41
Gesteine und Prozesse Tom McCann
2.1
Die drei Hauptgesteinsarten – 43
2.2
Magmatische Gesteine – 43
2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.2.7 2.2.8 2.2.9 2.2.10 2.2.11 2.2.12 2.2.13 2.2.14
Untersuchung magmatischer Gesteine – 45 Intrusive magmatische Gesteine – Arten von Intrusivkörpern – 46 Gefüge magmatischer Gesteine (Struktur und Textur) – 52 Klassifikation magmatischer Gesteine – 55 Vulkanische Gesteine – 59 Weitere Aspekte der Klassifikation – 60 Magmatite – S- und I-Typ-Granitoide – 62 Vulkane – 63 Vulkanische Ablagerungen – 64 Vulkanische Eruptionstypen – 65 Magmatische Gesteine – Plutonite – 74 Vulkanite und Subvulkanite – 78 Pyroklastische Gesteine – 81 Ultramafische Gesteine – 82
2.3
Metamorphe Gesteine – 83
2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6
Temperatur, Druck und Metamorphosegrad – 85 Metamorphe Fazies – 85 Struktur und Gefüge metamorpher Gesteine – 90 Beschreibung metamorpher Gesteine – 93 Identifikation von metamorphen Gesteinen – 97 Ausgewählte metamorphe Gesteine – 99
2.4
Sedimentgesteine – 103
2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.4 2.4.5 2.4.6 2.4.7 2.4.8
Unterscheidung von Sedimentfaziestypen – 104 Beschreibung klastischer Sedimente – 104 Sedimentstrukturen (Strömung und Wellenbewegung) – 119 Massenströme – 127 Erosionsstrukturen – 129 Postablagerungsstrukturen – 131 Biogene Strukturen – 134 Sedimentgesteine – 137
2.5
Ablagerungssysteme – 141
2.5.1 2.5.2
Plattentektonik und Ablagerungsmilieus – 141 Ablagerungsmilieus – 141
T. McCann, M. Valdivia Manchego, Geologie im Gelände, DOI 10.1007/978-3-8274-2383-2_2, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015
2
2.6
Diagenese – 155
2.6.1 2.6.2 2.6.3 2.6.4
Diagenese und diagenetische Bereiche – 155 Klastische Diagenese – 156 Karbonatdiagenese – 157 Konkretionen – 159
2.7
Verwitterung – 159
43 2.2 • Magmatische Gesteine
2.1
Die drei Hauptgesteinsarten
Gesteine sind natürliche und stabile Aggregate von Mineralen oder mineral-ähnlichen Substanzen (die nicht kristallisieren, z. B. Obsidian), die in drei Hauptgruppen unterteilt werden können – magmatisch (d. h. plutonisch und vulkanisch), sedimentär und metamorph (. Abb. 2.1 und 2.2, . Tab. 2.1). Magmatische Gesteine entstehen durch Abkühlung von geschmolzenem oder teilweise geschmolzenem Material (Magma) auf oder innerhalb der Erdkruste. Abkühlung auf oder nahe der Oberfläche ergibt extrusive magmatische Gesteine (z. B. Basalte), während Abkühlung innerhalb der Erde intrusive magmatische Gesteine (z. B. Granite) bildet. Sedimentäre Gesteine entstehen durch die Konsolidierung und Zementierung von lockeren Sedimenten (z. B. Sanden) oder organischer Substanz (z. B. Kohle), die in Schichten auf der Erdoberfläche abgelagert oder chemisch ausgefällt wurden (z. B. Karbonate, Evaporite). Metamorphe Gesteine werden aus bereits existierenden Gesteinen gebildet, die sich aufgrund neuer Temperatur- und Druckbedingungen umwandeln. Diese neuen Bedingungen ergeben mineralogische, chemische und strukturelle Änderungen. 2.2
Magmatische Gesteine
Ein Magma ist eine Mischung aus geschmolzenem oder halbgeschmolzenem Gestein (gewöhnlich mit Temperaturen zwischen 700 und 1300 °C), Volatilen und Feststoffen, die unter der Erdoberfläche auftreten. Es handelt sich in der Regel um silikatische Mischungen. Magmen können darüber hinaus suspendierte Kristalle und gelöste Gase enthalten (manchmal auch Gasbläschen). Magmen entwickeln sich in bestimmten Milieus (z. B. an Subduktionszonen, kontinentalen Riftzonen, mittelozeanischen Rücken), wo die Umgebung und die Zusammensetzung eng in Bezug zueinander stehen. Das anfängliche Aufschmelzen von Gesteinen führt zur Bildung einer primären Schmelze (durch Temperatur, Druck und Zusammensetzung beeinflusst), und diese wird anschließend umgewandelt als Resultat von fraktioneller Kristallisation, Kontamination und Magmenmischung. Magmatische Gesteine entstehen direkt durch Abkühlung aus einer Gesteinsschmelze (Magma). Dies geschieht entweder in tiefe-
ren Bereichen der Erdkruste bzw. im oberen Mantel (intrusiv) oder nahe an der Erdoberfläche (extrusiv). Beim Abkühlungsprozess des Magmas bilden sich Kristalle charakteristischer Minerale. Die möglichen Mineralassoziationen oder -paragenesen, sowie die Größe und Gestalt der beteiligten Minerale ist abhängig von: der Zusammensetzung sowie der Abkühlungsrate des Magmas (gesteuert durch den Abkühlungsort, d. h. abhängig davon, ob nah zur Erdoberfläche, tief in der Kruste oder dem Mantel).
--
Durch die Abkühlung des Magmas und das folgende Auskristallisieren erster Minerale wird die Zusammensetzung der Restschmelze verändert. Diesen Prozess nennt man fraktionierte Kristallisation, da die schon kristallisierten Minerale durch verschiedene Prozesse dem Magma entzogen werden, d. h. nicht mehr mit der Restschmelze äquilibrieren können. Dabei entwickeln sich die Magmen chemisch von einer ursprünglichen, primären Zusammensetzung der Schmelze zu einer neuen, modifizierten Zusammensetzung. Während der Entwicklung des Magmas kann die Zusammensetzung der Schmelze auch durch die Assimilation von Nebengestein oder eines anderen Magmas (Magmenmischung) chemisch verändert werden. Die Bowen-Reaktionsreihe gibt einen vereinfachten Überblick über die chemische Entwicklung und die Kristallisation eines Magmas (. Abb. 2.3). Die Serie beschreibt zwei getrennte, aber parallele Entwicklungsreihen – eine für die ferromagnetischen Minerale (FeMg-haltig; dunkel) und eine für die Feldspäte. Beide Reihen beenden ihre Entwicklung mit der Kristallisation von Quarz. Alle magmatischen Gesteine entstehen aus Schmelzen, d. h. einem Magma. Diese Schmelzen besitzen einen hohen silikatischen Anteil (40–75 % SiO2-Gewichtsanteil). Einige seltene magmatische Gesteine bilden sich aus SiO2-untersättigten oder karbonatischen Schmelzen (z. B. Karbonatiten). Die Chemie des Magmas bestimmt die Mineralausbildung bei der Kristallisation, aber sie kontrolliert auch die physikalischen Eigenschaften des Magmas wie Dichte und Viskosität (in Abhängigkeit von der Temperatur). Während Magmen abkühlen, beginnen Minerale, darin auszukristallisieren, und es bilden sich Flüssig-Fest-Mischungen. Diese Mischungen aus Schmelze und suspendierten Kristallen (und vielleicht Fluideinschlüssen) existieren bei Temperaturen zwischen dem sogenannten Liquidus (d. h. die ersten Minerale kristallisieren aus der Schmelze aus) und dem Solidus (d. h. das Magma liegt komplett in fester
KREISLAUF DER GESTEINSARTEN
MAGMA
Aufschmelzung
.. Abb. 2.1 Kreislauf der Gesteinsarten (V: Verwitterung; E: Erosion)
Wärme + Druck
g
V+E
elz un hm
Au
fsc
A Kr bkü ist hlu all ng isa + tio n
MAGMATISCHE GESTEINE
g
melzun
Aufsch
SEDIMENTE Kompaktion + Zementation
V+E
Verwitterung + Erosion
SEDIMENTÄRE GESTEINE
METAMORPHE GESTEINE
Wärme + Druck
2
44
Kapitel 2 • Gesteine und Prozesse
1 2 SEDIMENTE
3
Verwitterung und Erosion
Wasser
VULKANITE
4 Hebung
5
SEDIMENTÄRE GESTEINE
6
HYDROTHERMALISCHE ALTERATION
Hebung
Diagenese Hitze+Druck
7
PLUTONITE
8
METAMORPHITE Abkühlung
9 Aufschmelzung
10
MAGMA
11 12 13 14
.. Abb. 2.2 Gesteinszyklus nach dem schottischen Begründer der modernen Geologie, James Hutton. Die Abbildung zeigt sowohl die Beziehung zwischen internen und externen Prozessen als auch die Hauptentstehungsgebiete für Minerale und Gesteine. (Nach Wenk und Bulakh 2004) .. Tab. 2.1 Allgemeine Eigenschaften von magmatischen, sedimentären und metamorphen Gesteinen Plutonische Gesteine
Vulkanische Gesteine
Metamorphe Gesteine
Sedimentäre Gesteine
Kristallinität
Kristallin
Kristallin
Kristallin
Nichtkristallin; Ausnahme: manche Kalksteine und Evaporite; sonst meist Fragmente
Kristall/Fragmente, Größe
Große Kristalle, aber Mineralgröße variabel
Kleine Kristalle (nicht mit Auge erkennbar; mikrokristallin bis glasig), mit einigen großen Kristallen (porphyritisch)
Meist große Kristalle (manchmal mit einigen größeren Kristallen, d. h. Porphyroblasten). Bei Schichtung: individuelle Schichten haben bestimmte Kristallgrößen
Fragmente (Klasten/Körner) können sehr variabel sein (z. B. Sandstein, Konglomerat)
Zusammensetzung
Meist 2+-Minerale
Meist 2+-Minerale
Können monomineralisch sein (z. B. Marmor, Quarzit), aber meist 2+-Minerale
Können monomineralisch sein (z. B. Kalkstein, Dolomit), aber meist 2+-Minerale
Farbe
Farbe variabel – hell (z. B. saure Zusammensetzung) oder dunkel (z. B. basische Zusammensetzung)
Farbe variabel – hell (z. B. saure Zusammensetzung) oder dunkel (z. B. basische Zusammensetzung)
Farbe variabel – manchmal gestreift (z. B. Gneis)
Farbe sehr variabel
Strukturen
Normalerweise keine Schichtung
Manchmal mit Schichtung oder Fließstrukturen, manchmal Säulenbildung
Oft mit Parallelgefüge (z. B. Schieferung)
Meist ausgeprägte Schichtung
Fossilien vorhanden?
Keine Fossilien
Fossilien in bestimmten Fällen (z. B. in Tuffen)
Manchmal Fossilien
Oft Fossilien
Reaktion mit HCl
Keine Reaktion
Keine Reaktion
Manchmal Reaktion mit HCl
Karbonate zeigen starke Reaktion mit HCl
15 16 17 18 19 20 21 22 23
45 2.2 • Magmatische Gesteine
.. Abb. 2.3 Bowen-Reaktionsreihe (nach Blatt et al. 2006)
Diskontinuierliche Reaktionsreihe
hohe Temperatur, Frühkristallisation
Kontinuierliche Reaktionsreihe
Bytownit (An90-70 )
(Spinell)
Olivin
Bytownit (An 90-70 ) (Mg,Fe)-Pyroxen
(Fe/Mg anwachsend)
Labradorit
(Mg,Fe)Ca-Pyroxen Andesin Hornblende
Oligoklas (An 30-10 )
Biotit relativ niedrige Temperatur, Spätkristallisation
(Albit)
Kalifeldspat
Quarz Zeolithe
H2O -reiche Restlösungen
Form vor). Zwischen dem Liquidus und dem Solidus besteht ein Magma demnach aus einer (silikatischen) Schmelze, in der Kristalle und flüchtige Phasen (d. h. Gase, größtenteils H2O, CO2 und SO2) vorkommen. Zusätzlich können Fremdgesteinskörper (Xenolithe) oder -kristalle (Xenocrysten/Fremdkristalle) darin auftreten.
und W (in bestimmten Granittypen), für Ti (in Anorthositen) und für Li und die Seltenerdelemente (in Pegmatiten). Die Mineralisierung, die mit magmatischen Gesteinen verbunden ist, wird auf die Platznahme eines heißen Magmenkörpers in der Kruste und die daraus resultierende Ausbildung hydrothermaler Konvektionszellen, sowohl innerhalb der Intrusion als auch im umgebenden Nebengestein, zurückgeführt. Zusätzlich zur Mineralisierung verursacht der Durchgang hydrothermaler Fluide auch andere Prozesse wie zum Beispiel die Verdrängung bestehender Minerale (z. B. wandeln sich Feldspäte in Tonminerale um; Pyroxene werden durch Amphibole verdrängt) oder die Bildung neuer Minerale, z. B. durch eine Silifizierung des Nebengesteins (Verkieselung = Wachstum von Quarz). 2.2.1
.. Xenolith aus dem Massif Central, Frankreich
Gesteuert durch die Dichte der Schmelze und der geotektonischen Situation steigen Magmen durch die Lithosphäre in Richtung der Erdoberfläche auf. Die Dichte des Magmas in Bezug zur Dichte der Lithosphäre sowie die Dynamik von Kruste und Lithosphäre steuern, ob das Magma bereits in der Tiefe abkühlt (Intrusion) oder die Oberfläche erreicht (Extrusion). Die regionale tektonische Situation spielt dabei eine wesentliche Rolle. Magmatische Gesteine sind die vorherrschenden Muttergesteine für einige der wichtigsten wirtschaftlichen Ressourcen, wie z. B. für Diamanten (in Kimberliten, als Xenokrysten), für Cr und Ni (in mafischen und ultramafischen Intrusionen), für Co, Mo, Sn
Untersuchung magmatischer Gesteine
Magmatische Gesteine sind oft an der Oberfläche aufgeschlossen, da sie entweder oberflächennah entstanden sind (z. B. in Vulkanen) oder durch tektonische Prozesse und Erosion nach ihrer Erstarrung an die Oberfläche vorgedrungen sind (Exhumation großer intrusiver Gesteinskörper). Um die Entstehung und Entwicklung einer magmatischen Provinz zu verstehen, ist es notwendig, eine Vielfalt von Untersuchungen im Gelände und im Labor zu machen. Eine vollständige Analyse umfasst sowohl großmaßstäbliche Beobachtungen im Kilometerbereich (z. B. umfangreiche Kartierung bzw. Gebrauch von Luft/Satelliten-Daten) als auch kleinmaßstäbliche Beobachtungen im Millimeterbereich und darunter (z. B. die mikroskopische Analyse des Mineralbestands und des Gesteinsgefüges): Kilometerskala – Kartierung von übergeordneten Beziehungen zwischen magmatischen Körpern, Meterskala – Kartierung von Magma-Mischungsgrenzen und Kontaktbereichen; Analyse von Schichtungsphänomenen, Millimeterskala und darunter – Beschreibung von Gefügeund Mineraleigenschaften im Korngrößenbereich sowie von Eigenschaften wie chemische und strukturelle Zonierungen innerhalb einzelner Minerale.
-
2
Kapitel 2 • Gesteine und Prozesse
46
1
erodierter Vulkan
.. Abb. 2.4 Hauptintrusionsarten mit möglichen Beziehungen zu einer subvulkanischen Magmakammer (nach Thorpe und Brown 1985)
Lavastrom
2 vulkanischer Kanal
3 4 5
Gang
6 7 8
Lopolith
9
Lakkolith
10
Magmakammer
Sill
.. Tab. 2.2 Intrusivkörper und ihre Dimensionen
11
Mächtigkeit
Breite/Länge/Fläche
Zusammensetzung
Sills
Mehrere Meter bis Hunderte von Metern
Bis 10 km breit
Hauptsächlich mafisch
Lakkolithe
Max. ca. 1000 m
1–8 km
Hauptsächlich Si-reiche Gesteine
Lopolithe
Mehrere Meter bis mehrere Kilometer
Mehrere zehn bis Hunderte von Kilometern Durchmesser
Oft asymmetrisch und grob geschichtet; hauptsächlich mafische bis ultramafische Gesteine
Gänge