Grundlagen der Physik II. Elektromagnetismus

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Author: Lioba Franke
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Grundlagen der Physik II Elektromagnetismus

Vorlesungsskript A. Stampa Universität GH Essen (Version 1999)

2

Inhalt

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KAPITEL A: Einleitung

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KAPITEL B: Elektrostatik

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1. Ladung a) Was ist Ladung? b) Eigenschaften der Ladung c) Techniken zur Aufladung eines Körpers d) Nachweis von Ladungen e) Anwendungen

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KAPITEL C: Das eloktrostatische Feld

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1. Definition der Feldstärke 2. Feldlinien, Fluß 3. Das Gaußsche Gesetz a) Welchen Fluß erzeugt eine Ladung b) Beispiele zur Anwendung des Gaußschen Gesetzes c) Die differentielle Form des Gaußschen Gesetzes 4. Arbeit im elektrischen Feld a) Das Potential b) Spannung 5. Kapazität a) Ladung und Spannung b) Eigenschaften der Kapazität c) Die Berechnung von C d) Die Energie des geladenen Kondensators e) Verschaltung von Kapazitäten 6. Materie in elektrischen Feldern a) Der Dipol b) Polarisierbarkeit c) Metalle im elektrischen Feld d) Isolatoren 7. Elemente der Vektoranalysis a) Einleitung b) Die Divergenz eines Vektorfeldes c) Der Integralsatz von Gauß d) Anwendung: das Gaußsche Gesetz in Differentialform e) Die Rotation eines Vektorfeldes f) Der Integralsatz von Stokes g) Anwendung: die Zirkulationsfreiheit eines Vektorfeldes

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KAPITEL D: Stationäre Ströme

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1. Strom a) Stromrichtung b) Geschwindigkeit der Ladungsträger 2. Das Ohmsche Gesetz a) Physikalische Grundlage b) Das elektrische Feld bei Anwesenheit von Strömen c) Abhängigkeit der Leitfähigkeit von verschiedenen Faktoren 3. Bauelemente, bei denen das Ohmsche Gesetz nicht gilt 4. Elektrolyse a) Was ist Elektrolyse? b) Die Faradayschen Gesetze c) Leitfähigkeit von Elektrolyten d) Das elektrochemische Potential e) Die Debyesche Abschirmlänge f) Die Spannungsreihe g) Galvanische Elemente 5. Thermoelektrische Effekte

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KAPITEL E: Schaltungstheorie

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1. Bauelemente a) Ideale Bauelemente b) Linearität c) Reale Elemente d) Festlegung der Vorzeichen 2. Die Kirchhoffschen Gesetze a) Knoten und Maschen b) Knotenregel c) Maschenregel d) Einfache Schaltungen mit Quellen und Widerständen 3. Einige Konsequenzen der Linearität a) Der Überlagerungssatz b) Zerlegung von Signalen c) Sätze von Thevenin und Norton 4. Berechnungsverfahren von linearen Netzwerken a) Die Methode der Knotenpunktspotentiale b) Methode der Maschenströme 5. LRC - Netzwerke a) Gewinnung der Differentialgleichung b) Anfangsbedingungen c) Der allgemeine Fall 6. Schaltungen mit Transistoren a) Der pn Übergang b) Funktionsweise des Transistors c) Kennlinienfelder des bipolaren Transistors d) Ein Transistorverstärker

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4 e) Der Operationsverstärker 7. Digitalschaltungen a) Schaltungselemente b) Kombinatorische Schaltungen c) Sequentielle Netzwerke d) Fehlerkorrekturen

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KAPITEL F: Das Magnetfeld

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1. Statische Magnetfelder a) Geschichtliches b) Was ist Magnetfeld? c) Transformation elektrischer Felder d) Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld e) Berechnung des Magnetfeldes von Strömen f) Kraft zwischen stromführenden Drähten g) Elektromagnetische Kraft zwischen zwei Teilchen h) Der Verschiebungsstrom 2. Das Induktionsgesetz a) Die Bewegung eines Leiters im homogenen Magnetfeld b) Induktion in eine Leiterschleife c) Das allgemeine Induktionsgesetz d) Differentielle Form des Induktionsgesetzes e) Beispiele f) Das Vorzeichen der induzierten Spannung 3. Induktivität a) Definition der Induktivität b) Selbstinduktivität 4. Materie im Magnetfeld a) Magnetisches Moment einer Stromschleife b) Magnetisches Dipolmoment in Atomen c) Magnetisierung M d) Dia- Para- und Ferromagnetismus

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KAPITEL G: Wechselstromkreise

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1. Einleitung 2. Impedanzen a) Definition b) Strom und Spannung an L und C c) Wechselstromleistung 3. Berechnung von Netzwerken a) Die Grundgesetze b) Beispiele 4. Schwingkreise a) Der Parallelschwingkreis b) Der LC - Transformator c) Der Serienschwingkreis

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KAPITEL H: Die Maxwellschen Gleichungen

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1. Die Grundgleichungen 2. Einfluß von Materie 3. Technische Hilfsbegriffe 4. Stetigkeitsbedingungen 5. Typen von partiellen Diff. Gleichungen, die sich aus den Maxwell Gleichungen ergeben a) Die Potentialgleichung b) DieWellengleichung c) Die Diffusionsgleichung

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6 KAPITEL A Einleitung Die Erscheinungen des Elektromagnetismus beruhen auf der Mechanik von Teilchen, zwischen denen elektromagnetische Kräfte existieren. Insofern ist die Elektrodynamik ein Spezialfall der Mechanik. Wie in der Mechanik beschreibt man die Kraftwirkung über Felder. Die Wechselwirkung zweier geladener Teilchen teilt man in zwei Teilaspekte auf: Ein geladenes Teilchen erzeugt um sich ein Feld - wenn es ruht ein elektrostatisches Feld, wenn es sich bewegt außerdem ein magnetisches Feld. Das zweite Teilchen erfährt in diesem Feld eine Kraft Dadurch, daß man Methoden entwickelt, das Feld einer Ladungsverteilung (bzw. einer Stromverteilung) zu berechnen, vereinfacht sich die Behandlung der Bewegung eines Teilchens unter dem Einfluß vieler anderer drastisch. Die Berechnung der Bewegung einzelner Teilchen ist für Teilchenstrahlen, etwa in Beschleunigern oder Elektronenstrahl Apparaturen wie Elektronenmikroskopen wichtig, in beschränktem Maße für die Plasmaphysik, z.B. bei der Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld der Erde. In Atomen und Festkörpern bewegen sich geladene Teilchen nach Regeln der Quantenmechanik. Die Quantenmechanik wird in dem hier behandelten Teil des Grundkurses beiseite gelassen. Wir beschränken uns auf die klassische Elektrodynamik. Der Kern der klassischen Elektrodynamik ist die Beschreibung der Felder aus Ladungs- und Stromverteilungen und die Abhängigkeit der Felder untereinander. Die Grundgesetze sind die Maxwellschen Gleichungen, die wir hier in folgender Form benutzen: •

∇ × E = −B • ∇ × B = µ 0  j + ε 0 E 

∇•B=0 ρ ∇•E= ε 0   ∇ ist der Nabla Operator ∇ =   

∂ ∂x ∂ ∂y ∂ ∂z

    

7 Hinzu treten Gleichungen, die den Einfluß der Materie beschreiben. Die mathematischen Grundlagen liefert die Vektoranalysis, d.h. die Theorie des Differenzierens von Vektorfeldern. Die Maxwellsche Theorie ist der Prototyp aller Feldtheorien. Sie ist die Grundlage der elektromagnetischen Wellen und damit der optischen Erscdheinungen. Die Anwendung der Maxwellschen Theorie auf mechanische Probleme erfordert eine Neufassung der Begriffe Impuls und Energie. Die Maxwellsche Theorie in Verbindung mit geeigneten Materialgleichungen ist auch die Grundlage der Theorie der elektrischen Schaltungen. Hier interessiert man sich für Ströme und Spannungen in einem Netzwerk aus zwei- oder mehrbeinigen Bauelementen wie Widerständen, Strom- und Spannungsquellen, Schaltern, Kondensatoren, Dioden Transistoren u. Ä..

8 KAPITEL B Elektrostatik

1. Ladung a) Was ist Ladung? Die stabile Materie besteht aus Elektronen, Protonen, Neutronen und Neutrinos. Zwischen diesen Teilchen gibt es außer der Gravitationskraft die elektrostatische und die magnetische Kraft. Wenn Teilchen ruhen, ist die magnetische Kraft Null und es wirkt nur die elektrostatische Kraft. Mit diesem Sonderfall befaßt sich die Elektrostatik. In der Elektrostatik gibt es wie in der Gravitation anziehende Kräfte, z.B. zwischen Elektron und Proton, aber im Gegensatz zu ihr auch abstoßende Kräfte wie zwischen Elektronen untereinander oder Protonen untereinander. Außerdem gibt es Teilchen, auf die keine elektrostatische Kraft wirkt, wie die Neutronen und Neutrinos. Man sagt, Elektronen sind negativ, Protonen positiv geladen, Neutronen und Neutrinos sind ungeladen. Ob ein Teilchen geladen oder ungeladen ist erkennt man also daran - zumindest, wenn man Kernkräfte ausschließen kann, etwa weil der Abstand zwischen den Teilchen sehr viel größer als die Kernradien ist - daß neben der Gravitation eine weitere Kraftwirkung auftritt. Gleichnamige Ladungen stoßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Die Kraft ist proportional zu 1/r2 wie beim Gravitationsgesetz. Die elektrostatische Kraft zwischen den Elementarteilchen ist um den Faktor 1040 größer als die Gravitationskraft. Daß man sie bei großen Körpern nicht bemerkt, liegt daran, daß sich positive und negative Ladungen anziehen und deswegen in Körpern nahe beieinander liegen, so daß schon Untereinheiten wie Atome normalerweise aus gleich vielen negativen und positiven Teilchen bestehen und daher nach außen neutral erscheinen. Die Bezeichnung "positiv" und "negativ" ist natürlich völlig willkürlich. Es würde sich nichts an den Aussagen der Physik ändern, wenn man den Elektronen eine positive Ladung zuschriebe und den Protonen eine negative. Man könnte auch ganz andere Begriffe verwenden, vielleicht "weiblich" und "männlich". Das Anziehungs- und Abstoßungsverhalten geladener Teilchen würde damit leidlich suggeriert. Vielleicht auch die Tatsache, daß bei großer Nähe zweier entgegengesetzt geladener Teilchen die Anziehung auf ein drittes Teilchen stark reduziert ist.

9 Die Differenz von Protonen und Elektronen in einem Körper nennt man die Ladung des Körpers. Die Einheit der Ladung wird über die Kraftwirkung eines Stromes im Magnetischen Feld festgelegt. Primär ergibt sich daraus die Einheit des Stromes. Sie ist Ampere. Wegen I=

dQ dt

folgt dann für die Einheit der Ladung [Q] = [I][t] = As = Cb(Coulomb). Um einen makroskopischen Körper zu laden, genügt es, einen prozentual geringen Teil der Elektronen fortzunehmen oder hinzuzufügen, Für alle Effekte, die nicht die Differenz von Elektronen und Protonen betreffen, kann man ne = np setzen. Diese Eigenschaft nennt man Quasineutralität. b) Eigenschaften der Ladung Die Ladung Q hat folgende Eigenschaften α) Bei allen frei beobachtbaren Elementarteilchen ist der Betrag der Ladung gleich der Elementarladung e0 = 1,6021892•10-19±4,6•10-25As oder ein Vielfaches. Quarks, die als Bausteine von Protonen und Neutronen gefordert werden, haben als Ladung ein Vielfaches von 1 e 0 . 3 Nach heutigem Wissen sind sie allerdings nicht als freie Teilchen beobachtbar. Während man bei makroskopischen Körpern sehr erfolgreich, und zwar um so erfolgreicher, je komplexer die Körper sind, von der Regel ausgehen kann, daß es keine Gegenstände gibt, die genau gleich sind, zeigt die Natur im Mikroskopischen einen ausgesprochenen Hang zur Uniformierung. Die Elementarladung ist also nicht als ein Mittelwert von vielen Ladungen zu verstehen, deren Betrag um den Mittelwert schwankt, sondern wie Messungen zeigen, als ein Wert, der von allen Teilchen, sogar unabhängig davon, ob es sich um positive oder negative Teilchen handelt, exakt eingehalten wird. β) Die Ladung bleibt erhalten.

Abb. 1: Ein sich drehender Kreisel hat mehr Masse als ein ruhender, seine Ladung bleibt gleich

10 Dies Gesetz ähnelt der Massenerhaltung für chemische Prozesse, ist aber strenger, da sich nach der Relativitätstheorie die Masse eines Teilchens mit der Geschwindigkeit ändert. In Abb. 1 würde bei einer Gravitationskraft die linke Waagschale sinken, wenn man den Kreisel in Drehung versetzt. Bei einer elektrostatischen Kraft bliebe die Waage austariert. Insbesondere bleibt auch bei Kernprozessen die Ladung erhalten. Man kann z.B. ein Elektron nicht über die Einsteinsche Formel E = mc2 in Strahlungsenergie umsetzen, da dadurch eine Ladung vernichtet würde. Bei einem Elektron - Positron Paar ist dies möglich, da die Gesamtladung Null bleibt. γ) Es gibt Körper, in denen Ladungen sich frei bewegen können. δ) Die Kräfte von Ladungen überlagern sich linear. d.h. wirkt von A auf P eine Kraft FA und von B auf P eine Kraft FB, so ist die Gesamtkraft Fges= FA + FB. ε) Die Kraft zwischen zwei punktförmigen geladenen Körpern ist F ∼

Q1Q2 2

.

Im Gaußschen cgs - System setzt man die Proportionalitätskonstante willkürlich gleich 1 und dimensionslos. In SI - Einheiten sind die Einheiten für F, Q und r festgelegt. Daher ergibt sich eine experimentell zu ermittelnde Konstante. Man schreibt

F=

1 Q1Q2 4πε 0 r 2

(1)

Gleichung (1) ist das Coulombgesetz. Die Konstante merkt man sich am besten über die Beziehung 1 = 9 ⋅ 10 9 Nm 2 4πε 0 (As) 2 ε0 ist die elektrische Feldkonstante oder die Dielektrizitätskonstante des Vakuums. c) Techniken zur Aufladung eines Körpers α) Reibungselektrizität Die seit dem Altertum verwendete Methode ist das Reiben zweier Körper. Da die Kräfte der Körper auf die Elektronen verschieden groß sind, gehen diese bei engem Kontakt von einem zum andern über. Das Vorzeichen der Ladung hängt dabei vom Stoff und dessen Oberflächenbeschaffenheit ab. Zu diesen Prozessen kann man alle zählen, bei denen durch engen Kontakt

11 unterschiedlicher Materialien Ladung entsteht wie beim Transport von feinkörnigem Material auf Förderbändern und durch feine Tröpfchen in der Dusche oder in Gewitterwolken. Gewitterwolken sind riesige elektrostatische Generatoren, die Energie des thermischen Aufwindes in elektrostatische Energie überführen, wobei Spannungen von größenordnungsmäßig 8·108 V entstehen. In der Technik wird Reibung zur Erzeugung hoher Spannungen in Bandgeneratoren (van de Graaf - Generatoren) ausgenutzt. Dies sind nicht nur Spielzeuge, mit denen im Physikunterricht Elektrostatik demonstriert wird, sondern wichtige Geräte in der Kernphysik zu Erzeugung von Spannungen zur Beschleunigung von Teilchen. β) Äußerer Lichtelektrischer Effekt Beim lichtelektrischen Effekt werden durch elektromagnetische Strahlung wie Licht oder Röntgenstrahlung Elektronen aus einer Metalloberfläche ausgelöst. Die quantitative Deutung dieses Effektes spielte eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Quantenmechanik. Er bietet eine der empfindlichsten Methoden zum Nachweis von Licht mit sogenannten Photomultipliern oder auf deutsch Sekundärelektronenvervielfachern. γ) Piezoeffekt Beim Piezoeffekt (entdeckt durch die Brüder Curie) wird bei der Verformung eines Kristalls Ladung an der Oberfläche angesammelt. Piezokristalle, z.B. Bariumtitanat, werden in Gasanzündern benutzt oder in Meßvorrichtungen zur schnellen Druckmessung. δ) In Hochspannungsnetzgeräten greift man auf die Energie, die das Netz liefert, zurück. Diese wird in Generatoren eines Kraftwerks letztenendes über die Lorentzkraft erzeugt. ε)Andere Mechanismen zur Ladungserzeugung sind Thermoemission, Teilchenstöße z.B. Sekundärelektronenerzeugung u.a.m. d) Nachweis von Ladungen

Abb. 2: Das Elektrometer

Ladungen weist man in der Elektrostatik über ihre Kraftwirkung nach. Empfindliche Nachweisgeräte sind Elektrometer (Abb. 2).

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Abb.3: Im Versuch von Millikan kann man die Ladung von Öltröpfchen bis herab zu einer Elementarladung messen.

Im Öltröpfchenversuch nach Millikan bringt man einzelne Elementarladungen auf feine Öltröpfchen, die in einem geladenen Kondensator in Schwebe gehalten werden. Im Feldeffekttransistor (FET) erzeugt eine Ladung ein Feld, das einen Querstrom behindern kann. mit kleinen Ladungen können große Querströme gesteuert werdsen. Dies ist die Grundlage von elektronischen Geräten zur Ladungsmessung. e) Anwendungen der Elektrostatik Auf Plastikteilen wie Schallplatten stört die elektrostatische Aufladung, da durch sie geladene Staubpartikel angezogen werden. Da Reibungselektrizität ein Oberflächeneffekt ist, ist sie bei kleinen Partikeln besonders ausgeprägt. Man kann sie daher z.B. zur Entstaubung von Rauch benutzen. In Kopergeräten wird die Anziehung von Staub ausgenutzt. Das Herzstück in ihnen ist eine dünne Schicht amorphen Selens auf einer geerdeten Metallwalze. Selen ist eine Isolator, der bei Belichtung leitend wird. Die Selenschicht wird mit positiver Ladung besprüht und belichtet. Die belichteten Stellen werden leitfähig und führen die Ladungen an die geerdete Platte ab. Negativ geladene Farbstoffteilchen des Toners werden auf die Selenschicht gesprüht und bleiben auf den geladenen Stellen, die dem dunklem Muster der Vorlage entsprechen, haften. Ein Papier, das positiv geladen wird, wird auf die Selenwalze gelegt und zieht die Farbpartikel an, die mit intensivem Licht eingebrtannt werden. Andere Anwendungen sind Trennung von Salzgemischen, Elektrosprühverfahren, Beschleunigung von Teilchen in der Hochenergiephysik.

13 KAPITEL C Das Elektrostatische Feld

1. Definition der Feldstärke Bringt man in die Umgebung einer Ladung Q0 eine Probeladung Qp, so wirkt auf diese die Q0Qp r Kraft F = 1 . Es existiert also ein Kraftfeld, das von Q0 und Qp abhängig ist. Man 4πε 0 r 2 r möchte das Feld aber lieber als Eigenschaft von Q0 alleine sehen. Um eine Größe zu erhalten, die unabhängig von Qp ist, definiert man die elektrische Feldstärke E= F Qp

(1)

Abb. 4: Die Richtung der Feldstärke ist die der Kraft auf eine positive Ladung

Ist E bekannt, läßt sich mit dieser Formel F berechnen. Die Richtung ist gegeben durch die Richtung der Kraft auf eine positive Probeladung. Die Kraft zwischen zwei geladenen Körpern der Ladung Q1 bzw. Q2 und dem Abstand r rechnet man dann so aus: Zuerst bestimmt man das Feld von Q1, indem man die Kraft auf die Probeladung bei r bestimmt. F=

1 Q1Qp 4πε 0 r 2

Nach Definition von E erhält man daraus die Feldstärke E=

1 Q1 4πε 0 r 2

Die Kraft auf Q2 ist dann F = Q2E F=

1 Q1Q2 4πε 0 r 2

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Abb. 5: Das Feld einer Punktladung hat eine höhere Symmetrie als die Kraft zwischen zwei Ladungen

Für ein geladenes Punktteilchen hat man natürlich nicht viel gewonnen. Bei komplizierten Ladungsverteilungen vereinfacht sich u.U. die Rechnung erheblich, da die Symmetrie erhöht wurde. Z. B. ist die Berechnung der Kraft einer ausgedehnten kugelförmigen Ladungsverteilung auf ein Elektron ein achsensymmetrisches Problem, das heißt das Resultat hängt von zwei Variablen r und z ab, wobei z entlang der Richtung der Verbindungslinie beider Ladungen zählt, r der Abstand von dieser Verbindungslinie ist. Die Bestimmung der Feldstärke einer kugelförmigen Ladungsverteilung ist hingegen ein kugelsymmetrisches Problem, d.h. alles hängt nur von einer Variablen r ab. Wir werden dies in den Beispielen des nächsten Abschnittes ausnutzen. Man beachte, daß man das Feld der Probeladung nicht zu berechnen braucht. Warum spricht man dann überhaupt von einer "Probe"ladung und stellt sich diese klein vor? Die Probeladung hat im Prinzip eine Rückwirkung auf die Ladungsverteilung, die das Feld erzeugt, d.h. führt man eine Probeladung in die Nähe einer anfangs kugelsymmetrischen Ladungsverteilung, so können durch das Feld der Probeladung Verschiebungen erzeugt werden. Wir wollen also diese Verschiebungen vernachlässigen dürfen. Ein wesentlicher zweiter Aspekt, der mit der Einführung von Feldern verbunden ist, besteht darin, daß Felder sich nach der Relativitätstheorie nur mit endlicher Geschwindigkeit im Raum ausbreiten können. Wir betrachten zunächst nur Situationen, in denen die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit der Felder keine Rolle spielt.

2. Feldlinien, Fluß Die Feldlinie ist eine Kurve im Raum, die so konstruiert ist, daß in jedem Punkt E tangential zur Kurve verläuft. Durch jeden Punkt des Raumes läßt sich eine Feldlinie konstruieren. Bei graphischen Darstellungen eines Feldlinienbildes zeichnet man eine willkürliche Anzahl von Feldlinien. Die Feldliniendichte, d.h. die Anzahl der Feldlinien pro senkrecht zu E stehender Fläche zeichnet man proportional zu E. E= N A

15 Mit dieser Definition ist für ein allgemeines Kraftgesetz nicht gewährleistet, daß keine Kraftlinien im Ladungsfreien Raum enden. N = EAn kann man als Definition der Anzahl von Feldlinien auffassen. Um von ganzen Zahlen frei zu kommen, sagt man Φ = EA n = EA cos α = E • A

Abb. 6: Der Fluß durch die Fläche A hängt vom Winkel zwischen Feld und Flächennormalen ab.

ist der Fluß des elektrischen Feldes durch A. α ist der Winkel zwischen Feldrichtung und Flächennormalen. Für den Fall, daß sich E über die Fläche ändert, verallgemeinert man die Definition zu Φ = ∫ E • dA

(2)

In einem Geschwindigkeitsfeld v(r) ist Φ = ∫ v • dA das Flüssigkeitsvolumen, das durch die Fläche des Integrationsbereichs tritt. Der Fluß ist mit einem Vorzeichen behaftet. Wenn cosα negativ ist, ist auch Φ negativ. Das Vorzeichen gibt an, welchen Richtungssinn die Feldstärke hat. Bei geschlossenen Flächen gilt die Konvention, daß bei einem positiven Vorzeichen die Feldlinien aus den geschlossenen Bereich hinausführen.

3. Das Gaußsche Gesetz a) Welchen Fluß erzeugt eine Ladung? Für eine Kugeloberfläche vom Radius R mit einer Punktladung Q im Mittelpunkt (Abb. 7) steht E überall senkrecht auf der Fläche und |E| ist konstant. Der Gesamtfluß durch die Kugeloberfläche ist damit Φ ges = E ⋅ A Kugel

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Abb. 7: Der Fluß, der aus einer Punktladung kommt, läßt sich sofort hinschreiben.

Q Q 2 und A = 4πR folgt Φ = ges ε . Der Gesamtfluß ist unabhängig vom Kugelra4πε R 2 dius. Im Feldlinienbild heißt das, daß die Anzahl der Feldlinien (die ja proportional zum Fluß Da E =

ist) auf jeder Kugel um die Ladung gleich groß ist. Die Feldlinien enden nicht im ladungsfreien Raum sondern nur auf der Ladung. In einer stationären Flüssigkeitsströmung hätte der Fluß dieses Verhalten, wenn sich eine punktförmige Quelle im Kugelmittelpunkt befindet. Die gesamte Flüssigkeitsmenge, die die Quelle hergibt, tritt dann durch eine solche Kugelfläche hindurch. Sie tritt dann aber auch durch jede andere Oberfläche, die die Quelle ganz umgibt, unabhängig von der Form der Oberfläche und von der Verteilung der Quellstärke innerhalb der geschlossenen Fläche.

Abb. 8: Von dem Fluß durch eine Kugelschale um eine Punktladung läßt sich auf den Fluß durch eine beliebige Fläche schließen, die die Punktladung umgibt.

Dieser Satz gilt für die elektrische Feldstärke auch und heißt dann Gesetz von Gauß. Formal sieht man seine Gültigkeit etwa so ein: Für die Kugeloberfläche ist bewiesen, daß Q ∫ E • dA = ε , wenn eine Punktladung im Mittelpunkt liegt. Bei einer beliebig geformten Fläche, die die Kugel ganz umgibt, kann jedes Flächenelement dA mit Strahlen durch den Mittelpunkt der Kugel auf ein Flächenelement der Kugel dAK projiziert werden (Abb. 8). Durch die radiale Verschiebung ergibt sich keine Flußänderung, da die Feldstärke mit 1/r2 abnimmt, das Flächenelement mit r2 zunimmt. Auch durch die Kippung ergibt sich keine Flußändereung nach der Definition des Flusses (dAn = dA cosα). Soweit der Beweis für eine Punktladung. Da sich für mehrere Ladungen die Feldbeiträge der einzelnen Ladungen an jeder Stelle der Oberfläche addieren (E = Σ E i ), und für jede Ladung der Gaußsche Satz gilt, Qi

∫ E i • dA = ε 0

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gilt er auch für die Gesamtladung Q. Qi

∫ E • dA = ∫ Σ E i • dA = Σ ∫ E i • dA = Σ ε

Q =ε

Der Gesamtfluß des elektrischen Feldes, das aus einer Ladung Q tritt, ist Q/ε0. Q

∫ E • dA = ε 0

(3)

Das Gaußsche Gesetz ist eine Formulierung einer der Maxwellschen Gleichungen. D.h. es wird statt des Coulombschen Gesetzes als Grundgesetz genommen. Die Implikationen von Coulomb und Gauß Gesetz sind gleich. Ursprünglich ist das Coulomb Gesetz ein Fernwirkungsgesetz, d.h. man nimmt eine gleichzeitige Wirkung der Kräfte an beiden Partnern an. Im Lichte der Relativitätstheorie muß man voraussetzen, daß sich E mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet. Dieser Übergang zu Feldern mit endlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit geht nicht ohne Komplikationen ab. Man gerät dann z.B. mit dem Gesetz actio = reactio in Schwierigkeiten. Das Gaußsche Gesetz kann in Einzelfällen benutzt werden, um die elektrische Feldstärke in der Umgebung einer Ladungsverteilung auszurechnen. Hierzu legt man eine Fläche durch den Punkt, an dem E berechnet werden soll. Die Form der Fläche wählt man so, daß E auf ihr oder zumindest auf bestimmten Stücken von ihr konstant ist. b) Beispiele zur Anwendung des Gaußschen Gesetzes α) Feld außerhalb einer kugelförmigen Ladungswolke der Ladung Q im Abstand r vom Mittelpunkt.

Abb. 9: Das Feld einer kugelförmigen Ladungswolke läßt sich aus dem Gaußschen Gesetz ermitteln.

Als Referenzfläche wird eine Kugel mit dem Radius r um den Mittelpunkt gewählt. Nach dem Gaußschen Gesetz kann man dann schreiben

18 Q Φ = EA = ε Daraus folgt

E=

Q . 4πε r 2

Das Feld ist das gleiche wie von einer Punktladung im Mittelpunkt der Ladungskugel. Von der Feldverteilung kann man nicht eindeutig auf die Ladungsverteilung schließen. β) Feld innerhalb einer geladenen Hohlkugel vom Radius R

Abb. 10: Das Feld innerhalb einer geladenen Kugelschale muß verschwinden

Nach dem Gaußschen Gesetz gilt für eine Kugel mit dem Radius r, wobei r < R (Abb. 10) Q EA = ε Da sich innerhalb dieser Kugel keine Ladung befindet, muß Q = 0 gesetzt werden. Es folgt E = 0. Man beachte, daß hier die Ladungsverteilung außerhalb der betrachteten Kugelschale überhaupt nicht eingeht. γ) Das Feld zwischen zwei geladenen Metallplatten

Abb. 11: Zwei geladene Metallplatten können als Ausschnitt aus zwei großen geladenen Kugelschalen betrachtet werden

Zunächst werden zwei konzentrische geladenen Kugeln betrachtet (Abb.11). Nach dem Gaußschen Gesetz ist mit der gleichen Argumentation wie oben unter β das Feld im Außenraum Null, da für Q die algebraische Summe zu nehmen ist, und diese verschwindet, wenn die beiden Kugelschalen gleiche Ladungsbeträge besitzen, was z.B. dann der Fall ist wenn sie dadurch geladen werden, daß Ladung von der einen auf die andere übertragen wird. Im Innern

19 der kleineren Kugel ist die Feldstärke nach der Argumentation unter β ebenfalls Null. Insgesamt Ea = 0 (Abb. 11). Das Feld ist also auf den Raum zwischen den Kugeln beschränkt.

Abb.12: Das Gaußsche Gesetz angewandt auf einen Plattenkondensator

Zwei ebene Platten bilden einen Ausschnitt aus dem "Kugelkondensator". Wenn man von Randeffekten absehen darf - dies ist der Fall, wenn der Abstand der beiden Platten d klein gegenüber der Linearausdehnung der Platten ist - wird das Feld durch das Herausschneiden der beiden Platten aus der Kugel nur wenig gestört, und es gilt auch hier Ea = 0 und E = const im Innern. Das Gaußsche Gesetz wird auf die in Abb. 12 angedeutete Fläche angewandt. Diese wird in eine zwischen den Platten und eine außerhalb aufgeteilt. Die Flächengröße zwischen den Platten ist gleich der Plattenfläche A. Auf ihr wird E als konstant angenommen, während die äußere Fläche beliebig groß ist. Auf ihr soll E verschwinden. Das Gaußsche Gesetz schreibt sich dann



E • dA+



Die Integrale lassen sich lösen:

E=

Q E • dA = ε 0



E • dA = EA



E • dA = 0 . Es folgt

Q Aε 0

Man kann das Feld eines Plattenkondensators auch durch folgende Betrachtung ermitteln: Wir gehen von einer geladenen Platte aus. Die umgekehrte Ladung sei im Unendlichen. Aus Symmetriegründen ist das Feld in einem Halbraum homogen und inbeiden Halbräumen vom Betrage her gleich aber entgegengesetzt. Der gesamte Fluß, der die beiden Seiten der Platte verläßt ist nach dem Gaußschen Gesetz Q E 1 ⋅ 2A = ε 0

E1 =

Q 2Aε 0

20 Bringt man zwei solcher Platten mit gleichen Ladungen entgegengesetzten Vorzeichens auf den Gegenseitigen Abstand d, so addieren sich in jedem der Teilräume die Felder der einzelnen Platten. Im Innenraum ergibt sich eine Verdopplung, E = 2E1 im Außenraum eine Auslöschung der Felder der Einzelplatten. c) Die differentielle Form des Gaußschen Gesetzes

Abb. 13: Die Änderung der elektrischen Feldstärke in einem Volumenelement

∆Q , ∆V die nur von einer Koordinate x abhängig sei. Man kann diese als Ausschnitt aus einer kugelEs wird eine eindimensionale Ladungsverteilung betrachtet, d.h. eine Ladungsdichte ρ =

förmigen Verteilung auffassen mit ∆x = ∆r 1 1 − β2

Ist die Bewegungsrichtung die der Flächennormalen, ändert sich die Fläche und damit E nicht. Bei einem beliebigen Feld gilt also E /x = E x ,

E /y = γE y ,

(2)

E /z = γE z

Da die Wirkung des Feldes unabhängig von seiner Ursache ist, braucht man die Ladungsverteilung, die das Feld erzeugt hat, im einzelnen nicht zu betrachten. β) Feld einer Punktladung, die sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt Q möge im Ursprung von S ruhen, bewegt sich also in S´mit konstanter Geschwindigkeit v nach rechts (Abb. 138). In S erzeugt Q in der x/z Ebene das Feld

Abb. 138: Das Feld der Puntladung Q, die in S ruht, wird von S´ aus beobachtet.

E=

Q r 4πε 0 r 3

Ex =

Q x 4πε 0 (x 2 + z 2 ) 3/2

Ez =

Q z 4πε 0 (x 2 + z 2 ) 3/2

111

Die Lorentztransformation lautet mit τ = ct x = γ(x / − βτ / )

τ = γ(τ / − βx / )

x = γ(x / − βct / )

β t = γt/ − c x/   

y´ = y, z´ = z

Mit dieser Transformation für t = t´ = 0 ergibt sich aus Gleichung (3) unter Berücksichtigung von Gleichung (2) E /x =

1 γQ x/ 4πε 0  / 2 /2  3/2  (γx ) + z 

E /z =

1 γQ z/ 4πε 0  / 2 /2  3/2  (γx ) + z 

Diese Formeln werden noch etwas übersichtlicher geschrieben, indem der Betrag von E gebildet wird und statt der Ortsvariablen der Winkel ϑ eingeführt wird. /2 E = E /2 x + Ez =

Qγ Qγ x /2 + z /2 1 = 3/2 /2 2 2 4πε 0  / 4πε 0 r  (γx / ) +z /2 3/2  /2   (γx ) + (z )   r /2   

Die eckige Klammer im Nenner läßt sich durch die Winkelfunktionen ausdrücken

[ ] = γ 2 cos 2 ϑ / + sin 2 ϑ / = γ 2 + (1 − γ 2 )sin ϑ / =

1 − β sin 2 ϑ 1 − β2 1 − β2 2

Damit erhält man für den Betrag der Feldstärke in Abhängigkeit von ϑ E/ =

1 − β2 1 Q 3/2 4πε 0 r /2  2 / 2 ϑ − β sin 1  

Das Feld ist radial gerichtet, hat aber senkrecht zur Bewegungsrichtung eine größere Feldstärke als in Bewegungsrichtung. Es ist nicht kugelsymmetrisch und für einen geschlossenen Weg (s. Abb. 139) gilt nicht ∫ E • ds = 0.

112 Abb. 139: Die Feldlinien einer bewegten Punktladung. Bei der Integration entlang dem angezeigten Weg ergibt sich ein Wert ungleich Null.

γ) Feld einer Punktladung, die die Geschwindigkeit ändert Es wird ein Teilchen betrachtet, das bis t = 0 in S ruht und sich für t > 0 mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Nach der Relativitätstheorie darf außerhalb der Kugel mit dem Radius r = ct0 die Information, daß sich das Teilchen bewegt, bis zur Zeit t = t0 nicht bekannt sein. Wir nehmen an, daß sich diese Information genau mit c ausbreitet. dann herrscht außerhalb von r das Feld einer ruhenden Ladung, innerhalb das einer mit konstanter Geschwindigkeit bewegten Ladung. Dazwischen haben die Feldlinien einen Knick, der mit Lichtgeschwindigkeit als elektromagnetische Welle nach außen läuft (Abb. 140).

Abb. 140: Das Feldlinienbild einer Ladung, die zur Zeit 0 in eine gleichförmige Bewegung versetzt wurde.

δ) Kraft auf eine bewegte Ladung durch einen geraden, stromführenden Leiter Im Rahmen der klassischen magnetischen Wechselwirkung erfährt eine Ladung, die sich parallel zu einem stromführenden Leiter bewegt, dadurch eine Kraft, daß der Strom um sich herum ein Magnetfeld erzeugt, zu dem die Teilchengeschwindigkeit senkrecht verläuft, so daß es eine Lorentzkraft erfährt. Im folgenden wird gezeigt, daß man diese Kraft alleine aus dem elektrischen Feld ausrechnen kann, wenn man die Lorentztransformation konsequent anwendet. Der Grund für die Kraft liegt darin, daß von einem bewegten Teilchen aus betrachtet ein im Labor neutraler stromführender Leiter geladen erscheint, da sich positive und negative Ladungsdichten wegen der unterschiedlichen Relativgeschwindigkeiten unterschiedlich kontrahieren. Da die Ladungsdichten der einzelnen Ladungsträgersorten sehr groß sind, gegenüber üblichen Ladungsdichten, die durch eine äußerst geringfügige Abweichung der Quasineutralität entstehen, macht sich die Lorentzkontraktion schon bei kleinen Geschwindigkeiten bemerkbar.

113

Abb. 141: Wie man zur Berechnung der Kraft zwischen bewegten Ladungen ohne Magnetfeld auskommt

Im Laborsystem bewege sich positive Ladung, die linear angeordnet ist, nach rechts, negative auf der gleichen Linie nach links. Beide mögen die Geschwindigkeit v0 haben. Die Ladungsdichte sei im Labor für beide Ladungsträger gleich, und zwar ρ. Die Gesamtladung einer Teilchensorte auf einem Leiter der Länge l mit der Querschnittsfläche A ist dann Q = ρAl = λA Q ist die Liniendichte einer Ladungsträgersorte. Sie soll für beide Ladungsträger gleich l sein. Im Ruhesystem der Teilchen auf dem Leiter ist wegen der Lorenzkontraktion, die sie bei λ=

Bewegung im Laborsystem erfahren, die Ladungsdichte kleiner. λ 0 = λ o± = λ 1 − v 20 /c 2 = λ 1 − β 2 = γλ 0 Die Kraft auf ein im Laborsystem ruhendes Teilchen ist Null, da die Ladungsdichten beider Ladungsträgersorten gleich sind. Bewegt sich ein positives Teilchen im Abstand r mit der Geschwindigkeit v parallel zum Draht, so sind die Geschwindigkeiten der beiden Ladungsträger im Bezugssystem des Teilchens auf grund der relativistischen Geschwindigkeitsaddition v /+ =

v0 − v 2 − v 0 v/c 2

v/ Hieraus wird mit den Abkürzungen β /± = c± , β /+ =

β0 − β 1 − β0β

v /− =

v0 + v 1 + v 0 v/c 2

β = vc , β /− =

v β 0 = c0

β0 + β 1 + β0β

(a)

Im System des bewegten Teilchens sind die Ladungsträgerdichten λ /+ = λ 0 γ /+ , γ /± =

1 1 − β /2 ±

(b)

λ /− = λ 0 γ /− , mit

114 Ausgedrückt durch die Ladungsdichte im Labor λ /+ = γλ γ /+ , 0 dungsdichte vom Teilchen aus gesehen ist

λ /− = γλ γ /− . Die gesamte La0

λ /+ − λ /− = γλ  γ /+ − γ /−  0 Für den Ausdruck in der Klammer rechts werden die Formeln (a) und (b) eingesetzt γ /+ − γ /− = = =

1 β −β 1 −  1−β0 0 β 

2



1

β +β 1 −  1+β0 0 β  1 − ββ 0

2

1 + ββ 0



1 − 2ββ 0 + β 2 β 20 − β 20 + 2ββ 0 − β 2 1 + 2ββ 0 + β 2 β 20 − β 20 − 2ββ 0 − β 2 −2β 0 β −2β 0 β = = −2β 0 βγ 0 γ  1 − β 2  (1 − β 2 ) 1 − β 20 − β 2 + β 20 β 2 0 

Die Ladungsdichte wird damit λ / = λ /+ − λ /− = −2λβ 0 βγ = −

2λγvv 0 2

. Diese erzeugt nach dem

Gesetz von Gauß ein Feld (s. Abb. 142)

Abb. 142: Geometrie zur Anwendug des Gaußschen Gesetzes

E/ = −

λγvv 0 πε rc 2

Auf das Teilchen wirkt eine zum Draht hin gerichtete Kraft F/ = Q

λγvv 0 QγvI = 2 πε rc 2πε c 2 r

mit I = 2λv0=2ρv0A

Die Kraft muß noch ins Laborsystem transformiert werden. Dafür gilt Fy/ = γF Fy =

QIv 2πε 0 c 2 r

Rechnet man die Kraft über das Amperesche Gesetz ∫ B • ds = µ 0 I und die Lorentzkraft aus, so µ0I erhält man ( s. Abb. 143) B2πr = µ 0 I , B = 2πr

115

Abb. 143: Geometrie zur Anwendung des Ampereschen Gesetzes

Fy =

Qµ 0 Iv 2πr

Man erkennt, daß beide Formeln bis auf eine Konstante zum gleichen Ergebnis führen. Durch Gleichsetzen kann man die Konstante µ0 im Ampereschen Gesetz bestimmen. µ0 = 1 2 ε

µ 0 = 4π10 −7 Vs Am

µ 0 ε 0 = 12 c

(4)

Bei einer Bewegung des Teilchens in radialer Richtung sieht man vom Teilchen aus die Ladungsträger schräg auf sich zukommen (Abb. 144).

Abb. 144: So bewegen sich die Teilchen im Draht von einem Probeteilchen aus gesehen, daß sich radial auf den Draht zu bewegt

Zwei symmetrisch gelegene positive Teilchen erzeugen wegen der Verteilung des elektrischen Feldes nach der Relativitätstheorie (Abb. 139) ein resultierendes Feld mit einer x - Komponente (s. Abb. 145).

Abb. 145: Es bleibt insgesamt eine axiale Kraft übrig

116 Die negativen Teilchen erzeugen ein Feld mit der gleichen x - Komponente aber entgegengesetzter r - Komponente, so daß eine axiale Kraft übrigbleibt, wie man von einer magnetischen Kraft erwarten würde. d) Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld

Abb. 146: Das Teilchen soll sich in einer Ebene senkrecht zum Magnetfeld bewegen.

α) Ein geladenes Teilchen im Magnetfeld Ein Teilchen möge mit einer Geschwindigkeit v senkrecht zu einem homogenen Magnetfeld B losgelassen werden. Es erfährt eine Lorentzkraft Qv×B , die senkrecht auf v steht. Wegen F = m dv steht die Geschwindigkeitsänderung auch senkrecht auf v, d.h. die Lorentzkraft bedt wirkt keine Änderung von |v| sondern nur eine Änderung der Richtung von v. Man hat daher insgesamt eine Bewegung mit konstantem Geschwindigkeitsbetrag und konstanter Beschleunigung senkrecht zu v. Dies ist eine gleichförmige Kreisbewegung. Die Kreisfrequenz ergibt sich aus dem Gleichsetzen von Lorentzkraft und Zentripetalkraft. Aus mrω 2 = evB und v = ωr erhält man mrω2 = erωB.

ω = eB m

(5)

ω ist die Zyklotron- oder Gyrationsfrequenz. Sie ist unabhängig vom Radius. Dieser ergibt sich ohne relativistische Korrektur aus v = vm r= ω eB Anwendungen: In einem Zyklotron läßt man geladene Teilchen durch ein Magnetfeld auf Kreisbahnen laufen (Abb. 147). In dem Spalt zwischen zwei D - förmigen Elektroden, an denen eine Hochfrequenzspannung liegt, werden sie zweimal bei einem Umlauf durch ein longitudinales elektrisches Feld beschleunigt, wenn die Umlauffrequenz der Teilchen und die Frequenz der Beschleunigungsspannung aufeinander abgestimmt sind. Die Teilchenquelle liegt in der Mitte

117

Abb. 147: Aufbau eines Zyklotrons

des Systems. Bei Zunahme der Geschwindigkeit nimmt r zu, während die Frequenz, solange keine relativistischen Effekte berücksichtigt werden müssen, konstant bleibt. Das Zyklotron ist also ein Teilchenbeschleuniger, der sehr viel kompakter gebaut werden kann als als ein entsprechender Linearbeschleuniger, in dem ein Teilchen auf einer geraden Bahn in einem elektrischen Feld beschleunigt wird. Um relativistische Effekte zu berücksichtigen, muß die Frequenz oder das Magnetfeld variiert werden. Im Synchrotron verändert man beides, so daß r konstant bleibt. Dies spart Magnetkosten.

Abb. 148: Das Feld einer magnetischen Flasche

Geladene Teilchen werden durch ihre Kreisbewegung gehindert, ein Magnetfeld senkrecht zur Feldrichtung zu verlassen. Dies wird zum Teilcheneinschluß in Plasmaexperimenten benutzt. Abb. 148 zeigt eine einfache Anordnung aus zwei auf einer Achse angeordneten Spulen, eine sogenannte magnetische Flasche. Wie in der Plasmaphysik gezeigt wird, erfolgt in dieser Anordnung auch ein begrenzter Einschluß der geladenen Teilchen in axialer Richtung. Das "Loch" in Magnetfeldrichtung kann in einer toroidalen Anordnung wie in Abb. 149 vermieden werden. Hier verlaufen die Magnetfeldlinien auf ringförmigen Oberflächen, die in sich geschlossen sind.

Abb. 149: Eine perfekte magnetische Falle für einzelne Teilchen

β) Der Hall Effekt Befindet sich ein Leiter in einem magnetischen Feld B, und fließt ein Strom senkrecht zu B, so werden die Ladungsträger durch die Lorentzkraft seitlich abgelenkt. Die seitliche Ablenkung

118 kommt in sehr kurzer Zeit zum Stillstand, da sich durch die Ladungstrennung ein Gegenfeld aufbaut. Im Gleichgewicht ist die transversale Feldstärke gleich der Lorentzkraft pro Ladung.

Abb. 150: Der Hall Effekt kommt durch die Lorentzkraft auf die Ladungsträger in einem Festkörper zustande

F H = evB E H =vB 1 jB . In Da die Stromdichte durch j = nev (s. Gleichung (1), Kap. D) gegeben ist, folgt E H = ne Vektorschreibweise

1 j×B E H = ne

(6)

Die Richtung der Hallspannung UH = EHb ist vom Vorzeichen der Ladungsträger abhängig, da positive und negative Ladungsträger im Hauptstrom umgekehrte Bewegungsrichtung haben und sich deshalb an der gleichen Seite sammeln. Durch Messen von EH kann also Vorzeichen und die Dichte der Ladungsträger bestimmt werden. Wenn die Stoßfrequenz wesentlich höher als die Zyklotronfrequenz der Ladungsträger ist, bewegen sich diese zwischen den Stößen praktisch auf geraden Bahnen, also so, als sei kein Magnetfeld vorhanden. Es tritt dann kein oder ein schwacher Halleffekt auf. Eine zum Halleffekt verwandte Anordnung ist der MHD Generator. Hier wird eine leitfähige Flüssigkeit, z.B. eine Flamme senkrecht durch ein Magnetfeld bewegt. Dadurch, daß jetzt positive und negative Ladungsträger die gleiche Bewegungsrichtung haben, sammeln sie sich auf grund ihres umgekehrten Ladungsvorzeichen an entgegengesetzten Seiten. Es kann also senkrecht zur Bewegungsrichtung der Flüssigkeit ein Strom entnommen werden. Eine solche Anordnung eignet sich also zur direkten Umwandlung der Strömungsenergie in elektrische Energie. γ) Formale Herleitung der Bewegung eines geladenen Teilchens im Magnetfeld i. Bewegung im homogenen Feld Bewegungsgleichung:

••

m a = Qv × B

Das Magnetfeld weise in z - Richtung.

119

Abb. 151: Das Magnetfeld soll in z - Richtung zeigen, die Anfangsgeschwindigkeit des Teilchens in der xy - Ebene liegen.

0  B =  0    B  Wir betrachten nur die Bewegung in der x/y - Ebene.  x(t) x(t) =  y(t)   0

    

 v x (t)  v(t) =  v y (t)     0 

 ex vx 0 Die rechte Seite hat dann die Form v × B =  e y v y 0   ez 0 B

  vyB   =    −v x B       0 

Die Bewegungsgleichung in Koordinaten heißt also •

m v x = Qv y B • m v y = −Qv x B Oder nach Einführung der Zyklotronfrequenz (Gleichung (5)). •

vx = ωcvy • v y = −ω c v x Aus diesen Gleichungen wird z.B. vy eliminiert, indem die erste Gleichung nach der Zeit abge• leitet und v y in die zweite Gleichung eingesetzt wird. Man erhält für vx eine Differentialgleichung zweiter Ordnung ••

v x + ω 2c v x = 0 ••

die mit dem Ansatz v x = Ae λt gelöst wird. Dabei ist v x = λ 2 Ae λt . Einsetzen in die Diff. Gl. ergibt λ 2 = −ω 2c und λ = ±iω c und damit die Lösung

120 v x = Ae iω c t + Be −ω c t Die Konstanten A und B müssen aus den Anfangsbedingungen bestimmt werden, z.B. • vx(0) = v ergibt A + B = v. vy = 0 heißt, weil v y = ω1 v x, c v y = ω1 (Aiω c e iω c t − Biω c e −iω c t ) c Also A = B = v/2 und damit v x = v (e iω c t + e −iω c t ) =vcos ω c t, v y = −vsinω c t. Die Bahngleichung 2 hat also die Form x = −r c sin ω c t y = −r c cos ω c t QB Wir erinnern uns, daß ω c = m . In ωc steckt also noch das Ladungsvorzeichen des Teilchens. Man erhält also eine gegenüber dem Magnetfeld positiv oder negativ umlaufene Kreisbahn. Den Umlaufsinn ermittelt man am zuverlässigsten aus der Richtung der Zentripetalkraft, die ja durch die Lorentzkraft gegeben ist (Abb. 152).

Abb. 152: Der Umlaufsinn der geladenen Teilchen im Magnetfeld

ii. Bewegung im inhomogenen Magnetfeld

Abb. 153: In der unteren Kreishälfte soll der Radius ein klein wenig größer sein als in der oberen. Im unteren Bild sind die Verhältnisse übertrieben dargestellt. Man erkennt, daß eine seitliche Drift entsteht.

Die Diskussion wird nur qualitativ geführt. Zur Ermittlung der Bewegung wird die Bahn durch eine Trennlinie, die senkrecht zu der Richtung steht, in der B sich ändert, unterteilt (Abb. 153 oben). In einer Hälfte der fast kreisförmigen Bahn herrscht ein im Mittel stärkeres, in der anderen ein im Mittel schwächeres Magnetfeld. Im stärkeren Magnetfeld ist r kleiner als im

121 schwächeren. Die Zusammensetzung beider Bahnteile ergibt insgesamt eine seitliche Drift, die für beide Ladungsvorzeichen unterschiedliche Richtung hat (Abb. 153 unten). iii. Bewegung im homogenen Magnetfeld mit überlagertem E Feld

Abb. 155: Bei einem positiven Teilchen ist die Geschwindigkeit in der oberen Hälfte der Bahn im Mittel größer. Es entsteht eine Drift nach links.

Abb. 156: Bei einem negativ geladenen Teilchen ist die Geschwindigkeit in der unteren Hälfte des Kreises im Mittel größer. Andererseits kehrt sich der Umlaufsinn der Bahn um, so daß die Drift nach der gleichen Seite wie beim positiv geladenen Teilchen erfolgt.

Das E - Feld stehe senkrecht zu B. Trennen wir die Bahn durch eine Linie, die parallel zu E verläuft in zwei Hälften, so wird ein Teilchen in der einen Hälfte beschleunigt, in der anderen verzögert. Allerdings muß man beachten, daß die mittlere Geschwindigkeit in den beiden Hälften gleich sind. Die Geschwindigkeit hat gegenüber der Beschleunigung eine Phasenverschiebung von π/2 wie bei der harmonischen Schwingung. Teilt man aber die Bahn durch eine Trennlinie, die senkrecht zu E steht in zwei Hälften, so sind die mittleren Geschwindigkeiten in beiden Hälften unterschiedlich (Abb. 155 und 156). Es ergibt sich eine Drift, die senkrecht zu E und senkrecht zu B verläuft, und zwar diesmal für beide Ladungsvorzeichen in gleicher Richtung (E × B - Drift). e) Berechnung des Magnetfeldes von Strömen α) Das Amperesche Gesetz Wir haben gelernt, daß jeder Strom um sich herum ein Magnetfeld erzeugt. Der Zusammenhang zwischen diesem Magnetfeld und dem dafür verantwortlichen Strom wird durch ein Grundgesetz der Elektrodynamik gegeben, das Amperesche Gesetz oder Durchflutungsgesetz

∫ B • ds = µ 0 I

(7)

Anschaulich besagt es, daß das mittlere Magnetfeld auf einer Magnetfeldlinie um einen Strom mal die Länge der Feldlinie für alle Magnetfeldlinien, die ein Strom I erzeugt, gleich ist, und

122 zwar µ0I. Das Gesetz beinhaltet allerdings mehr als diese anschauiliche Aussage. Die Integration braucht nicht entlang einer Feldlinie zu erfolgen, sondern kann auf einem beliebigen geschlossenen Weg durchgeführt werden. Das Magnetfeld kann auch von beliebigen Strömen außerhalb des Integrationsweges stammen. Im Ampereschen Gesetz steht allerdings nur der vom Integrationsweg "umfaßte" Strom, d.h. I = ∫ j • dA, wobei man in diesem Integral über eine durch den Integrationsweg aufgespannte Fläche integrieren muß. Das Amperesche Gesetz ist eine sehr elegante Formulierung des Zusammenhangs von einem Strom und dessen Feld, allerdings nicht besonders praktisch zur Berechnung von Feldern aus den sie erzeugenden Strömen. Immerhin kann man in einigen wichtigen Fällen, wenn B konstant, oder zumindest stückweise konstant ist, mit Gleichung (7) auch Felder berechnen, wie folgende Beispiele zeigen. Beispiele: i. Magnetfeld eines geraden Drahtes

Abb. 157: Integrationsweg zur Berechnung des Magnetfeldes eines langen Drahtes

Um das Magnetfeld im Abstand a vom Draht zu berechnen, wird im Ampereschen Gesetz auf einem Kreis mit dem Radius a um den Draht integriert (Abb. 157). Auf ihm ist wegen der Symmetrie B konstant. Daher kann man die Integration ausführen

∫ B • ds = B2πa = µ 0 I B=

µ0 I 2πa

ii. Magnetfeld einer Ringspule

Abb. 158: Integriert man bei der Ringspule entlang des gestrichelten Weges, so umfaßt man den Strom in der Spule N mal.

123 Auf einem Ring sollen gleichmäßig über den Ring verteilt N Wicklungen angebracht sein, in denen der Strom I fließt (Abb. 158). Die Wicklungen sollen so dicht liegen, daß die Anordnung als symmetrisch um die Ringachse betrachtet werden kann d = 0 . Bϕ ist also auf einem dϕ Kreis mit Radius r um die Achse konstant. Damit wird, wenn auf einem solchen Kreis, der innerhalb der Wicklung verläuft, integriert wird

∫ B • ds = B2πr = µ 0 I 0 I0 ist der gesamte vom Kreis umfaßte Strom, also I0 = NI. B=

µ0 NI 2πr

außerhalb der Spule ist der gesamte umfaßte Strom 0, daher verschwindet hier das Magnetfeld. Strenggenommen ist B von r abhängig. Diese Abhängigkeit macht sich besonders bei fetten Ringen bemerkbar. Bei einem schlanken Ring  a 1 (paramagnetische Stoffe) und solche, für die µr >> 1 (ferromagnetische Stoffe). Für anisotrope Stoffe wie Kristalle ist µr ein Tensor. Für skalares µr schreibt man das Amperesche Gesetz

∫ B • ds = µ r µ 0 I Manchmal faßt man zusammen µrµ0 = µ. Um eine Feldgröße zu erhalten, die unabhängig von den Stoffeigenschaften ist, definiert man ein H - Feld über B = µrµ0H

(28)

H hat die Dimension [A] = A/m. Das Amperesche Gesetz schreibt sich mit H

∫ H • ds = I H ist also unmittelbar mit den freien Strömen verknüpft.

151 ii. Man setzt das gesamte B - Feld aus zwei Anteilen zusammen, einen Anteil, der durch die Ströme in einer äußeren Spule erzeugt wird, wenn kein Stoff innerhalb des Feldes wäre, also durch die freien Ströme B1 = µ0H und einen Anteil durch die gebundenen Ströme B2 = µ0M Insgesamt

B = µ 0 (H + M)

(29)

Diese Darstellung ist auch für anisotrope Medien geeignet. M ergibt sich aus dem äußeren Feld über die Suszeptibilität χm ähnlich wie im elektrischen Fall. M = χmH

(30)

Setzt man dies in Gleichungen (28) und (29) ein, erhält man einen Zusammenhang zwischen der Suszeptibilität, die sich aus der Polarisierbarkeit und daher im Prinzip aus atomaren Eigenschaften ausrechnen läßt, und der Permeabilität, die eine makroskopische Stoffeigenschaft beschreibt. Nach einer weniger gebräuchlichen Konvention definiert man χm über M = χ m µB . Man be0

gründet dies damit, daß das mittlere Feld im Festkörper, das die Magnetisierung verursacht B und nicht H ist. Man definiert χm also über ein Feld, das schon durch den Festkörper modifiziert ist. µr = 1 + χm gilt dann nur für kleine χm. d) Dia- Para- und Ferromagnetismus α) Kraft auf eine Stromschleife im veränderlichen B - Feld Eine Stromschleife befinde sich in einem B - Feld, dessen Änderung in z - Richtung bekannt ist, wobei die Schleifenebene senkrecht auf dem Feld steht. Die Kraftdichte ist gegeben durch f = j × B (s. Gleichung (10)), in dieser Geometrie durch fz = -jθBr. Die Kraft auf die Schleife ist damit

152

Abb. 198: Über die Divergenzfreiheit des B Feldes läßt sich Br durch dBz/dz ausdrücken.

F z = −j θ AdlB r = −2πrIB r Da Bz bekannt ist, wird Br über die Quellenfreiheit von B durch Bz ausgedrückt (s. Abb. 198). Der Fluß, der an den Seitenflächen des Zylinders in Abb.198 austritt, muß an den Stirnflächen eintreten 2πr∆zB r = πr 2 (B z (z) − B z (z + ∆z)) Bz(z + ∆z) wird durch Taylorentwicklung auf Bz(z) zurückgeführt B z (z + ∆z) = B z (z) +

damit wird

2πr∆zB r = −πr 2

F z = πr 2 I

∂B z ∆z ∂z

∂B z ∂B ∆z und B r = − r z ∂z 2 ∂z

∂B z ∂B =m z ∂z ∂z

In einem inhomogenen Feld wird der Dipol je nach Vorzeichen von m, d.h. je nach Vorzeichen der Polarisierbarkeit in oder entgegen Richtung des Gradienten von B gezogen. β) Diamagnetismus

Abb. 199: Beim diamagnetischen Material werden Dipole induziert, die dem äußeren Feld entgegengesetzt sind.

Hier ist χm < 0 und damit µr < 1, d.h. die Elementardipole richten sich entgegengesetzt zum äußeren Feld aus. Dies ist durch Induktion eines Stromes möglich. Als physikalisches Modell dient eine Drahtschleife unendlicher Leitfähigkeit. Da bei ihr der Fluß, den sie umfaßt, beim Einführen in ein Magnetfeld erhalten bleibt, wird in ihr ein Strom induziert, der einen Dipol nach sich zieht, der dem ursprünglichen Magnetfeld entgegengesetzt gerichtet ist. Die Ströme

153 der Elektronen in Atomen verhalten sich wie derartige verlustfreie Stromschleifen. In inhomogenen Feldern wirkt auf diamagnetische Stoffe eine Kraft in Richtung zum Gebiet mit kleinerem Feld. Die Richtung macht man sich am einfachsten über die Kraft auf Stabmagneten klar (Abb. 200). Alle Stoffe haben einen natürlichen Diamagnetismus. Paramagnetismus kann den Diamagnetismus überdecken. Bei den meisten diamagnetischen Stoffen ist die Suszeptibilität von der Größenordnung χm = -(1 - 10)·10-6. Besonders große Suszeptibilität hat Wismuth mit χm = -157·10-6. Plasmen verhalten sich diamagnetisch.

Abb. 200: Diamagnetische Stoffe werden aus dem Gebiet mit größerer Feldstärke gedrückt

γ) Paramagnetismus Bei paramagnetischen Stoffen ist χm > 0 und damit µr > 1, d.h. die Elementatmagnete richten sich parallel zu B aus. Dies ist der Fall, wenn die Atome von vorneherein ein Dipolmoment besitzen. Paramagnetische Stoffe werden in einem inhomogenen Magnetfeld in das Gebiet mit größerem Magnetfeld gezogen (Abb. 201). Beispiele : Aluminium hat χm = 20,8·10-6, flüssiger Sauerstoff χm = 5670·10-6.

Abb. 201: Paramagnetische Stoffe werden in das Gebiet mit stärkerem Magnetfeld gezogen.

δ) Ferromagnetismus Bei ferromagnetischen Stoffen wie Fe, Co, Ni ist µr >> 1. µr kann Werte bis 106 annehmen. Dieser hohe Wert wird dadurch erreicht, daß ein großer Prozentsatz der Elementarmagnete ausgerichtet werden kann. Sie werden durch den Spin der Elektronen erzeugt. Die Ausrichtung erfolgt über ein Wechselspiel von ausrichtenden Kräften im Feld und Unordnung stiftender thermischer Bewegung. Oberhalb der Curie Temperatur Tc = 770°C ist Eisen paramagnetisch, unterhalb gilt in einem weiten Bereich das Curiesche Gesetz

154

M= C T Ohne Magnetfelder existieren Bereiche ("Weißsche Bezirke"), in denen der Spin einheitlich ausgerichtet ist, die aber untereinander unterschiedliche Magnetisierungsrichtung aufweisen. Bei zunehmendem Magnetfeld verschieben sich die Grenzen dieser Bezirke, die Bloch Wände, zugunsten von energetisch günstigeren Positionen. Während diese Bezirksgrenzen wandern, können sie an Gitterfehlern hängen bleiben. Das impulsartige Weiterlaufen erzeugt in einer Induktionsschleife ein Rauschen. Diesen Effekt nennt man Barkhausen Effekt. Trägt man M gegen das die Polarisation erzeugende Feld auf, das proportional dem Strom in der Spule ist, die das Magnetfeld erzeugt, so erhält man die Magnetisierungskurve (Abb. 202). Man erkennt, daß bei Ferromagnetika M nicht proportional zu B ist, daß M sogar von der Vorbehandlung der Probe abhängt. Man sagt, die Magnetisierungskurve zeigt eine Hysterese. Wir hatten schon in der Schaltungstheorie Bauteile mit Hysterese kennengelernt und gesehen, daß diese Eigenschaft zur Speicherung von Information ausgenutzt werden kann. Um gute Speichereigenschaften zu erzielen - etwa auf Disketten - benötigt man hohe und breite Kurven. Für geringe Verluste in Transformatoren oder ähnlichen Bauteilen benötigt man schmale Kurven.

Abb. 202: Die Magnetisierungskurve von Ferromagnetika.

155

KAPITEL G Wechselstromkreise

1. Einleitung Wenn Netzwerke von Strom- und Spannungsquellen gespeist werden, die sinusförmige Zeitverläufe aufweisen, und nur der eingeschwungene Zustand interessiert, ergeben sich starke Vereinfachungen gegenüber der Behandlung in Kapitel E. Einschwingvorgänge müssen nach wie vor mit der allgemeinen Methode über Differentialgleichungen berechnet werden. Wir beschreiben sinusförmige Zeitverläufe durch komplexe Zahlen U = U 0 e iωt Der zeitabhängige Faktor e iωt = cos ωt + i sin ωt enthält die Frequenzinformation. Die übrige Information ist in der komplexen Amplitude enthalten. |U0| ist die reelle Amplitude, arg U0 die Phasenverschiebung gegenüber einer Schwingung mit reeller Amplitude.

2. Impedanzen a) Definition Um Spannungs- bzw. Stromverlauf an einem der Elemente zu berechnen, müßte man die spezielle Lösung der inhomogenen Differentialgleichung finden, wobei die Inhomogenität die Zeitabhängigkeit der Quellen enthält (eventuell deren Ableitungen). Wenn die Inhomogenität wie hier endlich viele Ableitungen besitzt, kann man die Lösung aus einer Linearkombination der Inhomogenität und ihren Ableitungen bilden. Bei einem Zeitverlauf A 0 e iωt heißt dies, daß in Wechselspannungskreisen an allen Elementen sinusförmige Ströme und Spannungen vorliegen. Für den Zusammenhang von Strom- und Spannungsamplitude an den einzelnen Elementen gilt daher: R: U=IR, U 0 e iωt = I 0 e iωt R , also •

C: I = C U, I 0 e iωt = CiωU 0 e iωt •

L: U = L I , U 0 e iωt = LiωI 0 e iωt

U 0 = RI 0 U0 = 1 I0 iωC U 0 = iωLI 0

(1)

156 R, 1 und iωL nennt man die Impedanzen der einzelnen Elemente. Formal ähneln die U0I0 iωC Beziehungen dem Ohmschen Gesetz. An Stelle des Widerstandes tritt die Impedanz und an Stelle des Momentanwertes die Amplitude. b) Strom und Spannung an L und C Betrachtet man eine Kapazität, an der eine Wechselspannung mit reeller Spannungsamplitude U0 liegt, U = U 0 sin ωt dann ist I = iωCU0 sinωt. I 0 = iωCU 0 ist eine komplexe Zahl, die um π/2 gegenüber der reellen Achse gedreht ist. I ist also um π/2 gegenüber U phasenverschoben. Der Zeitverlauf wird daher durch I = ωCU 0 cos ωt beschrieben (Abb.203).

Abb. 203 - 205: Strom- und Spannungsverlauf an einer Kapazität, Amplituden in der

Der Strom eilt der Spannung vor. Dies können wir uns mit der Tatsache veranschaulichen, daß beim Laden eines Kondensators zuerst Strom fließen muß, bevor die Spannung ansteigt. Das Verhältnis von U und I kann während einer Periode alle Werte von -∞ bis +∞ annehmen. Es ist daher nicht sinnvoll, einen Widerstand zu definieren. Der Betrag der Impedanz einer Kapazität nimmt mit steigender Frequenz ab (Abb. 205). Je höher die Frequenz ist, desto durchlässiger wird der Kondensator. Bei einer Induktivität läuft umgekehrt die Spannung um π/2 vor dem Strom, da U 0 = iωLI 0 (Abb. 206). Der Betrag der Impedanz ist |ZL| = ωL. Die Induktivität sperrt zunehmend bei wachsender Frequenz.

Abb. 206 - 208: Verlauf von Strom und Spannung, komplexe Amplituden und Frequenzverhalten der Impedanz bei einer Induktivität.

157 c) Wechselstromleistung Durch eins der passiven Elemente R, L, C, fließe der Strom I, während die Spannung U anliegt. Da die Arbeit, die dazu benötigt wird, eine Ladung dq durch das Bauelement zu treiben, dW = dqU ist, wird P = dW = IU . An einem Widerstand hat man dt U = U 0 sin ωt, I = I 0 sin ωt

Abb. 209: Die Leistung an einem Widerstand hat den zeitlichen Verlauf eines sin2.

Die Leistung ist also P = U 0 I 0 sin 2 ωt = U 0 I 0 1 (1 − cos 2ωt). Bei der Mittelung bleibt, da der 2 Mittelwert von cos ωt über ganze Perioden verschwindet, 〈P〉 = 1 U 0 I 0 2 Man definiert den Effektivwert von U und I über U eff = 1 U 0 und I eff = 1 I 0 2 2 und kann dann wie gewohnt schreiben 〈P〉 = U eff I eff . Wechselstrom Meßgeräte zeigen Effektivwerte an. Widerstände verbrauchen Leistung. Bei einer Kapazität und einer Induktivität sind Spannung und Strom um 90° phasenverschoben. Man erhält daher für die in ihnen verbrauchte Leistung Terme, die proportional zu sin ωtcos ωt = 1 sin 2ωt sind. Es wird also in einer Halbwelle genau so viel Energie an das 2 Element abgegeben, wie in der nächsten von ihm aufgenommen wird. Die mittlere Leistung verschwindet. Man nennt solche Elemente Blindelemente. Vorsicht! Wir sind bei der Berechnung der Leistung zu der reellen Schreibweise zurückgekehrt. Dies ist notwendig, denn bei Operationen mit quadratischen Termen führt die komplexe Schreibweise zu Fehlern.

158

3. Berechnung von Netzwerken a) Die Grundgesetze Wir hatten gelernt, daß die Berechnung von Netzwerken auf den Kirchhoffschen Gesetzen und den Gesetzen, die den Zusammenhang von Strom und Spannung an den einzelnen Bauteilen beschreiben, beruht. Bei Wechselstromnetzwerken benutzt man statt der allgemeinen U/I - Gesetze die entsprechenden Gesetze für die komplexen Amplituden (Gleichungen (1)). In den Kirchhoffschen Gesetzen läßt sich der Zeitfaktor wegkürzen

Σ

Ui = 0

Σ Ii = 0 Knoten

⇒ ⇒

Σ U 0i e iωt = 0 Σ I 0i e iωt = 0

Σ U 0i = 0

⇒ ⇒

Σ I 0i = 0

Es gelten also für die komplexen Amplituden formal die gleichen Grundgesetze wie für U(t) und I(t) in Widerstandsnetzwerken. Man kann daher wie bei Widerstandsnetzwerken die Methode der Knotenpunktspotentiale und der Maschenströmme anwenden. Die reellen Amplituden ergeben sich dann aus den Beträgen der komplexen Amplituden, die Phasenverschiebungen aus ihren Argumenten. b) Beispiele α) In der Schaltung von Abb. 210 sollen die Ströme durch die Elemente berechnet werden.

Abb. 210: An diesem Beispiel wird die Methode der Knotenpunktspotentiale bei Wechselstromnetzwerken demonstriert.

Die Anwendung der Methode der Knotenpunktspotentiale auf Knoten A ergibt: UA − U1 UA − U2 UA − U3 + + =0 ZC ZL ZR U U U A  iωC + 1 + 1  = U 1 iωC + 2 + 3 iωL R iωL R UA =

U 1 iωC + U 2 /iωL + U 3 /R iωC + 1/iωL + 1/R

159

Hieraus lassen sich die Ströme durch die Elemente ausrechnen. β) Der Tiefpaß (Abb. 211)

Abb. 211: Schaltbild eines RC Tiefpasses

Wir stellen uns vor, die Eingangsspannung Ue sei gegeben, Ua sei gesucht. Wir berechnen das U Verhältnis H(iω) = a , die sogenannte Übertragungsfunktion und können, wenn sie bekannt U ist, durch Multiplikation der Eingangsamplitude mit H die Ausgangsspannung Ua bestimmen. 1

U ZC 1 = iωC 1 = H(iω) = a = Ue ZC + ZR R + 1 + iωRC ω H(iω) = H ⋅ H =

1 1 + (ωRC) 2

Diskussion: Für kleine Frequenzen ωRC > 1 ist H = 1 und H = 1 . Das AusgangsωRC iωRC signal eilt dem Eingangssignal um 90° nach und seine Amplitude nimmt mit zunehmender Frequenz ab (Abb. 212 und 213).

Abb. 212 und 213: Amplitude und Phase bei der Übertragung durch einen Tiefpaß.

Häufig wählt man eine logarithmische Darstellung und schreibt

H

dB

= 20 log

Ua (sprich: H in Dezibel) Ue

Die Darstellung |H|dB gegen logω/ω0 nennt man das Bodediagramm. Für ωRC > 1 = 20 log 1 = −20 log ωRC ωRC

Identifiziert man im Bode Diagramm H

dB

mit der Ordinate (y) und log ωRC mit der Abszis-

se (x), so erkennt man, daß sich als Asymptoten Geraden mit der Steigung 0, bzw. -20 ergeben (Abb. 214). Die Übertragungsfunktion nimmt bei hohen Frequenzen mit 20 dB pro Dekade ab. Manchmal sagt man auch, sie nimmt mit 6 dB pro Oktave ab und meint damit, sie nimmt um 6dB ab, wenn sich die Frequenz um einen Faktor 2 erhöht. Viele Halbleiterbauelemente wie z.B. Operationsverstärker haben alleine durch die Zuleitungskapazität und den Zuleitungswiderstand im Ausgang hier einen Tiefpaß. Ein Tiefpaß nter Ordnung hat n Blindelemente und einen um den Faktor n steileren Frequenzgang und eine entsprechend stärkere Phasenverschiebung.

Abb. 214: Übertragungsfunktion eines Tiefpasses

4. Schwingkreise a) Der Parallelschwingkreis α) Wechselstrombetrachtung

Abb. 215: Ein verlustbehafteter Parallelschwingkreis besteht aus parallel geschalteten L, R und C. Zur Anregung soll eine Stromquelle dienen.

Der Parallelschwingkreis ist eine Parallelschaltung von L und C (Abb. 215). Die Verluste von L und C sind in R zusammengefaßt, wobei zu beachten ist, daß der verlustfreie Schwingkreis einem R → ∞ entspricht. Um auf den Kreis Methoden für Gleichstromnetze anwenden zu können, transformiert man ihn in einen Gleichstromkreis, der statt der Elemente RLC Widerstände

161 von der Größe der zugehörigen Impedanzen enthält. Ströme und Spannungen werden zu Gleichspannungen von der Größe der Amplituden (Abb. 216).

Abb. 216: Der Übergang zu Impedanzen hat den Sinn, Methoden der Gleichstromnetze anwenden zu können.

Wie bei der Parallelschaltung von drei Widerständen ergibt sich für die Gesamtimpedanz Zges 1 = 1 + 1 + 1 = 1 + iωC + 1 Z ges Z R Z C Z L R iωL I0 = 1 = 1 + i  ωC − 1  ωL U 0 Z ges R 

(2)

β) Der verlustfreie Schwingkreis

Abb. 219: Der verlustfreie Parallelschwingkreis

Für 1/R = 0 wird aus Gleichung (2) U0 = I0

1 1  i  ωC − ωL 

= I0

iωL 1 − ω 2 LC

Zur Abkürzung setzen wir ω 20 = 1 . Dann wird LC U0 = I0

iωL 1 − (ω/ω 0 ) 2

U0 = I0

ωL 1 − (ω/ω 0 ) 2 Abb. 217 und 218: Amplitude und Phase des verlustfreien Parallelschwingkreises in der Umgebung der Resonanz.

Für kleine ω ((ω/ω0)2