Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Die Positionen der deutschen Versicherer 2017 Liebe Leserinnen und Leser, Deutschland geh...
Author: Bärbel Siegel
23 downloads 1 Views 2MB Size
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.

Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Liebe Leserinnen und Leser, Deutschland geht es gut im Wahljahr 2017: Prosperität und Wachstum, Steuereinnahmen auf Rekordhöhe, Schuldenabbau bei gleichzeitig steigenden Investitionen, sogar bei der Geburtenrate gibt es eine Trendumkehr. Deutschland scheint der Stabilitätsanker in einer Welt zu sein, die aus den Fugen gerät. Eine Welt, in der Regelbruch zur Normalität wird: in den transatlantischen Beziehungen und selbst in der Europäischen Union, die bis zum Brexit nur eine Richtung kannte – Vertiefung und Erweiterung. In dieser Konstellation treffen die Deutschen bei den Wahlen im September eine richtungweisende Entscheidung mit vielen Folgen – auch für uns Versicherer. In der Rentenpolitik geht es um die Frage, ob kostspielige „Haltelinien“ das austarierte System der Alterssicherung zugunsten einer Ausweitung staatlicher Leistungen verschieben. Generationengerechtigkeit sieht anders aus. Wir beziehen Position und plädieren dafür, das Drei-Säulen-Modell als Grundpfeiler vorsorgender Rentenpolitik mit einem Ausbau der betrieblichen und privaten Vorsorge zu stärken (Seite 4). Die digitale Revolution bricht sich Bahn. Dazu brauchen wir Regeln, die die Verbraucher schützen und gleichermaßen Innovationen und Wachstum fördern und zulassen. Die Digitalisierung verändert die Wertschöpfungsketten – auch bei uns Versicherern: Sie schafft neue Vertriebskanäle, Produkte und Tarife. Wenn Politik, Wirtschaft und Gesellschaft diese Chancen nutzen wollen, dann muss sich auch der Datenschutz der neuen Realität stellen; dann muss das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vielmehr durch eine Stärkung der Datensouveränität gefestigt werden (Seite 16).

Unsere Angebote dazu lauten: Sichere IT-Infrastrukturen in der Kommunikation mit unseren Kunden, Informations-Transparenz bei unseren Produkten, ein Verhaltenskodex beim Datenschutz und ein verbraucherpolitisches Leitbild, das sich am realen Verhalten der Verbraucher orientiert. Unsere verbraucherpolitischen Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, dass sie die selbstbestimmte Entscheidung unserer Kunden unterstützen (Seite 22). Auch in Europa kommen infolge des Brexit-Votums wichtige Entscheidungen auf uns zu. Sie betreffen die künftige Struktur der europäischen Versicherungsaufsicht. Infolge des geplanten Umzugs der European Banking Authority aus London wird eine Reform der europäischen Aufsichtsbehörden diskutiert. Davon wäre auch die europäische Versicherungsaufsicht betroffen. Wir beziehen auch in dieser Frage Position: Das Geschäftsmodell der Versicherer unterscheidet sich grundlegend von dem anderer Finanzdienstleister. Eine eigenständige Versicherungsexpertise bei der zuständigen europäischen Aufsicht ist für unsere Branche unabdingbar (Seite 8). Der Erhalt einer effizienten Versicherungsaufsicht mit höchster fachlicher Qualität ist eines unserer politischen Kernziele in den nächsten Monaten. Unsere Positionen zu weiteren Themen haben wir auf den folgenden Seiten zusammengefasst. Wir blicken mit Spannung auf die Bundestagswahl und freuen uns – davor und danach – auf den weiteren Austausch mit Ihnen.

Berlin, im April 2017

Dr. Alexander Erdland (Präsident)

Dr. Frank von Fürstenwerth (Vorsitzender der Geschäftsführung)

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 

1

D E R G E S A MT V E R B A N D AU F E I N E N B L I C K *

450 M I TG L I E D E R 524.000 E R W E R B S TÄT I G E ** 430,5 Mio. V E R S I C H E R U N G S V E R T R Ä G E 209 Mrd.

E U R O L E I S T U N G E N ***

1,51 Bill. E U R O K A P I TA L A N L A G E B E S TA N D

2  | 

* Zahlen gerundet, inkl. PKV-Verband ** abhängig Beschäftigte (VU und Vermittlergewerbe), selbstständige Versicherungsvermittler/-berater an Versicherungsnehmer ausgezahlte Leistungen und Zuwachs der Leistungsverpflichtungen gegenüber Versicherungsnehmern 2015 GDV –***Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

THEMEN

ALTERSVORSORGE UND NIEDRIGZINS Rentenpolitik mit Realismus...................................................................................................................................................... 4

EUROPÄISCHES FINANZAUFSICHTSSYSTEM Drei-Säulen-Struktur der Aufsicht beibehalten.................................................................................................................... 8

SOLVENCY II UND GLOBALE REGULIERUNGSINITIATIVEN Regulierung muss berechenbar bleiben................................................................................................................................ 10

STEUERN Steuerlicher Rahmen: fair, ausgewogen, effizient ........................................................................................................... 12

VERTRIEBSREGULIERUNG & VERSICHERUNGSVERMITTLUNG Wahlfreiheit erhalten, Digitalisierung ermöglichen ....................................................................................................... 14

DIGITALISIERUNG UND DATENSCHUTZ Chancen der Digitalisierung nutzen – aber sicher ........................................................................................................... 16

VERBRAUCHERSCHUTZ Zeitgemäßer Verbraucherschutz differenziert .................................................................................................................. 22

KLIMAWANDEL Für einen neuen Umgang mit dem Risiko Klimawandel ............................................................................................... 24

PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG PKV: Die starke private Säule im Dualen System .............................................................................................................. 26

VERSICHERER ALS ARBEITGEBER Den digitalen Wandel sozial begleiten ................................................................................................................................. 28

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 

3

A LT E R S V O R S O R G E U N D N I E D R I G Z I N S

Rentenpolitik mit Realismus Niedrigzinsen und demografischer Wandel – in diesem Spannungsfeld bewegt sich die aktuelle Debatte um die Zukunft der Altersvorsorge. Im Sinne der Generationengerechtigkeit muss das Drei-Säulen-System der Alterssicherung weiter gestärkt werden. Der immer wieder diskutierte, einseitige Ausbau der gesetzlichen Rente würde nicht nur die junge Generation überproportional belasten – er taugt auch nicht als Instrument, um Altersarmut wirksam zu verhindern. Im Gegenteil.

  Wahljahre stellen für eine realistische und nachhaltige Rentenpolitik, wie sie der demografische Wandel erfordert, eine besondere Herausforderung dar. Die Debatte um höhere Haltelinien für Niveau und Beitragssätze in der gesetzlichen Rente verdeutlicht das einmal mehr.

Die Riester-Reformen und die Rente mit 67 haben die demografischen Lasten gleichmäßig verteilt. Dieser Erfolg darf nach den Wahlen nicht leichtfertig verspielt werden.

Dabei wurde in der Rentenpolitik mit den RiesterReformen und der Rente ab 67 viel erreicht: Mit dem austarierten Mix aus moderat steigendem Beitragssatz, sinkendem Rentenniveau und perspektivisch längeren Arbeitszeiten bei weiter steigender Lebenserwartung ist das Rentensystem nachhaltiger und stabiler geworden. Die demografischen Lasten werden gleichmäßiger auf Alt und Jung verteilt. Dieser Erfolg darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden – vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass bereits zum Ende dieses Jahrzehnts die Generation der Babyboomer das Rentenalter erreicht. Die gesetzliche Rente wird auch in Zukunft eine starke Säule der Alterssicherung sein. Sie braucht aber ergänzend ein lebenslanges Alterseinkommen aus kapitalgedeckter Vorsorge, um Altersarmut zu vermeiden und bestenfalls den Lebensstandard im Alter zu sichern. Es gilt, die private und betriebliche Altersvorsorge weiter zu stärken – trotz der unverändert anhaltenden Niedrigzinsphase, die ohne Zweifel auf die Vorsorgeaktivitäten drückt. Den Mechanismen, die sich für die gesetzliche Rente in einer Gesellschaft mit zunehmend weniger Beitragszahlern und mehr Rentnern ergeben, kann sich niemand entziehen: Ein höheres – oder auch nur weniger stark sinkendes – Rentenniveau führt zu höheren Beitragssätzen oder zu einer längeren Lebensarbeitszeit. Niedrigere – oder auch nur weniger stark steigende – Beitragssätze sind nur möglich bei einem niedrigeren

4  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Rentenniveau oder bei einem späteren Renteneintritt. Schon ohne neue „Haltelinien“ für das Rentenniveau wird die Beitragsbelastung für Arbeitnehmer in den kommenden Jahrzehnten stark zunehmen: Im Jahr 2045 werden sich die Sozialversicherungsbeiträge insgesamt auf rund 50 Prozent addieren. Denn auch die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung werden demografisch bedingt weiter steigen. Ein sozialpolitisch wichtiges Thema bleibt die Absicherung von Selbstständigen. Dabei kann es nicht um eine generelle Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung für alle Selbstständigen gehen. Zu offensichtlich würde hier auf einen kurzfristigen Einnahmeeffekt für die Rentenkasse gesetzt. Dem stehen aber langfristig zusätzliche Ausgaben gegenüber. Entscheidend ist, dass die Betroffenen ziel- und bedarfsgerecht für ihr Alter vorsorgen und den Sicherungsträger frei wählen können. Die Basis- bzw. „Rürup“-Rente ist seinerzeit genau mit dieser Zielrichtung entwickelt worden. Ein weiterer wichtiger Hebel wäre, dass auch (Solo-)Selbstständige eine Riester-Förderung erhalten könnten. Damit würde flexiblen Erwerbsbiografien besser Rechnung getragen und durchgängige Vorsorge erleichtert. In der Diskussion um die Zukunft der Alterssicherung helfen Verweise auf das Ausland wie zum Beispiel Österreich hingegen kaum weiter. Es nützt wenig, Einzelaspekte herauszugreifen und zu unterstreichen, ohne das auch dort komplexe Alterssicherungssystem in seiner Gesamtheit zu betrachten. So wird in der aktuellen Debatte die in Österreich gemessen am Lohn relativ hohe Rente hervorgehoben. Dabei wird übersehen, dass diese nur für das erste Jahr im Ruhestand gilt. Danach wächst die Rente nur noch entlang der Inflationsrate, nicht aber entlang der Reallöhne wie hierzulande. Auch die für Österreich vergleichsweise günstigere demografische Perspektive sowie die bereits heute erheblich höheren Finanzierungskosten werden oft ausgeblendet.

Gleichwohl bleibt es im Sinne eines Vergleichs auf europäischer Ebene richtig, dass die EU überprüft, ob und wie Renten-Reformen angegangen, eingeschlagene Reformwege fortgesetzt und weitere rentenpolitische Herausforderungen identifiziert werden. Die demografisch bedingt stetig steigenden Rentenausgaben sind ein Risiko für die finanzielle Tragfähigkeit und

Nachhaltigkeit der Haushalte in den EU-Ländern. Gut ist auch, dass die EU-Kommission mehr ergänzende Vorsorge erreichen will. Welchen Beitrag dabei neue EU-weite Standardprodukte wie das PEPP (Pan-European Personal Pension Product) leisten können, wird sehr davon abhängen, ob sie als echte Altersvorsorgeprodukte ausgestaltet werden.

Unsere Positionen Verlässlichen Kurs in der Rentenpolitik beibehalten Die Antwort auf den demografischen Wandel kann nicht im Aufweichen längst beschlossener Reformen liegen. Die dank steigender Lebenserwartung gewonnene Lebenszeit kann nicht allein für einen längeren Ruhestand genutzt werden. Wenn es gelänge, das tatsächliche Renteneintrittsalter an die Regelaltersgrenzen heranzuführen, wäre bereits viel für Arbeitsmarkt und Beschäftigung, die Stabilisierung der Rentenfinanzen sowie für die Versorgung des Einzelnen gewonnen. Hohe Haltelinien für das Rentenniveau bedeuten zusätzlich zur Rente mit 63 und der falsch finanzierten Mütterrente neue Lasten für die Beitragszahler. Und trotz dieser Mehrkosten helfen sie bei der Vermeidung von Altersarmut nicht weiter: Eine pauschale prozentuale Anhebung des aktuellen Rentenniveaus nützt denjenigen mit den höchsten Renten absolut betrachtet am stärksten. Wer eine geringe Rente bezieht, erhält hingegen entsprechend nur eine geringe Anhebung. Rationale Politik zur Bekämpfung der Altersarmut muss stattdessen an den Ursachen für geringe Renten ansetzen, die Bildungschancen in unserer Gesellschaft erhöhen, und sie muss Lücken in der Erwerbshistorie und Unterbrechungen in der Vorsorge vermeiden.

 Stärkung der betrieblichen Altersversorgung voranbringen Das Betriebsrentenstärkungsgesetz enthält notwendige und richtige Ansätze, um die betriebliche Altersversorgung (bAV) zu stärken. Die Verbreitung der Betriebsrenten konnte zuletzt nicht mehr mit dem hohen Beschäftigungszuwachs Schritt halten. Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen fehlen solche Angebote ebenso wie für Geringverdiener. Die

jetzt vorgesehene Förderung mit einem gezielten Geringverdiener-Zuschuss und Freibeträgen in der Grundsicherung im Alter setzen hier wichtige Anreize, damit mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusätzlich für ihren Ruhestand vorsorgen. Das künftig höhere steuerfreie Dotierungsvolumen (8 Prozent der BBG) trägt für die Arbeitgeber zur Vereinfachung bei und schafft mehr Spielräume für bAV. Ein weiterer wesentlicher Beitrag zur Vereinfachung wäre die leichtere Umsetzung von Modellen der automatischen Entgeltumwandlung – freiwillig für den Arbeitgeber und mit Opt-out-Möglichkeit für die Beschäftigen. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen, die oft nicht tarifgebunden sind, müssen rechtssichere Regelungen auf Betriebsebene möglich sein. Wichtig ist in jedem Fall, dass bestehende Modelle durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz nicht beschädigt werden. Der Umgang mit Garantien in der bAV bleibt eine Herausforderung. Dass diese aber wegen des derzeitigen Niedrigzins­umfeldes bei neuen Tarifmodellen dauerhaft ausgeschlossen werden sollen, ist nicht nachvollziehbar. So notwendig es ist, Renditechancen zu nutzen, so wichtig sind eine gewisse Planbarkeit von Altersvorsorge und ein Mindestmaß an Absicherung. Das Garantieverbot sollte zumindest in der Rentenphase gelockert werden. Vor allem für Geringverdiener wären schwankende oder sinkende Renten besonders schwer zu verkraften.

Private Altersvorsorge weiter entwickeln Darüber hinaus gilt es, auch die Riester-Rente weiter zu stärken. Betriebliche Altersversorgung und RiesterRente ergänzen sich. Unter Geringverdienern ist Riester die mit Abstand am weitesten verbreitete Form der ergänzenden Altersvorsorge.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 

5

A LT E R S V O R S O R G E U N D N I E D R I G Z I N S

1.000 Riester-Sparer werden bei 2.100 € gedeckelt. Bei der betrieblichen Altersversorgung ist die Obergrenze an die Beitragsbemessungsgrenze der GRV gekoppelt (4 % der BBG), d. h. die Obergrenze ist höher und wächst.

500 0

2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030 2032 2034 2036

Quelle: GDV 2017

Das Zulagenverfahren sollte unbedingt vereinfacht werden – etwa indem die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen die Voraussetzungen für die

*ab 2016 Schätzung (Steuerschätzung Nov. 2016)

6  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer +8,0 2017

600,0 (+26,6)

Eckrentner Riester

573,4 (+42,8)

Besserverdiener Riester

1.500

530,6 (+6,6)

2.000

524,0 (-37,2)

2.500

561,2 (+23,0)

Deckelung bei 2.100 €

538,2 (+49,8)

Eckrentner bAV

3.000

488,4 (+36,3)

Besserverdiener bAV

3.500

Viele Bürgerinnen und Bürger können nicht abschätzen, mit welchen Leistungen sie im Alter rechnen können und wie hoch mögliche Versorgungslücken sind. Dabei steigt der Bedarf, InformatiSteigerung zum Vorjahr ProzentGeonen aus allen drei Säulen fürin einen samtüberblick zusammenzuführen. Ein Vorbild für eine online-basierte, säulenübergreifende Renteninformation findet sich zum Beispiel bereits in Dänemark. Zentrale Erfolgskriterien für eine solche Plattform sind ein möglichst vollständiger Überblick über die Altersvorsorge, die leichte Bedienbarkeit und ein großer po2038 tenzieller Nutzerkreis. Datenschutz und Datensicherheit müssen gewährleistet sein. Ein solches Vorhaben braucht außerdem technisch praktikable und kostenbewusste Lösungen, die von der Politik und den Trägern der Altersvorsorge möglichst breit unterstützt werden. 452,1 (+9,3)

4.000

 Orientierung in der Altersvorsorge verbessern

442,8 (+0,6)

Maximaler geförderter Jahresbeitrag in Euro

Und noch einen weiteren Hemmschuh gilt es bei der Basisrente zu beseitigen. Der für die Selbstständigen wichtige Erwerbsminderungsschutz kann nur dann kostengünstig angeboten werden, wenn eine Erwerbsminderungsrente auch als Zeitrente maximal bis zum Altersrentenbeginn geleistet werden darf.

442,2 (+0,5)

Nachteil der Riester-Förderung im Vergleich zur betrieblichen Altersversorgung

Die Attraktivität der insbesondere für Selbstständige konzipierten Basisrente leidet bisher darunter, dass die steuerliche Förderung speziell bei geringer Verdienenden vielfach nicht oder nicht in voller Höhe ankommt. Der Sonderausgabenabzug wirkt nur da, wo Steuern zu zahlen sind. Dieser Effekt lässt sich – übrigens ohne großen Aufwand für Verwaltung und Anbieter – einfach beseitigen: Es wäre zu regeln, dass für einen Beitrag beispielsweise bis zu 3.000 Euro stets eine Förderung in Höhe von mindestens 40 Prozent gewährt wird.

441,7 (-4,5)

Wichtig ist vor allem, den förderfähigen Höchstbeitrag der Riester-Rente anzuheben und zu dynamisieren. Dieser starre Betrag von 2.100 Euro wirkt wie ein „Deckel“. Somit kann die Riester-Rente für einen stetig wachsenden Teil der gesetzlich Rentenversicherten ihre Funktion, nämlich die Absenkung des Rentenniveaus in der ersten Säule auszugleichen, nicht mehr erfüllen. Schon heute können rund 15 Prozent der Riester-Kunden nicht mehr die seinerzeit vorgesehen 4 Prozent ihres versicherungspflichtigen Einkommens in ihren Riester-Vertrag einzahlen – Tendenz steigend. Der Eckrentner ist „erst“ 2026 betroffen. Bei Versicherten, die 130 Prozent des Durchschnittsverdienstes erhalten, greift der Deckel schon ab 2020 (siehe Grafik).

 Basisrente als wichtigen Baustein der Altersvorsorge verbessern

446,2 (-21,1)

Damit die Riester-Rente mehr Menschen erreicht, muss sie den gesellschaftlichen Realitäten und der Einkommensentwicklung der letzten Jahre angepasst werden. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz mit einer leichten Erhöhung der Riester-Grundzulage um 7 Prozent hat symbolische Wirkung, geht hier nicht weit genug. Die Grundzulage sollte moderat von heute 154 auf 200 Euro angehoben werden, die Kinderzulage einheitlich 300 Euro betragen.

Gewährung von Zulagen bereits vor der Auszahlung zeitnah prüft. Aufwändige und damit kostentreibende Rückforderungen der Zulagen könnten so vielfach vermieden werden.

467,3 (+14,2)

Riester-Rente vom Deckel befreien

Ausgab Einnah Nettok

Quelle: Bundesministerium fü

Fairer Lastenausgleich in der Niedrigzinsphase Die aktuell außerordentlich niedrigen Zinsen führen dazu, dass die Rendite für klassische Lebens- und Rentenversicherungen sinkt. Um auch in der Niedrigzins­ phase eine attraktive Produktgestaltung zu ermöglichen, müssen die Kosten der Niedrigzinspolitik fair verteilt und die Risiken reduziert werden, die aus der aktuellen Regulierung erwachsen.

 Zinszusatzreserve neu justieren Versicherer bilden heute eine zusätzliche Rücklage, um auch in Zeiten niedriger Zinsen die höheren Garantien aus früheren Jahren erfüllen zu können – die Zinszusatzreserve (ZZR). Insgesamt wurden dafür seit 2011 über 44 Milliarden Euro zur Seite gelegt – allein im vergangenen Jahr rund zwölf Milliarden. Damit beträgt der garantierte Rechnungszins im Mittel bereits heute 2,3 Prozent statt 2,9 Prozent ohne die ZZR. Wenn die aktuelle Niedrigzinsphase anhält und die Vorgaben zur Bildung der ZZR nicht an diese Situation angepasst werden, wird diese Reserve bis 2024 extrem steigen. Damit die übermäßige Reservebildung nicht ein Problem für die Unternehmen und damit auch für die Kunden wird, müssen die Regeln für die Zinszusatzreserve jetzt nachjustiert werden.

 Anpassung der Rückkaufswerte an den Marktwert von Anleihen Eine länger anhaltende Niedrigzinsphase schafft neue Probleme. So könnte ein sprunghafter Zinsanstieg dazu führen, dass die Marktpreise zum Beispiel von Anleihen deutlich sinken. Da diese Anleihen in den Bilanzen der Versicherer aber mit einem höheren Buchwert geführt werden, entstehen sogenannte „stille Lasten“. Kommt es aufgrund des Zinsanstiegs zu einer Kündigungswelle, müssen diese stillen Lasten unter Umständen realisiert werden. Das heißt: Versicherer müssten im Zweifelsfall Zinspapiere zu einem schlechten Kurs verkaufen, um die Forderungen der Kunden in Gänze zu erfüllen. Aus stillen Lasten würden dann echte Verluste – die aber alleine zulasten der verbleibenden Kunden gingen. Die Gewinne aus der Neuanlage zu höheren Zinsen kämen allein den kündigenden Versicherungsnehmern zugute. Um dieses Risiko zu vermeiden und eine gerechte

Behandlung aller Versicherten sicherzustellen, wäre es sachgerecht und notwendig, die geltenden Regelungen zu Rückkaufswerten bereits heute für die beschriebene Situation anzupassen.

Verantwortungsvoll anlegen zum Wohle der Kunden Angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase bemühen sich Versicherer, ihre Anlagebasis zu verbreitern und Anlagen zu diversifizieren. Investitionsmöglichkeiten in die Infrastruktur können hier als wirksame Hebel dienen.

 Effizienzvorteile mit der Einbindung privaten Kapitals heben Die von der Bundesregierung geplante Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft ist aus Sicht der Versicherungswirtschaft ein gutes Mittel, um die für den Erhalt und Ausbau der Autobahnen benötigten Investitionen langfristig zu sichern. Finanzierung, Bau und Betrieb der Fernstraßen wären künftig auf Ebene des Bundes gebündelt. Dadurch können Ineffizienzen überwunden werden, die sich in der Vergangenheit aus unterschiedlichen Kompetenzen und Interessen zwischen Bund, Ländern und Landesstraßenbauverwaltungen ergeben haben. Die zugleich vorgesehene Pkw-Maut wäre zweckgebunden und würde einen geschlossenen Finanzierungskreislauf schaffen. Die Bundesfernstraßengesellschaft soll im unveräußerlichen Besitz des Staates bleiben, was die Versicherungswirtschaft befürwortet. Auf Projektebene sollte die Gesellschaft jedoch die Gelegenheit nutzen, um privates Kapital einzubinden und Effizienzvorteile zu heben. Denn die Beteiligung von Investoren über Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) zahlt sich für den Steuerzahler langfristig aus. So liegen laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) die Projektkosten beim Autobahnbau über einen Zeitraum von 30 Jahren bei ÖPP selbst bei vorsichtigen Annahmen um zehn Prozent niedriger als bei konventioneller Beschaffung. Die Einsparungen durch kürzere Bauzeiten und seltenere Reparaturen dank höherer Qualität gleichen die höheren Finanzierungskosten des privaten Investors mehr als aus.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 

7

E U R O PÄ I S C H E S F I N A N Z A U F S I C H T S S Y S T E M

Drei-Säulen-Struktur der Aufsicht beibehalten Die europäische Aufsichtsstruktur für den Finanzmarkt hat sich bewährt. Die Versicherungswirtschaft wendet sich entschieden gegen eine Abkehr vom Drei-Säulen-Modell, die derzeit von der EU-Kommission diskutiert wird. Bei der Fusion der Banken- und Versicherungsaufsicht in eine Institution müssen die Besonderheiten des Geschäftsmodells der Versicherer gewährleistet bleiben.

untersucht. Sie stellte in ihrem  Die europäische AufsichtsEine eigenständige VersiBericht fest, dass sich das Sysstruktur wurde nach der Finanzcherungsexpertise bei der tem im Grundsatz bewährt krise umfassend reformiert und zuständigen europäischen habe. Im März 2017 hat die fußt seit dem 1. Januar 2011 auf Aufsicht ist für unsere EU-Kommission erneut eine einem Drei-Säulen-Modell. Jeder Branche unabdingbar. Konsultation gestartet, die sich Teilbereich des Finanzmarkts mit der Tätigkeit der drei eurohat seine eigene, unabhängige europäische Aufsichtsbehörde: Die EIOPA für das Ver- päischen Aufsichtsbehörden (European Supervisory sicherungswesen und die betriebliche Altersvorsor- Authorities, ESAs) beschäftigt. Ursprünglich wollte sie ge (European Insurance and Occupational Pensions sich dabei auf die Governance und die Finanzierung der ESAs konzentrieren. Wegen der im Zuge des BreAuthority), die EBA für die Banken (sowie die EZB für große Institute) (European Banking Authority) und die xit erforderlichen Verlegung der Europäischen AufESMA für den Wertpapierbereich (European Securities sichtsbehörde EBA ist jedoch eine breitere Debatte and Markets Authority). EIOPA ist damit beauftragt, entstanden. im Versicherungsbereich die Arbeit der nationalen Einen Schwerpunkt der Konsultation bildet das ManAufsichtsbehörden (in Deutschland die BaFin) zu koordinieren und sicherzustellen, dass EU-Regeln in den dat der ESAs. Es wird etwa die Frage aufgeworfen, ob die bestehenden Befugnisse ausreichen, um die einMitgliedstaaten einheitlich angewendet werden. heitliche Umsetzung der EU-Regeln in den MitgliedDie EU-Kommission hat die neu eingeführte Auf- staaten sicherzustellen. Zudem sollen neue Tätigkeitsgebiete identifiziert werden. sichtsarchitektur im Jahr 2014 erstmals eingehend

Der Brexit und die Folgen: Bleibt das so? Aufbau des Europäischen Finanzaufsichtssystems (ESFS)

Europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) Sitz bei der EZB in Frankfurt am Main

Gemeinsamer Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden

EBA*

EIOPA

ESMA

Europäische Bankenaufsichtsbehörde

Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersvorsorge

Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde

Nationale Aufsichtsbehörden

Nationale Aufsichtsbehörden

Nationale Aufsichtsbehörden

* Die operative Aufsicht über die 130 größten Banken übt im Rahmen der Bankenunion zentral die EZB aus.

8  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Quelle: GDV 2017

Weiterhin erwägt die EU-Kommission, die ESAs neu zu strukturieren, etwa indem EBA und EIOPA zusammengelegt werden. Eine Option scheint dabei zu sein, die Aufsicht über die Unternehmen (Solvenzaufsicht) und die Aufsicht über das Marktverhalten/ Verbraucherschutz (Marktaufsicht) jeweils von eigenständigen, sektorübergreifend agierenden Aufsichtsbehörden wahrnehmen zu lassen (sog. Twin Peak-Ansatz). Außer der Organisationsstruktur will die EU-Kommission auch die künftige Finanzierung der ESAs klären. Bisher werden die Behörden zu 60 Prozent aus den Haushalten der nationalen Aufseher und zu 40 Prozent aus dem EU-Gesamthaushalt finanziert. Diskutiert wird seit längerem, eine vollständige Industriefinanzierung einzuführen.

Unsere Positionen Eigenständige Versicherungsexpertise auf europäischer Ebene stärken Das Drei-Säulen-Modell in der europäischen Finanzaufsicht hat sich bewährt. Es stellt sicher, dass die unterschiedlichen Belange der drei Sektoren angemessen berücksichtigt werden und die Aufsichtsbehörden über spezialisierte Kenntnisse verfügen. Denn das Geschäftsmodell der Versicherer unterscheidet sich grundlegend von dem anderer Finanzdienstleister. Diese Unterschiede zu den Banken und Wertpapierdienstleistern bilden sich auch im Regulierungssystem der Solvency II-Richtlinie ab. Ein notwendig gewordener neuer Standort der EBA allein kann kein Grund dafür sein, die Struktur der europäischen Aufsicht grundlegend umzugestalten. Erforderlich ist vielmehr eine sachliche Auseinandersetzung mit dem bestehenden System und den Erfahrungen der betroffenen Stakeholder. Jedenfalls muss – unabhängig von dem künftigen System – eine eigenständige Versicherungsexpertise bei der zuständigen europäischen Aufsicht im Versicherungsbereich vorhanden sein.

Twin Peak-Modell ungeeignet Den sog. Twin Peak-Ansatz lehnen die deutschen Versicherer ab. Eine strikte Trennung zwischen Solvenzund Marktaufsicht ist im Versicherungssektor praktisch nicht möglich. Zu befürchten wären unnötige Doppelaufsicht und Abstimmungsbürokratie zulasten der beaufsichtigten Unternehmen. Zudem muss der Schutz des Versicherungskollektivs gewährleistet sein: Bei Entscheidungen zugunsten Einzelner oder kleiner Gruppen müssen Auswirkungen auf dieses immer mitbedacht werden. Diesen Gesamtblick können Aufsichtsbehörden, die streng zwischen Solvenzund Marktaufsicht unterscheiden, nicht leisten.

ESAs müssen bestehende Aufsichtsbefugnisse effizient einsetzen Die ESA-Verordnungen sehen bereits heute umfangreiche Rechte für die ESAs vor. Die Befugnisse, die darauf abzielen, für eine einheitliche Anwendung

der EU-Regeln in den Mitgliedstaaten zu sorgen, haben die ESAs bislang nicht ausgeschöpft. Um wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen ist es erforderlich, Ressourcen angemessen zu priorisieren, damit die bestehenden Befugnisse wirklich genutzt werden können. Solange dies nicht geschieht, kommt die Diskussion darüber zu früh, diese Rechte auszudehnen.

Operative Aufsicht bei nationalen Behörden belassen; Europäische Verbraucherschutzbehörde nicht notwendig Die operative Aufsicht über nationale Versicherungsmärkte und -unternehmen sollte bei den nationalen Aufsichtsbehörden verbleiben. Eine durchsetzungsstarke und eigenständige deutsche Versicherungsaufsicht durch die BaFin bleibt unerlässlich. Auch der Verbraucherschutz sollte entsprechend der Kompetenzverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten subsidiär durch die nationalen Behörden gewährleistet werden. Eine europäische Verbraucherschutzbehörde ist nicht notwendig. Die ESAs verfügen bereits heute über ausreichende Befugnisse, die einheitliche Anwendung der EU-Verbraucherschutzvorgaben in den Mitgliedstaaten zu koordinieren und zu überprüfen. Diese Aufgabe muss indes noch stärker priorisiert werden.

Auswirkungen einer geänderten Finanzierung der ESAs berücksichtigen Die deutsche Versicherungswirtschaft befürwortet eine hinreichende finanzielle Ausstattung von EIOPA, damit diese die ihr übertragenen Aufgaben als unabhängige Behörde wahrnehmen kann. Eine ungesteuerte Aufgabenausweitung bei gleichzeitiger Finanzierung durch die beaufsichtigten Branchen muss aber in jedem Fall vermieden werden. Auch zukünftig sollte ein relevanter Anteil der Finanzierung der ESAs aus dem EU-Budget stammen. So wird gewährleistet, dass das EU-Parlament über die öffentliche Budgetkontrolle Einfluss auf die notwendige Aufgabenpriorisierung von EIOPA nehmen kann.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 

9

S O LV E N C Y I I U N D G L O B A L E R E G U L I E R U N G S I N I T I AT I V E N

Regulierung muss berechenbar bleiben Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden haben in den vergangenen Jahren in Reaktion auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zahlreiche Regulierungsinitiativen angestoßen und zum Teil bereits umgesetzt. Von herausragender Bedeutung ist der – bislang gelungene – Start von Solvency II. Um die Wirksamkeit des Systems nicht zu gefährden, darf es keine voreiligen Änderungen am Regelwerk geben.

  Solvency II ist das mit Abstand wichtigste Regulierungsprojekt für die Versicherungswirtschaft. Der Paradigmenwechsel vom bilanzorientierten zum risikound marktwertbasierten Regelwerk ist grundsätzlich gelungen. Die Anwendungserfahrungen der ersten zwölf Monate zeigen, dass das System funktioniert. Erwartungsgemäß gibt es in Details Anpassungsbedarf – für tiefgreifende Eingriffe in das Regelwerk gibt es aber überhaupt keine Veranlassung. Dies gilt insbesondere für den festgelegten langfristigen risikofreien Zinssatz (Ultimate Forward Rate – UFR).

Guter Start in Solvency II

31.12.2015 31.03.2016

Bedeckungsquoten* in Prozent Gesamtmarkt

Eine kurzfristige Änderung der Berechnungsmethodik ist ökonomisch nicht zu begründen und würde zudem politischen Entscheidungen, die die Einführung von Solvency II erst möglich gemacht haben, zuwiderlaufen. Kernelemente von Solvency II will die Europäische Kommission bis 2018 evaluieren. Bei diesem Zeitplan muss es bleiben. Anpassungen sind hingegen dort notwendig, wo Regeln zu komplex sind, als dass sie von den Unternehmen sinnvoll umgesetzt werden könnten. Dies betrifft einige Elemente der Standardformel. Unbefriedigend ist zudem die bisherige Anwendung des Proportionalitätsprinzips. Entlastungsmöglichkeiten für kleinere Unternehmen, die in der Solvency-II-Richtlinie verankert sind, werden in Deutschland nur unzureichend genutzt bzw. zugelassen.

800

305

(inkl. Rück- und Krankenversicherung)

280 283

Lebensversicherung

209

Schaden-/Unfallversicherung

278 280 100

200

300

*Verhältnis von vorhandenen Eigenmitteln zum erforderlichen Kapitalpuffer SCR Quelle: BaFin 2016

Parallel zum Solvency-II-Reviewprozess700 schreitet die Entwicklung des globalen Regulierungs- und Aufsichtssystems voran. Bislang sind der künftige600 Regulierungsrahmen (ComFrame) und kommende Kapitalstandards 500 (ICS) scheinbar nur für die großen, grenzüberschreitend tätigen Versicherer relevant – doch es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, dass die globale400 Harmonisierung auch kleinere Unternehmen betrifft.

300

Unsere Positionen Überprüfung der Solvency IIStandardformel mit Augenmaß Die Europäische Kommission muss bis Ende 2018 die Standardformel zur Berechnung der Solvenzkapitalanforderung (SCR) überprüfen. Die Untersuchungen werden zunächst von der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA durchgeführt, die der EU-Kommission anschließend konkrete Änderungsvorschläge vorlegt. Wichtigstes Ziel dieser Überprüfung sollte es sein, die überbordende Komplexität der Standardformel zu reduzieren, um die

10  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

800 700

SCR-Berechnung für Unternehmen und Aufsicht besser handhabbar zu machen. Keinesfalls600 sollten die Änderungen dazu genutzt werden, die Kapitalanforderungen für die Versicherungen weiter zu 500verschärfen. Da schon kleinere Änderungen der Standardformel die Solvenzergebnisse erheblich verändern können, 400 sollten alle vorgeschlagenen Änderungen zunächst 300 in einer branchenweiten Auswirkungsstudie getestet werden. Und wenn die Standardformel geändert werden sollte, muss ein ausreichender zeitlicher Vorlauf es den Unternehmen ermöglichen, dann die notwendigen Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen.

Quelle: Bund

Was ist die UFR?

Solvency II-Berechnungen nicht kurzfristig ändern – UFR stabil halten Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Änderung der UFR weder notwendig noch sinnvoll. Bis zu den ohnehin bevorstehenden Überprüfungen der Solvency II-Standardformel und sämtlicher LTG-Maßnahmen sollte die UFR auf ihrem ursprünglichen Niveau von 4,2 Prozent belassen werden. Eine Änderung der UFR darf nicht isoliert erfolgen, sondern muss in den Gesamtzusammenhang der quantitativen Bestimmungen eingebettet sein. Alles andere würde den Willen der europäischen Gesetzgeber konterkarieren.

Lebensversicherer geben für die Altersvorsorge langfristige Garantien und gehen dazu langfristige Verbindlichkeiten ein. Bewertungsgrundlage dieser Verbindlichkeiten und damit der zu bildenden Rückstellungen ist die sogenannte risikofreie Zinsstrukturkurve. Diese Zinskurve wird von der Aufsichtsbehörde EIOPA auf Grundlage aktueller Marktzinsen bestimmt. Da es für sehr lange Laufzeiten keine verlässlichen Marktdaten gibt, muss die Zinskurve sinnvoll fortgeschrieben werden. Entscheidend dafür ist, welcher Zins aus heutiger Sicht für Kapitalanlagen in ferner Zukunft zu erwarten ist. Dieser Erwartungszins ergibt sich als Annäherung an die so genannte „Ultimate Forward Rate“ (UFR). Die UFR ist bislang auf 4,2 Prozent festgelegt. Doch selbst von heute gerechnet in 150 Jahren wird der Zinssatz, den Unternehmen für Kapitalanlagen rechnerisch ansetzen dürfen, noch unter diesen 4,2 Prozent liegen.

Proportionalitätsprinzip stärken Eine konsequente Beachtung des Proportionalitätsprinzips in der Aufsichtspraxis ist insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen essenziell. Um Wettbewerbsnachteile durch unverhältnismäßigen Regulierungsaufwand zu vermeiden, sollten in der Aufsichtspraxis auch Erleichterungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Berichts- und Dokumentationspflichten sowie beim Aufbau der Unternehmensorganisation konsequent genutzt werden. Das betrifft insbesondere die Themenbereiche Governance-System, die unternehmenseigene Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung (Own Risk and Solvency Assessment – ORSA), das Outsourcing, die Prüfung der Solvabilitätsübersicht sowie die Quartalsberichterstattung. Darüber hinaus muss geprüft werden, ob nicht eine deutliche Anhebung der Schwellenwerte für die Anwendung von Solvency II sachgerecht wäre.

Transparenz bei Entwicklung globaler Standards gewährleisten Die fortschreitende Vernetzung der internationalen Finanzmärkte erfasst zunehmend die Versicherungswirtschaft. Für den entstehenden globalen Versicherungsmarkt müssen jedoch geeignete Aufsichtsstrukturen geschaffen werden, um ein vergleichbares Regulierungsumfeld insbesondere für international agierende Versicherer zu schaffen. Daher geht die von der International Association of Insurers Supervisors (IAIS) im Jahr 2010 angestoßene Erarbeitung des „Common Framework for the Supervision of Internationally Active Insurance Groups

(ComFrame)“ grundsätzlich in die richtige Richtung. Gleiches gilt für den geplanten globalen Kapitalstandard für international aktive Versicherungsgruppen („Risk Based Global Insurance Capital Standard – ICS“). Neue Anforderungen können aber nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn sie für alle Unternehmen handhabbar sind. Um dies sicherzustellen, müssen Diskussions- und Entscheidungsprozesse transparent bleiben und im konstruktiven Dialog mit allen potenziell Betroffenen geführt werden, nicht in einem exklusiven Kreis.

Globale Regulierungsinitiative nur im Einklang mit Solvency II Die Entwicklung weltweit einheitlicher Kapitalstandards (ComFrame, ICS) ist vorerst nur für die großen, international operierenden Versicherer relevant, langfristig dürften aber alle Unternehmen einbezogen werden. Aus europäischer Perspektive ist entscheidend, dass die globalen Regulierungsinitiativen die Regeln und Verfahren von Solvency II nicht konterkarieren. Ganz wesentlich für die weitere Entwicklung ist, dass unter Solvency II bestehende interne Modelle auch beim ICS zur Anwendung kommen können. Dafür spricht bereits, dass die Unternehmen erhebliche Mittel in die Entwicklung der internen Modelle investiert haben. Vor allem aber lässt sich das Risikoprofil international aktiver Versicherungsgruppen über interne Modelle wesentlich genauer abbilden als über einen vereinfachenden globalen Standard.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 11

STEU ER N

Steuerlicher Rahmen: fair, ausgewogen, effizient Für Versicherungsunternehmen und deren Produkte müssen auch künftig ausgewogene und verlässliche steuerliche Rahmenbedingungen gelten – fair, effizient, wachstumsfreundlich und unter Vermeidung negativer, ungewollter Auswirkungen auf Versicherungsunternehmen und deren Kunden.

  Jeder Staat ist auf einen soliden Haushalt und beständige Steuereinnahmen angewiesen. Innere und äußere Sicherheit, Gesundheit, Rente, Bildung und Kultur können nur dann vom Staat finanWir stehen zu unserer gesellziert werden, wenn schaftlichen Verantwortung. alle, d. h. auch große Missbräuchliche Steuer­ Wirtschaftsunternehgestaltungen lehnen wir ab. men, Steuern zahlen und damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. Dazu zählt auch Steuerehrlichkeit; missbräuchliche Steuergestaltungen lehnen wir daher ab. Die deutschen Versicherer stehen zu ihrer Verantwortung und tragen

– auch künftig – einen wichtigen und verlässlichen Beitrag zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben bei. Auf der anderen Seite muss der Staat dafür Sorge tragen, dass die – auch steuerliche – Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gewahrt bleibt. Dies setzt eine stete Reformbereitschaft voraus, um möglichst wachstumsfreundliche steuerliche Rahmenbedingungen zu gewährleisten – etwa im Rahmen einer stärker ertragsorientierten Unternehmensbesteuerung. Und auch auf aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen muss das Steuerrecht ausgewogen reagieren und deshalb besondere Belastungen der Unternehmen durch die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken berücksichtigen.

Unsere Positionen Angemessene und einheitliche Umsetzung des „BEPS-Projekts“

Finanzinstrumente nur auf nahestehende Personen zu beziehen.

Das sog. BEPS-Projekt der OECD (Base Erosion and Profit Shifting, auf Deutsch etwa Gewinnkürzung und Gewinnverlagerung) verfolgt das Ziel, den schädlichen Steuerwettbewerb unter Staaten zurückzudrängen und Steuergestaltungen international tätiger Unternehmen einzudämmen. Die einzelnen Maßnahmen im Rahmen des BEPS-Projekts sollten – zumindest innerhalb der EU – einheitlich umgesetzt werden. Mehrbelastungen für steuerlich korrekt handelnde Unternehmen sollten dabei unbedingt vermieden und ein organisatorischer Mehraufwand für die Wirtschaft begrenzt werden.

Zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sollte von einer Verpflichtung zur Offenlegung der länderbezogenen steuerlichen Berichterstattung (sog. öffentliches Country-by-Country-Reporting) Abstand genommen werden. Eine solche Offenlegungspflicht wäre mit erheblichen Nachteilen für europäische Unternehmen verbunden, welche sich mit einer tatsächlichen Verbesserung der steuerlichen Transparenz nicht rechtfertigen lassen.

Die speziell für Versicherungsunternehmen wichtige Möglichkeit zur nachhaltigen Stärkung der Eigenmittel nach Solvency II durch die (Kapitalmarkt-) Emission von hybriden Finanzinstrumenten (bspw. Hybridanleihen) darf steuerlich nicht erschwert oder gar unmöglich gemacht werden. Wir plädieren dafür, dem Vorschlag der OECD zur BEPS-Maßnahme „Hybrid mismatch arrangements“ zu folgen und die neuen steuerlichen Regelungen für hybride

12  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang ebenfalls vorgesehenen Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer in Europa (sog. GKKB) sollten Besonderheiten des nationalen Steuerrechts ausreichend Berücksichtigung finden.

Zukunftsfähige Regelung für Beitragsrückerstattungen schaffen Seit Langem setzen wir uns dafür ein, dass Versicherungsunternehmen ihre Auszahlungen an Kunden

Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden und für EU in Milliarden Euro

+4,2

700

+4,6

+3,3

8

+3,9

600

Steigerung zum Vorjahr in Prozent

+4,6 +10,2

500

+3,1

+3,3

7

+8,1

+4,3 -6,6

+1,3

6

+8,0 -4,5

-1,0

+0,1

+0,1

+2,1

5 724,5

695,5

673,3

643,6

619,7

600,0

573,4

530,6

524,0

561,2

538,2

488,4

452,1

442,8

442,2

441,7

0

446,2

400 467,3

grundsätzlich als Betriebsausgabe steuermindernd berücksichtigen können. Die Vorschrift des § 21 Körperschaftsteuergesetz könnte damit abgeschafft werden. Bei einer Überarbeitung des § 21 Körperschaftsteuergesetz sollte eine weitgehende Anknüpfung an das Aufsichtsrecht erfolgen – etwa bei der Ermittlung des steuerlich zulässigen Höchstbetrags der sog. freien Rückstellung für Beitragsrückerstattung.

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016* 2017*

Quelle: Datensammlung zur Steuerpolitik, Ausgabe 2015, Juli 2016

Anpassung der Verzinsung im Steuerrecht an das Niedrigzinsumfeld Die im Steuerrecht maßgeblichen Zinssätze entsprechen nicht dem seit Jahren niedrigen Zinsniveau an den Kapitalmärkten. Während eine 10-jährige Bundesanleihe eine Rendite von unter Null  Prozent aufweist, müssen Steuerpflichtige Steuernachzahlungen mit jährlich 6  Prozent verzinsen. Auch bei der Abzinsung von Rückstellungen ist ein derzeit völlig unrealistischer Zinssatz von 5,5 Prozent anzuwenden. Die kapitalmarktunabhängig fixierten Zinssätze im Steuerrecht führen zu einer Asymmetrie zulasten der Steuerpflichtigen und zu Fehlanreizen für die Finanzverwaltung wie für die Steuerpflichtigen.

 Abgeltungsteuer nicht abschaffen Mit der Einführung der Abgeltungsteuer sollte die kompliziert gewordene Besteuerung der Kapitalerträge für die Steuerpflichtigen wie für die Finanzverwaltung wesentlich erleichtert werden. Das Verfahren hat sich bewährt und sollte nicht schon wieder aufgegeben werden. Der erhebliche Aufwand für das gerade erst eingeführte Verfahren wäre ansonsten umsonst gewesen. Zu bedenken ist auch, dass mit der Einführung der Abgeltungsteuer zugleich der Werbungskostenabzug abgeschafft wurde. Der effektive Steuersatz liegt deshalb gerade bei höheren Einkommen vielfach deutlich höher als 25 Prozent.

*ab 2016 Schätzung (Steuerschätzung Nov. 2016)

 Umsatzsteuer-Organschaft praxisgerecht ausgestalten Die nationalen „Eingliederungsvoraussetzungen“ zur Bildung der Umsatzsteuer-Organschaft sollten an das geltende EU-Recht angeglichen werden.

 Finanztransaktionssteuer darf Altersvorsorge nicht beeinträchtigen Eine Finanztransaktionssteuer kann die ihr zugedachten Lenkungswirkungen nur entfalten, wenn sie unter Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten auf breiter internationaler Ebene, am besten weltweit, eingeführt wird. Sie sollte darüber hinaus die private und betriebliche Altersvorsorge der Bürger nicht negativ beeinträchtigen. Die Kapitalanlagen für Versicherungsprodukte der Altersvorsorge sollten deshalb von dieser Steuer ausgenommen und „Kaskadeneffekte“ verhindert bzw. abgemildert werden.

 Feuerschutzsteuer in die Versicherungsteuer integrieren Versicherungsprämien für Feuerversicherungen und verbundene Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen unterliegen neben der Versicherungsteuer auch der Feuerschutzsteuer. Dies erzeugt unnötige bürokratische Lasten für die Versicherungsunternehmen und die Finanzverwaltung. Der Zweck der Feuerschutzsteuer – die Finanzierung der Feuerwehren – ließe sich problemlos über einen den Ländern garantierten Anteil am Aufkommen der Versicherungsteuer erreichen.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 13

4

3

8

7

60

50

40

30

VERTR I EBSR EGU LI ERU NG & VERSIC H ERU NGSVERMITTLU NG

Wahlfreiheit erhalten, Digitalisierung ermöglichen Die Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD ist ein Meilenstein für die europäische Versicherungswirtschaft. Sie setzt Mindeststandards für Beratung und Vertrieb, und zwar für sämtliche Vertriebswege. Bei der politischen Umsetzung auf den „letzten Metern“ muss darauf geachtet werden, dass gute, professionelle Beratung gewährleistet wird, wo der Verbraucher sie wünscht. Die IDD muss bis zum 23. Februar 2018 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt sein.

  Versicherungen sichern Menschen gegen existen- Regulierung bewältigen. Deshalb ist es wichtig, dass zielle persönliche und materielle Risiken ab. Sie leisten Regulierung den Vertrieb besser und nicht komplizierdamit einen unverzichtbaren sozialpolitischen Bei- ter macht. Kunden sollen sich immer darauf verlassen können, dass sie ehrlich, redlich und professionell trag. Wegen der hohen sozialpolitischen Bedeutung liegt es auch im Interesse des Gesetzgebers, eine an- behandelt werden. Allerdings sollte es den Verbraugemessene Verbreitung privater Vorsorge zu fördern. chern überlassen werden, auf welchem Weg sie ihre Versicherung abschließen und ob sie sich dabei beUm Versorgungslücken insbesondere im Alter zu raten lassen möchten oder nicht. Der direkte Onlinevermeiden oder existenziellen Belastungen im SchaAbschluss beispielsweise einer Kfz-Versicherung solldenfall vorzubeugen, müssen Kunden auch in Zukunft te im Zuge der IDD-Umsetzung zur ergänzenden privaten für den Verbraucher einfacher Vorsorge motiviert werden. Die Verbraucher sollten entund durch Neuregelungen scheiden, auf welchem Weg sie nicht etwa komplizierter werDerzeit sorgen verschiedene ihre Versicherung abschließen den als bisher. Parameter für Bewegung auf und ob sie sich dabei beraten dem Versicherungsmarkt: lassen möchten oder nicht. Das Vertrauensverhältnis der Unternehmen müssen AntKunden zu ihren Versicheworten auf Trends wie den rungsvermittlern ist nach wie vor besonders wichtig. demografischen Wandel und die Digitalisierung finden und gleichzeitig die Herausforderung der Die konsequente Stärkung der Beratungsqualität anhaltenden Niedrigzinsphase und ständig neuen ist deshalb ein Kernanliegen der Versicherer. Das

Auf den letzten Metern: Gute, professionelle Beratung muss gewährleistet bleiben Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie

2016 Q1

Nationale Ebene

Q2

Q3

Inkrafttreten der IDD 22.02.2016

2018

2017 Q4

01

02

03

04

Regierungsentwurf Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Gewerbeordnung (GewO) Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)

05

06

07

08

09

01.02.2017

Quelle: GDV 2017

Übergabe der technischen Ratschläge von EIOPA an EU-KOM

bis Juli 2017: Vorlage der delegierten Rechtsakte durch EU-KOM, Übermittlung an EP und Rat

3 Monate Zeit für EP und Rat Einspruchsfrist gegen delegierte Rechtsakte

1) Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen

14  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

11

12

01

02

vorauss. Umsetzung der deleg. Rechtsakte Abschluss der EU-KOM sowie der Gesetzgebungs- Verordnungsermächtigungen verfahren VVG-InfoV1 und VersVermV2

V E R S I C H E R U N G SV E RTR I E B S R I C H T L I N I E

EU-Kommission

10

( I D D)

Optional: 3 Monate Verlängerung der Einspruchsfrist durch EP und Rat

23.02.2018

Ende der Umsetzungsfrist, Anwendung in den Mitgliedstaaten

2) Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung

Bekenntnis zu einem hohen Qualitätsstandard findet seinen Ausdruck in dem Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten. Deshalb arbeiten die dem Verhaltenskodex für den Vertrieb beigetretenen Unternehmen auch nur mit

Vermittlern zusammen, die sich nachweisbar und laufend fortbilden. Mit der Weiterbildungsinitiative „gut beraten“ hat die Branche von sich aus – ohne gesetzlichen Zwang – Standards etabliert, die übrigens auch deutlich über die Weiterbildungsanforderungen der europäischen Richtlinie hinausgehen.

Unsere Positionen Digitalisierung nicht behindern Im Zuge der Umsetzung der europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie in deutsches Recht soll die bisherige Ausnahme von der Beratungspflicht für Versicherungsunternehmen im Fernabsatz – beispielsweise über Internet oder Telefon – entfallen. Stattdessen ist vorgesehen, dass Kunden die obligatorische Beratung aktiv abwählen sollen. Aus unserer Sicht sollten im digitalen Vertrieb allerdings keine neuen Hürden aufgestellt, sondern vielmehr der Verzicht auf die obligatorische Beratung auch auf den Direktvertrieb durch Vermittler ausgeweitet werden. Alles andere ist nicht zeitgemäß. Wenn der Kunde sich für die Beratung durch einen Versicherungsmakler oder einen Versicherungsberater entscheidet, sollte der Versicherer das akzeptieren und nicht verpflichtet werden, den Kunden von sich aus noch einmal zu beraten. Dass das keinen Sinn macht, hat der Gesetzgeber erkannt, aber nicht im Gesetzesentwurf verankert.

 Ausnahmeregelung bei Vergütung von Nettotarifen Die klare Trennung zwischen Honorar- und Provisionsvergütung für Vermittler ist grundsätzlich sinnvoll. Allerdings hält die Versicherungswirtschaft eine Ausnahmeregelung für erforderlich, damit Versicherungsmakler für die Vermittlung von provisionsfreien Produkten (Nettotarife) eine Vergütung vom Verbraucher bekommen können. Diese Ausnahmeregelung würde auch im Einklang mit dem erklärten Ziel des deutschen Gesetzgebers stehen, die Verbreitung solcher Nettotarife zu stärken.

 Keine Rückwirkung von „Product Oversight and Governance“ Im Zuge der Neuregelung des Versicherungsvertriebs werden formale Vorgaben zu „Product Oversight and Governance“ (POG) eingeführt. Unternehmen werden verpflichtet, für ihre Produkte angemessene interne Prüfungs- und Beobachtungsprozesse vorzusehen, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Details wird die Europäische Kommission festlegen. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass solche Prozesse schon jetzt in vielen Unternehmen ein wichtiges Instrument sind. Für die Unternehmen ist es wichtig, dass die POG-Vorgaben nicht rückwirkend gelten. Deshalb regen wir an, im delegierten Rechtsakt klarzustellen, dass die formulierten Vorgaben für das Produktfreigabeverfahren für die Produkte gelten, die nach Inkrafttreten der IDD-Richtlinie neu konzipiert werden. Eine solche Klarstellung würde im Einklang mit Art. 25 der IDD stehen.

 Komplexe Produkte sinnvoll definieren Auf europäischer Ebene wird derzeit diskutiert, unter welchen Umständen ein Versicherungsanlageprodukt komplex ist und unter welchen nicht. Im Ergebnis soll der Kunde vor dem Produkt gewarnt werden – oder eben nicht. Bei der Bestimmung dieser „NichtKomplexität“ muss berücksichtigt werden, dass Versicherungsanlageprodukte vom Grundsatz für den Kunden einfach zu verstehen sein können, auch wenn das Erwirtschaften von Renditen und das Absichern von Garantien für den Versicherer durchaus komplex ist. Garantien schützen vor Verlusten. Deshalb muss sich die Diskussion daran orientieren, welches Risiko der Kunde trägt und ob er das verstehen kann.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  | 15

D I G I TA L I S I E R U N G U N D D AT E N S C H U T Z

Chancen der Digitalisierung nutzen – aber sicher Neue Geschäftsmodelle, schnellere Prozesse und mehr Service: Die digitale Vernetzung bietet Verbrauchern und der Wirtschaft große Chancen. Um diese Potenziale voll auszuschöpfen, muss Unternehmen jedoch genügend Spielraum für Innovation gegeben werden.

  Digitale Kommunikationswege und automatisier- umfassende Datenanalysen erforderlich. Diese te Verfahren bieten Verbrauchern und Unternehmen Analysen müssen weiterhin möglich sein, ansonsschnellere und effizientere Prozesse. Sie sollten nicht ten könnten Risiken kaum exakt kalkuliert werden. durch technologiefeindliche Regelungen erschwert Allerdings bleibt die Sicherheit der Daten infolge werden. Deshalb muss jetzt an der zunehmenden Vernetden rechtlichen Rahmenbedinzung eine der größten geDigitale Kommunikationsgungen einer digitalen Welt sellschaftlichen und politiwege und automatisierte gearbeitet werden. Denn Unterschen Herausforderungen Verfahren sollten nicht nehmen können die technischen der kommenden Jahre. Die durch technologiePotenziale der Digitalisierung Versicherer gehen hier vorfeindliche Regelungen zum Vorteil ihrer Kunden nur ausan – um die Sicherheit ihrer erschwert werden. schöpfen, wenn es rechtlich auch eigenen Systeme weiter auf erlaubt ist. Versicherer müssen dem höchsten Standard zu ihre Kunden wie andere Branchen auch auf den be- halten. Und um ihre Rolle als Risikoträger auch für vorzugten Kanälen ansprechen dürfen – und zwar in digitale Risiken auszubauen. Versicherungen für der Online- wie der Offlinewelt. Cyber-Risiken werden helfen, die Sicherheit in den Unternehmen zu erhöhen, die sich versichern. Hier Versicherer arbeiten seit jeher mit Daten: Um Pro- ist gerade in kleinen und mittleren Unternehmen dukte zu entwickeln oder Risiken zu bewerten sind noch Nachholbedarf.  

Unsere Positionen

Digitale Vernetzung und Innovation fördern M  edienbruchfreie digitale Verfahren in Wirtschaft und Verwaltung fördern Mediengerechte Verfahren sind für Wirtschaftsunternehmen ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Sie entsprechen den Erwartungen der Kunden, auf deren Wunsch die Betreuung zunehmend über digitale Kommunikationskanäle erfolgt. Bereits heute erhalten Versicherer rund ein Drittel ihrer Nachrichten über digitale Kanäle. Viele Kundenanliegen können dadurch schnell und effizient fallabschließend bearbeitet werden. Schutz und Integrität der Kundendaten haben für uns dabei die oberste Priorität. Für einen digitalen Rundumservice setzt sich die Versicherungswirtschaft dafür ein, Medienbrüche durch

16  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

sichere und praktikable elektronische Kommunikationsprozesse zu ersetzen. Die sichere digitale Identität ist dabei ein zentraler Baustein, um Vertrauen und Schutz für Kunden und Unternehmen gleichermaßen zu stärken und zu gewährleisten. Wir begrüßen deshalb, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung keine Schriftform mehr vorsieht. Prozesse, die eine datenschutzrechtliche Einwilligung erfordern, können dadurch standardmäßig elektronisch gestaltet werden. Die Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden wird erheblich erleichtert. Auch in der Kommunikation mit Behörden sollten für die Versicherer effiziente, sichere elektronische Prozesse möglich sein. Hier gilt es, weitere Schriftform­ erfordernisse abzubauen, durch praktikable elek­ tronische Verfahren zu ersetzen und standardisierte elektronische Kommunikation zu etablieren. Verfahren würden beschleunigt und effizienter.

Vollautomatisierte Entscheidungen unterstützen Leistungsfähigere Rechensysteme ermöglichen es den Versicherern, viele Prozesse abschließend zu bearbeiten, ohne dass ein menschliches Eingreifen nötig wäre. Durch vollautomatisierte Verfahren wird es künftig leichter möglich sein, innerhalb kürzester Zeiträume Verträge zu schließen und Schadenersatzzahlungen automatisch anzuweisen. Wenn der Versicherer alle Informationen über elektronische Wege zur Verfügung gestellt bekommt, erhalten Versicherte schneller Versicherungsschutz, und im Schadenfall wird das Geld schneller ausgezahlt – dies selbstverständlich unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Datensicherheit. Diese Effizienzgewinne sollten nicht durch zu hohe regulative Anforderungen behindert werden. Die Versicherungswirtschaft benötigt eine Erlaubnis für automatisierte Entscheidungen nicht nur im Vertragsverhältnis, sondern auch in anderen Rechtsverhältnissen, z. B. für den Geschädigten in der Haftpflichtversicherung. In jedem Fall muss es möglich bleiben, Entscheidungen vollautomatisiert zu treffen – und damit dem Verlangen der Kunden zu entsprechen.

E-Mail als Kommunikationsweg stärken Verbraucher sollten bei der Kommunikation mit ihrem Versicherer selbst darüber entscheiden können, auf welchem Weg sie mit dem Unternehmen kommunizieren wollen. Auch wenn viele Versicherer mittlerweile sehr sichere elektronische Kommunikationskanäle anbieten, zum Beispiel über geschützte Kundenportale, bevorzugen viele Verbraucher für ihre Anfragen weniger abgesicherte Kommunikationskanäle wie E-Mail. Sie haben kein Verständnis, wenn sie die Antwort des Versicherers nicht zeitnah, sondern erst Tage später per Brief erhalten. Um dem Wunsch der Kunden nach einer direkten und schnellen Kommunikation via E-Mail entsprechen zu können, sollten die Datenschutzbehörden keine Vorgaben für die Nutzung des Kommunikationsweges machen. Es braucht praktikable, kundenfreundliche Lösungen, sodass Anfragen auch per E-Mail abgewickelt werden können.

Faire Regeln für digitalen Wettbewerb schaffen L evel Playing Field für traditionelle und neue Wettbewerber weiterentwickeln Die gegenwärtigen Regulierungsinitiativen wie etwa die Strategie zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes der EU-Kommission oder die Überlegungen zur Plattformregulierung der deutschen Bundesregierung werden das Marktumfeld für die digitale Wirtschaft maßgeblich bestimmen. Damit sich in diesem Umfeld die besten Unternehmen durchsetzen können, ist es wichtig, bei der Ausgestaltung des Ordnungsrahmens für die digitale Welt ein Level Playing Field zwischen den verschiedenen Anbietern sicherzustellen. Die Unternehmen, aus welchen Branchen auch immer, müssen im fairen Wettbewerb miteinander agieren können. Wichtig sind hier nicht nur die rechtliche und regulatorische Gleichbehandlung von Newcomern wie FinTechs und traditionellen Anbietern sowie ein innovationsfreundlicher Rechtsrahmen, sondern auch die Verhinderung von Datenmonopolen, zum Beispiel im Bereich des vernetzten Kfz (siehe unten: Vernetztes Kfz). Nur so können die Chancen der Digitalisierung im freien Wettbewerb bestmöglich ausgeschöpft werden – im Interesse von Versicherungskunden, Anbietern und Gesellschaft.

Bagatellgrenzen  für Rechtssicherheit in der Sharing Economy schaffen Eine wichtige Voraussetzung für bedarfsgerechten Versicherungsschutz ist die klare und rechtssichere Abgrenzung zwischen privaten und gewerblichen Transaktionen. Im Bereich der Haftpflichtversicherung oder der Rechtsschutzversicherung gibt es zwar spezielle Produkte für die Absicherung der Risiken aus gewerblicher Tätigkeit. Im Bereich der Sharing Economy aber – beispielsweise bei der Vermittlung von Fahrdiensten oder Privatunterkünften – verschwimmen die Grenzen zwischen privaten und gewerblichen Dienstleistungen. Schwellenwerte bzw. Bagatellgrenzen, unterhalb derer Aktivitäten in der Sharing Economy dem privaten Bereich zuzurechnen sind, könnten hier für eine sinnvolle Abgrenzung sorgen.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  17

D I G I TA L I S I E R U N G U N D D AT E N S C H U T Z

Datenschutz für das digitale Zeitalter M  odernen Datenschutz der Realität anpassen Im Zeitalter der digitalen Vernetzung muss das Prinzip der Datensparsamkeit weiterentwickelt werden. Auch wenn weiterhin nur so viele Daten verarbeitet werden sollen, wie es für den jeweiligen Zweck erforderlich ist, muss sich der Datenschutz einer neuen Realität stellen. Bis zum Jahr 2020 werden schätzungsweise 5,4 Milliarden Geräte ständig Daten erfassen und mit dem Internet kommunizieren – und dabei häufig auch auf Personen beziehbare Daten aufzeichnen. Informationelle Selbstbestimmung bedeutet auch, den Nutzern die Souveränität zu geben, unterschiedlichste Formen der Verarbeitung der durch und über sie erfassten Daten zuzulassen. Nur so ist Fortschritt in einer digitalisierten Welt möglich.

N  ationale Datenschutzregeln noch 2017 umsetzen Der europäische Gesetzgeber hat bei der Verabschiedung der Europäischen Datenschutzgrundverordnung in einzelnen Bereichen bewusst Lücken für nationale Regelungen gelassen. Das Umsetzungsgesetz, das diese Öffnungsklauseln ausfüllt, sollte der deutsche Gesetzgeber unbedingt noch in dieser Legislaturperiode verabschieden. Nur so erhalten die Unternehmen die Rechtssicherheit, die sie für ihre Investitionsentscheidungen benötigen. Sollte eine nationale Anpassung erst nach Mai 2018 in Kraft treten können, sind sinnlose Doppelinvestitionen zu befürchten – und zwar erst für eine Anpassung an die europäischen Datenschutzregeln

und später dann für eine Anpassung an die deutsche Umsetzung. Wenngleich eine Vereinheitlichung des Datenschutzrechts in der EU grundsätzlich wünschenswert ist, sollten diese Öffnungsklauseln für eine praxisgerechte Anwendung des Datenschutzrechts genutzt werden. Für die Versicherungswirtschaft sind insbesondere klare Regelungen für Statistiken mit Gesundheitsdaten und vollautomatisierte Entscheidungen erforderlich.

Statistische Nutzung von Gesundheitsdaten ermöglichen Um Risiken adäquat einschätzen und verlässliche Tarife und Produkte entwickeln zu können, müssen Versicherer auf Basis richtiger und vollständiger Daten kalkulieren. Auch zur Erfüllung der versicherungsaufsichtsrechtlichen Solvenzanforderungen (Solvency II) benötigen Versicherer verlässliche Statistiken. In die Statistiken müssen Daten aus Schadenfällen einfließen, zu denen in der Personenversicherung sowie in der allgemeinen Haftpflicht- und Kfz-Haftpflichtversicherung auch Gesundheitsdaten

Fitnesstarife und Telematik werden als gerecht empfunden Zustimmung zu individualisierten Tarifen im Bereich der Kfz-Versicherungen und im Gesundheitsbereich (Angaben in Prozent)

Im Bereich Kfz-Versicherungen 12

21

35

Im Bereich Gesundheit

Alle sollten gleichviel zahlen, unabhängig von Fahrverhalten oder persönlichen Daten. Telematik-Daten sollten nicht berücksichtigt werden, der Versicherungsbeitrag sollte sich weiterhin nach Alter und jährlicher Fahrleistung richten.

48

Vorsichtige und vorausschauende Fahrer sollten Rabatte erhalten und dadurch weniger bezahlen.

39 33

Riskante Fahrer, z. B. Raser, sollten mehr bezahlen als aktuell.

13 Quelle: GFK 2016, Repräsentative Befragung

18  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Alle sollten gleich viel bezahlen müssen, unabhängig von ihrer Ernährung/persönlichen Fitness.

Wer sich fit hält und gesund ernährt, sollte für die Versicherung weniger zahlen müssen. Personen, die nichts für sich tun, sollten mehr bezahlen müssen.

auch im Zuge der zunehmenden Digitalisierung viele Chancen, aber auch neue Herausforderungen. Es gibt aber keine Anzeichen dafür, dass etwa eine durch digitale Ansätze noch individuellere Prämienkalkulation den Zugang zu Versicherungsschutz für bestimmte Versichertengruppen erschweren Dieses Angebot sollte der deutsche Gesetzgeber könnte. Einschränkungen der informationellen unbedingt nutzen, um Versicherungen weiterhin Selbstbestimmung drohen schon angesichts des beeine vollständige und repräsenstehenden Wettbewerbs und der damit verbundenen Wahlfreiheit tative Statistik zu ermöglichen. Wichtig ist ein gesellder Kunden nicht. Welche innovaWürde jeder Kunde separat in schaftlicher Austausch die Nutzung seiner Daten für tiven Versicherungslösungen sich über die Auswirkungen statistische Zwecke einwilliam Markt etablieren, wird sich der Digitalisierung erst künftig im Wettbewerb um gen müssen, käme es aufgrund auf die Versicherungs­ die Kunden entscheiden. Die Vermangelnder Datenbasis zu produkte und Tarife. Verzerrungen und Ungenausicherungswirtschaft ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung igkeiten in der Statistik, die nicht auszugleichen wären. Dies gilt umso mehr für im digitalen Zeitalter sehr bewusst. Wichtig ist, dass geschädigte Dritte in der Haftpflichtversicherung, ein gesellschaftlicher Austausch über die Auswirdie in keinem Vertragsverhältnis zum Versicherer kungen der Digitalisierung auf die Versicherungsstehen. Ansonsten müssten zusätzliche Sicherheits- produkte und Tarife stattfindet. Die Versicherer zuschläge einkalkuliert werden, die Versicherungen stellen sich der gesellschaftlichen Diskussion und teurer machen würden. Zudem würde der admi- wollen sie aktiv mitgestalten. nistrative Aufwand einer zusätzlichen Einwilligung Kosten verursachen. Hervorzuheben ist, dass aus Einheitliche Rechtsauslegung im den Statistiken, die Versicherer zur Tarifkalkulation Datenschutz stärken oder Erfüllung von Solvenzanforderungen erstellen, keine Schlüsse auf einzelne Kunden gezogen werden Eine immer stärker globalisierte Wirtschaft braucht können. auch länderübergreifende Regeln im Datenschutz. Die Versicherungswirtschaft hat die Europäische Datenschutzgrundverordnung deshalb bereits früh Diskussion über Digitalisierung und unterstützt. Ein einheitliches europäisches DatenVersicherungstarifierung versachlichen schutzrecht muss von den europäischen AufsichtsDie zunehmende Digitalisierung verändert auch behörden aber auch einheitlich ausgelegt werden. Es die Produkte und Tarife der Versicherer. Verbesse- darf nicht sein, dass die in Deutschland stark föderal rungen in Risikobewertung und -klassifizierung ausgelegte Struktur des Datenschutzes zu starken werden möglich. Großes Potenzial besteht auch regionalen Abweichungen bei der Auslegung der hinsichtlich einer besseren Unterstützung der Kun- Datenschutzregeln führt. Konkurrierende Ansichten den bei der Reduzierung von Risiken und der Prä- verschiedener Behörden sorgen für Rechtsunsichervention – und damit für ein besseres gesellschaft- heit. Unternehmen aber müssen sich auf Ausleliches Risikomanagement. Die digitale Vernetzung gungen im Datenschutz verlassen können. Deshalb bringt für Versicherer auch die Möglichkeit, neue sollte auch in Deutschland ein Kohärenzverfahren Daten für neuartige Produkte zu nutzen. Beispiele zwischen den föderalen Datenschutzbehörden etabsind Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung oder liert werden, wie es bereits auf EU-Ebene praktiziert Programme in der Lebensversicherung, die gute wird. Der Zwang zu einer Abstimmung unter den Fitnessdaten mit Boni belohnen. Die Entwicklung deutschen Datenschutzbehörden würde verhindern, dieser Modelle und Produkte steht noch am An- dass Datenschutzrecht von Bundesland zu Bundesfang. Wie bei jeder neuen Technologie ergeben sich land unterschiedlich ausgelegt wird. gehören. Mit der EU-Datenschutzgrundverordnung hat es der europäische Gesetzgeber den nationalen Parlamenten überlassen, die Anforderungen an die Nutzung der Gesundheitsdaten für statistische Zwecke weiterhin zu erlauben und auszugestalten.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  19

D I G I TA L I S I E R U N G U N D D AT E N S C H U T Z

Sicherheit im Internet stärken

und Smart Home für einen Mindestzeitraum mit sicherheitsrelevanten Updates und entsprechendem Support zu bedienen. Dabei sollte sich der Mindest Cyber-Gefahren ernst nehmen zeitraum für Support und Updates nach der ProduktViele Verbraucher und Entscheider in kleinen und kategorie richten. So ist etwa für Smart Home-Gemittleren Unternehmen unterschätzen die Gefahr räte, die fest mit dem Gebäude verbunden werden von Cyber-Bedrohungen. Sie müssen stärker für die (z. B. IP-fähige Kameras, Gegensprechanlagen), ein Gefahren aus dem Netz sensibilisiert werden. Die Support- und Updatezeitraum von mindestens 10 Versicherungswirtschaft unterstützt die Bundesre- Jahren anzusetzen. Verbraucher sollten auch aktiv auf einen Ablauf des Supportzeitgierung in ihrem Ansatz, Prävention zu stärken und wirkt aktiv daran raums hingewiesen werden, damit Wir sind der erste mit, die IT-Sicherheit gerade in mitleicht angreifbare Geräte erkannt Versicherungsmarkt und ausgetauscht werden können. telständischen Unternehmen zu verbessern. in Europa, der Für sicherheitsrelevante Geräte flächendeckend (z. B. IP-Überwachungskameras) So hat die VdS Schadenverhütung eine Cyber-Versichesollten Penetrationstests verpflichGmbH (VdS), eine Tochtergesellrung für den Mittelschaft des GDV, einen „Quick-Check“ tend sein. Die Ergebnisse dieser stand anbietet. zur Cyber-Sicherheit erarbeitet. DaTests sollten jedermann zugängmit können kleine und mittelständilich sein. Zudem sollten Geräte sche Unternehmen eine automatisierte Selbstaus- wie vernetzte Kühlschranke, Waschmaschinen oder kunft über ihr IT-Sicherheitsniveau erhalten. Zudem Kaffeeautomaten mit einem sogenannten „Legacy hat die VdS Schadenverhütung GmbH ein Prüfver- Mode“ ausgestattet werden müssen, sodass die Gefahren für Informationssicherheit entwickelt, das räte ohne die Netzwerkfunktionalität weiter genutzt mit einem Zertifikat (VdS 3473) verbunden ist. VdS werden können. testiert so dem überprüften Unternehmen, dass es Maßnahmen gegen die wichtigsten Cyber-Gefahren Sichere IT-Infrastrukturen und Onlineumgesetzt hat. Solche Prüfverfahren können dabei Identifizierung weiter ausbauen helfen, Cyber-Risiken wirkungsvoll vorzubeugen. Für die Sicherheit digitaler Daten sind sichere ÜberDarüber hinaus hat der GDV ein Muster-Deckungs- tragungswege von zentraler Bedeutung. Gerade konzept für eine Cyber-Police entwickelt, die kleine wenn es um hochsensible Daten geht, muss eine und mittelständische Unternehmen vor den Folgen elektronische Kommunikation besonders geschützt von Cyber-Angriffen schützt. Wir sind damit der erste werden. Um die sichere Online-Kommunikation mit Versicherungsmarkt in Europa, der flächendeckend Kunden zu stärken, müssen sichere IT-Verfahren für eine solche Versicherung für den Mittelstand anbie- die Authentifizierung gestärkt werden. Die Lösuntet – zur Stärkung des Standortes Deutschlands und gen für eine sichere Kommunikation müssen sich jedes hier tätigen kleinen und mittelständischen dabei eng am Alltag der Verbraucher orientieren. Die Versicherer haben mit der Trusted German InsuUnternehmers. rance Cloud (TGIC) bereits eine Möglichkeit für ab Rahmenbedingungen für sicheres Smart gesicherte, webbasierte Kommunikation über eine Cloud vorgelegt. Mit der Zertifizierung der TGIC haHome setzen ben die Versicherer gemeinsam mit dem Bundesamt Die Ausstattung von Alltagsgegenständen mit für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) einen Netzwerkfunktionalität schreitet weiter voran. Da- Beitrag für die Etablierung von Sicherheitsstandards bei ist jedoch die Cyber-Sicherheit in vielen Fällen für Cloud-Lösungen gesetzt. Mindeststandards zum Schutz elektronischer Geschäftsprozesse sollten für fraglich. Produzenten sollten daher unter anderem verpflichtet werden, Produkte des Internet of Things alle Branchen etabliert werden.

20  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Vernetztes Kfz Schutz für Verkehrsopfer nicht aufweichen

Schutz für alle Fälle Die Kfz-Haftpflichtversicherung entschädigt die Opfer von Verkehrsunfällen – unabhängig davon, wer oder was den Unfall verursacht hat. Wer oder was verursacht einen Unfall? Fehler des Fahrers

Einem Fahrer unterläuft ein Fahrfehler.

Wer entschädigt das Unfallopfer?

Kann der Versicherer den Verursacher in Regress nehmen? Grundsätzlich kein Regress; nur bei Obliegenheitsverletzungen (Fahrerflucht, Trunkenheitsfahrt o.ä.)

Eine Kernaufgabe der Ein Automobilhersteller macht Wenn ein Konstruktionsfehler Fehler bei der Konstruktion. nachweisbar ist. Kfz-HaftpflichtversiEin Automobilhersteller verbaut Wenn ein Produktfehler cherung ist der verdefekte Teile eines Zulieferers. nachweisbar ist. Die Kfzlässliche Schutz von HaftpflichtFehler des Eine Werkstatt macht Fehler bei Wenn Verschulden der Werkstatt Fahrzeugs einer Reparatur. Verkehrsopfern. Für versicherung nachweisbar ist. Wenn ein Produktfehler Die Sensoren eines automatisiert deren Entschädigung des Halters fahrenden Autos versagen. nachweisbar ist. spielt es keine Rolle, ob Ein Software-Update des Wenn der Softwarefehler der Fahrer einen Fehler Herstellers enthält Fehler. nachweisbar ist. gemacht oder ein techEine falsch programmierte Wenn Verschulden des AmpelAmpel zeigt an einer Kreuzung nisches System versagt Betreibers nachweisbar ist. allen Richtungen grün. Andere hat. Die Versicherung Fehler Hacker verändern die Software Wenn der Täter gefasst wird, die deckt sowohl die Verdes automatisiert fahrenden Tat nachgewiesen werden kann Autos. und der Täter solvent ist. schuldenshaftung des Quelle: GDV 2017 Fahrers als auch die Gefährdungshaftung, die sich aus der Betriebsgefahr eines jeden Fahrzeuges ergibt. Diese Offene und standardisierte Schnittstellen ebenso klaren wie bewährten Regeln entfalten ein für Kfz-Daten schaffen Höchstmaß an Schutz und Sicherheit für Verkehrsopfer. Dabei muss es bleiben. Das bewährte Modell Im Zuge der eCall-Einführung ab 31. März 2018 soll der Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst selbstver- eine standardisierte, sichere und diskriminierungsständlich auch das automatisierte Fahren. frei zugängliche Schnittstelle für den Austausch von Kfz-Daten geschaffen werden. Eine solche offene und standardisierte Eine Produkthaftung des HerstelDas bewährte Schnittstelle gewährleistet, dass der lers würde das Verkehrsopfer bei Modell der KfzVerbraucher die Kontrolle über seine Fehlern des automatisierten FahrHaftpflichtversiDaten hat und frei wählen kann, wem zeuges nicht ausreichend schützen, cherung umfasst er seine Kfz-Daten zur Verfügung stellt. da sie für die Entschädigung von selbstverständlich Unfallopfern weder ausgelegt noch auch das automatiNur in einem solchen Fall kann der Vergeeignet ist. Einem Verkehrsopfer sierte Fahren ist nicht zuzumuten, einen eventubraucher sich für das jeweils beste Anellen Produktfehler gegenüber dem gebot und für den von ihm bevorzugten Autohersteller nachweisen zu müssen. Der erste und Dienstleister entscheiden – sei es der Automobilherdirekte Ansprechpartner eines Verkehrsopfers bleibt steller, Versicherer, Kfz-Betrieb oder Automobilclub. daher auch in Zukunft die Kfz-Haftpflichtversiche- Das schafft faire Wettbewerbsbedingungen. Es darf nicht dazu kommen, dass einzig die Autohersteller rung. Sie entschädigt das Unfallopfer und wird für alleinigen Zugang zu den Kfz-Daten haben. Ansonsetwaige Regressansprüche praktikable Lösungen mit den Automobilherstellern finden. Das ist die ideale ten würden andere Dienstleister ausgeschlossen Lösung – auch für eine automobile Zukunft, in der und einzelne Märkte dauerhaft abgeschottet werimmer öfter nicht der Fahrer, sondern das automa- den – zulasten eines fairen Wettbewerbs und einer Angebotsvielfalt für den Verbraucher. tisierte Auto selbst beschleunigt, bremst und lenkt.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  21

VER B RAUC H ERSC H UTZ

Zeitgemäßer Verbraucherschutz differenziert Die Bundesregierung hat in der 18. Wahlperiode des Deutschen Bundestages zahlreiche verbraucherpolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht und die Rechte der Verbraucher weiter gestärkt. Die Versicherungswirtschaft unterstützt diese Entwicklung und beteiligt sich an der Diskussion über einen zeitgemäßen Verbraucherschutz auf der Basis eines differenzierten Verbraucherbildes.

Die zunehmende Dynamik globaler und gesell­ schaftlicher Veränderungen betrifft Versicherungsunternehmen ebenso wie Verbraucher. Die Anforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft und jeden einzelnen Verbraucher steigen. Dies gilt umso mehr, da Verbraucherpolitische Digitalisierung, demoMaßnahmen müssen sich am grafischer Wandel und realen Verhalten der Verbraudie weitere Ausdiffecher orientieren, nicht an renzierung der LebensIdealvorstellungen. Sie sollen formen ständig neue darauf gerichtet sein, selbstLösungen erfordern. bestimmte VerbraucherentDarüber hinaus wirken scheidungen zu unterstützen. zusätzliche Risiken wie der Klimawandel und das andauernde Niedrigzinsumfeld nachhaltig auf Verbraucher und die Gesellschaft insgesamt ein. Gleichzeitig werden die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher zunehmend heterogener. In einer komplexer werdenden Welt wächst die Zahl der

Verbraucher, die digitale Angebote nutzen, um sich am Markt zu orientieren und zu informieren, bevor sie ihre Entscheidungen treffen. So bieten etwa Vergleichsund Bewertungsportale aufbereitete Informationen über unterschiedliche Produkte und Anbieter. Informationen und Testberichte können die Verbraucher in ihrem Entscheidungsprozess unterstützen. Während einige Entwicklungen der zunehmenden Digitalisierung beispielsweise die Verbraucher stärken, werden sie anderer Stelle schutzbedürftiger. Die Versicherungswirtschaft orientiert sich daher an einem differenzierten Verbraucherbild und stellt sich auf eine große Bandbreite von Verbrauchern ein. Auf dieser Grundlage beteiligt sich die Branche an der Diskussion über einen zeitgemäßen Verbraucherschutz. Im Mittelpunkt sollte dabei weiterhin der Schutz des eigenverantwortlich handelnden Verbrauchers stehen, dessen Rechte stetig durch eine verbesserte Transparenz bei Produkten und Dienstleistungen gestärkt werden.

Unsere Positionen Entscheidungssouveränität der Verbraucher erhalten Bestrebungen auf europäischer Ebene zur stärkeren Fokussierung auf einen präventiven Ansatz beim Verbraucherschutz dürfen nicht dazu führen, dass bei politischen und regulatorischen Initiativen am Ende die eigentlichen Bedürfnisse der Verbraucher unberücksichtigt bleiben. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung aller Sektoren der Wirtschaft würden so Produktinnovationen gefährdet und die Angebotsvielfalt zum Nachteil der Verbraucher eingeschränkt. Verbraucherpolitische Maßnahmen müssen sich daher am realen Verhalten der Verbraucher orientieren, nicht an Idealvorstellungen. Sie sollten darauf ausgerichtet sein, selbstbestimmte Verbraucherentscheidungen zu unterstützen.

22  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Auch die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher ist schutzwürdig. Um eigenverantwortlich gut informierte Entscheidungen treffen zu können, benötigen Verbraucher ebenso verlässliche wie verständliche Informationen. Ein bloßes „Mehr“ an Informationen geht allerdings an den Bedürfnissen der Verbraucher vorbei. Es konterkariert nämlich das Ziel einer einfachen und klaren Verbraucherinformation. Vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen mit Informationspflichten ist daher eine offene Debatte darüber nötig, welche Informationen Verbraucher tatsächlich wollen und benötigen, um wohlinformiert ihre Entscheidungen zu treffen. Denn schließlich geht es darum, dass Verbraucher weiterhin eigenverantwortlich handeln können und frei in der Produktauswahl sind.

Kompetenzüberschneidungen vermeiden Die Versicherungswirtschaft unterstützt eine effiziente Aufgabenverteilung beim institutionellen Verbraucherschutz. Wichtig ist dabei, dass die Kompetenzen und Zuständigkeiten klar definiert sind. Die BaFin ist als Versicherungsaufsicht auch zuständig für den kollektiven Verbraucherschutz. Sie verfügt über alle notwendigen Eingriffsinstrumente, um die Gesamtheit der Verbraucher wirkungsvoll zu schützen. Individuelle Verbraucherinteressen werden durch Schiedsstellen, Ombudsleute und Gerichte gewahrt. Die neuen verbraucherpolitischen Akteure können einen wichtigen Beitrag leisten, die Situation der Verbraucher weiter zu verbessern. So kann der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV) mit wissenschaftlicher Expertise verbraucherpolitische Entwicklungstendenzen sowie potenzielle Fehlentwicklungen und Herausforderungen identifizieren und damit wertvolle Hinweise zu einem evidenzbasierten Verbraucherschutz liefern. Auch die aus einer vertieften Marktbeobachtung gewonnenen Erkenntnisse der Marktwächter können das Verbrauchervertrauen weiter verbessern. Voraussetzung dafür ist ein realitätsnahes Marktverständnis und eine umfassende Qualitätssicherung. Auch in Zukunft muss dabei jedoch zwischen der zivilgesellschaftlichen Aufklärungsfunktion der Marktwächter und den hoheitlichen Aufgaben der Finanzaufsicht klar differenziert werden.

Verbraucherkompetenzen stärken Sozialpolitisch ist die Eigenvorsorge der Verbraucher so wichtig wie nie zuvor. Unerlässlich für kompetente Verbraucherentscheidungen auf dem Versicherungsmarkt ist das individuelle finanzwirtschaftliche Basiswissen. Nur so können Verbraucher Risiken identifizieren und durch angemessene Vorsorge minimieren. Bildungspolitisch ist es daher erforderlich, notwendige Schlüsselqualifikationen noch intensiver als bisher zu vermitteln und Lerninhalte an neue Erfordernisse anzupassen. Vor diesem Hintergrund ist es zu begrüßen, dass die Verbraucherbildung in den Lehrplänen einiger Bundesländer stärkere Berücksichtigung findet.

Verbraucherleitbild der Versicherungswirtschaft Die Versicherungswirtschaft sieht ihre Kunden als mündige Bürger, die selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihre Entscheidungen treffen. Klar ist jedoch auch: den einen „idealen Verbraucher“, der bei allen Entscheidungen gleichermaßen kompetent ist, gibt es nicht. Die Versicherungswirtschaft orientiert sich daher an einem differenzierten Verbraucherbild und stellt sich auf eine Vielfalt von Verbrauchern ein, die von kompetent bis verletzlich reicht. Verbraucherpolitisch zu differenzieren heißt aber auch zu berücksichtigen, dass Versicherungen Risiken im Kollektiv ausgleichen. Aufgrund dieser Besonderheit des Versicherungsprodukts muss verbraucherpolitisch stets auch ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen einzelner Verbraucher und dem Schutzinteresse aller in einer Versichertengemeinschaft zusammengeschlossenen Verbraucher geschaffen werden.

Verbraucherpolitische Grundsätze der Versicherungswirtschaft* 1. Bedarfsgerechte Produkte anbieten 2. Verlässlich und transparent informieren 3. Finanzielles Verbraucherwissen stärken 4. Wahlfreiheit beim Zugang zum Versicherungsschutz bieten 5. Vertrauen in die Leistung rechtfertigen 6. Daten wirksam schützen 7. Entscheidungssouveränität ermöglichen 8. Effektive Verbraucherschutzarchitektur mit klarer Aufgabenverteilung sicherstellen *) veröffentlicht am 25. Januar 2017

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  23



K L I M AWA N D E L

Für einen neuen Umgang mit dem Risiko Klimawandel So viele Katastrophen in so kurzer Zeit. Unwetter mit Starkregen und Hagel überziehen Deutschland im Frühsommer 2016 mit Fluten aus Geröll und Schlamm. Kleine Bäche schwellen rasend schnell an und reißen halbe Ortschaften mit sich fort. Simbach, Braunsbach, Ansbach – wie viel Klimawandel steckt in diesen Kata­ strophen? Welcher Schutz ist nötig, welche Vorsorge möglich?

  Noch nie haben Unwetter mit heftigen Regenfällen innerhalb so kurzer Zeit so hohe Schäden angerichtet wie die Tiefs „Elvira“ und „Friederike“ in den fünf Tagen Ende Mai/Anfang Juni 2016. Der geschätzte Schadenaufwand beträgt 1,2 Mrd. Euro. Auch wenn niemand behaupten kann, dass die Ereignisse eine direkte Folge des Klimawandels waren – sie vermitteln uns einen Eindruck von den Szenarien, die wir bei einem weiDie Vermeidung von Treib­ teren Anstieg der globalen hausgasemissionen ist Durchschnittstemperatur ökonomisch günstiger als erwarten dürfen. Es gilt die unkalkulierbaren Folgedaher heute umso mehr, in kosten eines ungebremsten die Prävention und die MinTemperaturanstiegs. derung von Treibhausgasen zu investieren. Nicht nur das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung stellt fest: Die Vermeidung von Treibhausgasemissionen ist ökonomisch günstiger als die unkalkulierbaren Folgekosten eines ungebremsten Temperaturanstiegs. Klimaschutz und Klimaanpassung müssen Hand in Hand gehen. So gibt es bei der Minderung des Energieverbrauchs noch großes Potenzial – in der Industrie, im

Bereich der Mobilität oder im privaten Gebäudestand. Gleichzeitig müssen Gebäude und Infrastruktur vor Extremwetterereignissen besser geschützt werden. Nur der geringste Teil des Gebäudebestandes hierzulande ist auf Extremwetterlagen wie Hagel, Starkregen und Hangrutsche hinreichend vorbereitet – Phänomene, die mit fortschreitendem Klimawandel immer größere Risiken bergen. Erforderlich ist eine Erweiterung der Schutzziele in den Planungs- und Baunormen. Sie müssen Maßnahmen zum Klimaschutz ebenso normieren wie wirksame Instrumente, um die gestiegene Verwundbarkeit (Vulnerabilität) von Baustoffen und Bauweisen durch zunehmende Extremwetterereignisse besser abzubilden. Mit einer Änderung der Bauvorschriften sowie einer Anpassung der regionalen Raumplanung, Flächennutzungs- und Bebauungsplanung ließe sich viel erreichen. Gerade die Wechselwirkungen zwischen der Anpassung an den Klimawandel (bspw. Veränderung des Stadtraumes, Flächennutzung) und der Bewältigung seiner Folgen (bspw. Starkregenereignisse, Hochwasser) könnten so schneller erkannt und bewältigt werden.

Unsere Positionen Hochwasserschutzprogramm naturnah und langfristig umsetzen Das nationale Hochwasserschutzprogramm bündelt nach den Erfahrungen der Flut 2013 alle vordringlichen Maßnahmen für den Hochwasserschutz. Dabei sollte der Schwerpunkt auf nachhaltige Maßnahmen wie Renaturierung und Deichrückverlegungen gelegt werden. Dafür ist eine konsequente Umsetzung und sachgerechte Finanzierung aller Maßnahmen über lange Zeit unerlässlich. Die Ertüchtigung bzw. Erhöhung von Deichen hingegen sollte nur eine vorübergehende Maßnahme sein. Denn sie schafft lediglich eine temporäre und damit trügerische Sicherheit.

24  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Erkenntnisse aus Hochwasserschutz in der Bauleitplanung anwenden und Normen anpassen Mit der Bauleitplanung steuern die Kommunen die bauliche Entwicklung der Städte und Gemeinden. Kommunale und regionale Planungsträger sollten im Städtebau und in der Bauleitplanung die Erkenntnisse und Erfahrungen aus Hochwasser- und Starkregenereignissen in den Planungsprozess einbeziehen. Und dabei Architekten, Ingenieure, Projektentwickler und Versicherer im Interesse einer vorausschauenden Schadenvermeidung beteiligen. Nur durch eine Gesamtschau auf die Risiken lassen sich diese begrenzen.

Die gesetzlichen Vorgaben für die Siedlungsentwicklung (Baugesetzbuch und Wasserhaushaltsgesetz) sollten so ausgestaltet werden, dass ein Schadenrisiko durch Hochwasser, Starkregen, Rückstau der Kanalisation oder urbane Sturzfluten vermindert wird. Das gelingt, wenn der Wasserabfluss nicht gestört und die Flutrückhaltung verbessert wird. Festgesetzte Überschwemmungsgebiete müssen in ihrer Funktionalität als Rückhalteflächen tatsächlich auch erhalten bleiben. Neue Baugebiete sollten in diesen Gebieten grundsätzlich nicht zulässig sein.

Schutzziele erweitern – Schutz vor Folgen des Klimawandels gesetzlich verankern Neben dem Klimaschutz sollte auch der Schutz vor den Folgen des Klimawandels (z. B. Starkregen, Hagelschlag) im Bauplanungs- und im Bauordnungsrecht gesetzlich verankert werden. Dieses Schutzziel sollte übergeordnet erfolgen. Denn bisher ist der Schutz etwa vor Hochwasser lediglich im Wasserhaushaltsgesetz, nicht aber im Bauordnungsrecht verankert.

Bestehende Bebauungspläne auf Gefährdungen prüfen, Flächenschutz und Objektschutz stärken Der weitaus überwiegende Teil der Bebauungspläne wurde zu einer Zeit beschlossen, als viele der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Extremwetterlagen und Klimawandel noch nicht vorlagen. Die Städte und Gemeinden sollten bestehende Bebauungspläne in hochwassergefährdeten Bereichen von Flüssen und Bächen sowie korrespondierende Raum- und Flächennutzungsplanungen erneut auf den Prüfstand stellen. Wo noch keine Bebauungspläne bestehen, sind bei der Planung die Belange des Hochwassermanagements zu berücksichtigen. Das abgestimmte Zusammenwirken von Flächen- und Objektschutz sollte dabei im Vordergrund stehen, um einen wirksamen Schutzgrad zu erreichen. Beispiel Starkregen: Das Regenwassermanagement schützt in der Fläche, zugleich müssen Objekte sinnvoll gegen das unerwünschte Eindringen von Wasser geschützt werden. Es ist unverständlich, dass (hoch)wasser­ sicheres Bauen 15 Jahre nach dem verheerenden ElbeHochwasser (2002) noch immer kein Bestandteil der Bauvorschriften ist.

Die Kosten steigen Sachversicherung: Jährlicher Schadenaufwand durch Sturm, Hagel und Elementar­ereignisse in Milliarden Euro* Tendenz im mehrjährigen Mittel 7

8,2 6,7

6 5

5,8

4 3 2 1 1995

2000

Quelle: GDV 2016

2005

2010

2015

*) Sturm/Hagel, ab 1999 auch Elementar; hochgerechnet auf Bestand und Niveau 2015. Wert für 2015 vorläufig

Naturgefahrenportal und Informationskampagne: Risikoaufklärung bundesweit ausdehnen Risikobewusstsein entsteht durch Aufklärung. Die Versicherungswirtschaft zeigt mit dem Informationsportal „Kompass Naturgefahren“ beispielhaft, wie dieser Gedanke in die Praxis umgesetzt werden kann. Standortgenau kann sich die Öffentlichkeit in einigen Bundesländern über mögliche Gefährdungen durch Hochwasser, Starkregen, Blitz- und Überspannung sowie Sturm und Hagel informieren. Nun ist die Politik am Zug: Wie in anderen Ländern auch, muss der Staat die vorhandenen Informationen zu Naturgefahren aggregieren und der Öffentlichkeit in einem zentralen Online-System zugänglich machen. Den Voten der Umweltminister von Bund und Ländern sowie der Ministerpräsidenten müssen Taten folgen: Es ist Zeit für eine bundesweit einheitliche, zentrale Datenbank für Naturgefahren – ein zentrales Informationsportal über Naturgefahren. Die Versicherungswirtschaft erneuert ihr Angebot, ihr Know-how in die Entwicklung eines bundesweiten Naturgefahrenportals einzubringen und mit einer bundesweiten Informations- und Aufklärungskampagne zu den Folgen von Naturgefahren und Extremwetterereignissen sowie den Möglichkeiten der Prävention und finanziellen Absicherung von Schäden zu verbinden.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  25

P R I VAT E K R A N K E N V E R S I C H E R U N G

PKV: Die starke private Säule im Dualen System Der im internationalen Vergleich hohe Standard der deutschen Gesundheitsversorgung geht nicht zuletzt auf den Wettbewerb von Gesetzlicher (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV) zurück. Gemeinsam ermöglichen sie ihren Versicherten ein flächendeckendes Netz von Krankenhäusern, Haus-, Fach- und Zahnärzten. Die Wartezeiten sind kurz, die Teilhabe am medizinischen Fortschritt ist für alle Patienten gesichert.

  Mit ihrem klassischen Sicherungsmodell ist die PKV gut auf die Zukunft vorbereitet: Der individuelle Krankenversicherungsvertrag bietet einen unkündbaren Leistungskatalog, der sich stetig um den medizinischen Fortschritt erweitert und dessen Umfang nicht von außen eingeschränkt werden kann. Mit der Bildung von Alterungsrückstellungen stellt die PKV eine nachhaltige Finanzierung der Gesundheitsversorgung sicher. Dabei bleibt sie budgetfreie Zone und somit Träger von Innovation und Wachstum im Gesundheitswesen. Vorschläge zur Verbesse-

rung der Kundenfreundlichkeit liegen auf dem Tisch – sie bedürfen der Unter­ stützung des Gesetzgebers.

Ihr dynamisches Engagement für Qualitätssicherung und Beratung in der Pflege sowie für Prävention sind ebenfalls Ausweis der aktiven und gestaltenden Rolle der PKV. Prägnantes Beispiel für die Reformkraft und Kundenfreundlichkeit sind die Leitlinien zur Erleichterung des unternehmensinternen Tarifwechsels. Sie sind Anfang 2016 in Kraft getreten und gehen teilweise deutlich über die gesetzlichen Regelungen hinaus.

Reform der Kalkulationsgrundlagen, um Beitragssprünge zu vermeiden. Als Hilfe für Versicherte in schwierigen Lebenslagen sollte der Standardtarif gestärkt werden. Zudem wären die Rahmenbedingungen für betriebliche Krankenversicherungen (bKV) zu verbessern. Die bKV bietet Arbeitnehmern eine zusätzliche Versorgung im Krankheitsfall und Arbeitgebern ein wichtiges Instrument zur Mitarbeiterbindung. Auch in anderen Bereichen ist die Branche auf einem guten Weg: Gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Beihilfe entwirft der PKV-Verband eine neue ärztliche Gebührenordnung (GOÄ). Dabei soll die persönliche Zuwendung des Arztes im Verhältnis zur sogenannten Gerätemedizin stärker honoriert werden. Das Konzept erfasst nicht nur alle medizinischen Leistungen auf dem neuesten Stand, sondern schafft auch einen Mechanismus zur Integration künftiger Innovationen. Eine derart novellierte GOÄ sollte möglichst bald in Kraft treten.

Zwar trifft die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die auf Kosten aller Sparer geht, auch die Privatversicherten. Doch selbst in schwierigem Weitere Vorschläge zur Verbesserung der Kunden- Umfeld bildet die PKV jährlich mehr als zehn Milliarden freundlichkeit liegen auf dem Tisch, bedürfen aber der Euro zusätzliche Rückstellungen. Sie konnte so ihr VorUnterstützung des Gesetzgebers. Hierzu gehört eine sorgevolumen für die Versicherten in den vergangenen 10 Jahren auf inzwischen über 230 Milliarden Euro mehr als Versichertenstruktur und Aufteilung der Beitragseinnahmen verdoppeln. Das zeigt deutlich, 8,77 Mio. Krankenvollversicherte • 25,1 Mio. Zusatzversicherungen • 233 Mrd. Euro Alterungsrückstellungen dass das Prinzip der KapitalAufteilung der Beitragseinnahmen nach deckung stabil und verlässlich Versichertenstruktur in der PKV Versicherungsarten Krankenvollversicherung funktioniert. In der GesundPensionäre Beamte 70,19 % 17,5 % heitsversorgung werden die Fol24,7 % Pflegeversicherung gen der alternden Gesellschaft Rentner 5,96 % 7,5 % immer deutlicher zutage treten. Arbeitslose Je weiter der demografische ZusatzSelbst0,2 % versicherungen ständige Wandel voranschreitet, umso Studenten 21,69 % 15,7 % 2,9 % wichtiger wird es, noch mehr Arbeitsonstige Besondere Menschen und Leistungen priVersicherungsformen nehmer Nichterwerbstätige 11,6 % 19,9 % 2,16 % vat abzusichern – für die Nachhaltigkeit des ganzen Systems. Quelle: Wissenschaftliches Institut der PKV 2016

26  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

Unsere Positionen D  ualität aus GKV und PKV behutsam weiterentwickeln Dank seiner Vielfalt und Wahlfreiheiten bietet das deutsche Gesundheitssystem allen Menschen eine individuelle, gute Versorgung. Was hingegen die vermeintlich gerechten Einheitssysteme mit sich bringen, lässt sich in vielen europäischen Nachbarstaaten beobachten: Wartelistenmedizin, keine freie Arztwahl, getrennte Versorgungsstrukturen für Arm und Reich. „Zwei-Klassen-Medizin“ ist mithin ein Phänomen des Auslands, nicht des Dualen Systems in Deutschland. Wir werden weltweit um die gute deutsche Gesundheitsversorgung beneidet; diese ist deshalb so stabil und leistungsfähig, weil sie auf den zwei Säulen der Gesetzlichen und der Privaten Krankenversicherung ruht. Dieses gut funktionierende System gilt es, behutsam weiterzuentwickeln, anstatt es mit Radikaloperationen fahrlässig aufs Spiel zu setzen.

 Mehr Menschen und mehr Leistungen kapitalgedeckt absichern Demografievorsorge durch Kapitaldeckung bringt mehr Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit in die soziale Sicherung. Das ist gut für alle Versicherten und stärkt die finanzielle Basis des deutschen Gesundheitswesens. Um dieses zukunftsfest zu machen, muss die Umlagefinanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) entlastet und müssen mehr Leistungen in die kapitalgedeckte PKV überführt werden. Dazu bieten sich insbesondere die zahnmedizinische Versorgung, das Krankengeld und die privaten Unfälle an.

 Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Die Bundesärztekammer und der PKV-Verband haben in Abstimmung mit der Beihilfe ein ausgewogenes Gesamtpaket zur GOÄ-Reform vereinbart. Der Entwurf bietet klare Vorteile für alle: für die Patienten eine Versorgung auf dem modernsten

Stand der Medizin mit einer transparenten Abrechnung und Schutz vor finanzieller Überforderung, für die Ärzte eine angemessene Vergütung bei voller Therapiefreiheit. Das Konzept bietet ein gutes Fundament, auf dem basierend der Gesetzgeber bald eine neue Verordnung beschließen kann.

Verbesserung der Kundenfreundlichkeit Weitere Reformen zugunsten der Versicherten erfordern die Unterstützung des Gesetzgebers: So sollte der gut funktionierende PKV-Sozialtarif, der „Standardtarif“, wieder allen Versicherten offen stehen. Da das Leben nicht immer so läuft wie geplant, müssen und wollen wir den Menschen in allen Lebenslagen – auch in sozialer Not – Lösungen anbieten können. Im Interesse der Versicherten wäre auch eine Reform zur Verstetigung der Beitragsentwicklung. Denn nach den geltenden Regeln kann es zu größeren Beitragssprüngen kommen, die nicht im Interesse der Versicherten liegen.

 Abkehr von Wahl- und Zusatztarifen in der GKV Da – anders als in der privaten Krankenversicherung – die Wahl- und Zusatztarife von den gesetzlichen Krankenkassen nicht risikogerecht kalkuliert werden können, sind diese Tarife strukturell unterfinanziert. Die PKV garantiert nach den Regeln des Versicherungsrechts eine lebenslange Gültigkeit der vertraglich vereinbarten Leistungen. Dagegen können die GKV-Wahltarife bei Unterkalkulation jederzeit geschlossen werden. So ist es bereits vorgekommen, dass Versicherte in einen solchen GKV-Tarif eingezahlt haben, ohne je von dessen Leistungen profitieren zu können, weil er vor ihrer Erkrankung geschlossen wurde. Überdies schaden solche Wahl- und Zusatztarife als Konkurrenzangebot sozialrechtlich privilegierter Krankenkassen dem Wettbewerb in einem funktionierenden Privatversicherungsmarkt.

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  27

V E R S I C H E R E R A L S A R B E I TG E B E R

Den digitalen Wandel sozial begleiten „Die Arbeitswelt der Zukunft wird anders als heute sein. Wird sie auch besser sein?“ Diese Frage stellt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in dem „Weißbuch Arbeiten 4.0“. Es soll den industriellen Wandel hin zu einer digitalisierten Arbeitswelt sozialpolitisch begleiten. Die Versicherungswirtschaft kann hier als Vorbild dienen.

  Die Veränderung der Arbeitswelt durch Digitali- um den Schutz der sogenannten „Solo-Selbstständigsierung beschäftigt die Politik. Getrieben von gewerk- keit“ geht. Ein „sozialer Rahmen“ behandelt die Altersschaftlichen Einflüssen werden zahlreiche Themen versorgung, damit selbstständige Personen im Alter der Allgemeinheit nicht zur Last diskutiert, die mit dem indus­ fallen. Selbst eine Neudefinition triellen Wandel allerdings wenig Ein verändertes Kundendes Arbeitnehmerbegriffs wird oder gar nichts zu tun haben. verhalten führt dazu, dass erwogen. Arbeitsprozesse und Von einem Rechtsanspruch auf Arbeitszeiten noch flexibler Den weitreichendsten Vorschlag Arbeitszeit nach Wunsch des gestaltet werden müssen macht das Ministerium mit der Arbeitnehmers ist die Rede (sog. als in der Vergangenheit. Einführung eines sog. „persön„Wahlarbeitszeit“). Der Vorschlag lichen Erwerbstätigenkontos“. für ein Gesetz zu einer „befrisJeder in Deutschland beschäftigte Angestellte soll von teten Teilzeitarbeit“ liegt bereits auf dem Tisch. Zum Zwecke der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beginn an ein zweckgebundenes Kapitalkonto erhalBeruf soll ein Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten ten, das für Zeiten der Weiterbildung, der Familieneingeführt werden. Mitarbeiter sollen nicht nur mehr phase, womöglich auch für „Umorientierungsphasen“ und „Sabbatical“ genutzt werden soll. Die Finanzie„Zeitautonomie“, sondern auch mehr „Ortsautonomie“ eingeräumt erhalten. Dem Gesundheitsschutz rung ist ungeklärt. Jeder Erwerbstätige soll aber ein sei Rechnung zu tragen, indem ein „Recht auf Nichter- „Startguthaben“ erhalten. reichbarkeit“ eingeführt werden soll. Ferner sollen Mitbestimmungsrechte gestärkt werden, Ein interessantes Spannungsfeld eröffnet die sozial- damit der industrielle Wandel nicht zu einem massipolitische Diskussion, soweit es um den Datenschutz ven Arbeitsplatzabbau führe. Die Arbeitsintensität des geht: Hier bewegt der „Beschäftigtendatenschutz“ die Arbeitnehmers soll nicht mehr allein vom Arbeitgeber Gemüter, weil die Mitarbeiter davor geschützt werden als Vertragspartner definiert werden können. Insgesollen, dass der Arbeitgeber deren Arbeitsverhalten samt stehen weitreichende Eingriffe in das Vertragsquasi lückenlos digital erfassen und auswerten würde. verhältnis von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zur Hinzu kommen tiefgreifende Überlegungen, wenn es Diskussion.

Unsere Positionen Soziale Verantwortung braucht Freiraum Die Übernahme sozialer Verantwortung durch Unternehmen ist wichtig und richtig. Sie beruht auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit. Staatlicher bzw. gesetzlicher Zwang entbindet die Unternehmen von einem verantwortlichen Handeln. Was Pflicht ist, wird nicht vom (guten) Willen des Verpflichteten getragen. Da sich das deutsche Modell der Sozialpartnerschaft in der Vergangenheit sehr bewährt und bisher auch den

28  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

industriellen Wandel positiv beeinflusst hat, besteht daran kein grundsätzlicher Veränderungsbedarf. Auch die Digitalisierung der Arbeitswelt sollte nach diesem bewährten Modell gestaltet werden. Zumal die damit verbundenen Auswirkungen auf die Arbeitsprozesse kein neues Phänomen sind: Seit den frühen 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts nutzen die Unternehmen die sich durch technische Entwicklungen ergebenden Rationalisierungsmöglichkeiten. Sie

gestalten den Wandel sozial. Der massive Beschäftigungsabbau, der von Wissenschaftlern und Beratern bereits zu jener Zeit vorhergesagt wurde, ist nie in der prognostizierten Intensität eingetreten. Deshalb sind auch neue staatliche Finanzierungsmechanismen für Erwerbstätige in bestimmten Lebenssituationen entbehrlich.

Mobil- und Telearbeit werden schon heute in großem Umfang genutzt

Interessen des Unternehmens und der Arbeitnehmerschaft verMobiles Arbeiten suchen in Einklang zu bringen. Diese Gestal85 % vorhanden tungsaufgabe benötigt Freiräume. Das Arbeitszeitgesetz trägt den 15 % nicht vorhanden Bedürfnissen bedauerlicherweise nicht vollumfänglich Rechnung. Telearbeit Der Gesetzgeber sollte Verbraucherdatenschutz 77 % vorhanden mehr Spielräume für und BeschäftigtendatenArbeitszeitflexibilität schutz sind abzuwägen 7 % in Planung schaffen. Dafür ist die Arbeitszeitautonomie Ganz gleich, in welchem Indus16 % nicht vorhanden kein geeigneter Ansatz. triebereich ein Unternehmen Es setzt falsche Anreize wertschöpfend tätig ist, es hat die Quelle: AGV Sonderumfrage „Sozial­leistungen der Arbeit­ für die zahlreichen BeruHerausforderung eines angemesgeber in der Versicherungswirtschaft 2013“ senen Verbraucherdatenschutzes fe, in denen eine höhere zu meistern. Kundendaten müssen Arbeitszeitflexibilität – zuverlässig und sicher verwaltet werden. Dabei geoder gar Arbeitszeitautonomie – nicht möglich ist. Es währleisten innerbetriebliche Kontrollmechanismen ist kein Grund dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber einen sachgerechten Umgang mit Kundendaten. Die der bereits privilegierten Gruppe von Arbeitnehmern, Notwendigkeit der Kontrolle bezieht die Mitarbeiter die in einem Tätigkeitsfeld mit hohen Flexibilisierungsein. Der Beschäftigtendatenschutz kann daher kein möglichkeiten arbeitet, zusätzliche Rechte einräumt. absolutes Recht sein. Vielmehr müssen die Rechte und Freiheiten der Verbraucher wirksam geschützt werden Tarifautonomie bei mobiler Arbeit können, sodass der Beschäftigtendatenschutz gegenbeachten über dem Verbraucherdatenschutz zwangsläufig auch einmal zurückstecken muss, soweit die Kontrollen notEin Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten kann nur auf wendig sind und in Abwägung der Datenschutzrechte Branchenebene eingeführt werden. Für Branchenregealler Betroffenen gestaltet werden. Auch dies sollte bei lungen aber sind die Tarifvertragsparteien zuständig, sämtlichen Erwägungen der legislativen Begleitung nicht der Gesetzgeber. Ein Rechtsanspruch auf mobides industriellen Wandels berücksichtigen werden. les Arbeiten per Gesetz kann deshalb nicht in Betracht gezogen werden. Dies würde zu einer „Zwei-KlassenGesellschaft“ der Arbeitnehmerschaft führen. Wäh Mehr Flexibilität statt Autonomie in der rend es nämlich in bestimmten Berufen nicht möglich Arbeitszeitgestaltung ist, mobil zu arbeiten (z. B. in Pflegeberufen), werden in den Branchen, die einer mobilen Arbeit zugänglich Ein verändertes Kundenverhalten führt dazu, dass Arsind, bereits heute auf betrieblicher Ebene sinnvolle beitsprozesse noch flexibler gestaltet werden müssen als in der Vergangenheit. Dazu gehört insbesondere Möglichkeiten im Interesse beider Seiten geschaffen. Die Versicherungswirtschaft ist hier Vorreiter und zuauch die zeitliche Flexibilität. Dabei ist auf die Belange der Arbeitnehmerschaft Rücksicht zu nehmen. Die gleich Vorbild für andere Branchen. Die Betriebsräte der Branche tragen die Erkenntnis mit, dass nicht jedem Unternehmen versuchen, den Mitarbeitern in der VerArbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz in gleicher Weifügbarkeit über die Ressource Zeit Rechnung zu tragen. se die Möglichkeit gegeben ist, mobil zu arbeiten. Das Deshalb müssen auf der betrieblichen Ebene unter Prinzip der „beidseitigen Freiwilligkeit“ ist das akzepBeteiligung der Mitarbeitervertretungen Arbeitszeittierte Ergebnis der gesammelten Praxiserfahrungen. modelle entwickelt werden, die die unterschiedlichen

GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  29

GDV KU RZPORTRAIT

Über uns Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit Sitz in Berlin ist die Dachorganisation der privaten Versicherer in Deutschland. Die rund 450 Mitglieder sorgen durch 430 Millionen Versicherungsverträge für umfassenden Risikoschutz und Vorsorge – für die privaten Haushalte wie für Industrie, Gewerbe und öffentliche Einrichtungen. Als

Risikoträger und bedeutender Kapitalgeber mit einem Anlagebestand von rund 1,51 Billionen Euro haben die privaten Versicherungsunternehmen auch eine herausragende Bedeutung für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung in der deutschen Volkswirtschaft. Rund 524.000 Menschen sind direkt oder indirekt für die Versicherungswirtschaft in Deutschland tätig.

Präsidium des GDV Dr. Alexander Erdland, Präsident, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.; Dr. Nikolaus von Bomhard, Vorsitzender des Vorstandes, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Aktiengesellschaft in München; Dr. Andreas Eurich, Vorsitzender der Vorstände, Barmenia Versicherungen; Dr. Markus Faulhaber, Vorsitzender des Vorstandes Allianz Lebensversicherungs-AG; Thomas Flemming, Vorsitzender der Vorstände, Mecklenburgische Versicherungsgruppe; Dr. Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, Vorsitzender der Geschäftsführung, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.; Dr. Christian Hinsch, Vorsitzender des Vorstandes, HDI Global SE; Hermann Kasten, Vorsitzender der Vorstände, VGH Versicherungen; Dr. Manfred Knof, Vorsitzender des Vorstandes, Allianz Deutschland AG;

Uwe Laue, Vorsitzender der Vorstände, Debeka-Versicherungsgruppe; Giovanni Liverani, Vorsitzender des Vorstandes, Generali Deutschland AG; Gerhard Müller, Vorsitzender des Vorstandes, Sparkassen-Versicherung Sachsen Lebensversicherung AG; Dr. Immo Querner, Mitglied des Vorstandes, HDI Haftpflichtverband der Deutschen Industrie Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit; Dr. Markus Rieß, Vorsitzender des Vorstandes, ERGO Group AG; Dr. Norbert Rollinger, Vorsitzender des Vorstandes, R+V Versicherung AG; Dr. Alexander Vollert, Vorsitzender des Vorstandes, AXA Konzern AG; Dr. Frank Walthes, Vorsitzender des Vorstandes, Versicherungskammer Bayern; Dr. Wolfgang Weiler, Sprecher der Vorstände, HUKCOBURG Versicherungsgruppe.

Geschäftsführung des GDV Dr. Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth (Vorsitzender), Dr. Bernhard Gause, Dr. Peter Schwark, Dr. Axel Wehling, Dr. Klaus Wiener.

30  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017



GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017  |  31

STIC HWORT VERZEIC H N IS

Stichwortverzeichnis Abgeltungsteuer...............................................................................13 Alterungsrückstellungen...............................................................26 Altersvorsorge/-produkte..........................................4 f., 8, 11, 13 Anleihen..........................................................................................7, 12 Ärztliche Gebührenordnung (GOÄ)........................................26 f. Arbeitszeitgesetz..............................................................................29 Automatisiertes Fahrzeug............................................................21 Basisrente.............................................................................................. 6 Bauordnungen/-planung/-vorschriften..............................24 f. BEPS ......................................................................................................12 Beschäftigtendatenschutz........................................................28 f. Betriebliche Altersversorgung (bAV)........................................... 5 Betriebliche Krankenversicherung (bKV)................................26 Betriebsrentenstärkungsgesetz................................................ 5 f. Brexit...................................................................................................1, 8 Bundesamt für Sicherheit in der Informations­­­technik (BSI)........................................................................................20 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)........................................................................ 8 ff., 23 Comframe....................................................................................... 10  f. Cyber-Risiken, Cyber-Sicherheit.......................................... 16, 20 Datenschutz, Datensicherheit................................... 6, 17 ff., 28 Demografischer Wandel.................................................................. 4 Digitalisierung/digitale Kommunikation.... 14 ff., 19, 22, 28 Digitale Identität..............................................................................16 eCall ......................................................................................................21 E-Mail....................................................................................................17 EIOPA.......................................................................................... 8 ff., 14 Entgeltumwandlung......................................................................... 5 EU-Datenschutzgrundverordnung.................................... 16, 19 ESAs ...................................................................................................... 8 f. Extremwetterereignisse................................................................24 Finanzaufsicht ..........................................................................8 f., 23 Finanztransaktionssteuer.............................................................13 Finanzverwaltung............................................................................13 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)........................................26 f. Gesetzliche Krankenversicherung.....................................4, 26 f. Gesetzliche Pflegeversicherung............................................4, 26 Gesetzliche Rentenversicherung.................................................. 4 Gesundheitsdaten........................................................................18 f. Grundsicherung im Alter................................................................ 5 Haftpflichtversicherung ...................................................17 ff., 21 Hochwasserschutz...........................................................................24 IAIS (International Association of Insurance Supervisors)........................................................................................11 ICS (International Capital Standard)......................................10 f. IDD „ Versicherungsvertriebsrichtlinie Infrastruktur, Investitionen............................................................ 7 Internet of Things.............................................................................20

32  |  GDV – Die Positionen der deutschen Versicherer 2017

IT-Infrastruktur ................................................................................ 20 IT-Sicherheit........................................................................................20 Kapitalanlage............................................................................. 11, 13 Kapitaldeckung...............................................................................26 f. Kfz-Daten.............................................................................................21 Kfz-Haftpflichtversicherung................................................ 18, 21 Klimawandel........................................................................... 22, 24 f. „Kompass Naturgefahren“...........................................................25 Marktwächter....................................................................................23 Mitbestimmungsrechte................................................................28 Nachhaltigkeit...........................................................................5, 26 f. Naturgefahren...................................................................................25 Nettotarife..........................................................................................15 Niedrigzins/-politik........................................... 4 f.,7, 12 ff., 22, 26 Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP)................................ 7 Pan-European Personal Pension Product (PEPP).................... 5 Private Krankenversicherung (PKV)........................................26 f. Product Oversight and Governance (POG).............................15 Provisionsvergütung.......................................................................15 Rentenniveau...................................................................................4 ff. Renteninformation............................................................................ 6 Riester-Rente..................................................................................... 5 f. Rückkaufswerte................................................................................... 7 Sachverständigenrat für Verbraucherfragen (SVRV)..........23 Schriftformerfordernis...................................................................16 Selbstständige..................................................................4, 6, 26, 28 Sharing Economy..............................................................................17 Smart Home.......................................................................................20 Sozialpartner .....................................................................................28 Steuern/Steuerrecht...............................................................6, 12 f. Solvency II.................................................................................. 9 ff., 18 Tarifwechsel........................................................................................26 Telematik...........................................................................................18 f. Trusted German Insurance Cloud (TGIC)................................20 Ultimate Forward Rate (UFR)....................................................10 f. Umlagefinanzierung.......................................................................27 Verbraucherpolitik/-schutz .............................................8 f., 22 f. Vereinbarkeit Familie und Beruf ................................................28 Verhaltenskodex für den Vertrieb..............................................15 Vernetztes Kfz............................................................................ 17, 21 Versicherungsteuer.........................................................................13 Versicherungsvermittlung............................................................14 Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD).................................14 f. Vertriebswege ...................................................................................14 Wahl-/Zusatztarife..........................................................................27 Weiterbildungsinitiative „gut beraten“..................................15 Zinszusatzreserve (ZZR)................................................................... 7

IMPRESSUM

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel. +49 . 30 . 20 20 - 50 00 Fax +49 . 30 . 20 20 - 60 00 [email protected], www.gdv.de

Europabüro: 51, rue Montoyer, B-1000 Brüssel Tel. +32 . 2 . 282 47 - 30 Fax +32 . 2 . 282 47 - 39

Redaktion: Henning Engelage, Simon Frost, Michael Gaedicke, Stefan Lösch, Karsten Röbisch, Hendrik Roggenkamp, Christian Siemens

Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. Wilhelmstraße 43 / 43G, 10117 Berlin Postfach 08 02 64, 10002 Berlin Tel. 0 30 / 20 20 - 50 00 · Fax 0 30 / 20 20 - 60 00 [email protected], www.gdv.de

Print

kompensiert Id-Nr. 1547029 www.bvdm-online.de

Suggest Documents