Gesundheit in der Einen Welt

Gesundheit in der Einen Welt Difäm Heft II / 2013 Im Fokus: Fortschritte in der Kindergesundheit S. 3 S. 9 S. 11 Trotz Erfolgen Gesunde Mütter –...
Author: Clara Bachmeier
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Gesundheit in der Einen Welt Difäm Heft II / 2013

Im Fokus: Fortschritte in der Kindergesundheit

S. 3

S. 9

S. 11

Trotz Erfolgen

Gesunde Mütter –

aus eigener Herstellung

keine Entwarnung

gesunde Kinder

Salben und Cremes

Noch immer sterben viele Kinder an leicht behandelbaren Krankheiten.

Frauen in der DR Kongo lernen, worauf es bei guter Ernährung ankommt.

Eine Tübinger Dermatologin zeigt Kollegen in Kamerun, wie sie selbst Salben und Cremes anrühren können.

Inhalt / Im Fokus

April 2013 Schwerpunkt: Kindergesundheit

Liebe Leserin, lieber Leser,

im fokus

» Siehe, Kinder sind eine Gabe des Herrn «, heißt es in den Psalmen. Jesus setzt noch etwas hinzu und sagt: »Das Reich Gottes soll den Kindern gehören. « Kinder stehen unter dem besonderen Schutz und Segen unseres Gottes. In unserer Arbeit im Gesundheitsbereich wollen wir diesen Auftrag ernst nehmen. Noch bleiben tausend Tage, um das vierte Millennium-Entwicklungsziel, die Reduktion der Kindersterblichkeit, zu erreichen. Bis 2015 soll diese um zwei Drittel gesenkt werden. Bisher haben wir es aber nur um ein Drittel geschafft. Immer noch sterben sieben Millionen Kinder jedes Jahr an Krankheiten, die sich für ein paar Euro eigentlich heilen oder verhindern ließen. Das können und wollen wir nicht akzeptieren! Mit unseren Schwestern und Brüdern in vielen Ländern Afrikas und Asiens arbeiten wir gemeinsam dafür, dass Kinder nicht nur überleben, sondern auch vom Tag ihrer Geburt an fröhlich und behütet aufwachsen können. So tragen wir dazu bei, dass ein Stück des Reiches Gottes in dieser Welt Wirklichkeit werden kann.

Trotz Erfolgen keine Entwarnung

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Damit mehr Kinder leben können

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Kinder brauchen eigene Medikamente

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Eine Krankenstation für die kleinsten Patienten

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Mit dieser Ausgabe erscheint die Gesundheit in der Einen Welt in einer neuen Aufmachung. Wir hoffen, dass das neue Layout bei Ihnen auf Zustimmung stößt. Ihre Meinung dazu interessiert uns und wir freuen uns über Rückmeldungen. Zu den verschiedenen Events in den kommenden Monaten lade ich Sie herzlich ein, wie zum Beispiel zu unserem Stand auf dem Evangelischen Kirchentag in Hamburg oder auf der Fair Trade Messe in Stuttgart und natürlich zum Eine-Welt-Tag in Tübingen. Ich freue mich auf Sie und wünsche Ihnen bis dahin alles Gute.

impuls Spürbare Gemeinschaften weltweit

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aus aller welt Gesunde Mütter – gesunde Kinder

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Depression und wie Kirchengemeinden damit umgehen

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Salben und Cremes aus eigener Herstellung

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Lebensbestimmend und doch tabuisiert

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neues aus dem difäm Buchherausgabe: „Die Hoffnung kehrt zurück“

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„10 Jahre gegen AIDS – Wir bleiben dran!“

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Stimmen aus dem Difäm-Seminar

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Rund ums Spenden Ihr Fest für die Gesundheit

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Impressum 15

Ihre

Meldungen und Termine

Dr. Gisela Schneider

Veranstaltungen, Termine etc.

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Info kompakt Titelthema

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Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

Difäm/Jochen Bitzer

Kindersterblichkeit im Vergleich: Von 1.000 Lebendgeborenen sterben bis zum Alter von 5 Jahren in .. Deutschland 4 Kinder Malawi

92

Kinder

Süd Sudan

Kenia

135

73

Kinder

Kinder

Dem. Rep. Kongo

168

Kinder

Pfleger im Südsudan bei der Diagnose eines Kleinkindes

Trotz Erfolgen keine Entwarnung Weltweit konnte die Kindersterblichkeit deutlich gesenkt werden. Die Erfolge dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch immer jährlich mehr als sieben Millionen Kinder an Krankheiten sterben, die eigentlich leicht zu behandeln sind. Bei der vom Difäm Ende Januar ausgerichteten Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft Tropenpädiatrie in Tübingen ging es um Strategien, wie Kinder weltweit größere Überlebenschancen bekommen. Die Erfolge beim vierten Millennium-Entwicklungsziel sind unumstritten. In vielen Ländern konnte die Kindersterblichkeit tatsächlich gesenkt werden. Wer aber ins Detail geht, merkt schnell: Es gibt große regionale Unterschiede. Während in entwickelten Ländern die Sterberate bei sieben von tausend Kindern liegt, sterben in den Ländern südlich der Sahara noch immer 121 von tausend lebend geborenen Kindern vor ihrem fünften Geburtstag. Auch sind die Fortschritte bei der Senkung der Kindersterblichkeit sehr unausgewogen. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit, an Masern zu sterben, heute weltweit

deutlich geringer als noch vor ein paar Jahren. Die häufigsten Todesursachen bei Kindern sind aber nach wie vor Lungenentzündung, Malaria, Durchfall-Erkrankungen sowie Unterernährung. Alle könnten relativ leicht behandelt werden. Am wenigsten wurde bisher im Bereich der Erkrankungen von Neugeborenen erreicht. Bei 40 Prozent aller Sterbefälle in den ersten fünf Lebensjahren handelt es sich um Neugeborene. Impfungen, frühzeitiges Stillen und Weiterbildung für mehr Gesundheit Viele kindliche Todesfälle ließen sich mit sehr einfachen Mitteln vermeiden. Eine gute Schwangerschaftsbetreuung gehört zum Beispiel dazu. Auch spielt eine Rolle, ob ein Kind zu Hause auf dem Dorf ohne Hebamme zur Welt kommt, oder ob die Mutter in einem Gesundheitszentrum unter fachkundiger Begleitung entbindet. Doch nach wie vor suchen in Entwicklungsländern nur 57 Prozent der Schwangeren zur Entbindung eine Hebamme auf. Und weniger als die Hälfte aller Neugeborenen werden frühzeitig, also wenige Stunden nach der Geburt, bereits gestillt. Außerdem sollten alle Kinder die in dem jeweiligen Land vorgesehenen Impfungen bekommen. Erkranken Kinder an Malaria oder an einer Lungenentzündung, müssen sie schnell und richtig behandelt werden, damit diese Krankheiten nicht zum Tod führen. Bei Malaria

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Im Fokus

Gegen diese Probleme gehen wir mit unseren Projektpartnern erfolgreich vor. Und so steigt die Anzahl der Frauen, die in Gesundheitseinrichtungen entbinden, kontinuierlich in ihren Einzugsgebieten. Besonders gute Erfolge gibt es im Tschad und in Malawi zu verzeichnen. Dort bekommen Frauen gezielt Unterstützung, damit sie schneller und ohne großen Kostenaufwand zu einer Gesundheitsstation kommen können – sei es zur Entbindung oder mit einem kranken Kleinkind. In Kenia werden Neugeborene auf dem Land besser versorgt. Außerdem kümmern wir uns bei mehreren Partnern darum, dass einheimische Fachkräfte im medizinischen und pharmazeutischen Bereich weitergebildet werden. Sie sollen auch unter einfachen Bedingungen Krankheiten richtig diagnostizieren und behandeln können. Die kontinuierliche Betreuung von Mitarbeitenden ist ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Austausch mit mehr als 100 Kinderärzten Auch in Deutschland arbeiten wir eng mit anderen Experten zusammen. Ende Januar hat das Difäm zum Beispiel die diesjährige Jahrestagung des Arbeitskreises Tropenpädiatrie (ATP) ausgerichtet. Mehr als hundert engagierte Kinderärztinnen und -ärzte aus aller Welt waren gekommen. Eingeladen waren auch Experten aus dem Ausland wie Dr. Christoph Benn vom Globalen Fonds aus Genf, Dr. Michael Juma, HIV-Spezialist aus Uganda, Samuel Ong´ale von der Christian Health Association of Kenya (CHAK) sowie Prof. Raymos Moses Olomi aus Tansania. Die Tagungsgäste tauschten sich rege über zukünftige gemeinsame Projekte aus und diskutierten die Themen HIV im Kindesalter und Zugang zu Medikamenten für Kinder. Nach Angaben von Dr. Christoph Benn sei es möglich, dass in den nächsten zehn Jahren jedes HIV-infizierte Kind, das behandelt werden muss, Zugang zu antiretroviraler Therapie bekommt. Dafür müssten allerdings die Gesundheitsetats in den betroffenen Ländern erhöht werden und mehr internationale Gelder fließen. Auch müssten entsprechende Programme noch effizienter durchgeführt werden. Thema auf der ATP-Tagung war auch die unzureichende Qualität der Versorgung von Neugeborenen in Entwicklungsländern. In vielen kleinen Gesundheitseinrichtungen wissen die Mitarbeitenden zu wenig darüber und es fehlt an der richtigen Ausstattung. Studien zeigen, dass nur wenige Kinder die vorgeschriebenen Impfungen direkt nach der Geburt bekommen. Nur die Hälfte der Neugeborenen wird nach der Entbindung abgetrocknet und warmgehalten. Viele erleiden einen Wärmeverlust. In

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unseren eigenen Untersuchungen im Tschad stellten wir fest, dass etwa jedes fünfte Kind an Wurmerkrankungen leidet. Mittlerweile werden alle Kinder im Einzugsgebiet des Koyom-Krankenhauses regelmäßig behandelt. In einem weiteren Vortrag ging es um die Zukunft von Krebs-Therapien. Der Vergleich zwischen Entwicklungsländern und hierzulande führt zu interessanten Rückschlüssen. In Deutschland erhalten Kinder, die an der häufigsten Form von Leukämie erkrankt sind, eine sehr intensive Therapie, mit der rund 80 Prozent geheilt werden können. Die Nebenwirkungen sind allerdings sehr schwer. Dagegen bekommen Kinder in Entwicklungsländern eine weit weniger intensive Behandlung. Dennoch liegt die Heilungsrate bei rund 60 Prozent. Vermutet wird, dass in Deutschland ebenfalls 60 Prozent der Kinder mit der weniger intensiven Therapie geheilt werden könnten. Schrittweise wird nun versucht, die Therapie individuell anzupassen und so die Nebenwirkungen zu verringern. Dr. Jochen Bitzer Zahlreiche Fotos von der ATP-Tagung finden Sie auf www.flickr.com (Stichwort: Difäm)

MILLENIUM-ENTWICKLUNGSZIELE 2001 haben die 189 UN-Mitgliedsstaaten acht Entwicklungsziele (Millennium Development Goals – MDG) verabschiedet. Sie haben sich damit verpflichtet, bis 2015 Armut, Hunger, Krankheit, geringe Schulbildung, Umweltzerstörung und die Diskriminierung von Frauen zu bekämpfen. Das vierte MDG legt die Senkung der Kindersterblichkeit der unter Fünfjährigen um zwei Drittel weltweit fest. MDG 5 beschreibt die Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern.

Diskussion bei der ATP-Tagung (v. l.): Christoph Benn, Fabian Schumacher von der Università Brescia, Michael Juma, Difäm-Direktorin Gisela Schneider, Werner Schimana von der Elizabeth Glaser Pediatric AIDS Foundation und Raimos Olomi vom KCMC Krankenhaus in Moshi. Difäm/Anna Buck

klappt die zeitnahe und korrekte Behandlung allerdings nur bei jedem vierten Kind.

Difäm/Ramona Gresch-Bruder

Damit mehr Kinder leben kÖnnen Im Tschad gibt es für kranke Kinder nicht überall die richtigen Medikamente in der richtigen Dosierung. Die Folgen sind dramatisch: Jedes sechste Kind stirbt noch vor seinem fünften Geburtstag. Zusammen mit Dr. Djékadoum Ndilta, Leiter des Krankenhauses in Koyom, setzt sich das Difäm dafür ein, dass Mitarbeitende in Gesundheitszentren in der südöstlichen Provinz Moundou den richtigen Umgang mit Kindermedikamenten lernen. Stellen Sie sich vor, Ihr Kind bekommt eine Grippe und sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend. Besorgt gehen Sie zu einem Arzt. Der aber erklärt Ihnen, dass er die nötigen Medikamente nicht vorrätig hat und auch gar nicht wüsste, wie er diese für ein Kind dosieren sollte. Was für uns absurd klingt, ist im Tschad Alltag. Laut einer Studie des Ecumenical Pharmaceutical Network (EPN) sind nur 44 Prozent der Medikamente, welche die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Schlüsselpräparate für Kinder eingestuft hat, in den Gesundheitseinrichtungen im Tschad vorhanden. Viele Kinder sterben an behandelbaren Erkrankungen wie Lungenentzündung, Durchfall oder Malaria. Erschwerend kommt hinzu, dass die pharmazeutischen Kenntnisse der Mitarbeitenden nur unzureichend sind. Das Difäm hat deswegen zusammen mit seinem langjährigen Partner Dr. Ndilta eine viertägige Fortbildung zum Gebrauch von Kindermedikamenten initiiert. » Solche Schulungen sind wichtig. Gut ausgebildetes Personal ist unabdingbar, wenn man ein Gesund-

Djékadoum Ndilta

Kinder sollen überall gesund und fröhlich aufwachsen dürfen.

Bei der viertägigen Fortbildung in Moundou standen Anwendung, Lagerung und Dokumentation von Kindermedikam enten im Mittelpunkt.

heitssystem langfristig verbessern will«, sagt DifämGesundheitsreferentin Gabi Hettler. Vier Tage lang lernten 22 Teilnehmende, wie sie Medikamente richtig lagern, den Arzneimittelvorrat richtig dokumentieren und die Präparate gezielt auf die verschiedenen Krankheitsbilder anwenden können. Drei Frauen und 19 Männer aus unterschiedlichen Gesundheitszentren beschäftigten sich intensiv damit, wie Medikamentenlisten richtig geführt werden, was bei den Ablaufdaten beachtet werden muss und wie die Inventur eines Arzneimittellagers durchgeführt wird. Dr. Ndilta sowie zwei lokale Apotheker brachten den Teilnehmenden auch bei, wie Erkrankungen richtig diagnostiziert werden. Beispielsweise wurden Blutproben auf den Malaria-Erreger hin analysiert und die passende Therapie erklärt. Die Teilnehmenden lernten auch, welche Medikamente sie wie bei Kindern anwenden können. »Antibiotika werden gerne als Allheilmittel auch bei Kindern zu oft eingesetzt«, sagt Albert Petersen, Leiter der Difäm-Arzneimittelhilfe. Eine zu häufige oder falsche Anwendung sei aber gefährlich. Die Bakterien bilden irgendwann Resistenzen. »Das Präparat ist dann im entscheidenden Moment unwirksam«, erläutert Petersen. Die Fortbildung war der Auftakt eines einjährigen Pilotprojektes der Arzneimittelhilfe, die im Laufe dieses Jahres alle 22 teilnehmenden Einrichtungen in Zusammenarbeit mit Dr. Ndilta und zwei Pharmazeuten intensiv betreuen und begleiten wird. »Wir evaluieren, ob und wie das Gelernte umgesetzt und angewendet wird, und wollen damit die Verfügbarkeit und Verwendung von Kindermedikamenten verbessern«, sagt Albert Petersen. »Wir hoffen, dass wir dieses Projekt eines Tages auch in unseren anderen Schwerpunktländern durchführen können.« Leonie Maschke 5

Im Fokus

Verfügbarkeit der von der WHO gelisteten 28 Schlüsselpräparate:

45

Ghana

Difäm/Meike Joa

61

36

Tschad

Uganda Kenia

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Ein Kind bei der Medikamentenausgabe in einem Krankenhaus in Tansania

Kinder brauchen eigene Medikamente Jährlich könnten fast sieben Millionen Kinder vor dem Tod bewahrt werden, wenn einfache Präparate flächendeckend verfügbar wären. Das Difäm hilft auf unterschiedliche Weise, damit kranke Kinder auch in wirtschaftlich armen Ländern geeignete Medikamente bekommen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 28 Medikamente aufgelistet, die zur Behandlung von Krankheiten bei Kindern unabdingbar sind. Auf Basis dieser Liste hat das Ökumenische Pharmazeutische Netzwerk (EPN) Erhebungen im Tschad und in Ghana durchgeführt. Das Ergebnis ist alarmierend: In allen befragten Einrichtungen gibt es große Engpässe. Vor allem Zink-Tabletten, die bei Durchfall neben Elektrolyten lebensrettend sein können, Antihistamin und Vitamin A waren nicht vorhanden. Wichtige Malariapräparate und Antibiotika fehlten ebenso. In der Studie wurden auch Preise verglichen und es wurde gefragt, wie viele pharmazeutische Fachkräfte vor Ort arbeiten und ob es Fachliteratur gibt. Nach Abschluss der Studie stellt sich nun die Frage: Was können wir tun, damit sich die Verfügbarkeit dieser Präparate verbessert? Zum Thema Zink wurde beispielsweise Informationsmaterial erarbeitet. Die kenianische Zentralapotheke Mission for Essential Drugs and Supplies (MEDS), mit der das Difäm eng zusammenarbeitet, hat 1200 Poster zu diesem Thema an Gesundheitseinrichtungen in Kenia verteilt. Im Tschad hat das Difäm in 24 Einrichtungen ein Projekt zur Verbesserung des Medika-

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Heft II / 2013

menten-Managements mit dem Schwerpunkt Kinderpräparate gestartet (s. Seite 5). Außerdem helfen wir mit, neue Arzneiformen bekannter zu machen. Ein Aids-Medikament für Kinder, das 43-prozentigen Alkohol enthält, bitter schmeckt und im Kühlschrank aufbewahrt werden muss, macht wenig Sinn. 2015 soll es Alternativen in Form eines Granulats geben, das günstiger und leichter zu dosieren wäre. 2011 hat das Difäm mit der Universität Tübingen eine Studie zum Angebot von Kindermedikamenten in kirchlichen Zentralapotheken durchgeführt. Schon damals lag ein Fokus auf einer neuen Tablettenart, die in nur wenig Wasser (oder auch Muttermilch) löslich ist. Die WHO und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF empfehlen aus Gründen der Haltbarkeit, der Transportkosten und wegen Dosierungsproblemen, Suspensionen, Lösungen oder Sirups möglichst nicht mehr zu verwenden. Wir beobachten mit Freude, dass gerade die großen Zentralapotheken in Kenia und Uganda mehr und mehr diese Minitabletten in ihr Programm aufnehmen. Albert Petersen

Das EPN

EPN ist ein christliches, unabhängiges Netzwerk mit mehr als 80 Mitgliedsorganisationen aus über 30 Ländern. Auch das Difäm gehört von Anfang an dazu. EPN setzt sich dafür ein, die pharmazeutische Versorgung armer und benachteiligter Menschen zu verbessern. Organisationssitz ist Nairobi (Kenia). Albert Petersen vom Difäm ist Vorsitzender des EPN-Vorstandes.

Difäm/Ursula Kohler

Eine Krankenstation für die kleinsten Patienten

Difäm/Ursula Kohler

Die neue Krankenstation von Rwankole kurz vor ihrer Fertigstellung

Handwerker stellen die Ziegel für das Gebäude ganz in der Nähe der Baustelle her.

In Rwankole, einer Stadt im Nordosten der DR Kongo, wurde in den letzten Monaten mit Hochdruck gearbeitet: Handwerker pressten und brannten Lehm- und Zementziegel, hoben eine Baugrube aus, zogen Mauern hoch und befestigten Wellblech auf dem Dachstuhl. Das Ergebnis: eine neue Kinderstation, in der jetzt die kleinsten Patienten der Region wegen Knochenbrüchen, Malaria, Durchfall sowie Unterernährung behandelt werden können.

In seinem Brief an das Difäm berichtete Dr. Kambale Kaki, der medizinische Koordinator vor Ort, Anfang des Jahres, dass der Bau fertiggestellt sei und die Fassade bereits einen Anstrich bekommen habe. In den nächsten Wochen sollen elektrische Leitungen verlegt und die Treppe zum Eingang ausgebaut werden. Zudem wird noch ein Diagnostik-Gebäude mit einem Labor für das gesamte Krankenhaus gebaut, da nur nach einer qualifizierten Diagnose Erkrankungen adäquat behandelt werden können.

In der neuen Pädiatrie gibt es zwei große Räume für mindestens je zwölf Patienten sowie vier Zweibettzimmer. Toiletten, Duschen und Abfallgruben befinden sich hinter dem Haus. » Die neue Kinderstation war dringend nötig, da der Zugang zur Gesundheitsversorgung in der Region gerade für Mütter und Kinder sehr schlecht ist «, sagt Difäm-Gesundheitsreferentin Ursula Kohler. Vor allem wegen Verbrennungen, Knochenbrüchen und Malaria mit einhergehender Blutarmut sowie Durchfall, der im Kleinkindalter rasch zu Dehydrierung und Unterernährung führt, kommen die Mütter mit ihren Kindern zur Behandlung. » Bei Unterernährung sinken die Abwehrkräfte und die Anfälligkeit für Krankheiten ist hoch. Dieser Kreislauf muss durch eine rasche und qualifizierte Behandlung unterbrochen werden «, erklärt Ursula Kohler.

Sobald die medizinischen Geräte sowie Betten, Tische, Stühle und Schränke vor Ort sind, können die ersten kleinen Patienten stationär versorgt und behandelt werden. Die Betten und einen Teil der medizinischen Ausstattung finanziert das Difäm mit dem Erlös des Konfirmanden-Laufes. Im Herbst vergangenen Jahres hatten 120 Tübinger Konfirmandinnen und Konfirmanden sowie Josh Young, ein Spieler des Basketball-Bundesligisten WALTER Tigers, beim Sponsorenlauf des Difäm mehr als 12.000 Euro für dieses Projekt erlaufen. Leonie Maschke »Ich freue mich über die Chance, mit dem Difäm den Menschen weltweit ein Stück Gesundheit zu bringen.« Josh Young von den WALTER Tigers

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Impuls / Aus aller Welt

Foto: Ulrich Weiß

Spürbare Gemeinschaften weltweit » Um ein Kind zu erziehen, braucht es nicht nur eine Mutter – man braucht dazu ein ganzes Dorf.« Aus welchem afrikanischen Land genau dieses Sprichwort kommt, weiß ich nicht. Wo immer man es liest, steht darunter »ein afrikanisches Sprichwort«.

Viele Glieder – ein Leib Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Geist getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. (…) Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied. 1 Korinther 12, 12-14.26-27

» Der Mensch ist die Medizin des Menschen «

In Deutschland leben wir oft isoliert nebeneinander her – als Mütter, als Familien; überall Mini-Einheiten, die sich dadurch auszeichnen, dass jeder alles können muss: Kochen, Einkommenssteuererklärung und Kinder ins Bett bringen. Ich finde dieses Sprichwort aus Afrika beruhigend. Ein so großer Kontinent kann nicht irren! Es ist unmöglich, alles, aber auch wirklich alles, allein hinzukriegen: sogar das Kindererziehen. Ein Individuum und einzigartig zu sein – das ist gut und recht. Das will ich sein. Das soll jede und jeder sein dürfen. Und doch darf ich mich als Einzelne auch nicht überfordern. So wie eine ganze Gesellschaft gefragt ist, Eltern zu unterstützen, brauchen wir auch in anderen Bereichen die anderen. Ein Liedtext, der mir immer wieder durchs Herz summt, lautet: »Einsam bist Du klein – aber gemeinsam werden wir Anwalt des Lebendigen sein.« Das Lebendige. Der Lebendige. Das fühlt sich lebendig an. Unsere Kirchengemeinden könnten Orte sein, wo wir gemeinsam in Verbindung miteinander leben. Mein Traum von Kirche ist, dass unsere Gemeinden wirkliche Gemeinschaften sind, wo wir in aller Freiheit einander im Blick haben, helfen, inspirieren, anregen, unterstützen, zuhören – und miteinander beten. Das kann sehr wohltuend sein, wenn ich allein nicht weiter weiß. Im gemeinsamen Gebet machen wir uns das Lebendige, den Lebendigen bewusst. Ja, hier in unserer Mitte. Das ist etwas, was wir noch viel mehr tun können. »Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.« (Mt. 18,20) Das ist nicht nur eine Verheißung, sondern wirklich spürbar in Gebetsgemeinschaften. Weltweit. Zwischen allen Menschen aus allen Nationen.

Sprichwort aus Kamerun

Sabine Löw ist Pfarrerin der Barbara-Gemeinde in Tübingen-Unterjesingen

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Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

Foto: Rahel Marty





70 %

70

mangelernährt mangelernährt % der Bevölkerung ist mang



der Bevölkerung ist

20% der Kinder 20%% derderKinder Kinder

sterben vor dem 5. Lebensjahr



sterben vor dem 5. Lebens sterben vor dem 5. Lebensjahr



Wer Getreide selbst anbauen kann, wie hier Frauen im Tschad, ist nicht mehr abhängig von den Marktpreisen.

Gesunde Mütter – gesunde Kinder Neues Projekt zur Ernährungssicherheit in Bukavu In der DR Kongo ist der Anteil mangel- und unterernährter Einwohner weltweit am höchsten. Laut Welthungerindex 2011 sind seit 2001 rund 70 Prozent der Bevölkerung zumindest mangelernährt. 20 Prozent der Kinder sterben vor ihrem fünften Lebensjahr. Das Leben der Betroffenen würde sich erheblich verbessern und die ganze Region könnte sich entwickeln, wenn es weniger Mangelernährung gäbe. Das Nahrungsmittelangebot ist aber begrenzt. Auch ist das durchschnittliche Einkommen mit 25 bis 30 Dollar pro Monat sehr gering. Viele Familien haben nicht die Mittel, um sich ausreichend oder gar vielfältig zu ernähren. Das Difäm will zur Ernährungssicherheit in Bukavu und Umgebung beitragen und führt ein Projekt zusammen mit der Église du Christ au Congo (ECC) durch. Dieses Projekt wird von der Baden-Württemberg-Stiftung gefördert.

Was passiert in dem Projekt? Durch das Frauen-Netzwerk der ECC lernen Frauen von lokalen Ernährungs- und Agrarwissenschaftlern, was gute Ernährung ausmacht, wie Lebensmittel kombiniert werden können und wo die Gefahren einseitiger Ernährung liegen. Sie lernen, wie sie Kleinvieh halten und Soja, Mais und Sorghum anbauen können. Saatgut und Kleinvieh wird ihnen kostenlos zur Verfügung gestellt. Ihr neu erworbenes Wissen geben die Frauen in einer Art Schneeballsystem weiter. In der ersten Projektphase wollen wir 200 bis 300 Frauen erreichen. Gleichzeitig werden vor und nach dem Projekt Umfragen gemacht, um die Veränderungen für die Familien zu dokumentieren: Hat sich das Nahrungsangebot verbessert? Wie ist das Stillverhalten der Mütter? Hat sich das Körpergewicht der Kinder altersentsprechend erhöht? Gibt es weniger mangel- und unterernährte Kinder? Wir hoffen sehr, mit diesem Projekt einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung für die teilnehmenden Frauen und auch für eine breitere Bevölkerung zu leisten. Susanne Kremer

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Difäm/Anna Buck

Aus aller Welt

Depression und wie Kirchengemeinden damit umgehen Das Difäm hat viele Erfahrungen im Bereich gemeindegetragener Gesundheitsarbeit. Diese bringt es in ein Projekt ein, das derzeit im Kirchenbezirk Tübingen läuft. Am Beispiel des Themas Depression wird der Beitrag von Kirchengemeinden zur Förderung von Gesundheit aufgezeigt. Zu Beginn des Projekts 2010 befragten Mitarbeitende der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen Pfarrerinnen und Pfarrer, sowie Personen, die haupt- oder ehrenamtlich Menschen mit Depressionen begleiten, und auch Betroffene und ihre Angehörigen. Ist das Thema Depression für Kirchengemeinden von Bedeutung? Was erhoffen Betroffene und ihre Familien von Gemeinden und welche Erfahrungen haben sie? Die Auswertung der 25 Interviews ergab folgendes Bild: Etwa 16 Prozent der Seelsorgegespräche finden mit depressiv verstimmten Menschen statt. Mehr als 70 Prozent der Pfarrerinnen und Pfarrer fühlen sich nicht sehr gut auf diese Gespräche vorbereitet. Zwar berichten einzelne Betroffene und ihre Angehörigen über positive Erfahrungen in ihren Kirchengemeinden. Besonders wenn sie schon vor der Erkrankung in die Gemeinde eingebunden waren, fühlten sie sich mitgetragen und erfuhren praktische Unterstützung. Doch in vielen anderen Fällen boten Kirchengemeinden nur wenig Halt. Beklagt wurde, dass zu wenig Wissen um depressive Erkrankungen und die Bedürfnisse psychisch kranker Menschen vorhanden sei. Psychische Erkrankungen seien nach wie vor Tabuthemen: Die Kranken und ihre Familien trauten sich nicht, in der Gemeinde offen darüber zu reden. Alle Interviewten begrüßten das Projekt und erhofften sich in erster Linie Aufklärung in den Kirchengemeinden. Das Projektteam erarbeitete daraufhin zum Thema Depression Veranstaltungsangebote für Kirchengemeinden: Schulungen in motivierender und seelsorgerlicher Gesprächsführung für ehrenamtliche Multiplikatoren (durchgeführt durch das Bündnis gegen Depression); einen Gottesdienst zum Thema Depression unter Mitwirkung von Psychiatern; Vorträge zu Depression und Burnout unter medizinischen und seelsorgerlichen Aspekten; Konfirmandenstunden zur Frage » Was stärkt mich und was zieht mich hinunter? « ; Bibelarbeiten zum Thema Depression und Glaube. Die unterschiedlichen Angebote sollen für das Thema sensibilisieren, Informatio-

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Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

nen vermitteln und die Kooperation zwischen Kirchengemeinden und professionellen Gesundheitsdiensten verbessern. Im Herbst 2012 begannen die ersten Veranstaltungen in den evangelischen Kirchengemeinden Pfrondorf und Walddorfhäslach. Die hohe Beteiligung und die positive Resonanz ermutigen, sie nun in weiteren Gemeinden des Kirchenbezirks Tübingen und darüber hinaus anzubieten. Um die Ergebnisse des Projekts breit zugänglich zu machen, arbeitet das Projektteam derzeit an der Publikation der Interview-Ergebnisse und der Inhalte der Veranstaltungen. Dr. Beate Jakob

Das Difäm leitet das Projekt gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Seelsorgelehre und Pastoraltheologie der EvangelischTheologischen Fakultät der Universität Tübingen. Es besteht eine Kooperation mit dem Bündnis gegen Depression e.V. Neckar-Alb. 2012 hat die Paul-Lechler-Stiftung das Projekt finanziell unterstützt.

depression Nach Angaben der » Stiftung Deutsche Depressionshilfe« gehören Depressionen zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen. Jeder fünfte Bundesbürger erkrankt einmal im Leben an einer Depression. Insgesamt leiden in Deutschland derzeit rund vier Millionen Menschen an einer behandlungsbedürftigen Depression, von der jedoch nur eine Minderheit eine optimale Behandlung erhält.

Salben und Cremes aus eigener Herstellung

Foto: Peter Vollmer

Seit einem Jahr lebt die Tübinger Hautärztin Dr. Waltraud Schippert in Meskine, einer Kleinstadt im Norden Kameruns. Am dortigen Krankenhaus behandelt sie Menschen mit Wunden, Ekzemen und anderen Hautkrankheiten mit selbst hergestellten Salben. Die Zahl ihrer Patientinnen und Patienten steigt stetig. In Kamerun kommt in ländlichen Regionen ein Arzt auf etwa 12.000 Einwohner.

»Wie die Leute aus dem Tschad oder aus Nigeria wissen können, dass es mich gibt, ist mir immer noch schleierhaft!« Waltraud Schippert zur Mund-zu-Mund-Propaganda Waltraud Schippert erklärt einem kamerunischen Kollegen die Herstellung von Salben.

Dieser Brief erreichte uns aus Indien My dear good benefactor, I come with a grateful heart to pen these few lines. I don’t know how to thank you. I feel so grateful to you for helping me for my nurse training. I am very happy to work as a nurse. I feel proud to take care of the sick people. Now I work in a hospital in Jharkhand. I heard that this hospital serves so many poor people. Day and night sick people are brought there. The sad part is that only one doctor is there and she works hard tirelessly without any complaint. At times in one go she goes on with eight to twelve operations without any rest. Still she works very joyfully and so all the nurses also work joyfully with dedication. I will also do the same. Now my companion sister has joined the nurse training in the same hospital. She is also happy to become a nurse. Once again I thank you very sincerely for your great generosity by making many sacrifices to make my life a beautiful one by living a life of healing ministry. May God bless you all in abundance. Yours gratefully, Sr. Niranjana Bilung Ursuline District House, Assam

In der Küche von Waltraud Schippert stehen Kunststoffbehälter, Mörser und Pipetten. Die braucht die 60-jährige Dermatologin, um Cremes und Salben selbst herstellen zu können. Dafür schmilzt sie Vaseline oder Wachs auf einem Gaskocher und rührt, bis eine cremige Masse entstanden ist. Diese füllt sie dann in Behälter ab. Etikettiert wird per Hand. Die Wirkstoffe wie Kortison sowie die notwendigen Geräte wie Rührstäbe oder Messbecher schickt ihr die Difäm-Arzneimittelhilfe. »An meine Briefe nach Tübingen hefte ich immer eine lange Bedarfsliste«, erzählt Waltraud Schippert. »Gerade benötigen wir antibiotische Salben für infizierte, tiefe Wunden. Die entstehen oft, wenn es an Hygiene mangelt.«Manchmal sei es schwer, die genaue Diagnose zu stellen und die richtige Arznei für die Hautkrankheit zu finden. »Die Symptome passen dann einfach nicht zu einem bestimmten Krankheitsbild. Bei Ekzemen gibt es zum Beispiel häufig Zweitinfektionen oder die Haut ist mit vielen Narben übersät, weil sich die Menschen seit Monaten bis aufs Blut gekratzt haben«, sagt die Dermatologin. Immer mehr hautkranke Patientinnen und Patienten machen sich auf den Weg zu Waltraud Schippert und nehmen selbst weite Reisen auf sich. Manche kommen sogar aus dem benachbarten Tschad oder aus Nigeria, um sich von ihr behandeln zu lassen. Mit ihren Patientinnen und Patienten spricht die Tübingerin inzwischen Fulfulde, eine der Niger-Kongo-Sprachen. »Manche bringen aber zum Glück einen Dolmetscher mit, der mein holpriges Fulfulde ins Arabische übersetzt«, sagt sie. Mittlerweile gibt sie zusammen mit dem Tübinger Arzt und DifämPartner Peter Vollmer ihr Wissen über die manuelle Arzneimittelherstellung auch an einheimisches Personal weiter. Erst kürzlich erhielten vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Krankenhaus eine Schulung. Sie bereiten jetzt selbst Cremes und Salben gegen Hautkrankheiten zu. Anna Buck

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Difäm/Ursula Kohler

Aus aller Welt / Neues aus dem Difäm

BuchHerausgabe: » Die Hoffnung kehrt zurück «

Aufklärungsunterricht vor Ort

Lebensbestimmend und doch tabuisiert Sexualität ist lebensbestimmend, kann aber lebensbedrohend werden, wenn man nicht darüber redet. In Isiro, einer Stadt im Osten der DR Kongo, haben kürzlich 30 Personen gelernt, wie sie HIV-infizierte Menschen und deren Angehörige aufklären und begleiten können. Wie lässt sich ein heikles Thema enttabuisieren? Wie muss man über Sexualität und Pubertät sprechen, damit andere einem zuhören? Das Difäm hat in Isiro eine viertägige Schulung unterstützt, bei der es genau um diese Fragen ging. Die Teilnehmenden sind nun selbst als Schulungsleiter unterwegs und sprechen in Kirchengemeinden verschiedener Konfessionen, in Schulen und Jugendgruppen über die Auswirkungen und den Umgang mit HIV und Aids. Freddy Mozungu, Projektleiter der Difäm-Partnerorganisation Mouvement Catholique Charismatique (MCC), hat an einer Broschüre zum Thema HIV und Aids mitgearbeitet. »Es ist überwältigend zu erleben, wie das Tabu, der Umgang mit Sexualität, gebrochen wird «, sagt Freddy Mozungu. » Viele sind schockiert, aber es ermutigt, dass Menschen nun verstehen, welche Folgen unverantwortliches Verhalten hat. « In der Broschüre wird unter anderem die Geschichte des Waisenmädchens Kande erzählt, in der HIV und Aids thematisiert werden. Die Geschichte von Kande, die für ihre Geschwister Verantwortung übernehmen muss, weil ihre Eltern krank sind und sterben, wurde in vier lokale Sprachen übersetzt und auf Kassetten aufgenommen. Im Urwald Kongos können diese gehört werden. So kommen viele Menschen mit dem Thema in Berührung, die man sonst nicht erreichen würde. Die Schulungsleiter waren selbst so bewegt von den Schicksalen der Betroffenen, dass sie spontan mehr als 50 Dollar für die Waisen sammelten. Einige von ihnen ließen sich sogar selbst testen. Ursula Kohler

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Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

» An einem Vormittag, an dem die Sonne langsam den Regen der Nacht aus dem glitzernden Gras verdunsten lässt, gehe ich über das Gelände des Krankenhauses zu dem Ort, an dem die Frauen wohnen und arbeiten, wartend, dass sie weiter behandelt werden. Dort sehe ich, dass das Opferbild nicht das ganze Bild ist.« »Lächeln begegnet mir. Ich höre Lachen, so aufrichtig und herzlich, dass es nicht gespielt sein kann. Nein, nicht alle lächeln. Es gibt ältere Frauen mit in sich gekehrten Blicken, die nahezu bewegungslos auf Bänken sitzen. Viele von ihnen haben alles im Krieg verloren. Mann. Kind. Haus. Ziegen. Den Lebensfunken. Es gibt junge Mädchen, über deren Angesicht etwas Scheues liegt. Sie wenden ihren Blick ab, wenn ich ihnen begegne. Manche tragen ein Kind auf dem Rücken. Vielleicht die Frucht eines Daseins als Sexsklavin einer Milizgruppe, einer Zeit, die ihr Leben für immer gezeichnet hat. Sie lächeln nicht. Vielleicht werden sie es eines Tages wieder tun können. Doch bis dorthin ist es vermutlich ein langer Weg.« So beginnt das Buch »Die Hoffnung kehrt zurück. Der Arzt Denis Mukwege und sein Kampf gegen sexuelle Gewalt im Ost-Kongo « des schwedischen Journalisten Birger Thureson, das vom Difäm in deutscher Übersetzung herausgegeben wird. Darin geht es um ein Hilfsprojekt. Aber vor allem geht es um Menschen. Um Frauen im Kongo, die in dem dortigen Krieg brutalen und folterähnlichen Gewaltakten ausgesetzt sind. Das Buch handelt aber auch von dem Arzt und Difäm-Partner Dr. Denis Mukwege, der sein Leben dafür einsetzt, die Würde dieser Frauen wieder herzustellen, physisch und psychisch. Birger Thureson hat den Gynäkologen und Leiter des Panzi-Krankenhauses in Bukavu und seine Patientinnen getroffen. Das Buch ist in der Afrika-Reihe des Verlags Brandes&Apsel erhältlich.

Denis Mukwege Geboren 1955 in Bukavu (Kongo) als Sohn eines Pastors der schwedischen Pfingstmission Medizinstudium in Burundi, Studium der Gynäkologie in Frankreich 1996 Aufbau des Panzi-Krankenhauses Verheiratet, Vater von fünf Kindern Auszeichnungen: UN-Menschenrechtspreis, Olof-Palme-Preis, African of the Year 2009, Deutscher Medienpreis u.a.m.

: Difäm/Leonie Maschke

Die AGGE

Für viele ist ein Kurs in Public Health und Tropenmedizin eine gute Vorbereitung auf einen längeren Einsatz im Ausland.

Stimmen aus dem Difäm-Seminar

Mit der Akademie für Globale Gesundheit und Entwicklung (AGGE) bietet das Difäm zusammen mit der Universität Heidelberg sowie dem Missionsärztlichen Institut Würzburg seit Anfang des Jahres ein Seminarprogramm für eine gezielte und bedarfsorientierte Vorbereitung auf den Einsatz in Entwicklungsländern. Informationen sowie Anmeldung für die Kurse der drei Organisationen finden Sie auf www.agge-akademie.de

» 10 Jahre gegen AIDS – Wir bleiben dran! «

Wie verhalte ich mich bei einem Schlangenbiss? Was verschreibe ich bei einer Wurmerkrankung und wie gehe ich in einem fremden Land auf kranke Menschen zu? Antworten gibt unser Kurs Public Health und Tropenmedizin, den wir zweimal im Jahr anbieten. Das Interesse an solchen Fortbildungen ist ungebrochen. Sandra Miller und Peter Busch haben sich bei diesem vierwöchigen Seminar auf ihren Einsatz im Ausland vorbereitet.

Das Aktionsbündnis gegen AIDS hat im Dezember 2012 sein zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Das war Anlass für die internationale Fachtagung » Eine Welt ohne HIV und Aids – eine realistische Vision?«

Sandra Miller (28), Kinderkrankenschwester: » Nach dem Kurs gehe ich für eine längere Zeit an ein Krankenhaus in Malawi. Ich hätte nie gedacht, dass das Seminar so toll und hilfreich ist! Der Unterricht hat mich sehr angesprochen, ich habe unglaublich viel gelernt und fühle mich sicherer. Die Referenten bringen auch eigene Erfahrungen ein, was sehr wertvoll ist. Wahrscheinlich werde ich jetzt Probleme im Ausland anders angehen. Ich werde mir besser zu helfen wissen und kann so auch anderen besser helfen! «

Hochrangige Gäste zum Beispiel aus Südafrika, Uganda, Indien und der Schweiz nahmen an der Tagung teil und konnten direkt von der jeweiligen Situation vor Ort berichten. Es wurde diskutiert, was global zur Überwindung der HIV/Aids-Epidemie bisher erreicht wurde und was noch getan werden muss. Dabei ging es vor allem um die Fragen, wie Neuinfektionen vorgebeugt werden kann, wie Stigmatisierung und Diskriminierung beendet werden können und wie der Zugang zu lebensnotwendigen HIV-Medikamenten verbessert werden kann.

Peter Busch (30), Assistenzarzt der Chirurgie: » Ich werde nach dem Tropenkurs in der chirurgischen Ambulanz eines Krankenhauses in Uganda arbeiten. Im Kurs habe ich viel zu medizinischen Themen gelernt, aber auch zu kulturellen. Man wird, vor allem durch den Erfahrungsschatz der Referenten, für die politische, kulturelle und wirtschaftliche Situation in den Ländern sensibilisiert und bekommt ein besseres Verständnis dafür, wie man mit den Menschen umgehen muss. Ich fühle mich jetzt sicherer bei der Behandlung von Infektionskrankheiten und habe auch gelernt, wie eine gute Gesundheitsversorgung aussehen sollte und was man dafür tun kann. «

Gegen Ende der Veranstaltung nahm der Staatssekretär des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Hans-Jürgen Beerfeltz, die Deklaration »Für eine Welt ohne Aids« entgegen. Darin sind die wesentlichen Positionen und Forderungen des Aktionsbündnisses enthalten. In seiner Rede sagte Staatssekretär Beerfeltz, dass es immer wieder gut für das Ministerium sei, Druck von außen zu bekommen, um Veränderungen herbeizuführen. Dem wird sich das Aktionsbündnis gegen AIDS auch weiterhin und so lange wie nötig widmen unter dem Motto: »10 Jahre gegen AIDS – wir bleiben dran!« Marco Alves , Politischer Referent, Aktionsbündnis gegen AIDS

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Foto: Ulrich Weiß

Rund ums Spenden

Ihr Fest für die Gesundheit Geburtstag, Hochzeit, Hochzeitstag, Taufe, Konfirmation oder einfach eine Weihnachtsfeier – es gibt viele gute Gründe, mit Familie und Freunden zu feiern. Möchten Sie einen solchen Anlass nutzen und den Dank für die eigene Gesundheit weitergeben? Bitten Sie Ihre Gäste doch anstelle eines Geschenks um eine Spende für die Gesundheitsarbeit des Difäm! Sie können damit anderen Menschen Freude und Hoffnung schenken. Wie können Sie sich Spenden anstelle eines Geschenkes wünschen? Sie können auf der Feier eine Spendenbox aufstellen und uns die gesammelten Spenden per Überweisung zukommen lassen. Gerne senden wir Ihnen Informationen zum Auslegen. Sie können Ihre Gäste auch bereits in der Einladung um Geschenkspenden bitten. Dafür vereinbaren Sie mit uns ein Stichwort und geben dies gemeinsam mit unserer Kontoverbindung in der Einladung an. Rund sechs Wochen nach Ihrer Feier senden wir Ihnen eine Liste aller Spender zu, damit Sie sich für die Geschenke persönlich bedanken können. Natürlich bekommen die Spenderinnen und Spender von uns ebenfalls ein Dankesschreiben sowie eine Spendenquittung.

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Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

Liegt Ihnen ein besonderes Projekt oder ein besonderer Arbeitsbereich am Herzen? Dann können Sie gezielt dafür sammeln. Gerne überlegen wir mit Ihnen gemeinsam die Möglichkeiten und stellen Informationsmaterial zur Verfügung. Bitte informieren Sie uns in jedem Fall zeitnah zu Ihrer Feier über Ihren Spendenaufruf, damit wir Geldeingänge entsprechend zuordnen können. Kann ich Spenden auch online sammeln? Natürlich geht das, zum Beispiel über www.helpedia.de. Gehen Sie auf die Helpedia-Website und geben Sie bei »Organisation suchen« das Stichwort Difäm ein. Sie bekommen ein Suchergebnis mit der Möglichkeit »Aktion starten«. Damit Sie eine Aktion zum Beispiel unter dem Stichwort »Geburtstag« anlegen können, müssen Sie sich registrieren – das ist jedoch unproblematisch und kostenfrei. Das Difäm bekommt automatisch eine Mitteilung über Ihre Aktion. Ihre Gäste können über einen gesicherten Zugang spenden und Kommentare hinterlassen. Das Difäm zieht die Spenden per Lastschrift ein und stellt Spendenquittungen aus, soweit gewünscht. Zu beachten ist, dass Helpedia für die Bereitstellung des Dienstes fünf Prozent Gebühr abzieht. Natürlich kann man auch über unsere Website spenden – bitten Sie Ihre Gäste, den abgesprochenen Betreff in das Online-Formular einzugeben.

Folgen Sie uns auf:

»…denn die Freude, die wir geben,

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kehrt ins eigne Herz zurück.«

Wenn Sie stets auf dem Laufenden sein möchten, schauen Sie auf unserer FacebookSeite vorbei. Sie erhalten aktuelle Einblicke in unsere weltweiten Projekte und Aktivitäten vor Ort in Tübingen.

Johann Wolfgang von Goethe

Flickr Sie sind regelmäßig im Internet und interessieren sich auch für die Offline-Aktivitäten des Difäm? Dann schauen Sie mal bei unserer Seite auf www.flickr.de vorbei. Dort finden Sie ausgesuchte Fotos unserer Veranstaltungen.

Youtube

Und was bewirkt meine Spendensammlung? Im vergangenen Jahr haben neun Menschen bei verschiedenen festlichen Gelegenheiten für uns gesammelt. Insgesamt haben sie dadurch fast 10.000 Euro an Spenden für das Difäm eingenommen. Wer um eine Spende anstelle eines Geschenkes bittet, macht außerdem Werbung für die Arbeit des Difäm: Gäste, die das Difäm vorher nicht kannten, interessieren sich für uns; manche unterstützen das Difäm dann über eine längere Zeit. Sie helfen mit Ihrer Anlass-Spende also auch mittel- und langfristig, den Spenderkreis zu vergrößern und die Arbeit des Difäm bekannter zu machen.

Ihre Ansprechpartnerinnen Wenn Sie Fragen zum Ablauf haben oder ein Spendenstichwort vereinbaren möchten, wenden Sie sich bitte an Karin Schulz Tel.: 07071 206-517 [email protected] Bei Fragen nach Projekten und Material hilft Ihnen Susanne Kremer Tel. 07071 206-521 [email protected]

Ob Stocherkahn-Fahren oder selbstgedrehte Filme der Jugendlichen in Bukavu, Demokratische Republik Kongo – die Filme des Difäm sind auf der Video-Plattform Youtube zu sehen. Einfach Difäm in die Suchmaske eingeben und Film auswählen: Viel Spaß beim Anschauen!

Impressum Gesundheit in der Einen Welt, Heft 1-2013 64. Jahrgang Zeitschrift des Difäm - Deutsches Institut für Ärztliche Mission e.V. Herausgeberin: Dr. Gisela Schneider, Direktorin Redaktion: Anna Buck (ViSdP), Katja Dorothea Buck Paul-Lechler-Straße 24, 72076 Tübingen Telefon (07071) 206512, Telefax (07071) 206510 Internet: www.difaem.de, E-Mail: [email protected] Spendenkonto: 406 660 (BLZ 520 604 10) Ev. Kreditgenossenschaft Stuttgart IBAN DE36 5206 0410 0000 4066 60 BIC GENODEF1EK1 Konzeption/Layout: büro für visuelles, Stuttgart Layout/Satz: Werbeatelier Waiblinger, Tübingen Druck: BruderhausDiakonie Reutlingen Nachdruck gegen Beleg und Quellenangabe frei Auflage: 15.800 Fotos: Titel/Seite 8: Ulrich Weiß, Seite 14: Ulrich Weiß, Seite 15: Difäm/Regina Seitz, Seite 16: Difäm/Anna Buck, Difäm/Regina Seitz Erscheinungsdatum: April 2013

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Meldungen + Termine

Veranstaltungen

Deutscher Evange­li­scher Kirchentag

Eine-Welt-Tag 30. Juni 2013, 10.00 – 17.00 Uhr

1. – 5. Mai 2013, Hamburg

Tübingen

Der Kirchentag 2013 steht unter dem Motto » So viel Du brauchst «. Das Difäm ist mit einem Stand auf dem Markt der Möglichkeiten vertreten. Messehalle A3, Stand D 16.

Der Eine-Welt-Tag 2013 ist der letzte vor dem großen Umbau und dem Umzug des Difäm. Wir laden Sie herzlich ein, dieses besondere Ereignis mit uns zu feiern. Bitte merken Sie sich diesen Termin schon einmal vor.

Lesung – Die Hoffnung

Difäm Seminare 13. – 17. Mai 2013 Palliative Praxis

20. Juli 2013 Medizinisches Basiswissen für das Leben in den Tropen

04. – 29. Nov. 2013

kehrt zurück

Public Health und Tropenmedizin

5. Mai 2013, 19.00 Uhr Weitere Hinweise zum Seminarangebot des Difäm finden Sie unter www.difaem.de

Landestheater Tübingen SWR-Journalistin Susanne Babila liest aus »Die Hoffnung kehrt zurück. Der Arzt Denis Mukwege und sein Kampf gegen sexuelle Gewalt im OstKongo « des schwedischen Journalisten Birger Thureson, welches das Difäm in deutscher Übersetzung herausgibt. Das Werk behandelt die Situation in der DR Kongo und die Arbeit von Dr. Mukwege: Nicht nur der Arzt, sondern auch betroffene Frauen kommen zu Wort.

Benefiz-Stochern 15. Juni 2013, 12.00 – 15.00 Uhr Tübingen StuDifäm lädt zu einer gemütlichen Stocherkahnfahrt auf dem Neckar ein. Einstieg ist an der Platanenallee/ Neckarbrücke. Die Bootsfahrt ist frei, um Spenden für ein Difäm-Projekt wird gebeten.

Gesundheit in der Einen Welt

Heft II / 2013

Afrika-Festival 8. – 11. August 2013, Tübingen Afrika mitten in Tübingen: Es erwarten Sie mehr als 60 Aussteller, Bands und ein Programm mit Geschichtenerzählern, Kinderschminken, Trommelkursen und Tanz sowie afrikanische Köstlichkeiten!

Kontakt Haben Sie Fragen zu Artikeln in der Zeitschrift »Gesundheit in der Einen Welt« oder möchten Sie uns gerne etwas mitteilen? Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung. Gerne drucken wir auch Leserbriefe ab. Aus redaktionellen Gründen behalten wir uns allerdings Kürzungen vor. Anna Buck 07071-206 513 [email protected]