Grundwasserschutz im Karst

Oberseminar WS 00/01 Grundwasserschutz im Karst Vortragende: Mandy Hielscher Betreuer: Prof. Dr. B. Merkel Dr. V. Dunger Inhaltsverzeichnis 1 Übe...
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Oberseminar WS 00/01

Grundwasserschutz im Karst

Vortragende: Mandy Hielscher Betreuer: Prof. Dr. B. Merkel Dr. V. Dunger

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick

2 Beschreibung des Karstes 2.1 Fließregime und Chemismus im Karst 2.2 Karstwässer

3 Karstgrundwasserschutz -Allgemein3.1 Besondere Probleme beim Karstgrundwasserschutz 3.2 Schutz von Karstgrundwasser 3.3 Einflüsse und Einwirkungen auf den Karstgrundwasserleiter 3.4 Hydrogeologische Aspekte des Karstgrundwasserschutzes

4 Karstgrundwasserschutz -Gesetzliche Grundlagen4.1 Allgemeine Richtlinien und Verordnungen 4.2 Die Schutzgebiete 4.3 Maßnahmenkatalog 5 Literaturverzeichnis

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Überblick

Der Begriff Karst kennzeichnet eine charakteristische Ausbildung der geologischen Landschaftsgestaltung. Sie ist geprägt durch verstärkte Lösungsvorgänge. Von besonderer Bedeutung sind Karstwässer immer dort, wo ausgedehnte Ausstriche verkarstungsfähiger Gesteine auftreten und keine Alternative einer anderen Wasserversorgung besteht. Besonders anfällig reagieren Karstwässer auf geogene und anthropogene Kontaminationen, insbesondere bedingt durch: Günstige Eintragsmöglichkeiten, fehlende Filterwirkung, geringe Verweilzeiten und geringe Dispersion (Jordan & Weder 1995). Um jede Grundwasserfassung (Brunnen, Quelle) sollten deshalb Schutzzonen festgelegt werden, die im Idealfall das gesamte Einzugsgebiet der Fassung einschließen. Das Ergebnis ist eine Karte, die das betreffende Gebiet in eine Anzahl von Schutzzonen mit unterschiedlichen Grad des erforderlichen Grundwasserschutzes (Schutzmaßnahmen) einteilt (European Commission 1995). 2

Beschreibung des Karstes

Karst ist das Ergebnis der Lösung dafür anfälliger Gesteine durch das Wasser (Jordan & Weder 1995). Die Unterschiede der Karsthydrogeologie zur herkömmlichen Hydrogeologie resultieren aus dem Auftreten von Karsthohlräumen. Diese haben wesentlich größere Öffnungsweiten als normale Porendurchmesser oder Kluftweiten. Sie ermöglichen turbulente statt laminare Strömung und stellen oft singuläre statt statistisch verteilte Fließwege dar. Damit verbunden sind u. a. die besonders große Differenz zwischen Matrix- und Hohlraumpermeabilität, hohe Anisotropie des Grundwasserleiters, das Versinken von Oberflächenwässern, das konzentrierte Fließen in unterirdischen Gerinnen (auch in der Aeratationszone), die fehlende bzw. geringe Filterwirkung und die rasche Veränderungsmöglichkeit (Erweiterung durch Lösung, Zusetzen durch mitgeführte Feststoffe) der Fließwege (Jordan & Weder 1995). 2.1 Fließregime und Chemismus im Karst Vor allem zwei Faktoren verursachen Unterschiede bzw. Abweichungen zu herkömmlichen Grundwasserleitern: Die Löslichkeit des Grundwasserleiters und das andersartige, oft turbulente Fließregime. Etwa 330 bis 550 ppm Calciumkarbonat sind unter Gleichgewichtsbedingungen (Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht) in Karstwässern gelöst und bewirken damit einen pH-Wert von 7 bis 8,5. Die Kalklöslichkeit wird z. B. in Salinarnähe durch andere leicht lösliche Salze (NaCl, CaSO4) erhöht (Jordan & Weder 1995). „Das Fließregime unterirdischer Karstwässer, z. B. • hohe Fließgeschwindigkeiten im seichten Karst oder bei Entnahme, • die ständige oder gelegentliche Einspeisung von Oberflächenwasser, • der u. U. starke Gang der Quellschüttungen, verbunden mit dem Austritt unterschiedlicher Anteile seicht und tief zirkulierenden Karst(grund)wassers, • das Aktivieren unterschiedlicher Fließwege in Abhängigkeit von Schwankungen des Karstwasserspiegels bewirken meist einen ausgeprägten Gang des Karstwasserchemismus und des Isotopenbestandes der Karstwässer.“(Jordan & Weder 1995) Auf eine tiefe Zirkulation bzw. lange Verweildauer weist ein mehr oder weniger konstanter Chemismus hin, oft verbunden mit ausgeglichener, über dem Jahresmittel der Lufttemperatur liegende Wassertemperatur am Quellaustritt. Oberseminar, Mandy Hielscher

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2.2 Karstwässer Man unterscheidet zwischen ober- und unterirdischen Karstwässern. Dabei können in ausgeprägten Karstgebieten ober- und unterirdische Anteile eines Karstgerinnes mehrfach wechseln. Unterirdische Karstwässer oberhalb des Karstwasserspiegels werden als vados, Karstwässer unterhalb des Karstwasserspiegels als phreatisch bezeichnet (Abb. 1). Definitonsgemäß kann Karstgrundwasser nur in der phreatischen Zone auftreten (Jordan & Weder 1995).

Abb.1 Prinzipielle Speisungs-, Transit-, und Abflußverhältnisse unterirdischen Karstwassers (ergänzt und verändert nach White 1988 in Jordan & Weder 1995)

Die Gesteinshohlräume oberhalb des Karstgrundwasserspiegels sind definitionsgemäß nicht wassergesättigt. Infiltrierende Niederschläge folgen der Schwerkraft und streben dem Karstgrundwasserspiegel zu. Auch versunkene Oberflächenwässer speisen auf diese Art das Karstgrundwasser. Diese fließen aber häufig auch in offenen Gerinnen, insbesondere im Niveau der Karstgrundwasser-Oberfläche. In Extremfällen kann die vadose Zone bis zum liegenden Grundwasserstauer reichen, so dass sich kein Karstgrundwasserspiegel ausbildet (Jordan & Weder 1995). Die Lage des Karstwasserspiegels ändert sich in Abhängigkeit von der Grundwasserspeisung (Abb. 1+2). Diese erfolgt in humiden Klimaten meist periodisch und in ariden Gebieten episodisch. Das Karsthohlraumsystem wirkt dabei wie ein Geflecht kommunizierender Röhren, in dem die Grundwasserbewegung durch das Druckgefälle und die fließgeschwindigkeitsbedingten Druckhöhen- und Reibungsverluste bestimmt wird (Jordan & Weder 1995).

Abb. 2 Jahreszeitlich wechselnde Grundwasserstände in einem Karstsystem (Walker 1956 in Jordan & Weder 1995)

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Gegenüber dem Poren- und Kluftgrundwasserleiter ist der Karstgrundwasserleiter vor allem durch bevorzugte Wasserwegsamkeiten (Abb. 3) entlang von Lösungsformen gekennzeichnet. Diese ermöglichen eine hohe Durchlässigkeit und damit eine hohe Fließgeschwindigkeit. Diese offenen Wasserwege sind stets verknüpft mit einem Netzwerk nur gering oder nicht korrodierter feiner Klüfte, zum Teil auch Poren, die zusammen mit den offenen Wasserwegen den „double-porosity“-Effekt der Karstentwässerung ergeben (nach Gunn 1986 in K.-P. Seiler 1999). Je nach Anteil der beiden Komponenten ergibt sich für den Karstgrundwasserleiter die typische unterirdische Abflußdynamik. Hierbei gibt es alle Übergänge von einem reinen Kluftgrundwasserleiter zu einem intensiv verkarsteten Karstgrundwasserleiter (K.-P. Seiler 1999).

Abb. 3 Schematische Darstellung eines Karstkörpers mit unterschiedlichen Infiltrationsbedingungen sowie bevorzugten unterirdischen Entwässerungsbahnen entlang von Karströhren (nach Gunn 1986 in K.-P. Seiler)

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Karstgrundwasserschutz -Allgemein-

3.1 Besondere Probleme beim Karstgrundwasserschutz Bei Förderung und Schutz von Karstwässern muss die gesamte Palette spezifischer Eigenschaften von Karstgrundwasserleitern berücksichtigt werden. Karstwässer reagieren besonders sensibel auf geogene bzw. anthropogene Kontaminationen. Dies ist vor allem bedingt durch (nach Jordan & Weder 1995): • • • •

Günstige Eintragsmöglichkeiten, Fehlende Filterwirkung, Geringe Verweilzeiten, Geringe Dispersion.

Diese Eigenschaften schränken das Selbstreinigungsvermögen stark ein und tragen zur schnellen Ausbreitung von Schadstoffen bei. Oft ist Verdünnung die einzige Form der Reduzierung von Schadstoffkonzentrationen im Karstgrundwasser (nach European Commission

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1995). Punktförmige Kontaminationen können u. U. innerhalb von Stunden oder nach längerer Verweilzeit fast unverdünnt die Fassungen erreichen. Der flächenhafte Eintrag anthropogener Stoffe macht sich ebenfalls nach kurzer Zeit bemerkbar. In winterkalten humiden Gebieten wurde dabei z. B. eine deutliche jahreszeitliche Abhängigkeit festgestellt: kein Eintrag im Winter (durch den gefrorenen Boden), gefolgt von höchsten Einträgen im Frühjahr, während in der Hauptwachstumsperiode (hohe Evapotranspiration) die niedrigsten Einträge auftraten (nach Reeder & Day 1993 in Jordan & Weder 1995). Der intensive Wasseraustausch bewirkt eine schnelle Beseitigung von Schadstoffen aus den Hauptfließwegen. Allerdings können auch langsam dränende Teile der gesättigten Zone existieren, die aufgenommene Schadstoffe über lange Zeiträume abgeben (nach European Commission 1995). 3.2 Schutz von Karstgrundwasser (gekürzt und geändert nach European Commission 1995) Karstgrundwasser benötigt besonderen Schutz, weil es in Karstgebieten oft die einzige Möglichkeit der Wasserversorgung ist und weil es besonders anfällig gegenüber Kontaminationen ist. Zur Bewahrung von Menge und Beschaffenheit müssen verschiedene Dinge Berücksichtigung finden. 1. sowohl der infiltrierende Niederschlag als auch das versinkende Oberflächenwasser müssen von guter Qualität sein. 2. ist die natürliche Speisung zu betrachten. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass Wasserschadstoffe vom Karstsystem ferngehalten werden müssen. 3. muss der natürliche Schutz durch die Vegetation, die Bodenschicht und andere Deckschichten erhalten bleiben oder entwickelt werden. 3.3 Einflüsse und Einwirkungen auf den Karstgrundwasserleiter (gekürzt und geändert nach European Commission 1995) Generell kann man einmal von globalen und andererseits von regionalen und lokalen Einflüssen sprechen. Zu den globalen Ereignissen zählen grenzüberschreitende Luftverschmutzungen, saurer Regen, radioaktiver fallout und Klimaänderungen. Diese Einwirkungen oder Risiken schaffen globale Probleme und es ist nicht möglich das Karstgrundwasser durch lokale, regionale oder nationale Maßnahmen davor zu schützen. Diese Probleme müssen in internationaler Kooperation gelöst werden. Negative Einflüsse auf das Karstgrundwasser, die durch lokale, regionale oder nationale Maßnahmen gelöst oder verhindert werden können, lassen sich unterteilen in solche der Überbeanspruchung, der Entwicklung der Infrastruktur, industrielle und land- sowie forstwirtschaftliche Aktivitäten. Intensive Förderung kann sowohl die gewinnbare Menge als auch die Qualität des Grundwassers negativ beeinflussen. Ständig steigende Absenkung durch Überbeanspruchung in großen Gebieten kann bis zum völligen Zusammenbruch der Wasserversorgung, zur Absenkung der Geländeoberfläche oder zur Intrusion kontaminierten oder versalzenen Grundwassers führen. Die Hauptprobleme sind bei der infrastrukturellen Entwicklung verbunden mit der Abfallentsorgung, mit Deponien, dem Verkehrswesen und Baumaßnahmen. Wegen des geringen Adsorptions- und Rückhaltevermögens der Karstgrundwasserleiter kann verschmutztes Wasser Oberseminar, Mandy Hielscher

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von Straßengräben, Abwassersammlern, Kläranlagen etc. leicht ins Grundwasser gelangen. Baumaßnahmen führen oft zur Verletzung oder Entfernung von Deckschichten und erhöhen dadurch die Gefährdung des Grundwasserleiters. Im Industriebereich ist jede Aktivität, die den Umgang mit gefährlichen Substanzen einschließt oder zur Ablagerung von wassergefährdeten Abprodukten führt, eine Gefahr für das Grundwasser, ganz besonders in Karstgebieten. Hierbei sind auch indirekte Einflüsse auf das Grundwasser über den Luftpfad zu berücksichtigen (z. B. Infiltration kontaminierter Niederschläge; Abb. 4).

Abb. 4 Indirekte Einflüsse auf das Grundwasser über den Luftpfad (nach NAPAP 1991 in Drew & Hötzl 1999)

In der Landwirtschaft gehen negative Einflüsse von Speicherung und Transport landwirtschaftlicher Abprodukte (z. B. Mist. Dünger, Gülle, Silosickersaft etc.) sowie von Mineraldünger, Pflanzenschutzmitteln usw. aus und können zur Kontamination mit Mikroorganismen, Nitrat und toxischen Substanzen führen. In der Forstwirtschaft begünstigen Abholzungen die Erosion von Deckschichten und verändern somit die Wasserbilanz. Der Einsatz von Herbiziden und Pestiziden gefährdet das Grundwasser massiv. 3.4 Hydrogeologische Aspekte des Karstgrundwasserschutzes (gekürzt und geändert nach European Commission 1995) Bei den hydrogeologischen Aspekten sind folgende Parameter zu betrachten: Die Gefährdung, die Speisung und Grundwasserströmung sowie der Input und Transport von Schadstoffen. Die Gefährdung kann unterschiedliche Dinge betreffen: Das Grundwasser selbst, den Grundwasserleiter, das hydraulische System, die Grundwasservorräte, die Quellen usw. Jedes Karstgrundwasser hat hydrologische Verbindungen zur Oberfläche. Die genaue Natur dieser Verbindungen bestimmt den Gefährdungsgrad gegenüber Kontaminationen. Für die Gefährdung des Karstgrundwassers muss man den von den Deckschichten ausgeübten Schutz, die Art der Infiltration, den Grad der Epikarstentwicklung und das Stadium der Verkarstung in Betracht ziehen. Karstgrundwasserleiter sind höchst heterogen aufgebaut und die Grundwasserströmumg tendiert dazu, sich auf einige wenige Karsthohlräume zu konzentrieren, die große Gebiete drainieren. Damit verbunden sind hohe Fließgeschwindigkeiten, hingegen sind Filtration und Dispersion oft vernachlässigbar klein, so dass Verschmutzungen schnell die Entlastungsstellen erreichen. Die subterrane Ausbildung des Karstsystem selbst hängt von der Art der Speisung, dem Typ der Wasserbewegung sowie dem Speichervermögen ab. Die Art der Speisung reicht von diffuser Infiltration bis zu punktförmigen Versenkungen. Die Fließbewegungen reichen von langsamer laminarer Strömung bis zum schnellen turbulenten Fließen. Das Speichervermögen wird kontrolliert durch das effektive Hohlraumvolumen und die strukturgeologische Position in Beziehung zur Basis der Verkarstung und zu stauenden

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Schichten. Deckschichten, wie z. B. eine Lockergesteinsbedeckung, sind wahrscheinlich der bedeutendste Einzelfaktor für den Schutz eines Karstgrundwasserleiters. Dieser Schutz resultiert aus physikalischen Prozessen (z. B. Filtration) und aus biogeochemischen Prozessen (z. B. Redoxreaktionen und Sorption in Böden). Diese Prozesse können einige Gruppen von Schadstoffen wirksam kontrollieren. Jedoch können auch im bedeckten Karst Zonen mit hoher vertikaler Permeabilität auftreten und raschen Schadstoffzutritt zum Grundwasser ermöglichen. 4. Karstgrundwasserschutz -Gesetzliche Grundlagen4.1 Allgemeine Richtlinien und Verordnungen (gekürzt und geändert nach European Commission 1995) Gegenwärtig ist die Grundwasserschutzpolitik länderspezifisch zugeschnitten. Unabhängig von der Administrationsform eines Landes wird der regional oder lokal organisierte Grundwasserschutz die geeignetste Form sein. Die Behörden müssen auf dieser Ebene klar ausweisen, welche Ressourcen zu schützen sind, wie die relative Gefährdung der einzelnen Elemente der Gesamtgrundwasserressource zu bestimmen ist und welche Aktivitäten in den Schutzgebieten erlaubt sind, verboten oder kontrolliert werden müssen. Es muss auch festgelegt werden, welche Institutionen für die Durchführung und die zu treffenden Maßnahmen zuständig sind. Es ist offensichtlich, dass die Schutzgebietsabgrenzung von Zeit zu Zeit überprüft und gegebenenfalls revidiert oder geändert werden muss, weil die Daten und Kenntnisse über den zu schützenden Grundwasserleiter mit der Zeit wachsen. Angemessene Landnutzung ist die Grundlage für den Karstwasserschutz sowohl nach Menge als auch Güte. Die empfohlene Strategie für die Landnutzungsplanung ist das Aufstellen und Erarbeiten von Grundwasserschutzplänen. Die schließen grundsätzlich zwei untrennbare Elemente ein: Eine Schutzgebietskarte und ein zugehöriges Regelwerk. Beide basieren auf der Abschätzung des Verschmutzungsrisikos. Dieses hängt von drei Elementen ab. Erstens von der von einer potentiell zur Verunreinigung führenden Aktivität ausgehenden Gefahr, die wiederum von der potentiellen Schadstoffbelastung abhängt. Zweitens von den Konsequenzen eines Kontaminationsereignisses, bestimmt durch den Wert des betreffenden Grundwasserleiters für die Wasserversorgung und/oder die Nähe zu einer Grundwasserförderstelle. Und drittens von der Wahrscheinlichkeit einer Verschmutzung in Abhängigkeit von der Gefährdung des Grundwasserleiters.

Abb. 5 Beispiel einer Schutzgebietskarte (Saint-Imier/Schweiz) (European Commission 1995)

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Dem ermittelten Risiko sollten adäquate Maßnahmen gegenüber gestellt werden, die Kontaminationen verhindern oder die Wahrscheinlichkeit und die Konsequenzen einer Kontamination minimieren. Um jede Grundwasserfassung (Brunnen, Quelle) sollten Schutzzonen festgelegt werden, die im Idealfall das gesamte Einzugsgebiet der Fassung einschließen. Das Ergebnis ist eine Karte (Abb. 5), die das betreffende Gebiet in eine Anzahl von Schutzzonen mit unterschiedlichen Grad des erforderlichen Grundwasserschutzes einteilt. Die Zahl der Schutzzonen kann schwanken, normalerweise sind es mindestens drei.

4.2 Die Schutzgebiete Aufbauend auf den flächendeckenden Grundwasserschutz gliedert sich ein Wasserschutzgebiet in drei Schutzzonen. „Bei der Festsetzung der Schutzzonen, vor allem der Zonen II und III (III A, III B), sollen die Grenzen möglichst entlang von Wegen, Straßen, Grundstücksgrenzen oder markanten Geländestrukturen [...] gezogen werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die hydrogeologisch ermittelten Bemessungslinien eingehalten werden.“(DVGW W101 ) Ziel der Schutzzone I (Fassungszone) soll es sein, die unmittelbare Umgebung der Wasserfassung (Brunnen) vor jeglicher Verunreinigung zu schützen. Die empfohlene Mindestgröße der Fassungszone für einen Karstgrundwasserleiter beträgt > 30 m (nach GLA BadenWürttemberg 1991 in Dunger 1994). Die Schutzzone II (engere Schutzzone) soll den Schutz vor Verunreinigung durch pathogene Mikroorganismen (wie z. B. Bakterien, Viren, Parasiten und Wurmeier) sowie weiteren Verunreinigungen gewährleisten. Die Bemessung der engeren Schutzzone erfolgt nicht nach geometrischen Gesichtspunkten sondern im Normalfall mittels der 50-Tage-Isochronen. Diese charakterisiert den Abstand, von dem aus das Grundwasser 50 Tage braucht, um bei Grundwasserförderung bis zur Wasserfassung zu strömen. Hintergrund dieser Bemessung ist, dass pathogene Keime (coliforme Keime) bei einer Verweildauer des Grundwassers im Untergrund von ca. 50 Tagen absterben (nach GLA Baden-Württemberg 1991 in Dunger 1994). Eine genaue Berechnung der 50-Tage-Isochrone E50 für einen Porengrundwasserleiter erfolgt mit speziellen Iterationsverfahren. Für eine näherungsweise Bestimmung nutzt man die maximale Abstandsgeschwindigkeit (nach GLA Baden-Württemberg 1991 in Dunger 1994): (1) va, max = 1,8 * va (2) va = vf/ne = (kf * I)/ne (3) E50 = 1,8va * 50 * 86400 mit:

E50 - 50-Tage-Isochrone va - mittlere Abstandsgeschwindigkeit [m/s] vf - Filtergeschwindigkeit [m/s] ne - entwässerbare (effektive) Porosität kf - Filtrationskoeffizient [m/s] I - Gefälle/hydraulischer Gradient

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Bei einem Kluftgrundwasserleiter ist die Bestimmung der 50-Tage-Isochrone mittels Tracerversuch erstrebenswert, aber finanziell nicht immer möglich. Näherungsweise kann man hier die 50-Tage-Isochrone durch die Zylinder-Formel bestimmen (nach GLA BadenWürttemberg 1991 in Dunger 1994). (4) E50= √(Q50/(π*M*ne)) mit:

E50 - 50-Tage-Isochrone Q50 - Fördermenge innerhalb von 50 Tagen [m³] M - wassererfüllte Mächtigkeit des Grundwasserleiters [m] ne - entwässerbares Kluftvolumen

Durch diese Formel bestimmt man den durch Grundwasserförderung entleerten Radius. Dies gilt streng genommen aber nur für homogene und isotrope Verhältnisse, diese sind im Festgestein aber meist nicht gegeben. Deshalb muss noch eine Anpassung an die tektonischen Verhältnisse erfolgen (nach GLA Baden-Württemberg 1991 in Dunger 1994). „Bei der Bemessung der engeren Schutzzone bei Karstgrundwasserleitern [...] nach der 50Tage-Linie würde die Zone II häufig das gesamte Einzugsgebiet oder seinen größten Teil umfassen.“ (DVGW W101 ) Sollte eine solche Schutzgebietsfestsetzung nicht möglich sein, sollten zumindest folgende Flächen als Schutzzone II ausgewiesen werden (nach DVGW W101): • Zum Fassungsbereich hin abfallende Hänge oder Trockentäler, wobei die Reichweite der Zone II in oberstromiger Richtung von der Trinkwassergewinnungsanlage mindestens 300 m, bei Quellfassungen mit größerer Schüttung oder Brunnen mit höherer Entnahme mindestens 1000 m (insbesondere in Trockentälern) betragen muss • Tiefe Karstwannen, Erdfälle, Dolinen und Dolinenfelder einschl. ihrer näheren Umgebung, insbesondere wenn sie als Schluckstellen zeitweilig oder ständig größere Flächen entwässern • Umgebung von Bachversinkungen • Tief eingeschnittene Trockentäler, soweit sie streckenweise oder zeitweilig Oberflächenabfluss und Versickerungsstellen aufweisen • Alte Abbauflächen oberflächennaher Lagerstätten mit freigelegtem Grundwasser • Bereiche mit oberflächennahem Stollen, die als Grundwassersammler genutzt werden • Oberflächennahe Zerrüttungszonen, ausstreichende Störungsbereiche. Ziel der Schutzzone III (weitere Schutzzone) ist es, das Grundwasser vor weitreichenden Verunreinigungen durch organische Wasserinhaltsstoffe (insbesondere durch Mineralöle sowie durch Pflanzenbehandlungs- und Schädlingsbekämpfungsmittel), durch radioaktive Stoffe und schwer (teuer) eliminierbare anorganische Wasserinhaltsstoffe (z. B. Nitrit, Nitrat) zu schützen. Die Schutzzone III umfasst in der Regel das gesamte Einzugsgebiet der Grundwasserfassungsanlage (nach GLA Baden-Württemberg 1991 in Dunger 1994). Nach den DVGW-Richtlinien W101 kann bei weitreichenden Einzugs- bzw. Wasserschutzgebieten die weitere Schutzzone in die Zonen III A und III B unterteilt werden, wobei die Grenze von der Fassung etwa 2 km entfernt sein soll.

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Die Berechnung der Einzugsgebietsfläche erfolgt über die Bilanzgleichung (nach GLA Baden-Württemberg 1991 in Dunger 1994) : (5) AE = Q/GWN mit:

AE - Grundwasser-Einzugsgebietsfläche der Wasserfassung [km²] Q - langjähriges Mittel der Förderung der Wasserfassung [106 m³] GWN - langjähriges Mittel der Grundwasser-Neubildung [106 mm]

„In geologisch ungeschützten Karstgrundwasserleitern mit hohen Abstandsgeschwindigkeiten ist die 2-km-Regel nicht anwendbar, wenn das gesamte Einzugsgebiet innerhalb der 50-TageLinie liegt und deshalb an sich als Zone II eingestuft werden müsste. [...] Eine Unterteilung in Zonen III A und III B kann innerhalb der 50-Tage-Linie nur in Frage kommen, wenn der Grundwasserleiter eine mächtige und gering durchlässige Überdeckung mit großer geschlossener Verbreitung besitzt [...]. Als Zone III B können dann die Gebiete ausgewiesen werden, in denen die Überdeckung durchgehend und ungestört aus • Mindestens 8 m mächtigen tonig-schluffigen Schichten oder aus • Schichten mit eigenen, schwebenden Grundwasservorkommen über einer mindestens 5 m mächtigen intakten Trennschicht besteht. Der Mindestabstand der Zone III B von der Fassung soll jedoch auch in diesen Fällen 1 km betragen. Bei baulichen und anderen Eingriffen in den Untergrund darf die Trennschicht zwischen schwebenden Grundwasservorkommen und dem genutzten Grundwasserleiter allenfalls bis zu einer Restmächtigkeit von 5 m abgegraben werden.“ (GLA Baden-Württemberg 1991) 4.3 Maßnahmenkatalog (gekürzt und geändert nach European Commission 1995) Für die ausgewiesenen Schutzgebiete ist ein Katalog von Maßnahmen auszuarbeiten. Er listet auf, welche grundwassergefährdeten Handlungen in jeder Zone akzeptiert werden können oder verboten werden müssen und gibt Empfehlungen wie bestehende und künftige Risiken kontrolliert werden sollten. Die Entsorgung unbehandelter häuslicher Abwässer in Sickergruben, das Anlegen von Trokkentoiletten, das Versickern von Flüssigkeiten aus der Tierhaltung (z. B. Silosickersaft, Gülle, Waschwässer aus Milchwirtschaft und aus Schlachtbetrieben etc.) sollten in Karstgebieten generell verboten werden. In der DVGW W101 sind Verbote und Einschränkungen für z. B. folgende Aktivitäten bzw. Gefahren in den einzelnen Schutzgebieten ausgewiesen: • • • • • • • •

Bauarbeiten Transport und Lagerung wassergefährdender Flüssigkeiten, z. B. Mineralölprodukte, Lösungsmittel, Pestizide Wassergefährdende Industrieanlagen Deponien Abwasser (auch geklärtes): Infiltration aus Ableitungen etc., Verregnung/Verrieselung Ausbringen von Klärschlamm, Gülle, organischem Dünger Intensive Land- und Forstwirtschaft (insbesondere das Ausbringen von Mineraldünger, Herbiziden und Insektiziden) Bohrarbeiten und Abbau von Minerallagerstätten

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Betrieb von Bohrloch- und Wärmepumpen.

5 Literaturverzeichnis

Drew, D. & Hötzl, H.: Karst Hydrogeology and Human Activities; Impacts, Consequences and Implications, A. A. Balkema, Rotterdam, Brookfield 1999 Dunger, V.: Skripte Einführung in die Hydrogeologie, TU Freiberg Institut für Geologie 1994 (unveröffentlicht) DVGW-Arbeitsblatt W 101, Richtlinien für Trinkwasserschutzgebiete; I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser, 1995 European Commission: Hydrological aspects of groundwater protection in karstic areas -Final Report-, Directorate-General science, Research and Development 1995 Geologisches Landesamt Baden-Württemberg Grundwasser und Gesteinsabbau, Informationen 2/91, Freiburg i. Br. 1991 Jordan, H. & Weder, H.-J.: Hydrogeologie Grundlagen und Methoden, Regionale Hydrogeologie: Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1995 Seiler, K.-P.: Grundwasserschutz im Karst der Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit 1999

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südlichen

Frankenalb,

GSF-

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