60 JAHRE GROSS, ROTTENBURG UNTERNEHMENSGESCHICHTE

In den Reisebussen von Paul Groß konnten die Bürger aus Rottenburg und Umgebung Europa entdecken, hier steht ein MercedesBenz O 321 H in Paris am Louvre. Zur Ausstattung eines guten Reisebusses gehörte in den 1950er und 1960er Jahren die Dachrandverglasung, die den Passagieren einen ausgezeichneten Ausblick ermöglichte. Charakteristisch für die Groß-Reisebusse jener Zeit war die Dachgalerie, da die damals noch recht kleinen Unterflur-Kofferräume für das viele Gepäck der Fernreisenden oft nicht ausreichten. Fotos, soweit nicht anders gekennzeichnet: Archiv Groß

GROSS IST DIE WELT 60 JAHRE Im Dezember kann die Firma Groß in Rottenburg am Neckar ihr sechzigjähriges Bestehen feiern, denn es war im Dezember 1950, als sich Paul Groß selbstständig machte. Die Wurzeln des Unternehmens reichen jedoch noch etwas weiter zurück.

Aller Anfang ist schwer Bereits Anfang 1949 gründete Paul Groß gemeinsam mit seinem Vetter Clemens Albus, einem gelernten Metzgermeister, in Wurmlingen bei Rottenburg einen Omnibusbetrieb. Da sie nicht genügend Geld für ein fabrikneues Fahrzeug aufbringen konnten, erwarben die beiden für 15.000 DM einen Gebrauchtbus, einen gut zehn Jahre alten Büssing-NAG 350-O mit Recklinghausen-Aufbau. Dieser 27-sitzige Stromlinienbus hatte zwar vor

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ROTTENBURG dem Kauf eine Probefahrt am steilen Wurmlinger Kapellenberg ohne Beanstandungen absolviert, doch fiel er dafür in der Folge umso öfter aus. Immerhin war Paul Groß dank einer Mechanikerausbildung in der Lage, die meisten Fehler selbst zu beheben, doch lag er dazu fast ständig unter dem Bus. Zunächst boten die beiden Vettern Ausflüge in die nähere Umgebung sowie Fahrten in das Oberzentrum Stuttgart an. Rasch erkannten sie jedoch auch den Bedarf für eine Verbindung nach Sindelfingen, um die Arbeiter in das dortige Daimler-Werk zu bringen. Im September 1949 nahmen sie den Verkehr auf der Linie Rottenburg - Wendelsheim - Oberndorf - Poltringen - Reusten - Herrenberg - Böblingen - Sindelfingen auf. Hier war der

Bus wochentags im Einsatz, sonntags wurde er weiterhin für Ausflüge genutzt. Die Konzession für diese Relation tauschten sie dann per 29. März 1950 mit dem Burladinger Busunternehmen Karl Heinrich gegen dessen Linie Hailfingen - Seebronn - Rottenburg - Wendelsheim - Wurmlingen - Unterjesingen - Tübingen; diese bestand seit dem 25. Oktober 1948. Bereits im April 1950 änderten die beiden Vettern den Linienweg, anstatt über Unterjesingen fuhr man fortan über Hirschau nach Tübingen. Bereits kurz vor dem Linientausch hatten die Vettern Albus und GRoß am 2. Februar 1950 von Karl Heinrich für 5.000 DM einen gebrauchten Opel Blitz gekauft. Er war 1949 mit einem Mercedes Vierzylinder-Dieselmotor

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Vorläufer des eigenen Omnibusbetriebs von Paul Groß war das Gemeinschaftsunternehmen mit Clemens Albus. Die beiden Vettern kauften Anfang 1949 diesen Büssing-NAG 350-O mit Aufbau der Fahrzeugwerke Recklinghausen (Fa. Danz), der auf Grund seines stromlinienförmigen Aussehens den Spitznamen Zeppelin erhielt. Der etwa 1936 gebaute Bus war vor dem Krieg ursprünglich im Reichsbahn-Schnellverkehr auf den Autobahnen unterwegs und konnte dank der strömungsgünstigen Karosserie Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h und mehr erreichen. Als Albus und Groß den Wagen erwarben, war er aber schon ziemlich abgewirtschaftet und fiel häufig aus; die Kotflügel entsprachen nicht mehr der Originalform.

des Typ OM 65 ausgerüstet worden. Die ständigen Pannen des alten und vollkommen überbezahlten Büssing-NAG und der auch nicht optimale Zustand des Opel Blitz entnervten Clemens Albus schließlich so sehr, dass er sich aus dem Geschäft zurückzog.

Die Stunde Null Paul Groß dagegen wollte nicht aufgeben, erkannte aber auch, dass der Betrieb mit den störanfälligen alten Gebrauchtbussen keine Zukunft hatte - ein zuverlässiges Fahrzeug musste her! Da ihm jedoch das dazu erforderliche Geld fehlte, lieh er es sich bei seinen Verwandten. Am 6. Oktober 1950 war es dann endlich soweit, er konnte den ersten fabrikneuen Bus in Empfang nehmen. Das Fahrzeug kam

von Gottlob Auwärter in Möhringen, es basierte auf Mercedes-Benz O 3500. Am 3. Dezember 1950 machte sich Paul Groß dann mit seinem ersten eigenen Bus in Rottenburg auch formal selbstständig. Noch im selben Monat kaufte er bei Gottlob Auwärter einen zweiten Bus, einen gebrauchten Magirus-Deutz O 3000 vom Baujahr 1949, ebenfalls mit Auwärter-Aufbau. Einen Betriebshof oder gar eine Garage mit Grube konnte sich das junge Unternehmen nicht leisten, repariert wurde auf der Straße. Immerhin konnte man den Omnibus nachts an der eigenen Tankstelle in der Gartenstraße parken. Hier richtete man auch ein Reisebüro ein, das Pauls Frau Margarethe führte. Ihr unermüdlicher Ein-

satz trug maßgeblich dazu bei, dass der Betrieb sich etablieren und vergrößern konnte. Dabei musste sie sich “nebenher” auch noch um ihre vier Kinder kümmern. Das Ehepaar Groß bot Fahrten nach Stuttgart sowie Ausflüge an, betrieb aber auch weiterhin die Linie nach Tübingen. Im November 1951 band Groß Oberndorf an diese Relation an. Den Streckenabschnitt Hailfingen - Rottenburg gab man dafür an die Bundespost ab. In den Folgejahren verstärkten weitere Busse den Fuhrpark, zunächst wieder aus dem Hause Gottlob Auwärter. Bald kamen jedoch auch andere Hersteller zum Zuge. Die Liste der Fahrzeugzugänge der 1950er und 1960er Jahre liest sich fast wie ein

Der erste fabrikneue Omnibus des jungen Unternehmens war ein Mercedes-Benz O 3500 mit Aufbau von Gottlob Auwärter in Stuttgart-Möhringen. Dort holte Paul Groß das Fahrzeug am 6. Oktober 1950 ab und ließ bei dieser Gelegenheit gleich den Opel Blitz da, den er in Zahlung gab. Auch in den folgenden Jahren hielt Paul Groß Gottlob Auwärter die Treue und ließ seine neuen Busse stets bei ihm karossieren.

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Ebenfalls noch 1950 übernahm Paul Groß einen zweiten Omnibus mit Karosserie von Gottlob Auwärter, allerdings ein Gebrauchtfahrzeug vom Baujahr 1949. Das Chassis stammte diesmal von Magirus-Deutz. Es handelte sich um den Typ O 3000, bereits in der Ausführung mit luftgekühltem Motor.

Im Juni 1954 übernahm Paul Groß einen weiteren Bus mit Karosserie von Gottlob Auwärter, diesmal wieder auf Mercedes-Benz Chassis O 3500. Von dem 1950 gelieferten Wagen gleichen Typs unterschied er sich durch die üppigere Dachrandverglasung, die jetzt auch über den Türen und der Heckscheibe angeordnet wurde.

Who is Who des baden-württembergischen Omnibusbaus: Fahrgestelle von Magirus-Deutz aus Ulm und MercedesBenz aus Mannheim, dazu Karosserien von Gottlob Auwärter aus StuttgartMöhringen, Drögmöller aus Heilbronn, Friedrich Reutter aus Stuttgart-Feuerbach, Vetter aus Fellbach und nicht zuletzt auch eigene Aufbauten von Mercedes-Benz sowie selbsttragende Setra von Kässbohrer aus Ulm. Ein Ausreißer in Sachen “Ländle” war Margarethe Groß unterstützte ihren Mann tatkräftig beim Aufbau des Unternehmens. Hier sind die Eheleute Fastnacht 1955 mit den Söhnen Wolfgang und Roland - zweien ihrer insgesamt vier Kinder - zu sehen.

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Absolut unzufrieden war Paul Groß mit diesem 24-sitzigen Clubbus, den er im Februar 1954 bei Gottlob Auwärter abholte. Karossier und Kunde waren im Vorfeld zu dem Schluss gelangt, den Wagen auf das kürzere MB LastwagenChassis L 3500 aufzubauen, doch erwies sich dieses Fahrgestell im Hinblick auf Heizung, Federung und Wartung als ungeeignet. Daher gab Paul Groß den Bus bereits nach drei Monaten an Auwärter zurück und kaufte stattdessen einen normalen AuwärterReisebus auf MB O 3500.

lediglich ein MAN 750 HO-R 12 mit Göppel-Aufbau, der 1967 den Fuhrpark verstärkte, doch der Göppel-Sitz Augsburg gehört immerhin zum bayerischen Regierungsbezirk Schwaben.

Kritischer Kunde Bei den Auftragsbesprechungen brachte Paul Groß jeweils klare Vorstellungen über Anforderungsprofil und Funktionalität seiner zukünftigen Omnibusse ein. Nicht immer konnten die Lieferanten diese zu seiner Zufriedenheit erfüllen, wie am Beispiel eines 24sitzigen Clubbusses deutlich wird. Gemeinsam waren Gottlob Auwärter und Paul Groß im Herbst 1953 zu dem Schluss gekommen, dafür ein Lkw-Chassis vom Typ Mercedes-Benz L 3500 zu verwenden, da es einen kürzeren Radstand aufwies als das Busfahrgestell O 3500. Bereits wenige Wochen nach der Indienststellung im Februar 1954 beklagte sich Paul Groß bei Gottlob Auwärter jedoch heftig darüber, dass seine Forderungen nicht erfüllt worden seien. Die Federung sei schlecht, die Heizung bringe viel zu wenig, und die Wärmeisolierung des Fahrgastraums sei mangelhaft. Außerdem monierte er, dass die Verbindung vom Motor über die Spritzwand zur Karosserie dermaßen verbaut sei, dass ein Birnenwechsel am Instrumentenbrett praktisch unmöglich sei, ein Monteur habe nach zweieinhalb Stunden kapituliert. Eher als Petitesse mag man dagegen den Vorwurf betrachten, dass der Bus unschön aussehe, weil die Motorhau-

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be im Verhältnis zum Aufbau zu schmal sei. Die beiden Vertragsparteien einigten sich schließlich darauf, dass Paul Groß das ungeliebte Fahrzeug nach drei Monaten zurückgab und Auwärter ihm dafür gegen Zuzahlung einen normalen O 3500 baute. Clubbusse spielten stets eine wichtige Rolle in der Groß-Flotte, doch gerade auf diesem Gebiet konnten die Lösungen der Industrie den Ansprüchen des engagierten Busunternehmers nicht immer gerecht werden. So beklagte sich Paul Groß bei Mercedes-Benz über den technischen Rückschritt beim O 303, da bei seinem Zehnreiher vom Baujahr 1976 die Motorbremse weniger Wirkung aufwiese als bei den Vorgängerbaureihen O 302 und O 321. Der dadurch bedingte erhöhte Verschleiß der Trommelbremsen steigere nicht nur die Betriebskosten, sondern gefährde auch die Sicherheit. Eindringlich wies Paul Groß auf das Bremsfading bei langen Bergabfahrten und daraus resultierende Busunfälle früherer Jahre hin. Auch ein Neoplan Jetliner, den Paul Groß 1978 gekauft hatte, bereitete Anlass zu Kritik: “Albrecht Auwärter war an meinen Vater mit der Bitte herangetreten, dass sich sein Vater Gottlob riesig freuen würde, wenn Paul Groß als einer der ganz frühen Kunden zu seinem 75sten Geburtstag noch einmal einen Omnibus bei ihm kaufen würde”, erzählt Wolfgang Groß. Gesagt, getan, die Wahl fiel auf einen Neoplan Jetliner N 214, den Groß sogar schon ein halbes Jahr vor Gott-

lob Auwärters rundem Geburtstag am 6. Juni 1978 erwarb. Wolfgang Groß durfte den Bus im Dezember 1977 im Neoplan-Werk Pilsting abholen und erinnert sich noch gerne an den herzlichen Empfang durch Konrad Auwärter, der ihn zum Abendessen sogar zu sich nach Hause einlud. Weniger erfreulich waren allerdings die Erfahrungen mit dem Bus: Er blieb schon auf der Überführungsfahrt nach Rottenburg liegen und machte auch später seinem Besitzer wenig Freude, sodass er schließlich nach zweieinhalb Jahren verkauft wurde.

Aufbaujahre Doch kehren wir in die 1950er Jahre zurück. Der kleine Busbetrieb wuchs dank des unermüdlichen Einsatzes von Margarethe und Paul Groß allmählich, die Reiselust der Deutschen wollte schließlich gestillt werden. 1956 konnte man in der Mechthildstraße in Rottenburg ein Grundstück für einen Betriebshof erwerben. Hier entstand eine Halle mit Werkstatt samt Grube sowie vier Stellplätzen. Seinerzeit mockierten sich manche Kollegen über das “verschwenderische Bauen”, da jeder Stellplatz 13 Meter lang war. Auch wenn damals Reiseund Überlandbusse kaum mehr als 10 Meter maßen, kann eine solche Kritik wohl nur aus Schwaben kommen. Als dann aber in den 1960er Jahren die Busse allmählich immer länger wurden, zeigte sich der Weitblick von Paul Groß, denn in seine Halle passten auch 12-Meter-Fahrzeu-

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Vor dem Kloster von Mont Saint Michel präsentiert sich hier ein Die Nachfolge des MB O 321 trat der O 302 an, bezüglich der Vertreter der längeren Variante des Mercedes-Benz O 321, Kapazität waren es dessen kürzere Varianten. In den 1970er erkennbar an der zusätzlichen Seitenscheibe. Dieser O 321 H-L Jahren kaufte Paul Groß verschiedene Clubbusse bei der Heilwurde 1959 in Dienst gestellt. Ein Merkmal der Luxusversion sind bronner Edelschmiede Drögmöller. Dieser 9,70 Meter lange die verchromten Radläufe. Das auflackierte Rottenburger Stadt- Reisebus auf MB O 302-10 R stand von März 1971 bis Januar wappen dokumentiert die Heimatverbundenheit von Paul Groß. 1978 in den Diensten der Firma Groß.

ge - bei vielen anderen Busunternehmern nicht. 1960 ergänzte man dem Komplex in der Mechthildstraße noch um ein Wohnhaus samt Reisebüro. Dieses

besteht auch heute noch an gleicher Stelle. Hier erhalten die Rottenburger Bürger in zentraler Lage Informationen und Beratung zum ÖPNV-Angebot und

den Tarifen im Naldo sowie zu touristischen Angeboten aller Art. Ein wichtiges Marktsegment, das Margarethe und Paul Groß mit Erfolg

Ein weiterer Mercedes-Benz O 321 H ist hier im April 1964 in Assisi zu sehen. Der Wagen war von April 1963 bis März 1969 bei Paul Groß im Einsatz und legte in dieser Zeit mehr als 330.000 km auf Europas Straßen zurück, die im Durchschnitt damals bei weitem noch nicht so gut ausgebaut waren wie heute. Diese modernere Bauform des MB O 321 ist durch eine nun nach oben verlängerte Windschutzscheibe und das kantigere Heck gekennzeichnet, das weitgehend dem des Schwestermodells O 322 entspricht. Dank der größeren Unterflur-Gepäckräume erkennbar an den höheren Kofferklappen - ist eine Dachgalerie jetzt nicht mehr erforderlich.

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Das Fahrwerk des MB O 321 war auch bei den Karossiers als Basis für ihre Spezialaufbauten sehr beliebt. Die Firma Friedrich Reutter aus Stuttgart-Feuerbach lieferte diesen 35-Sitzer auf O 321 H, der von März 1965 bis März 1971 bei Paul Groß im Einsatz war. Der Reutter-Aufbau ähnelte schon stark dem des gleichen Herstellers auf dem Mercedes-Benz Nachfolgemodell O 302. Besonders modisch waren zu jener Zeit die nach vorne geneigten Fensterholme, diverse Karossiers verwendeten Anfang der 1960er Jahre dieses Stilmerkmal. Anlässlich des Betriebsausfluges des Bischöflichen Ordinariats in den Schwarzwald entstand im Mai 1966 diese Aufnahme in Titisee.

Clubbusse zählten stets zum Fuhrpark von Paul Groß, wobei er diverse Ausführungen ausprobierte. Mit 17 Sitzplätzen konnte der Mercedes-Benz Frontmotor-Typ O 319 D aufwarten, den Groß im Januar 1959 in Betrieb nahm. Die Fahrzeugseiten schmückte die berühmte Wurmlinger Kapelle.

Als Kontrastprogramm zu dem vom Transporter abgeleiteten MB O 319 D kann man den Setra S 6 bezeichnen. Er war eine eigenständige Busentwicklung mit Heckmotor und Einzelradaufhängung rundum. Die Aufnahme entstand beim Fastnachtsumzug 1963, Rautaburg ist die Dialektbezeichnung für Rottenburg. Ein klassischer Kombibus war der 1961 beschaffte MB O 317 mit Vetter-Aufbau. Der mit 14 Sitzreihen ausgestattete Wagen besaß Dachrandverglasung und eine Gepäckgalerie für den Reiseverkehr, aber auch eine Fahrtzielanzeige und eine Druckluft-Drehtür vorne. Da der Typ O 317 einen Unterflur-Mittelmotor aufwies, war dort kein Platz für Kofferräume, sodass der Dachgepäckträger erforderlich wurde.

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Als Nachfolger des MB/Vetter O 317 kam im Oktober 1967 ein MAN 750 HO-R 12 mit Aufbau des Augsburger Karossiers Göppel. Die 14 Sitzreihen waren auf Podesten angeordnet, um das Volumen der Unterflur-Gepäckräume zu vergrößern. Die Frischluftzufuhr für die Passagiere erfolgte über Luftkanäle mit Austrittsdüsen an jeder Sitzreihe.

für sich entdeckten, waren Skiausflüge. Daher gehörten Skikoffer in der Regel zur Ausstattung neuer Busse. Zu den Boomzeiten des Skiclub Rottenburg in den 1970er Jahren brachte man mit jeweils vier bis fünf Bussen die begeisterten Wintersportler auf die Schwäbische Alb. Neben der Touristik vernachlässigte man aber den Linienverkehr keineswegs. Ende der 1970er Jahre richtete Fa. Groß auf Wunsch der Stadt in Rottenburg einen Stadtverkehr ein. Diesen übernahm allerdings nach europaweiter Ausschreibung im Jahr 2001 die Firma Rübenacker, seit kurzem ist hier nach erneuter Ausschreibung das Rottenburger Busunternehmen Edel tätig. Auf der Stammstrecke nach Tübingen kamen ab den 1970er Jahren anstelle der früher üblichen Kombibusse verstärkt reine Überland-Linienbusse zum Einsatz, zuerst Setra S 140 ES sowie Mercedes-Benz O 305 und O 307. Das steigende Fahrgastaufkommen - vor allem durch die Schülerbeförderung - führte in denn Jahren 1981 und 1982 sogar zur Beschaffung der zwei ersten Gelenkbusse. Bei den Reisebussen dominierte ab den 1970er Jahren die Marke

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Fuhrparkparade vor der Garage in der Mechthildstraße gegen Ende der 1960er Jahre; von links nach rechts sind zu sehen: ein MB/Vetter L 608D; der MB/Reutter O 321 H; zwei Mercedes-Benz O 302; der MAN/Göppel 750 HO-R 12; ein Setra S 150

Setra, da die Produkte der Ulmer Edelschmiede bereits frühzeitig durchgehende Kofferräume aufwiesen.

Die zweite Generation Um den Betrieb auch gesellschaftsrechtlich fit für die Zukunft zu machen, wandelte Paul Groß die Einzelfirma 1980 in die Omnibus Groß GmbH um. 1984 übernahm sein Sohn Wolfgang dann die Unternehmensleitung und gleichzeitig auch die Geschäftsanteile seines Vaters; im selben Jahr heirateten Claudia und Wolfgang Groß. Vier Jahre später

übertrug Margarethe Groß ihre Firmenanteile dann auf ihre Schwiegertochter Claudia. Eine der ersten Zukunftsentscheidungen des neuen Firmenchefs war der Bau eines neuen Betriebshofs in der Röntgenstraße. Die alten Anlagen an der Mechthildstraße im Stadtzentrum reichten bei weitem nicht mehr aus, eine Erweiterung lehnte die Gemeinde mit Verweis auf die umliegende Wohnbebauung ab. Heute ist Wolfgang Groß froh, dass man rechtzeitig den Schritt in das Rottenburger Gewerbegebiet gemacht hat.

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Deutlich weniger Einsatzjahre erreichte der im Juli 1976 in Betrieb genommene Drögmöller Clubbus auf dem MercedesBenz Nachfolgemodell O 303, hier in der Ausführung O 303-10 R. Weil er mit der Wirkung der Bremsen und insbesondere der Motorbremse äußerst unzufrieden war und sich keine Verbesserung erreichen ließ, verkaufte Paul Groß den Wagen bereits im März 1979 wieder. Der Bus ist hier in Berlin an der Mauer im Bereich des Potsdamer Platzes zu sehen.

Das neue Depot wurde 1987 eingeweiht und 1996 um vier Stellplätze erweitert. In der Halle misst jeder Strang 25 Meter, sodass zwei Solowagen hintereinander passen. Die alte Halle an der Mechthildstraße wurde in eine Künstlerwerkstatt umfunktioniert.

Neue Chancen nutzen Die Verlängerung der Stuttgarter SBahn bis Herrenberg war in den 1990er Jahren die Initialzündung zur Schaffung einer Direktverbindung von Rottenburg nach Herrenberg. Man hoffte, damit neue Fahrgäste zu gewinnen, da nun mit nur einem Umsteigen wichtige Punkte in der

Stuttgarter Innenstadt erreichbar waren. Gemeinsam mit den Firmen Rübenacker und RAB (DB Zug-Bus AlbBodensee) richtete Groß ab 24.09.1994 neue neue Linie ein, die von Rottenburg abwechselnd über Seebronn - Hailfingen oder über Reusten nach Herrenberg führte. Trotz eines guten Fahrplanangebots blieben die Fahrgastzahlen aber weit hinter den Erwartungen zurück, berichtet Wolfgang Groß, die Relation habe ein erhebliches Defizit erwirtschaftet. Eine Veränderung ergab sich zwangsläufig durch die Reaktivierung der Ammertalbahn Tübingen - Herrenberg: Zur Vermeidung von Parallelver-

kehren zur Schiene musste man die Buslinie zum nächstgelegenen Bahnhof zurücknehmen. Es war Altingen, ein Ortsteil von Ammerbuch. Allerdings zeigte sich rasch, dass die Fahrgäste die neue Verbindung noch weniger annahmen. Das zweimalige Umsteigen und die damit verbundenen Unwägbarkeiten schreckte die meisten ab. Daraufhin haben die drei Konzessionsinhaber ihre Gemeinschaftslinie 7632 auf den Schülerverkehr ausgerichtet, sie verkehrt nunmehr auf der Strecke Altingen - Reusten - Poltringen - Pfäffingen - Oberndorf -Rottenburg. Morgens, mittags und nachmittags werden je zwei Fahrtenpaare angeboten. Wesentlich schneller und mehr Erfolg brachte eine Verlängerung der Groß-Stammlinie in Tübingen: 1996 wurde sie von ihrem angestammten Endpunkt Hauptbahnhof aus über Kliniken nach Hagelloch verlängert. Mit der bis heute aktuellen Führung Hagelloch - Kliniken - Tübingen Hbf - Hirschau Wurmlingen - Rottenburg - Oberndorf Poltringen erhielt sie die neue Nummer 18 nach dem Linienschema des Stadtverkehr Tübingen. Nun haben die Bewohner der Vororte nördlich des Neckars eine umsteigefreie Verbindung zu wichtigen Punkten in Tübingen, was

In Rom vor dem Petersdom steht hier im Jahr 1979 der Neoplan Jetliner N 214 von Paul Groß zufällig hinter einem Neoplan Cityliner der Firma Welter, der praktisch dieselbe Lackierung aufweist, obwohl beide Unternehmen nichts miteinander zu tun hatten.

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sehr gut angenommen wird. Angesichts der konsequenten Kundenorientierung bei der Omnibus Groß GmbH versteht es sich von selbst, dass man beim Nahverkehrsverbund Neckar-Alb-Donau (Naldo) von Anfang an mit dabei war. Der Naldo wurde 2002 ins Leben gerufen und deckt die Kreise Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und ZollernAlb ab. Weiterhin bestehen Kooperationen mit angrenzenden Landkreisen wie z.B. Freudenstadt, Böblingen u.a.

Gut aufgestellt Schon seit einigen Jahren tragen sämtliche Groß-Busse den Stern als Markenzeichen. Für den Linienverkehr stehen heute ein Mercedes-Benz O 405 N, sechs Citaro, ein O 405 GN, drei Citaro G und ein Capacity bereit. In Kürze soll ein weiterer Citaro G den O 405 N ersetzen. Hinzu kommen ein Sprinter für spezielle Schulbusfahrten sowie ein Travego in Vier-Sterne-Ausstattung für die Touristik. Bei Bedarf können selbstverständlich jederzeit weitere Reisebusse angemietet werden.

Der Mercedes-Benz O 303 war in verschiedenen Ausführungen bei Groß vertreten. TÜ-PM 14 war ein O 303-15 RHH vom Baujahr 1978, der in dreieinhalb Einsatzjahren rund 250.000 km absolvierte. Zu seiner Komfortausstattung gehörte u.a. eine Toilette.

Zu den ersten reinen Linienbussen gehörten Ende der 1970er Jahre zwei Setra S 140 ES. TÜ-PM 54 wurde 1979 in Dienst gestellt. Foto: Hans-Dieter Zeutschel

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Für das Wohl der Kunden engagieren sich im Jubiläumsjahr neben dem Besitzer-Ehepaar elf fest angestellte Busfahrer und etwa gleich viele Aushilfsfahrer, drei Reinigungskräfte für die Busse, ein Werkstattmitarbeiter für Wartung und Pflege sowie drei Büroangestellte. Dieses motivierte Team ist der Garant dafür, dass auch in Zukunft bei der Omnibus Groß GmbH Qualität und Service groß geschrieben werden. DH

Als Allrounder für Linien- und Ausflugsverkehr beschaffte Groß 1990 diesen MB O 303-15 KHP-L mit breiter Mitteltür. Er wurde bereits 1995 wieder verkauft. Schon seit etlichen Jahren befinden sich solche Kombibusse nicht mehr im GroßFuhrpark, da man zu der Überzeugung gelangt ist, dass reinrassige Linienbusse den Bedürfnissen der Fahrgästen wesentlich besser entsprechen.

Auch Mercedes-Benz Standardbusse der ersten Generation befanden sich in der Groß-Flotte, sowohl O 305 als auch O 307. Zumeist kamen sie fabrikneu oder allenfalls als wenige Monate alte Vorführwagen. Eine Ausnahme bildete lediglich TÜ-W 315, ein O 305 vom Baujahr 1971. Er wurde 1984 zur kurzfristigen Überbrückung eines Fahrzeugengpasses von den Kreiswerken Heinsberg gekauft. Dort hatte er die Betriebsnummer 64 getragen. Foto: Hans-Dieter Zeutschel

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Als ersten Gelenkbus nahm Fa. Groß im Juli 1981 einen Mercedes-Benz O 305 G in Betrieb, zu jener Zeit der mit Abstand modernste Vertreter seiner Gattung. Foto: Hans-Dieter Zeutschel

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Reisebusse der Ulmer Premium-Marke Setra prägten etliche Jahre das Bild der Groß-Touristikflotte. Hier ist ein Setra S 215 HDI (TÜ-PM 120) im Mai 1995 in der Toscana zu sehen.

Vorgänger des heute im Fuhrpark befindlichen Reisebusses vom Typ MB Travego war dieser Mercedes-Benz O 404-15 RHD vom Jahrgang 2000. Er gehörte zur Classic Edition, einer Ausstattungslinie, mit der gegen Ende der Produktion des O 404 dessen Absatz noch einmal angekurbelt werden sollte. Foto: Georg Steffens

1993 kaufte Firma Groß letztmals neue Hochboden-Linienbusse, danach stieg man auf die fahrgastfreundliche Niederflurbauweise um. Der Mercedes-Benz O 405 mit der Zulassung TÜ-PM 33 war seinerzeit der letzte neugekaufte Hochbodenbus. Seit seiner Ausmusterung im Jahr 1999 werden die Linien komplett mit Niederflurfahrzeugen bedient. Foto: Hans-Dieter Zeutschel

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Wenn in diesem Herbst der letzte Mercedes-Benz O 405 N gegen einen Citaro G ausgetauscht ist, ist die erste Niederflurgeneration bei Groß nur noch mit einem Gelenkbus vertreten. Die Aufnahme zeigt TÜ-PM 2000 im Mai 2009 im Einsatz auf Linie 18. Foto: Kirsten Krämer

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