Handbuch Stadtsoziologie

Frank Eckardt (Hrsg.)

Handbuch Stadtsoziologie

Herausgeber Frank Eckardt Voestalpine Linz, Österreich

Bernhard Schmidt Langenhagen, Deutschland

Springer VS ISBN 978-3-531-17168-5 DOI 10.1007/978-3-531-94112-7

ISBN 978-3-531-94112-7 (eBook)

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Inhalt

Frank Eckardt Stadtsoziologie als transdisziplinäres Projekt

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Markus Schroer & Jessica Wilde Emile Durkheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Matthias Junge Georg Simmel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Eike Hennig Chicago School

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Roland Lippuner Pierre Bourdieu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Benno Werlen Anthony Giddens

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145

Stefan Kipfer, Parastou Saberi & Thorben Wieditz Henri Lefebvre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

167

Julia Lossau Spatial Turn

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Referentielle Ausgangspunkte Jan Kemper Max Weber

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Konzeptionelle Debatten Walter Siebel Die europäische Stadt

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201

6

Inhalt

Kathrin Wildner Transnationale Urbanität

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Johanna Hoerning Megastädte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Frank Eckardt & Johanna Hoerning Postkoloniale Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sybille Frank Eigenlogik der Städte

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Detlef Sack Urbane Governance

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Annette Harth Stadtplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bernhard Schäfers Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Themenfelder der Stadtsoziologie Andreas Farwick Segregation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Annika Müller Soziale Exklusion

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Olaf Schnur Nachbarschaft und Quartier

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Jürgen Hasse Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Oliver Frey Städtische Milieus

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Wolf-Dietrich Bukow Multikulturalität in der Stadtgesellschaft

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7

Inhalt

Katharina Manderscheid Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Detlef Baum Soziale Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Bernhard Frevel Kriminalität und lokale Sicherheit

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613

Nina Schuster Queer Spaces

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Andrej Holm Gentrification

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661

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689

Rainer Kilb Die Stadt als Sozialisationsraum

Janet Merkel Kreative Milieus

Rauf Ceylan Islam und Stadtgesellschaft

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Paula Marie Hildebrandt Urbane Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Michael Spörke Die behindernde/behinderte Stadt

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745

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775

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805

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Martin Klamt Öffentliche Räume Constanze A. Petrow Städtischer Freiraum

Autorenangaben

Städtische Milieus Oliver Frey

Der Begriff des Milieus steht im Zentrum stadtsoziologischen Denkens, weil er die Ausprägungen des Verhältnisses zwischen städtischem Raum und sozialen Strukturen thematisiert. Die Analyse der räumlichen Ausprägungen sozialer Beziehungen ist der zentrale Forschungsgegenstand der Stadtsoziologie (vgl. Weber 1921; Park et al. 1925; Saunders 1987; Krämer-Badoni 1991; Lichtenberger 2002; Häußermann/Siebel 2004; Dangschat/Frey 2005, Castells 2007: 29 – 35, Dangschat 2007: 21 ff.). Seit der Etablierung der Stadtsoziologie als wissenschaftlicher Disziplin an der Schnittstelle von Sozialgeografie, Raumplanung und Architektur wird der Versuch unternommen, das Wechselverhältnis zwischen Raum und Gesellschaft zu erfassen. Die These, dass soziale und gesellschaftliche Strukturen sich nur in ihrer Verknüpfung mit räumlichen Gegebenheiten hinreichend darstellen und analysieren lassen, ist mit dem Begriff Milieu konzeptionell erfasst (Dangschat 1994: 340 ff.). Das französische Wort Milieu bedeutet wörtlich übersetzt „zwischen dem Ort“ und verweist auf ein bestehendes Verhältnis zwischen Orten und sozialen Strukturen. Unter einem sozialen Milieu versteht man in der Soziologie eine soziale Gruppe mit ähnlichen Lebensstilen und Wertpräferenzen sowie sozioökonomischen Bedingungen. Der Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und ihren räumlichen Ausprägungen an Orten und physischen Dingen ist von dem französischen Soziologen Emile Durkheim als „Morphologie sociale“ beschrieben worden: Die physischen Substrate als Voraussetzungen des sozialen Lebens müssen nach ihm zugleich als soziale Produkte desselben gesehen werden (vgl. Durkheim 1893 und 1897). Eine Unterscheidung zwischen dem physischen Substrat und der sozialen Welt liegt in dem Grad der ungleichen Ausprägungen, wie in ihnen soziales Leben verankert und strukturiert ist. Durkheim ordnet mit dem Begriff der Morphologie soziale Tatsachen in die Struktur der dinghaften Welt ein und zeigt auf, dass die Formen des Städtischen – die Art und Weise des Wohnens ebenso wie die politischen und rechtlichen Strukturen – eine Verankerung in der physischen Umwelt besitzen (Durkheim 1895: 12 – 14). Die morphologischen Strukturen der Städte, die im Laufe der historischen Entwicklung produziert und herausgebildet werden, beeinflussen und prägen die Akteure des städtischen Lebens. Die physischen Elemente wie Straßen, Gebäude, Denkmäler besitzen oftmals eine längere Prägekraft als die ihnen zugrundeliegenden ökonomischen, sozialen, kulturellen oder historischen Umstände, die zur Produktion beigetragen haben (vgl. Lefèbvre 1974: 330 – 335). Die Zusammensetzung sozialer Gruppen, ihre territoriale Ver-

F. Eckardt (Hrsg.), Handbuch Stadtsoziologie, DOI 10.1007/978-3-531-94112-7_22, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2012

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teilung, die Bilder und Erinnerungen sind an jedem städtischen Ort spezifisch strukturiert (vgl. Halbwachs 1938). In diesem Sinne konstituiert sich in der städtischen Welt ein spezifisches Milieu, das sich aus Personen, Orten und Dingen zusammensetzt und nach gewissen Regeln im städtischen Raum angeordnet ist. Städte sind sowohl durch ihr „Territorium“ umfasst als auch durch ihre Bevölkerung und ökonomische Struktur gekennzeichnet. Sie sind einerseits materieller Rahmen und Einheit für städtisches Leben und ihre Milieus, andererseits auch räumliche und soziale Konfigurationen von materiellen Objekten und Orten sowie Beziehungsknoten zwischen sozialen Subjekten. Ziel des vorliegenden Beitrages ist es, die theoretische Konzeption „Städtischer Milieus“ als räumliche Ausprägung sozialer Strukturierung darzustellen und ihre Herausforderungen für die Methoden der empirischen Sozialforschung innerhalb der Stadtsoziologie zu beschreiben. Im folgenden Abschnitt wird die Unterscheidung in eine raumunabhängige Konzeption des Milieubegriffs und eine der ursprünglichen Bedeutung zugrundeliegende räumliche Bezugsebene begründet und für die Stadtsoziologie aufbereitet.

Milieus: Zwischen Orten und Lebensstilen

Dem Lebensstil- und Milieubegriff liegt eine Konzeption gesellschaftlicher Strukturierung zugrunde, welche eine Verschränkung von objektiven Voraussetzungen des individuellen Handelns mit subjektiven Faktoren wie Wahrnehmungen, Interpretationen, Nutzungen und Gestaltungen vornimmt. Im Zuge der gesellschaftlichen Transformationsprozesse seit den 1970er Jahren mit ihren vielfältigen Ausprägungen – z. B. als Übergang von der Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft, als Erosion des Modells der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung (vgl. Gottschall 1995), als Informations- und Netzwerkgesellschaft in der Folge neuer Technologien und Organisationsformen (vgl. Castells 1996), als Bedeutungszuwachs von unterschiedlichen Wissensformen in der Wissensgesellschaft (vgl. Stehr 1994), als globalisierte Gesellschaft aufgrund von Flexibilisierung und Internationalisierung, als postmoderne Gesellschaft im Sinne eines Endes der Moderne (vgl. Bell 1973; Inglehart 1998) – gewann die Sichtweise auf stärker subjektorientierte Handlungs- und Wahlmöglichkeiten der Individuen gegenüber objektiven Klassenlagen zusehends an Bedeutung (vgl. Hradil 1987). Die Ausdifferenzierung der sozialen und gesellschaftlichen Strukturiertheit führt zu einer Vielfalt der Orientierungs-, Einstellungs- und Handlungsmuster von Individuen und sozialen Gruppen. Diese Ausdifferenzierungs- und Pluralisierungsprozesse gegenwärtiger gesellschaftlicher Transformationen werden mithilfe der Milieu- und Lebensstilkonzepte zu erfassen versucht (vgl. Zerger 2000: 74 – 82). In der sozialwissenschaftlichen Milieu- und Lebensstilforschung hat sich seit den 1980er Jahren ein raumunabhängiger Milieubegriff etabliert, der im Rahmen der Sozial-

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strukturanalyse verwendet wird. Zuvor wurde bei der Analyse sozialer Ungleichheit überwiegend auf vertikale Dimensionen wie Arbeit und Arbeitsteilung, Macht und Herrschaft sowie Eigentum und Besitz verwiesen. Die Konsumsphäre war bis in die 1980er Jahre kaum ein Bestandteil der Analyse der Sozialstruktur. Eine zunehmende Individualisierung in der Wohlfahrts- und Wohlstandsgesellschaft hat neben den vertikalen Ungleichheiten auch zunehmend neue Dimensionen sozialer Ungleichheit hervorgebracht. Diese beziehen sich auf Lebensbereiche außerhalb des Produktionsprozesses (vgl. Lepsius 1979). Die Grundbegriffe Klasse oder Schicht zur Beschreibung der Sozialstruktur in einer Industriegesellschaft wurden – beeinflusst durch Pierre Bourdieus (1987) Arbeiten zu den „feinen Unterschieden“ und durch Ulrich Becks (1983) Thesen zur zunehmenden Individualisierung – um Lebensstil- und Milieuansätze erweitert. Lebensstil- und Milieuansätze in der Sozialstrukturanalyse nehmen die Art und Weise der Lebensführung von Individuen und sozialen Gruppen als horizontales Merkmal sozialer Ausdifferenzierung einer Gesellschaft stärker in den Blick (vgl. Esping-Andersen 1996). Entwickelt wurden diese Ansätze zuerst in der kommerziellen Markt- und Meinungsforschung. Dort interessierte man sich für die Beschreibung von Konsummustern und -präferenzen der Individuen oder sozialen Gruppen. Nach der fordistischen Massenproduktion erfolgte im Zuge der Bildungs- und Wohlstandsexpansion in der postfordistischen Gesellschaft eine Ausdifferenzierung der Konsumsphären. Subjektive Präferenzen, Werthaltungen und Lebensstile rückten bei der Analyse des sozialen Raumes in den Vordergrund. Die Erosion des sozialen Gefüges der Klassengesellschaft führte demzufolge zu einer Suche nach neuen Formen sozialer Differenzierung (vgl. Berger/Hradil 1990; Berger/Vester 1998; Berger 2006: 74). Unterstellt wurde den Vertretern des Milieu- und Lebensstilansatzes nicht selten, dass sie die Bedeutung „objektiver“ Ungleichheitslagen wie Bildung, Einkommen, Beruf gegenüber „subjektiven“ Lebensstilen und Werthaltungen vernachlässigten. Sie würden von einem Abbau und einer Nivellierung sozialer Ungleichheit in einer Lebensstilgesellschaft ausgehen. Diese Nivellierung von Einkommens- und Vermögensungleichheiten ist allerdings nicht zu beobachten. Im Gegenteil, es gibt Untersuchungen, die in der postindustriellen Gesellschaft sogar eine Verschärfung von Ungleichheiten ausmachen (vgl. Berger 2006: 74). Insofern sprechen einige Autoren von einem Weiterbestehen von Klassenstrukturen, die zwar nicht hermetisch geschlossen sind, sondern sich nach Schichten aufgeweicht hätten. Berger spricht in einem Aufsatz sogar von „Konturen einer neuen ,Klassenstruktur‘ in der Informationsgesellschaft“ (vgl. ebd.: 80), und Ulrich Beck betont angesichts der verstärkten sozialen und ökonomischen Polarisierungen des letzten Jahrzehnts: „Es geht nicht nur aufwärts, diese Gesellschaft fährt im Fahrstuhl nach unten, und wir sind die Generation des Weniger“ (Beck 2006). Die Konzeption sozialer Milieus wird traditionell nach den folgenden zwei Perspektiven unterschieden: a) eine makrosoziologische Perspektive auf die gesamtgesellschaftliche Strukturierung von gesellschaftlichen Gruppen mit ihren jeweiligen Werthaltungen,

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Lebenszielen, Grundorientierungen und Mentalitäten und b) eine mikrosoziologische Sichtweise auf die Ausprägungen eines individuellen Lebensstiles, welcher von den Milieumitgliedern in unmittelbarem Kontakt miteinander in Familien, Kolleg(inn)enkreisen, Jugendgruppen oder Nachbarschaften ausgebildet wird (vgl. Herlyn 2000: 152 f.; Manderscheid 2004: 80 – 98). Die Konzeption sozialer Milieus im Sinne einer vermittelnden Ebene zwischen gesamtgesellschaftlicher Sozialstruktur und individuellen Werthaltungen und Verhaltensweisen wird in einer mikroperspektivischen Betrachtungsweise zur Analyse der Prozesse der sozialen Vergemeinschaftung auf der Ebene der Individuen und ihrer Werthaltungen eingesetzt. Das Ziel bei dieser Sichtweise lautet, das Zusammenwirken zwischen objektiven Lebensbedingungen und subjektiven Lebensstilen als Eigenschaft des Milieus zu interpretieren. Das Lebensstilmodell erscheint vor dem Hintergrund der konstatierten Auflösung vertikaler Strukturen sozialer Ungleichheit aufgrund gestiegenen Wohlstandes und sich öffnender Entwicklungsmöglichkeiten einer Konsum- und Freizeitgesellschaft als angemessenerer Ansatz, um die soziale Ausdifferenzierung der Gesellschaft zu erfassen. Dadurch wird es zu einem Grundbegriff zahlreicher empirischer Studien zur gewandelten Sozialstruktur der Gesellschaft (vgl. Spellerberg 1993). Dieses Konzept beschreibt das Spannungsfeld einer wachsenden Differenzierung objektiver und subjektiver Lagen, wobei es mit der Arbeit von Pierre Bourdieu zu den „feinen Unterschieden“ (vgl. Bourdieu 1987) eng verknüpft ist. In dieser Arbeit zeichnete Bourdieu eine neue Landkarte sozialer Gruppen im sozialen Raum, die u. a. nach dem Lebensstil der Gruppen geordnet ist. Dabei werden Lebensstilklassifizierungen nach dem Mobiliar der Wohnung, nach Musik- oder Kleidungsgewohnheiten vorgenommen (vgl. ebd.: 50 – 55). Bei der Bildung von Lebensstiltypologien werden Personen nach der Ähnlichkeit der Gestaltung ihres Alltags, der Einrichtungsgegenstände in der Wohnung, der Formen der Freizeitbeschäftigung oder des kulturellen Geschmacks unterschieden (Spellerberg 2007: 184). Die stadtsoziologische Analyse stellt darüber hinaus eine Verbindung und Wechselwirkung zwischen Orten und den jeweiligen Ausprägungen des Lebensstiles fest. Ihr Milieubegriff entwirft eine Mesoebene der Analyse, welche eine räumliche Bezugsebene beschreibt, auf der sozialstrukturelle und räumliche Bedingungen gleichzeitig erfasst und miteinander verknüpft werden (vgl. Keim 1997). Dabei wird das „städtische Milieu“ als eine sozial und kulturell weitgehend homogene soziale Gruppe mit ähnlichen Werthaltungen und Lebensstilen bezeichnet, die an bestimmte Räume und Stadtquartiere mit ihren speziellen physisch-materiellen Gegebenheiten und Strukturen gebunden ist. Über eine erhöhte Binnenkommunikation innerhalb des Milieus bilden sich ortsgebundene Kommunikationsgemeinschaften heraus, die über lose und festere Netzwerke verfügen. Das Milieu ist allerdings nicht auf eine in sich abgeschlossene Art und Weise homogen, sondern bewegt sich gegenüber anderen sozialen Gruppen in einem fließenden Übergang. Menschen können im Verlauf ihrer Biografie auch mehreren sowie gleichzeitig unterschiedlichen Milieus zugeordnet werden. Eine empirische Milieu- und Lebensstil-

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forschung gewinnt dadurch auch Einblicke in widersprüchliches, ambivalentes Verhalten und Handeln von Individuen in unterschiedlichen städtischen Räumen und zu verschiedenen Zeiten (vgl. Breckner 2009: 71 f.). Die Milieukonzeptionen in den Büchern Milieu in der Stadt (Keim 1979) und Die Räume der Milieus (Matthiesen 1998b) basieren jeweils auf einem integrierten Verständnis sozialer Strukturen und der Prozesse in urbanen Räumen. Für die Stadtsoziologie ist das zentrale Konzept der städtischen Milieus eine Möglichkeit, neben objektiven, vertikalen Mustern sozialer Differenzierung auch deren horizontale Ausprägungen sozialräumlich in den Quartieren, Nachbarschaften, Arbeits- und Wohnorten, Freizeit- und Konsumorten zu verorten.

Urbane Lebensweisen und städtische Umwelt

Städte sind vielfältige Gebilde. Sie beherbergen zahlreiche unterschiedliche soziale Welten und bringen zugleich dynamische Kräfte hervor, die gesellschaftliche Transformationen beeinflussen. Der Blick auf Städte kann sowohl auf die städtebaulichen Formen oder auf die urbanen Lebensweisen und -welten als auch auf die Kräfte ihrer Entwicklung und deren Steuerung gerichtet sein (vgl. Frey 2010). Die Chicagoer Schule der Stadtforschung in den 1920er Jahren beschrieb die Stadt als „Mosaik sozialer Welten“. Sie machte sich in vielfältigen Studien auf die Suche nach den kulturellen und sozialen Mustern von urbanen Lebensweisen und Lebensstilen spezifischer sozialer Gruppen (vgl. Lindner 2004). Diese qualitativ, ethnografisch und lebensweltlich orientierte Stadtforschung der Chicagoer Schule begründete eine Milieuforschung, welche die Ausprägungen urbaner Lebensweisen in Bezug zu den differenziert zu betrachtenden städtischen Orten und Nachbarschaften setzt. Diese Stadtforschungen über urbane Lebensweisen haben ihren Ursprung in den Erfahrungen des Großstadtreporters (vgl. Lindner 1990). Der Großstadtreporter, in seiner Urform als Polizeireporter, ist einem bestimmten Straßenzug oder anderweitig abgrenzbaren Territorium zugewiesen. Die räumliche Ausdifferenzierung der städtischen Strukturen erfolgt über lokale Ortsangaben von einzelnen Handlungen oder von Institutionen bzw. durch Zuordnung kollektiver Lebensweisen zu städtischen Quartieren und erschließt so den städtischen Raum (vgl. ebd.: 47, 77). Die Stadtsoziologie entwickelt die Konzeption urbaner Lebensweisen in einem Spannungsfeld von soziokulturellen und städtebaulichen Merkmalen. Dichte, Heterogenität und Differenz werden in ihren sozialräumlichen Ausprägungen als städtische Merkmale beschrieben (Wirth 1938 und Simmel 1984). Die urbane Lebensweise wird im Gegenzug zur ländlichen und dörflichen Umwelt als ein Gegensatz zwischen öffentlichem und privatem Raum konstruiert. Durch Ausdifferenzierung und Arbeitsteilung entstehen in den Städten der Industrialisierung besondere Berufstätigkeiten, eine distanzierte Art des Verhaltens, eine Trennung von öffentlichem und privatem Leben sowie von Arbeit und Freizeit. Nach sozialen Gesichtspunkten werden den einzelnen Lebensweisen un-

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terschiedlich ausdifferenzierte Verhaltensweisen theoretisch zugeordnet. Der öffentliche Raum besitzt dabei eine politische und kulturelle Funktion, während der private Raum der Produktion und Reproduktion dient und juristisch gesehen dem Eigentumsrecht unterliegt (vgl. Siebel 2000: 31). Diese traditionelle Definition der Urbanität bezieht sich insbesondere auf das Modell der europäischen Stadt und geht von einer Polarität zwischen Öffentlichkeit und Privatheit, zwischen Stadt und Land aus. Neuere Forschungen entlarven diese Sichtweise als einen lang gepflegten Mythos (vgl. Wüst 2004). Gerade die aktuellen gesellschaftlichen wie städtischen Transformationsprozesse zeigen eher Verbindungen zwischen Privatleben und Berufstätigkeit. Auch die Trennung zwischen urbaner und ländlicher Lebensweise ist aufgrund gestiegener Mobilitätsmöglichkeiten sowie neuer raumüberwindender Informations- und Kommunikationsformen kaum aufrechtzuerhalten. Zudem stellen Überlagerungen zwischen privaten und öffentlichen Sphären diese traditionellen Sichtweisen von Urbanität infrage (vgl. Häußermann/Siebel 1987). Die unterschiedlichen Definitionen von urbaner Lebensweise und der damit einhergehenden städtischen Umwelt beschreiben die spezifischen soziokulturellen Aspekte und ihre baulich-städtebaulichen Formen. Urbane Lebensweisen werden durch relativ ausdifferenzierte Bedürfnisstrukturen und Werthaltungen, durch die Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Aktivitäten und Erfahrungsräumen an ausdifferenzierten Orten und Räumen in der Stadt sowie durch eine mögliche Distanz zwischen Individuen und sozialen Gruppen bestimmt (vgl. Wüst 2004: 52). Die Ortsbezüge städtischer Milieus werden hierbei spezifisch konstruiert: Auf der einen Seite bestehen für bestimmte Milieus Möglichkeiten der Erweiterung ihrer sozialen Kontakte über die Nachbarschaft hinaus; zum anderen sind bestimmte soziale Milieus verstärkt auf ihre Wohnumgebung und Quartiersnachbarschaft angewiesen. Der Begriff des städtischen Milieus bezeichnet ein Verständnis von Urbanität als Lebensform, das sowohl durch soziokulturelle wie auch baulich-physische Charakteristika bestimmt ist. Urbanität entwickelt sich an einer ökonomischen Ausdifferenzierung, einer Multifunktionalität von Orten und Räumen sowie von Wohn- und Arbeitsformen (vgl. ebd.: 53).

Der Raumbezug städtischer Milieus

Im folgenden Abschnitt wird zum einen das Raumverständnis geschildert, welches der Konzeption städtischer Milieus zugrunde liegt, und zum anderen werden die Formen der Ortsbindungen städtischer Milieus untersucht, welche sich im Laufe der zunehmenden Auflösung von Raumbindungen sozialer Strukturen und der Fragmentierung und Heterogenisierung städtischer Räume und ihrer Milieus neu ordnen (vgl. Berking 2006b: 7 – 12; Robertson 1998: 192 – 200).

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Das Raumverständnis bei der Analyse städtischer Milieus

Der Raumbezug städtischer Milieus stellt das Wechselverhältnis zwischen räumlich-physischer Dinglichkeit eines Ortes und den ortsbezogenen sozialen Strukturen und den darin eingebetteten Handlungen in den Vordergrund. Die Beschreibung und Analyse städtischer Milieus muss einerseits die räumliche Bezugsebene klären und andererseits das dahinterstehende Raumkonzept klarstellen. Zu diesem Zweck unterscheidet Dangschat konzeptionell vier Untersuchungsebenen: eine internationale und nationale Makroebene (der auch die städtische und regionale Ebene zugeordnet wird), dazu das städtische Teilgebiet als Mesoebene und die Individualsphäre als Mikroebene (vgl. Dangschat 1990: 18 f.). Die Einführung einer zwischen Mikro- und Makroebene liegenden Mesoebene des Quartieres soll die Wechselbeziehungen am konkreten städtischen Teilgebiet sichtbar machen. Quartiere und städtische Teilgebiete werden als „eigentliche Bühne“ bezeichnet, auf der sich der Prozess des sozialen Wandels und der Veränderungen von Lebensstilen und Milieus abzeichnet (vgl. Dangschat 1996: 110 – 115). Die Einführung einer Mesoebene gestattet es, gesellschaftlichen Wandel an konkreten Orten im Stadtgebiet zu beobachten und zu verstehen. Auch Mackensen setzt bei der Mesoebene an und fragt sich in diesem Sinne, ob „Quartiere also kein Ort autonomer Lebenswelten sind ? Umgekehrt: Auch Quartiere können nicht anders verstanden werden denn als gesellschaftliche Ausprägungen und Konkretisierungen, welche ihren besonderen Charakter eben aus den Bedingungen allgemeiner gesellschaftlicher Systematisierung und aus deren Spezifikation erfahren und erhalten.“ (Mackensen 2000b: 241)

Das Einziehen einer Mesoebene bei der Analyse gesellschaftlichen Wandels stellt einen neuen geografischen Bezugsrahmen her, an dem die Rahmenbedingungen für individuelles Handeln am deutlichsten hervortreten. Das Verständnis einer „lokalen Dimension des Handelns“ (ebd.: 243), in der sich gesellschaftliche Struktur und individuelles Handeln verbinden, setzt eine neue Interpretation der Lebens- und Handlungsbedingungen voraus, die stets die Verschränkung zwischen diesen Bereichen im Blick hat. „Stadtsoziologie kann weder allein als ,Stadtstrukturanalyse‘ auf der Ebene der Gesamtstadt, noch aber auch als ,Milieuanalyse‘ allein auf der Ebene der individuellen Erfahrungsbereiche befriedigend betrieben werden, sondern vielmehr nur unter gleichzeitiger und miteinander verschränkter Inanspruchnahme der Konzepte und Verfahren, welche für die unterschiedlichen Ebenen speziell entwickelt worden sind.“ (Mackensen 2000b: 241 f.)

Die Konzeption von städtischen Milieus auf der Mesoebene der Stadtquartiere überwindet das Denken in polaren Gegensätzen. Der Ansatz besteht daraus, das städtische Leben als eine permanente Interaktion und ein amalgames Gemenge zwischen Formen der so-

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zialen und dinglich-manifesten Welt zu begreifen. Das gegensätzliche Denken hebt sich auf, wenn man den städtischen Raum als „objektiviertes Soziales“ ansieht (vgl. Linde 1972; Giddens 1984; Pincon/Pincon-Charlot 1986). Das objektivierte Soziale findet sich in den Dingen, Häusern und Orten genauso wie in den handelnden Personen. Dabei bildet sich ein neues Raumverständnis. Soziale Beziehungen sind durch städtebauliche Formen strukturiert und stellen ein Beziehungsgeflecht dar, bestehend sowohl aus gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen wie aus sozialen Strukturen und Handlungen (vgl. Halbwachs 1938; Chambart de Lauwe 1952). Das Wechselverhältnis zwischen städtischen Orten und Individuen entspricht der Sichtweise auf raumgebundene und raumspezifische Kommunikation, die an einem bestimmten Ort sichtbar wird (vgl. Noller 1999). „Raum“ wird dabei in Abgrenzung zu einem positivistischen, naturwissenschaftlichen Verständnis des „Behälter- oder Containerraumes“ konzipiert. In den Disziplinen Städtebau, Architektur und Raumplanung ist zumeist die Vorstellung von „objektiven“ Räumen vorherrschend, die sich objektiv vermessen lassen und die materiell-objektiv relationierbar sind. Der öffentliche Raum wird dabei als neutrales Gefäß konzipiert, das materielle, körperliche Objekte in sich aufnimmt, deren Einzug bzw. Inkorporation zu einer Umwidmung des Raums führt. Die jeweilige Infrastruktur oder Gebäudestruktur in einem bestimmten Stadtquartier wird unter dem Aspekt der meist quantitativ messbaren Ausprägungen wie Dichte oder Häufigkeit gesehen. Das Verständnis eines „Behälter- oder Containerraumes“ geht von einem „absoluten Raum“ aus, der unbeweglich, konstant und unabhängig ist. Fragt man aber nach den Wahrnehmungs-, Deutungs- und Aneignungsstrategien städtischer Milieus, so steht die Konstruktionsleistung des sozialen Akteurs bei der Gestaltung des Raumes im Vordergrund. Das theoretische Raumkonzept von Milieus zieht in Betracht, dass Räume kontextabhängig konstruiert werden. Kontextabhängig meint, dass die Sinnzusammenhänge im lokalen Kontext mit jeweils spezifischen institutionellen Kulturen, Normen und Arbeitsabläufen stehen. Auch die Werthaltungen, der Habitus und die sozialstrukturellen Merkmale innerhalb unterschiedlicher städtischer Milieus bestimmen die Konstruktionsleistung mit. Die Sichtweise der Individuen auf Räume unterscheidet sich nach Milieu-, Geschlechts- oder Kohortenzugehörigkeit. Dieser Konzeption raumbezogener Aneignungsprozesse liegt dementsprechend ein theoretisches Verständnis von gesellschaftlichen, relationalen Räumen zugrunde. Räume werden als aufeinander bezogene Anordnungen sozialer Güter, von Menschen und anderen Lebewesen konzipiert. Menschen und Dinge stehen dem Raum weder gegenüber, noch befinden sie sich außerhalb oder innerhalb. Sie sind Teil des Raumes, und soziale Akteure können den Raum durch Neupositionierungen oder Sprechakte anders konstruieren. Erst die miteinander verknüpften sozialen Güter und Menschen werden zum Raum. In der Raumsoziologie von Martina Löw ist dieser relationale Raumbegriff entwickelt worden. Sie schreibt:

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„Raum ist relationale (An)Ordnung von Gütern und Lebewesen. Raum wird konstituiert durch analytisch zu unterscheidende Prozesse, das Spacing und die Syntheseleistung. Letzteres ermöglicht es, Ensembles von Gütern und Menschen zu einem Element zusammenzufassen.“ (Löw 2001: 159 f.)

Auch bei Dieter Läpple findet sich ein relationales Raumkonzept, das keine Trennung von physischen Orten und den sozialen Strukturen zulässt. Läpple (1992b) entwirft das Modell eines „Matrix-Raumes“, welches Räume als gesellschaftliche Räume aus ihrem qualitativen gesellschaftlichen Funktions- und Entwicklungszusammenhang heraus erklärt. Die folgenden Komponenten des gesellschaftlichen Raumes müssen daher bei einer Milieuanalyse betrachtet werden: a) Das materiell-physische Substrat: Das materiell-physische Substrat hat eine Objekthaftigkeit als Erscheinungsform. Auf den öffentlichen urbanen Raum übertragen, gehören die Bebauung, der materialisierte Verkehr oder bauliche, raumgestaltende Elemente dazu. Dieses materiell-physische Substrat stellt für den Milieubegriff die städtebauliche Umwelt dar. b) Die gesellschaftlichen Interaktions- und Handlungsstrukturen bzw. die gesellschaftliche Praxis: Die gesellschaftlichen Interaktions- und Handlungsstrukturen sind durch ihre Subjekthaftigkeit gekennzeichnet. Die Subjekthaftigkeit der Akteure wird durch die klassenmäßige Differenzierung im sozialen Raum bestimmt. In der Konzeption der Milieuforschung sind diese Interaktions- und Handlungsstrukturen durch die Ausprägungen der Lebensstile und Werthaltungen erfasst. c) Das institutionalisierte und normative Regulationssystem: Damit sind die Eigentumsformen, Machtbeziehungen und gesetzlichen Regelungen gemeint. Dieses Regulationssystem steuert die Entwicklung des jeweiligen Milieus und die räumliche Einbettung sozialer Strukturen. d) Das räumliche Zeichen-, Symbol- und Repräsentationssystem: Das räumliche Zeichensystem verweist auf die soziale Funktion der Artefakte (wie z. B. Gebäude). Es stellt ein hochselektives Kriterium dar, welches das räumliche Verhalten der Individuen strukturiert. Dieser symbolische Raum wird in den Milieus über spezifische Lebensstilisierungen und Symbole der Lebensführung vermittelt. Die Interaktion zwischen der materiellen Objekthaftigkeit und der Subjekthaftigkeit der Akteure innerhalb städtischer Milieus stellt eine Dualität zwischen Handlung und Struktur dar, welcher auch eine Dualität entspricht, die sich im Raum widerspiegelt. Die handelnde Aneignung von Räumen schafft und verändert den jeweiligen Raum, so wie die räumlichen Strukturen selbst auf die handelnden Subjekte verändernd einwirken. In den baulichen Strukturen, den Häusern und infrastrukturellen Einrichtungen sowie den kodifizierten sozialen Beziehungen wie den Rechtsstrukturen, dem Eigentum und der

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Miete finden sich dementsprechend objektivierte soziale Strukturen wieder, die auf die städtischen Milieus einwirken.

Ortsbindungen städtischer Milieus

Im Folgenden wird der zentralen Frage nach den Ortsbindungen städtischer Milieus nachgegangen. Zum einen werden diese Prozesse in den Kontext der räumlichen Entankerung sozialer Strukturen gestellt und zum anderen in Bezug zu einer Zunahme von Orts- und Quartiersbezügen auf lokaler Ebene gesetzt. Bei der Beschreibung und Analyse des gesellschaftlichen Wandels ist vom „Verschwinden des Raumes“, von „Entgrenzungen“ und „Verflüssigungen“ von Raumstrukturen die Rede. Im Zuge der Globalisierungsdebatten (Castells 1996; Sassen 1991) werden auch die Auswirkungen der Globalisierung auf das raum-zeitliche Koordinatensystem städtischer Strukturen untersucht. Zum einen wird dabei eine Entterritorialisierung bzw. Entlokalisierung von ökonomischen und sozialen Beziehungen, also ein Bedeutungsverlust des konkreten Raumes für Prozesse der Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung konstatiert. Andererseits werden spezifische Orte miteinander verbunden und so lokale Beziehungssysteme gestärkt, um das Bestehen im globalen Wettbewerb zu ermöglichen. Ökonomische und soziale Akteure, so die These, werden durch einen Bedeutungsverlust des Raumes aus ihren Ortsbindungen zunehmend herausgelöst. Auf der anderen Seite wird von der „Wiederkehr des Regionalen“ gesprochen und der Bedeutung räumlicher Dimensionen für die gesellschaftliche Entwicklung wachsende Aufmerksamkeit geschenkt. Diese These führt zu der Frage, welche Rolle das Lokale für die Herausbildung von raumgebundenen und raumbeeinflussten Lebensstilen, sozialen Milieus und deren Identitäten denn nun tatsächlich spielt. Diese Frage thematisiert neue Beziehungen sozialer Formationen zu den städtischen Orten und Räumen. Während die Vertreter der Lebensstilkonzeptionen die Handlungen der Individuen eher als von räumlichen Distanzen losgelöst betrachten, gilt bei der Konstitution der Milieus der Ortsbezug als entscheidend. In diesem Sinne entwirft Schulze einen „Raum als Szenerie“ (Schulze 1992: 196): „Die Bodenhaftung sozialer Milieus ist weitgehend verloren gegangen, ohne dass die Milieus selbst verschwunden wären, wie es die traditionelle Vorstellung nahe legt.“ (Schulze 1992: 1)

Der Raum wird hier als Umgebung gefasst, als ein territorialer Bezugsrahmen, der dem Aktionsradius der Individuen entspricht und innerhalb dessen die Milieubildung stattfindet. Die Bedeutung des Raumes als Umgebung sieht Schulze schwinden und konstatiert, dass der Raum zur Szenerie wird. Die Umgebung wird dabei auf den konkreten Ort reduziert, der als Treffpunkt und Schauplatz von Szenen eine größere Bedeutung erhält.

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Diese szenischen Orte werden in ihrer räumlichen Ausdehnung als gering und in ihrer zeitlichen Kontinuität als fragil beschrieben. Die sozialräumliche Beziehung zwischen szenischem Ort und Individuum ist durch Flüchtigkeit gekennzeichnet. Szenerien werden betreten und wieder verlassen, sie können schnell umgebaut und verändert werden oder sogar ganz verschwinden (vgl. ebd.: 46). „Eine Szene ist ein Netzwerk von Publika, das aus drei Arten der Ähnlichkeit entsteht: partielle Identität von Personen, von Orten und von Inhalten. Eine Szene hat ihr Stammpublikum, ihre festen Lokalitäten und ihr typisches Erlebnisangebot. (…) Jede Szene hat eine zeitliche und eine räumliche Ausdehnung. Es gibt rasch zerfallende Szenen, aber auch solche, die monatelang oder jahrelang bestehen.“ (ebd.: 463)

Szenen unterscheiden sich gegenüber Milieustrukturen in ihrer Vergemeinschaftungspraxis durch eher flexiblere, geringere Binnenkommunikationen, welche temporären Verräumlichungen unterliegen. Der losgelöste Ort wird zum Gegenstand einer affektiven, spielerischen „Politik der Aufmerksamkeit“ (Lange 2005: 82). Die spezifische Ortspolitik besteht darin, dass „soziale Zugehörigkeit neu verhandelt wird“ (ebd.: 82). Bei Schulze löst sich die einheitliche Fläche des Quartiers auf und bringt auf der einen Seite örtliche Lokalitäten hervor, die mit ganz bestimmten Szenen verbunden sind, während auf der anderen Seite milieuneutrale Zonen entstehen. Die Auflösung der milieuspezifischen Umgebung ist für ihn eine Folge des sozialen Wandels durch technische Innovationen. Er konstatiert eine Fragmentierung des einheitlichen flächenbezogenen Stadtraumes, die zu einer höheren Bedeutung von inselhaft gelegenen Orten führt und eine szenische Vergesellschaftung ermöglicht. Schulze diagnostiziert eine abnehmende Bedeutung des Raums bzw. der Wohnstandorte für die städtische Segregation. In der stadtsoziologischen Debatte wird dies sehr kontrovers diskutiert und im Gegenzug eher ein zunehmender Bedeutungszuwachs des unmittelbaren Wohnumfeldes gerade für benachteiligte Bevölkerungsgruppen thematisiert. Die von Schulze charakterisierte Zunahme von Szenen trifft dementsprechend eher auf moderne, kreative Wissensmilieus zu (vgl. Matthiesen/ Bürkner 2004; Lange 2005). Die Geschichte der raumbezogenen Milieuforschung in der Stadtsoziologie konstatiert hingegen eher die Wirksamkeit der räumlichen Bindung von Milieustrukturen. Keim unterscheidet die Milieudimensionen in a) eine sozialwirksame Raumstruktur und b) eine raumwirksame Sozialstruktur (Keim 1979: 50 ff.). Die beiden im vorangegangenen Abschnitt thematisierten Blickrichtungen der Lebensstilforschung auf der einen und die der Milieuforschung auf der anderen Seite zeigen unterschiedliche Annahmen zum Raumbezug des Sozialen. Die räumlichen Entankerungsszenarien der Lebensstilforschung beschreiben eine abnehmende Bedeutung des Wohnortes aufgrund von gestiegenen Wahlmöglichkeiten sozialer Kontakte durch raumüberwindende Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Wohngebiet verliert an Bedeutung für die soziale Vergemeinschaftung und die Ausbildung sozia-

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ler Netzwerke; vielmehr ist eine Integration in selbst gewählte, ortsunabhängige Szenen und Netzwerke möglich. Im Wohnquartier wird eine Fragmentierung und Pluralisierung unterschiedlicher kultureller und sozialer Welten konstatiert. Bei diesem Konzept wird die These vertreten, dass das Quartier als territorialer Bezug von Vergemeinschaftung an Bedeutung verloren hat. Durch gestiegene Mobilität, neue Informations- und Kommunikationsmedien im Kontext einer Individualisierung von Lebensstilen und einer Heterogenisierung sowie Ausdifferenzierung von milieubildenden Werthaltungen wird die Prägung des Wohnquartiers im Sinne eines sozialen Milieus relativiert (vgl. Gebhardt 2009: 91). Die Ergebnisse der Armutsmilieuforschung beschreiben gegenteilige Prozesse einer eher größeren Bedeutung des Wohnquartieres und von dessen Milieustrukturen für die Herausbildung eines stark lokal begrenzten sozialen Netzwerkes (vgl. Häußermann/ Kapphan 2000). Die Bewohnerinnen und Bewohner der benachteiligten Wohnviertel müssen über Zwangskontakte in einem Zwangsmilieu die Integration in die Stadtgesellschaft selbst bewerkstelligen, der Wohnort wird ebenfalls zu einer benachteiligenden Ressource und wirkt sich stärker auf die Lebenschancen der dort lebenden Bevölkerung aus (vgl. Dangschat 1996). In seinem Fazit bringt Gebhardt diesen Widerspruch für eine Milieuforschung auf Quartiersebene auf den Punkt: „Raumbezüge sind zwar als handlungsgenerierend zu betrachten, man muss jedoch berücksichtigen, dass die Fähigkeit zur Raumaneignung und zur Ausweitung von Handlungsbezügen von den vorhandenen Ressourcen abhängt.“ (Gebhardt 2009: 92)

Milieus: Zwischen Homogenität und Heterogenität im städtischen Raum

Pluralisierung, Fragmentierung und Heterogenisierung des Territoriums und der Lebensstile haben eine Ausdifferenzierung der städtischen Orte und Räume zur Folge. Damit wird sowohl eine städtebaulich-architektonische Gestaltung als auch eine soziale Dimension erfasst, welche entweder die verstärkte Homogenität oder eine zunehmende Heterogenität der Orte und ihrer eingebetteten sozialen Strukturen in den Blick nimmt. Insofern beruht die Konzeption der städtischen Milieus auf der Annahme einer Ausdifferenzierung von Orten und Räumen in der Stadt, die zwischen der Struktur sozialer Lebensweisen und ihren jeweiligen räumlichen, materiellen und physischen Qualitäten vermittelt (vgl. Dangschat 2007: 21 ff.). Der Bezugs der städtischen Milieus zu den Orten und Räumen in der Stadt ist in eine stadtsoziologische Konzeption integriert, die eine verstärkte, homogene Einheit zwischen Territorium und sozialen Strukturen als Voraussetzung formuliert und die Ausdifferenzierung von räumlicher Gebundenheit und sozialen Beziehungen der Milieus benennt. Im folgenden Abschnitt werden diese beiden Blickrichtungen zwischen der Homogenität und Heterogenität des städtischen Raumes beschrieben.

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Die Konzeption sozialräumlicher Milieustrukturen, die durch ähnliche Lebensweisen und Mentalitäten geprägt sind, unterstellt eine Einheit zwischen städtischem Milieu und Territorium. Der gedankliche Ausgangspunkt dieses Modells der sozialen Vergemeinschaftung liegt in der Chicagoer Schule und ihren Theorien zur residentiellen Segregation. Robert E. Park, der Gründungsvater der Segregationstheorie, konstatierte einen Zusammenhang zwischen der geografischen Lage von Wohnstandorten im Stadtgebiet und der sozialen Distanz von Menschen (vgl. Park 1926). Seine These lautete, dass innerhalb der Grenzen eines „natürlichen“ Gebietes („Natural Area“) homogene Sozialstrukturmerkmale der Bewohner(innen)gruppen zu finden sind: „There are forces at work – within the limits of the urban community within the limits of any natural area of human habitation, in fact – which tend to bring about an orderly and typical grouping of its population and institutions.“ (Park 1925: 1)

Das „natürliche“ Gebiet ist ein soziales Gebilde, welches im historischen Entwicklungsprozess eine Population mit eigenen Normen, Traditionen und Verhaltensmustern hervorbringt: „Each separate part of the city is inevitably stained with the peculiar sentiments of its population. The effect of this is to convert what was at first a mere geographical expression into a neighborhood, that is to say, a locality with sentiments, traditions, and a history of its own.“ (Park 1915: 579, zit. nach Lindner 1990: 100)

Die Lokalität in ihrer kulturellen Dimension wird als ein geografisches Gebiet beschrieben, welches ein nachbarschaftliches Milieu beherbergt. Die Herausbildung dieses Milieus wird überwiegend durch den Wohnstandort definiert, woraus sich ergibt, dass die residentielle Segregation nach Wohnstandorten zum Indikator für soziale Segregation wird. Es findet also eine Übertragung sozialer Ungleichheit in den städtischen Raum statt (vgl. Dangschat 1996 und 1997). In den Blick genommen wird infolgedessen die geografische Lage der Stadträume zueinander. Es interessieren die Grenzen zwischen den einzelnen Gebieten, und zwar in dem Sinne, wie sie Abgrenzungen zwischen verschiedenen sozialen Vergemeinschaftungsvorgängen darstellen. Wirth formuliert diese Annahme folgendermaßen: „Gleichermaßen zieht es Personen von homogenem Status und homogenen Bedürfnissen – ob wissentlich, unbewusst oder durch die Umstände gezwungen – in dieselbe Gegend. Die verschiedenen Teile der Stadt erhalten spezialisierte Funktionen, so daß die Stadt deshalb mehr und mehr einem Mosaik sozialer Welten gleicht und die Übergänge von einer in die andere sich sehr abrupt vollziehen.“ (Wirth 1974: 55)

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Die Chicagoer Stadtsoziologen übertrugen das „Mosaik sozialer Welten“ auf das städtische Territorium. Dabei gehen sie von einem Raumverständnis aus, bei dem Raum als geografisch abgrenzbares Territorium aufgefasst und durch Eigenschaften wie Größe, Lage, Begrenzung und soziale Identität bestimmbar wird. Die soziale Identität, also der soziale Inhalt der jeweiligen – als Behälter gedachten – städtischen Gebiete wird durch Kriterien von Homogenität und Differenzierung bestimmt. Dabei bildet sich in der jeweiligen Lokalität durch den historischen Entwicklungsprozess eine eigene kulturelle und soziale Dimension heraus, die zu einer Identität des Ortes wird. Letztlich liegt den Stadtvorstellungen der Chicagoer Schule ein Raumverständnis zugrunde, welches eine Einheit von Territorium und geografischer Ausdehnung sowie eine Einheit zwischen geografischem Behälter und sozialer Identität bestimmt (vgl. Löw 2001: 48 – 52). Dabei geht die klassische Segregationsforschung zumeist von dem Merkmal des Wohnstandortes aus und untersucht die räumliche Ungleichheitsverteilung. Mit dem Modell der gespaltenen Stadt wird zum Ausdruck gebracht, dass sich in der gegenwärtigen Stadtentwicklung die sozialräumliche Spaltung in Wohnquartiere ärmerer Bevölkerungsgruppen und reicherer Einkommensklassen verschärft (vgl. Marcuse 1989; Dangschat 1998). In den Konzepten einer Ausdifferenzierung des Verhältnisses zwischen städtischen Orten und Räumen und den jeweiligen sozialen Strukturen wird das Quartier als Sozialraum konzipiert, der Orte unterschiedlicher städtischer Milieus hervorbringt. Dadurch existieren unterschiedliche Sozialräume, „die (im Wohngebiet) durch ihr Nebeneinander an einem Ort verbunden sind, ohne jedoch eine lokale Kultur oder Gemeinschaft zu erzeugen“ (Albrow 1998: 307). Dieses Verständnis trägt der Koexistenz von städtischen Milieus Rechnung, die sich an konkreten Orten oder Plätzen überlagern oder auch unverbunden nebeneinander stehen. In diesem Modell löst sich die Einheit des Territoriums der Stadt etwas auf und fragmentiert sich in unterschiedliche sozialräumliche Einheiten. Es bilden sich Nachbarschaften heraus, die inselhaft im städtischen Raum liegen, sich eventuell überlagern oder nebeneinander existieren (vgl. Zeiher 1990). Der Ausdifferenzierung städtischer Milieus und sozialräumlicher Lebensstile wird hier Rechnung getragen, indem die Stadt keine sozialräumliche Einheit mehr bildet. Zwischen den sozialräumlichen Strukturen können jedoch auch Beziehungsgeflechte ausgebildet werden, die Verbindungsräume entstehen lassen. Diese Verbindungsräume, die die verschiedenen sozialräumlichen Milieus kennzeichnen, verknüpfen die Milieus zu einer typischen städtischen Raumstruktur. Sichtbar wird in diesem Modell, dass konkrete Orte im Stadtraum, z. B. die Nutzungsformen an einem öffentlichen Platz, jeweils verschiedene soziale Strukturierungen aufweisen können (vgl. Frey 2009: 106 – 110).

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Milieuforschung: Methoden der Sozialraumanalyse zur Erfassung raumbezogener Sozialstrukturen

Das Verstehen von Sinnstrukturen des lokalen Handelns und Verhaltens der Individuen und ihrer Milieus setzt eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Vorgehensweisen voraus. In den spezifischen Lebenswelten und Biografien der Individuen manifestiert sich der gesellschaftliche Strukturwandel, welcher ebenso aus den subjektiven Werthaltungen und Lebensweisen der Individuen gestaltet wird. Soll der gesellschaftliche Transformationsprozess möglichst hinreichend beschrieben und analysiert werden, ist die Betrachtungsweise verstärkt auf die spezifischen Lebenswelten der Individuen zu richten. Die daraus hervorgehende These behauptet, dass die traditionelle Stadtsoziologie der Moderne in Deutschland bisher nur ungenügend an die Traditionen der qualitativen, ethnografischen und lebensweltlich orientierten Stadtforschung der Chicagoer Schule angeknüpft hat (vgl. Lindner 2004). Die Konzentration auf die Beschreibung und Analyse der Siedlungsentwicklung durch statistische quantitative Daten der Segregation sowie der sozialen Ungleichheit und die theoretischen Analysen der Regulationsschule haben den Blick auf die subjektiven sinnund wertgeprägten Lebenswelten der Individuen verstellt. Insofern sollte für die Analyse der städtischen Milieus stärker auf die qualitativ orientierten Methoden des Verstehens von Lebenswelten im Sinne einer Biografieforschung und Stadtkulturforschung zurückgegriffen werden, um die Sinnhaftigkeit der Akteure im Kontext der Eigenständigkeit der kulturellen Dimension städtischer Lebenswelten zu beschreiben und zu analysieren. Ziel sollte es sein, eine Kombination aus unterschiedlichen Verfahren der empirischen Sozialforschung einzusetzen, um die Lebens- und Arbeitsorganisation der Akteure sowie ihre jeweiligen lokalen Aktionsräume mit textlichen, visuellen und geografischen Methoden abzubilden (Riege/Schubert 2005a; Kessel et al. 2005; Deinet/Krisch 2003). Der folgende Absatz illiustriert die Leistungsfähigkeit der empirischen Milieuforschung: Innerhalb der Stadtsoziologie stellen die Methoden der Sozialraumanalyse geeignete Instrumente und Verfahren bereit, um das Verhältnis der sozialräumlichen Strukturen mit der Verknüpfung von sozioökonomischen Indikatoren und sozialräumlichen Nutzungsmustern zu analysieren. Die Sozialraumanalyse rückt das soziale Verhalten und aktive Handeln im Raum in den Mittelpunkt des Interesses (vgl. Riege/ Schubert 2005b: 36 f.). Die Herausforderung an die Methoden der Sozialraumanalyse zur Beschreibung sozialräumlicher Milieustrukturen liegt im Aufzeigen der Wechselverhältnisse zwischen dem räumlichen Verhalten der Mitglieder städtischer Milieus und den Nutzungsmustern in ihrem Alltag. Die Darstellung von Aktionsräumen wird dabei verknüpft mit der Analyse der urbanen Lebenswelten, welche in den spezifischen Ausprägungen der individuellen räumlichen Bezüge erforscht werden. Die physisch-materiellen Raumstrukturen und ihre Symbol- und Zeichensysteme werden dabei zur sozialen Strukturierung ins Verhältnis gesetzt. Aus dem Blickwinkel von Architektur und Stadt-

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planung ist insbesondere dieser Zusammenhang zwischen Raumgestalt und Sozialgestalt innerhalb der Milieustrukturen von Interesse (vgl. Riege/Schubert 2005b: 15).

Fazit: Renaissance des Städtischen und die Rolle urbaner Milieus

Die Wiederentdeckung der Stadt als Lebens- und Arbeitsort, die in der von Dieter Läpple (2003) formulierten These von der „Renaissance der Stadt“ ihren Ausdruck findet, sieht die urbane Lebensweise als geeignete Bedingung und Form für die Anforderungen der neuen postindustriellen Arbeits- und Lebensformen in der Wissensgesellschaft an. Die Zunahme der Bedeutung von Wissen und Kreativität in der Produktion und Reproduktion städtischer Orte und Milieus bringt neue Orte und Formen des städtischen Arbeitens und Wohnens hervor. Für bestimmte Milieus wird die Stadt als Arbeits- und Lebensort wieder attraktiv. Im folgenden Abschnitt werden die Folgen dieses Prozesses für die städtischen Orte und Milieus beschrieben, und es wird ein Analyseraster vorgeschlagen, mit dem sich die Frage nach der Steuerung von sozialräumlichen Entwicklungen beantworten lässt (vgl. Frey 2009: 317 – 326). Die lokale Verankerung stellt in der Wissensgesellschaft für die räumliche Gebundenheit der sozialen Strukturen eine wichtige Ressource dar. Da Orte und Räume in der Wissensgesellschaft über Symbole und Images konstruiert werden und somit als Mittel der Unterscheidung von Lebensstil- und Milieupräferenzen fungieren, sind sie ein wesentlicher Faktor zur Festschreibung sozialer Ungleichheit. Über Orte werden Personen ein- oder ausgeschlossen und über sie wird entschieden, ob sie am Prozess des Wissensaustausches teilnehmen können oder nicht. Die Netzwerke und Gemeinschaften finden ihre gemeinsamen Werthaltungen über den Raum. Die sozialen Netzwerke und das soziale Kapital bilden eine wesentliche Voraussetzung, um sich die Ressource Wissen als ein individuelles Vermögen im Rahmen eines sozialen Prozesses anzueignen. Über den sozialen Austausch innerhalb eines städtischen Milieus werden gemeinsame Lebensstile und Werthaltungen hergestellt, die Vertrauen in die soziale Gemeinschaft schaffen. Insofern kommt es durch den Bedeutungszuwachs von Wissen über die Konstituierung sozialer Netzwerke zu einer Aufwertung von sozialen Gemeinschaften (vgl. Frey 2008: 247 – 249). Der soziale Austausch des personenbezogenen Wissens innerhalb eines sozialen Milieus findet meistens auch ortsgebunden statt. Insofern sind die sozialen Netzwerke ortsgebunden verankert und ermöglichen die Verteidigung eines gemeinsam geteilten Wissens- und Informationsbestandes gegenüber anderen sozialen Gruppen. Zur Analyse der Rolle städtischer Milieus bei der Wiederentdeckung des städtischen Wohn- und Lebensumfelds wird vorgeschlagen, den Blick auf die Ressourcen der Milieus und ihrer Orte zu richten. Dadurch kann es auch gelingen, die Aufgaben der Steuerung von Entwicklungen innerhalb dieser städtischen Milieus mit ihren Wohn- und Arbeits-

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orten zu benennen. Im Folgenden wird eine analytische Trennung in Ich-, Wir- und Orts-Ressourcen vorgeschlagen (vgl. Frey 2009: 111 – 120). Die Ich-Ressource besteht aus individuellem ökonomischem, sozialem, kulturellem und symbolischem Kapital (vgl. Bourdieu 1983) in einer Art und Weise verfügt, um sich innerhalb des städtischen Milieus und nach außen hin Handlungsoptionen zu verschaffen. Die Ich-Ressource baut auf den Fähigkeiten und Erkenntnissen auf, die das Individuum im Laufe des Lebens (Sozialisation, Ausbildung, Arbeit) erworben hat, und ermöglicht individuelle Sichtweisen auf sozialräumliche Phänomene und somit eine eigenständige und individuell geprägte Wahrnehmung und Interpretation sozialen und räumlichen Handelns. Die verstärkte Bedeutung der Ich-Ressource ist ein Ergebnis des gesellschaftlichen Individualisierungsprozesses und ermöglicht es, durch den Einsatz von Kreativität dem eigenen Selbst einen relativ autonomen Stellenwert im gesellschaftlichen Reproduktions- und Produktionsprozess zuzuschreiben. Um die Ich-Ressource einzusetzen, braucht es eine aktive Haltung des Individuums. Bei diesem subjektorientierten Vorgang der Mobilisierung dieser Ressourcen ist es für das Individuum notwendig, die in dem jeweiligen gesellschaftlichen Feld geltenden Kapitalformen zu kennen und einzusetzen. Die Wir-Ressource besteht in der kollektiven Kapitalausstattung der Gesamtheit der Mitglieder des städtischen Milieus und wird über die Information und das Wissen aktiviert, das in ziemlich festen Netzwerken zwischen den Gruppenmitgliedern vorliegt und erarbeitet wird. Die Wir-Ressource der städtischen Milieus stellt ein Kapital dar, welches soziale Kommunikation als Austauschmedium benötigt. Dabei besitzt sie einen doppelten Charakter: Zum einen ist sie in ihrem Vollzug über virtuelle Kommunikationsmedien weniger an bestimmte Orte gebunden, zum anderen jedoch benötigt sie als Basis gegenseitiges Vertrauen und Respekt, also Eigenschaften, welche durch persönliche Begegnung an konkreten Orten hergestellt werden. Die Wir-Ressource besteht also aus den mobilisierbaren Formen und Mengen des sozialen, kulturellen und ökonomischen Kapitals und stellt darüber eine gemeinsame Identität sowie gruppenintern geteilte Deutungsmuster sozialräumlicher Phänomene her. Die Orts-Ressource der städtischen Milieus besteht zum einen aus der physisch-materiellen Ausstattung des Ortes und seiner städtebaulichen sowie sozialstrukturellen Nachbarschaft sowie zum anderen aus den sozialräumlichen Strukturen als Orten der Kommunikation und Begegnung in unterschiedlichen sozialen Welten. Diese doppelte Struktur der Orts-Ressource macht sie zu einem zentralen Kapital des städtischen Milieus. Das Milieu kann über den Ort ein Wissen mobilisieren, welches über kulturelle Codes, Images und Symboliken das Entstehen einer gemeinsam geteilten Geschichte ermöglicht. Das Kapital des Ortes besteht daher in doppelter Weise: als baulich-räumliche Struktur, in der experimentiert werden kann und die kreative Handlungen und Verhaltensweisen zulässt, und als Zeichen- und Symbolspeicher, der dem Milieu Identifikationen ermöglicht. Über den Ort werden Wissen und Informationen in Netzwerken als soziales Kapital weitergegeben.

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Oliver Frey

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