Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung

DNotI Fax - Abfrage Deutsches Notarinstitut Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1453# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004 Gu...
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DNotI

Fax - Abfrage

Deutsches Notarinstitut

Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer:

1453#

letzte Aktualisierung:

14. Juni 2004

Gutachten

Türkei, Beschränkung der Erbenhaftung

I. Zum Sachverhalt Die Erbin ist testamentarische Alleinerbin ihres Vaters. Der Vater ist bei seinem Tode türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland gewesen. Neben seiner Tochter hinterläßt er seine deutsche Ehefrau und seine Mutter. Der Nachlaß besteht aus Grundbesitz und beweglichem Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland. Unbekannt ist, inwieweit darüber hinaus Vermögen im Ausland vorhanden ist. Die Erbin ist desweiteren darüber im unklaren, ob der Nachlaß überschuldet ist. Sie möchte die Erbfolge nicht ausschlagen.

II. Fragestellung 1.

Nach welchem Recht bestimmt sich die Haftung der Erbin für die Nachlaßschulden und die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung?

2.

Welche Maßnahmen sind zur Haftungsbeschränkung erforderlich?

3.

Welches Organ ist für die haftungsbeschränkenden Maßnahmen zuständig?

4.

Besteht eine wirksamere Möglichkeit zur Haftungsbeschränkung?

5.

Ist ggf. später eine Anfechtung der Annahme oder spätere Ausschlagung der Erbschaft noch möglich?

6.

Wer wird im Fall der Ausschlagung Erbe? Deutsches Notarinstitut • Kaiserstraße 23 • 97070 Würzburg • Telefon 09 31 / 3 55 76-0 • Telefax 09 31 / 3 55 76-225

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III. Zur Rechtslage 1.

Anwendbares Recht Die Haftung eines Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten richtet sich grundsätzlich nach dem für die Erbfolge geltenden Erbstatut. Dies gilt insbesondere auch für den Eintritt und die Voraussetzung einer Beschränkung der Haftung (s. BGHZ 9, 151, 154; von Bar, IPR, Bd. 2, 1991, Rn. 378; Soergel/Schurig, 12. Aufl. 1996, Art. 25 EGBGB Rn. 37). Im vorliegenden Fall war der Erblasser türkischer Staatsangehöriger. Das anwendbare Erbstatut richtet sich daher gem. Art. 3 Abs. 2 S. 1 EGBGB vorrangig nach den erbrechtlichen Kollisionsnormen in § 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 28.5.1929 (Nachlaßabkommen, abgedr. in: Jayme/ Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 8. Aufl. 1996, S. 101). Danach ist in Ansehung des beweglichen Nachlasses das Recht des Landes anzuwenden, dem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehörte und in Ansehung des unbeweglichen Nachlasses das Recht des Landes, in dem dieser Nachlaß liegt. Das bedeutet, daß aus deutscher Sicht die Erbfolge und damit auch die Haftung des Erben bezüglich des in Deutschland und der Türkei belegenen beweglichen Vermögens sowie des in der Türkei belegenen unbeweglichen Vermögens nach türkischem Recht zu beurteilen ist. Soweit der Erblasser in Deutschland auch Grundbesitz hinterlassen hat, kommt deutsches Recht zur Anwendung. Im Fall einer wie hier vorliegenden Nachlaßspaltung richtet sich die Haftung des Erben für Nachlaßverbindlichkeiten für jeden Nachlaßteil nach dem jeweils maßgeblichen Erbstatut. Daher sind auch die Möglichkeiten zu einer Haftungsbeschränkung selbständig zu prüfen. Der Gläubiger kann in einem derartigen Fall wählen, gegen welchen Nachlaßteil er vorgehen will (s. Palandt/Heldrich, 57. Aufl. 1998, Art. 25 EGBGB Rn. 9). Eine Ausnahme wird lediglich für sog. fixierte Nachlaßschulden gemacht, d. h. solche Nachlaßschulden, die sich eindeutig einer bestimmten Nachlaßmasse zuordnen lassen. Hierzu zählen z. B. dingliche Schulden, Herausgabeansprüche und Verwaltungskosten (so Staudinger/Dörner, 1994, Art. 25 EGBGB Rn. 753 ff.; Soergel/Schurig, a. a. O., Art. 25 EGBGB Rn. 98 f.). Mithin ergibt sich, daß zur Beschränkung der Erbenhaftung das deutsche und das türkische Erbrecht nebeneinander anzuwenden sind.

2.

Beschränkung der Erbenhaftung nach türkischem Recht Das türkische Erbrecht beruht im wesentlichen auf dem schweizerischen Zivilrecht, da es durch eine Übersetzung des schweizerischen Zivilgesetzbuches (sZGB) in der Türkei eingeführt worden ist. Da

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uns Detailaussagen zum türkischen Erbrecht nicht zugänglich sind, wird insoweit daher im folgenden ersatzweise auf Ausführungen zum schweizerischen Erbrecht zurückgegriffen. Nach türkischem Recht kann der Erbe eine Haftungsbeschränkung zunächst nach Art. 558 türk. ZGB durch Ausschlagung herbeiführen. Eine Haftung gegenüber den Gläubigern tritt dann nur insoweit ein, als der Erbe vom Erblasser innerhalb der letzten fünf Jahre vor dessen Tode Vermögenswerte empfangen hat, die bei einer Erbteilung der Ausgleichung unterworfen wären. Um diese Ausschlagung zu vermeiden, gibt es zwei Möglichkeiten: Der Erbe kann zunächst ein öffentliches Inventar verlangen. Die Vorschriften des türkischen ZGB hierzu lauten wie folgt: Art. 560 Das öffentliche Inventar wird durch das Friedensgericht errichtet und besteht in der Anlegung eines Verzeichnisses der Vermögenswerte und Schulden der Erbschaft, wobei alle Inventarstücke mit einer Schätzung zu versehen sind. Die Beteiligten, die über die Erbschaft des Erblassers Auskunft geben können, sind verpflichtet, dem Friedensgericht alle von ihm verlangten Aufschlüsse zu erteilen. Wer ohne annehmbaren Grund die Auskunftserteilung verweigert, hat den Schaden zu ersetzen, der sich hierdurch ergibt. Insbesondere haben die Erben die ihnen bekannten Schulden des Erblassers mitzuteilen. Art. 561 Das Friedensgericht fordert die Gläubiger und Schuldner des Erblassers im Wege öffentlicher Verkündung auf, binnen einer bestimmten Frist ihre Forderungen und Schulden anzumelden und macht hierbei die Gläubiger auf die Folgen der Nichtanmeldung aufmerksam. Diese Aufforderung schließt auch die Bürgschaftsgläubiger ein. Die Frist ist auf mindestens einen Monat, vom Tage der ersten Verkündung an gerechnet, anzusetzen. Art. 566 Nach Abschluß des Inventars wird jeder Erbe aufgefordert, sich binnen Monatsfrist über Ausschlagung oder Annahme zu erklären. Wo die Umstände es rechtfertigen, kann das Friedensgericht zur neuerlichen Schätzung oder zur Erledigung von Streitigkeiten und dergleichen diese Frist verlängern.

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Art. 569 Gläubiger, die ihre Forderungen nicht rechtzeitig in das Inventar eintragen lassen, können den Erben weder persönlich noch mit Bezug auf die Erbschaft belangen. Gegenüber dem Gläubiger, der seine Forderungen infolge einer annehmbaren Entschuldigung nicht hat eintragen lassen, oder dessen Forderung, obwohl er die Anmeldung zur Eintragung vorgenommen hat, aus irgendeinem Grunde nicht eingetragen worden ist, haftet der Erbe bis zu dem Betrage, der aus der Erbschaft auf ihn entfällt. Der Gläubiger, der vom Erblasser für seine Forderung ein Pfand oder eine Sicherheit erlangt hat, kann seine Forderung jedenfalls aus dem Pfand oder der Sicherheit realisieren. Durch die Errichtung eines Inventars läßt sich also die Haftung des Erben für die Nachlaßschulden auf die Forderungen beschränken, die während der Inventarerrichtung angemeldet worden sind. Für solche Forderungen, die aus entschuldbaren Gründen nicht rechtzeitig angemeldet worden sind, ist die Haftung auf die Nachlaßmasse beschränkt. Die Errichtung eines öffentlichen Inventars wird daher insbesondere in dem Fall empfohlen, in dem der Erbe sich ein klares Bild über den Vermögensstand verschaffen will (vgl. Tuor/Schnyder/Schmid, Das schweizerische ZGB, 11. Aufl., Zürich 1995, S. 526). Innerhalb der nach Abschluß des Inventars errichteten Frist kann der Erbe erklären, ob er das Erbe ausschlägt, die Erbschaft unter dem öffentlichen Inventar oder vorbehaltlos annimmt oder ob er die amtliche Liquidation verlangt. Gibt er keine Erklärung ab, so gilt dies als Annahme der Erbschaft unter öffentlichem Inventar (Art. 567 türk. ZGB = sZGB Art. 588). Bei einer derartigen amtlichen Liquidation bleibt die Nachlaßmasse trotz Annahme der Erbschaft als vom übrigen Vermögen des Erben getrennte Masse bestehen. Gem. Art. 572 türk. ZGB (= sZGB Art. 593) werden die Erben im Fall einer amtlichen Liquidation für die Schulden der Erbschaft nicht haftbar (vgl. insoweit auch Tuor/Schnyder/Schmid, a. a. O., S. 530 f.). Gem. Art. 574 türk. ZGB wird die amtliche Liquidation von einem Friedensrichter durchgeführt, der jedoch eine oder mehrere Personen mit der Verrichtung dieser Aufgabe beauftragen kann. Da neben der Erbenhaftung nach türkischem Recht die Erbenhaftung nach deutschem Recht fortbesteht, sind zugleich die nach §§ 1975 f. BGB erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. 3.

Zuständigkeit zur Errichtung des Inventars Wie sich bereits aus dem oben wiedergegebenen Art. 560 türk. ZGB ergibt, wird das öffentliche Inventar durch den Friedensrichter errichtet. Nach Art. 41 der Verordnung betreffend die Durchführung der Bestimmungen des türk. ZGB über elterliche Gewalt, Vormundschaft und Erbgang vom 24.7.1965 (s. Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Türkei, Texte II Nr. 5) ist

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der Antrag auf das öffentliche Inventar beim Friedensrichter am letzten Wohnort des Erblassers schriftlich oder mündlich zu stellen. Da der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nicht in der Türkei hatte, ist hiernach die Zuständigkeit eines türkischen Richters nicht gegeben. Zwar bestimmt Art. 18 der türkischen ZPO vom 18.6.1927 (Ferid/Firsching/Lichtenberger, a. a. O., Texte II Nr. 17), daß mit Hinblick auf das Personalstatut türkische Staatsangehörige, die in der Türkei keinen Wohnsitz haben und sich nicht in der Türkei aufhalten, das Gericht an ihrem letzten Wohnsitz in der Türkei zuständig ist und in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes das Gericht von Ankara. Allerdings haben wir Zweifel daran, ob die Errichtung eines Inventars eine derartige persönliche Statusfrage darstellt. Es ist daher möglich, daß ein türkisches Gericht sich für die Aufnahme des Inventars nicht zuständig erklärt. Da es sich bei der Zuständigkeit der Gerichte in Deutschland um eine Frage des Verfahrensrechts handelt, die zwingend dem inländischen Recht unterliegt, ist insoweit auf das deutsche Recht zurückzugreifen. Nach der in ständiger Rechtsprechung seit nunmehr über 90 Jahren von sämtlichen Obergerichten befolgten, jedoch von der Literatur heftig kritisierten sog. Gleichlauftheorie wird jedoch eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur dann angenommen, wenn auf den Erbfall deutsches Recht anzuwenden ist (vgl. zuletzt OLG Zweibrücken, OLGZ 1985, 413, 414; von Bar, Internationales Privatrecht Band II, 1991, Rn. 385 ff. m. w. N.). Allerdings wird mittlerweile neben der in § 2369 BGB gesetzlich bestimmten Zuständigkeit für die Erteilung eines gegenständlich auf den im Inland belegenen Nachlaß beschränkten Fremdrechtserbschein eine Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte bei Anwendbarkeit ausländischen Erbrechts auch bejaht, wenn die vorzunehmenden Maßnahmen gleiche oder ähnliche Maßnahmen wie im deutschen Recht sind und der Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Deutschland gehabt hat. Voraussetzung dafür ist, daß sich die Beteiligten in einer Notlage befinden oder ihnen ansonsten Rechtsverweigerung droht (s. Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1992, § 73 Anm. 3; Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, Teil A, 13. Auflage 1992, 3 73 Rz. 19 m. w. N.; Palandt-Heldrich, Art. 25 EGBGB Rn. 18; BayObLGZ 1961, 176, 179). Da die Inventarerrichtung auch nach § 2003 BGB dem Nachlaßgericht obliegt, handelt es sich grundsätzlich um keine wesensfremde Maßnahme (vgl. auch BayObLGZ 1965, 423, 431 zur Inventarerrichtung nach italienischem Recht). Falls sich hier die türkischen Gerichte für unzuständig erklärt haben, kann die Erbin keinerlei Maßnahmen zur Begrenzung ihrer persönlichen Haftung einleiten, soweit sich nicht die deutschen Nachlaßgerichte für zuständig erklären. Damit sind die Voraussetzungen für eine Notzuständigkeit unseres Erachtens erfüllt. Nach § 2003 Abs. 1 BGB hat auf Antrag des Erben das Nachlaßgericht zwar das Inventar aufzunehmen. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß nach Art. 8 des bayerischen AGGVG vom 23.6.1981 die Amtsgerichte als Nachlaßgerichte nicht zur Aufnahme des Inventars zuständig sind. Dennoch geht man in diesem Fall davon aus, daß der Antrag auf Errichtung des Inventars beim gem. § 73 FGG zuständigen Nachlaßgericht zu stellen ist. Das Gericht ist dann wegen der aufgrund

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Landesrechts fehlenden funktionalen Zuständigkeit lediglich an der Aufnahme des Inventars gehindert und hat daher die Aufgabe der zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar zu übertragen (so z. B. MünchKomm-Siegmann, BGB, 3. Aufl. 1997, § 2003 Rn. 2). Soweit türkisches Recht zur Anwendung kommt, ist u. E. daher die Errichtung des Inventars durch einen deutschen Notar nur dann ausreichend, wenn das Nachlaßgericht kraft landesgesetzlicher Regelung funktional unzuständig ist und dieses daraufhin den Notar mit der Durchführung der Inventarisierung beauftragt hat. 4.

Weitere Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung Problematisch im vorliegenden Fall ist, daß die Frist zur Beantragung eines öffentlichen Inventars nach Art. 559 türk. ZGB nur gewahrt ist, wenn der Antrag innerhalb eines Monats bei der zuständigen Behörde gestellt worden ist. Es ist dabei davon auszugehen, daß der Ablauf der Frist wie die Frist zur Ausschlagung der Erbfolge nach Art. 546 türk. ZGB für die gesetzlichen Erben mit dem Zeitpunkt beginnt, da ihnen der Tod des Erblassers bekannt geworden ist und für die eingesetzten Erben mit dem Zeitpunkt, da ihnen die amtliche Mitteilung der Verfügung des Erblassers zugekommen ist (s. Tuor/Schnyder/Schmid, a. a. O., S. 527). Sollte diese Frist bereits verstrichen sein, käme nach türkischem Recht zur Vermeidung einer Haftung lediglich die Ausschlagung der Erbschaft in Frage, da die Frist hierfür nach Art. 546 türk. ZGB drei Monate beträgt und daher bislang auf jeden Fall noch nicht abgelaufen ist.

5.

Ist eine spätere Ausschlagung der Erbschaft möglich? Wie bereits oben dargestellt, kann sich der Erbe nach Abschluß des Inventars innerhalb einer Monatsfrist darüber erklären, ob er die Erbschaft annimmt oder ausschlägt (Art. 566 türk. ZGB). Wird kein Inventar errichtet, gilt die Dreimonatsfrist (s.o. unter 4.)

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6.

Folgen der Ausschlagung Nach Art. 551 türk. ZGB (= Art. 572 sZGB) hat die Ausschlagung durch einen testamentarisch eingesetzten Erben zur Folge, daß die Erbschaft an die nächsten gesetzlichen Erben des Erblassers gelangt, soweit kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist. Mithin kommt die Erbschaft den gesetzlichen Erben des Erblassers zugute (s. Tuor/Schnyder/Schmid, a. a. O., S. 518). Gesetzliche Erben sind gem. Art. 439 türk. ZGB (= Art. 457 sZGB) die Abkömmlinge des Erblassers. Daneben erbt gem. Art. 444 türk. ZGB i.d.F.v. 14.11.1990 der überlebende Ehegatte neben Nachkömmlingen ein Viertel der Erbschaft und neben Vater und Mutter des Erblassers die Hälfte. Die Mutter des Erblassers erbt nach § 440 türk. ZGB erst dann, wenn der Erblasser keine Nachkommen hinterläßt. Es stellt sich nun die Frage, ob der Fall, daß die Abkömmlinge die Erbfolge ausgeschlagen haben, dazu führt, daß die Erbfolge den Angehörigen der nächsten Parentel zufällt. Gem. Art. 573 sZGB hat die Ausschlagung der Erbfolge durch alle nächsten Erben zur Folge, daß die Erbschaft zur Liquidation durch das Konkursgericht gelangt. Grund hierfür ist die Annahme, daß in einem solchen Fall die Erbschaft überschuldet ist und daher auch die Angehörigen der nächsten Parentel wahrscheinlich ausschlagen werden. Gemäß Art. 575 sZGB können daher die Erben bei einer Ausschlagung zugunsten der folgenden Erben verlangen, daß vor der Liquidation die folgenden Erben angefragt werden. Während das türk. ZGB die letzte Vorschrift in Art. 555 türk. ZGB übernommen hat, fehlt eine Art. 573 sZGB entsprechende Bestimmung aufgrund eines Redaktionsversehens bei der Übersetzung (vgl. Ferid/Firsching/Lichtenberger, Internationales Erbrecht, Türkei Texte II Nr. 1 S. 35 Fn. 2). Unklar ist daher, ob das türkische Recht insoweit entgegen dem Wortlaut des türk. ZGB in entsprechender Auslegung des Gesetzestextes dem schweizerischen Recht folgt, so daß die Ausschlagung nur dann einen Anfall der Erbschaft an die Mutter zur Folge hat, wenn die Erbin dies bei der Ausschlagung verlangt.

Literatur Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 751 - 749; Tuor/Schnyder/Schmid, Das schweizerische ZGB, S. 516 - 535; BayObLGZ 1960, S. 423 - 446