Gutachten. I. Zum Sachverhalt. II. Fragestellung

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Author: Jacob Kramer
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DNotI

Fax - Abfrage

Deutsches Notarinstitut

Gutachten des Deutschen Notarinstitut Dokumentnummer: 1401# letzte Aktualisierung: 14. Juni 2004

Gutachten

Niederlande, Eherecht, Güterstand

I. Zum Sachverhalt Niederländische Eheleute wollen ein Grundstück in der Bundesrepublik zu Bruchteilseigentum zu je 1/2 erwerben. Einen Ehevertrag haben sie nicht abgeschlossen. Sie haben in Deutschland auch sonst noch keine Grundstücke erworben.

II. Fragestellung Können niederländische Eheleute ein Grundstück in Deutschland zu Miteigentum von je einer Hälfte erwerben oder bedarf es dazu einer Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts nach Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB?

III. Zur Rechtslage 1.

Güterstatut a)

Hinsichtlich des Güterstatutes verweist das deutsche IPR auf das niederländische Recht als das der gemeinsamen Staatsangehörigkeit beider Ehegatten (Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB).

Eine Rechtswahl ist nach deutschem IPR nur hinsichtlich der in Deutschland belegenen Grundstücke möglich (Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB). Fraglich ist, ob sie hinsichtlich eines bestimmten Grundstücks oder hinsichtlich sämtlicher Grundstücke erfolge kann (vgl. Schotten, Das internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 1995, Rn. 63). Die Rechtswahl bedarf nach Art. 15 Abs. 3 i. V. m. Art. 14 Abs. 4 EGBGB der notariellen Beurkundung.

b)

Das niederländische Recht nimmt diese Verweisung an. Im Ergebnis kommt es dabei auf den Zeitpunkt der Eheschließung nicht an, auch wenn je nach dem Zeitpunkt der Eheschließung unterschiedliche Anknüpfungspunkte zu wählen sind.

Für vor dem 23.08.1977 abgeschlossene Ehen knüpfte das seinerzeitige niederländische IPR allein an das Heimatrecht des Ehemannes an. Diese Anknüpfung besteht für Altehen weiter (Klinke, MittRhNotK 1984, 45, 47). Für zwischen dem 23.08.1977 und dem 30.08.1992 abgeschlossene Ehen knüpfte das niederländische IPR an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Eheleute an (Hooge/Raad, Entscheidung v. 14.05.1976, N. J. 1977, Nr. 335 nach Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Niederlande, Stand: 109. Lfg., 31.08.1991, S. 20c, Anm. 26).

Für ab dem 01.09.1992 abgeschlossene Heiraten gelten in den Niederlanden das Haager Übereinkommen über das auf den Güterstand anwendbare Recht v. 14.03.1978. Nach dessen Art. 4 Abs. 1 ist grundsätzlich an den ersten gemeinschaftlichen Aufenthalt der Ehegatten nach der Eheschließung anzuknüpfen, bzw. nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 1 an die gemeinschaftliche Staatsangehörigkeit der Ehegatten, sofern der Vertragsstaat die in Art. 5 des Abkommens vorgesehene diesbezügliche Erklärung abgegeben hat.

Die entsprechenden Teile des Art. 4 des Abkommens lauten: Article 4 (1) Si les époux n’ont pas, avant mariage, désigné la loi applicable à leur régime matrimonial, celui-ci est soumis à la loi interne de l’Etat sur le territoire duquel ils établissent leur première résidence habituelle aprés le mariage.

Artikel 4 (1) Sofern die Ehegatten vor der Eheschließung keine Rechtswahl getroffen haben, bestimmt sich ihr Güterstand nach dem materiellen Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren ersten gemeinschaftlichen gewöhnlichen Aufenthalt nach der Eheschließung begründen.

Toutefois, dans les cas suivants, le régime matrimonial est soumis à la loi interne de l’Etat de la nationalité commune des époux:

In den folgenden Fällen bestimmt sich der Güterstand jedoch nach dem materiellen Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören:

1. lorsque la déclaration prévue par l’article 5 a été faite par cet Etat et que son effet n’est pas exclu par l’alinéa 2 de cet article;

1. sofern der Vertragsstaat den in Art. 5 vorgesehen Vorbehalt gemacht hat und die Anwendung des Heimatrechts auf die Ehegatten nicht durch die Regelungen des zweiten Absatzes dieses Artikels ausgeschlossen ist; 2. ...

2. ...

Unabhängig von der Art der Anknüpfung kommt man somit immer zur Anwendung des niederländischen Rechts.

c)

Gemäß Art. 6 Abs. 3 des Haager Ehegüterrechtsabkommens können die Ehegatten unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem gewöhnlichen Aufenthalt für unbewegliches Vermögen das Recht des Lageortes wählen - entweder für ihr gesamtes in diesem Staat befindliches unbewegliches Vermögen oder nur für einzelne Grundstücke. Der Art. 6 lautet:

Article 6 (1) Les époux peuvent au cours du mariage, soumettre leur régime matrimonial à une loi interne autre que celle jusqu ‘alors applicable.

Artikel 6 (1) Die Ehegatten können während der Ehe ihr eheliches Güterrecht einem anderen als dem bis dahin anzuwendenden innerstaatlichen Recht unterstellen.

(2) Les époux ne peuvent désigner que l’une des lois suivants:

(2) Die Ehegatten können jedoch nur eine der folgenden Rechtsordnungen bestimmen:

1. La loi d’un Etat dont l’un des ‘epoux a la nationalité au moment de cette désignation;

1. Das Recht eines Staates, dem einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl angehört;

2. la loi del E’tat sur le territoire duguel l’une des époux a sa résidence habituelle au moment de cette désignation.

2. das Recht des Staates, in dessen Hoheitsgebiet einer der Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

La loi ainsi désignée s’applique à l’ensemble de leurs biens.

Das so gewählte Recht erstreckt sich auf die Gesamtheit des Vermögens.

(3) Toutefois, que les époux aient ou non procédé à la désignation prévu par les alinéas prédédents ou par l’article 3, ils peuvent désigner, en ce qui concerne les immeubles où ces immeubles sont situés. Ils peuvent également prévoir que les immeubles qui seront acquis par la suite seront soumis á la loi du lieu de leur situation.

(3) Ungeachtet dessen, ob die Ehegatten eine Bestimmung des anwendbaren Rechts gemäß den vorherigen Absätzen oder durch Art. 3 getroffen haben, können sie betreffend der Gesamtheit oder eines Teils des unbeweglichen Vermögens das Recht am Belegenheitsort festsetzen. Sie können gleichermaßen vorsehen, daß zukünftiges unbewegliches Vermögen dem Recht am Lageort unterliegt. (Deutsches Notarinstitut, Herausgeber, Notarielle Fragen des internationalen Rechtsverkehrs, 1995, S. 294 ff.).

Diese Rechtswahlmöglichkeit gilt unabhängig vom Tag der Eheschließung auch für vor dem 01.09.1992 eingegangene Ehen, sofern die Rechtswahl selbst nach diesem Stichtag erfolgt (Art. 21 Abs. 1 Hs. 2 des Abkommens). Formell kann die Rechtswahl nur in einem Ehevertrag erfolgen. Dieser muß entweder die Ortsform oder die Geschäftsform des gewählten Güterrechts einhalten (Art. 13 des Abkommens). Die Rechtswahl muß ausdrücklich oder doch eindeutig erfolgen (Art. 11). Article11 La désignation de la loi applicable doit faire l’object d’une stipulation expresse ou résulter indubitablement des dispositions d’un contrat de mariage.

Artikel 11 Die Wahl des anwendbaren Rechts muß ausdrücklich erfolgen oder eindeutig aus dem Ehevertrag hervorgehen

Article 13 La désignation par stipulation expresse de la loi applicable doit revêtier la forme prescrite pour les contrats de mariage soit par la loi interne désignée soit par la loi interne du lieu oú intervient cette désignation. Elle doit toujours faire l’object d’une écrit daté et signé des deux époux.

2.

Artikel 13 Die ausdrückliche Bestimmung des anwendbaren Rechts muß die für den Ehevertrag vorgeschriebene Form wahren, entweder des intern gewählten Rechts oder des Ortsrechts, an dem die Wahl vorgenommen wurde. In jedem Fall muß die Rechtswahl schriftlich erfolgen und mit Datum und Unterschrift der Eheleute versehen sein.

Gesetzlicher Güterstand nach niederländischem Recht a)

Sofern die Ehegatten keine andere ehevertragliche Bestimmung getroffen haben, ist gesetzlicher Güterstand nach niederländischem Recht die allg. Gütergemeinschaft (allgehele gemeenshap van goederen) nach Art. 93 ff. niederländisches BGB (Gesetzestext i. A. bei Ferid/Firsching, Internationales Erbrecht, Niederlande, Stand XXII Lieferung, 01.09.1984, Texte S. 74 ff.).

Dieser Güterstand ist ein eigenartiger Zwitter. Einerseits besteht insofern eine Gesamtberechtigung beider Ehegatten an sämtlichen Vermögensgegenständen, als bei der Auseinandersetzung die Gegenstände ohne Rücksicht ihrer Herkunft entweder dem einen oder dem anderen Ehegatten zugewiesen werden können. Andererseits besteht während der Ehedauer nach Art. 97 niederländisches BGB ein Alleinverwaltungsrecht jedes Ehegatten für die Gegenstände, die er selbst erworben hat. Dies betrifft nicht nur Gegenstände, die er vor der Eheschließung erworben hat, sondern auch jeglichen Erwerb während der Ehe, und zwar nicht nur solchen durch Erbschaft oder Schenkung.

Dieses merkwürdige Ergebnis - einerseits Gemeinschaft aller Güter, andererseits allein Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis jeweils eines Ehegatten bzgl. der einzelnen Vermögensgegenstände - ist Ergebnis eines nicht hinreichend durchdachten gesetzgeberischen Kompromisses. Einerseits wollte der niederländische Gesetzgeber den altbewährten Grundsatz der Gütergemeinschaft aufrecht erhalten, andererseits wollte er die Gleichberechtigung der Frau einführen und das Alleinverwaltungsrecht des Mannes deshalb abschaffen (vgl. Pitlo, FamRZ 1959, 49 f.; Sielemann, MittRhNotK 1971, S. 1 ff., 17 ff.).

b)

Dieses Rechtsinstitut weist wesentliche Unterschiede gegenüber der uns vertrauten Gütergemeinschaft nach deutschem Recht auf.

Zunächst einmal trennt es ähnlich dem deutschen Recht drei verschiedene Vermögensmassen: das Gesamtgut (gemeenshap) und das Privatgut des Mannes bzw. der Frau (privé-vermogen). Dabei umfaßt das „Gesamtgut“ sämtliches Vermögen beider Ehegatten, ob vor oder während der

Ehezeit erworben, mit alleiniger Ausnahme derjenigen durch Erbschaft oder Schenkung erworbenen Vermögensgegenstände, bei denen der Zuwendende die Aussonderung ausdrücklich bestimmt hat (Art. 94 Abs. 1 niederländisches BGB).

c)

Das „Gesamtgut“ darf man allerdings nicht als Gesamthandseigentum im Sinne der deutschen Terminologie betrachten. Diese Anschauungsweise ist dem niederländischen Recht fremd. Es geht nicht von einer Mitberechtigung an einem aus vielen Gegenständen bestehenden Sondervermögen aus, sondern von Mitberechtigung an jedem einzelnen Gegenstand.

So spricht die niederländische Literatur von einer „gebundenen Gemeinschaft“ (gebonden gemeenshap). Pitlo definiert dies so: „Mit den anderen Formen einer gebundenen Gemeinschaft hat die eheliche Gütergemeinschaft gemeinsam, daß man nicht von Bruchteilen der Beteiligten sprechen kann. Es ist nicht so, daß der Mann die eine Hälfte und die Frau die andere Hälfte hätte. Vielmehr hat jeder das Gesamte, unbeschadet des gleich starken Rechts des anderen.“ (Pitlo, Personen-en Familierecht, Teil 1, 1993, S. 185; eigene Übersetzung). Wegen der Abweichungen von den Grundformen der gebundenen Gemeinschaft spricht Pitlo allerdings hinsichtlich der ehelichen Gütergemeinschaft von einer „Rechtsfigur sui generis“ (Rechtsfiguur sui generis Pitlo, a.a.O., S. 186). Von einer Rechtsfigur sui generis bzw. von „Miteigentum sui generis“ spricht auch die deutsche Rechtsprechung und Literatur (OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.05.1991, Niedersächsischer Rpfleger 1991, 205; Sielemann, Das geltende niederländische Ehegüterrecht, MittRhNotK 1971, 1, 17; ähnlich Jansen, Die Verfügungsbefugnis der Ehegatten nach niederländischem Recht, DNotZ 1961, 374, 379).

d)

Auffallendstes Merkmal der Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht ist allerdings ihre eigenartige Verwaltungsregelung. Die Verwaltung des „Gesamtgutes“ steht nicht etwa beiden Ehegatten gemeinschaftlich oder beiden je allein zu. Vielmehr ist danach zu fragen, welcher der Ehegatten den betreffenden Vermögensgegenstand in die Ehe eingebracht hat oder erworben hat. Er allein ist dann diesbezüglich verwaltungs- und verfügungsbefugt. Abs. 1 des Art. 97 lautet: Art. 97

Art. 97

(1) Een goed der gemeenschap staat onder het bestuur van de echtgenoot van wiens zijde het in de gemeenschafp is gevallen, voor zover niet de echtgenoten bij huwelijkse voorwaarden anders zijn overeengekomen of de rechter met toepassing van artikel 91 van dit boek anders heeft bepaald. Een goed dat moet worden geacht in de plaats te treden van een bepaald ander goed, komt onderr het bestuur van de echtgenoot die het vervangen goed bestuurde. Een goed dat op naam van een der echtgenoten is gesteld, staat evenwel onder diens

(1) Ein der ehelichen Gütergemeinschaft unterfallender Vermögensgegenstand steht unter dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Ehegatten, von dessen Seite er in die Gemeinschaft gefallen ist, sofern die Ehegatten nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben oder ihre Rechte unter Anwendung des Art. 91 dieses Buches (Anm.: d. h. vom Gericht) anders geregelt wurden. Ein Vermögensgegenstand, der als Ersatz eines bestimmten anderen Vermögensgegenstandes angesehen werden muß, fällt unter das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Ehegatten, der das Recht an dem ersetzten Gegenstand besaß. Ein Vermögensgegenstand, der auf den Namen eines der

bestuur. Elk der echtgenoten is bevoegd tot stuiting van verjaring ten behoeve van de gemeenschap.

Ehegatten lautet, steht unter dessen Verwaltungsund Verfügungsrecht. Jeder der Ehegatten ist befugt, die Verjährung zugunsten der Gemeinschaft aufzuhalten.

(2) ...

(2) ...

Innerhalb des Gesamtgutes sind also nochmals drei verschiedene Vermögensmassen zu unterscheiden: Zum einen die Vermögensgegenstände, die der gemeinschaftlichen Verwaltung und Verfügung beider Ehegatten unterliegen, zum anderen die Vermögensgegenstände, die unter die ausschließliche Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis entweder des Ehemannes oder der Ehefrau fallen.

Das alleinige Verwaltungs- und Verfügungsrecht (bestuur) besteht nicht nur an den von einem Ehegatten bereits vor der Eheschließung innegehabten und auf diesem Weg in die Ehe eingebrachten Vermögensgegenständen, sondern auch an den Vermögensgegenständen, die er während der Ehezeit allein erwirbt und die auf diesem Weg in das „Gesamtgut“ fallen. Ob neu erworbene Vermögensgegenstände in die Verwaltung des einen oder des anderen Ehegatten fallen, richtet sich dabei nicht materiell danach, mit wessen Vermögen der neu erworbene Gegenstand erworben wurde, sondern einzig und allein danach, wer formell Erwerber des neuen Gegenstandes ist (Jansen, DNotZ 1961, 379; Sielemann, MittRhNotK 1971, 19; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.06.1978, MittRhNotK 1978, 149; OLG Oldenburg, Niedersächsischer Rpfleger 1991, 205).

Für die gemeinsame Verwaltung durch beide Ehegatten verbleiben somit nur die Vermögensgegenstände, die die Ehegatten ausdrücklich gemeinschaftlich erwerben oder deren Herkunft unklar ist (Sielemann, MittRhNotK 1971, 20).

Wie sich aus Art. 97 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 Variante 1 niederländisches BGB ergibt, können die Ehegatten auch eine abweichende Verwaltungsregelung hinsichtlich ihres „Gesamtgutes“ durch Ehevertrag treffen. Auf Antrag kann auch das Gericht eine andere Regelung vorschreiben (Art. 91 niederländisches BGB).

e)

Nachdem oft schwer feststellbar ist, welcher Ehegatte einen bestimmten Vermögensgegenstand erworben

hat,

besteht

eine

Vermutung,

daß

derjenige

Ehegatte

verwaltungs-

und

verfügungsbefugt ist, der einen bestimmten Vermögensgegenstand in seinem Besitz hat. Bei unbeweglichen Gegenständen stellt man allein auf den Eintrag im Grundbuch ab.

f)

Bei Tod, Scheidung oder anderen Auflösungsgründen für die Ehe oder nur für den Güterstand erfolgt eine Auseinandersetzung des sämtlichen Gesamtgutes, unabhängig davon, welcher der

Ehegatten es zuvor in alleiniger Verwaltung hatte, nach denselben Grundsätzen, die auch für die Erbauseinandersetzung gelten (Art. 100 i. V. m. 1112 ff. niederländisches BGB; vgl. Sielemann, MittRhNotK 1971, 70/71). Dabei gilt der betreffende Vermögensgegenstände rückwirkend als bereits mit der Auflösung der Gütergemeinschaft erworben (Art. 1129 niederländisches BGB) und nicht etwa erst mit dem Vollzug der Auseinandersetzung.

Mit dem Auflösungsgrund endet zugleich die alleinige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 niederländisches BGB eines Ehegatten. Ab dann gilt wiederum die allgemeine Regel, daß nur beide Ehegatten gemeinschaftlich zur Verwaltung und Verfügung befugt sind - wobei gewisse Ausnahmen für einfachere Verwaltungsmaßnahmen diskutiert werden (Sielemann, MittRhNotK 1971, 62).

g)

Auch das niederländische Ehegüterrecht kennt gewisse Verfügungsbeschränkungen. Diese umfassen nach Art. 88 niederländisches BGB insbesondere Verfügungen über die gemeinsam bewohnte

Ehewohnung

Gelegenheitsschenkungen

sowie

Schenkungen,

hinausgehen.

Diese

die

über

bloße

Anstands-

Verfügungsbeschränkungen

sind

und aber

güterstandsunabhängig, gelten also auch bei Gütertrennung.

3.

Konsequenzen für den Grundbucheintrag

a)

Fraglich ist, welche Konsequenzen aus der niederländischen Gütergemeinschaft für den Eintrag im deutschen Grundbuch zu ziehen sind. Dabei soll zunächst der einfachere Fall diskutiert werden, daß einer der beiden Ehegatten formell Alleinerwerber ist, so daß er nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 niederländisches BGB künftig bezüglich dieses Grundstücks das alleinige Verwaltungsund Verfügungsrecht hätte.

Nach § 47 GBO wäre der Ehegatte des Erwerbers nur dann im Grundbuch miteinzutragen, wenn sich kraft des niederländischen Güterstatuts ein gemeinschaftlicher Erwerb ergäbe. Als gemeinschaftliches

Recht

im

Sinne

des

§ 47

GBO

definiert

die

Literatur

die

Bruchteilsgemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft oder die Gesamtberechtigung nach § 428 oder § 432 BGB. Ein ausländischer Güterstand ist dann mit aufzuführen, wenn sich daraus ergibt, daß das Grundstück zum Gesamtgut einer Gütergemeinschaft gehört, also den Ehegatten gemeinschaftlich im Sinne des § 47 GBO zusteht. Im übrigen ist ein ausländisches Güterstatut im Grundbuch nicht eintragungsfähig (Demharter, Grundbuchordnung, 21. Aufl. 1995, § 33 GBO Rn. 22).

Die Einordnung der niederländischen Gütergemeinschaft in die deutschen Rechtstermini einer Gesamtberechtigung bereitet Schwierigkeiten. Schon nach niederländischem Recht ist die Gütergemeinschaft,

wie

dargestellt,

ein

Zwitterwesen,

zusammengesetzt

aus

zwei

widersprüchlichen Grundprinzipien der Gesamtberechtigung beider Ehegatten einerseits und der alleinigen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch einen der Ehegatten andererseits. Während der Ehezeit gibt es kein Recht des nicht verwaltungsbefugten Ehegatten, in dem sich seine

Gesamtberechtigung

hinsichtlich

eines

vom

anderen

Ehegatten

erworbenen

Vermögensgegenstandes widerspiegeln würde. Während dieser Zeit kann man wohl kaum von einem gemeinschaftlichen Recht im Sinne des § 47 GBO sprechen. Aktuell wird die Gesamtberechtigung jedoch bei Auflösung der Gütergemeinschaft. Ab da sind beide Ehegatten nur mehr gemeinschaftlich verfügungsbefugt und es kann der Vermögensgegenstand bei der Auseinandersetzung entweder dem einen oder auch dem anderen Ehegatten allein zufallen. Man könnte insoweit bildhaft von einer „schlummernden“ Gesamtberechtigung sprechen. Dabei steht allerdings fest, daß es zur Auflösung der Gütergemeinschaft kommen wird - im Regelfall durch Tod oder durch Scheidung.

b)

Die derzeit wohl ganz herrschende Praxis der Grundbuchämter trägt im gesetzlichen Güterstand nach

niederländischem

Recht

lebende

Ehegatten

stets

beide

als

„Eigentümer

in

Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht“ ein, selbst wenn formell nur einer der Ehegatten Alleinerwerber ist. Sie knüpft damit allein an den Charakter der niederländischen Gütergemeinschaft als Gesamtberechtigung an, ohne dabei zu berücksichtigen, daß es sich nicht um eine aktuelle, sondern um eine lediglich zukünftige Gesamtberechtigung handelt.

Diese Rechtspraxis erscheint uns unbefriedigend. Dabei geht nämlich nicht aus dem Grundbuch hervor, daß womöglich einer der beiden Ehegatten nach Art. 97 Abs. 1 Satz 1 niederländisches BGB bezüglich des Grundstücks allein verwaltungs- und verfügungsbefugt ist. Doch gerade dies sollte das soll das Grundbuch durch Eintragung des jeweiligen Eigentümers ausweisen.

Zur Verteidigung der herrschenden Praxis könnte man darauf hinweisen, daß auch bei anderen Gesamthandsgemeinschaften, etwa bei einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, eine besondere Vertretungsregelung außerhalb des Grundbuchs geregelt sein könne. Dieser Vergleich trifft jedoch nicht ganz. Bei der Vertretung einer GbR handele es sich um eine gesellschaftsrechtliche Regelung, während die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach niederländischem Güterrecht stets auf den speziellen Einzelgegenstand bezogen ist, also genau auf das im Grundbuch vorgetragene Grundstück.

c)

Die gegenteilige Lösung wäre, eine Eintragung allein des erwerbenden Ehegatten vorzunehmen, ohne jeglichen Hinweis auf den Güterstand der niederländischen Gütergemeinschaft. Dies kann man vertreten, wenn man die Gütergemeinschaft niederländischen Rechts ähnlich wie die Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts als einen Unterfall der Gütertrennung ansieht, der lediglich aus rechtshistorischen Gründen mit einem irreführenden Begriff bezeichnet ist. Die Möglichkeit der Zuweisung von Vermögensgegenständen eines Ehepartners an den anderen

Ehepartner im Rahmen der Auseinandersetzung würde man dann mit der entsprechenden richterlichen Zuteilungsbefugnis nach der Hausratsverordnung vergleichen, ebenso die lediglich gemeinschaftlich

mögliche

Verfügung

ab

Beginn

der

Auflösung

mit

den

Verfügungsbeschränkungen der §§ 1365 f. BGB. Damit läge kein gemeinschaftliches Recht im Sinne des § 47 GBO vor, der ausländische Güterstand wäre nicht eingtragungsfähig im Grundbuch.

Auch diese Lösung erschiene uns zu weitgehend. Betont doch der niederländische Gesetzestext und die niederländische Literatur stets, daß es sich beim gesetzlichen Güterstand eben doch um eine

Gütergemeinschaft

handle,

wenngleich

mit

einer

äußerst

ungewöhnlichen

Verwaltungsregelung während der Dauer des Güterstandes. Auch hat die lediglich künftige Mitberechtigung des anderen Ehegatten im Fall der Auflösung der Gütergemeinschaft bereits Vorwirkungen auf den jetzigen Rechtszustand. Denn mit der Auflösung der Gemeinschaft verliert

der

bisher

allein

verwaltungs-

und

verfügungsbefugte

Ehegatte

sein

Alleinverwaltungsrecht. Diese Möglichkeit muß aus dem Grundbuch hervorgehen, will man nicht dessen künftige Unrichtigkeit riskieren.

d)

Eine Lösung kann u. E. nicht streng dogmatisch abgeleitet werden, sondern muß sich pragmatisch der eigenartigen Doppelnatur des niederländischen Güterstandes anzupassen und diese im deutschen Grundbuch abzubilden versuchen.

U. E. könnte dies dadurch erfolgen, daß zwar der erwerbende Ehegatte als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen wird, jedoch verbunden mit dem Zusatz, daß er in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht lebt. Der Eintrag würde also etwa lauten: „N. N. - in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht mit X. X. -“. Daraus würde sich zum einen ergeben, daß während der Ehedauer allein einer der Ehegatten verfügungsbefugt ist, aber ebenso die potentielle Mitberechtigung des anderen Ehegatten ersichtlich sein.

e)

Deshalb ist es u. E. auch möglich, daß beide Ehegatten zu Bruchteilen von je einer Hälfte erwerben.

Sie

wären

dann

bezüglich

ihrer Hälfte jeweils allein verfügungs-

und

verwaltungsbefugt. Unbeschadet dessen unterlägen beide Hälften der güterrechtlichen Bindung. Der entsprechende Grundbucheintrag müßte dann u. E. lauten: a) N. N. b) X. X. - je zu einer Hälfte - je in Gütergemeinschaft niederländischen Rechts miteinander lebend (oder: im gesetzlichen Güterstand des niederländischen Rechts) -“

Die Rechtsprechung hält allerdings eine solche Eintragung von Bruchteilen zusätzlich oder anstelle der Angabe der Gütergemeinschaft für nicht möglich (Landgericht Köln, Beschl. v. 05.07.1988, MittRhNotK Juli 1978, 113).

f)

Auch bei Alleineintragung eines Ehegatten - etwa wenn er das Grundstück vor der Eheschließung erworben hat - verlangt die deutsche Rechtsprechung überwiegend die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Veräußerung oder einen sonstigen Nachweis in der Form des § 29 GBO, daß der veräußernde Ehegatten allein verfügungsbefugt ist, insbesondere, daß keine von Art. 97 Abs. 1 Satz 1 niederländisches BGB abweichende Verwaltungsregelung von den Ehegatten getroffen wurde (OLG Hamm, Beschl. v. 22.06.1965, FamRZ 1966, 39 = DNotZ 1966, 236; OLG Köln, Beschl. v. 10.09.1971, DNotZ 1972, 182). Dabei wäre ein Nachweis aus dem deutschen Güterrechtsregister nur möglich, wenn die Ehegatten einen Wohnsitz im Inland haben. Zum Teil läßt die Rechtsprechung allerdings auch einen Nachweis ohne die Form des § 29 GBO zu, da es sich bei der Frage, ob die Verfügungsberechtigung eines Verfügenden beschränkt ist, um einen bloßen Nebenumstand handele, der zur Wirksamkeit einer in der Form des § 29 GBO erfolgten Erklärung erforderlich sei, aber nicht selber der Form des § 29 GBO unterliege - so daß insbesondere auch der Nachweis durch ein ausländisches Güterregister geführt werden kann (LG Aachen, Beschl. v. 24.11.1971, MittRhNotK 1972, 720, 723).

Sinnvoller erscheint uns allerdings die Ansicht, wonach auch bei Anwendung ausländischen Güterrechts für den inländischen Grundbuchverkehr die tatsächliche Vermutung gilt, daß der im Grundbuch als Eigentümer eingetragene Ehegatte im gesetzlichen Güterstand lebt und daß er nach Maßgabe der für diesen Güterstand grundsätzlich getroffenen Regelung zur Verfügung über sein Eigentum befugt ist und daß seine Verfügungsbefugnis nicht durch abweichende güterrechtliche Vereinbarung eingeschränkt ist (Kammergericht, Beschl. v. 12.12.1972, DNotZ 1973, 620). Auch bei einem deutschen Veräußerer prüft das Grundbuchamt ja nicht routinemäßig zu gleichem Güterrechtsregister, ob dort nicht vielleicht eine abweichende ehevertragliche Vereinbarung registriert ist.

g)

Im Ergebnis halten wir daher für möglich, daß zwei in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht lebende Eheleute als Miteigentümer zu je einer Hälfte in Bruchteilen im Grundbuch eingetragen werden, wobei jedoch zusätzlich noch die Tatsache zu vermerken ist, daß sie im gesetzlichen Güterstand des niederländischen Rechts leben. Jeder der beiden Ehegatten könnte dann allein über seinen Miteigentumsanteil verfügen.

4.

Prüfungsumfang des Grundbuchamtes

Das Grundbuchamt darf die Eintragung eines beabsichtigten Gemeinschaftsverhältnisses oder der Alleineigentümerstellung bei ausländischen Ehegatten nur dann ablehnen, wenn es aus seiner Kenntnis

sicher ist, daß das Grundbuch durch die Eintragung unrichtig wird. Die bloße Möglichkeit einer Unrichtigkeit berechtigt weder zur Ablehnung der Eintragung noch zu einer Zwischenverfügung (BayObLG, Beschl. v. 17.04.1986, BayObLGZ 1986, 81; BayObLG, Beschl. v. 02.04.1992, DNotZ 1992, 575 = NJW RR 1992, 1235; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 10. Aufl. 1993, Rn. 2421b m. w. Nachw.).

Darauf sollte sich allerdings der Notar nicht verlassen. Er sollte den Sachverhalt umfassend aufklären und sicherstellen, daß die beantragte Eintragung auch der wirklichen Rechtslage entspricht. Die entsprechenden tatsächlichen Angaben der Beteiligten wird er sinnvollerweise auch in die Urkunde aufnehmen. Damit ermöglicht er auch dem Grundbuchamt, auf der Grundlage sämtlicher notwendiger Tatsachen und nicht anhand bloßer Vermutungen oder Zweifel entscheiden zu können. Dieses Gutachten ist nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt.