Gemeinsam Zukunft gestalten

Gemeinsam Zukunft gestalten Einblicke in die Arbeit des Ägyptisch-Deutschen Komitees für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umweltschutz Arab...
Author: Busso Mann
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Gemeinsam Zukunft gestalten Einblicke in die Arbeit des Ägyptisch-Deutschen Komitees für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umweltschutz

Arab Republic of Egypt

Ministry of Electricity & Energy

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Einblicke in die Arbeit des Ägyptisch-Deutschen Komitees für Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Umweltschutz Noch steht die Energieversorgung von Wirtschaft und privaten Haushalte in Ägypten auf soliden Beinen – doch das Blatt wendet sich allmählich. 95 Prozent der Energie stammen aus Öl und Gas. Die Verfügbarkeit fossiler Energieträger nimmt ab, gleichzeitig steigt der Energiebedarf Ägyptens von Jahr zu Jahr rapide an. Bereits heute muss ein Teil der Energieträger importiert werden - ein Trend der sich innerhalb der nächsten zehn Jahre verstärken wird und zunehmend zu Versorgungsengpässen führen könnte. Eine Situation, die sowohl die Wirtschaft als auch die Lebensbedingungen der Bevölkerung gefährdet. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Ägypten dabei, seine Energieversorgung auf nachhaltige Beine zu stellen. Dazu haben sich die deutsche und ägyptische Regierung

entschlossen, mit dem High Level Joint Committee (HLJC) ein gemeinsames Gremium einzurichten, um erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in Ägypten zum Durchbruch zu verhelfen. Auch der Klimaschutz kommt dabei nicht zu kurz. Auf höchster Ebene gehen zahlreiche Ministerien und der Ministerrat für Energiefragen das Thema gemeinsam mit den Institutionen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sowie dem Ministerium für Elektrizität und Energie (MoEE) an. Unterstützung erfährt das Gremium dabei von einem Technischen Sekretariat (JCEE). Als themenübergreifende Beratungs-, Koordinierungsund Dialogplattform der deutschen und ägyptischen Partner sorgt das HLJC nicht nur für den nötigen Know-how Transfer, sondern hilft außerdem, internationale und nationale Aktivitäten noch besser untereinander abzustimmen. Auch Zivilgesellschaft und Privatwirtschaft sind bei diesen Aktivitäten mit von der Partie.

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Viel Sonne – noch mehr Wind Ägypten ist einer der besten Standorte für Windkraftanlagen weltweit. Um Windparks zu planen, zu bauen, zu bewerten und deren Windenergieertrag zu berechnen, haben sich die Software Wasp und WindPro am Markt etabliert. Mit Unterstützung des JCEE hat die Behörde für Erneuerbare Energien (NREA) eigene Schulungsräume aufgebaut und mit den aktuellen Versionen dieser Software ausgerüstet. Stehen Windturbinen nicht im optimalen Abstand zueinander, treten Abschattungseffekte auf. Nicht jede Turbine kann die Windströmung ideal nutzen, ihr Energieertrag sinkt. An der mit 545 MW größten Windfarm Afrikas, die NREA betreibt, analysierte die Behörde diese Effekte mit Hilfe dieser Softwarepakete und berücksichtigt sie nun bei der Auslegung neuer Windparks. Energie aus Sonne und Wind lässt sich nicht nach Belieben an- und abschalten. Das Stromnetz und die Infrastruktur müssen sich an diesen fluktuierenden Leistungsertrag anpassen, um die erzeugte Energie ständig absorbieren zu können. Diese Herausforderung ist den Mitarbeitern von NREA, der Regulationsbehörde und den Netzbetreibern nach mehreren Weiterbildungen nun voll bewusst. Sie berücksichtigen

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diese spezifischen Aspekte bei ihren Planungen und dem Ausbau der Übertragungsleitungen. Mehr als ein Dutzend mittelständische Unternehmen vertreiben in Ägypten solare Warmwasserbereiter, die auch teilweise im Land gefertigt werden. Damit die Kunden der Qualität vertrauen können, will NREA Prüfungen nach internationalen Standards auf einem eigenen Testgelände vornehmen. Hersteller und Importeure sollen dadurch ein Qualitätssiegel erhalten. Die Behörde hat den bestehenden Teststand unter die Lupe genommen und Ausschreibungsunterlagen für eine Modernisierung der Anlage vorbereitet. Vier Ingenieure besuchten eine Weiterbildung an der Universität Stuttgart, so dass sie die Prüfungen in eigener Regie vornehmen können. Potentielle Investoren von Windparks wollen wissen, was sie in Ägypten zu erwarten haben. Eine Broschüre informiert über die Ziele des Landes, Fördermittel, Flächennutzungsplan, nationale Strategien und Bestimmungen, wirtschaftliche Risiken und Ansprechpartner. Künftig sollen Interessenten in einem OneStop-Shop sämtliche relevanten Informationen erhalten. Auf internationalen Messen, Konferenzen und Veranstaltungen will NREA den Windstandort Ägypten vermarkten.

Erneuerbare Energien konkret In Ägypten pfeift der Wind nahezu das ganze Jahr. Damit zählt das Land zu den attraktivsten Standorten für Windenergie weltweit. Weiterbildungen machten die Mitarbeiter der NREA so fit im Umgang mit den Softwarepaketen WindPro und Wasp, dass sie Schulungen für Kollegen aus den MENAund afrikanischen Staaten erfolgreich anbieten. Über 30 Kollegen aus der Region haben inzwischen von dem Know-how der Ägypter profitiert. Doch damit nicht genug: Die Behörde arbeitet mit deutscher Unterstützung an einem Business Plan, um diese Serviceleistung professionell zu vermarkten. Dies sorgt nicht nur für zusätzliche Einnahmen sondern auch für die Nachhaltigkeit solcher Dienstleistungsangebote.

Schon erreicht • • • •

Schulungseinrichtung für Auslegung und Design von Windparks Analysemodell für Abschattungseffekte bei Windparks Investitionsbroschüre für Windenergie Qualitätssicherungsleitfaden für solare Warmwasserkollektoren

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Gesetze und Verordnungen Investieren Unternehmer in regenerative Energien, wollen sie wissen, was sie damit verdienen können. Die Regulationsbehörde Egyptera hat die Gestaltung realistischer Einspeisetarife für kleine und mittlere Windparks, Photovoltaikanlagen und Solarkraftwerke mit Parabolrinnen (CSP) zu hundert Prozent durchschaut. Investoren und Energieversorger brauchen Klarheit über die Lieferbedingungen ihrer erzeugten Strommengen. Einen entsprechenden Stromabnahme-Modellvertrag hat Egyptera im Zusammenspiel mit anderen Institutionen und Behörden vorbereitet. Aber auch eine Liberalisierung des Strommarktes mit verschiedenen Anbietern und Abnehmern steht auf dem Programm der Behörde. Erzeugt ein Verbraucher seine Energie selbst, muss er jedoch das Stromnetz nutzen können. Ein entsprechendes Vertragswerk zur Regelung des Netzzugangs haben die Partner bereits erarbeitet. Längst ist es keine Seltenheit mehr, dass sich Unternehmen in Sachen Ökologie engagieren. Nicht wenige sind bereit, höhere Energiekosten zu akzeptieren, wenn die Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Dies will jedoch belegt sein. Der Schlüssel dazu sind Herkunftsgarantien. Dazu überwacht Egyptera künftig die lan-

desweite Produktion von Ökostrom und wird über die erzeugte Menge Zertifikate ausstellen. Der gesamte Prozess entspricht in etwa dem europäischen Zertifizierungssystem für erneuerbare Energien (RECS). Bei den Sitzungen des Verbandes der europäischen Emissionsinstitutionen (AIB) nimmt Egyptera schon als Beobachter teil und strebt sogar die Mitgliedschaft an. Nur eine aufgeklärte, gut informierte Bevölkerung lässt sich von erneuerbaren Energien und dem sparsamen Umgang mit Energie überzeugen. Und nur dann können sich diese Technologien auch durchsetzen. Mit der Energie-Verbraucher-Organisation hat die Behörde einer Nicht-Regierungsorganisation zum Start verholfen, die als Bindeglied zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Staat wirkt. Geburtshilfe leistete dabei auch der deutsche Bund der Energieverbraucher e.V. Kampagnen und Aufklärung rund um das Thema sollen für öffentliche Unterstützung sorgen. Kurz: es soll eine Lobby für Ökoenergie und Energieeffizienz entstehen, die auch über die neugewählten Parlamentarier Einfluss auf die nationale Energiepolitik nimmt.

Regulierung konkret Der Entwurf des neuen Elektrizitätsgesetzes sieht einen Einspeisetarif für erneuerbare Energien vor. Doch die Krux lag im Detail. Wie ergibt sich dieser Tarif, was ist bei der Kalkulation zu berücksichtigen, wie soll die Vertragsgestaltung mit den Kraftwerksbetreibern aussehen? Vor diesen Fragen fürchten sich die Fachleute bei Egyptera nicht mehr. Ausgebildet durch ein deutsches Consulting Unternehmens arbeiten die Experten der Behörde inzwischen blind mit der notwendigen Simulationssoftware und durchblicken den gesamten Prozess. Sie passen

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die Tarife auf die spezifischen Bedingungen von kleinen und mittleren Windkraftwerken bis etwa 50 Megawatt an, genauso wie auf kleine Photovoltaik- oder große CSP-Anlagen. Die Balance zwischen attraktiven Preisen für den Investor und möglichst geringen Subventionen haben sie im Griff. In mehreren Schulungen vermittelten die ägyptischen Spezialisten ihr Know-how auch den Behörden von 13 Nachbarstaaten. Syrien und Libyen sind dadurch bei der Formulierung eigener Einspeisetarife einen großen Schritt vorangekommen.

Schon erreicht • • • • •

Einspeisetarif für Windenergie Stromabnahme-Modellvertrag Vertragswerk Netzzugang Zertifizierte Herkunftsgarantie Gründung und Formalisierung Energieverbraucher-Organisation

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Energie verantwortungsvoll nutzen Den Ministerrat für Energiefragen leitet der Premierminister. In den regelmäßigen Sitzungen kommen Vertreter aller relevanter Ministerien zusammen. Kompetenter Ansprechpartner des Rates ist die Energieeffizienz-Einheit (EEU), denn sie generiert Impulse und ist die Schaltzentrale der Energieeffizienz-Aktivitäten. In sechs Schlüsselsektoren sollen in naher Zukunft in den zuständigen Ministerien Energieeffizienzbüros entstehen. Das Tourismus- und Wohnungsbauministerium sind bereits dabei, diese aufzubauen. Hierbei unterstützt sie das JCEE, funktionierende Organisationsstrukturen zu entwickeln und das nötige Know-how der Mitarbeiter zu vermitteln. Denn die müssen für ihren Bereich feststellen, wer wie viel Energie für was verbraucht und welcher volkswirtschaftliche Beitrag im Gegenzug daraus erwächst. Die Datenerhebung stellt jedoch eine enorme Herausforderung dar. Vor dieser ist die EEU nicht zurückgescheut und hat ein umfassendes Konzept zur Datenerhebung erarbeitet. Basierend auf diesen Daten entwickeln die Büros Programme und Anreize für die Wirtschaft, ihre Technologien auf effizientere Alternativen umzustellen.

Inzwischen steht für ganz Ägypten ein Energieeffizienz-Fahrplan bereit. Diesen gestalten die Energieeffizienzbüros in den Ministerien derjenigen Branchen, die viel Energie verbrauchen inhaltlich im Detail und setzen ihn um. Die Büros bestimmen auf ihre Branche zugeschnittene Indikatoren, mit denen sich Energieverbrauch und dessen Minderung messen lassen. Durch Kampagnen und finanzielle Anreizsysteme haben moderne Technologien die Chance, in die Wirtschaft Einzug zu halten. Erfolgreiche Ansätze sollen so im Laufe der Zeit in Gesetze und Verordnungen einfließen. Der Fahrplan liegt dem Kabinett zur Verabschiedung vor. Für den Wohnungsbau hat das Land Standards für energieeffiziente und nachhaltige Gebäude definiert sowie mit der „grünen Pyramide“ ein eigenes Bewertungssystem entwickelt. Als Pilotprojekt plant Ägypten, ein öffentliches Gebäude, eine Wohnsiedlung sowie eine Hotelanlage nach diesen Standards zu errichten.

Schon erreicht • Landesweiter Energieeffizienz-.Fahrplan • Zwei Dezentrale Energieeffizienzbüros • Standards für nachhaltige Gebäude

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Energieeffizienz konkret Auf die Sonne ist in Ägypten nahezu immer Verlass. Was liegt näher, als warmes Wasser mit einem solaren Warmwasserkollektor zu erzeugen? Doch ist ein Solargerät nahezu fünfmal so teuer wie ein herkömmliches, mit Strom oder Gas betriebenes Gerät. Um Investoren von Hotels- und Wohngebäuden zu überzeugen, auf die energiesparendere, teurere Technologie umzusatteln, bedarf es anderer finanzieller Vortei-

le. Gemeinsam mit der Energieeffizienzeinheit entwickelt das JCEE maßgeschneiderte Anreizsysteme passend für jede Branche. So ist es für einen Hotelinvestor lohnenswert, mehr Geld in die solare Warmwasserbereitung zu stecken und dafür eine größere Fläche bebauen zu dürfen. Die dezentralen Energieeffizienzbüros der verschiedenen Sektoren finden hier attraktive Lockmittel für viele Industriezweige.

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Umweltverträgliche Entwicklung durch Klimaschutz Die dem Umweltministerium zugeordnete Umweltagentur (EEAA) ist für die Genehmigung von CDM Projekten in Ägypten zuständig. 2009 gründete das Land die CDM- Entwicklungs- und Vermarktungsgruppe (CDM-APU), mit Unterstützung der UN. Unterstützt von JCEE lernten siebenAngestellte der Umweltbehörde, wie sie ein CDM Projekt initiieren – angefangen von der Projektidee über das Projektdesign, die Validierung bis hin zur Registrierung. Sie bringen Unternehmer einer Branche zusammen, um mit diesen gemeinsam neue CDM-Projekte zu identifizieren. Das Personal der APU punktet mit Know-how zu den technischen, organisatorischen und finanziellen Hintergründen. In den letzten 3 Jahren haben die Spezialisten 7 neuen Projekten zur Registrierung verholfen. Nahezu 70 weitere Projektideen befinden sich in der Pipeline.

Wichtig ist es, diese Projekte zu vermarkten. Die aktive Teilnahme an internationalen Messen und Konferenzen ermöglichte es den ägyptischen Fachleuten, ein Netzwerk an Kontakten zu potentiellen Investoren und Projektentwicklern sowie Käufern von Emissionszertifikaten aufzubauen. Nicht nur einzelne CDM Projekte bewältigen die ägyptischen Experten, sondern auch Klimaprogramme, in die viele einzelne Kleinunternehmer eingebunden sind, die Programs of Activities (PoA). Darüber hinaus entwickeln sie erste Ideen zu NAMAs (Nationally Appropriate Mitigation Actions), einem neuen Mechanismus zur Umsetzung von Klimaschutzprojekten.

Klimaschutz konkret Über 4000 Kleinstunternehmer stellen Holzkohle in offenen Mulden her. Die Qualität variiert von Hersteller zu Hersteller, die Ausbeute ist gering, Umwelt- und Gesundheitsbelastungen hoch. In einem geschlossenen, gasbetriebenen Ofen lassen sich Temperatur und damit Qualität der Holzkohle einstellen und die Wärme zurück gewinnen. Es gelangt weder Feinstaub noch Rauch in die Umgebung, so dass die gesundheitlichen Risiken der Betreiber sinken,

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genauso wie die CO2-Emission. Auf Grundlage dieses Szenarios haben die Experten ein PoA entwickelt, dem sich bis 2020 nach und nach alle Köhler anschließen können. Selbstbewusst und mit Sachverstand verhandeln die ägyptischen Fachleute die Methodologie der Datenerhebung mit den UN-Spezialisten, denn sie haben Abweichungen ihrer Erhebungen von denjenigen der UN ermittelt. Das Programm steht kurz vor der Registrierung.

Schon erreicht • • • •

7 neue CDM-Registrierungen in 3 Jahren 70 zusätzliche Projektideen in der Pipeline Ein registriertes PoA, zwei weitere kurz davor Vermarktung der CDM und PoA Projekte durch die APU

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Basierend auf den gesetzlichen und regulierenden Grundlagen, der Energieeffizienz, den erneuerbare Energien und dem Klimaschutz arbeitet Ägypten an vier Säulen, die die nachhaltige Energieversorgung langfristig sicherstellen werden. Noch ist das Werk nicht vollendet, die Fundamente sind jedoch gelegt und das Land kann auf erste große Erfolge blicken.

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