Grossbaustellen in der Versicherungswirtschaft

Es gilt das gesprochene Wort Grossbaustellen in der Versicherungswirtschaft Von Albert Lauper Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes SV...
Author: Emil Becke
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Es gilt das gesprochene Wort

Grossbaustellen in der Versicherungswirtschaft Von Albert Lauper Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes SVV Generalversammlung, 24. Juni 2004 Hotel Hilton, Basel

1. Die Rückkehr zu schwarzen Zahlen

Sie wissen es: 2003 sah deutlich besser aus als 2002, das Katastrophenjahr der Schweizer Privatassekuranz, in welchem die 70 Mitgliedgesellschaften des Schweizerischen Versicherungsverbandes Verluste von nicht weniger als 12 Milliarden Franken ausweisen mussten. Die weitaus meisten Versicherer erzielten im vergangenen Jahr wiederum recht ansprechende Gewinne. Zu Euphorie besteht indessen keinerlei Anlass. Gewiss können wir Versicherer etwas Befriedigung empfinden über den Umschwung, den wir innert sehr kurzer Frist einzuleiten imstande waren. Innovationskraft und Anpassungsfähigkeit sind herkömmlicherweise ja keine Eigenschaften, die man speziell den Versicherern zubilligt. Und doch: unter dem Leitwort „Fokussierung auf die Kernkompetenzen“ haben viele Schweizer Versicherungsgesellschaften in den vergangenen 3 Jahren wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Das Kollektivlebengeschäft ganz oder weitgehend aufzugeben, ist ebenso ein strategischer Entscheid wie das Abstossen von Auslandtätigkeiten, die zum Teil mit hohen Investitionen aufgebaut worden sind. Aber auch in Bezug auf die Organisation des Innen- und des Aussendienstes sind nicht selten einschneidende Umstrukturierungen erfolgt mit dem erklärten Ziel, die Kosteneffizienz zu steigern. Es ist eine unerfreuliche

aber wohl unausweichliche Folge, dass der Personalbestand der Privatassekuranz in der Schweiz im Zeitraum von Ende 2000 bis Ende 2003 um 5’000 Mitarbeitende zurückgegangen ist – ein Aderlass, wie ihn unsere Branche zumindest seit dem 2. Weltkrieg nie erlebt hat. Auch in der Versicherungstechnik und im Asset Management wurden die Lehren aus den schlechten Erfahrungen sehr rasch gezogen.

Was durch eigene Anstrengungen innert kurzer Frist erreicht wurde, ist bemerkenswert. Aber ich verkenne natürlich in keiner Weise, dass ein externer Faktor - die Erholung der Finanzmärkte - entscheidenden Anteil an der Lageverbesserung hatte. Eine gewisse Bescheidenheit über das Erreichte steht uns daher an.

Ich ziehe aus der turbulenten Phase der letzten drei Jahre unter anderem folgende Lektion: Auch in der Versicherungsindustrie ist „jeder seines Glückes Schmied“. Wir haben es in der Hand, unseren Weg selber zu bestimmen. Freilich ist dieser Weg, genau wie im Strassenverkehr, von einer ganzen Reihe von Vorschriften, von Hinweisen und von Empfehlungen gesäumt. Und auch Strafandrohungen für den Fall des unkorrekten Verhaltens fehlen nicht. Unsere geschäftliche Tätigkeit, die Absicherung von Privatpersonen und Unternehmungen gegen die vielfältigen Risiken dieser Welt, ist eingebunden in ein Netz von Regeln. Wir akzeptieren das. Eine moderne Marktwirtschaft kommt ohne rechtliche Leitplanken nicht aus. Verändert sich das Umfeld, wie das in der Versicherungswirtschaft im starken Mass und in raschem Tempo der Fall ist, drängt sich eine Anpassung der Rahmenbedingungen auf.

Wir stehen mitten in einer Phase dieser Anpassung. In drei zentralen Bereichen setzt das Parlament Jalons, welche den Freiraum für die unternehmerische Aktivität der Versicherungswirtschaft neu eingrenzen werden: im Aufsichtsrecht, im Versicherungsvertragsrecht bzw. beim Konsumentenschutz sowie in der beruflichen Vorsorge. Hier ist der SVV in höchstem Mass gefordert. Denn in allen

drei Rechtsetzungsgebieten – beim Aufsichts- und Vertragsrecht wie bei der beruflichen Vorsorge – geht es um eigentliche Grossbaustellen.

2. Verbandsengagement an mehreren Fronten

2.1 Neuausrichtung des Aufsichtsrechts

Die Aufsicht über die Privatversicherungen ist derzeit in 5 Bundesgesetzen und rund einem Dutzend Verordnungen verankert – ein richtiges Labyrinth, das den Durchblick sowohl für die Behörden wie für die Versicherer beträchtlich erschwert. Eine Systematisierung und gleichzeitig eine Straffung der Aufsichtsregeln ist deshalb schon in den 90er Jahren eingeleitet worden. Der internationale Trend in Richtung integrierter Finanzmarktaufsicht und insbesondere der beängstigende Zerfall der Eigenkapitalien 2001 und 2002 verlieh den Reformbestrebungen indessen einen entscheidenden Schub.

Die VAG-Revision steht kurz vor dem Abschluss. In diesen Tagen geht der Entwurf für die Aufsichtsverordnung in die Vernehmlassung. Wir werden die 230 Artikel der Verordnung genau studieren, denn bekanntlich steckt der Teufel im Detail. Immerhin können wir festhalten: die VAG-Revision hat aus Sicht der Privatassekuranz die wichtigsten Ziele insgesamt erreicht. Wir begrüssen die Stärkung und Dynamisierung der Aufsicht. Die Sicherstellung der Solvenz der einzelnen Versicherungsgesellschaften ist nicht nur ein vitales Anliegen der Versicherten; sie schützt zugleich die Reputation der Branche. Insofern hat die Privatassekuranz grosses Interesse an einer durchschlagskräftigen und kompetenten Aufsicht.

Derzeit laufen ebenfalls die Vorarbeiten für den Erlass eines Finanzmarktaufsichtgesetzes. Banken und Versicherungen, später allenfalls weitere Finanzdienstleister, sollen in eine gemeinsame Kontrollbehörde integriert werden. Obwohl das Projekt ursprünglich vom Geist der Allfinanz geprägt war, die mittlerweile einiges an Glanz verloren hat, steht die Versicherungswirtschaft der

Schaffung einer integrierten Finanzmarktaufsicht positiv gegenüber. Diese schafft die Voraussetzungen, damit den neueren Entwicklungen und Erkenntnissen des internationalen Finanzmarktes (z.B. Risk Management und Asset Liability Management) Rechnung getragen werden kann. Zudem würde mit diesem neuen, zeitgemässen Aufsichtsmodell der Wissenstransfer von den Banken in die Versicherungswirtschaft und umgekehrt erleichtert. Das auf diesem Weg erworbene Know How wird besser gepflegt werden. Das kann dem Ansehen und der Reputation der Aufsicht im internationalen Kontext nur dienen.

Im Falle einer integrierten Finanzmarktaufsicht darf kein zentraler Wasserkopf gebildet werden und auch keine Gleichmacherei um sich greifen. Vielmehr muss die weitgehende sachliche Selbständigkeit der Departemente im Vordergrund stehen, insbesondere des Versicherungsdepartementes. Die Kosten dafür müssen vertretbar sein und dürfen nicht explodieren. Die Versicherungswirtschaft will ausserdem keine dualistische Aufsicht. Diese führt zu Doppelspurigkeiten, Abgrenzungs- und Kompetenzproblemen und zu wesentlich höheren Kosten. Die Sicherheit wird damit nicht erhöht, wie die negativen Erfahrungen im In- und Ausland zeigen.

Im Zusammenhang mit der Schaffung einer FINMA ist ferner die zentrale Frage der Vereinheitlichung der Betriebs- und Aufsichtssysteme in der beruflichen Vorsorge zu stellen. Wenn schon von einer integrierten Finanzmarktaufsicht die Rede ist, dann wäre es nahe liegend, die berufliche Vorsorge in die Finanzmarktaufsicht zu integrieren, wie es heute beispielsweise in den Niederlanden und Österreich der Fall ist. Ein absolutes Muss ist aber die Schaffung gleicher und marktkonformer Parameter im ganzen Bereich der beruflichen Vorsorge. Lebensversicherungsgesellschaften und Pensionskassen haben heute verschiedene Regelungen. Während die Lebensversicherungsgesellschaften jederzeit 100 % garantieren müssen, dürfen Pensionskassen Unterdeckungen ausweisen. Wir erwarten, dass in Zukunft auch die autonomen Pensionskassen verpflichtet werden, Kapitalschutz und Zinsgarantien zu bieten. Ebenso sind für sie die gleich strengen

Solvenzbestimmungen und Eigenmittelhinterlegungsvorschriften sowie die wesentlich vorsichtigeren Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der technischen Rückstellungen anzuwenden wie für die Privatversicherer. Schliesslich sind sie zu verpflichten, die allgemeinen Vertragsbestimmungen sowie die Berechnung der Prämien und Leistungen, technischen Rückstellungen und Abfindungswerte vor ihrer erstmaligen Anwendung der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Genehmigung zu unterbreiten.

2.2 Vertragsrecht – die Suche nach dem Optimum

Das Versicherungsvertragsgesetz trägt das Datum vom 2. April 1908. Es ist verschiedentlich den veränderten Verhältnissen angepasst worden. Derzeit steht eine Teilrevision kurz vor dem Abschluss, die vom SVV von Beginn an „begleitet“ wurde. Unter anderem geht es um die dornenreiche Frage der Anzeigepflichtverletzung, die immer wieder zu Kontroversen Anlass gibt. Weiter stehen die Teilbarkeit der Prämien sowie die Informationspflichten der Versicherer zur Debatte. Parallel zur Teilrevision ist eine Expertenkommission an der Arbeit mit dem Ziel, Ende dieses Jahres den Vorentwurf für ein totalrevidiertes VVG vorzulegen. Wer weiss, vielleicht haben wir ein neues Versicherungsvertragsgesetz, bevor das geltende 100-jährig wird!

Im Zusammenhang mit der VVG-Revision geht der Verband unter anderem vom Grundsatz aus, dass die Vertragsfreiheit ein absolut zentrales Element einer marktwirtschaftlichen Ordnung darstellt. Einschränkungen durch Schutznormen zugunsten der Konsumenten bedürfen einer überzeugenden Rechtfertigung. Weiter ist betriebswirtschaftlichen Überlegungen Rechnung zu tragen; ein allzu dichtes regulatorisches Netz verursacht Kosten, die sich in der Prämienrechnung niederschlagen und deshalb kaum im wohlverstandenen Interesse des „Konsumentenschutzes“ sind. Schliesslich machen wir uns dafür stark, dass ein künftiges VVG sich auf die Regelung versicherungsspezifischer Fragen konzentriert. Wir lehnen es beispielsweise ab, im VVG eine Inhaltskontrolle für Allgemeine Geschäftsbedingungen einzuführen.

2.3 Fallgruben in der Berufsvorsorge

Als besonders vertrackte Grossbaustelle erweist sich die berufliche Vorsorge. Sie ist, auch nach der Verabschiedung der 1. BVG-Revision durch das Parlament, einerseits voller Fallgruben, anderseits übersät mit Stolpersteinen. Dies liegt insbesondere daran, dass versicherungstechnische Fakten in der öffentlichen Diskussion gegenüber politischen Überlegungen einen schweren Stand haben; mitunter werden sie gar nicht zur Kenntnis genommen. Es ist beinahe – um bei unserem Bild der Baustelle zu bleiben -, als ob die Bauherrschaft den künftigen Bewohnern ein adrettes Gebäude hinstellen möchte, ohne die statischen Berechnungen der Ingenieure zu berücksichtigen. Die Kontroverse um den Umwandlungssatz illustriert die Problematik. Noch vor der Verabschiedung der BVG-Revision war sonnenklar, dass die für das Obligatorium geplante Senkung des Umwandlungssatzes von 7,2 auf 6,8% innert 10 Jahren in keiner Weise sachgerecht ist. Sie trägt, wie versicherungsmathematische Berechnungen beweisen, weder den demographischen Veränderungen noch dem unterschiedlichen Rentenalter von Mann und Frau genügend Rechnung. Der Verband unterstützt demgemäss mit Nachdruck die vom Ständerat überwiesene Motion für eine raschere Anpassung des Umwandlungssatzes. Die Verpolitisierung des Umwandlungssatzes birgt die Gefahr in sich, dass es zu einer ungerechtfertigten und ungerechten Umverteilung von Einkommen kommt. Bei einem überhöhten Satz wird den Pensionären zu viel Rente ausbezahlt, und dies zulasten der erwerbstätigen Jüngeren. Dies widerspricht dem Grundgedanken der individuellen Kapitaldeckung. Grundlage eines versicherungsmathematisch und biometrisch korrekten Umwandlungssatzes sollen die vom Verband erarbeiteten technischen Berechnungen (KT 95) sein, gerechnet mit 3,5% technischem Zinssatz. Demgemäss müsste der Umwandlungssatz für Männer 5,835 % und für Frauen 5,454 % betragen. Die unterschiedliche Satzhöhe erklärt sich vor allem durch die unterschiedlichen Schlussalter bei Mann und Frau.

Nicht weniger heillos verpolitisiert ist die Frage des Mindestzinses. Dabei werden, wie der Präsident einer der grössten Mitgliedgesellschaften vor kurzem in der NZZ treffend ausführte, der Begriff Mindestzins und die effektive Verzinsung oft fälschlicherweise gleichgesetzt. Auch hier ist eine Anpassung an die Marktgegebenheiten unabdingbar. Grundlage zur Berechnung des Mindestzinssatzes sollen 60 % des rollenden Durchschnitts für 10-jährige Bundesobligationen sein. Dieser Satz von 60 % entspricht der Regelung im europäischen Umland und erlaubt eine angemessene Berücksichtigung risikoreicherer Anlagekategorien wie Aktien, alternative Anlagen, Liegenschaften oder Hypotheken.

Der SVV ist sich der Dimension der „Baustelle Berufsvorsorge“ voll bewusst. Er wird sich weiterhin mit grossem Engagement für eine nachhaltige Altersvorsorge in der Schweiz einsetzen.

2.4 Personalentwicklung – neue Initiativen

Bei den bisher erwähnten Baustellen haben Parlament und Verwaltung das Sagen. Ich möchte in aller Kürze noch eine vierte Baustelle erwähnen, die langfristig von enormer Tragweite ist: die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden. Hier sind wir weitgehend frei, wie wir uns organisieren wollen, ob zum Beispiel der überbetrieblichen, also gesellschaftsübergreifenden Weiterbildung ein höherer Stellenwert beigemessen werden soll. Genau das hat der Verbandsvorstand nach intensiven, einjährigen Vorabklärungen im April dieses Jahres entschieden. Er hat eine Gesamtkonzeption verabschiedet und darin ein Bekenntnis abgelegt zur Aus- und Weiterbildung als Verbandsaufgabe, die durch eine eigenständige Berufsbildungsorganisation getragen wird.

In der Gesamtkonzeption gibt es drei zukunftsweisende Neuerungen: • die Zertifizierung der Versicherungsvermittler • die Einführung eines Fachzentrums Versicherungswissen • den Aufbau einer Managementschule für Führungskräfte der Assekuranz

Ziel all dieser Initiativen ist es, in unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen und auf mehreren Funktionsstufen die beruflichen Qualifikationen anzuheben. Wir halten die Personalentwicklung in diesem Sinn für unerlässlich, um die grossen und rasch sich wandelnden Herausforderungen an unsere Industrie meistern zu können.

Die Verantwortlichen für die Personalentwicklung unserer Mitgliedgesellschaften setzen grosse Hoffnungen in die neue bildungspolitische Strategie. Ich bin überzeugt, dass diese Hoffnungen gut begründet sind.

3. Ausblick

Was kommt auf uns – die Versicherungswirtschaft – in nächster Zeit zu?

Es braucht keine Hellseher-Eigenschaften, um einige Herausforderungen, Forderungen und Erwartungen als sicher oder mindestens als sehr wahrscheinlich aufzulisten:

• Wir werden weiterhin in einem gesättigten Markt ohne grossem Wachstumspotential leben; • Die Kunden werden (noch) preisbewusster und die Instrumente für Produktund Preisvergleiche entwickeln sich weiter (Presse, Internet, spezialisierte Anbieter); • Konsumenten werden mehr Transparenz verlangen. Gleichzeitig werden sie auch die Legitimität jeder Gewinnmarge hinterfragen; • Die Wettbewerbsbehörden werden akribisch nach reellen und vermeintlichen Einschränkungen des wirksamen Wettbewerbs suchen und konsequent mit Strafen eingreifen; • Politische Kreise und Organisationen werden versuchen, die Privatversicherung aus Bereichen, die an die Sozialversicherung angrenzen, zu verdrängen (BVG als aktuelles Beispiel);

• Die Aktionäre – darunter auch die institutionellen wie etwa die Pensionskassen – werden konsequent risikoadäquate Renditen verlangen; • Die Regulierung über Gesetze, Börsenbehörden, Rechnungslegungsorgane usw. wird formell und materiell noch dichter werden; • Die Polarisierung in der Politik, die Bereitschaft zur Polemik in den Medien und bei Opinion-Leaders wird weiter zunehmen.

Sind wir für die Herausforderungen gerüstet?

Betriebswirtschaftlich hat die Branche in letzter Zeit erhebliche Fortschritte gemacht.

• Das Risikobewusstsein ist in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen fest verankert und dem Risk Management kommt ein entsprechend hoher Stellenwert zu. • Die Gesellschaften haben sich auf wesentlich stringentere Strategien ausgerichtet. • Die Notwendigkeit, im technischen Geschäft insgesamt – und mittelfristig je Sparte – ein positives Ergebnis zu erzielen, ist unbestritten. • Die Branche ist daher in Produktgestaltung, Pricing und Zeichnungspolitik professioneller und konsequenter geworden. • Das gleiche gilt für das Prozess- und Kostenmanagement.

Zusammengefasst: die Betriebswirtschaft hat in den Versicherungsunternehmen wiederum die zentrale Bedeutung erlangt, die sie nie hätte verlieren sollen. Dies ist eine gute Grundlage für die Zukunft.

Als Optimist sage ich, dass wir die Talsohle in Bezug auf Image und Reputation durchschritten haben. Der Verband und die Gesellschaften haben viel Energie und Engagement in die Kommunikation investiert. Unzählige Kontakte und Diskussionen mit Behörden, politischen Gremien, Medien und anlässlich von öffentlichen Veranstaltungen haben eine gewisse Wirkung gezeigt. Es ist

unverkennbar, dass der Wissensstand über die Zusammenhänge – etwa im Bereiche der beruflichen Vorsorge – besser ist, was eine sachlichere Auseinandersetzung mit der Materie erlaubt.

Handkehrum bekommen wir weiterhin zu spüren, dass die Sorgen um die Solvenz der Branche, der beklagte Mangel an Transparenz, das Unverständnis für fehlgeschlagene Strategien und eine z.T. mangelhafte Corporate Governance ihre Spuren hinterlassen haben. Hier haben wir als Branche und als einzelne Unternehmen noch erheblichen Bedarf an Wiederaufbau des Goodwill, den die Branche aufgrund ihrer Bedeutung und der Qualität ihrer Dienstleistungen verdient.

Was ist zu tun?

Wir bleiben also gefordert. Der Verband wird weiterhin Präsenz markieren und sich mit grossem Engagement für eine nachhaltig gesunde Versicherungswirtschaft in der Schweiz einsetzen. Zu diesem Zwecke haben wir erste Anpassungen unserer Struktur und Organisation vorgenommen. Die regelmässigen Sitzungen des Vorstandsausschusses erlauben ein effizientes, zeitnahes Agieren und Reagieren, und die Bildung eines neuen Ausschusses Wirtschaft & Finanzen hat unsere fachliche Kompetenz und Fähigkeit markant erhöht.

Wir prüfen weitere Schritte. Wir wollen dabei die technischen Aktivitäten des Verbandes auf ihre Notwendigkeit und wettbewerbsmässige Unbedenklichkeit überprüfen und entsprechend redimensionieren. Hingegen wird die Durchschlagskraft des Verbandes im prioritären Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und der Kommunikation entscheidend verstärkt.

Im Bereich der beruflichen Vorsorge halten wir es für eine Verpflichtung, uns vernehmbar in die Debatte um ein langfristig ausgerichtetes und tragfähiges Vorsorgesystem einzubringen. Dazu initiieren wir einen Politikdialog. In

Diskussionen zwischen Vertretern der Privatassekuranz und der Sozialversicherer, der Wissenschaft und der Politik soll u.a. versucht werden, das Problembewusstsein zu schärfen und den Entscheidungsprozess zu versachlichen.

Als weitere Initiative prüfen wir die Möglichkeit, einen Konsumentendialog aufzunehmen. Es geht dabei darum, aus der traditionell defensiven Haltung heraus zu kommen und die Konsumentenfragen aktiv anzugehen. Im Dialog mit den Exponenten der Konsumentenorganisationen sind die gegenseitigen Bedürfnisse unvoreingenommen zu erörtern und zu konfrontieren.

Ich habe einige Aktionsbereiche für den Verband aufgezeigt. Der Verband ist aber nicht die Versicherungswirtschaft, und gefordert sind primär Sie, meine Damen und Herren Verantwortliche der Gesellschaften.

Ich wünsche mir, dass wieder mehr Kreativität in Produktgestaltung und Kundenorientierung gezeigt wird. Oder täusche ich mich, wenn ich glaube, dass Innovation in letzter Zeit anderen Prioritäten zum Opfer gefallen ist ...?

Ich bin überzeugt, dass wir als Branche noch erheblichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Kundenorientierung haben. Die Debatte um die diesbezüglichen Versäumnisse in der beruflichen Vorsorge sollte uns eigentlich wachgerüttelt haben. Hand aufs Herz, sind wir zuversichtlich, dass wir in einer neuen Auseinandersetzung über die Transparenz – etwa im Bereich der Einzellebenversicherung – obsiegen würden? Warum ergreifen wir nicht die Initiative? Weshalb braucht es Druck von Aussen? Weshalb nehmen die an die Ombudsstelle der Assekuranz gerichteten Fragen und Klagen zu? Weshalb muss Frau Ombundsman in ihrem letzten Bericht feststellen, dass sie in einem Streitfall um das Kündigungsrecht des Kunden die Regeln der Gesellschaft rechtlich nicht nachvollziehen kann?

Meine Damen und Herren, ein externer, neutraler Beobachter sagte mir kürzlich, dass er die Versicherungswirtschaft sachlich/technisch als kompetent betrachte, dass ihr hingegen die angemessene soziale und ethische Kompetenz fehle. Wohl nur eine subjektive Beurteilung, aber unsere Kunden sind eben subjektiv....

Ich freue mich, meine Damen und Herren, mit Ihnen zusammen am weiteren Fortschitt unserer Branche zu arbeiten.

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