetter. Morgens Anzugsappell, Vereidigungsexerzieren. Essen im kleinen Kasinosaal. Mittags die ganze Zeit wieder im Bau. Schrieb Zwießler. Woche vom 28.4. bis 1. 5. 1943: Dienstagabend Vereidigung in der Exerzierhalle der Hindenburgkaserne. Dann drei lange Diensttage. Schießausbildung. Uffz. Deifel am Freitag Hochzeit. Wir marschierten mittags nach Burgenfelde zum Schießen. Ich war Schreiber. Herrliches Wetter, die Natur voller Blüten. Baldur im schönsten Gewande. Und wir müssen im Gefängnis sitzen. Am 1. Mai ebenfalls Dienst. Gasmaskenausbildung und Film. Abends fuhr ich schnell zur Bahn.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Sonntag, den 2. 5. 1943: Herrlicher Maitag. O wäre ich doch zu Hause jetzt, wie schön muß es jetzt am Bodensee sein, und wir müssen im Bau sitzen. Um ½ 6 schon Aufstehen. Röntgenreihenuntersuchung. Woche vom 2. bis 8. 5. 1943: Herrliches Maiwetter. Dienstlich sehr strenge Woche. Montags G. v. D. Dienstag Nacht arbeitete ich mit Wintruff bis halb 1 Uhr. Mittwochabend Nachtübung in Bümmerstade. Freitag schießen bis abends 9 Uhr. In der Dämmerung bei herrlichem Wetter Heimmarsch. Hatte sehr gute Stimmung. Samstagmorgen im Gelände. Machten nicht viel. Sonntag, den 9. 5. 1943: Regenwetter. Den ganzen Mittag beim Schießen. Solch trostlose Maitage habe ich bisher noch nie erlebt. Woche vom 10. 5 bis 15. 5. 1943: Montags richtiger Sandsturm. Unterricht bei Leutnant Grafehrend: „Politische Tagesfragen“. Uffz. Deifel vom Urlaub zurück. WB: Der Kampf in Afrika geht seinem Ende entgegen. Nur noch einzelne Kräftegruppen. Bizerta und Tunis geräumt. Generalfeldmarschall Rommel seit dem 11. 3. 43 in Deutschland. Erhielt das Ritterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern und Brillanten. Schon wochenlang in Afrika kein Nachschub mehr. Mittwoch hatten wir Nachtübung in Bümmerstade. Anschleichübung. Von Donnerstag an mußten die Landser auf Platzteil A schanzen. Herrliches Wetter. Am Freitag schossen wir bis Abends um 9 Uhr. Habe G.v.D. WB: Der Kampf in Afrika nahm sein ruhmvolles Ende. Die einzelnen Verteidigungsgruppen stellten, als Munition und Verpflegung zu Ende waren, die Feindseligkeiten ein. Sonntag, den 16. 5. 1943: Herrliches Wetter. Ein Jahr ist es heute her, daß ich mit Plato nach Schloß Heiligenberg fuhr, an einem Samstagnachmittag, den ich nie vergessen werde. Mittags um 3 – 6 machte ich mit Bückenmaier und Königsmann in Bümmenstade durch die Wald- und Nahkampfbahn Streife. Scheuchten etliche Liebespärchen auf. Woche vom 17. 5. bis 22. 5. 1943: Bekam wegen meiner Entzündung am Knie 3 Tage Bettruhe. Schlief den ersten Tag fast dauernd, den zweiten schrieb ich Briefe, am dritten pennte ich wieder. Die meisten unserer Rekruten kommen nach Frankreich. Am Donnerstag kamen neue. Hatte mit ihnen Beschäftigung. Von Mama erhielt ich die traurige Kunde, dass Baumanns Georg gefallen ist. Nun sind die drei Freunde, die damals die herrliche Bergfahrt unternahmen, auf dem Felde der Ehre geblieben. Vielleicht, lieber Hans, dauert es nicht mehr lange und ich bin auch bei Euch. Ebenfalls ist Lorenz gefallen. Freitagmorgen mußte ich mit den Rekruten zum Einkleiden und ins Revier. Unsere ersten Rekruten marschieren zum Bahnhof. Dann nach Bürgerfelden zum Schießen. Kamen wieder erst nach halb 10 zur Kaserne. Samstags Baueinteilung der Kompanien. Bin ganz allein auf der Stube. War morgens im Lazarett. Mittags schrieb ich Trefferbilder. Abends kamen Elsäßer Rekruten. Sonntag, den 23. 5.1943: Ging mit Günther im Schloßpark spazieren. Schöne Anlagen, nur viel zu viele Menschen. Aßen anschließend im Stadinger Hof. Spazierten nachher noch an die Hunte. Woche vom 24. 5. bis 29. 5. 1943: Wieder Neueinteilung d. Rgt.. Bin mit Günther zusammen auf Stube 84. Bekam eine neue Gruppe auf Stube 84, meistens Elsäßer. Dienstagabend mit Günther in den Pschorrbräu. Mutter schreibt, daß Papa die Gelbsucht hat. Und sie sind daheim mitten in der Heuernte. Große Freude: Der Spieß fährt in Urlaub. Donnerstagabend mit Vießmann im Schlosspark spazieren. Wunderschöne Motive. Neueinteilung auf Stube 110. Kann nicht zum Ausgehen. Sonntag, den 30. 5. 1943: Nun geht auch der schönste Monat des Jahres seinem Ende entgegen. Was waren das doch in anderen Jahren für wunderbare Tage. Diesmal brachte er mir mehr und mehr Verbitterung. Der Dienst als Ausbilder macht mir eigentlich Freude, jedoch wird einem die Begeisterung durch diesen zu blöden Kompaniechef genommen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Und wieder mal betrachte ich Dein Bild, lieber Hans, wieder einmal erfüllt mich Dein so hartes Los mit tiefer Trauer. Bald, lieber Bruder, werde auch ich draußen zeigen müssen, ob ich mich vor Dir nicht zu schämen brauche. Vielleicht sehen wir uns dann bald in einer besseren Welt wieder. Blieb den ganzen Sonntag zu Hause. Habe keine Ausgehgarnitur. Wenn ich an die Front komme, kann ich mit Beruhigung feststellen, daß mir wahrhaftig nicht zu viel Freude und Abwechslung geschenkt wurden. Habe G.V.D. Las das Buch: Therese Etienne, von John Knittel. Ein sehr spannend geschriebenes Buch. Konnte es leider nicht zu Ende lesen. Wenn nur die Besichtigung schon vorbei wäre, auf die Urlaubserlebnisse bin ich gespannt. Daß sich meine Erwartungen erfüllen, glaube ich kaum. Donnerstag, den 3. 6. 1943: Trüber Tag. Mittags Verabschiedung von der Kompanie. Zogen dann zur Lehrabteilung zurück. 4. 6. 43: Übten für die Geländebesichtigung. 5. 6. 43. Ebenfalls am Samstag. Sonntag, den 6. 6. 1943: Regenwetter. Mittags Appell und Besichtigungsurlaub. Montag, den 7. 6. 1943: Übten morgens unsere Gefechtsaufgaben durch. Mittags exerzierten wir. Dann spielten die Umschüler gegen Lehrgang 3 Handball. Wir verloren 3 : 2. Grafehrend spielte im Tor. Dienstag, den 8. 6. 1943: Schliefen uns aus. Putzten dann. Sonst nicht viel.

Endbesichtigung Mittwoch, den 9. 6. 1943: Morgens nur der Major da. Herrliches Wetter. Mittags der Kommandeur da. Nicht gefährlich.. Abends machten wir unsere Hoffnungsbalken (?) an. Dann Abschiedsfeier im Kasino. Netter Abend. Zum Schluß Vorbeimarsch mit Feldwebel De Vries. Donnerstag, den 10. 6. 1943: Herrliches Wetter. Allgemeines Stuben- und Spindeschrubben. Urlaubsscheinempfang. Verabschiedung . Mit Fechter, Wiemann und Vießmann im Kapitol im Film. Abends um 21 Uhr Abschied.

Urlaub 11. 6. – 25. 6. 1943 Hatte dauernd Schnellzüge, fabelhafte Verbindung. Mußte bis Stuttgart stehen. Furchtbarer Verkehr. Ging abends im Regen heimwärts, unterstand mit einem (?) aus Schregsberg. War nachts um 12 Uhr daheim. Verdrückte mich ganz lautlos. Am andern Morgen große Überraschung. Es folgten dann Tage, die so schön waren, daß ich zu lange brauchte, um sie zu schildern. Nur schade, daß mir der Wettergott nicht hold war. Meine Erinnerungen sind durch so viele herrliche Bilder bereichert worden. Im Fluge waren die schönen Tage verronnen. Schöne Rückfahrt. Hatte dauernd Platz. Traf in Bremen Schautz und Mayer. Am Bahnhof Wintruff. Intermezzo 26. 6. 1943 bis 10. 7. 1943 Kommen erst um 11 Uhr weg. Solch faule Tage habe ich noch nie erlebt. Trieben Blödsinn mit Feldwebel de Vries. Ging meistens mit Günther aus. Sah viele Filme:

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ „Sommerliebe“, „Altes Herz wird wieder jung“, „Immer nur Du“, „Abenteuer im Grand Hotel“, „Symphonie des Lebens“ (eindrucksvoller Film), „Der Hochtourist“, „Das unsterbliche Herz“ (herrliches Werk), „Paracelsus“. 9. 7. 1943: Welch freudiges Ereignis: Wir alle, bis auf vier Mann

zum Unteroffizier befördert. Ließen gleich unsere Tressen aufnähen. Ging Abends in den Film „Paracelsus“. Heidschi wieder da. Sprach mit Düsal. Unsere Stubentüre verschlossen. Samstag, den 10.7. 1943: Morgens Vollständigkeitsappell durch den Batl. Kommandeur. Aß Mittags im Stadinger. Brachte Pakete zur Post und telegraphierte nach Hause. Abends Beförderungsfeier mit Meyer, Schiller und Düsal. Tranken meinen Schnaps. Anschließend (?). Rummel vor dem (?). Um 1 Uhr 50 in der Kaserne. Im Film „Drunter und drüber“. Sonntag, den 11. 7. 1943: Schrubben unsere Buden. Brachten unser Marschgepäck in Ordnung. Verabschiedete mich von Düsal. Empfingen um 2 Uhr unsere Sonderausweise. Verabschiedung durch Spieß und Oberleutnant. Brachten dann unser Gepäck zum Bahnhof. Mit Kirchlehner ins Cafe Gallo, dann in den (?)länder Hof. Um ½ 10 Verabschiedung am Bahnhof.

Frontbewährung Am 11. 7. war Abends großer Abschied am Oldenburger Bahnhof. Fuhren mit Feldwebel de Vries um 10 Uhr weg. Montag, den 12. 7. 43: Aufenthalt in Berlin. Sehen uns zu 11 die Stadt an und ging mit Myohl, Kirchlehner mittags in den herrlichen film „Münchhausen“. Abschied von Kultur und Zivilisation. Fuhren um 0 Uhr 47 weg Richtung Tauroggen. Dienstag bis Donnerstag: Fahrt über Königsberg, Tauroggen, Riga, Pleskau nach Gatschina, einer alten zaristischen Residenzstadt. 16. 7. 1943: Fahrt nach Tosno. Abends zum Troß Behrend. Da übernachteten wir. 17. 7. 1943: Begaben uns Mittags zum Regimentsgefechtsstand. Begrüßung durch den Oberst. Wurden auf die Kompanien verteilt. Anschließend zum Kompaniegefechtsstand. Dann zum Troß zurück. 18. 7. 1943, Sonntag: Wusch mich noch einmal gründlich. Schrieb einen langen Brief an meine Lieben daheim. Nun bleibe zurück alles was schön und gut heißt. Es beginnt eine härtere Zeit. Bleibe mir treu, mein Glück, und sollte es anders kommen, dann, o Herrgott, steh meinen Lieben bei. Tröste vor allem meine leidgeprüfte Mama. O Heimat, o Eltern und Geschwister, wie sehne ich mich nach Euch. Aber warum soll ich es besser haben als andere, besser als mein lieber Bruder Hans? Die Zustände hier kann man mit Worten nicht beschreiben: Sumpf, Dreck, Schlickwasser, Läuse und Mücken. O Herrgott, laß mich, wenn es nicht zu viel verlangt ist, wieder mal meine deutsche Heimat sehen. O Heimweh, warum plagst du mich so? 19. 7. 1943: Stand das erstemal draußen Wache. Die ganze Nacht auf. Dienstag, den 20.7. 1943: Der Tag jährt sich, an dem sich das Tor der goldenen Freiheit hinter mir schloß. Zurück blieb die Eintönigkeit des Militärlebens. Viel schwere Stunden, aber auch so manche frohe und schöne brachte es mir. Vor allem 2 Beförderungen und drei wunderschöne Urlaube. Doch, o Zeit, hast du mir die Erfüllung des einen Wunsches verweigert. Doch muß ich die größte Schuld mir zuschieben. Man soll nicht auf die Gelegenheit warten, sondern die Chance selbst herbeiführen, sein Glück selbst in die Hand

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ nehmen. Die Stellung ziemlich ruhig. Pak versucht, unsere Bunker zu knacken. Nachts Gefechtslärm und Arbeit in den Gräben. Mittwoch, den 21. 7. 1943: Schönes Wetter. Schob abwechselnd Wache an der Rollbahn. Nicht viel los außer paarmaligem Pakbeschuß und Ari-Duellen. Donnerstag, den 22. 7. 1943: Schönes Wetter. Im Nachbarabschnitt trommelten unsere von 3 bis 9 Uhr. Das dröhnt direkt in den Ohren. Am Freitag nichts besonderes. Samstag, den 24. 7. 1943: Wurden in der Frühe überraschend abgelöst. Romantisches Bild auf der Rollbahn. Aufenthalt im Roßstall. Sollen für neue Aufgaben eingesetzt werden. So hieß es auch einmal bei Hans. Mittags spielte die Regimentsmusik. Sonntag, den 25. 7. 1943: Herrliches Wetter. Pennte fast den ganzen Tag. Morgens kurze Kompaniebelehrung, Rückblick auf den Einsatz. Mittags spielte die Regimentsmusik wieder. Abends blinder Alarm. Montag, den 26. 7. 1943: Um 2 Uhr Alarm. Abmarsch Richtung Emka (heißt heute Mga), der Bahnstrecke entlang über Lasja. Flak schoß einen Iwan ab. Bilder wie damals auf dem Vormarsch: Staubige Rollbahnen, endlose Infanterie- und Fahrzeugkolonnen, unheimliche Hitze. Einquartierung in einem Strohlager. Badete in dem kleinen Flüßchen. Herrliches Gefühl. Habe U.v.D. Schönes Flußtal, in dem wir lagern. Dienstag, den 27. 7. 1943: Herrlicher Tag mit wenig Dienst. Mittags badete ich wieder. Und das mitten in Russland! Mussolini zurückgetreten. Der italienische König übernahm militärischen Oberbefehl. Marschall Badoglio Regierungschef. Der Krieg soll weitergeführt werden. In Rom Ausnahmezustand. WB: Palermo geräumt. Essen, Kiel, Hamburg schwer angegriffen. Am Kubanbrückenkopf, bei Orel und Bjelgorod und südlich des Ladogasees schwere Abwehrkämpfe. Mittwoch, den 28. 7. 1943: Schönes Wetter. Bauten im Fluß einen Staudamm, um Schwimmen zu können. Abends Schnapsgelage. Iwan unternahm einen schweren Fliegerangriff. Um 1 Uhr Gratulation des Bataillons für Hauptmann Münstermann. Donnerstag, den 29. 7. 1943: Herrliches Wetter. Dienstfrei. Der Kommandeur hat Geburtstag. Schlief aus und badete. Abends wieder russischer Angriff. Freitag, den 30. 7. 1943: Schönes Wetter. Morgens Waffenreinigen, Mittags Waffenappell, dann Sport. Baden. Nachts warf Iwan wieder Bomben. Ich las das Buch „Montblanc“ von Rudolf Stratz. Samstag, den 31. 7. 1943: Wuschen morgens unsere Klamotten. Mittags legten wir uns auf die faule Haut. Abends schrieben wir Umschüler dem Leutnant einen Brief. Woche vom 1. 8. 43: Beginnt mit schönem Wetter. Am heiligen Sonntagmorgen Waffenausbildung. Las das Buch zu Ende. 2. 8. 1943: Packten morgens. Mittags marschierten wir über Emka (Mga)der Front entgegen. Übernachteten in Erdlöchern. 3. 8. 1943: Sollen Morgen angreifen. Letztes Ausruhen. Keine weiteren Eintragungen. Am 4. 8.1943 ist Xaver während des Angriffs „durch Herzschuß“ gefallen.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Xaver Fuchs, Kerlenmoos Seine Briefe aus Meersburg und seine Feldpostbriefe Xaver, 1923 geboren, ist 1940 Schüler an der Bodenseeschule in Meersburg, Aufbaugymnasium. Brief von Xaver an seinen zur Wehrmacht einberufenen Bruder Hans. Meersburg, den 11. 2. 1940. Lieber Hans! Erhielt heute mit großer Freude Deine Karte aus Deinem nun neuen Lebenskreis. Bis jetzt hast du also vom Kasernenhof noch nicht viel gespürt. Oder hat sich das vielleicht inzwischen geändert? Aber laß Dich vom U. v. D. oder vom Feldwebel nur nicht aus der Ruhe bringen. Immer denke: Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, wenn Du im Dreck liegst. Das schnelle Aufstehen wirst Du wohl die erste Zeit verfluchen. Mich wundert es, dass Du nicht zum Arbeitsdienst eingezogen wurdest, sondern sofort zum Kommiß. Wenn Du den Photo brauchst, weißt Du ja, was Du zu tun hast. Hier gibt es fast jeden Abend reizende Landschaftsmotive bei Sonnenuntergang. Einfach phantastisch. Vor sie untergeht, spiegelt sie sich in dem duftig lichtblauen See und bildet darin ein feuriges Schwert. Der ganze Horizont strahlt in rötlichgoldenem Abendglanz, im Vordergrund die schattenhaften Umrisse der alten Burg und der Unterstadt, und im Hintergrund, von den letzten Strahlen umschimmert, die Zinnen der Alpen. Dieser Gesichtskreis wird dann immer dunkler, bis man nur noch Umrisse erkennen kann. Stimmungen, wie sie nur am Bodensee vorkommen. Bis jetzt habe ich es noch nicht gewagt, mit dem Photo umzugehen. Mit unserem Schilager ist es auch nichts geworden. Unser Sportlehrer ist gleichfalls auf den 5. eingezogen worden. Die Ski aus Oberreute habe ich jetzt auch bekommen. Aber leider: So ein Scheiß: Unterricht haben wir gerade jetzt keinen mehr, weil die meisten Lehrer eingezogen oder krank sind. Wir haben fast lauter Vertretungsstunden, wo vorgelesen wird, und fast nichts auf. Ein pfundiges Leben. Wie Du vielleicht weißt, ist meine ehemalige Klassenlehrerin nun an eine Mädchenschule in Straßburg versetzt worden. Nun hat dies Biest, auf den Wunsch unserer Klasse, die Adressen ihrer Lieblingsklasse geschickt, 19 Mädchen für unsere 23-köpfige Klasse, ein paar von uns haben freiwillig verzichtet, einer davon ist ein ausgesprochener Mädchenfeind, die anderen schon anderweitig besetzt. Und die übrigen: Völlig weg! Kann ich Dir sagen. Bis ich den ersten Brief vom Stapel gelassen habe, das war eine schwierige Geburt, ach du lieber Gott! Ich alter Schwerenöter wusste nicht, wie anfangen und aufhören. Schließlich ist er doch gelungen. Und der Brief aus Straßburg: die kann noch nicht recht Deutsch: das war ein Gestaxe, auweh! Mich hat’s fast verrissen vor Lachen. Ein Photo will sie auch von mir. Die ist gar nicht schlecht. Nächsten Sonntag besuche ich Gretel (seine Schwester). Vielleicht bekommst du dann wieder etwas zu hören von uns. Von zu Hause erwarte ich auch wieder Post. Mama hat mir geschrieben, dass es jetzt so leer sei, sie kann es manchmal gar nicht fassen, dass wir nun alle fort sind. Ihnen wie auch Dir wird der Abschied wohl schwer gefallen sein. Nun muss ich schließen, es ist Zeit geworden, ins Bett zu gehen. Ein andermal wieder. Laß auch bald wieder von Dir hören. Inzwischen die herzlichsten Grüße, Dein Bruder Xaver Xaver an seine Eltern. Meersburg, den 6. 3. 1941 Liebe Eltern. Euer Koffer ist gestern wohlbehalten hier angekommen. Herzlichsten Dank dafür. Da habt Ihr also mit dem Ferienkind eine neue Sorge bekommen, das wäre nicht gerade nötig gewesen. Um die Grippe bin ich herumgekommen. Allerdings hatte ich die letzte Zeit so ein Biest von Furunkel an der Schläfe, ganz ekelhaft, ich habe ihn jetzt glücklich

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ weggebracht. Wir arbeiten jetzt in Hochtouren aufs Zeugnis, das am 15. erscheint. Ferien gibt’s wahrscheinlich vom 5. April bis zum 21. Wenn Ihr nichts dagegen habt, gehe ich wahrscheinlich auf einen Kurs nach Seemoos, (Wehrertüchtigungslager) vom Direktor habe ich die Erlaubnis. Es geht noch ein Klassenkamerad mit. Ich werde dann schon wieder für eine Weile genug davon bekommen. Also, ich komme dann am Kardonnerstag oder Freitag heim. Dann bin ich für die Feiertage erledigt. Wegen Hans müßt Ihr Euch nicht sorgen, denn der hat wahrscheinlich jetzt sehr straffen Dienst, da bleibt nicht sehr viel Zeit zum Schreiben übrig, überhaupt, wenn man dann hundsmüde ist. Gretel läßt auch nicht viel von sich hören, die hat auch viel zu arbeiten. Ihr Kurs ist ja jetzt bald zu Ende. Gebt die Bilder Andreas. Wenn er noch mehr will, der Abzug kostet 12 Rpf. Das wäre für heute das Wichtigste. Viele Grüße, Euer Xaver. Xaver an seine Schwester Gretel Meersburg, den 7. 3. 41 Liebe Gretel. Da du schweigst, will ich wieder mal ein bißchen proleten. Ich glaube ja gerne, daß Ihr schwer beschäftigt seid. Jetzt geht Dein Kurs ja keinen Monat mehr. Ich hätte eine Bitte an Dich. Hans schreibt mir, ich solle ihm doch den Photo schicken, er glaube, daß sie nicht allzu lange in Cannstadt seien und dann möchte er gerne etwas davon wenigstens im Bilde festhalten. Also beeil Dich bitte ein wenig, damit Du Deinen Film voll bekommst. Verpacke den Apparat dann gut in Holzwolle. Schicke es aber nicht als Feldpost, sondern als gewöhnliches Päckchen. Geld dazu lege ich Dir bei. Was übrig bleibt, steht zu Deiner Verfügung. Hans schreibt, wenn er ihn so geschickt bekommt, muß er ihn persönlich abholen. Geht schon wieder eine Zeit vom Dienst drauf. Wir hier arbeiten jetzt mit Volldampf aufs Zeugnis am 15. Da geht’s hoch her. Vom 5. April bis zum 21. sind Gott sei Dank wieder mal Ferien. Ich gehe vom 19. 3. bis 10. April auf einen Kurs nach Seemoos. Da kann ich wieder mal Hinliegen und Hüpfen bis zum Umfallen üben. Vielleicht bekomme ich dann wieder für eine Weile genug davon. Ein anderer Klassenkamerad geht noch mit, der will auch geschliffen werden. Das wäre für heute das Wichtigste. Viele Grüße, Dein Bruder Xaver. Xaver an seinen Bruder Hans Meersburg, den 21. 3. 41 Lieber Hans. Schicke Dir ein kleines Päckchen, das ich heute Morgen aus Pfullingen erhielt. Soviel ich aus Erfahrung weiß, verabscheust Du so was nicht und ich glaube, Du hast auch mehr Bedürfnis danach als ich, überhaupt, wenn Ihr so eingespannt seid. Du mußt schon entschuldigen, wenn ich schon ein bißchen davon versuchte. Der Gedanke, daß ich es eigentlich Dir schicken könnte, ist mir erst nachher gekommen. Schreib aber bitte Boleys nichts davon. Letzten Samstag erhielten wir unsere Bollenquittung (Zeugnis). Ich bin ganz zufrieden. Es hat sich seit dem letzten Mal nicht viel verändert. Übermorgen gehe ich nach Seemoos, wie ich Dir ja schon geschrieben habe. Da werden wir „faulen Weiber“ nach altem preußischem Vorbild zünftig geschliffen. Da heißt’s dann wieder Hüpfen, Hinliegen, Aufstehen, zehn Stunden, usw. usw. Du weißt es jetzt ja selber. Ich freue mich schon auf den Tag, wo der Scheiß vorbei ist. Gretel kommt in zwei Wochen ja auch wieder heim. Den Photo wird sie Dir jetzt geschickt haben. Dann kannst Du ja losziehen. Für heute will ich schließen. Ich schreibe Dir dann von Seemoos aus meine neue Adresse. Inzwischen die herzlichsten Grüße, Dein Bruder Xaver.

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Sein Bruder Hans ist am 18. 3. 1942 in Wolowka bei Barewo, 40 km südlich von Staraja Russa im Alter von 21 Jahren gefallen. Meersburg, den 14. Mai 1942 Liebe Mama. Herzlichen Dank für Deine eben erhaltene Karte. Da es mir aber leider nicht möglich ist, am Samstag heimzukommen, weil wir das Schloß Heiligenberg besichtigen wollen, will ich Dir auf diesem Wege zum Muttertage alles Gute wünschen. Der Herrgott wird ein Einsehen haben und auch Dir wieder einmal die Sonne scheinen lassen, wenn es auch jetzt nicht danach aussieht und Dein Ehrentag von Dornen umschlungen ist. So ist also Hans doch noch einmal nach seiner tödlichen Verwundung zum vollen Bewußtsein gekommen und hat noch an neuen Einsatz gedacht, nicht an jenen grausamen Reiter, der dem Soldaten auf allen Wegen folgt und kein Erbarmen kennt. Er ist bis in den Tod dem treu geblieben, nicht an das zu denken, was doch einmal eintreten muß, nein, an neuen Frühling und glorreichen Sieg nach so langer, harter Zeit. Ganze Arbeit wollte er leisten, da er nichts anderes kannte. Der Allmächtige sollte es anders für ihn bestimmt haben. Mit Schiller könnte ich klagen: Bruder! Ach in ewig tiefer Pause feiern alle deine Hoffnungen; oft erwärmt die Sonne deinen Hügel, ihre Glut empfindest du nicht mehr; seine Blumen wiegt des Ostwinds Flügel, sein Gelispel hörest du nicht mehr. Liebe wird dein Auge nie vergolden, nie umhalsen deine Braut wirst du, nie, wenn unsre Tränen stromweis rollten, ewig, ewig sinkt dein Auge zu. Liebe Mama. Am härtesten von uns allen hat Dich der Schlag getroffen, umso mehr, als Dein gesundheitlicher Zustand nicht der beste war und Du wieder erkennen mußtest, daß Dein Leiden noch nicht, wie Du hofftest, das Genesungsstadium erreicht haben sollte. Menschenworte sind schwache Tröster. Der droben über den Sternen mag am meisten helfen. Ich will ihn bitten, daß er Dir Deinen Passionsweg erleichtern möge. Was soll ich Dir schreiben? Es wird mir selbst schwer, Worte zu finden, die andere aufrichten sollen. Ich vertiefe mich jetzt immer mehr in die Geschichte des Deutschen Volkes. Dort hole ich mir Trost. Die Historie des siebenjährigen Krieges und Friedrichs des Großen beschäftigt mich zur Zeit. Wie viel können wir daraus lernen. Doch will ich Dich nicht damit belästigen, denn Du hast jetzt andere Sorgen. Nimm es nicht gar zu schwer. An seinem Schicksal können wir doch nichts mehr ändern. Wer weiß, wie viele dieser Krieg noch verschlingen wird? Doch hoffentlich wird der Sieg danach stehen, dann hat Hans doch nicht umsonst geblutet. Liebe Mama, nochmals wünsche ich Dir Besserung Deines Leidens und Linderung des Schmerzes. Die herzlichsten Grüße im Gedenken an Hans, Dein Xaver.

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Aus Xavers Tagebuch: Montag, den 20. 4. 1942 Schönes Wetter. Beim Mittagessen kamen die ersten Trauergäste, Onkel Josef aus Stuttgart, Tante Helene, Maria und Frieda. Ich mußte hinter dem Haus das Reis aufräumen und sauber machen. Dazwischen zeigte ich Onkel Josef unsere Gebäulichkeiten mit Vieh und Schweinen. Machte mit Rosa Blödsinn. Gegen Abend fuhr ich nach Krumbach und holte das Weißbrot vom Bäcker. Traf am Bach in Ergeten Heiner. Um halb acht holte Vater Götte, Großvater und Tante Fanny in Rosenharz ab. Um 8 Uhr für Hans Beten. Das erste Gewitter dieses Jahr. Nachher mußte Karl die drei Radolfzeller Tanten zu Agnes (Geray, Rotheidlen) hinauffahren. Erst um halb 11 Uhr ins Bett. Dienstag, 21. 4. 1942 Trauergottesdienst für unseren lieben Bruder Hans. Ich fuhr zuerst um 7 Uhr mit dem Rad nach Bodnegg und half Karl und der Schwester die Kränze ans Denkmal zu legen. Bewölkter Himmel, doch gutes Wetter. Zuerst beteten die Angehörigen und Verwandten in der Stube. Die Leute gaben Hans vor dem Haus das Weihwasser. Mama fuhr, bevor die Musik kam, mit dem Wagen nach Bodnegg. Um halb 10 marschierten wir ab. Zuerst die Musik, dann Alfred, Ernst und ich, dann Vater und Götte usw. Während des Weges kamen immer mehr Leute hinzu. Eichelbergers Adolf beim Moos-Rank. Die Musikkapelle spielte immer wieder Trauermärsche. Der Zug wurde immer größer. Eine Abordnung von der Feuerwehr kam dazu. Beim Denkmal hielt Sepp Weiß für die Musikkapelle einen Nachruf und legte einen Kranz nieder. Fugunt legte von der Feuerwehr aus einen nieder, war sehr bewegt. In der Kirche hielt Pfarrer Hildebrand eine sehr schöne Trostpredigt, dann Requiem. Nachher noch Rosenkranz der Angehörigen und Gebet am Grab. Dann Totenmahl beim Wäscher. Das untere Zimmer gesteckt voll. Saß neben Eichelbergers Adolf. Eichelbergers Mathilde und Amalie, Franziska, Hugo von Baumgarten, Vaters Verwandtschaft, Frau Bernhard und Tochter, Roths Franz u. u. Um 3 Uhr nach Hause. Ich ging mit Eichelbergers Adolf, Tante Marie und Frieda. Die nähere Verwandtschaft trank zu Hause noch Kaffee. Vaters Verwandte schon fort, dann verabschiedeten sich Eichelbergers. Hirschers Anni auch da. Die wird immer netter. Ernst kann zufrieden sein. Abends erzählte Großvater und Götte. Ich schlief auf dem Sofa. Mittwoch, den 22. 4. 1942 Götte, Großpapa und Onkel Josef fuhren in der Frühe um 7 Uhr weg. Trübes Wetter. Ich holte morgens das Bild vom Hans am Denkmal. Mittags brachte ich mein Paket zur Post. Um 3 Uhr Abschied, der mir diesmal sehr hart ankam, und Fahrt mit dem Fahrrad nach Friedrichshafen, dauernd ein Gewitter hinter mir her. Dann mit dem Schiff nach Meersburg. Als ich meine alten Kameraden begrüßte, mußte ich immer an Hans denken. Es macht mir keine Freude mehr. Donnerstag, den 23. 04. 1942 Geht gleich wieder mit vollen Segeln an die Arbeit. Stundenplan mit vermehrtem Unterricht, sogar Mittags. Sauwetter. Mittags erhielt ich eine Karte zurück, die ich an Hans geschrieben hatte. Mir kamen die Tränen. Götte besuchte mich. Mittags in den Film, nur ¼ Vorstellung. Freitag, den 24. 4. 1942 Frl. Hubert und Füll fehlen. Zum erstenmal seit langem wieder Musik, Musikgeschichte. „Was man schwarz auf weiß besitzt...“ Mittags von 3 – 4 Biologie. Schönes Wetter, schöne Abendstimmung, die meisten auf dem Sportplatz.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Samstag, den 25. 4. 42 In der Schule nichts besonderes. Mittags in der Bibliothek. Um halb 5 in den Film. Nichts besonderes. Um 8 Uhr Lesung des elsäßischen Dichters Oskar Wöhrle im Musiksaal aus eigenen Werken für die HJ. Mit Rosenfelder Platz anweisen. Sonntag, den 26. 4. 1942 Morgens mit der HJ in den Film „Über alles in der Welt“. War ganz interessant. Mittags hörte ich Volkskonzert. Um 3 Uhr hörte ich mit Werner die Reichstagssitzungen mit der Rede des Führers im Ratskeller. Die Ausführungen Hitlers begeisterten mich nicht mehr so stark wie früher. Hat nun auch diktatorische Vollmacht, Angriff gegen die Justiz. Abends schrieb ich Ernst einen Brief. Um halb neun mit Strobel in den Ratskeller. Ein (?) zahlte eine Runde. Um 10 nach Hause. Montag, den 27. 4. 42 Schönes Wetter. In Chemie wurde ich abgefragt. Mathematikarbeit sehr schlecht wieder ausgefallen, zum Heulen. Ich fuhr um 2 nach Konstanz zu Götte und holte ein Paket für daheim. Tante Paula kam zum Schluss auch noch.. Um 5 Uhr fuhr ich zurück. Dienstag, den 28. 5. 1942 P. hielt einen Lichtbildvortrag über Baukunst. Füll wieder da. In Erdkunde Nordamerika. Mittags mit Potz per Fahrrad zum Altmaterialsammeln. Alles grünt und fängt an zu blühen. Um 3 wieder zurück. Wir schrieben Jauch einen Brief. Dann las ich „Friedrich der Große“ von Kugler-Menzel. Draußen hat sich wieder ein Wind erhoben und fegt um alle Ecken. O Hans, warum mußtest du gehen? Sollte es dir nicht beschieden sein, als Bauer den Namen unserer Väter auf unserem schönen Heimathof zu erhalten? Warum hast du uns das angetan? Doch, lieber Bruder, wir sehen uns einmal wieder! Mittwoch, den 29. 4. 1942 In der Schule nichts besonderes. Trübes, kaltes, windiges Wetter. Mittags um 3 zum Zahnarzt. Um 5 fertig. Um 6 zu Malers in die Unterstadt. Schon um halb 7 Abendessen. Vom Ernst eine Karte aus Mittenwald. Donnerstag, den 30. 4. 1942 Windiges Wetter. Eylau erzählt von seinen bisherigen Erlebnissen. Mittags Handballspiel Klasse 7 gegen Bund 60. Wir verloren 4:2. Abends mit Werner zur Post. Kauften meine (?) Freitag, den 1. 5.1942 In Chemie ... In Musik sangen wir Kanons. In der letzten Stunde frei. Es schneite. Um 2 Uhr fuhr ich mit Stotz, Sauer und Metzler heimwärts, bei Tettnang schneite es wie verrückt. Ich musste ¼ Stunde unterstehen bei Hildebrand. Um 5 Uhr zu Hause, wieder besseres Wetter. Samstag, den 2. 5. 1942 Bei uns arbeitete alles, ganz nettes Wetter. Ich blieb daheim und lernte Erdkunde. Mittags zweimal ins Tobel. Und Hans ist nicht mehr. Sonntag, den 3. 5. 1942 Regen und Schnee untereinander. Gretel hatte Streit mit Papa wegen der Einladung vom Hugo, der auf Urlaub gekommen ist. Mit Rad in die Kirche. Schmids Gebhard hat 4 Wochen Arbeitsurlaub. Traf Stiebles Rudi. Nach dem Amt gleich heim. Mittags Hirschers Anni da. Hugo kam später. Schauten Photos an und er erzählte von Russland. Um 6 Uhr fuhr ich mit dem Rad wieder weg. In Friedrichshafen fing es an zu regnen. 1 Std. Aufenthalt. Auf dem Schiff traf ich Retzel. Um ½ 10 Uhr zu Hause in Meersburg. Und Hans ist bei den Toten.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Montag, den 4. 5. 42 Beb. in Deutsch. X. fehlt bis wir fort sind. Lateinarbeit zurück. Ein Stück aus VII übersetzt. Mittags hellte sich das Wetter auf einen Schlag auf. Gegen Abend das herrlichste Wetter. Erhielt von Boleys Hella einen Brief. Ein Brief vom Hans mit Photos kam zurück. „Neue Anschrift abwarten“ stand darauf. Muß ein Mißverständnis sein. Dienstag, den 5. 5. 42 Nachts um 2 Uhr Luftschutzalarm. Zeichnen fiel aus. Herrliches Wetter. Ich las Mittags auf der Terrasse „Friedrich der Große“ von K. Mittwoch, den 6. 5. 42 Herrliches Wetter. In der Schule nichts besonderes. Mittags mit Patzer ins Strandbad. Sonnten uns und lasen. Meersburg, den 6. 5. 1942 Meine Lieben. Bin am Sonntag einigermaßen trocken bis nach Friedrichhafen gekommen und hatte dort noch eine ganze Stunde Aufenthalt. Die L. M. (Lebensmittel) sind versorgt. Gestern kam wieder ein Brief, den ich an Hans schrieb, zurück. „Neue Anschrift abwarten“ stand drauf. Wir haben sie ja inzwischen erfahren: Barewo heißt sie. Boleys Ernst hat wieder ganz zuversichtlich aus Mittenwald geschrieben. Ich lege Euch hier die fünf weiteren Vergrößerungen von Hans bei. Der Photograph hat sie nun ein bißchen anders entwickelt, Hans ist größer drauf. Das Bildchen von Ernst zeigt ihn, wie er wirklich ist, verstruwwelte Haare, ein bißchen dreckig im Gesicht trotz des Sonntags, und die Kappe, die natürlich nicht fehlen durfte, daneben. Der Milchkarren gehört dazu, denn etwas mußte er ja zum Herumschieben haben. Wenn Andreas noch mehr Abzüge will, schreibt es mir bitte. Gebt auch Rosa das Bild, hoffentlich ist sie zufrieden. Ich kann sie nicht schöner aufnehmen als sie wirklich ist. Für heute wäre das das Wichtigste. Das Wetter hat sich ja überraschend schnell gebessert und Ihr werdet Arbeit genug haben. Sonst wird alles beim alten sein. Die herzlichsten Grüße. Xaver Donnerstag, den 7. 5. 42 In Geschichte nahmen wir Kant durch. Mittags las ich auf der Terrasse. Um 4 mit Stotz auf dem Sportplatz. Fußball Kl. 7. 1: 2, Herrliches Wetter. Dienstag, den 12. 5. 42 Vor zwei Monaten erhielt Hans seinen Bauchschuss. Was muß er doch gelitten haben. Vielleicht harrt meiner das gleiche Schicksal, wer weiß? Morgens zu ist schönes Wetter. Dann stieg Nebel auf. Im Zeichnen arbeiteten wir an der Burg. Rastweiler ist immer noch der alte und ... ist er schon von den jetzigen Lehrern. In Geschichte beendigten wir die französische Revolution. Mittags las ich in „Friedrich der Große“ den siebenjährigen Krieg fertig. Ein heroisches Lied vom harten Kampf eines überragenden Geistes und hervorragenden Soldatentums gegen eine Welt von Feinden. Man kann Mut dabei schöpfen. .... schreibt als Gefreiter vom südlichen Ilmensee nach harten Kämpfen während der Ostertage. Mein Bruder mußte dort das Leben lassen. Hans, ich kann es immer noch nicht fassen, daß du nicht mehr zurückkehren sollst. In der Schule nichts Erfreuliches. Stützmann tobte. In der letzten Stunde Völkerball. Mittags Klasse 7 Physik.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Montag, den 17. 5. 1942 Trübes Wetter. Nach der 1. Stunde die ganze Schule Heilkräuter sammeln, Klasse 7 mit 5 und 5a. Bender beaufsichtigt Waldmeister sammeln. Um 11 Uhr zurück. Mittags las ich in „Friedrich der Große“ über den siebenjährigen Krieg. Abends machten wir im Studiensaal Blödsinn. Die Zeit vergeht so schnell, ich kann es halt immer wieder nicht begreifen, daß Hans nicht mehr zurückkehren soll, daß es ihm nicht vergönnt sein soll, den Namen und mir den lieben, den einzigen Bruder zu erhalten. Wenn ich heimkomme, lese ich dort in aller Augen den Vorwurf: Und du? Aber Herrgott im Himmel, du bist grausam, da du mir das angetan hast. Ich darf und will es niemand sagen. Doch man soll gegen das Schicksal nicht hadern. Herrgott, ich habe nur eine Bitte, hilf vor allem meiner leidgeprüften Mutter und der lieben Schwester über das Schwere hinweg. Dienstag, den 19. 5. 42 Im Zeichnen an der Burg arbeiten. Physikarbeit bei Stützmann, katastrophal. Schönes Wetter. Ich schrieb Deutsch eins. Schrieb auch einen 4 Seiten langen Brief. Mittwoch, den 20. 5. 42 In der Schule nichts besonderes. Nachmittags zu Hause. Donnerstag, den 21. 5. 42 Rex in Geschichte und Latein anwesend. Mittags trübes Wetter. Um 4 Uhr bei Stützmann 1000 m – Lauf. Katastrophales Ergebnis. Freitag, den 22. 5. 1942 Rex in Chemie anwesend. Sonst nichts besonderes. Trübes Wetter. Holten bei Götte die Uhr für Gretel. Samstag, den 23. 5. 1942 Rex in Mathe und Erdkunde anwesend. Mittags schönes Wetter. Ende der Schulzeit. Um ½ 2 Uhr fuhr ich weg nach Hause. In Langenargen sah ich Sturmboote üben. Besuchte Eichelbergers Amalie in Kressbronn, wollte nach Pechters weiter, Plattfuß, zurück. Abends um 7 Uhr von Kressbronn über Tettnang nach Hause. Wunderbares Wetter und Fernsicht, besonders vor Tettnang. Um ½ 9 Uhr zu Hause. Traf Onkel Fritz und Tante Sophie.

Einberufungsbefehl vom Wehrmeldeamt Überlingen auf den 20. Juli 1942 bis 18.00 Uhr beim Sammelplatz des. W. B. K. Ulm /Donau, Grenadierkaserne (für Nebel Ers. Abtl. 3) Seine Briefe aus Bremen Abs. Kanonier Xaver Fuchs, 2. Nebel Ers. Abt. 3 Bremen, Scharnhorstkaserne Bremen den 24. 7. 1942 Liebe Eltern und Geschwister. Wie Ihr aus meiner Karte von Ulm vielleicht ersehen habt, ist es doch anders gekommen, als wir geglaubt hatten. Schon im Zug, gleich nach Ravensburg, erfuhr ich von „Leidensgenossen“ aus Weingarten, daß wir hierher kämen. Bei denen stand es schon im Stellungsbefehl. In der Grenadierkaserne übernachteten wir. Dort traf ich einen Schulkameraden, der nach Garmisch zu den Gebirgsjägern einrücken mußte. Sie waren auch auf der Durchfahrt. Am Dienstag um 12 fuhren wir von Ulm mit dem Bummelzug weiter und „rasten“ durch ganz Deutschland. Schade, daß es die meiste Zeit regnete, sonst wäre das eine herrliche Fahrt geworden. Zuerst ging es über die Alb Stuttgart zu, dann wurde unser Wagen

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ umgehängt und bildete von jetzt ab immer das „Schlußlicht“. Um die 7 Mal wurden wir noch umgehängt, unser Transport umfaßte jetzt 52 Mann mit 2 Unteroffizieren. Nun nahmen wir Richtung Heidelberg, verließen das Württemberger Ländle, überquerten den Schwarzwald. Wieder verpfuschte uns das Wetter die Aussicht, doch unser Humor war glänzend. So gelacht habe ich schon lange nicht mehr. Vom Bruchsaler und Heidelberger Schloss erblickten wir wiederum nichts. Doch weiter ging es, ohne längeren Aufenthalt. Wir fuhren ein langes Stück der Bergstraße entlang, eine sehr schöne Landschaft (Weinheim, Heppenheim) und erreichten über Darmstadt Frankfurt am Main. Hier übernachteten wir in unserem Wagen. Sehr romantisch ging es da zu. Auf den Bänken, Gepäcknetzen und auf dem Boden lagen wir so gut es ging. Am andern Morgen ging es durch die Wetterau, Gießen, Marburg (einer sehr schönen Renaissancestadt) Kassel zu. Dort hatten wir einige Stunden Aufenthalt, durften aber nicht hinaus und wurden an einen Güterzug, Ihr werdet lachen, hinten angehängt. Doch dieser hielt wenigstens nicht an jeder Station, bis 120 hatten wir es nach genauester Zählung schon gebracht. Das konnte einen zum Wahnsinn bringen. Per „Viehwagen“ erreichten wir über Göttingen, Hannover, Nachts um 2 Uhr Bremen. Wieder übernachteten wir im Wagen und fuhren mit der Tram am nächsten Morgen bei strömendem Regen hierher. Beschädigte Gebäude sah ich nur am Bahnhof. Dort war aber auch kein ganzes Fenster mehr zu sehen. Nun habe ich also das Kasernentor durchschritten. Ein anderer Wind pfeift hier. Gestern sind wir eingekleidet worden und sind also jetzt Soldaten, perfekte kann ich ja nicht behaupten. Doch dafür wird schon gesorgt. Die ganze Zeit ist hier ein Gebrüll und Gepfeife, daß es einem Angst werden könnte, wäre ich es nicht aus Seemoos schon einigermaßen gewöhnt. Meersburg ist dagegen eine Kinderstube. Aber bis jetzt tut’s schon. Über unsere Waffengattung darf ich nichts Näheres verlauten lassen, sie ist eine Geheimwaffe. Wir werden darauf doppelt vereidigt. Mit was sie hantieren, könnt Ihr ja aus meiner Anschrift ersehen. Ich habe nur so gestaunt. So harmlos ist sie nicht, im Gegenteil. Wer den chemischen Gestank nicht aushält, wird nach 4 Wochen der Flak oder den Panzerjägern unserer Abteilung zugeteilt. Aber Ihr braucht noch keine Angst zu haben, dass es mir was macht. Wir werden erst noch haargenau auf Herz, Lungen usw. untersucht werden, wie man uns wissen ließ. Unsere Kasernen sind fast neu und im Vergleich zu anderen auch sehr gut. Ein großer Vorteil. Schicken braucht Ihr mir vorerst nichts, an Brot oder Fleisch wenigstens. Ich schreibe Euch dann schon, wenn’s Not tut. Bekannte habe ich hier keine getroffen, nur aus Wolfegg und Ravensburg ist ja einer hier. Es sind hier meistens 34-jährige Arbeiter und Abiturienten von meinem Alter. Mit dem recht erhofften Sonntagsurlaub wurde es unter diesen Umständen natürlich nichts. Damit ist es vorbei, schade. Wie geht es auch Euch? Ihr seid doch noch alle gesund? Die Wintergerste könnt Ihr bei dem Sauwetter auch nicht mähen. Grüßt mir auch die Kerlenmooser und sagt nochmals allen Vergeltsgott für das Geld. Für heute herzliche Grüße, Euer Xaver. Bremen, den 26. 7. 1942 Meine Lieben. Den Brief vom Freitag werdet Ihr inzwischen erhalten haben. Der erste Sonntag beim Barras geht schon zu Ende, wir haben allerdings nicht viel davon gemerkt. Doch bis jetzt haben wir, die neuen Rekruten, noch ein schlaues Leben. Wir sitzen auf der Stube und wissen nicht, wie wir die Zeit totschlagen sollen. Die Kantine hat ihren Laden heute Mittag geschlossen. Mitte dieser Woche soll die Ausbildung beginnen, dann wird mir nicht mehr so viel Zeit zum Schreiben bleiben, drum will ich jetzt „vorbauen“. Schickt mir auch Feldpostpapier, sonst ist das hier bald fertig. Bis jetzt gefällt es mir ganz gut, nur das eine kann ich noch nicht recht fressen, daß sie uns bis hier herauf gesteckt haben, wo auf keinen Urlaub zu hoffen ist. Jetzt kommen hier die Aprilrekruten ins Feld, wir an ihre Stelle. In unserer Batterie ist es nicht ganz so schlimm mit dem Dienst, da wir bei den leichteren Werfern sind. Zu essen haben wir vorläufig genug, da wir immer noch von der Verpflegung von zu Hause zehren, die meisten auf unserer Bude sind vom Lande, Schwaben und Badenser. Es könnte lustiger zugehen, aber wir haben um die acht 34-Jährige unter uns 15. Dass die

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ ziemlich pessimistisch eingestellt sind, ist verständlich, fünf davon sind verheiratet. Unser Stubenältester, ein junger Oberkanonier, ist ein Pfunds Kerl, hoffentlich bekommen wir ihn als Hilfsausbilder. Gestern Nacht hatten wir dreimal kurz hintereinander Fliegeralarm. Es waren jedoch keine Tommies da. Abends konnten wir in allen vier Himmelsrichtungen an die 120 Fesselballons im Himmel schweben sehen. In Bremen muß es schlimm aussehen, wie die älteren Soldaten erzählen. Bei Großalarm werden wir zu Aufräumungs- und Bergungsarbeiten herangezogen. Unsere Kasernen sind noch nie getroffen worden, nur die Fenster rein geflogen. Es ist hier nett, auf dem Kasernenhof wächst Gemüse und Kartoffeln, der ganze Platz. Da braucht man wenigstens nicht immer auf so ein kahles Stück Erde zu schauen. Der Koffer wird die nächste Zeit abgehen, genau wann, wissen wir nicht. Die Schleiferei und Schreierei macht mir nichts aus, Seemoos hat mich daran gewöhnt, nur die Appelle habe ich gefressen. Gestern erhielten wir die Knarren und Seitengewehre. Es kann also richtig losgehen. Wie geht es Euch? Was macht Mamas Gesundheit? Gestern hatte sie doch Geburtstag, hier verschwitzt man alles. Meine herzlichsten Glückwünsche und alles Gute für die Zukunft! Die Ernte wird jetzt bald beginnen. Da habt Ihr dann wieder nichts zu lachen. Hoffentlich habt Ihr genug Leute. Was gibt es auch in Bodnegg? Zigaretten bekommen wir hier genug, leider aber auch nicht ohne Raucherkarten. Was macht Martes Tabak? Für heute will ich Schluß machen. Die herzlichsten Grüße Euch allen, Euer Xaver. Bremen, den 31. 7. 1942 Meine Lieben. Herzlichen Dank für Eure drei Briefe, die ich gestern gleichzeitig erhielt. Hier steigert sich der Dienst jetzt so langsam, ich komme aus dem Muskelkater gar nicht mehr heraus. Aber bis jetzt hat’s mir nichts ausgemacht. Nur die dauernden Fliegeralarme, die könnten einen zum Wahnsinn bringen. Das Essen ist gut, besser als in Meersburg, dafür aber bedeutend kleiner in der Quantität. Das Wetter ist jetzt ja schön, da werdet Ihr öhmden. Nächstens schreib ich wieder ausführlicher. Herzliche Grüße, Euer Xaver. Bremen, den 2. August 1942 Liebe Gretel. Zuerst möchte ich Dir zu Deinem 20. Geburtstag am 6. August herzlich gratulieren und für die Zukunft alles Gute wünschen, alles, was Du Dir selber wünschest. Eben ertönen von der gegenüberliegenden Kantine die Siegesfanfaren des Engelandliedes, mögen sie doch hoffentlich bald den letzten Sieg verkünden, daß die vielen Millionen, die sich danach sehnen, in die Heimat zurückkehren können. Bis dahin bin ich sicher auch draußen gewesen, dann mag es ruhig einmal sein Ende finden. Du wirst den Kopf schütteln, aber vielleicht verstehst Du, daß ich nicht zurückkehren möchte, ohne sagen zu können, auch ich habe meine Pflicht erfüllt und meinen Teil fürs Vaterland geleistet. Aus diesem Grunde erfülle ich auch den Dienst hier gern, wenn ich mich so ausdrücken darf. Dabei bleiben möchte ich für immer nicht, auch nicht als Offizier, sollte ich mich als KOB (Kriegsoffiziersbewerber) melden, was noch sehr, sehr fraglich ist. Denn das sture automatische, in lauter vorgeschriebene Formen gepreßte Leben paßt mir wenig; ohne länger nachzudenken allen Stoff auswendig lernen. Das ist nichts für mich. Den meisten geht es so, aus den verschiedensten Gründen. Viele verständige Unteroffiziere u. a. sagen einem offen, daß sie auch lieber zu Hause wären, als hier. Aber es ist halt nun einmal Krieg. Der Drill und Schlauch macht mir wenig aus, das tut dem Körper nur gut, so lange es nicht übertrieben wird. Daß sie mich bis hier herauf gesteckt haben, ist blöd und ärgert mich jeden Tag, andererseits hat es auch das Gute, daß ich wieder einmal eine andere Gegend und andere Menschen kennen lerne. Vor den nächsten zwei Wochen sehe ich allerdings noch nicht viel davon, dafür bin ich Rekrut. Die Fliegeralarme sind während des Tages ganz angenehm, gestern Morgen und Mittag heulten die Sirenen drei Mal. Aber wenn man Nachts aus den Federn muß oder halt vielmehr von den Brettern gejagt wird, dreimal vom obersten Stock (ich

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ liege im dritten Bett von unten) heruntergeflogen ist, daß man meint, es sei alles kaputt, ist das höchst unangenehm. Mit der Zeit gewöhnt man sich auch daran. Nun bin ich schon den zweiten Sonntag hier. Heute sind die April-Rekruten weggekommen, nun sind wir dran. Wenn’s nur bald vorüber ist. Die Verpflegung ist ganz gut, was Wurst, Butter, Brot usw. anbelangt, wobei letzterer Fall wie überall Mangelware ist. Das Mittagessen war in Meersburg schon besser, auch reichlicher. Aber ich bin ganz zufrieden mit dem Essen. Ich hatte es nicht so gut erwartet. Nur ist halt, wie schon gesagt, alles knapp. Sonst gäbe es von hier nicht viel zu berichten. Das Baden jetzt im Hochsommer geht mir schwer ab. Ihr werdet hart zu arbeiten haben bei diesem schönen Wetter. Ich kann daher auch keine langen Brief verlangen. Du brauchst abends nicht wegen mir hinsitzen und den Schlaf versäumen. Ich bin noch nicht an der Front. Es geht Euch allen gut? Was macht Mamas Gesundheit? Sie soll sich auch schonen. Was ist mit Hugo? Bei Gelegenheit hört Ihr wieder von mir. Sei mit allen Lieben daheim recht herzlich gegrüßt. Dein Bruder Xaver. Bremen, den 7. 8. 42 Liebe Mama. Für die beiden Briefe und das lb. Paket herzlichen Dank. Im letzteren hat leider nicht mehr alles gestimmt. Eier dürft Ihr keine mehr schicken, und wenn Ihr Brot hinein tut, ja keine nassen oder Flüssigkeit absondernden Gegenstände wie Rettiche oder so. Da war beim Brot ziemlich viel verschimmelt, auch innendrin. Schickt mir am besten halt ganze, auch kleinere Brotlaibe. Butter braucht Ihr mir keinen zu schicken., auch nicht so viel Speck. Aufs Brot bekommen wir eigentlich reichlich, nur am ersteren ist halt Mangel. Ihr habt jetzt doch auch nicht mehr im Überfluß? Ihr braucht Euch wegen mir keine Sorgen zu machen und etwa Euern Bedarf einschränken. Schicke mir auch bitte eine Bescheinigung vom Rathaus, daß Ihr meine Raucherkarte abgegeben habt, vorher bekomme ich hier keine neue und daheim bekommt Ihr sicher auch keine für mich. Für den Abschnitt kriege ich hier 6 Zigaretten statt 3 wie der Zivilist. Ich schicke sie Euch dann. Heute hatten wir Vereidigung mit allem Drum und Dran, Regimentsmusik und Vorbeimarsch am Altkommandeur. Das beste: mittags dienstfrei. Wir gingen gruppenweise nach Bremen ins Kino, das erstemal außerhalb der Kasernentore. Schreibe mir auch bitte die Adresse von Keckeisen Xaver, vielleicht kann ich ihn einmal treffen. Liebe Mama, schone Dich auch, dass Du keinen Rückfall erleidest. Die Ernte kommt sicher auch so herein. Jetzt werdet Ihr mitten drin sein. Sage auch Schmids Mutter und Hirschers einen Gruß. Ich schreibe ihnen nächstens extra. Für heute sei mit allen herzlich gegrüßt. Dein Xaver. Bremen, den 9. 8. 1942 Liebe Gretel. Heute ist Sonntag, da will ich mich gleich für Deine beiden lb. Briefe herzlich bedanken. Mit Besuch ist es jetzt allerdings aus, denn eine solche Fahrt würde schon etliches Geld verschlingen. Ich habe mich auch jetzt damit abgefunden und warte jetzt nur auf das Ende dieser Rekrutenzeit. Meine Meersburger Kumpanen sind ja jetzt auch ziemlich alle beim Kommiß. Stotz hat es gut getroffen. Der ist dahin gekommen, wo ich hinzielte. Denn den Bodensee kann ich nicht vergessen. Der Manz ist direkt in seine Vaterstadt München eingerückt. Sein Vater ist Oberstleutnant und Wehrmeldeamtsleiter. Da werdet Ihrs verstehen (Beziehungen). Dem Wolfgang Froschmaier habe ich schon geschrieben. Der hält sich zur Zeit in Kopenhagen auf. Wenn es das Glück will, treffen wir uns einmal, das ist aber sehr fraglich, der ist immer auf großer Fahrt. Übrigens, bisher habe ich der Schule und dem Internat wenig nachgetrauert. Heimweh danach verspürte ich bis jetzt noch nicht. In der letzten Zeit dort hatten es mir einige Vorfälle schon recht verleidet. Und weißt, so ein gutes Verhältnis und so gute Erzieher wie Ihr in Hegne, gab es dort nicht. Einigermaßen gute Kameraden hatte ich nicht viele, es herrschte sehr viel Egoismus in der Klasse. Uneinigkeit

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ war die Folge. Daß an mir nichts gelegen hat, will ich ja nicht behaupten. Es hat eben jeder seine Mucken. Die Kameraden, zu denen ich näher gestanden bin, haben mir zum größten Teil über die Heimatadresse jetzt geschrieben. Heimweh hatte ich in den ersten paar Tagen nur nach Kerlenmoos, nach Euch. Aber jetzt habe ich gar keine Zeit mehr dazu. Vielleicht ist es gut, daß man nicht zum Nachdenken kommt. Über Hans muß ich jetzt mehr nachsinnen als früher. Manchmal kann ich es jetzt noch gar nicht fassen, daß er aus dem fernen Russland einfach nicht mehr zurückkommen soll. Alle unsere Hoffnungen vernichtet, denn er war es im Grunde doch, zu dem wir aufsahen, ein Pol für uns, er, der den Heimathof einmal in seine Hände nehmen sollte. Es kommt mich oft sehr hart an, ich kann Mama gut verstehen, wie auch Dich, daß Ihr es so schwer überwindet. Ein fester Glaube kann einem da wirklich sehr viel helfen. Und Ihr werdet mir verzeihen, meiner schwankte nicht selten. Denn als junger Mensch, wenn man sich stürmisch Wissen erobert, kommen einem auch hier die Zweifel. Man hält es mit Thomas, fragt: „Wer beweist mir das?“, wo es doch Dinge gibt, die über unser Verständnis hinausgehen? Wenn es ernst wird, weiß man dann immer schnell, wo man sich hinwenden muß. Und weißt du, wir stehen ohne Zweifel in einer Zeitenwende. Da werden die Menschen hin und her geschleudert, bis sich der neue Bau gefestigt hat. Die großen Umwälzungen auf allen Gebieten werden sich ja erst nach dem Krieg zeigen. Keiner kann sie in ihrem ganzen Umfang übersehen. Darum, liebe Gretel, leben wir in einer sehr schweren Zeit, aber zugleich auch großen Zeit, denn diese beiden Begriffe laufen immer nebeneinander her. Das will mir oft auch nicht recht hinunter. Wer bin ich schon, was bedeutet ein einzelner, wo es um viele Millionen geht? Da ist eine große Masse, grob gesagt, Kanonenfutter. Es ist hart, solches zu denken. Ich will das auf mich nehmen, nur muß dieser Krieg gut ausgehen, damit Hans und die vielen anderen nicht umsonst ihr junges Leben verbluteten. Das ist mein einziger großer Wunsch. Auf den Besuch von Keckeisen Xaver freue ich mich riesig. Wenigstens ein gut Bekannter. Dem Herrn Kaplan werde ich bei Gelegenheit noch ausführlich schreiben. Wie geht es Hugo? Ist er in harten Kämpfen? Wie geht es Euch allen daheim? Was gibt es in Bodnegg Neues? Ihr seid also schon mitten in der Ernte. Da Ihr so viel Arbeit habt, müßt Ihr mir halt nicht so oft schreiben, das will ich nicht verlangen. Alfred schreibe ich noch extra. Für heute grüßt dich herzlich mit allen Lieben daheim, Dein Bruder Xaver. Bremen, den 14. 8. 42 Meine Lieben. Mama für ihre lb. Päckchen und den Brief herzlichen Dank. Wißt, hier macht mir ein Lebenszeichen von Euch noch viel mehr Freude als in Meersburg. Wenn man unter lauter fremden Menschen lebt, ist das verständlich. Der Inhalt der Päckchen war gut erhalten, auch die Butter. Seid damit aber vorsichtig, denn wenn es ein andermal so lange geht wie beim ersten, kann ich ihn nicht mehr brauchen. Feldpostpapier habe ich jetzt aufgetrieben. Ich sandte Euch deshalb das überflüssige mit dem Koffer sofort zurück, da Ihr es sicher auch notwendig braucht und keinen Überschuß daran habt. Letzteren durften wir gestern endlich aufgeben. Eigene Unterwäsche dürfen wir keine tragen. Taschentücher und Socken reichen mir aus, nur meine Turnschuhe müßt Ihr mir schicken, ich brauche sie hier als Hausschuhe. Wenn ich den Pullover brauche, schreibe ich Euch schon, jetzt noch nicht. Geld ist nicht vonnöten, meines nimmt durch die Löhnung immer noch zu, wir kommen ja nicht aus der Kaserne. Nächsten Sonntag, also am 16. 8., ist der 1. Gewehrappell, da falle ich doch sicher auf, dann ist’s mit dem ersten Ausgang auch Essig. Papa wird’s Euch schon erzählen können. Mamas Brief nach seid Ihr ja bald fertig mit öhmden. Das freut mich wirklich, daß es bisher so schnell ging. Wenn Ihr nur die Ernte gut hereinbringt. Kommt Ihr mit den Leuten zu Streich? Stelzers Kathrin und Sauters Karl werden halt immer wieder einspringen. Sagt ihnen viele Grüße, auch den Kerlenmoosern. Nächstens schreibe ich ihnen noch einzeln. Als Rekrut hat man halt so wenig Zeit. Mama schreibe ich nächstens ausführlicher. Denkt an die Raucherkarte! Es kommt Euch allen zugute. Die herzlichsten Grüße, Euer Xaver. - Grüße an Karle, Marte, Andreas, Luise.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Bremen, den 16. 8. 42 Liebe Mama. Nun ist heute schon wieder Sonntag. Jetzt endlich komme ich dazu, mich für Deine Briefe und Pakete zu bedanken. Also nochmals, ich danke Dir recht herzlich dafür. Am Donnerstag erhielt ich die letzte Sendung. Es war ziemlich gut erhalten, das Brot war ein wenig angeschimmelt, macht aber nichts. Wenn es ganz gut erhalten ankommen soll, schickt es per Express, dann ist es in 2 Tagen hier, ich muß dann noch 50 Pfg. drauf zahlen. Speck reicht mir vorläufig aus, ich schreib dann schon wieder, wenn Not am Mann ist. Das wäre das Sachliche. Nun sind wir schon vier Wochen hier und bekommen noch keinen Ausgang, wurden auch, außer dem Verteidigungstage, noch nicht ausgeführt. So langsam möchte ich doch einmal vom Kasernengelände verschwinden. Es ist schon gut, daß unser Hof (Kasernenhof) nicht so kahl ist, daß Rosen und Mohn drauf blühen, da ist es noch erträglicher. Ich hätte Dir gern vorher geschrieben, aber weißt du, den Rekruten bleibt nicht viel freie Zeit. Letzte Woche war wie vom Teufel, ein Appell jagte den andern. Zum guten Ende war gestern Mittag der gefürchtete Gewehrappell. Gott sei Dank bin ich nicht aufgefallen, sonst wäre mir auch die Ehre zuteil geworden, an der „Stunde der jungen Nation“ gestern Abend teilzunehmen. Die 49 Mann, oder sogar mehr, wurden von den drei schärfsten Unteroffizieren geschliffen. Die sahen nachher wirklich abschreckend aus. Nächsten Sonntag findet ein Sportwettkampf statt, da wird wieder nichts aus dem Ausgang, das ist verheerend, aber nichts zu machen. Liebe Mama, wenn ich im Anfang etwas pessimistisch geschrieben habe, nimm es nicht so ernst, es kann auch jetzt noch einmal vorkommen, nimm es nicht so ernst. Weißt, es war halt doch nicht so leicht, auf einen Schlag von daheim so weit weg zu kommen, dazu noch unter lauter fremde Menschen. Heimweh bekommt auch der, bei dem das nicht der Fall ist. Und die Rekrutenzeit war noch nirgends schön. Was andere durchmachen, werde ich wohl aushalten können, das wäre noch schöner. Und das mit dem blinden Gehorsam, daran gewöhnt man sich, wenn einen der Unteroffizier in aller Lautstärke anbrüllt und ein Gesicht schneidet, als wolle er einen auffressen, geht man gerne los. Mir ist das bisher nicht schwer gefallen, da brauchst Du keine Angst zu haben, das lernte ich schon in Seemoos. Überhaupt, ärger als dort haben sie’s hier noch nicht getrieben, und Kommiß ist Kommiß. Bloß sah man dort auch ein Ende, was hier nicht der Fall ist. Ein komischer Kerl war ich immer schon ein wenig. Ich habe Zeiten, da bin ich halt gern allein. Sind aber gute Kameraden um die Wege, so mache ich auch jeden Spaß mit. Daran fehlt es auf unserer Stube leider etwas, vielleicht wird es. Hans hat mir ja damals auch gesagt, die Kameradschaft sei miserabel. Er wollte sich doch deshalb auch zu den Fallschirmjägern ummelden. Es ist schon wahr. Und weißt, hier ist es so, da bewegen sich Schwaben, Badenser, bayerische Dickschädel und Franken auf einer Bude. Daß das nicht ohne Reibung abgeht, kannst Dir ja denken. Wir liegen ja schon lange nicht mehr so wie am Anfang. Der Wolfegger kam weg. So bin ich halt allein für mich. Hans hat’s auch durchgemacht. Überhaupt, liebe Mama, muß ich hier, wie ich schon Gretel schrieb, viel mehr an Hans denken wie in Meersburg, alles fällt mir viel schwerer. Doch ich will es Dir nicht auch so machen, Du weißt schon, wie es ist. Mir kommen fast die Tränen. Ich kann es einfach nicht verstehen. Drin im Spind habe ich ein paar Bilder von ihm, ich kann es zeitenweise wirklich nicht begreifen, daß es so kommen mußte. Wenn Euch der Brief erreicht, sind es schon fünf Monate her, daß wir seinen Tod beklagen müssen. Was er uns allen war, läßt sich in Worten nicht ausdrücken, man merkt es immer zu spät. Liebe Mama, ich muß mich beeilen, die Zeit drängt schon wieder und ich hätte doch noch manches zu sagen. Ihr fahrt ja mit der Ernte fest ins Zeug. Da würde ich wirklich gerne mal wieder mitmachen. Nun muß ich halt hier auf dem Exerzierplatz herumlaufen. Seid Ihr mit dem Öhmd schon fertig und seid Ihr mit den Erträgen zufrieden?. Wie stehen die Hopfen, und wird es nicht mehr lange dauern, bis sie gebrockt werden können? Boleys Hella kommt doch auf den 18. zu Euch. Das wird Dir wieder etwas Abwechslung bringen. Ist Gerda schon

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ wieder nach Hause gefahren? Ernst hatte das Glück und konnte auf Urlaub fahren. Nun wartet er auf die Abstellung. Wenn ich nur auch schon so weit wäre. Ob ich mich als KOB (Kriegsoffiziersbewerber) melde, weiß ich nicht. Wenn ich zur Infanterie gekommen wäre, ja, aber bei der Artillerie? Mathematik war nie mein Lieblingsfach, und das gibt’s da genügend, besonders dann auf der Kriegsschule. Wie geht es auch Dir, liebe Mama? Was macht Dein gesundheitlicher Zustand? Schreib es mir bitte wahrheitsgetreu. Schone Dich auch, wenn es irgendwie möglich ist. Du weißt ja, was Du uns allen bist. Freilich weiß ich auch, wie schwer Dir das fällt, aber tu uns den Gefallen, auch Gretel! Papa soll es auch nicht so arg treiben, lieber mehr Arbeitskräfte nehmen. Dies ist allerdings auch ein Kapitel für sich, besonders jetzt, ich weiß das alles. Er muß schon viel leisten. Wenn Ihr so viel Arbeit habt, brauchst Du mir ja nicht so viel zu schreiben. Meinen Geburtstag hätte ich fast verschwitzt. Ich danke Euch für Eure Glückwünsche. Was machen auch die Kleinen? Helgale? Für heute will ich schließen. Wenn ich nicht immer gleich antworte, weißt Du schon warum. Es ist halt die erste Zeit. Ich wünsche Dir alles Gute. Sei herzlich gegrüßt von deinem Xaver. Grüße mir auch alle anderen! Bremen, den 22. 8. 42 Liebe Mama. Endlich komme ich dazu, mich für Deine lb. Päckchen zu bedanken, vor allem auch für den Brief, der mich tief erschüttert hat. Ich kann ihn Dir jetzt unter diesen Umständen noch nicht zufriedenstellend beantworten. Wir haben heute, die ganze Nebel Ersatz. Abt. 3, im Bremer Stadion Sportwettkampf der einzelnen Batterien untereinander, also einen schönen „dienstfreien“ Tag. Gestern Mittag ging es los, morgen Mittag endet es, dann haben wir voraussichtlich den ersten Ausgang. Zeit zu tieferen Gedanken erlaubt der laute Betrieb hier nicht. Jetzt ist gerade Essenspause, der Lautsprecher spielt mit voller Lautstärke, auf den Rängen ringsherum stehen, liegen und sitzen den anderen Rekruten und sorgen für den nötigen Zeitvertreib. Meine Schrift wirst Du auch wieder einmal schwer entziffern können, aber entschuldige, meine Schreibunterlage bildet das Soldbuch, das auf den Knien liegt. Nun wirst du verstehen. Nun zu etwas anderem. Keckeisen Xaver war nicht da, das Päckchen hat er mir von Bremen aus geschickt. Vielleicht hatte er keine zeit, denn anfangs dieser Woche gab es reichlich Fliegeralarm, vom letzten Sonntag bis Mittwoch allein 10, gewöhnlich zweimal tagsüber und einmal nachts. Gefährlich war’s aber nie. Die Flak hörte ich nur ein paar Mal schießen. Der Inhalt des Päckchens war natürlich noch gut erhalten, aber, liebe Mama, wenn Du Honig hast, so behalte ihn doch bitte selbst, Du hast ihn nötiger als ich, spare es Dir doch nicht vom Munde ab, was Du mir schickst, es würde mir die ganze Freude daran verderben. In letzter Zeit war bei uns das Brot stark angeschimmelt, da fiel ziemlich weg; mehr zugeteilt bekamen wir natürlich nicht. Sonst ist die Verpflegung aber zum Teil sehr gut. Der Dienst war in letzter Zeit sehr streng, es geht auf die Zwischenbesichtigung zu. Der preußische Kommiß ist berüchtigt. Ich komme fast nicht mehr zum Schreiben. Entschuldige mich doch bitte bei den Verwandten. Zum Heimschreiben langt es immer gerade noch. Manchmal reicht die Zeit nicht mal zum Essen. Sage dies auch Boleys Hella, die doch jetzt bei Euch in Ferien ist. Ich sollte überall hin schreiben und komme nicht dazu. Ernst müßte ich antworten, Tante Anna, Eichelbergers usw. usw. In zwei Wochen geht es auf den Truppenübungsplatz in die Lüneburger Heide, etwa 100 km von hier entfernt: dann wird’s noch weniger Zeit geben. Ungefähr drei Wochen bleiben wir dort. Das wird so etwas geben! Und unsere Werfer, so heißen unsere Geschütze, im Sand herum ziehen. Wenn das nur schon vorbei wäre. Einen Monat bin ich nun hier. Man hat nicht viel Zeit zum Überlegen, das ist gut. Ihr werdet mit Ernten und Öhmd ziemlich fertig sein. Weißt, wenn es immer gar so heiß ist, habe ich den einen Trost, und daran denke ich immer, jetzt könnt Ihr wenigstens Euer Sach

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ unter Dach bringen. Die Hopfenernte wird auch bald losgehen? Schade, daß ich nicht für ein paar Tage dabei sein kann, nichts zu machen. Bekommt Ihr Eure Leute zusammen? Wenn ich am Sonntag Zeit finde, schreib ich Dir nochmals. Sei mit allen herzlich gegrüßt von deinem Xaver. Grüße auch Hella. Bremen, den 23. 8. 42 Liebe Mama. Für Deinen lieben Brief und Karte meinen herzlichsten Dank, ich erhielt sie beide gestern gleichzeitig. Meine Freude wieder einmal kannst Du dir vorstellen. Besonders auch, da Ihr die Ernte so schnell und gut heim gebracht habt. So ging es also besser als letztes Jahr, Gott sei Dank. Und am Montag geht die Hopfenernte an. Richte allen mir bekannten Brockern viele Grüße aus, Frau Schneider, Frau Heck(?) usw. Nun hast Du für ein paar Wochen keine Ruhe mehr, Ärger und Verdruß. Doch denke ich, daß es dieses Jahr nicht so laut zugeht, da kann ich ein wenig beruhigt sein. Macht Gretel den Hopfengärtner? Wahrscheinlich. Hoffentlich hält auch jetzt das gute Wetter an, daß es nicht so geht wie andere Jahre. Karl wird jetzt genug Arbeit mit Ackern haben. Da muß ich schon wieder an Hans denken, wie hat er doch im Herbst Furche um Furche gezogen, ein frohes Lied auf den Lippen, die Verkörperung eines Jungbauern. Weißt Du, ich müßte vielleicht auch nicht so viel an seinen so frühen Tod denken, hätte ich hier ein paar Bekannte oder wenigstens gute Kameraden oder Freunde, wie Ernst. Aber auf unserer Stube steht’s darum schlecht bestellt, jeder nimmt möglichst wenig Rücksicht auf den anderen. Dann sind noch ein paar so Stänkerer darunter. Es ist halt Barras-Betrieb, da kann einer oder zwei unter zwölfen nicht viel ausrichten. Habe jetzt aber mit mir nur kein Mitleid, das ist höchst unnötig. Man wird schon hartgesotten und wird den rauhen Ton schließlich gewohnt. Du brauchst deswegen keine Sorge um mich zu fühlen. Es ist alles zum Aushalten, man ist halt nicht zu Hause. Aus Deinem Brief lese ich wieder den Schmerz heraus. Ich glaube, ich mache es Dir mit jedem Brief schwer. Es soll in Zukunft nicht mehr geschehen. Daß sich Pia abquält, glaube ich gerne, denn einen Hans bekommt sie halt nicht mehr. Sie hätten so zusammen harmoniert. Und nun? Auch ich habe schon vielmal daran gedacht. Übrigens, die Frage, ob ich den Hof übernehmen wollte, beschäftigt mich die ganze Zeit, es ist meine Lebensfrage für die Zukunft. Weißt du, ich denke mir, jetzt war ich sechs Jahre lang in einer anderen Berufsausbildung, ob das nicht doch etwas ausmacht. Und das eine weißt du ja selbst, so ein Geschick für einen Bauern wie Hans, besitze ich nicht, sonst wäre ich ja auch nicht auf die Schule gegangen. Aber, wenn mich jetzt jemand fragte, ob ich den Hof nehmen wollte, so strikt nein würde ich nicht mehr sagen, wie früher. Nicht etwa wegen dem Kommiß. Es ist eine wichtige Frage entschieden worden, die für mich Lebensfrage war. Ich kann deshalb jetzt auch bestimmtere Entscheidungen treffen. Liebe Mama, ich weiß, was Dein Wunsch ist und der von allen Verwandten Deiner und väterlicher Seite. Aber mir ist es auch wegen des jetzigen Vaters, ob ich ihn so vor den Kopf stoßen kann, wenn ich so sagen darf. Das eine weißt Du wiederum, daß, wenn ich etwas anderes werden wollte, ich auf jeden Fall aufs Land wollte. Die Entscheidung ist schwer, das wirst du verstehen. Was soll ich machen? Das frage ich mich in jeder freien Minute. Vielleicht ergibt es sich noch, hoffentlich. Ich habe aber Zweifel an meiner Fähigkeit, ein richtiger Bauer, der etwas versteht, wie gesagt, zu werden. Und dann, wie gesagt, wegen Papa. Heute haben wir den ersten Ausgang. Ich bleibe hier, denn die Post von der ganzen Woche muß noch erledigt werden. Die meisten anderen sind fort. Liebe Mama, schreib mir auch immer wahrheitsgetreu, wie es Dir geht. Ich bin dann wieder beruhigter. Und wie geht es den andern? Mir geht es soweit gesundheitlich prima, die Erkältung ist weg, Gott sei Dank. Sei mit allen herzlich gegrüßt von Deinem Xaver.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Bremen, den 24. 8. 42 Lieber Alfred. Nun will ich Dir aber doch schleunigst auf Deine beiden lb. Briefchen antworten, mich erst mal herzlich dafür bedanken. Daß es mich jedes Mal riesig gefreut hat, wirst Du Dir denken können. Nun bin ich also schon fünf Wochen Rekrut, weißt, da habe ich mich an den Betrieb schon einigermaßen gewöhnt. Morgen folgt ein heißer Tag. Um halb fünf geht’s raus, Geländeübung auf so einem kleinen Truppenübungsplatz, einer kleinen Heide, nicht weit von hier. Da geht’s ran mit „hurra, Sprung auf, marsch, marsch!“ und Platzpatronen, so einem Miniaturinfanterieangriff. Da würdest Du gerne zuschauen, kann ich mir vorstellen. So ein kleines Manöver. Für uns ist’s weniger angenehm, so ¾ Stunden unter der Gasmaske in aller Gluthitze schwitzen, Aber es geht ja auch vorüber, mir macht’s keine Sorge. Letztes Mal, vor einer Woche, machte es mir direkt Spaß, mit aufgepflanztem Seitengewehr mit Karacho ran. Nun ja. Gestern Abend mußte ich abbrechen, jetzt ist es bereits wieder mittags um drei. Es war heute Morgen ganz gemütlich. Jetzt pfeift der U. v. D. schon wieder. Wenn ich mal genügend Zeit habe, schreibe ich Dir ausführlich, wie es hier zugeht. Jetzt wirst Du hüten müssen oder Dich im Hopfengarten rumtreiben. Ihr habt ja Ferien. Für heute herzliche Grüße Dein Xaver. Bremen, 30. 8. 1942 Liebe Mama. Für Deinen Brief wieder recht herzlichen Dank. Wie mich das jedesmal freut, kannst Du Dir gar nicht vorstellen, für ein paar Minuten fühle ich mich dann immer zu Hause. Weißt, ich würde Euch schon mehr schreiben, aber ich habe wirklich keine Zeit dazu. Der Dienst fordert jede freie Minute. In den Pausen muß man dann machen, daß man mit Putzen, Nähen, Stuben-Flurdienst und all dem Krampf fertig wird. Auch heute mußt Du entschuldigen, wenn ich mich kurz fasse. Am heiligen Sonntag Morgen hatten wir Unterricht und Bastelstunde, mittags ging ich zum erstenmal ins Kino. Dort sah ich mir den „Rembrandt“ an. Ein sehr schöner und inhaltsreicher Film. Bis ich jetzt zurückkomme, ist die Zeit schon bald wieder da, ins Bett zu gehen. Du hast wieder recht ernst geschrieben, liebe Mama, mach Dir doch bitte keine Selbstvorwürfe, und um mich brauchst Du Dich ja vorläufig gar nicht zu sorgen. Weißt, ich bin Rekrut, da kann es schon vorkommen, wenn manchmal eine trübselige Stimmung in meine Briefe hineinkommt; nimm das nicht zu ernst. Das wechselt bald wieder. Daß ich nicht so fröhlich wie Hans damals sein kann, erlauben die Umstände nicht, ich versuch’s halt so gut es geht. Geht’s im Dienst heiß her und will mir etwas nicht in den Magen, denke ich an den Kernspruch Götz von Berlichingens, der hilft. Und vorüber geht alles. Letzte Woche hatten wir zwei Geländeübungen, anschließend einen kleineren Marsch bis zur Kaserne, 15 km. Wir haben vielleicht geschwitzt. Bei dieser Hitze wird es bei Euch den Hopfenbrockern schön auf den Buckel gebrannt haben. Spielt Hella gern den Hopfengärtner? Sicher. Da habt Ihr ja wieder eine schöne Gesellschaft beieinander. Grüße mir alle, vor allem Frau Schneider, Werders(?) Fine und die andern, die ich kenne, B (?) Rosina, fast hätte ich sie vergessen, unser ehemaliges Mägdle. Wie geht es auch Schmids, und Hirschers Mutter? Die Schachteln schick ich Dir zurück, sobald es mir möglich ist. Die letzte Zeit nahm unsere Poststelle nichts an. Schickt mir auch kein ganz frisch gebackenes Brot, das hält nämlich nicht so gut. Der kleine Koffer ist noch nicht angekommen. Für das andere Paket mit dem Kuchen und der Wurst Vergelt’s Gott. Denkt auch zuerst an Euch. Ich verhungere hier nicht. Hella und Gretel danke ich für ihre Karte vom Alpenblick. Ich schreibe ihnen nächstens, wenn ich Zeit habe. Ich muß sie immer wieder vertrösten, es ist zum Verrücktwerden. Auch Ilse und Tante Anna. Auch Ernst müßte ich schreiben und komme nicht dazu. Meiner Schrift wirst Du ansehen, was los ist, die Zeit drängt, immer wieder die Zeit. Für heute, vielleicht für die ganze Woche, muß ich schließen. Morgen ist wieder ein sehr strenger Tag. Grüße mir alle daheim, Papa, Gretel, Hella, die Kinder, Karl, Andreas, Marta, Luise usw. Sei herzlich gegrüßt von Deinem Xaver.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Bremen, den 5. 9. 42 Lieber Alfred. Nun will ich Dir doch den zweiten Brief, den ich Dir bisher schuldig geblieben bin, beantworten. Weißt du, Mama wird Dir’s schon gesagt haben, ich habe sonst so wenig Zeit. Der Rekrut wird den ganzen Tag gejagt, abends geht dann das Putzen und Flicken los. Doch ich glaube, davon habe ich Euch schon genug vorgequatscht. Heute dagegen bietet sich mir schon am schönen Samstagmorgen Gelegenheit, Deine Ungeduld zu befriedigen. Du wirst Dich wundern. Vielleicht habt Ihr’s schon durch den Radio erfahren, bis dieser Brief ankommt. Heut Nacht war’s in Bremen wieder interessant, da war vielleicht was los. Die Tommies machten einen Angriff, der sich sehen lassen konnte. In letzter Zeit, seit dem englischen Landungsversuch an der nordfranzösischen Küste, hatten wir eigentlich wenig in den Keller gemußt. Wir freuten uns schon, daß wir auch Nachts mal endlich unsere Ruhe hatten. Es war die Ruhe vor dem Sturm. Jetzt haben sie’s nachgeholt, und wie. Um ½ 3 Uhr heulten die Sirenen. Wir, nichts als schnell anziehen und in den unteren Stock. Gleich schoß die ganze Flak ringsherum. Nach 1 ½ Stunden hörten sie auf, uns holte man dann heraus. Rings herum war der Himmel feuerrot. Unsere Kaserne hatte zum Glück nichts abgekriegt. Nun ging’s im Laufschritt zu den Brandherden, dort mussten wir ausräumen usw. Außer der Motorspritze von unserer Batterie war nirgends keine Feuerwehr. Die wurde scheint’s an anderer Stelle gebraucht. Ich wundere mich bloß über die Leute, die zusehen müssen, wie ihnen ihr Hab und Gut abbrennt. Trotzdem sah ich niemanden, der geweint oder gejammert hätte, alles war so ruhig. Es war nur gut, daß keine Sprengbomben abgeworfen wurden, sonst hätte es hier erst ausgeschaut! Das ärgste ist jetzt eingedämmt, uns hat man heimgeschickt, jetzt haben wir Bettruhe. Diese Woche ging’s bei uns hoch her. Am Donnerstag schon Morgens um zwei bei uns ein „Probealarm – Küste“. Weißt, das ist immer Übung für einen etwaigen englischen Landungsversuch, der vielleicht doch einmal kommen könnte. Es war diesmal eine Divisionsübung angesagt. Wir freuten uns schon, daß wir auf eine Nordseeinsel kämen. Doch daraus wurde nichts. Wir standen ein paar Stunden mit Sturmgepäck, Packtaschen, Brotbeutel, Spaten und Gasmaske vor dem Kasernenblock. Jeder hatte 30 Schuß scharfe und 20 Schuß Platzmunition dabei. Wir erwarteten neue Erlebnisse. Doch da wurde die Sache abgeblasen. Dafür machten wir Mittags mit voller Ausrüstung einen infanteriemäßigen 30 km-Marsch, dazwischen machten wir Zeltbau und lauter so Zeug. Wie wir abends um 9 heimgekommen sind, kannst Du Dir vorstellen: Blasen an den Füßen, daß wir fast nicht mehr gehen konnten; es war der erste längere Marsch. Einen mords Kohldampf. Seit dem einen Teller Suppe am Mittag hatte ich nichts mehr gegessen. Wir waren auf jeden Fall wieder einmal fertig, d. h. todmüde. Das wäre von hier so ziemlich alles. Du hast immer noch Ferien? Wo mußt Du zur Zeit hüten? Kommt Ernstle zur Schule? Wie gefällt Dir das diesjährige Hopfenbrockervolk? Gerda ist wieder in Essen? Sag auch Rittlers Hans einen Gruß. Für heute will ich schließen. Sei mit allen herzlich gegrüßt von Deinem Xaver. 6. 9. 1942 Liebe Mama. Für das Paket und den lb. Brief herzlichen Dank. Ersteres war noch vollständig gut erhalten. Da hast du recht, wenn Du meinst, es ist von Vorteil, wenn im Leben nicht alles glatt und eben geht. Das tut mir auch gar nichts, wenn ich immer wieder in die Zwickmühle komme. Das sind einzelne Stunden, höchstens Tage, umso leichter lernt man dann wieder, jeden kleinen Sonnenstrahl sehen und sich für ihn bedanken. Du brauchst um mich überhaupt keine Sorge zu haben, wie ich Dir schon mehrmals schrieb. Ich möchte nur immer eines, daß ich’s nicht leichter als Hans habe. Über das Neueste von hier wirst Du von Alfred schon erfahren haben. Hoffentlich ist er jetzt mit mir zufrieden. Wegen der Flieger brauchst Du um mich kein bißchen Angst zu haben. Unsere Kaserne wurde noch nie getroffen. Dazu gibt es bei uns feste Luftschutzkeller. Mir kommt das ganz interessant vor. Es tun mir nur die Leute, die davon betroffen wurden, leid.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Jetzt ist es mir sogar recht, daß man mich hier herauf verlegt hat und ich auch dies nun erleben konnte. Da lernt man den Krieg auch von dieser Seite her kennen. Gestern, am Samstag, waren wir den ganzen Tag draußen im Einsatz, aufräumen, Straßen absperren und lauter so Scherze. Heute Nacht habe ich glücklich 3 Stunden geschlafen. Weiter in der Stadt drin, wo Sprengbomben und Luft(minen ?) abgeworfen wurden, sieht es verheerend aus. Wenn ich eine hiesige Zeitung erwische, schicke ich sie Euch. Die Brotmarken und die Raucherkartenbescheinigung erhielt ich schon in einem Deiner Briefe. Auch dafür herzlichen Dank. Trotz aller Voraussagen habe ich auch jetzt das Qualmen nicht angefangen. Du schreibst etwas von Urlaub. Die einzige Möglichkeit wäre, daß Ihr um Hackfruchturlaub für mich eingebt. Das kann erst geschehen, wenn unsere Grundausbildung beendet ist. Die ist bis Ende dieses Monats etwa der Fall. Drei Wochen könnte ich dann bekommen, wahrscheinlich Ende September müßte das Gesuch dann hier sein. Ich glaube, von hier bekäme ich weniger Schwierigkeiten entgegengesetzt, bei meinem Gruppenführer bin ich gut angeschrieben. Als Grund müßtet Ihr natürlich Leutemangel angeben können oder etwas ähnliches. Liebe Mama, sollte ich keinen bekommen, so will ich’s auch nicht übel nehmen. Hans mußte auch ohne dies ins Feld. Und für Papa wäre es doch eine Reise, die mit großen Kosten verbunden wäre. Das will und darf ich nicht von Euch verlangen. Die anderen Kameraden hier müssen sich ja auch ohne Besuch begnügen. Ist in Bodnegg heute das Magnusfest, die Kirbe? Da steigen in mir wieder so viele alte Erinnerungen auf. Derweil sitzen wir hier auf der Bude, haben Bettruhe und warten auf den nächsten Einsatzbefehl in die Stadt. Der Ausgang ging natürlich flöten. Diese Woche ist noch Zwischenbesichtigung, seid also nicht verwundert, wenn Ihr keine Post erhalten solltet. Was macht die Hopfenernte? Das meiste werdet Ihr haben? Ist Hella noch bei Euch? Wie geht es Dir, liebe Mama, gesundheitlich? Für heute will ich schließen. Die herzlichsten Grüße auch an alle anderen, Dein Xaver. 8. 9. 1942 Liebe Gretel. Für Deinen lieben Brief meinen herzlichsten Dank, er hat mich wieder unendlich gefreut. Ich würde Dir gerne ausführlicher antworten, aber weißt Du, ich war die ganze letzte Nacht in der Stadt zu Bergungs- und Aufräumungsarbeiten eingesetzt, schlief heute Morgen vier Stunden und muß um 13.15 Uhr schon wieder weg. Daß mir jetzt fast die Augen zufallen, wirst Du Dir denken können. Gott sei Dank kommt kein zweiter Angriff, (vielmehr kam bis jetzt keiner). Die Leute sind zum Erbarmen. Gestern Morgen mußte ich auch einen zerstörten Straßenzug absperren, da kam eine Frau angerannt, die ich eigentlich auch nicht hätte durchlassen dürfen. Da sagte sie zu mir: „Lieber Junge, ich habe alles verloren, mein Mann liegt schwer verletzt im Krankenhaus.“ Seid nur froh, dass Ihr in einem so abgelegenen Winkel liegt. Sonst gibt’s hier nichts besonderes. Die Zwischenbesichtigung fällt wegen der Geschichte wahrscheinlich weg. Nächsten Montag geht’s in die Lünebuger Heide. Daß ich mich riesig freuen würde, wenn Papa und Du eines Tages hier angegondelt kämt, steht ohne Zweifel. Seid Ihr Euch aber über den Preis im Klaren? Eure Hopfenernte wird jetzt auch zu Ende gehen? Ja habt Ihr dieses Jahr auch wieder so Betrieb? Nun, wenn Dörflingers Sepp schon dabei ist (eingezogen), Karle dazu, ist jeder Kommentar überflüssig. Den Film „Die große Liebe“ sah ich auch schon. Hugo habe ich schon geschrieben, auf einem Feldpostschächtele las ich seine Adresse. Er wird ihn bald erhalten. Daß Du Dich auf die Schwarzwaldfahrt freust, glaube ich. Es wird auch sicher schön werden. Ich muß zum Ende kommen, die Zeit ist gleich um. Ein anderes Mal soll es mehr werden und mehr enthalten. Sei mit allen herzlich gegrüßt von Deinem Xaver. 10. 9. 1942

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Meine Lieben. Für Mamas Brief und Alfreds Karte recht herzlichen Dank. Die Zeit fehlt mir jetzt, jede Post einzeln zu beantworten. Aber ich bin Euch jetzt bald böse, wenn Ihr Euch so viel um mich sorgt (d. h. Sorgen habt) und mit mir etwa noch Erbarmen habt. Es ist nun mal so, und jeder Rekrut muß schwitzen. Das ist auch so ganz richtig. Wir sollen in 2 ½ Monaten so weit sein, wie andere nach zwei Jahren. Es gibt viel Unnötiges beim Barras, aber das meiste, was wir hier lernen, brauchen wir ja draußen dann. Und für was wir hinstehen müssen, wissen wir ja schließlich. Zu was bin ich auch 7 ½ Jahre auf die sogenannte höhere Schule gegangen. Ein ganzer Depp ist man nun doch nicht, wie es einem der Spieß vormacht. Wißt Ihr, wenn mich hier einer anschnauzt, das kann mich grundsätzlich nicht erschüttern, mehr als hinliegen lassen und ähnlichen Mist kann er ja schließlich nicht. Es ist alles halb so wild beim Kommiß. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, man bekommt schließlich eine dicke Haut für zoologische Ausdrücke. Und mit der Entfernung meines Standortes, da ist auch nicht mehr viel zu ändern. Und so ein Großangriff ist für unsereiner ganz interessant, für die Leute hier natürlich weniger. Wir müssen die ganze Woche schon aufräumen und Verschüttete bergen. Das ist eine harte Arbeit, jeden 3. Tag Nachts schippen. Allerdings überanstrengt sich auch keiner. Für 1 Mark am Tag und mittelminimale Verpflegung schaffen wir nicht wie Schwerarbeiter. Nächsten Montag geht’s auf den Truppenübungsplatz „in die Lüneburger Heide, das wunderschöne Land“. Bis zum 3. Oktober dauert der Mist. Da werden wir nochmals nach allen Regeln der Kunst durch den Dreck (wunderschönen Heidesand) gezogen, vielmehr wir werden nicht gezogen, wir müssen unsere Werfer herumziehen. Das wird eine Sache geben! Bis dahin werden wieder neue Rekruten kommen, also bis Anfang Oktober. Dann können wir zuschauen, wie die schikaniert werden. Ihr müsst damit rechnen, daß Ihr nächste Zeit nicht so viel Post erhaltet. Denn die drei Wochen wird dafür nicht viel Zeit übrig bleiben, weniger noch als bisher, nehmt’s mir nicht übel. Ich muß zum Schluß kommen.. Herzliche Grüße, Euer Xaver.Was ist auch mit meinem Fahrrad los, das ich damals in Meersburg aufgab. Habt Ihrs bekommen? 16. 9. 42 Meine Lieben. Wie Ihr seht, sind wir immer noch in Bremen. Der Engländer hat uns in der Sonntag Nacht wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Jetzt können wir wieder aufräumen und Wache schieben. Das will kein Ende nehmen. So langsam wird es hier ungemütlich. Wann wir jetzt abhauen, wissen wir noch nicht. Am Sonntag erhielt ich Mamas Päckchen Nr. 1. Recht herzlichen Dank dafür. Es konnte ja nichts mehr verderben. Brotmarken, mindestens Schwarzbrotmarken, braucht Ihr mir keine mehr zu schicken, unsere Kantine hat ausverkauft, Ladenschluß, weil sie beim Angriff zusammengeworfen wurde. Speck müßt Ihr eigentlich nicht so viel schicken. Erstens habt Ihr selbst nicht so viel übrig und dann bekommen wir auf das Brot, das wir kriegen, genug zu streichen. Die Post wird uns auf den Truppenübungsplatz nachgeschickt. Die Adresse bleibt die gleiche. Besonders hat mich Euer Hopfenschmausbrief mit den Hopfen gefreut. Der hat mich so richtig angeheimelt. Auch dafür herzlichen Dank, ebenso für Gretels und Hellas Karte aus Konstanz, auch für Alfreds Karte. Wißt, ich habe wenig Zeit, dauernd sind wir im Arbeitseinsatz. Herzliche Grüße an alle von Eurem Xaver. 24. 9. 1942 Liebe Mama. Vor wir heute Mittag auf den Truppenübungsplatz fahren, will ich mich doch noch schnell für Dein Päckchen Nr. 2 und die Karten und Briefe bedanken. Jetzt ist es also doch so weit. Wie lange es dauert, wissen wir noch nicht. Gott sei Dank kam heute Nacht kein Angriff. Jetzt haben wir wenigstens davor für eine Weile Ruhe. Mit der Kartoffelernte fangt nur an, wann es Euch paßt, denn ob ich unter diesen Umständen Urlaub bekomme, ist sehr fraglich. Wenn es Euch möglich ist, so reicht das Urlaubsgesuch ein, daß es bis ungefähr 3. Oktober hier eintrifft. Ihr könnt deswegen aber ruhig schon vorher anfangen, auf den Kommiß ist kein Verlaß.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Ernstle marschiert also nun schneidig zur Schule. Ich wünsche ihm viel Glück. Schwer fallen tut es ihm doch sicher nicht. Gretels Wunsch ist auch in Erfüllung gegangen. Sie hat mir von der Hornisgrinde eine schöne Ansichtskarte geschrieben, auch für die anderen Zeilen von ihr recht herzlichen Dank. Ich antworte ihr dann später. Nächste Tage schickt ein Kamerad von mir, der hier bleibt, ein Paket mit fast sämtlichen Schachteln an Euch weg. Es sind in einem der Schächtelchen 12 Schachteln Zigaretten mit einem Inhalt von 130 Zigaretten, es ist doch ein wenig etwas. Andere Sorten als Salem und Eckstein gibt es hier nicht. Ich will schließen. Es ist doch alles gesund bei Euch? Wir haben hier ausgesprochenes Regenwetter. Mit dem Schnaps wartet noch, ich schreib Dir dann schon. Für heute seid alle herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. 27. 9. 1942 Meine Lieben. Für Mamas lb. Paket herzlichen Dank. Es ist alles wohlbehalten angekommen. Hier kann ich es schon brauchen, obwohl die Verpflegung nicht schlecht ist. Seit Donnerstag sind wir also auf dem Truppenübungsplatz, morgen geht’s erst richtig los. Am Dienstag haben wir das erste scharfe Schießen mit unseren Werfern. Wir müssen sie 8 km, bis zum Schießplatz, ziehen und ebenso wieder her. Wenn nur das Wetter gut bleibt, sonst ist es hier in diesen Baracken nicht schön. Die Gegend ist gar nicht so übel. Schade, daß die Heide schon verblüht ist. Es ist „Lönsland“. Sonst gibt’s von mir nichts Neues zu berichten. Gretel wird ihre Schwarzwaldreise jetzt auch beendet haben. Wie es ihr gefallen hat, brauche ich ja nicht zu fragen. Für heute grüßt Euch alle recht herzlich Euer Xaver. Neue Anschrift: Kanonier Xaver Fuchs 2. Nbl. Ers.Abt. 3 Raubkommer, Münsterlager ü / Hannover Wie lange wir hier sind, wissen wir bis jetzt noch nicht. 4. 10. 1942 Liebe Mama. Für Dein liebes Päckchen (Nr. 4) , die Karte und den Brief, den ich im Laufe dieser Woche erhielt, tausendmal Dank, ebenfalls Gretel für die ihrigen. Ihr schreibe ich nächstens mal extra. Das Urlaubsgesuch erhielt ich heute Mittag. Da die Schreibstube zu hatte, werde ich es morgen einreichen. Ob ich damit Erfolg habe, ist fraglich. Denn wenn ich Pech haben sollte, geht am 12. bereits der neue KOB-Lehrgang an. Dann dürfte ich ziemlich wenig Aussicht auf einige Tage „Freiheit“ haben. Ich habe Euch doch schon geschrieben, daß ich als KOB gemeldet wurde? Unser Gruppenführer hat mich gleich am Anfang dazu vorgeschlagen. Vor 14 Tagen nun mußten wir unsere eigene Entscheidung abgeben, jetzt geht also die Rekrutenzeit erst recht los. Hier habe ich es gesehen, wie die geschliffen wurden. Neben uns, in den nächsten Baracken, war ein Lehrgang. Gestern hatten sie „Stunde der jungen Nation“, zwei Stunden lang. Da mussten sie, unter anderen Schikanen, auf einem Bein hüpfen, das Gewehr dabei vorhalten. Papa soll Euch sagen, wie das zugeht. Nun, jetzt lache ich noch, so lange ich dabei zusehen kann. Doch die drei Monate werden auch vorüber gehen, wie die Zeit bisher. Man kommt da vor lauter Dienst nicht zum Nachdenken. Das ist schon gut, darfst Du mir glauben, sonst würde es mir oft schwerer fallen. Mit Deinem Mittagessenrezept hast du mir ordentlich den Mund wässerig gemacht, obwohl das Essen und die Verpflegung hier ganz gut sind, besser als in Bremen. Jetzt bekamen wir schon dreimal zum Vesper Speck, immer 100 gr. Das muß allerdings dann für einen ganzen Tag reichen, ist aber doch eigentlich fürstlich, 50 gr Butter sind noch meistens dabei. Abendessen, warmes, gibt es dreimal in der Woche. Nur das eine ist blöd. Das Wasser hier ist eisenhaltig, man bekommt davon Durchfall, deshalb dürfen wir kein kaltes Wasser, wenn es nicht gekocht ist, trinken. Landschaftlich ist es hier sehr schön, auch die herbstliche Heide ist wunderbar. Das Birkenlaub verfärbt sich jetzt, das gibt dem Land eine herrliche Stimmung. Jüngst entdeckte ich ein abgelegenes Heidekirchlein, rings von Eichen umschlossen. Das mutete mich wie so ein verwunschener Winkel an, dazu die niedersächsischen Bauernhäuser mit ihrem alten Fachwerk, den roten Backsteinen

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ dazwischen, darüber uralte Strohdächer mit Pferdeköpfen an den Giebeln. Wenn Ihr schon Bücher von Hermann Löns oder Theodor Storm gelesen habt, könnt Ihr es Euch einigermaßen vorstellen. Das Paket Nr. 4 kam übrigens mit wohlbehaltenem Inhalt hier an, auch das vorhergehende. Habt Ihr das Paket mit den Zigaretten schon erhalten? Jetzt werdet Ihr schon in der Kartoffelernte sein. Ich muß so oft an Euch denken. Wie geht es Dir, liebe Mama? Sei für heute mit allen recht herzlich gegrüßt von Deinem Xaver. Bremen, den 11. 10. 42 Liebe Gretel. Wie Du weißt, habe ich die Lüneburger Heide letzten Donnerstag schon wieder verlassen. Wenn jeder Soldat auf dem Truppenübungsplatz so schöne Tage erlebte, wären Münsingen u. a. nicht so verrufen. Mir hat es auf jeden Fall sehr gut gefallen. Diese zwei Wochen werden mir in guter Erinnerung bleiben. Wir hatten einen pfundigen Oberleutnant als Batteriechef dabei, der Spieß war harmlos, sodaß wir wirklich nach dem Dienst unsere Ruhe hatten. Hier dagegen geht es drunter und drüber. Kaum waren wir da, erhielten wir schon den Laufzettel. Man hat uns wieder einmal auseinander gerissen, wie es beim Kommiß so oft geschieht, sobald man sich etwas aneinander gewöhnt hat. Nun bin ich mit noch einem von meiner früheren Stube mit ins Gebäude einer anderen Batterie gekommen. Wie Du siehst, hat sich ja auch meine Adresse verändert. Wir werden z. Zt. an einen neuen Werfer umgeschult, weil der andere ziemlich veraltet ist. Der neue ist sehr interessant, doch jetzt geht die Ausbildung wieder los. Wir sind jetzt Marschbatterie, d. h. so viel wie Feldbereitschaft. Es sind überall Umstellungen, auch im anderen Reichsgebiet, man kennt sich nicht mehr aus. Diese Woche kommen die neuen Rekruten. Weißt, ich hatte mich schon so gefreut, daß ich zusehen könnte, wie sie den ganzen Bau mit Strömen von Wasser saubermachen, wie es uns erging, könnte dabei rumlaufen und recht schadenfroh grinsen. Daraus wird nichts, weil wir extra abgeteilt sind und den Krempel selber machen müssen. Doch das ist eigentlich für Dich weniger interessant. Für den Urlaub sehe ich schwarz, gerade wegen der Versetzung. Der KOB- Lehrgang beginnt voraussichtlich anfangs November. Von Hugo erhielt ich gestern wieder einen Brief. Er ist auf einem Kommando, er muß Bretter für einen Bunker sägen und lebt in ziemlich ärmlichen Quartieren. Daß es ihm da oben nicht gefällt, glaube ich ihm sofort, ist auch verständlich. Ein Ende mit Russland, das ist halt der Wunsch eines jeden Frontsoldaten. Daß auch Euer beider Wunsch in Erfüllung gehen möchte! Er schreibt dann von den Hindernissen, die Euch in den Weg gelegt wurden und noch werden, und meint, sich bedanken zu müssen, daß ich auf Eurer Seite stand. Meine Ansicht kennst Du ja, darüber brauche ich ja nichts zu sagen. Du weißt, daß ich Dir von Herzen die Verwirklichung aller Deiner Hoffnungen wünsche. Wie geht es Euch daheim? Was macht Mamas Gesundheit? Und Deine? Ist jetzt Andreas noch bei euch? Habt Ihr das Paket schon erhalten? Sind meine Altersgenossen aus Bodnegg, Benteles Sepp usw., schon in Russland? Für heute sei mit allen anderen recht herzlich gegrüßt von Deinem Xaver. Bremen, den 1. 11. 1942 (nach einem 2-wöchigen Urlaub) Meine Lieben. Nach 17-stündiger Fahrt kam ich letzte Nacht wohlbehalten hier an. In Ulm hatte ich sofort Schnellzugsverbindung bis Köln. Dort ging es gleich mit dem Fronturlauberzug weiter bis hierher. Das gute Wetter verließ mich in Ulm, in Stuttgart regnete es schon. Wie wir schon ahnten, rief mich das Telegramm wegen des KOB- Lehrgangs. Der Teufel soll ihn holen, er fängt gut an, indem er mir gleich zwei schöne Urlaubstage gestohlen hat. Wir werden wahrscheinlich Morgen noch versetzt, vermutlich in eine Kaserne nebenan. Die anderen, die mit mir ausgebildet wurden, werden ebenfalls die meisten versetzt, und zwar in Kürze zur Feldeinheit. Ich wäre so gerne mit dabei gewesen. Schade. Nun dauert es halt noch drei Monate, dazwischen wird manch harte Stunde liegen. Aber es geht alles vorüber. Von Allerheiligen merkt man bei dem verflixten Barras überhaupt nichts. Während Ihr zur Kirche gingt, mußten wir putzen, flicken, mußte ich meine Klamotten zusammenholen, muß jetzt

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ noch mit dem Laufzettel rumspringen. Dazu noch dieses dämlich trübe Wetter. Grad das Gegenteil von Urlaub. Ihr wißt nicht, wie herrlich es war, wieder einmal ein freier Mensch zu sein, was für mich ja jetzt wieder vorbei ist. Doch ich will nicht klagen, im Vergleich zu vielen anderen draußen, habe ich es ja goldig, wenn es mir auch nicht so vorkommt. Ich bin eben ein bißchen zuviel Gefühlsmensch. Das macht auch die Landschaft. Bei Euch die sonnige, fast möchte ich sagen, beschwingte Bodenseelandschaft mit den herrlichen Alpen im Hintergrund, Gipfel an Gipfel. Hier das öde Flachland, wo man bis zur nächsten Hausecke und Hecke sieht. Fritzle durftet Ihr hoffentlich doch bis jetzt noch behalten? Es ist doch so schad um das schneidige Roß, das einen jedes Mal an Hans erinnert. Wir würden es doch alle vermissen. Entschuldigt bitte, daß ich Euch mit einem so langen Roman belästige, aber ich kann dabei alles um mich herum vergessen und nur ans traute Elternhaus und die Lieben daheim denken. Den Kohlrüben und Runkeln werdet Ihr jetzt tüchtig zu Leibe gehen, da das Obst alles unten ist. Hier bekomme ich kein Bauchweh mehr von vielem Süßmost. Ich darf schwer froh sein, daß ich 14 Tage fort war. Die Batterie ist bei der Besichtigung aufgefallen, wie ich voraus sah und sind seither sicher schwer gebimst worden. Das nennt man Glück. Für heute will ich zum Schluß kommen. Seid gar alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Laßt bald wieder was hören. Schickt auch die Photos. 5. 11. 42 Meine Lieben. Nun bin ich seit Montag beim Lehrgang. Bis jetzt kann ich noch nichts sagen, wir sind ja erst kurz hier. Meine Adresse seht Ihr ja. Später schreib ich Euch ausführlicher. Euer Xaver. Adresse: Kanonier X. Fuchs, Werfer Ausb. Abt. 3, KOB- Lehrgang Bremen, Hindenburgkaserne. Bremen, den 24. 5. 42 (?) (Feldpoststempel: 25. 11. 42) Meine Lieben. Für den gestern erhaltenen Brief recht herzlichen Dank. Da hatte ich ja was schönes angestellt, es soll kein zweites Mal vorkommen. Mein Schreiben werdet Ihr ja inzwischen erhalten haben, und Euch somit beruhigt haben. Vorgestern erhielt ich von Eichelbergers die traurige Nachricht, daß Xaver gefallen ist (Xaver Eichelberger, Fpnr. 28834 C). Das ist wieder ein Schlag. Mama wird wieder schwere Stunden haben. So ist er Hans nach kaum drei Viertel Jahren ins Jenseits gefolgt. Wie freuten sie sich beide, als sie sich damals im August, weit drinnen im Feindesland, sahen. Nun haben sie sich wiedergefunden, allerdings anders, als wir damals ahnten. Das Schicksal kennt kein Erbarmen. Beide hat der grausame Osten für ewig behalten. Der Glaube an den Allmächtigen, in dessen Willen es so bestimmt war, die Hoffnung auf ein Wiedersehen in einer anderen Welt, ist der einzige Trost, der uns bleibt. Dabei geht dieser Krieg erst jetzt langsam der Entscheidung entgegen und kann noch manche Überraschung bringen. Wenn man schwarz sähe, ließe sich mancher Vergleich mit dem Weltkrieg ziehen. Doch hoffen wir auf ein anderes Ende. Wir sitzen immer noch auf der Bude und dürfen nicht heraus. Zwei von uns kamen ins Lazarett. Fabelhaft haben wir es, stehen um 8 Uhr auf, lassen uns Essen, Verpflegung und Post bringen und hören nebenher Radio. So ließe es sich beim Barras schon aushalten. Dafür wird’s nachher dann umso mehr Dienst geben. Fliegerangriffe hatten wir in letzter Zeit überhaupt keine. Geschneit hat es ja auch schon, der Winter wird nicht mehr so lange auf sich warten lassen. In fünf Tagen ist schon der erste Adventssonntag. Schickt mir auch die Bilder, die ich im Urlaub entwickeln ließ, ein Film brachte Gretel zu Buder, ein Stiebles Rudi. Die Kameraden fragen immer wieder danach. Ein Nachthemd müßt Ihr mir schicken, es kann ein altes sein, nur muß es weiß sein, darf aber keine farbigen Borten haben, mir ist beim Umziehen eines weggekommen. Den Koffer und die Schachtel schicke ich weg, wenn sich die nächste Gelegenheit bietet.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Sonst gibt’s hier nicht Neues. Wie geht es Euch? Die Kinder werden sich schon auf Nikolaustag freuen. An diesem Tag kam Hans letztes Jahr in Urlaub. Man mag gar nicht daran denken. War das ein freudiges Ereignis! Und nun? Seid alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Bremen, den 28. 11.42 Liebe Eltern und Geschwister. Heute erhielt ich Mamas Brief vom letzten Sonntag. Nun habt Ihr aber doch sicher wenigstens einen meiner Briefe in der Zwischenzeit erhalten. Wenn ich es nur geahnt hätte, daß es solche Folgen haben könnte. Allerdings müßt Ihr jetzt damit rechnen, daß ich plötzlich aus einer anderen Himmelsrichtung schreibe. Es ist hier, wie überall, etwas im Gange, ich darf darüber ja nicht berichten. Wir wissen selbst nicht viel. Ihr seht ja selbst, daß die Kriegslage ernst ist. In Frankreich gärt es, in Nordafrika stehen die Engländer bald in Tripolis, im Osten brechen die Russen durch. Es ist ein alter Fehler der Deutschen, daß sie gleich schwarz sehen und leicht den Glauben an das gute Ende verlieren. Drum will ich trotzdem die Hoffnung auf den Sieg nicht aufgeben, denn bis jetzt ist noch nichts verloren. Hitler und seine Generale werden die Lage schon zu meistern wissen, dafür haben sie uns bisher genug Beweise geliefert. Entweder geht es jetzt der Entscheidung entgegen, oder wir können uns noch auf eine längere Dauer des Krieges gefaßt machen. Denn jetzt ist alles in Aufruhr. Da hat Mama recht: Die ganze Welt sehnt sich nach dem Frieden. Unsere Faulenzerei geht nun auch wieder zu Ende. Das war 1 Woche. Eine solche Zeit kommt beim Barras bestimmt nicht wieder. Die andern haben heute Mittag „Stunde der jungen Nation“. Da bin ich mal drum rum gekommen. Morgen ist erster Adventssonntag. Wenn wir ausgehen dürfen, schaue ich, daß ich wieder ins Theater komme. Da sieht man wenigstens hin und wieder mal eine Oper oder irgend ein Drama, vergißt für ein paar Stunden alles andere, ist ein anderer Mensch. Schickt mir auch bitte die Photos, die anderen ehemaligen Stubenkameraden lassen mir keine Ruhe. Mußtet Ihr Fritzle jetzt hergeben? Es wäre doch so schade um ihn. Ist denn Andreas jetzt weggekommen? Ernstle wird nach dem Messer fragen. Bis jetzt hatte ich ja leider noch keine Zeit, ihm eines zu besorgen, dazu ist es fraglich, ob man hier welche bekommt. Was macht denn Mamas Gesundheit? Für heute seid alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. 6. 12. 42 Meine Lieben. Die Photos habe ich erhalten. Herzlichen Dank. Schickt mir auch gleich das gewünschte Nachthemd, es darf ein altes, verrissenes sein, nur ganz weiß und ohne Borten. Und einen Riemen, etwa 30 cm lang mit einer Schnalle dran, vielleicht habt Ihr einen alten Schie-Riemen, er darf auch länger sein. Meinen Brief habt Ihr hoffentlich erhalten. Gretel schreibe ich nächstens mal wieder extra. Herzliche Grüße von Eurem Xaver. Nikolaustag Liebe Mama. Heute, am Nikolaustag, am Tag so vieler schöner Kindheitserinnerungen, möchte ich Dir doch ein paar liebe Zeilen zukommen lassen. Für die Briefe und Karten, die ich im Laufe dieser Woche erhielt, habe herzlichen Dank. Mir bleibt leider werktags keine Zeit, um öfters von mir zu berichten, denn was wir hier alles lernen sollen, ist unerhört schwer. Du weißt ja, daß ich trotzdem die ganze Zeit an Euch denke. Sechs Monate soll der Lehrgang dauern, kommt nicht vorher etwas Unvorhergesehenes dazwischen. Drei Monate hätten mir vollauf genügt. Doch weiß man jetzt gerade nie, ob man am nächsten Tag nicht schon den Laufzettel in der Hand hat. Du hast also meinen Brief vom 19. 11., als wir wegen Diphtherie in der Stube eingesperrt waren, nicht erhalten. Das wird wohl an der Post liegen. Bei diesem riesigen Weihnachtsversand geht schnell etwas verloren. Daß ich Euch am Anfang so lange warten ließ, lag an mir, ich hatte zu nichts Lust. Ich mußte mich vom Urlaub erst langsam umstellen. Daß ich Dich dadurch in solche Angst versetzen konnte, bedachte ich in meinem Leichtsinn

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ nicht. An Paketen erhielt ich seither das große mit dem starken Karton, ich hab’s gestern zurückgeschickt, und zwei kleine, in dem einen waren die Turnschuhe mit der Brille, in dem andern ein Stollen und Butter. Sollte ich mich dafür noch nicht bedankt haben? Du schreibst von zwei großen und vier kleinen. Ich kann mich nur an die erinnern, die ich aufgeführt habe. Du mußt schon die Nummerierung wieder einführen. Schickt auch bitte die Photos, die Stiebles Rudi zu Buder brachte. Hat jemand von Euch schon einmal Stiebles Anton (Fpnr. 10484) besucht? Wie geht es ihm denn? Laßt ihn auch von mir grüßen. Sehr gefreut hat mich, daß Ihr Fritzle behalten durftet, ist er für mich doch immer mit dem Namen von Hans verbunden. Heute ist es gerade ein Jahr her, daß er so überraschend auf Urlaub kam. War das für Euch ein freudiges Ereignis! Und heute? Heute sind alle Hoffnungen vernichtet. Wer ahnte es damals? Aber ich will es Dir nicht schwer machen. Daß ich Namenstag hatte, merkte ich erst, als mich Deine Karte erreichte. Ich wünsche Papa noch nachträglich alles Gute. Die Verwundung von Boleys Ernst war also nicht schlimm, eine Schramme. Ich habe schon seit drei Monaten die Verbindung mit ihm verloren. Bei Euch wird alles gesund sein? Hier gibt es nichts Neues. Für heute will ich zum Schluß kommen. Sei recht herzlich gegrüßt von deinem Xaver. 16. 12. 1942 Abs. : Gren. X. Fuchs, Rgt.Lehr Abt. 22 / Oldenburg, 7. Lehrgang, Hindenburgkaserne Meine Lieben.. Für Mamas beide Briefe, die mich jetzt über Bremen erreichten, herzlichen Dank. Schickt bitte kein Weihnachtspaket weg, denn ich komme am Samstag oder Sonntag auf Urlaub. Der gesamte Lehrgang fährt. Meine Freude könnt Ihr Euch vorstellen. Die genaue Zeit der Ankunft kann ich Euch nicht sagen, ich telefoniere dann von Ravensburg aus. Ich muß schließen, die Zeit drängt. Ich muß im Sarasani fahren, den zieh ich daheim nicht an. Herzliche Grüße von Eurem Xaver. Auf ein frohes Wiedersehen!

Der Urlaub dauert bis 8. Januar 1943 Oldenburg, den 10. 1. 43 Meine Lieben. Nun bin ich schon wieder den zweiten Tag in der Garnison. Die Fahrt verlief reibungslos. In Köln hatte ich 4 Stunden Aufenthalt und den ersten Fliegeralarm. Es flogen jedoch keine Tommies ein. In Bremen traf ich die ersten Kameraden und war Abends um 6 Uhr hier. Meine Stimmung während und nach der Fahrt könnt Ihr Euch vorstellen. Wollte ich mein Heimweh beschreiben, ich will es ehrlich sagen, ich müßte sämtliche Bogen Briefpapier opfern, es würde nicht ausreichen, wollte ich alles sagen, was mich drückt. Doch wird es noch vielen anderen auch so gehen. Besonders denen, die an die Front müssen. Das Beste, was man auf der Welt hat, ist doch immer die Heimat, sind die Angehörigen. Gerade kommt das Volkskonzert. Wir haben Gott sei Dank einen Apparat auf der Bude, die vertrauten Melodien zu hören. Ihr werdet jetzt mit Mittagessen fertig sein und in der Stube zusammensitzen. Oder macht Ihr vielleicht bei dem schönen Winterwetter eine Schlittenfahrt? Ja, sogar hier hat es Schnee, allerdings nur so viel, daß es den Boden gut deckt, dafür ist’s um so kälter. Nachts frieren wir immer wie junge Hunde. Die nächste Zeit wird’s hier hoch hergehen, wir werden manche harte Stunde erleben. Wißt, ein Lehrgang hatte letzte Woche Besichtigung und ist dabei schwer durchgerasselt. Der Oberstleutnant soll einfach davongelaufen sein und sich dahin geäußert haben, daß die Lehrgänge noch schwerer Druck brauchen. Wir haben am 10. März Besichtigung. Das kommt nun alles zusammen. Dann bekommen wir den Winkel. Sollte dies dann bei mir nicht der Fall sein, so dürft Ihr versichert sein, daß ich die längste Zeit hier war. Aufregen würde mich das nicht. Doch seid beruhigt, ich glaube doch, daß ich es schaffe.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Was Mama wahrscheinlich am meisten interessiert: Die Päckchen waren noch ziemlich vollständig erhalten, ein paar gar nicht geöffnet, die Butter war noch drin, an der fehlt’s mir also nicht, man kann sie noch essen, auch das Rauchfleisch, die Brötchen, alles war noch drin. Ich danke euch nochmals recht herzlich für alles, was Ihr mir zukommen ließt, auch für alles Gute, alle Bemühungen meinetwegen im Urlaub, der, jetzt gesehen, fast zu schön war, um wahr zu sein. Hat Papa jetzt die Stiefel gekauft? Ihr seid doch am Donnerstag gut nach Hause gekommen? Wird Hofers Franz überführt? (Franz Hofer aus Unterwagenbach war am 5. 1. 43 bei einem Übungsflug vom Horst Lechfeld abgestürzt.) Grüßt mir auch Schmids und Hirschers noch, ich habe mich dort gar nicht verabschiedet. Wenn Ihr die Bilder in Ravensburg geholt habt, schreibt mir doch bitte, ob sie etwas geworden sind und schickt mir dann einen Abzug von denen, die ich im Herbst machte: Karl beim Ackern und unser Hof von der vorderen Halde aus. Hoffentlich ist die letzte Aufnahme etwas geworden. Das Motiv war sehr gut. Ernstle wünsche ich zu seinem Namenstag alles Gute. Hoffentlich hat er jetzt noch einen solchen Appetit nach Spiegeleiern. Jetzt kann er ja welche bekommen. Wenn Götte kommt, grüßt ihn bitte vielmals von mir. Ich muß ihm jetzt doch mal schreiben. Verbrennt den Brief, der aus einer solch gedrückten Stimmung geschrieben wurde. Es kommen auch wieder andere Zeiten. Seid nun alle für heute aufs Herzlichste gegrüßt von Eurem Xaver. 17. 1. 1943 Meine Lieben. Für Mamas Karte, die ich heute erhielt, herzlichen Dank, auch für das Paket mit dem Brot, es ist heil angekommen. Meinen Brief vom letzten Sonntag werdet Ihr erhalten haben. Zeit, um viel nachzudenken, bleibt mir nicht mehr. Diese Woche hatten wir so viel Dienst, daß man überhaupt nicht zur Besinnung kam und froh war, wenn man Abends in der Falle lag und wenn gerade nicht auch noch eine Nachtübung dazu kam. Da bleibt keine Zeit für Heimweh mehr. Heute, Sonntag Nachmittag, hatten wir Scharfschießen, nicht mal da hat man Ruhe. Aber das eine gefällt mir: es geht wieder ins Gelände. Ich hoffe doch, daß ich es durchhaue, und wenn ich in Einsatzurlaub komme, Euch dann als Unteroffizier begrüßen kann. Schreibt mir bitte die Adresse von Wagners Walde. Hat es bei Euch auch getaut? Wir waren diese Woche jeden Tag bis auf die Haut naß. Seid nun alle vielmals gegrüßt von eurem Xaver. Oldenburg, den 24. 1. 1942 (1943 !) Liebe Mama. Soeben erhielt ich Deine Karte und den zurückgekommenen Brief mit den Marken, vielen Dank dafür. Meine Karte vom letzten Sonntag hast Du doch hoffentlich jetzt erhalten. Die vergangene Woche war wohl die strengste meiner ganzen Kommißzeit. In den letzten zwei Wochen habe ich das, was ich im Urlaub zugenommen habe, bestimmt wieder abgenommen. Die schönen Tage scheinen schon so weit zurückzuliegen. Habt Ihr die Photos schon geholt? Wie sind sie geworden? Hat es bei Euch noch Schnee? Hier machte er sich schon längst davon. Schicke mir doch gelegentlich meine schwarzen Halbschuhe und das Lackkoppel. Wenn Götte auf Besuch kommt, grüße ihn vielmals von mir, zum Schreiben habe ich vorläufig keine Zeit, obwohl ich es ihm eigentlich schuldig wäre. Ich komme ja kaum dazu, Euch Nachricht zu geben. Heute, am heiligen Sonntagmorgen hatten wir ebenfalls Dienst. Entschuldige, wenn meine Schrift heute besonders schlecht ist. Es kommt von der Müdigkeit. Das Einzige, was ich heute noch mache, ist, daß ich heute Abend in eine Gaststätte zum Essen gehe. Stotz schreibt mir, dass er an die Ostfront komme, vielleicht ist er schon dort. Einige 24-er kommen demnächst nach Straßburg auf einen KOB-Lehrgang. Wenn ich nur auch dort hingekommen wäre. Wie geht es Dir, liebe Mama? Grüßt mir auch den Kaplan, ich würde ihm so gerne mal schreiben. Sagt ihm, dass ich nicht dazukomme. Seid nun für heute alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Sonntag, 31. 1. 43 Liebe Mama. Für das lb. Päckchen mit den Socken und den reizenden Bildern, sowie für die Karten und Briefe, die ich im Laufe dieser Woche von Dir erhielt, recht vielen Dank. Als

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ nächstes wünsche ich Dir zu Deinem baldigen Namenstag von Herzen alles Gute, vor allem Gesundheit und ein leichteres Schicksal, als es Dir seit so langer Zeit beschieden war. Ich habe Dir als Geschenk ein Buch von Ludwig Finkh zugedacht, Du wirst es in den nächsten Tagen erhalten. Es sind darin einige Erzählungen unter dem Titel „Sonne am Bodensee“. Da dachte ich, es passt gerade für Dich, denn Du brauchst wirklich Sonne, wo doch schon so lange Sorge und Trauer Dich nie verlassen, Dein Leben beschatten. Wird es nun doch bald ein Jahr, dass unser Hans weit draußen in fremder Erde ruht und alle Hoffnungen um ihn so grausam geraubt wurden. Und heute haben Tausende deutscher Soldaten in dieser Hölle von Stalingrad das gleiche Schicksal vor Augen. Der Krieg zeigt sich nun auch für uns von der furchtbarsten Seite. Hoffen wir, daß ihr Blut nicht umsonst geflossen ist, und ich habe auch das Gefühl, als wäre das die letzte verzweifelte Anstrengung der Russen, als ob im Osten dieses Jahr der Krieg zu Ende gehen sollte. Über den Wechsel der Oberbefehlshaber der Marine brauchst du Dich nicht zu beunruhigen. Raeder war für die neuere Kriegsführung sicher zu alt und musste dem draufgängerischen Dönitz weichen. Doch ist mein Horizont zu klein, um solche Ereignisse beurteilen zu können, ich kann auch nur vermuten. Wie geht es Dir, liebe Mama? Was machen die Kleinen? Sind Papa und Marte wieder gesund? Übrigens, geht auch mal zu Scherer (Fotograph)) und sagt ihm einen schönen Gruß von mir und er sei ein großes Kamel. Schaut Euch mal mein Paßbild an. Fällt Euch daran nichts auf? Ich bemerkte es erst kürzlich. Der hat nämlich die Abzüge falsch abkopiert, das Hoheitsabzeichen ist auf der verkehrten Seite. Vergleicht es mit dem Bild von Hans. Laßt deshalb bitte nur drei nachmachen. Karl wird es wohl geärgert haben, daß er auf das Bild mit den Pferden nicht drauf gekommen ist, es war nicht Absicht. Das Bild, auf dem er reitet, wäre sicher schärfer geworden, hätte es in dem Augenblick nicht gerade geschneit. Wie ist es denn mit Wagners Walde? Erst schreibst Du, er sei in die Nähe Oldenburgs gekommen, dann wiederum, daß seine Angehörigen nur seine Nummer wissen und nicht, wo er ist. Ich werde daraus nicht klug. Du wirst fragen, wie es mir geht. Der Dienst ist immer derselbe. Jeden Abend bin ich so müde, dass ich mich gern in die Falle haue. Liebe Mama, beunruhige Dich nicht, wenn Du in den nächsten zwei Wochen länger keine Post erhalten solltest. Die ganze Lehrabteilung geht wahrscheinlich in den nächsten Tagen nach Münster. Für heute will ich zum Schluß kommen. Sei mit allen recht herzlich gegrüßt von Deinem Hans. Sonntag, den 7. 2. 43 Meine Lieben. Zunächst für Mamas Brief, sowie die beiden großen Pakete, die ich wohlbehalten erhielt, vielen Dank. Ich würde Euch gern ausführlicher schreiben, aber ich war gestern so blöd, am besten von unserer Gruppe zu schießen, und nun muß ich unserem Unteroffizier, der in einem ostfriesischen Kaff Hochzeit hat, ein Geschenk des Lehrgangs überbringen. Der ganze Sonntag ist wieder hin. Nach Münster kommen wir voraussichtlich nicht. Schade, der Ort, wo Wagners Walde ist, Vechna, ist 43 km von Oldenburg entfernt und für mich schwer erreichbar. Habt Ihr das Päckchen schon erhalten? Gebt Karle und Andreas, Marte nicht zu vergessen, halt auch einige Zigaretten. Seid Ihr alle gesund? Hoffentlich. Seid für heute alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Oldenburg, den 9. 2. 1943 Meine Lieben. Das Päckle werdet Ihr inzwischen erhalten haben. Die Hochzeit am Sonntag, von der ich Euch geschrieben habe, hatte das eine Gute, daß ich so wenigstens wieder einmal zu Kuchen und Torten kam. Doch war ich froh, als ich wieder fort war, denn die feierten im engsten Kreise. Da störte ich nur.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Für Mamas Brief herzlichen Dank. Die Pakete erhielt ich alle, besonders freute ich mich über das Birnenbrot. Ende dieser Woche marschieren wir in eine 30 km entfernte Heide und bleiben drei Tage dort, müssen also wahrscheinlich im Freien übernachten; das wird etwas geben! Sind von Stalingrad schon Verlustmeldungen nach Bodnegg gekommen? Ihr seid hoffentlich alle gesund. Schreibt bald wieder. Seid mir alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Oldenburg, den 14. 2. Liebe Mama. Für Deinen Brief und die Karten, die ich im Laufe der vergangenen Woche erhielt, recht herzlichen Dank. Wie mich jede Zeile von daheim freut, weißt Du ja. Um die Frage des Direktors zu beantworten, muß ich Dir schon sagen, dass ich Dir darüber keine endgültigen Angaben unterbreiten kann, obwohl ich weiß, wie sehr gerade Du Dich freuen würdest. Zuerst muß dieser Krieg zu Ende gehen, denn keiner kann voraussehen, ob er wieder zurückkommt. Gerade kommt „Morgenrot, Morgenrot...“ im Volkskonzert. Das letzte Mal hörte ich es an Hans’ Opfer. Der Schmerz um den lieben Gefallenen überwältigt mich immer wieder. Entschuldige die Unterbrechung bitte, schreibe dem Direktor, daß ich Landwirtschaft studiere, also Diplomlandwirt werde. Ob ich das wirklich tue, ist eine andere Frage. Für den Direktor hat es ja auch nur insofern eine Bedeutung, daß seine Listen vollständig sind. Das kommt nachher zu den Akten und vergilbt und vermodert dort. Der heiligen Bürokratia muß doch Genüge getan sein. Schreib dem Direktor, daß ich ihn ebenfalls vielmals grüßen lasse und für seine Grüße danke. Ich schreib der Schule nächstens selbst. Die letzte Woche war wieder ziemlich hart. Die letzten drei Tage verbrachten wir auf einem Übungsplatz hier in der Nähe. Eine Nacht schliefen wir in Zelten, die andere übernachteten wir in Panzerdeckungslöchern. Wie es uns da gefroren hat, kannst Du Dir vorstellen. Aber sonst war es ganz interessant. So ähnlich wie an der Front, nur, daß nicht scharf geschossen wurde. So schnell abgenommen, wie in letzter Zeit, habe ich, glaube ich, noch nie. Ich merke allmählich selbst, wie mager ich bin. Zum Essen nach auswärts gehen, reicht die Zeit meistens nicht, oder ich bin dazu zu müde. Vor dem 10. März wird bestimmt nichts besser. Deswegen brauchst Du aber um mich keine Sorge zu haben, weißt, „es geht alles vorüber“, und wenn ich manchmal ernst schreibe, nimm es bitte nicht zu ernst. Alfred wünsche ich zu seinem Geburtstag am 17. alles Gute. Hirschers schreibe ich heute ebenfalls noch. Der Speck ist mir in den drei Tagen sehr zugute gekommen, wenn auch manchmal ohne Brot. Sei nun mit allen Lieben daheim recht herzlich gegrüßt von deinem Xaver. Oldenburg, den 17. 2. 43 Meine Lieben. Meinen Eilbrief werdet Ihr erhalten haben. Hirschers habe ich mit gleicher Post geschrieben und mich bedankt. Ich hätte es gerne ausführlicher gemacht, aber wie immer, die Zeit fehlt. Bis zur Besichtigung wird das nicht besser. Meine Lieben, wenn Ihr es noch nicht gemacht habt, schickt mir doch bitte etwas Brot, wir schieben zur Zeit nämlich gewaltig Kohldampf. Die Verpflegung ist wohl ganz gut, aber es gibt halt zu wenig. Rasierseife und Hosenträger, wenn Ihr welche bekommt, könnt Ihr mir beilegen. In den nächsten Tagen schicke ich Euch den Koffer mit den Schachteln. Die Kriegslage wird ja immer ernster. Aber wir wollen den Kopf nicht hängen lassen, wir können nur das Beste hoffen, schon unserem lieben Hans zuliebe. Für heute grüßt Euch recht herzlich Euer Xaver. Sonntag, den 28. 2. 43 Meine Lieben. Für Gretels Brief, das große Paket, das mich wohlerhalten erreichte, und den Brief von Mama mit den Bildern recht herzlichen Dank. Auch alle Pakete vorher haben mich mit vollständigem Inhalt erreicht. Dies nur wegen Gretels Anfrage. Hosenträger braucht Ihr

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ keine zu schicken, ich konnte meine zerrissenen zum Glück umtauschen. Schnaps braucht Ihr vorläufig keinen mehr zu schicken. Diese Hämmel von Vorgesetzten verdienen keinen Tropfen. Der Dienst in der letzten Woche war etwas besser. Wißt, nun müssen wir selbst den meisten Dienst kommandieren, abwechselnd führt einer die Gruppe. Da liegen wir nicht so viel auf der Schnauze. Die Besichtigung ist um einen Monat verschoben worden, leider auch die Beförderung. Aber schließlich kommt es ja auf einen Monat auch nicht an. Die vorgestrige Nachtübung war schwer interessant. Wir marschierten Nachts um 11 in unsere 7 km entfernten Verteidigungsstellungen. Unser Stützpunkt war ein Bauerngehöft. Dort schoben wir Wache bis zur Morgendämmerung, dann wurden wir von einem anderen Lehrgang in Kompaniestärke mit Unterstützung von Pak und s. M.G. angegriffen. Wir schossen wie die Wilden, der Feind schoß Leuchtraketen, es war fast wie draußen. Der Übung entsprechend, wurden wir überrannt. Nachher marschierten wir gemeinsam 15 km bis nach Oldenburg, wurden da von der Regimentsmusik erwartet. Dann marschierten wir mit angezogenem Gewehr quer durch die Stadt bis zu den Kasernen. Dort machten wir noch einen Parademarsch vor unseren Offizieren zu Pferd. Wir waren müde zum Umfallen. Aber schön war es. Das hat mich richtig begeistert, ein Stück aus früherer Soldatenzeit. Die Kehrseite kam gleich danach. Die Aufgefallenen der letzten Woche machten gleich danach noch ¾ Stunden Nachexerzieren. Daß die fertig waren, dürft Ihr mir glauben. Das ist KOB Lehrgang, jetzt „ROB“ (Reserveoffiziersbewerber). Franzel lasse ich gute Besserung wünschen. Ich hoffe doch, daß er durchkommt, es wäre ja arg. Über das, was Mama von Hans schrieb, möchte ich nicht weiter schreiben, der Schmerz um ihn packt mich oft, als wäre Hans erst gestern gefallen. Für das Wappen (?) danke ich Euch jetzt schon. Die Brotmarken kann ich schon verwerten, es kommt manchmal einer in die Stadt und kann mir etwas mitbringen. Ich danke Euch dafür auch vielmals. Für heute herzliche Grüße an alle, Euer Xaver. Oldenburg, den 7. 3. 1942 (muss 1943 heißen) Meine Lieben. Heute Abend komme ich gerade von der Parade bei der Vereidigung zurück, ich war beim Fahnenzug, da erhalte ich Euern Trauerbrief von Franzl’s Tod. Inzwischen ist es Montag geworden, ich war gestern Abend zu müde, um den Brief zu Ende zu führen. Der Fliegeralarm gibt mir nun Gelegenheit, dies nachzuholen. Daß ich zuerst stutzte, als ich Gretels Schriftzug sah, könnte Ihr Euch denken. Doch war die Trauer auch so groß genug. Ich kann es ja so gut verstehen, dass Onkel Fritz von dem schweren Schicksalsschlag niedergeschmettert ist. Ihn hat es fast noch schwerer getroffen als uns. Der Schatten des Leides scheint überhaupt nicht mehr von uns zu weichen. In dieser Woche jährt sich der Tag, daß Hans tödlich verwundet wurde. Mama wird wieder schwere Tage durchmachen. Nun tobt die große Abwehrschlacht wieder auf dem Boden, in dem er begraben liegt. Aus Nordeney ist nichts geworden, leider. Dafür geht es Morgen bis nächsten Montag nach Münster. Da wird es wieder mal Schweiß geben. So lau wie das letzte Mal wird es bestimmt nicht, aber die paar Tage gehen auch vorüber. Übrigens, um den Winkel braucht Ihr keine Besorgnis zu haben, ich glaube schon, daß ich ihn bekomme, letzte Woche schrieb ich zufällig mal die beste Arbeit. Die Parade am Sonntag gefiel mir ausgezeichnet. Wir waren im Fahnenzug lauter gute „Greifer“ und „Marschierer“, es klappte alles wie am Schnürchen, wie beim alten, aktiven Heer. Da macht es richtig Spaß. Die Front ist ja immer noch nicht zum Stehen gekommen, doch ist das Ärgste, Gott sei Dank, vorbei. Was sagt Andreas dazu? Ihr seid hoffentlich alle gesund? Auf Wiedersehen bis nach Münster. Es grüßt Euch alle herzlich, Euer Xaver. Fliegeralarm haben wir jetzt fast jeden Abend. Die paar freien Stunden gehen dadurch meistens flöten.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Münster, den 14. 3. Meine Lieben. Morgen früh fahren wir nach Oldenburg zurück. Es hat mir diesmal wieder sehr gut gefallen. Das Wetter war schon danach. Die Verpflegung allerdings war schlechter wie im Herbst. Das Schulgefechtsschießen mit scharfer Munition hat mir viel Spaß gemacht, auch die verschiedenen Kampfbahnen. Ich mußte einige Male eine Gruppe führen, bin dabei gut aufgefallen. Also, keine Angst um mich. Viele liebe Grüße an alle von Eurem Xaver. Oldenburg, den 21. 3. 42 (muss 43 heißen) Liebe Mama. Heute ist Heldengedenktag, gerade deshalb sollen Dir heute meine Zeilen gewidmet sein. Gewiß hast auch Du heute schwere Stunden bestanden. Mir wurden sie durch die viele Abwechslung etwas leichter gemacht, ich war in der Fahnenkompanie und nahm so an der Feier des Standortes teil. Wären wir nicht unter präsentiertem Gewehr gestanden, es wären mir beim Erklingen des Liedes vom „guten Kameraden“ bestimmt die Tränen gekommen. Ist doch dieses Jahr auch unser lieber Hans unter denen, deren wir heute besonders gedenken. Wie oft hat mir doch diese Woche das Bild des lieben Gefallenen vor Augen geschwebt, besonders am Donnerstag, als sich sein Todestag jährte. Wie oft holte ich die Bilder, die er uns als Erinnerung zurückgelassen hat, vor, wie er draußen auf Posten steht, wie er stramm zu Pferde sitzt als stolzer Kavallerist, das Bild von ihm und Helgale, sein Paßbild, auf dem es scheint, als blicke er in die Zukunft, dann das Bild des lachenden jungen Bubens, als kommender Erbhofbauer mit Fritzle (Pferd). Und zum Schluß muß ich mir immer wieder sagen, das alles ist nicht mehr. Alle Hoffnungen, die wir in ihn gesetzt haben, sind mit einem Schlag zunichte gemacht worden. Unendliche Trauer um ihn umfaßt mich dann jedes Mal. Mit Kameraden darüber zu sprechen ist zwecklos, verstanden wird man nur von Menschen, die das gleiche Schicksal getroffen hat, das sind die Angehörigen. Es ist nur gut, daß ich meistens keine Zeit habe, solchen Gedanken nachzuhängen, sonst müßte mir jede Freude vergehen. Zum andern wird man beim Militär schon etwas mehr mit der harten Wirklichkeit vertraut, die Ansichten sind da etwas rauher als draußen im zivilen Leben. Für die zwei Pakete mit Brot und Butter herzlichen Dank. Nach Münster waren sie sehr willkommen, auch vielen Dank für die Marken. Sorgen brauchst Du um mich nicht zu haben, ich haue es hier schon durch. In zwei Wochen ist Besichtigung. Bis dahin werden wir schon noch manchen Schweißtropfen vergießen. Das macht aber nichts. Wie geht es Euch? Alfred herzlichen Dank für seine Zeilen, ebenfalls Mädi, ich schreibe ihnen nächstens. Papa schicke ich diese Woche noch Zigaretten. Wie geht es Dir, liebe Mama? Hoffentlich gut. Was macht Gretel? Seid alle recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Oldenburg, den 2. 3. 43 Liebe Mama. Für das kleine Päckchen, das ich gestern erhielt, recht herzlichen Dank. Der (?) schmeckt ausgezeichnet. Es kam alles wohlbehalten an. Meinen Brief vom Sonntag wirst Du inzwischen erhalten haben. Wir arbeiten auf die Besichtigung hin. Sonst gibt es von hier nichts Besonderes zu berichten. Bei Euch wird der Frühling schon weiter sein als hier. Wie gern wäre ich jetzt um diese Zeit am Bodensee, dort kommt jetzt die schönste Zeit des Jahres. Weißt, das Heimweh läßt mich nie ganz los. Sei nun mit allen anderen herzlichst gegrüßt von Deinem Xaver. Schickt mir doch bitte Schuhcreme und ein Tafelmesser, meines ist abgebrochen. Es muß nicht gerade das Beste sein. Oldenburg, den 7. 4. 1942 Liebe Eltern und Geschwister. Ihr wißt gar nicht, wie ich mich freue, daß ich es nun so weit geschafft habe nach diesen anstrengenden Wochen, besonders den letzten. Tagsüber hatten wir bis spät strengen

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Außendienst. Nachts arbeiteten wir bis 12 oder 1 Uhr schriftlich Themen aus. Fliegeralarme kommen dazu. Am Sonntag mußten wir an den Vorführungen zum Tag der Wehrmacht teilnehmen. Wir hatten buchstäblich keine Minute Ruhe. Dann kam am Montag die Besichtigung. Gleich der erste Eindruck war ausgezeichnet. Ich mußte den ersten Teil der Geländeübung führen. Es klappte sehr gut. Ich wurde dann auch vom Rgts.-Kommandeur bei der Besprechung persönlich gelobt. Ein wenig Stolz darf ich doch auch zeigen?!, hatte es natürlich jetzt gewonnen. Die Geländebesichtigung wurde vorzeitig abgebrochen, weil sie dem Kommandeur so gut gefiel, was selten vorkommt. Wir strahlten wie die jungen Götter. Nun, es klappte auch am Montagnachmittag und Dienstagmorgen. Gesamturteil: ausgezeichnet. Zum Schluß wurden wir alle mit Wirkung vom 1. 4. zum Gefreiten befördert. War das eine Freude, und ich glaube auch sagen zu dürfen, daß wir unsere Winkel reichlich verdient haben. Denn seit Weihnachten gab es im Lehrgang nur immer „Druck“ getreu dem Spruch: „Schweiß in der Ausbildung spart Blut an der Front!“. Die Freude ist also umso größer in dem Bewußtsein, daß wir durchgehalten haben trotz mancher Stunde, in der man glaubte, nun gehe es nicht mehr weiter. Ich kann nur sagen: „Gott sei Lob und Dank!“ Wie muß ich doch gerade jetzt so viel an unseren lb. Hans denken, freute er sich doch so riesig auf den silbernen Winkel und durfte sich dessen nur so kurze Zeit freuen. O wißt, Tag für Tag denke ich an ihn und muß um ihn trauern. Was mich betrifft, wir kommen ab Samstag für 2 Monate als Ausbilder in die Kompanien, haben dann Schlußbesichtigung und kommen dann an die Front. Ich will versuchen,, wenn es irgendwie geht, als R.O.B. zum Rgt. 14 versetzt zu werden und dort die Frontbewährung zu machen, ein Grund doch, daß ich zur Infanterie ging, was ich übrigens nicht bereue. Aussicht auf Urlaub besteht vorläufig nicht, vielleicht Mitte Juni, bevor es Ernst wird. Sonst geht es mir ganz gut. Ich fühle mich, verzeiht mir den Ausdruck, „sauwohl“. Habt Ihr auch so ein Hundewetter? Hier schneit es, als stünden wir mitten im Winter. Der April macht seinem Namen Ehre. Ihr werdet viel Arbeit haben. Gretel scheint erzürnt zu sein, daß ich sie in letzter Zeit mit Schreiben ganz vernachlässigt habe. Sie muß schon entschuldigen, es blieb mir wirklich keine Zeit mehr. So ging es allen meinen Kameraden. Mit Ernst wieder Verbindung zu bekommen, habe ich aufgegeben. Wäre ich nicht in diesem verflixten Norddeutschland, ich hätte mich längst nach einer dauernden, interessanten Bekanntschaft umgesehen. So amüsiert man sich halt an einem Abend, (es gibt hier genug schöne Mädchen) und geht am nächsten irgendwo anders hin. Glaubt deshalb nicht, dass ich Dummheiten mache, keine Angst. Es ist das erstemal, daß ich darum bitte: schickt mir bitte Geld und zur Abschiedsfeier demnächst: Schnaps. Seid nun alle herzlichst gegrüßt von Eurem Xaver. Oldenburg, den 18. 4. 1943 (neue Anschrift: 3. Ausb. Rgt. 489, Oldenburg, Leweckkaserne) Meine Lieben. Für Eure lieben Briefe, Pakete und Päckchen meinen herzlichsten Dank, ebenfalls für das Geld. Ich hoffe nicht, daß ich Euch, solange ich noch hier bin, noch mal darum bitten muß, denn wißt, ich tu’s nicht gern, bin ich nun doch bald zwanzig und liege Euch deswegen immer wieder in den Ohren. Aber nehmt es mir bitte nicht übel. Lange dauert es sowieso nicht mehr, bis wir an die Front kommen und so lange will ich doch jede freie Minute, es sind deren wieder herzlich wenige geworden, ausnützen. Letzten Sonntag war ich in „Troubadour“, der Oper von Verdi. Ich kann Euch nur sagen, das war herrlich. Man fühlt sich aus diesem eintönigen Alltag herausgehoben, in andere Sphären entrückt. Diese Musik und die schauspielerischen Leistungen: sehr schön. Letzten Donnerstag war ich in der „Wallküre“ von Wagner. Ich war leider nach dem anstrengenden Dienst zu müde, um ganz aufnahmefähig zu sein. Sonst kann ich dazu nur sagen, was ich oben über den Troubadour schrieb. Bei mir hat sich wieder etliches geändert. Unser Lehrgang wurde gruppenweise kommandiert. Wir kamen letzten Montag zu dieser Kompanie, heute kommen die Rekruten, zum Teil 35jährig, zum Teil junge Kerle, darunter Luxemburger. Wir sind nun Stubenälteste. Daß wir

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ da in den nächsten Wochen keine Ruhe haben, könnt Ihr Euch denken, zumal an Ostern. Dazu haben wir einen verflucht scharfen Kompaniechef, der Spieß übertrifft ihn noch. Ich bin froh, wenn wir diese zwei Monate hinter uns haben. Wenn auch dann ernstere Tage kommen. Am meisten freue ich mich über den Frühling. Überall grünt und blüht es. Wie oft denke ich gerade jetzt an den schönen Bodensee, dessen Ufer sich aufs Lieblichste zu schmücken beginnen. Wie froh bin ich doch, daß meine Heimat dort unten liegt, im beschwingten Süden, wo man überall die herrlichen Alpen erblickt, die ich so oft vor mir sehe. Das Heimweh wird erst recht in den wunderbaren Maitagen kommen. Ein Bild werde ich nie vergessen, wie ich letzte Pfingsten von Kressbronn heimwärts fuhr, durchs wunderschön blühende Argental, vor mir die vertrauten Heimathügel im herrlichsten Gewande; blickte ich zurück, lächelte mir der See im zartesten Blau entgegen. Dahinter grüßten mich freundlich die Berge. O, dieses Erlebnis, denn das war es für mich, läßt sich nicht in Worte zwingen, es war zu großartig. Nehmt mir die lange Abschweifung bitte nicht übel, ich sitze den ganzen heiligen Sonntag in der Kaserne wie in einem Gefängnis. Draußen strahlender Sonnenschein, da muß ich mich doch an etwas erfreuen, und seien es nur Erinnerungen. Sehr gefreut habe ich mich, als mir Mama die Sonntagmorgenstimmung beschrieb, das hat mich richtig angeheimelt. Ihr schreibt vom Wiedersehen. Wie ich Euch schon schrieb, habe ich nur noch Hoffnung auf den Einsatzurlaub, vorher besteht keine Aussicht. Beinahe hätte ich den Brief von Rieger vergessen. Wie oft ich den durchgelesen habe, brauche ich Euch nicht zu sagen, was ich dabei fühlte, auch nicht. Ich werde ihm selbst mal schreiben, vielleicht könnt Ihr mir seine Adresse mitteilen. Mit meinen Kameraden aus Meersburg habe ich beinahe alle Verbindung verloren, Von Stotz kam ein Brief zurück, wo er ist, weiß ich nicht, einer hat diesen Winter seine Füße erfroren. Wie geht es Euch allen? Ihr seid hoffentlich alle gesund? Wie geht es Dir, liebe Mama? Was machen die Kinder? Alfred und Mädi warten noch immer. Gretel schreibe ich, sobald ich das nächstemal dazu komme. Die Ungeduld wird sie in der langen Zeit bereits verloren haben. Wißt, bei mir ist es so: ich kann nicht jeden Abend schreiben und serienweise Briefe verfassen, dazu muß ich schon die rechte Stimmung haben. Gibt es bei Euch Neuigkeiten, etwa im Verwandtenkreise? Ich müßte an so viele schreiben. Das eine Mal habe ich keine Lust, dann fehlt mir wieder die Zeit. Grüßt mir auch den Kaplan wieder. Wie gerne würde ich ihn wieder mal besuchen. Wie geht es dem Stiebles Anton? Und Arbeit habt Ihr ja sicher zur Genüge. Danach braucht man nicht zu fragen. Besucht Pia Mama noch immer. Wenn ich an die Ostertage im letzten Jahr denke, welch schwere Nachricht brachte sie uns, es wurde uns zu keinem Auferstehungsfeste. Aber ich will keine alten Wunden berühren, sie bringen ohnedies genug traurige Stunden. So langsam will ich zum Schluß kommen. Seid alle herzlichst gegrüßt von Eurem Xaver. Beachtet meine neue Anschrift. Ostermontag 1943 Meine Lieben. Ihr werdet erstaunt sein, von mir nur eine Karte zu erhalten, zumal an Ostern. Nehmt es mir bitte nicht übel. Ich war beide Tage im Bau, erlebte Festtage so öde, wie noch nie vorher. Dazu immer noch die Erinnerung an Ostern letztes Jahr. Doch will ich mich nicht beklagen. Wie ich erfahre, sind von meinen ehemaligen Schulkameraden einige schwer verwundet, zwei schon gefallen. Ich mag den anderen, die auch draußen sind, schon gar nicht mehr schreiben, bin ich doch schon ¾ Jahr immer in der Heimat, habe Urlaub gehabt, während die andern draußen bluten. Nun, ich hoffe, es wird nicht mehr allzu lange dauern, fahre auch ich ostwärts. Neues gibt es hier nicht. Die Rekruten haben es oft besser als wir. Wenn irgend etwas nicht in Ordnung ist, werden wir als Stubenälteste angepfiffen. Wie geht es euch? Herzliche Grüße, Euer Xaver. 2. 5. 1943

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Meine Lieben. Für das Paket und die beiden Briefe herzlichen Dank. Brot braucht Ihr mir vorerst keines mehr zu schicken. Hätte ich nur mehr Zeit, ich würde Euch ausführlicher schreiben. Ist doch heute ein herrlicher Tag, der schönste Monat des Jahres, angebrochen. Ich fühle mich allmählich wie ein Gefangener. Doch ich will nicht klagen. Dazu bin ich noch viel zu jung, war noch nicht an der Front. Am besten, man verschluckt allen Ärger kräftig. Ihr habt ohnedies genug Sorgen. Dazu ist der alte Kommißkram gar nicht interessant für Euch. Für den Ausgang des Krieges können wir, wollen wir, das Beste hoffen. Was ich persönlich darüber denke, ist ja meine Sache. Ihr seht, ich schreibe ziemlich wirr durcheinander. Ich muß auch schon den ganzen Tag Themen für unseren Lehrgang ausarbeiten. Daneben kommt der Dienst hier. Das alles am Sonntag. Seid alle herzlich gegrüßt von Euerem Xaver.

Sonntag, den 9. 5. Meine Lieben. Da seid Ihr ja mächtig reingefallen. So war das nicht gemeint. Wie’s bei Euch heißt „zu Hause bleiben“, heißt es hier: „ich muß übern Sonntag im Bau (Kaserne) bleiben, was auch heute der Fall ist. Eure Pakete erreichten mich alle unversehrt. Die Flaschen sind schon wieder verpackt, ich habe nur keine Gelegenheit, sie wegzuschicken. Warum ich nicht ausführlicher schreibe, berichte ich Euch, wenn ich mehr Zeit habe. Herzliche Grüße Euer Xaver. 15. 5. 1943 Liebe Mama. Wenn die Karte zu spät ankommt, denke nicht, dass meine Vergesslichkeit der Grund dafür ist, sondern der, daß mir einfach keine Zeit für solche Dinge mehr bleibt. Vielleicht glaubst Du es eher, wenn ich Dir sage, daß ich seit dem 1. Mai mindestens in acht Nächten nur 5 Stunden, manchmal noch weniger geschlafen habe; immer schriftlich arbeiten. Gutes Training für Rußland. Nun zum Eigentlichen: Zum Muttertag, Deinem Ehrentag, wünsche ich Dir von Herzen alles Gute. Sei vielmals gegrüßt von Deinem Xaver. Oldenburg, den 17. 5. 1943 Meine Lieben. Endlich findet sich eine Gelegenheit, wieder mal ausführlicher von mir zu berichten. Eine kleine Entzündung am Knie hat mir nämlich drei Tage Bettruhe verschafft. So kann ich mich doch wieder einmal etwas ausruhen, gehörig ausschlafen, tagsüber wenigstens, denn nachts kommen jetzt regelmäßig die Tommies. Ein Wunder, dass sie Oldenburg jedes Mal liegen lassen. Seit Afrika zu Ende ist, scheinen sie gewaltig Schneid bekommen zu haben. Nun ja, die Lage ist ernst, wie schon lange, aber nicht hoffnungslos. Obwohl wir das Ende noch nicht absehen können. Für uns gilt sowieso nur noch ein Gesetz, das ist die Pflichterfüllung. Doch will ich keine großen Worte machen, man darf ja auch nicht lange nachdenken. Sonst könnte es leicht geschehen, daß einem der Mut entsänke. Dies darf aber gerade jetzt nicht geschehen. Getreu den schönen Worten, den Leitworten der Rgts.Fahrabteilung, heißt es vertrauen: Schlicht und tapfer, spät und früh, unverzagt in Stürmen, anspruchslose Infanterie, möge Gott dich schirmen. Denkt daran, wenn ich in nicht allzu langer Zeit in Rußland sein werde. Am 8. Juni ist ja Endbesichtigung. Unsere Rekruten kommen in dieser Woche zur weiteren Ausbildung nach dem Westen. Neue sind bereits wieder am Anrollen. Habt Ihr schon angefangen zu Heuen? Dann beginnen ja, auch für Euch alle, strenge Tage. Das Wetter könnte dazu nicht besser sein. Kommt Hugo in Urlaub? Dann wird sich Gretel ja

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ freuen. Wie geht es Euch denn? Was machen die Kleinen? Seid für heute recht herzlich gegrüßt von Eurem Xaver. Ich lege Euch ein Bild vom „Rekrutengefreiten Fuchs“ bei. 30. 5. 1943 Meine Lieben. Heute hätte ich eine Bitte an Euch. Ich hoffe, auf Pfingsten in Urlaub fahren zu können, Nun möchte ich aber nicht gern in diesen alten schäbigen Klamotten verreisen, da bleibe ich lieber wo ich bin. Im „Sarasani-Rock“, diesem blöden Zirkusfrack fahre ich auf keinen Fall. Ich gehe sowieso vielmal nicht aus, weil ich mich in diesem Anzug schäme, mich in der Stadt zu zeigen. Deshalb schickt mir ein paar Flaschen Schnaps, dann will ich versuchen, so einen Kammerbullen zu bestechen, mir bessere Sachen zu verschaffen.. Mir ist diese Art sehr unsympathisch, das wißt Ihr vielleicht, aber auf andere Weise ist hier nichts Gutes zu bekommen. Und müßte ich mit diesem Zeug wirklich fahren, sehe ich schwarz für meinen Einsatzurlaub, dann fehlte mir die Freude von vorne herein. Ich gehe dann nicht aus dem Bau. Von hier gibt es nicht viel zu berichten. Diese Woche sind wieder Rekruten dazu gekommen. Slowenen aus der Gegend, aus der Franz stammt. Nur gut, dass wir drei Dolmetscher dabei haben, die andern verstehen kein Wort deutsch. Eine tolle Zusammensetzung der Komp. haben wir jetzt. Nach neuem Erlaß kommen wir erst zwei Tage vor der Besichtigung, also am 6. 6., zum Lehrgang zurück, sind also länger als vorgesehen hier. Schickt mir, wenn Ihr diesen Brief bekommt, außer dem Gewünschten nichts mehr. Zur Besichtigungsfeier schickt mir bitte auf den 9. 6. auch Schnaps. Den kriegt Ihr natürlich bezahlt. Wie geht es Euch? Papa wünsche ich recht gute Besserung, Das ist ja wirklich dumm, jetzt, mitten in der Heuernte. Seid Ihr schon bald fertig? Also, dann hoffe ich, an Pfingsten bei Euch zu sein. Bis dahin seid vielmals gegrüßt von Eurem Xaver. Oldenburg, 28. 6. 1943 Meine Lieben. Nun bin ich schon den zweiten Tag wieder in diesem alten Nest hier. Die Fahrt war sehr schön. Es gab auch diesesmal genügend Platz, im Gegensatz zum letztenmal. Ich bin dann auch durch Wuppertal und Barmen gekommen und konnte mich also selbst von den Folgen der Luftangriffe überzeugen. Wir sind ziemlich langsam gefahren, ich konnte es aus diesem Grunde ziemlich gut beobachten. Meine Erwartungen wurden alle im negativen Sinne übertroffen. Da ist außer einigen Randvierteln aber buchstäblich die ganze Stadt ausgebrannt. Haus an Haus ist zerstört. Links und rechts der Bahnstrecke, da steht kein Haus, das nicht bis aufs Letzte ausgebrannt ist. Dazwischen vollständig zerstörte Gebäude. Wer das mit eigenen Augen nicht gesehen hat, kann sich das nicht vorstellen. Seid bloß froh, daß Ihr in einer verhältnismäßig ruhigen Gegend wohnt. Gestern war ich in Oldenburg aus, heute liegen wir herum und warten auf unseren Einsatzbefehl. Es gehen Gerüchte um, als ob wir noch zwei Wochen dableiben müssten. Hoffentlich beruhen sie nicht auf Wahrheit. Raus müssen wir doch; deshalb weg, so bald wie möglich. Da kommt man am wenigsten zum Nachdenken. Habt Ihr am Samstag das letzte Heu rein gebracht? Gegen Abend wurde das Wetter ja schön. Vergeßt die Sache mit dem Reifezeugnis nicht. Schreibt dem Direktor, ich hätte Euch die Bescheinigung zugeschickt und Ihr bittet jetzt um die Übersendung. Sobald wir etwas erfahren, schreibe ich wieder. Das große Photo von mir ist ja sehr schlecht geworden. Werft es in eine Ecke, wo es nicht mehr hervorkommt. Seid nun alle recht herzlich gegrüßt von Euerem Xaver. Oldenburg, den 6. 7. 43 (neue Anschr: Offz. Nachwuchs Rg. 16, Hindenburgkaserne) Meine Lieben. Wie Ihr aus dem Telegramm ersehen habt, bin ich immer noch hier. Der Versetzungstag hatte sich um 1 ½ Wochen verschoben. Wir haben hier in der Zwischenzeit

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ ganz nette Stunden erlebt, die die finanzielle Seite allerdings stark in Mitleidenschaft zogen. Deshalb bat ich Euch auch um Geld. Seid mir deswegen bitte nicht böse. Da wo ich jetzt hinkomme, brauche ich dann keines mehr. Ich danke Euch für den Betrag, das meiste werdet Ihr wohl wieder zurückerhalten. Am Sonntag Abend war es bereits hier. Am meisten wird Euch interessieren, wohin ich komme. Es ist uns bereits bekannt gegeben worden. Wir kommen zu fünf Mann in dasselbe Regiment, alles Süddeutsche unseres Lehrgangs; dieses liegt im Osten im Einsatz. Ich werde also jetzt in Zukunft am Wolchow Mücken fangen und Läuse jagen. Ärgern tut mich nur, daß dieser verflixte Stellungskrieg da draußen nicht aufhören will. Da sitzt man dann beständig im selben Sumpf drin. Doch wird die Zeit auch vorbei gehen. Habt vorläufig keine Angst um mich und macht bitte keine Eingabe. Es wird schon schief gehen. Die schöne Heimat werde ich ja schon vermissen, muß mich jedoch mit vielen anderen damit abfinden. Schickt mir dann, wenn ich Euch meine FeldpostNr. mitgeteilt habe, den Esbit-Kocher und Brennstoff und ebenfalls die Polohemden. Was ich weiter brauche, schreibe ich dann von draußen. Wie geht es Euch? Hätte ich gleich gewußt, daß ich noch so lange hier säße, hättet Ihr mir noch Kirschen schicken müssen. Doch ist es jetzt zu spät. Ihr werdet jetzt in den Hopfen Arbeit haben, das Wetter hat sich ja noch nicht sehr verändert.Wenn ich dazu komme, schreibe ich Euch vor der Fahrt noch mal. Holt auch die beiden Filme, die ich entwickeln ließ, bei Buder. Seid nun alle aufs herzlichste gegrüßt von Euerm Xaver. 11. 7. 1943 Meine Lieben. Ich möchte nur ganz kurz Abschied von Euch nehmen. Mein Telegramm werdet Ihr erhalten haben. Ob wir uns freuten, könnt Ihr Euch denken. Es war ganz meine Bestimmung. Heute ist nun der letzte Tag. Heute Abend um 10 Uhr werden wir die Fahrt antreten, die uns in eine ungewisse Zukunft führt. Die Spannung auf das Kommende ist zu groß, um große Traurigkeit aufkommen zu lassen. Liebe Eltern, tut mir den einen Gefallen und macht keine Eingabe. Das Glück wird uns schon hold bleiben, im andern Falle ist es Schicksal, das unabänderlich ist. Jedem von Euch drücke ich im Geiste die Hand zum Abschied und hoffe, Euch in glücklicheren Stunden wiederzusehen. Ich werde Euch während der Fahrt noch mal schreiben. Für die Päckchen und Briefe noch meinen herzlichsten Dank. Mit den besten Wünschen grüßt Euch alle Euer Xaver. Tauroggen, 12. 7. 43 (auf Fahrt an die Ostfront) Meine Lieben. Der letzte Tag hat mich wieder ein gutes Stück ostwärts gebracht, über die ehemalige deutsche Grenze hinaus. Es sieht hier nicht aus wie in einem Hotel, sondern eher wie in einem Zigeunerlager. Landser aller Waffengattungen und Dienstgrade sitzen und liegen in und um die Baracken. Aus einiger Entfernung hört man Klänge eines Schifferklaviers. Das ist in kurzen Worten mein heutiges Milieu. Die Fahrt war wieder sehr interessant. Am Donnerstag oder Freitag werde ich vermutlich bei meiner Einheit eintreffen. Ihr müßt Euch also schon noch 1 ½ Wochen gedulden, bis Ihr meine Feldpostnummer erfahrt. Macht aber bitte keine Eingabe. Wie geht es Euch denn? Seid alle herzlich gegrüßt von Euerm Xaver. Grüßt mir alle Bekannten. 15. 7. 1943 Meine Lieben. Den Schlußpunkt meiner Reise habe ich jetzt erreicht. Morgen geht es weiter zur Einheit. Von der Fahrt kann ich nur Gutes berichten, abgesehen von einigen Unbequemlichkeiten. Landschaftlich war sie zum Teil auch sehr schön, bis dann bei Luga diese russische Öde anfing, Wasser, Sumpf, Moor, dazwischen diese Hundehütten, in denen dieses komische Volk haust. Vielleicht kennt Luise Gatschina, das ist heute mein Quartier. Es scheint irgend mal Residenz gewesen zu sein, den Bauten nach zu schließen. Habt um mich

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ keine Bange. Vorläufig haben wir besten Humor. Übrigens soll die Frontbewährung auf acht Wochen verkürzt worden sein. Seid nun alle recht herzlich gegrüßt mit den besten Wünschen, Euer Xaver 16. 7. 43 Meine Lieben. Sende Euch die Marken. Tauscht sie um oder verwertet sie sofort, am 20. 7. verfallen sie. Bin unmittelbar hinter der Front angekommen. Heute Mittag begeben wir uns raus. Alles besteht hier aus Dreck. Seid aufs herzlichste gegrüßt von Eurem Xaver. Im Osten, den 18. 7. 43 (Uffz. Xaver Fuchs, Feldpost Nr. 01447 C) Meine Lieben. Nun ist es also so weit. Am Samstag Abend kamen wir fünfe zum Troß des Regiments, übernachteten da und wurden dann gestern den einzelnen Kompanien zugeteilt. Anschließend gingen wir gleich vor in die Stellungen und stellten uns auf dem Kompaniegefechtsstand vor. Abends kam ich wieder zum Troß zurück und habe heute Morgen nun hier meine Sachen in Ordnung gebracht. Heute Mittag geht es dann endgültig raus. Wir werden, damit wir die Verhältnisse erst mal kennen lernen, erst acht Tage als Gewehrschütze eingesetzt, dann als stellvertretender Gruppenführer, und nach zwei, drei Wochen ungefähr bekommen wir selbst eine Gruppe. Die Bestimmung lautet nämlich, dass wir zwei Monate als Gruppenführer Frontbewährung machen müssen. Drei Monate werden wir also schon hier sein. Über die Zustände vorne will ich nicht viele Worte verlieren: Dreck, Wasser, (Moor-) Schlickwasser, Sumpf und nochmals Dreck. Soweit es möglich ist, sind Lattenroste gelegt. In Flandern war es im letzten Krieg ähnlich. Papa soll Euch mal davon erzählen. Er kennt diese romantischen Zustände, glaube ich, zur Genüge. Wir liegen jetzt an der Einschließungsfront vor Leningrad, an der großen Rollbahn, die von Moskau nach Leningrad führt. Sagt das Letztere aber nicht weiter. Die Stellung ist ziemlich ruhig. Liebe Eltern, jetzt will ich mal ein vernünftiges Wort mit Euch wegen der Eingabe reden. Wenn Ihr die nämlich macht, ist es wohl möglich, sogar sicher, daß ich zurückkomme, aber wahrscheinlich nicht weiter als bis zum Troß und sitze dann ewig in diesem verflixten Dreck hier, obwohl es da schon etwas annehmbarer ist, aber ohne Aussicht auf Urlaub für mindestens ein Jahr. Die Laufbahn als Reserveoffizier wäre in diesem Falle wahrscheinlich auch zunichte gemacht. Es ist mir ja nicht um das Geld zu tun, aber ewig möchte ich auch nicht Korporal bleiben. Seht Ihr, so dauert es wenigstens nur drei Monate, komme dann wieder zurück ins Reich, was ja der größte Wunsch jeden Landsers ist nach dem einen noch größeren: der Krieg möge recht bald, aber siegreich für uns zu Ende gehen. Denn was uns blüht, wenn wir verlieren sollten, weiß keiner besser als der Soldat vorne. Und daß die Stimmung vorne nicht schlecht ist, besser als in der Heimat, wird Euch jeder bezeugen können. Seht Ihr, und wenn ich dann die drei Monate Kriegsschule hinter mir habe, besteht ja wieder die Aussicht auf Urlaub. Vielleicht könnte ich , was wäre das für ein Glück, Weihnachten wieder bei Euch sein. Allerdings muß ich dann Glück haben, vor allem hier vorne. Ich kann mir gut vorstellen, daß sich Mama sagt, wenn ich jetzt keine Eingabe mache und es sollte ihm wirklich mal was zustoßen, / ich denke übrigens gar nicht daran, abzukratzen, überhaupt bei diesem ruhigen Krieg zur Zeit, / so müßte ich mir ewig Vorwürfe machen. Sprecht mit Lehrer Roth nochmals darüber, tut mir aber den Gefallen und macht keine. Meine Erwägungen waren rein praktischer Natur. Der Idealismus erstickt hier sowieso im Dreck. Zurück bleibt nur nackte Wirklichkeit des Existenzkampfes. Wie viel mal lieber wäre ich an die Mittelfront gegangen, wo wieder Bewegungskrieg ist. Gewiß, er ist härter und mit mehr Gefahren verbunden, aber es gibt dort keinen Sumpf und es bleibt einem keine Zeit zum Überlegen, die Kameradschaft ist auch besser als hier. Denn daß uns hier die meisten mit scheelen Augen ansehen, da man so schnell Uffz. geworden ist, in Kürze Schulterstücke tragen soll, werdet Ihr wohl verstehen. Es ist ja auch verständlich, denn wie viele sind schon jahrelang dabei und immer noch nicht Korporal. Da wünscht einem manch einer nicht das

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Beste. Deshalb, liebe Eltern, werde ich hier vorne wahrscheinlich nicht viele Freunde gewinnen. Neid und Mißgunst gibt es überall. Macht Euch aber deswegen bitte keine Sorgen um mich. Das sind wir von Oldenburg her schon gewohnt, nur kümmerte man sich dort nicht darum. Wir sind auch die ersten ROB (Reserveoffiziersbewerber), die als Uffz. rein kamen, es war eine ganz neue Verfügung, ihr werdet gestaunt haben, wie schon wieder ein Telegramm kam. Gut, daß ich noch Schnaps hatte. Über die Fahrt habe ich Euch ja durch (dauernde) Karten und Briefe unterrichtet. Wenn Ihr jetzt meine Anschrift habt, schreibt mir wenigstens ein- oder zweimal in der Woche. Ihr seid die einzigen, von denen ich Post zu erwarten habe. Letzteres ist ja nur meiner direkt phantastischen Schreibfaulheit zuzuschreiben. Daß ich kein Mädel habe, habe ich ebenfalls mir selbst zuzuschreiben, Gelegenheit hatte sich genug geboten. Aus zwei Gründen: Erstens muß man im Krieg immer, besonders wenn man an die Front kommt, mit allen Möglichkeiten rechnen. Wie es dann dem Mädchen geht, sehe ich an Pia als allzu deutliches Beispiel. Zweitens kann und möchte ich von keinem verlangen, so lange zu warten bis ich, angenommen, der Krieg geht noch länger und ich studiere nachher, eine feste Stellung habe. Und einem Mädchen Hoffnung zu machen, um sie dann bei nächster Gelegenheit, wenn sich etwas Besseres bietet, laufen zu lassen, dazu habe ich keine Lust noch Veranlagung. Nur ein Punkt spricht gegen diese Überzeugung: Man hört beim Kommiß gerade in dieser Beziehung so viel Unrat und Schmutz, (besonders war das in den letzten Wochen in Oldenburg toll, als wir wenig zu tun hatten und viel ausgingen. Ich hätte sie manchmal am liebsten der Reihe nach durchgehauen), daß es gut wär, man hätte ein Mädchen, das einem das Gegenteil bewiese. Doch steht das Verhältnis, wie Ihr seht, noch 2:1 für meine obigen Thesen. Diese Seite, tut mir den Gefallen, verbrennt, oder tut ihn (den Brief) dahin, wo ihn niemand findet. Ich möchte nicht, daß diese Zeilen in unrechte Hände kommen. Das würde auch nicht jeder verstehen, und ich möchte nicht, daß man darüber lacht. Mama schrieb mir, daß ich im Urlaub so seltsam gewesen sei. Ich hatte das Gefühl nicht. Gewiß, ich war vielleicht etwas zu still, seid darüber nicht besorgt, ich habe manchmal so Spinnereien im Kopf, dafür kann Mama nichts. Da muß ich eher mir die Schuld geben, daß ich, statt Euch im Urlaub, wie es eigentlich sein soll, Sorgen zu nehmen, Euch, besonders Mama, noch mehr Sorgen gemacht habe. Ich weiß gar nicht, wie das kam. Es mag etwas mit meinen drei Punkten zusammenhängen. Dann hatte ich so eine Unruhe, überall wollte ich hin und war am liebsten doch wieder zu Hause. Das Wetter machte mir ja auch einen großen Strich durch die Rechnung. Nun bin ich halt ein Frontschwein geworden im wahrsten Sinne des Wortes. Denn daß man da vorne in kürzester Zeit wie ein Schwein aussieht, kann ich Euch wohl versichern. Das eine schadet mir ja nichts, daß ich wieder einen anständigen Kohldampf schieben werde. Im übrigen soll die Verpflegung vorne sehr gut sein. Die Stellung ist ja ruhig. So langsam will ich zum Schluß kommen. Seid also ohne Sorge um mich. Wie geht es Euch? Fängt die Ernte bald an? Wie oft denke ich jetzt wieder an Euch, das Heimweh habe ich in der Fremde ja nie los gebracht. Kommt Hugo bald auf Genesungsurlaub? Wie geht es ihm? Grüßt ihn von mir. Ebenfalls grüßt mir alle Kerlenmooser und Verwandte. Sowie ich ihnen schreiben kann, tue ich es. Schreibt recht bald, und alles Gute. Seid herzlichst gegrüßt, Euer Xaver. Grüße an alle daheim. Im Osten, 20. 7. 1943 Meine Lieben. Es ist heute genau ein Jahr, daß sich die Tore der goldenen Freiheit hinter mir schlossen und ich zum Kommiß einrückte. Harte und frohe Stunden durfte ich erleben, darf insofern von Glück reden, da ich schon dreimal in Urlaub war und in verhältnismäßig kurzer

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Zeit Korporal geworden bin. Grund zu klagen habe ich also folglich nicht. Doch ist es ja so, dass der Landser immer etwas zu meutern hat (schimpfen). Meinen langen Brief werdet Ihr inzwischen verdaut haben. Ich bin nun endgültig vorne eingezogen und verdrecke zusehends. Man fühlt sich mehr wie ein Sieb wegen der unzähligen Schnakenstiche. Die Läuse bürgern sich auch so langsam ein und machen sich unbeliebt. Nachts um 12 überträgt Iwan (Russe) Jazzmusik und Nachrichten durch den Lautsprecher. Ihr seht, es ist ganz interessant hier. Sonst ist die Stellung ziemlich ruhig. Ich hätte mir eine andere Front gewünscht. Hier schläft man direkt ein. Gretel soll auch fest photographieren. Am besten ist, sie geht mit dem Apparat mal zum Kaplan und läßt sich die Sache erklären. Habt Ihr die Bilder von Buder schon? Schickt mir auch bitte meine kleine Seifendose. Mama zum Geburtstag am 25. die herzlichsten Glückwünsche. Wie weit seid Ihr mit der Arbeit? Seid nun alle recht herzlich gegrüßt. Euer Xaver. Im Osten, 22. 7. 43 Meine Lieben. Ziemlich rasch und schmerzlos habe ich mich nun hier vorne zurecht gefunden. Wie gesagt, die Stellung ist ziemlich ruhig. Vom Iwan habe ich bis jetzt noch nichts gesehen. Es geht hier lediglich darum, dem andern zu zeigen, daß man auch noch da ist. Das hängt mir jetzt schon zum Halse raus. Aus Langeweile jagt man mehr nach Läusen und Schnaken anstatt auf den Iwan. Bis Leningrad werden es noch etwa 30 km sein. Man kann es von hier aus so sehen, wie Ihr ungefähr das schweizerische Bodenseeufer. Im Nachbarabschnitt haben die unseren 5 Stunden lang heut Morgen auf die Racker drüben getrommelt. Da liegt SS, die geben Iwan schwer Zunder, ist auch das richtige. Hoffentlich wird es bald interessanter. Ich habe eine Bitte an Euch. Schickt mir Briefpapier, hier ist nichts zu bekommen, meines ist alles zugeklebt. Es darf ruhig Feldpostpapier sein. Schickt mir auch von dem Film, den ich geknipst habe, die guten Bilder. Wenn Gretel keine Bilderfilme mehr hat, soll sie sich durch Soldaten holen lassen. Habt Ihr mein Abi-Zeugnis erhalten? Ich muss schließen. Iwan bumst mit Ari rüber. Da heißt es, schnell Schnauze in den Dreck. Seid alle herzlichst gegrüßt von Eurem Xaver. Im Osten, 24. 7. 1943 Meine Lieben. Es ist Schicksal der Landsknechte, daß, wenn man es sich an irgend einem Ort eingelebt hat, ein Befehl diesem ein Ende setzt und es weitergehen muß. So ist es auch uns wieder mal ergangen. Eine Woche war ich gerade draußen, da wurden wir gestern Nacht unerwartet rasch abgelöst. Wir sollen für neue Aufgaben eingesetzt werden. Wie und wohin, das ist bei uns jetzt das große Rätselraten. Woher ich Euch also das nächstemal schreibe, kann ich Euch nicht sagen. Wißt Ihr noch, wie es bei Hans damals dasselbe hieß. Es kamen für ihn nachher bessere Zeiten. Doch keine Angst, so weit kommen wir nicht. Es wird irgendwo wieder etwas los sein. Es ist mir eigentlich recht, denn das bisherige kann ich ja kaum mit Krieg bezeichnen. Unsere Stimmung ist ausgezeichnet. Die Regimentsmusik sorgt gerade für etwas Abwechslung. Das war vielleicht ein Bild, wie wir heute in aller Frühe auf der Rollbahn nach rückwärts wanderten, marschieren kann man es nicht nennen. Schaut Euch mal die Kriegsbücher von Flandern 1914 –18 an, seht Euch die Bilder von den Landsern mal an. Genau so lehmig und dreckig und müde kamen wir daher. Das hat mir wirklich Spaß gemacht. Ein Bild war das, als wäre der Krieg aus. Da hätte ich den Photo gebraucht. Wie geht es Euch, liebe Eltern und Geschwister? Zum Schlafen bin ich freilich letzte Woche nicht viel gekommen. Ich habe, ohne jede Übertreibung, in sechs Tagen nicht mehr als 5 Stunden geschlafen. Die Läuse und Schnaken tanzten so auf mir herum, im Anfang ist einem das ungewohnt, ich konnte nicht einschlafen, wenn ich noch so müde war. Nachts sowieso

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ arbeiteten wir entweder in den Gräben oder standen auf Posten. Die Läuse bin ich jetzt etwas los geworden, es gab gestern ganz neue, seidene Wäsche, da halten sie sich nicht so. Die Verpflegung ist tadellos. Brot hatten wir bis jetzt immer genug, höchstens etwas zu wenig Aufstrich. Schnaps habe ich nie so viel getrunken als da war, daran fehlt es wirklich nicht. Die Zigaretten ziehen sie mir durch ihre Bettelei buchstäblich einzeln aus der Tasche. Gott sei Dank rauche ich nicht. Was die dauernd für Nöte haben! Nur eines hätte ich besser erwartet, das ist die Frontkameradschaft, von der so viel gesprochen und geschrieben wird. In der Beziehung bin ich enttäuscht worden. Wie weit seid Ihr mit der Arbeit? Habt Ihr mit der Ernte schon begonnen?. Ist das Wetter bei Euch auch immer noch so veränderlich wie hier? Ist es ein paar Stunden schön, folgt gewiß ein Gewitter hinterher. So ähnlich wie damals, als ich in Urlaub war. Was gibt es aus Bodnegg Neues?. Grüßt mir auch Lehrer Roth, wenn Ihr ihn mal trefft. Dem Kaplan habe ich bereits geschrieben. Grüßt auch alle Nachbarn von mir, grüßt die schöne Heimat. Und wieder: Macht Euch um mich bitte keine Sorgen, es besteht keine Veranlassung dazu. In der Sache mit der Eingabe habt Ihr mich hoffentlich verstanden. Ich will zum Schluß kommen. Seid alle von mir herzlichst gegrüßt, Euer Xaver. Grüße an die Kleinen. Im Osten, den 29. 7. 1943 Meine Lieben. In den frühen Morgenstunden am letzten Montag schreckte uns ein Alarm aus unserer Ruhe beim Troß. So packten wir unsere sieben Sachen und marschierten weiter ostwärts. Der Tag wurde sehr heiß. Es waren Bilder wie damals beim Vormarsch, pralle Hitze, staubige Rollbahnen, endlose Fahrzeug- und Infanteriekolonnen. Für mich als Neuling sehr interessant. Am späten Nachmittag erreichten wir dann ein Lager, das in einem netten Flußtälchen liegt. Hier pflegen wir nun seither der Ruhe, vor allem, wir kamen zum Baden, für einen Landser ein seltener Wohlgenuß. Sogar die Läuse bin ich etwas los geworden. Man fühlt sich wieder etwas als Mensch. Doch sind wir, bis euch dieser Brief erreicht, bestimmt wieder im Einsatz. Die Russen versuchen da oben dauernd durchzubrechen. Ich will ja auch Frontbewährung machen, davon habe ich bis jetzt noch nicht viel gespürt. Die Flak schießt hier ja fast die ganze Zeit. Iwan ist sehr aktiv. Über die Ereignisse in Italien werdet Ihr wahrscheinlich ebenso überrascht gewesen sein, wie wir. Was wir davon zu erwarten haben, werden die nächsten Wochen zeigen, vielleicht noch größere Überraschungen. Wie geht es Euch? Was macht die Ernte? Das Wetter macht sich ja fabelhaft. Wie sind die Aussichten für die Hopfen? Was ist nun mit Onkel Martin? Kommt er frei? Nun hätte ich noch eine Bitte. Ich habe damals bei der Abschiedsfeier meinem Lehrgangsleiter zwei Liter Schnaps versprochen. Seid so gut und schickt sie ihm. Die Adresse schreibe ich Euch auf. Legt ihm die Rechnung bei. Seid mir für heute alle herzlich gegrüßt, Euer Xaver. Im Osten, den 1. 8. 43 Meine Lieben. Gerade erklingt im Volkskonzert Dostal’s Lied vom „Heimatland“. Da ergeben sich Worte beinahe wie von selbst. Ihr seht, sogar einen Radio haben wir auf unserer Bude hier in der Ruhestellung. Wir liegen immer noch auf der faulen Haut und warten der Dinge, die in allernächster Zeit kommen werden. Das Wetter ist sehr klar heute. Iwan ist deshalb auch wieder sehr aktiv in der Luft. Der Himmel ist andauernd Schauplatz spannender Luftkämpfe. Was glaubt Ihr wohl, was unsere Landser jubeln, wenn so ein Iwan abgeschossen wird. Sonst gibt es von hier nichts Neues zu berichten. Soeben erklingen Zithermelodien. Welch vertraute Musik für mein Ohr, weit entfernt der Heimat.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Was gibt es daheim Neues? Seid Ihr alle gesund? Die Kleinen werden Sommerferien haben. Wie geht es Hugo? Gretel zum Geburtstag die herzlichsten Glückwünsche. Seid alle vielmals gegrüßt von Euerm Xaver. Im Osten, den 2. 8. 1943 Liebe Eltern und Geschwister. Bevor wir unser friedliches Tälchen, in dem uns eine Woche der Ruhe und Erholung beschieden war, verlassen, noch rasch einige Zeilen. Nun ist es also so weit, es geht in neuen Einsatz. Diesmal wird es wohl mehr Abwechslung geben, als in der letzten Stellung. Was mit uns geworden ist, schreibe ich dann, wenn der erste Rummel vorbei ist. So ruhig wie die letzte Woche werde ich es hier draußen wohl kaum mehr bekommen, für russische Verhältnisse (war es) beinahe paradiesisch. Die allgemeine Lage scheint sich ja wieder etwas beruhigt zu haben. Es bleibt nur das eine große Fragezeichen, das ist Italien. Hoffen wir, daß sich die Geschehnisse zu unserem Besten entwickeln. Zu meinem Geburtstag wird mir diesmal wohl Iwan ein Ständchen bringen. So eben entwickeln sich da oben spannende Luftkämpfe; so geht es hier den ganzen Tag, zwei Iwan haben sie gerade abgeschossen. Ihr werdet bei dem Wetter eifrig ernten. So oft denke ich jetzt an Euch, gerade dadurch, dass ich keinen Kameraden habe. Macht Euch aber keine Sorgen, mir geht es gut. Für diese Tage hoffe ich auf die erste Post. Wie ich mich darauf freue! Die Regimentsmusik spielt nun ein Abschiedsständchen. Seid alle aufs herzlichste gegrüßt von eurem Xaver.

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________

Benachrichtigung von Xavers Tod durch seine Einheit: Abs.: Heinz Nimitz, Fpn. 01447 C Im Osten, den 11. August 43 Sehr geehrte Frau Fuchs! Da mein Kompanieführer verwundet und mein Hauptfeldwebel auf Urlaub ist, verbleibt mir als stellvertretender Hauptfeldwebel die traurige Pflicht, Ihnen, werte Frau Fuchs, Mitteilung von dem Heldentode Ihrs Sohnes, des Unteroffiziers Xaver Fuchs, zu machen. Ihr Sohn fiel am 4. 8. 43 nordöstlich Moika am Newafluß. Eine Gewehrkugel machte durch Herzschuss seinem Leben ein jähes Ende. Im Namen aller Kameraden spreche ich Ihnen mein tiefstes Mitgefühl zu dem herben Verlust aus, der Sie getroffen hat. Kürzlich wurde unsere Division verlegt, um einen Teil zu den schweren Kämpfen südlich des Ladogasees beizutragen. Nach einigen Tagen der Ruhe mit Sonne und Wasser trat die Kompanie zu einem Angriff an. Der Angriff wurde zu einem vollen Erfolg. Möge es Ihnen und Ihrem Schmerz ein Trost sein, daß Ihr Sohn Teil hatte an diesem Sieg, daß er dazu beitrug, unseren Hauptfeind, den Bolschewismus zu vernichten. Trotz der kurzen Zeit, die Ihr Sohn erst in unserer Kompanie war, hatte sich Ihr Sohn gut eingelebt und erfreute sich großer Beliebtheit sowohl bei seinen Vorgesetzten als auch bei seinen Kameraden. Unser verwundeter Kompanieführer berichtete mir noch auf dem Hauptverbandsplatz, mit wie viel Schneid und Tapferkeit ihr Sohn beim Angriff war. Wir verlieren mit Ihrem Sohn einen unserer besten Kriegsoffiziers-Bewerber. Auf dem Heldenfriedhof der Division an der Rollbahn Tossno – Sslabino, 300 m südlich Sslabino wurde Ihr Sohn zur letzten Ruhe gebettet. Soweit es uns möglich ist, lassen wir Ihnen später eine Grabaufnahme zugehen. Die Nachlaßsachen werden Ihnen baldmöglichst zugeschickt. In aufrichtigem Mitgefühl grüße ich Sie mit Heil Hitler! Heinz Nimitz.

Im Osten, den 18. X. 43 Werte Frau Bentele – Fuchs! Seit langer Zeit ist schon Ihr Brief in meinem Besitz. Aber leider kam ich nicht eher zum Antworten. Erst war ich auf Urlaub, dann, zur Truppe zurückgekehrt, kam ich mitten in eine neue Verlegung hinein. Erst jetzt kommen wir etwas zur Ruhe. An die schweren Tage an der Newa müssen wir noch oft denken. Viele gute Kameraden haben wir dort lassen müssen. Als Ihr Sohn zu uns kam, lagen wir bei Tossno im Stellungskrieg. Dort hat Ihr Sohn sich schnell und gut eingelebt. Wir alle mochten ihn gern und freuten uns, einen guten Gruppenführer zu haben.. dann ging es fort, 80 km Marsch, hinauf zur Mga. Dort verblieben wir erst noch 8 Tage in einem Restraum, auch am Fluß. Dienst war fast überhaupt nicht, es wurde nur gebadet und sich gesonnt. Das Essen war vorzüglich. Es waren noch einmal sehr gute Tage für die Kompanie. Dann ging es weiter, etwa 20 km. 6 Kilometer vor der Newa ruhte die Truppe eine Nacht, um am nächsten Abend in den Bereitstellungsraum zu gehen. Frühmorgens am 4. 8. erfolgte der Angriff. Bei dem kleinen Zufluß Moika zur Newa wurden dem Russen wieder einige km entrissen. Bei diesem Gefecht, das ein voller Erfolg wurde, ereilte Ihren Sohn sein Schicksal. Sein Tod trat auf der Stelle ein. Zehn sehr schwere Tage nach dem Angriff blieben Ihrem Sohn erspart. – Seine sterbliche Hülle wurde von seinen Kameraden zurück gebracht nach der Nähe von Tossno. Dort wo er zu uns gekommen war, wo wir ihn kennen lernten, ruht er nun aus. Leider wurden wir inzwischen zweimal verlegt, und zwar jetzt mehrere hundert Kilometer weit. Wir selbst konnten nichts mehr photographieren. Einem Kameraden vom Bataillon gaben wir

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ mehrere Filme mit, mit der Bitte, die Gräber unserer gefallenen Kameraden aufzunehmen. Ich hoffe nun, daß wir dadurch in den Besitz einer Aufnahme für Sie gelangen. Selbstverständlich schicken wir Ihnen dann das Bild, und wenn möglich, das Negativ zu. Von den Kameraden seiner Gruppe ist, bzw. war bis gestern bei der Komp.: Gefr. Lastinger. Er ist leicht verwundet und wird wohl in kurzer zeit zurückkehren. Von der Kp. Ist noch von seiner Zugtruppe Gefr. Kettler bei der Kp., ein guter Junge. Ich hoffe, Ihnen mit meinen Zeilen irgendwie gedient zu haben und verbleibe in tiefem Mitgefühl Ihr Heinz Nimitz.

Nach Xavers Tod eingegangene Beileidsbriefe: Vom Direktor der Bodenseeschule Oberschule für Jungen in Aufbauform Meersburg, den 25. 8. 43 Sehr geehrte Frau Bentele! Ich danke Ihnen herzlich dafür, daß sie in Ihrem großen Schmerz noch an uns dachten. Als uns vorgestern die erste Nachricht traf, mochte ich sie nicht glauben, da eben erst die Trauerbotschaft vom Soldatentod von Otto Stotz, eines Klassenkameraden aus Roggenbeuren, uns erreicht hatte. Nun aber brachten Ihre Zeilen gestern die ernste Bestätigung. Ich bitte Sie, Frau Bentele, die Versicherung unseres innigsten Mitgefühls entgegennehmen zu wollen! Wir verloren mit Ihnen einen lieben Kameraden und treuen jungen Freund. Muß ich Ihnen sagen, dass er durch Jahre einer unserer liebsten Schüler war durch sein offenes, ehrliches Wesen, durch seine Bescheidenheit und seine stille Hilfsbereitschaft. Ich kann mich nicht entsinnen, je ein böses Wort nötig gehabt zu haben gegen ihn. Sie kannten sein gutes, edles Wesen ja noch besser als ich. So war das schnelle Wiedersehen vor einigen Wochen eine helle, frohe Erinnerung, die ich nur wegen der Unrast meiner Arbeit nicht auskosten konnte. Unser Schmerz müßte so fassungslos bleiben, wie er in der ersten Stunde war, wenn wir nicht wüßten, daß das Opfer eines so guten Menschen einen Sinn haben muß: Diese Frühvollendeten haben für ihr Volk mehr getan, als Greise, die 70 Jahre arbeiteten. Sie erkämpfen mit ihrem Lebensopfer ihrem Volk Freiheit und zukünftiges Leben. Das Leben derer, die bleiben dürfen, muß ein Leben unauslöschlichen Dankes sein. Dann ist auch die Sippe, die am meisten opferte, trotzdem sie erlosch, unsterblich. In aufrichtigem Mitgefühl Ihr Fr. ... Knauth (unleserlich) Wehrmeldeamt Überlingen. Der Leiter Überlingen, den 4. Okt. 1943 Frau Agathe Bentele verw. Fuchs, geb. Hauber, Kerlenmoos, Gem. Bodnegg. Nach den Bestimmungen gehen die Wehrpässe der vor dem Feinde gefallenen Soldaten zur Erinnerung in den Besitz der Angehörigen über. Das Wehrmeldeamt Überlingen überreicht Ihnen daher beiliegenden Wehrpass Ihres vor dem Feinde für Großdeutschland gefallenen Sohnes Xaver Fuchs mit dem gleichzeitigen Ausdruck aufrichtigen Beileides. I. A. Fleischmann, Hauptmann. OU, den 12. 10. 43 Werte Frau Fuchs! Heute erhielt ich die traurige Nachricht vom Tode Ihres zweiten Sohnes, Xaver. Ich spreche Ihnen hiermit meine herzlichste Anteilnahme aus. Wenn ich meine letzte Post noch einmal zur Hand nehme, dann stelle ich mit Schaudern fest, daß auch nicht einer dabei ist ohne Trauerbotschaft. Und meistens sind es die letzten Söhne. Man könnte fast an

Agnes Moosmann Hans und Xaver Fuchs zum Gedenken ___________________________________________________________________________ Gott irre werden, wenn man nicht selbst schon in einer Lage gewesen wäre, wo man die schützende Hand Gottes spürte. Gottes Ratschlüsse sind unergründlich. Man kann weiter nichts als blind vertrauen. Mein jüngster Bruder ist jetzt 17 Jahre alt, in ein paar Wochen ist Nachmusterung. Der will auch mit Gewalt Soldat werden. Ich habe ihm oft genug geschrieben, er soll ruhig warten, bis er dran kommt. Dann kann er immer noch seinen Mann stellen. Aber jeder fürchtet sich vor dem Wort Drückeberger. Und doch weiß jeder, daß er in der Heimat genau so gebraucht wird wie draußen. Heute hatten wir wieder mal Gottesdienst. Unter anderem hat der Pfarrer auch vom Schicksal gesprochen. Es gibt zwei Punkte, dasselbe zu meistern, durch Leisten und durch Dulden. Ich habe lange darüber nachgedacht, und er hat recht. Wer Gott vertraut, der wird das Schicksal meistern. - Von mir selbst kann ich Ihnen nicht viel berichten. Es geht mir immer noch gut. Mit den Italienern hatten wir gar keine Schwierigkeiten. Es verlief alles ohne Zwischenfälle. Der Dienst geht im alten Tempo weiter. Mit herzlicher Anteilnahme grüßt Sie Ihr Karl Rieger. Den Gruß Ihrer Tochter Gretel erwidere ich ebenfalls aufs herzlichste. Meersburg, den 30. Dezember 1943 Sehr geehrte Frau Bentele! Ich sage Ihnen herzlichen Dank für Ihre Zeilen vom 28. d. M., die mir das Erinnerungsblatt an Ihre beiden tapferen Söhne schenkten und Ihre freundlichen Glückwünsche überbrachten. Ich darf Ihnen sagen: Wer immer mir schrieb auf die Nachricht vom Heldentod Ihres Xaver, mußte davon sprechen, dass wir einen der Besten verloren haben... Seine Klasse hat in diesem Sommer 4 hoffnungsvolle junge Soldaten hingeben müssen. Das ist unsagbar schmerzlich, für die Mutter zumeist. Aber wir müssen ungebrochen weiterarbeiten und weiterkämpfen, auf daß ihr Opfer nicht vergeblich gebracht sei. Das ist deshalb auch unser heißester Wunsch zum neuen Jahr, dass dieses Jahr 1944 für unser Volk ein Jahr gesunder Kraft und starker Entscheidung werden möge! Ihnen persönlich darf ich unsere besten Glückwünsche überbringen, Das neue Jahr möge Ihnen nach so viel Schmerz Leichteres bringen und zumeist die Kraft, die Lasten, die Ihnen das Schicksal aufgebürdet hat, mit Mut und Stärke zu tragen. Unsere lieben Toten werden uns kraft und Mut geben! Heil Hitler! Mit den besten Grüßen Ihr sehr ergebener Dir. Knauth.