Ghetto - Wie oder wo entsteht ein solches?

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Ghetto - Wie oder wo entsteht ein solches?

Gedankliche Einwürfe in einen nicht ungefährlichen Streit

Nicht nur die Diskussion um die Wangener Asylsucher und Flüchtlinge sondern die Grundsatz-Debatte um 'gebaute Ghettos' stört mich aus

verschiedenen Gründen. Das Gerede um 'gebaute Ghettos' halte ich überhaupt für fraglich. Denn dabei wird ein Begriff benutzt, ohne diesen davor einmal überdacht zu haben.

Entsprechend rührt es mich schon seit einiger Zeit, sachlich in die 'Ghetto-Diskussionen' einzugreifen. Ich halte es für verkehrt und auch falsch gehend, ohne Erklärung und -definition über bestimmte Begriffe zu diskutieren. Das gilt für

„Ghetto“ besonders, da wir vieles damit verbinden. Allerdings führt das nicht in die gleichen Richtungen, da wir teil snicht wissen, was Ghetto bedeutet. Meine nachstehenden Überlegungen dazu gliedere ich dabei wie folgt: 1. Ghetto – Begriffserklärung

2. Ein Ghetto entsteht zuerst im Kopf.

3. Ghettos können auch gebaut werden. 4. Stadtsoziologie und Segregation

Kurz zu meiner Person:

Jahrgang 1966, Architekt und Planer in Wangen.

Beschäftigung mit Stadt und deren Entwicklung habe ich seit etwa 2009 stark in-

tensiviert. Erfahrungen und Einsichten in Richtung sozial benachteiligter Quartiere gewann ich vor allem in München und Wangen. Am Rande gilt das auch für

Amsterdam, Rotterdam, Prag, Chicago, Kairo, Luxor, Assuan, wo bei Exkursionen der soziale Aspekt eben dazu gehörte.

Verschiedene Schriften stehen zur Veröffentlichung (Druck) an, sind in weniger ausgearbeiteter Form auf www.planwerkstatt66.de als pdf-Dateien abrufbar.

Ein Ghetto entstehht im Kopf - Seite 1

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Ghetto – was ist das?

Schnell und viel zu schnell hat manch engagierter Bürger [oder Gutmensch] den Begriff Ghetto parat. Es wird vor der Entstehung eines solchen gewarnt, die Vermeidung des selbigen gefordert. Nur, was ein Ghetto ist, das scheint in den ganzen Diskussionen niemand so recht überlegt zu haben.

Um sogleich mit einem weit verbreiteten Irrtum aufzuräumen: Ghetto hat als Begriff keine ethnischen oder religiösen Urgründe. Als Bereich innerhalb der Stadt

Venedig waren dort ursprünglich die Kanonengießer [ghettare = gießen] angesiedelt. Auch Gründen des Brandschutzes war das ghetto mit einer Mauer umgeben worden. Auf Veranlassung des Dogen von Venedig wurde 1516 das ghetto novo [im Stadtteil Cannaregio] den jüdischen Bürgern zugewiesen. Die mediterran bedeutende Handelsmacht schuf so den letzten großen Exportartikel ihrer

Geschichte: den Begriff ghetto. In Folge war es logisch, dass die Viertel mit aus-

gesonderter – soweit nicht nicht vertriebener – vor allem jüdischen Anwohnerschaft den Begriff erbten.

Unter der braunen Terrorherrschaft erlangte der Begriff seinen heute noch abstoßenden Charakter als Viertel ausgesonderter Bevölkerungsgruppen, als Ort übelster Verhältnisse. Allen voran das Warschauer Ghetto wurde Sinn-bildend.

Ghetto und Warschau sind spätestens seit dem Aufstand und der letztlich Ausrottung der Juden dort Synonyme.

Das übersehen wir in der unreflektierten Nutzung unserer Sprache, wenn wir das Wort Ghetto benutzen. Wir meinen damit etwas nicht genau zu definierendes. Es

ist ein banales Schlagwort in der Stadtplanungs- und -entwicklungsdebatte geworden. Ghetto ist heute in unserem Sinne fast verharmlosend, steht für eine

städtische Stufe überhalb von Slum - Elendsviertel, ist heute Synonym für einen sozialen Brennpunkt. Ich halte das für völlig verfehlt.

Egal aber, was mit „Ghetto“ umschrieben werden soll, es passt nicht auf Verhältnisse in deutschen Städten. Wir können die Verhältnisse in den Elendsquartieren in Kalkutta oder Rio oder Bombay in keiner Weise nachvollziehen. Das gilt im gleichen Sinn für die Ghettos der Nazis vor 80 Jahren. Wir nutzen den Begriff, ohne ihn zu verstehen.

Ein Ghetto entstehht im Kopf - Seite 2

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Ein Ghetto entsteht zuerst im Kopf...

...es wird nicht gebaut. Überspitzt trifft das auch auf das Ur-Ghetto in Venedig zu. Dort wurden wie schon geschildert 1516 die Juden zur Ansiedlung im ummauerten Kanonengießer-Viertel - dem Ghetto - gezwungen. Gebaut war es da schon.

Woran ich mich einerseits störe, sind nachmalige Feststellungen, dass da und

dort „damals regelrechte Ghettos gebaut“ worden seien. Gemeint sind dabei

meist Groß-Siedlungen wie die Gropius-Stadt in Berlin, Neuperlach in München etc - Massenquartiere aus Stahlbeton. Doch diese modernen Siedlungen, die

sich negativ in Richtung sozialen Brennpunkt entwickelt haben oder sich dazu zu

entwickeln drohen [Messestadt Riem], folgten den aktuellen städtebaulichen Paradigmen der Nachkriegszeit, welche auf den Ideen und Plänen der Moderne beruhen und damit auf vor allem Corbusier zurück gehen. Seine Vorstellung von

Stadt fusste auf den negativen Erfahrungen des 19. Jahrhunderts und den Ideen der Utopisten wie Antonio Sant'Ellia. Sie suchten Auswege aus den Nöten der

Städte, die damals vielfach einer Ansammlung von Elendsquartieren weitaus näher waren als heute – auch Dank der damals entwickelten Ideen.

Jede Epoche seit der Niederlegung der alten Stadtmauern und dem Beginn der

Stadterweiterungen im 19. Jahrhundert entwickelte dabei Überlegungen zum Siedlungsbau. Der Zuzug von Menschen in die Städte als nun auch industriellen Zentren stellte eine enorme Herausforderung dar.

Anfangs ging dieser erste Schritt baulich fast direkt von der alten Stadt aus. Erst mit der Zeit erkannte man Schwächen und Stärken und erarbeitete Generation

um Generation neue Standards bis hin zu den Überlegungen der Moderne. So versuchte auch sie, die Zuzugsprobleme mit Massenquartieren zu lösen – mit immer wieder neuen Ansätzen bis heute.

Brennpunkte oder „Ghettos“ wollte nie einer bauen, zumal vieles, was die Soziologen heute wissen, auf den Erfahrungen aus eben den Zeiten ideal gedachter

Bauten der Klassischen Moderne aufbauen. Auch meine eher geringfügige Aus-

bildung im Bereich Städtebau [plus eigene Studien] waren zuerst der Nachkriegsmoderne geschuldet. Fehlende soziologische Schulung bemängelte ich schon im zweiten Semester ohne Erfolg. Inzwischen konnte ich dahin gehend vieles auf- und nachholen.

Man muss sich aber auch einmal die Entwicklung der Stadt vor Augen halten

Ein Ghetto entstehht im Kopf - Seite 3

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und das Urbild ihrer mittelalterlichen Form in den Fokus rücken: Schmiedstraße,

Braugasse, Postplatz, Schrannenplatz, Herrenstraße, Glockengießerstraße,

Gerbergasse, Türkenstraße, Webergasse, Judengasse etc… Man suchte immer schon gerne seines gleichen, organisierte sich nach den Notwendigkeiten. Was in der mittelalterlichen Stadt die verschiedenen Zunftviertel plus Armenquartiere

darstellten, finden wir heute vor allem in den sozial aufgeteilten Quartieren unserer Städte. Allerdings hat die uns heute bekannte räumliche Trennung von Wohnen, Arbeit und Versorgung vieles vergessen lassen, was die alte Stadt einst

prägte. Das Ideal der modernen Stadt Stadt sah aber eben diese Trennungen vor.

Ein Beispiel moderner Ideen zum Städtebau ziehe ich hier heran: die Idee sozial

integrierend und Generationen-übergreifend zu bauen. Das macht sich seit über 30 Jahren toll und wird gerne auch von Städteplanern propagiert. Regional gab

es in Isny das Vorhaben einer Mehrgenerationen-Siedlung. So weit ich weiß

scheiterte dies am Zwang, eine Oma oder einen Opa in die Wohnung zu nehmen, um bleiben zu dürfen. Kaum eine Wohngemeinschaft hält über das Ende

sozialer Gleichheit als meinetwegen Studenten hinaus. Was wurde aus der Berliner 'Kommune 1'?

Es ist keine einfache Sache, Menschen verschiedenster Abstammungen, Bildungshorizonte und sozialer Prägung unter einem Dach zusammen zu bekommen. Wer das verneint, muss wie ich für mehrere Jahre in einem explizit FußballVerein mitwirken. Er oder sie wird das Thema 'Integration' danach mit anderen

Augen sehen. Denn dort funktioniert es auch nur über gewisse Zeitspannen.

Was das Miteinander verschiedener sozialer und schulisch verschiedener Gruppen anbetrifft, kann ich nur meine Erfahrungen aus dem Wehrdienst anführen.

Abiturienten blieben vom Rest meist mißtrauisch beäugt, weil anderes gewollt

war: Unterordnung und fraglose Akzeptanz eines [für mich] hirnrissigen Systems.

Das nun auf 'Stadt' übertragen bedeutet nicht viel weniger als, dass – –

ethnische und religiöse Gruppen die Nähe zu sich selber suchen.

sozial unterschiedliche Gruppen wenn überhaupt nur nach unten Kontakt anstreben.

– –

Bildungsstufen und Intelligenzen einander suchen.

Alt und Jung ebenfalls nur bedingt kompatibel sind.

Ein Ghetto entstehht im Kopf - Seite 4

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Raucher und Nichtraucher sich auch trennen.

Solche Trennungen haben im Bereich der Stadtentwicklung und -planung den

schönen Namen Segregation. Trotz aller schönen Worte und Erklärungen von

Stadtplanern, Politikern und stets wohl meinenden Gutmenschen ist diese Abgrenzung verschiedener, sich wie auch immer ab- und ausgrenzender Bevölkerungsteile nicht zu verhindern. Das Wehklagen der Gutmenschen höre ich hier

bereits. Doch die Soziologen Häußermann und Siebel haben eben dies in ihrem grundlegenden Werk zur Stadtsoziologie1 ebenso bestätigt.

Gleich und gleich gesellt sich eben gern. Das heißt im Umkehrschluss, dass ein „Ghetto“ nicht gebaut wird. Seine Entstehung, vielmehr die eines benachteiligten

Quartiers hängt an den vielfältigen Taktungen der Menschen, also an Status, Willen und somit geistigen Streben.

Allerdings erfolgen Anstrengungen gegen solche Entwicklungen meist von oben nach unten – und scheitern am Unwillen derer, welche halt doch bevorzugt unter sich bleiben wollen.

Das bauliche Drumherum mag schon auch dafür sorgen, dass Mensch sich von anderen Menschen absondert. Das geschieht in vielen Siedlungen mit wenig

schönen öffentlichen Räumen, aber auch in Wohngebieten mit all den Hecken,

Steinwällen und -pfosten, Zäunen und Gartentüren. In letzteren aber würde derlei Abgrenzungen niemand als Segregation und Beginn einer Ghettoisierung sehen. Dort heißt das dann 'Privatsphäre'. Den Unterschied zum „Ghetto“ macht

das Gartengrundstück drum herum aus und die Unwissenheit bezüglich eines Begriffs.

1

Häußermann-Siebel: Stadtsoziologie – eine Einführung, Campus

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Ghettos können auch gebaut werden… … wenn teuer genug gebaut wird.

Immer öfter hört man von 'Reichen-Ghettos'. Das sind Quartiere, in welchen eine Wohnung, ein Haus in die Kategorie „Luxus-Anschaffung“ fallen, so wie früher der Ferrari oder dicke Porsche vor dem Haus. Eventuell hat das teuer erworbene

Eigenheim gar eine Sicherheitsschleuse mit Wachmann. Man kann es sich ja leisten, sich vom Rest der Bevölkerung abzugrenzen.

Darunter leiden inzwischen viel Großstädte, wo in Luxus-sanierten Vierteln kaum

mehr Einheimische leben, ft Zugereiste sich am „Kiez“ zwar laben, aber nichts zu ihm beitragen. Oder man genießt die Luxusunterkunft inmitten der Stadt, um aber über Monate nicht dort sondern anderswo zu residieren. Auch die alten

Städte wussten um Viertel der Reiche und Mächtigen – innerhalb der Mauern.

Wir gehen teils einen Schritt weiter, weil die alte Stadt und gerade ihre Erweiterungsringe massivst für neue, reiche meist Zugereiste 'saniert' werden.

Stadtbereiche mit solcher Nutzung sind die schon genannten Reichen-Ghettos,

also Viertel und Quartiere nur für Geldige, Oligarchen ohne Sinn für Sein und

Entwicklung von Stadt. Sie wollen nur teilhaben aber nicht teilnehmen. Sie grenzen sich aus und ab. Deren Stadtquartiere sind umgebaute Ghettos. Denn diesen muss all das zugesagt werden, was im neueren Denken mit 'Ghetto' verbunden wird: ein sozial oder ethnisch abgegrenztes Quartier mit schlimmen weil leb-

losen Zuständen. Nur dass in diesem Falle die hohen Kaufpreise oder auch Mieten als ab- oder eingrenzend anzusetzen sind.

Eine Form dieser Reichen-Ghettos heißt gated community und bedeutet ein Wohnquartier mit Zäunen und Einlass-Kontrolle. Das erscheint mir als gebauter Zynismus im Quadrat. Kontrollierte, im Einlass beschränkte Stadtviertel waren

im 20. Jahrhundert u.a. das Prager und das Warschauer Ghetto, jene in Lodz

oder Mins, wie auch später die hometowns von Soweto, Johannesburg oder Kapstadt. Ich meine, das ist eine tolle Liste von Vorgängern, auf welche 'Ghetto' besser passt.

Unsere wirklich wohlhabenden Mitbürger kaufen sich in die für sie neu geschaffenen Luxusquartiere ein – freiwillig.

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Stadtsoziologie und Segregation

In der Stadt findet immer eine Aus-, Ab- und Eingrenzung statt. Das ist

normal, das ist vor allem menschlich. Anders herum gesagt: Stadt als

Schmelztiegel war immer schon eine Scheideanstalt für Ethnien, Religionen, Gewerke, arm und reich. In ihr entwickelten sich Adels-, Geldund Volksherrschaft.

In gewisser Weise verhält sich der Mensch durchaus noch nach tierischen Mustern. Er hat sie allerdings verfeinert, abgewandelt und auch teils durch neue

Muster ergänzt. Vor allem hat er durch die Entwicklung der Stadt sich selbst weiter entwickelt, urbanisiert und dort stärker als im ländlichen Bereich abzugrenzen begonnen. Wo in der vorstädtischen und der ländlichen Gesellschaft vieles noch

bis vor hundert Jahren in der Gruppe [Sippe, Stamm] oder Dorfgemeinschaft zusammen be- und erarbeitet wurde, begann vor vier- oder fünftausend Jahren die Spezialisierung, welche in eine proto-industrielle Form der Fertigung mündete.

Das bedingte die Zusammenfassung verschiedener Berufsgruppen in entsprechenden Vierteln oder Straßen und überwand urtypische Beziehungsmuster.

Zugleich sorgte der Erfolg der Stadt zu Zuwanderung und auch Entwicklung der

uns noch geläufigen gesellschaftlichen Strukturen mit Machthabern, Machtgehilfen, Händlern, Handwerk, Gelegenheits-Arbeitern und eben 'Sozial-Hilflern'. Segregation war da ein normaler Zustand, da 'Stadt' sehr schnell neue Hierarchien

entwickelte. Zugleich aber suchte kaum ein Taglöhner oder einfacher Handwerker den Anschluss an die Bürgerschaft einer Stadt. Ganz eindeutig ist das festzumachen an den religiösen Gemeinschaften schon in der Antike, die sich meist in eigenen Vierteln zusammen fanden.

Die sich entwickelnden gesellschaftlichen Ebenen waren und sind dem tierischen Erbe der Menschen nicht all zu weit entfernt. Man sucht durchaus seines

gleichen, auch wenn man nach oben strebt. Das heißt, soziale, religiöse, ethnische, monetäre und weitere Formen von Segregation sind ein normaler Vorgang

innerhalb der 'Stadt'. Ich verweise hier auf ein Lehrbuch „Stadtsoziologie – eine Einführung“ – Häußermann/Siebel 2004 Campus.

Genau hier liegt eine Schnittstelle zwischen grandiosen Ideen von Planern und

der Erfahrung der [Stadt-] Soziologen. Planer, zu denen ich mich auch zähle, sehen ein Bild, das sein und werden soll. Die Stadtsoziologen erklären dann, was

warum nicht funktioniert. Wenig glücklich ist dabei die nur teils erfolgte Berück-

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sichtigung der Erfahrungen der Gesellschaftsforscher. Diese stellten fest, dass eine Sozialisierung von oben nach erfolgt. Ein Beispiel dafür ist die Messestadt Riem, die sich zu einem neuen Brennpunkt in München zu entwickeln droht, weil

die dort zusammen gemixten Ethnien, Religionen und und und durchaus kein Interesse an Sozialisierung haben.

Das ist dabei weder überraschend, noch neu – es ist zu beobachtende Entwicklung in einer Stadt. Die Städteplaner mögen überrascht sein. Wer aber 'Stadt'

beobachtet, erforscht, ihre Entwicklung über 6000 Jahre zu erfahren versucht

und ihre Zukunft durchdenken will, wird selber feststellen, dass die Ebenen städtischer Gesellschaft sich von selber herausbilden und das immer wieder aufs neue. Denn Stadt entwickelt sich weiter. Der Mensch hingegen kommt nicht so recht aus seinen archaischen Formen des Zusammensein heraus. Nur Art und Form des Tuns haben neuen Schliff erfahren.

Es wird dabei immer Unterschiede in einer Gesellschaft geben. Wenn ich das

sage, stütze mich mich auf 6000 Jahre Stadt- und viele hunderttausend Jahre

mehr der Menschheitsentwicklung. Ganz kann sich der Mensch nicht von dem

ihm in die Gene gelegten Urformen des Verhaltens nicht lösen. Die Unterscheidungen innerhalb von Sippe, Gruppe, Stamm und Gesellschaft benenne ich wie folgt: – – – – – – – – – – –

Jene, welche nichts können.

Jene, welche nicht bildungsfähig sind. Jene, welche lernfähig sind.

Jene, die organisieren können.

Jene, die Aufgaben deligieren können.

Jene, denen natürliche Autorität eigen ist. Jene, die sich nur über Geld definieren.

Jene, welche Gewalt als nötig ansehen.

Jene, denen dank einfachen Gemüts vieles eingetrichtert werden kann. Jene, welchen der anders gläubige Nachbar stört.

Jene, denen der ethnische Hintergrund des Nachbar ein Arg ist.

Das ist eine Liste, nach der sich Stadt durchaus seit ihrer 'Erfindung' aufteilt. Heute heißt das Segregation. Die Mauer im Kopf ist wesentlich schlimmer!

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Schlussbemerkung

Wir sind heute schnell bei der Hand, aus unserer sehr freien wie auch wohlhabenden Situation heraus zu bewerten und zu urteilen. Eine gewisse Überheblichkeit wohnt dem inne. Daher finde ich es als ein Übel, dass im Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterkunft im Spinnereigelände sofort von Ghetto und Co geredet wird. Ich kann diese Argumentation nicht nachvollziehen, da eine

Notunterkunft so sofort schlecht geredet wird. Wir wissen weder um die Not dieser Menschen in ihrer Heimat. Wir sehen nur die für uns unvorstellbaren Verhältnisse in vorläufigen Notunterkünften.

Was geschieht denn in den Hallen der Erba? Es werden Unterkünfte für Menschen geschaffen, die aus ihren Heimatländern geflohen sind, weil sie glaubten

in Europa, in Deutschland Zuflucht und Sicherheit samt einer Zukunft zu finden.

Solidarität, das Miteinander sind Punkte, die 'Stadt' und damit den Umgang mit den Fremden antreiben müssen.

Ghetto? Nie und nimmer, es ist eine Notunterkunft!

Alleine die Diskussion um die Notunterkunft Erba zeigt deutlichst auf, wie unbedacht wir mit Begriffen hantieren oder populistisch überziehen. Doch egal nun wie man den Begriff handhabt: ein Ghetto entsteht zuerst im Kopf, weil die Ausund Abgrenzung von und gegenüber anderen dort beginnt!

Wangen im Allgäu 11.09.2015

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