Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule Dokumentation des Fachgesprächs vom 28. Juni 2010 in Berlin

Impressum

Herausgeberin

Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Platz der Republik 1 11011 Berlin www.gruene-bundestag.de

Verantwortlich

Priska Hinz Sprecherin für Bildungspolitik Markus Kurth MdB Sprecher für Sozial- und Behindertenpolitik Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Redaktion

Daniela Jahn André Bornstein

Bezug

Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion Info-Dienst Platz der Republik 1 11011 Berlin Fax: 030 / 227 56566 E-Mail: [email protected]

Schutzgebühr

€ 1,50

Redaktionsschluss

September 2010

„Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

Inhalt „Gemeinsam geh’s besser! Wege zur inklusiven Schule“

Programm des Fachgesprächs................................................................................................... 3 Zusammenfassung ........................................................................................................................ 4 Biografien der ReferentInnen ..................................................................................................... 7

Inklusive Schule I: Praktische Umsetzung .............................................................................. 9 Dr. Camilla Dawletschin-Linder, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben - gemeinsam lernen e.V............................................................................ 9 Mechthild Ziegler, Vorsitzende des Bundesverbandes zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e. V. ................................................................................ 12 Wilfried Wolfgang Steinert, Schulleiter der Waldhofschule Templin ........................... 16

Inklusive Schule II: Politische und gesetzliche Anforderungen ...................................... 22 Dr. Sigrid Arnade, Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL ................................................................ 22 Gerda Stuchlik, Bürgermeisterin von Freiburg und Dezernentin für Schule und Bildung ..................................................................................................................... 25

Programm der Fach-Tagung in Leichter Sprache ............................................................... 31 Biografien in Leichter Sprache ................................................................................................ 36 Zusammenfassung in Leichter Sprache ................................................................................ 43

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Programm des Fachgesprächs

Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule Fachgespräch am 28. Juni 2010, im Anhörungs-Saal im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus

Begrüßung und Einführung Renate Künast MdB, Fraktionsvorsitzende Priska Hinz MdB, Sprecherin für Bildungspolitik Markus Kurth MdB, Sprecher für Sozial- und Behindertenpolitik

Einführungsvortrag Prof. Dr. Hans Wocken ehem. Prof. an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft, Universität Hamburg

Inklusive Schule I: Praktische Umsetzung Dr. Camilla Dawletschin-Linder Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben - gemeinsam lernen e.V. Mechthild Ziegler Bundesvorsitzende des Bundesverbands zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e.V. Wolfgang Steinert Schulleiter, Waldhofschule Templin

Inklusive Schule II: Politische und gesetzliche Anforderungen Ulrich Vieluf Staatsrat der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg Sigrid Arnade Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Gerda Stuchlik Bürgermeisterin von Freiburg und Dezernentin für Schule und Bildung

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Zusammenfassung Mit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention geht es nur noch um das "Wie" der gemeinsamen Schule von SchülerInnen mit und ohne Behinderungen. Aber während die Bundesregierung die Verantwortung zur Umsetzung der Konvention im Bildungsbereich von sich weist, bewegen sich die allermeisten Bundesländer nur sehr zaghaft. Wir haben über die konkrete Ausgestaltung einer inklusiven Schule gesprochen und über die politischen und gesetzlichen Anforderungen diskutiert. Das Fachgespräch wurde von der Fraktionsvorsitzenden Renate Künast und den Abgeordneten Markus Kurth und Priska Hinz eröffnet. In ihrer Eingangsrede betonte Renate Künast, dass eine inklusive Gestaltung des Schulsystems nicht nur behindertenpolitisch geboten sei, sondern alle Schülerinnen und Schüler besser auf das Leben nach der Schule vorbereite. Sowohl im Arbeitsleben als auch im Alltag müsse man mit der Verschiedenheit der Menschen umgehen. Für alle Schülerinnen und Schüler sei es das Beste, wenn sie diese Schlüsselqualifikation so früh wie möglich lernen. Die heutige frühe Separierung im Schulsystem sei daher für alle Schülerinnen und Schüler schädlich und unsinnig. Markus Kurth hob die Bedeutung von Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) hervor, in der das Recht auf einen gleichberechtigten Schulbesuch mit nicht behinderten Schülerinnen und Schülern verankert ist. Dies lasse keine Alternative zur Schaffung eines inklusiven Schulsystems zu. Da Bildung ein stark emotional diskutiertes Thema sei, müssten Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung ergriffen werden, um insbesondere bei Eltern und Lehrern Ängste und Vorurteile abzubauen. Priska Hinz warf einen kritischen Blick auf das Verhalten der Bundesländer. Diese würden sich mit der Anpassung ihrer Schulgesetze sehr viel Zeit lassen und erst wenige hätten die Wahlfreiheit in ihre Landesschulgesetze aufgenommen, darunter Schleswig-Holstein, Berlin und Hamburg. Zwar begrüße sie, dass die KMK die Überarbeitung der Kriterien zur sonderpädagogischen Förderung endlich angegangen habe, kritisierte aber gleichzeitig, dass das Papier sehr vage sei: Die KultusministerInnen hätten sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Priska Hinz betonte die Vorteile der inklusiven Bildung. Der gemeinsame Umgang miteinander fördere das Bewusstsein und die Wertschätzung von Individualität und Vielfalt. Prof. Dr. Hans Wocken, emeritierter Erziehungswissenschaftler aus Hamburg, führte die Notwendigkeit eines inklusiven Bildungssystems auf die seit der Französischen Revolution existierende Idee von der Unteilbarkeit der Menschenrechte zurück. Zur praktischen Umsetzung des Ziels forderte er die sofortige Schließung der Förderschulen mit den Schwerpunkten "Lernen", "Verhalten" und "Sprache" und die (pauschale) Verteilung der Sonderpädagogen auf die Regelschulen. Für die Auflösung der übrigen Förderschulen "Sehen", "Hören", "Körper", "Geist" hält er größere Veränderungen und eine längere Übergangsfrist für nötig. Hier soll den Eltern die Wahlmöglichkeit gegeben werden, ob ihr Kind eine Regelschule besucht oder das Angebot der Förderschulen wahrnimmt. Ziel sei es, bis 2020 insgesamt eine Inklusionsquote von 80 Prozent zu erreichen.

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In der sich anschließenden Diskussion wurde über die Zweistufigkeit im Konzept von Prof. Wocken kontrovers diskutiert. Einige Diskutanten betonten, dass dieses Stufenmodell eine neue Ausgrenzung mit sich bringe, andere verwiesen auf die Machbarkeit in der Umsetzung, die einen größeren Zeitraum benötige. Zudem gebe es bei vielen Eltern eine hohe Akzeptanz für die Schulen mit Förderschwerpunkt "Sehen", "Hören", "Körper", "Geist". Wichtig sei es zudem, Inklusion bereits im vorschulischen Bereich mitzudenken. Prof. Wocken betonte weiterhin die Wichtigkeit der Lehrerfortbildung zur Erreichung des Ziels einer inklusiven Schule. 90 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer wären in diesem Gebiet nicht ausreichend ausgebildet.

Inklusive Schule I: Praktische Umsetzung Camilla Dawletschin-Linder, im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft "Gemeinsam leben – gemeinsam lernen", wies in ihrem Einführungsvortrag darauf hin, dass in fast allen Bundesländern die Anträge der Eltern auf Zulassung ihres Kindes in die Regelschule abgewiesen würden und damit Artikel 1 des Grundgesetzes verletzt würde. Zwar hätten die Kinder nach der UN-Behindertenrechtskonvention das Recht auf Inklusion, in den Schulgesetzen wäre dies aber noch nicht umgesetzt worden, anders als die Kultusministerkonferenz glauben machen wolle. Die Referentin sprach sich für einen gemeinsamen Unterricht aller Kinder mit Behinderung aus. Sie betonte, dass dafür ein Wertewandel zu vollziehen sei, der die allgemeine Schule zur Regel und die Sonderschule (solange es sie noch gibt) zur begründeten Ausnahmen werden ließe. Dafür seien Reformen in den Regelschulen vonnöten: Von angepassten Lehrprogrammen und –methoden bis hin zur Barrierefreiheit. Ein weiterer Schritt zur erfolgreichen Inklusion sei eine bessere Beratung der Eltern von Kindern mit und ohne Behinderung. Eltern mit behinderten Kindern müssten davon überzeugt werden, welche Chancen sich ihren Kinder in der gemeinsamen Schule biete. Gleichzeitig müssten den Eltern von Kindern ohne Behinderung die Vorzüge eines gemeinsamen, individualisierten Lernens nahe gebracht werden. Mechthild Ziegler, Bundesvorsitzende von LERNEN FÖRDERN-Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e.V., betonte in ihrer Rede die Wichtigkeit der Qualität inklusiven Lernens: Diese müsse in der Regelschule und der Förderschule gleich hoch sein und allen Kinder einen gesicherten Wissenserwerb, Anerkennung und das Lernen von Eigenverantwortung gewähren. Von einigen Eltern gebe es in letzer Zeit vermehrte Beschwerden über die mangelnde Förderung ihrer behinderten Kinder in der Regelschule. Zentral sei es, den Schulwechsel jederzeit zu ermöglichen. Eine Abschaffung aller Förderschulen lehnt Mechthild Ziegler aber ab, stattdessen sollten vermehrt Kooperationsklassen und Förderzentren geschaffen werden. Erfolgreiche Beispiele gebe es, so Mechthild Ziegler, immer dann, wenn allgemeine und Förderschulen gemeinsam mit den Eltern eng kooperieren. Wichtig sei es, dass die Eltern mithilfe von Information und Beratung Verantwortung für den schulischen Werdegang ihres Kindes übernehmen. Wolfgang Wielfried Steinert, Schulleiter der Waldhofschule Templin "Eine Schule für Alle" berichtete aus der Praxis einer Schule, die sich von einer Förderschule für geistig Behinderte für alle Schülerinnen und Schüler geöffnet hat. Der Aufbau einer inklusiven Schule wurde in der Waldhofschule positiv als Motor genutzt und ein Konzept entwickelt, dass die Bedürfnisse einer modernen Schule wiederspiegelt: Ganztags leben und lernen, individuelle Förderung, miteinander lernen, kleine „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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Klassen, 2,5 Pädagogenstellen pro Klasse, kein Sitzenbleiben und Ferienbetreuung. In Klassengrößen von 18 Kindern werden neun Kinder mit und neun Kinder ohne diagnostizierten Förderbedarf gemeinsam unterrichtet. Dabei stehe das Leitmotiv: "Wir brauchen alle, wir bleiben zusammen, niemand bleibt zurück, niemand wird beschämt" im Zentrum allen Arbeitens. Im Anschluss an die Vorträge wurde in der Diskussion gefordert, beim Aufbau von inklusiven Strukturen stärker mit den betroffenen Menschen und Verbänden zusammen zu arbeiten. Auf Nachfragen zur Qualität der Lehrenden verwies Wolfgang Steinert auf deren Bedeutung und kritisierte, dass die Standards zur Lehrerausbildung der KMK von 2003 nach wie vor nicht umgesetzt seien. Er verwies darauf, dass gemeinsames Lernen bei allen Schülerinnen und Schülern in Vergleichsarbeiten zu besseren Ergebnissen führen würde.

Inklusive Schule II: Politische und gesetzliche Anforderungen Dr. Sigrid Arnade von der Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben", die in den Jahren 2005 und 2006 für den Deutschen Behindertenrat selbst an den Verhandlungen zur UN-Behindertenrechtskonvention in New York teilgenommen hat, eröffnete ihre Einführung mit den Anforderungen an die Bundesregierung. Zwar gehöre Bildungspolitik zur Regelungshoheit der sechzehn Bundesländer, die Bundesregierung stehe allerdings als Vertragspartnerin gegenüber den Vereinten Nationen in der Pflicht. Zudem ergäben sich aus der Konvention unmittelbare Pflichten, um das Menschenrecht auf Inklusive Bildung auch durchsetzen zu können. So müsse die Bundesregierung gemäß Artikel 8 der UN-Konvention sofortige bewusstseinsbildende Maßnahmen ergreifen, um die Menschen von der Inklusiven Schule zu überzeugen. Vielfalt sei kein Problem, sondern ein Mehrwehrt, so Arnade. Außerdem gelte es, das Rechtsinstitut der angemessenen Vorkehrungen, wie es in der UN-Konvention vorgesehen ist, auszugestalten und entsprechend für hiesige Regelungen anwendbar zu machen. Neben einem Bundesbildungsteilhabegesetz für Menschen mit Assistenzbedarf forderte Dr. Sigrid Arnade, die Beteiligungsrechte von Menschen mit Behinderungen und ihren Verbänden nach Art. 4 und 33 der UNKonvention bei der Ausgestaltung Inklusiver Schule auf allen staatlichen Ebenen anzuwenden. Gerda Stuchlik, Bürgermeisterin von Freiburg und Dezernentin für Schule und Bildung, berichtete sodann von den kommunalen Anforderungen. Auch wenn das Thema Inklusion derzeit in aller Munde sei, wäre eine barrierefreie Ausgestaltung aller Schulen nicht von heute auf morgen zu realisieren. Die Stadt Freiburg setze daher auf Schwerpunktschulen sowie auf einen Zehn-Jahres-Plan, der bis zum Jahr 2020 70 Schulen barrierefrei machen und eine entsprechende Qualifizierung der Lehrerinnen und Lehrer herstellen solle. Hierfür seien allerdings über zwanzig Millionen Euro in den nächsten zehn Jahren notwendig, was für die Stadt Freiburg mit rund 220.000 Einwohnern eine große finanzielle Herausforderung sei. In der anschließenden Diskussion wies Prof. Wocken darauf hin, dass es bei der Umsetzung Inklusiver Beschulung zwar kurzfristig zu Mehrkosten komme, durch die allmähliche Schließung von Sonderschulen wäre mittelfristig jedoch eine Kostenneutralität anzunehmen. Für den schrittweisen Abbau von Sonderschulen sei allerdings der Landesgesetzgeber verantwortlich.“ Seite 6

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Biograf ien der ReferentInnen Prof. em. Dr. Hans Wocken Universität Hamburg, Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft Prof. em. Dr. Hans Wocken ist seit 1980 Professor für Lernbehindertenpädagogik und Integrative Pädagogik an der Universität Hamburg. Er initiierte und begleitete wissenschaftlich die beiden Schulversuche "Integrationsklassen" und "Integrative Regelklassen".

Dr. Camilla Dawletschin-Linder Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben - gemeinsam lernen e. V. Die „Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben gemeinsam lernen“ ist der Zusammenschluss von Elternselbsthilfeorganisationen in verschiedenen Bundesländern, die sich seit über 25 Jahren darum bemühen, dass Kinder und junge Erwachsene mit Behinderung ein möglichst inklusives Leben inmitten der Gesellschaft führen können. Dr. Camilla Dawletschin-Linder, Mutter eines Sohnes mit einer sog. geistigen Behinderung, arbeitet seit 15 Jahren ehrenamtlich in der LAG Eltern für Integration e.V. in Hamburg mit, seit vielen Jahren im Vorstand. Seit 2005 ist sie im Vorstand der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben gemeinsam lernen.

Mechthild Ziegler Bundesvorsitzende des Bundesverbands zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e. V. Frau Ziegler ist seit 1993 Vorsitzende von LERNEN FÖRDERN Kornwestheim und Remseck, seit 1996 Vorsitzende des Landesverbands Baden-Württemberg und seit 2002 Bundesvorsitzende. Ihre ehrenamtliche Tätigkeit wurde 1999 mit der Landesehrennadel Baden-Württemberg und 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz anerkannt. Der LERNEN FÖRDERN-Bundesverband wurde 1968 als Selbsthilfeverband gegründet. Inzwischen besteht ein bundesweites Netz mit ca. 20.000 Mitgliedern, die in zehn Landesverbänden und etwa 405 Ortsvereinen aktiv sind. Eltern, Erzieherinnen, Erzieher und Pädagogen engagieren sich gemeinsam für die Teilhabe von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Lernbehinderungen in der Gesellschaft und am Arbeitsleben. Ziel des Bundesverbands ist es, jedes Kind individuell zu fördern und zu begleiten und ihm dadurch ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

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Wilfried Wolfgang Steinert Schulleiter, Waldhofschule Templin Herr Steinert ist seit 2002 Schulleiter der „Waldhofschule – Eine Schule für alle“, einer inklusiven Grundschule in Templin. Die Schule gestaltet seit 2003 inklusiven Unterricht für zurzeit 261 Schülerinnen und Schüler. In jeder Klasse mit maximal 18 Kindern sind bis zu 50 % der Schülerinnen und Schüler mit diagnostiziertem Förderbedarf. Verschiedenheit wird als Bereicherung erlebt – das gilt auch für die Klassenlehrerteams in denen Grundschullehrkräfte und Sonderpädagogen sich gegenseitig ergänzen und voneinander lernen. Für jede Klasse sind mindestens zwei Pädagogen verantwortlich, die im Team entscheiden, wer wann was wie unterrichtet.

Ulrich Vieluf Staatsrat der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg Ulrich Vieluf studierte Erziehungswissenschaft, Grundschulpädagogik, Deutsch und Psychologie an der Universität Hamburg. Nach seinem Studium war er u.a. als Redakteur, Pressesprecher, Büroleiter und wissenschaftlicher Angestellter in der Schulbehörde tätig. Danach leitete er am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung die Abteilung Qualitätsentwicklung und Standardsicherung. Seit Mai 2008 ist er Staatsrat der Behörde für Schule und Berufsbildung.

Dr. Sigrid Arnade Interessenvertretung "Selbstbestimmt Leben“ Dr. Sigrid Arnade, gelernte Tierärztin, nutzt seit 1986 zur Fortbewegung einen Rollstuhl. Seitdem hat sie als Journalistin für Fernsehen und Printmedien mit den Schwerpunkten "Behinderung", „barrierefreies Naturerleben“ und "behinderte Frauen" gearbeitet. Für den Deutschen Behindertenrat hat sie 2005/2006 an den Verhandlungen zur UN-Behindertenrechtskonvention in New York teilgenommen. Seit 2010 ist sie Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. - ISL.

Gerda Stuchlik Bürgermeisterin von Freiburg und Dezernentin für Schule und Bildung Gerda Stuchlik studierte Biologie, Geschichte und Politik in Frankfurt a.M. Sie war Geschäftsführerin des europäischen Städtezusammenschlusses “Klima Bündnis Alianza del Clima e.V.”, im Anschluss persönliche Referentin und Büroleiterin des Frankfurter Umweltdezernenten Tom Koenigs. Seit 1997 ist Gerda Stuchlik Grüne Bürgermeisterin in Freiburg i.Br., seit 1998 u. a. zuständig für die Bereiche Schule und Bildung.

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Inklusive Schule I: Praktische Umsetzung Dr. Camilla Dawletschin-Linder Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeinsam leben - gemeinsam lernen e.V. Seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts haben Eltern von Kindern mit Behinderung an vielen Orten in Deutschland darum gekämpft, dass ihre Kinder in die gleiche Schule gehen dürfen wie die Nachbarskinder oder die Geschwister. Im Jahr 1975 hat die Fläming-Schule in Berlin die ersten behinderten Kinder in den Regelunterricht aufgenommen, seit 1985 gibt es Integrationsklassen in Hamburg, in anderen Bundesländern gibt es punktuell ebenso Integrationsklassen. Und dennoch haben im Jahr 2010 bundesweit immer noch nur 18 % der Kinder mit Behinderung die Möglichkeit, die Regelschule zu besuchen. Gleichzeitig darf man nicht verkennen, dass – ähnlich wie im selektiven dreigliedrigen System - Kinder aus Bildungsbürgerfamilien eine größere Chance haben, den gewünschten gemeinsamen Schulbesuch zu erreichen. Hier findet also eine doppelte soziale Behinderung statt. Eltern von Kindern mit Behinderung haben lange auf die Gelegenheit, die uns nun die UN-BRK bietet, gewartet. Jedes Jahr, so auch noch in diesem Jahr, haben hunderte von Kindern einen Antrag auf Aufnahme in die Regelschule gestellt und wurden abgewiesen – in fast allen Bundesländern. Wir als Elternverein wissen aus unserer Beratungspraxis, wie verzweifelt Eltern sind, wenn ihr Kind abgelehnt wird und wenn sie dann gegen besseres Wissen und mit Selbstvorwürfen einen Sonderweg für ihr Kind akzeptieren müssen. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ – tausendfach ist in den vergangenen Jahrzehnten hier gegen das Grundgesetz verstoßen worden. Die UN-Konvention muss dahingehend ausgelegt werden, dass alle Kinder mit Behinderung das Recht auf einen Platz in der allgemeinen Schule haben. Sie haben das Recht bereits jetzt, auch wenn es noch nicht überall die adäquaten Schulgesetze und Vorkehrungen dafür gibt. Die Eltern dieser Kinder treten als Sachwalter ihrer minderjährigen Kinder auf. Die UN-Konvention ist nicht dahingehend zu verstehen, dass es ein Elternwahlrecht auf ein inklusives oder ein segregierendes Bildungssystem gibt. Es geht nicht um ein Elternwahlrecht, sondern vielmehr um die Erfüllung eines Menschenrechts, das diesen Kindern zusteht. Das bedeutet, in einem ersten Schritt müssen die Schulgesetze der Bundesländer, die dies noch nicht getan haben, geändert werden: Hier muss ein Wertewandel vollzogen werden: Die allgemeine Schule wird zur Regel für alle Kinder, der Besuch einer Sonderschule (so und solange es sie noch gibt) wird die zu begründende Ausnahme. Die Frage lautet also längst nicht mehr nicht mehr ob gemeinsamer Unterricht, sondern nur noch: Wie kann er gelingen? Nun kommt es auf die Ausgestaltung der Regelschule an, damit alle Kinder, auch solche mit einer Behinderung, dort willkommen geheißen und ihren Fähigkeiten entsprechend gefördert werden können. „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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Wie oben bereits erwähnt, fangen wir nicht bei Null an: Ganz abgesehen von vielen Beispielen gemeinsamen Unterrichts im Ausland wird bei uns in Deutschland seit über 25 Jahren bereits gemeinsamer Unterricht praktiziert, allerdings in unterschiedlicher Form und Qualität immer nur selektiv. Es ist erstaunlich, wie immer wieder von Kultusbehörden so getan wird, als gäbe es keine Erfahrungen und keine wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnisse darüber, wie gemeinsamer Unterricht zu gestalten sei und wie er sich für alle Kinder auswirkt. Gemeinsamer Unterricht für Kinder mit Behinderung bedeutet: für alle Kinder mit einer Behinderung. Immer wieder wird argumentiert, für bestimmte Behinderungen, und vor allem für schwerst behinderte Kinder könne das doch nicht gelten. Nein, Integration ist unteilbar, Inklusion erst recht. Auch hier gibt es genügend Beispiele, wie gemeinsamer Unterricht auch für schwerst behinderte Kinder gelingt. Von der lebenswichtigen Erfahrung, die die schwerst normalen Kinder dabei machen, ganz zu schweigen. Und schon haben die widerwilligen Kultusbeamten ein neues Argument für ihre Weigerung, gemeinsamen Unterricht zuzulassen, konstruiert: Das Argument des Kindeswohls, das darauf abzielt, Kinder ohne Behinderung würden durch gemeinsamen Unterricht mit Kindern mit Behinderung in ihrer Entfaltung gehemmt. Abgesehen davon, dass dieses Argument durch alle bisherigen wissenschaftlichen Begleitstudien zum gemeinsamen Unterricht entkräftet werden kann, ist es getragen von der gleichen Geisteshaltung, die in Hamburg das Volksbegehren „Wir wollen lernen“ bestimmt: eine zunehmende Entsolidarisierung in der Gesellschaft und eine undemokratische Haltung, der ganz entschieden entgegengetreten werden muss. Hier müssen wir also ansetzen, um die Eltern mit behinderten Kindern davon zu überzeugen, welche Chancen sich ihrem Kind in der gemeinsamen Schule bieten. Dies gilt insbesondere für Eltern, die wenig Kontakt mit der Schule haben und deshalb auch oft schlecht darüber informiert sind, was ihr Kind in der Sonderschule wirklich lernt. Und für die Eltern, die über die Rechte ihrer Kinder nicht informiert sind. Gleichzeitig müssen wir den Eltern der Kinder ohne Behinderung erklären, dass und wie ihre Kinder alle vom gemeinsamen individualisierten Unterricht profitieren werden. Mindestens ebenso wichtig ist mir aber, dass das gemeinsame Lernen aller auch als soziale Aufgabe für Schule und Elternhäuser angesehen wird, weil es einen wichtigen Beitrag zur Solidarität und zur Demokratie in unserer Gesellschaft leistet. Inklusive Bildung beginnt jedoch nicht erst in der Schule. Wenn im Bereich der frühkindlichen Bildung Angebote für alle Kinder zugänglich sind, Kitas und Kinderkrippen sich zu inklusiven Bildungseinrichtungen von Anfang an entwickeln, dann wird die Fortführung der Inklusion in der Schule umso einfacher sein – die Verschiedenartigkeit der Menschen gehört dann schon ganz früh zum Alltag der Kinder und der Eltern(!) und wird als selbstverständlich erfahren. Für Eltern von Kindern mit Behinderung wird die Qualität des angebotenen Unterrichts entscheidend dafür sein, die inklusive Schule mitzutragen. Die Ausgestaltung des gemeinsamen Unterrichts muss sich ebenfalls an den Vorgaben der UNKonvention orientieren. Das heißt: Es müssen geeignete Vorkehrungen geschaffen werden, •

damit der Unterricht für alle Kinder verfügbar ist, inklusive angepasster Lehrprogramme und –methoden.

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damit er zugänglich ist, d.h. barrierefrei im weitesten Sinne, nicht nur im physischen, und dass er in angemessener Entfernung erteilt wird.



dass er akzeptabel und hochwertig ist - es wird also entscheidend auf die Ausstattung und die Qualität des Unterrichts ankommen.

Dazu gehört, dass die von der Konvention geforderten angemessenen Vorkehrungen für den Einzelfall getroffen werden, um diesem Kind den Zugang zur inklusiven Bildung zu ermöglichen. Diese Vorkehrungen sind Teil des Schutzes vor Diskriminierung und daher an keinen Haushaltsvorbehalt gebunden. Für die Eltern bedeutet dies, dass sie nun nicht mehr als Bittsteller oder gar Querulanten auftreten müssen. In einem nicht diskriminierenden Verfahren muss bestimmt werden, welche zusätzlichen Vorkehrungen nötig sind, um dem entsprechenden Kind eine sinnvolle und fördernde Teilnahme am Unterricht der Regelschule zu ermöglichen. Das mag man Diagnostik nennen unter der Voraussetzung, dass dies auch für alle anderen Kinder gilt, d.h. wenn alle Kinder in ihrem Lernstand erfasst und regelmäßig überprüft werden. Dazu ist auch unabhängige Beratung nötig, u.U. auch eine Schlichtungsstelle für den Fall, dass sich die Wahrnehmung der Pädagogen und die der Eltern oder Therapeuten in Bezug auf die notwendige Förderung und die bereitzustellenden Hilfsmittel nicht decken. Darüber hinaus müssen nun endlich die zersplitterten Zuständigkeiten der verschiedenen Träger zusammengeführt werden, damit die Förderung aus einer Hand erfolgen kann: Pädagogik, personelle Unterstützung durch Schulhelfer oder ähnliche, Hilfsmittel, Therapien, Fahrdienste, so nötig, alles dies muss aus einer Hand abgerufen werden können. Eltern von Kindern mit Behinderung sind bereits auf allen Gebieten mehr belastet. Es muss endlich Schluss sein damit, dass sie sich die ihrem Kind zustehenden Maßnahmen aus verschiedenen Ämtern und Ecken zusammensuchen müssen und oftmals die Rechte ihres Kindes erst gegen den Widerstand von Behörden durchsetzen müssen. Ich bin sicher, nicht nur die Eltern werden davon profitieren, auch für die Behörden wird sich dies vorteilhaft auswirken, wenn eine kompetente Stelle diese Zuständigkeit übernimmt. Ein Kind mit einer Behinderung ist in erster Linie ein Kind. Geben wir ihm endlich die Rechte, die ihm wie allen anderen Kindern zustehen.

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Mechthild Ziegler Vorsitzende des Bundesverbandes zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e. V. Die Gelegenheit, in eine Veranstaltung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen zu diesem wichtigen Thema die Erfahrungen und Erwartungen an die Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Lernbehinderungen einzubringen, nehme ich gerne wahr, ist doch die Bildung unserer Kinder der Schlüssel zu ihrer Teilhabe und Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Unsere Erwartungen und der Bildungsanspruch unserer Kinder werden sich in einem inklusiven Bildungssystem nicht ändern, die Anforderungen an die Qualität der Bildung bleiben. Die Erwartungen, die ich in diesem Beitrag formuliere, resultieren aus den Erfahrungen des LERNEN FÖRDERN-Bundesverbands, der 1968 gegründet wurde und heute bundesweit ca. 20.000 Mitglieder und über 400 regionale Selbsthilfegruppen hat. Unsere Mitglieder engagieren sich für Menschen mit Lernbehinderungen unabhängig von ihrem Lebensalter sowie für alle Kinder und Jugendlichen, die während ihrer Schulzeit und beim Übergang in Arbeit und Beruf auf sonderpädagogische Förderung und Unterstützung angewiesen sind. Die Akzeptanz unserer Kinder mit ihrer Lernbehinderung in der Gesellschaft, Abbau von Vorurteilen, Umgang mit Heterogenität und Vielfalt in Kindertageseinrichtungen und Schulen sind u.a. die Anliegen, für die LERNEN FÖRDERN sich seit über 40 Jahren einsetzt. Eltern wünschen sich seit jeher inklusive Bildungswege für ihre Kinder. Ich bin deshalb den Eltern dankbar, die in den vergangenen Jahrzehnten als Vorkämpfer für Integration zum Paradigmenwechsel in der Gesellschaft beigetragen und Wege in der allgemeinen Schule geebnet haben. Bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention geht es nun darum, wie inklusive Bildung für alle gelingen kann. Grundlage ist der Bildungsanspruch der einzelnen Kinder! Maßgeblich für das Gelingen ist, dass die erforderlichen Rahmenbedingungen in den Ländern hergestellt werden, die Fachlichkeit der Sonderpädagogik erhalten bleibt und inklusive Bildungswege auf der Grundlage der vorhandenen Erfahrungen weiterentwickelt werden. Zur Entwicklung inklusiver Bildungswege für Kinder mit Lernbehinderungen werden wir als Bundesverband selbstverständlich unseren Beitrag leisten.

Kinder mit Lernbehinderungen Die größte Personengruppe der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf ist die Gruppe der Kinder mit Lernbehinderungen: ca. 2,5 % - 3,5 % eines jeden Altersjahrgangs. Ihre Behinderung und ihr Unterstützungsbedarf sind in der Regel nicht offensichtlich, sonderpädagogische Förderung ist jedoch Voraussetzung für ihre Teilhabe in der Gesellschaft. Welche Förderung erwarten Eltern in inklusiven Bildungssystemen? Anforderungen an die Qualität der Bildung in der allgemeinen Schule unterscheiden sich nicht von den Anforderungen an die Bildung in der Förderschule. Auch in der allgemeinen Schule muss ein Kind individuell entsprechend seiner Stärken gefördert und gefordert und individuell begleitet werden.

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Auch die Förderung in einem inklusiven Bildungssystem muss sich an den für ein Kind mit einer Lernbehinderung geeigneten Lernmethoden orientieren, kompetenzund handlungsorientiert erfolgen. Förderplanung, deren kontinuierliche Fortschreibung, individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung sind selbstverständlicher Bestandteil inklusiver Bildung, die einem Kind mit Lernbehinderung gerecht werden kann. Hinter den Qualitätsanspruch der bewährten Förderung in einer Förderschule darf auch eine inklusive Schule nicht zurückgehen. Kinder in einem inklusiven Bildungssystem haben ebenso ein Recht auf die für sie bestmögliche Förderung, auf einen gesicherten Wissenserwerb und die Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Auch in einem inklusiven Bildungssystem müssen sie Anerkennung erfahren und von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt sein. Entscheidend für eine gelingende inklusive Bildung ist die Zusammenarbeit aller Beteiligten und hohe Professionalität, die es insbesondere in der Pädagogik der Lernförderung zu erhalten gilt. Das Ergebnis individueller Förderung ist persönliche Zufriedenheit durch Erfolgserlebnisse, durch die Kinder lernen, selbständig zu lernen und Eigenverantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Grundlagen für eine selbstbestimmte Lebensbewältigung können dadurch gelegt werden.

Wie können Eltern von inklusiver Bildung überzeugt werden? Anders als Kinder mit offensichtlicher Behinderung werden Kinder mit Lernbehinderungen in der Regel in die allgemeine Schule eingeschult. Leider sind die mit diesem Schulbesuch verbundenen Erfahrungen seither wenig zufriedenstellend. Unsere Eltern sind deshalb in großer Sorge, dass die allgemeine Schule unseren Kindern auch künftig nicht gerecht werden kann. Über Möglichkeiten inklusiver Bildung ist dann sehr schwer zu diskutieren, insbesondere da leider auch bedenkliche Rückmeldungen aus integrativen Schulen und Klassen dazu kommen. Nach Berichten von Eltern werden die besonderen Bedürfnisse ihrer Kinder seither auch in integrativen Klassen nicht ausreichend berücksichtigt. Förderpläne, Individualisierung des Bildungsangebots, Erziehungspartnerschaft zwischen Lehrkräften und Eltern sind noch nicht selbstverständlich. Auch in inklusiven Bildungssystemen hat jedes Kind ein Recht auf Bildung entsprechend seinem Entwicklungstand und seinen individuellen Möglichkeiten. Genauso wichtig wie das schulische Lernen ist, dass das Kind von seinen Lehrerinnen und Lehrern, Mitschülerinnen und Mitschülern angenommen wird. Jedes Kind hat ein Recht auf eine glückliche Kindheit und Schulzeit. Es muss sich in seiner Klasse wohl fühlen und gerne in die Schule gehen. Ideal ist, wenn in der Klasse Kinder sind, die sich auf einer Ebene austauschen können. Haben Eltern ein Wunsch- und Wahlrecht, so werden auch Eltern von Kindern mit Lernbehinderungen sich in der Regel für die allgemeine Schule entscheiden. Damit diese Entscheidung zu gelingender inklusiver Bildung ihres Kindes führen kann, Eltern ihr Kind angemessen begleiten und Verantwortung für die Bildung und Erziehung gemeinsam mit den Lehrkräften tragen können, sind Eltern – insbesondere bei nicht offensichtlichen Behinderungen - auf Informationen und Beratung angewiesen. Die besten Ergebnisse inklusiver Bildung liegen aus Modellen vor, deren Konzeptionen in enger Zusammenarbeit zwischen allgemeiner Schule und Sonderschule mit „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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Beteiligung der Eltern entstanden sind und die in gemeinsamer Verantwortung durchgeführt werden.

Durch die Berücksichtigung der o.a. Anforderungen und Bedürfnisse der Kinder bei der Entwicklung inklusiver Bildungswege können Eltern von inklusiver Bildung für ihr Kind überzeugt werden.

Ist es ein Stigma als förderungsbedürftig zu gelten? Wenn wir Eltern für unsere Kinder Unterstützung wollen, müssen wir seinen Bedarf an Unterstützung zum Ausdruck bringen können. Aus meiner Sicht ist es deshalb kein Stigma als förderungsbedürftig zu gelten. Allerdings ist nicht nur maßgeblich, wie wir Eltern von Kindern mit Behinderungen manche Begriffe sehen, entscheidend ist vielmehr die Akzeptanz unserer Kinder in der Gesellschaft und hier kommt Sprache eine bedeutende Rolle zu: Der Paradigmenwechsel in der Gesellschaft kann durch Sprache maßgeblich beeinflusst werden. Mit Sprache können wir den Anspruch auf die erforderliche Unterstützung zum Ausdruck bringen, wir können dafür Sorge tragen, dass dieser Anspruch nicht in Frage gestellt werden kann und das Recht auf Unterstützung nicht mit der Änderung von Begriffen abgebaut werden kann. Wir können aber auch wesentlich dazu beitragen, dass unsere Kinder in der Gesellschaft nicht diskriminiert werden.

Mein Vorschlag ist deshalb, den Förderbedarf eines Kindes künftig positiver darzustellen und anstelle „mein Kind wird gefördert“, „mein Kind ist förderbedürftig“, „mein Kind hat Förderbedarf“, vom sonderpädagogischen oder individuellen Bildungsanspruch eines Kindes sprechen:

Kinder mit Behinderungen haben einen Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot. Dieses Bildungsangebot umfasst sonderpädagogische Unterstützung, individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung und schließt ggf. weitere Leistungen und Unterstützungsangebote ein.

Wege zu einem inklusiven Bildungssystem In den Schulgesetzen aller Länder ist der Vorrang der allgemeinen Schule genauso wie der zieldifferente Unterricht selbstverständlich zu verankern. Leistungsdruck und daraus resultierende Leidenswege sind zu vermeiden, deshalb muss ein Schulwechsel jederzeit möglich sein. Das Elternwahlrecht in Verbindung mit einer qualifizierten Beratung ist Voraussetzung für inklusive Bildung. Als Lernort können auch Außenklassen oder Kooperationsklassen zur Verfügung stehen, auch die FörSeite 14

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derschule ist zu erhalten, zumindest solange wir diesen besonderen Lernort für einen Teil unserer Kinder zeitweise oder kontinuierlich benötigen.

Fazit: Ziel – Inklusive Bildung Inklusive Bildungsangebote in der allgemeinen Schule sind in einem kontinuierlichen Prozess flexibel und ergebnisoffen weiterzuentwickeln, dabei ist ein Unterstützungssystem in gemeinsamer Verantwortung zwischen Lehrkräften der allgemeinen Schule und der Sonderschule aufzubauen. Die erforderlichen Rahmenbedingungen sind bereitzustellen. Eltern sind an diesem Prozess verantwortlich zu beteiligen. Ein Austausch der Kinder mit Behinderungen auf einer Ebene ist zu gewährleisten.

Mit unseren Erfahrungen und Kenntnissen können wir alle einen Beitrag zur Weiterentwicklung sonderpädagogischer Förderung und Umsetzung der Behindertenrechtskonvention mit dem Ziel inklusiver Bildung leisten. Wir alle können diese Entwicklung aufmerksam begleiten. Wir alle können weitere Menschen für die Anliegen unserer Kinder gewinnen und damit immer mehr erreichen, dass unsere Kinder unabhängig von ihrem Lernort aktiv und selbstbestimmt in der Gesellschaft und am Arbeitsleben teilhaben können.

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Wilfried Wolfgang Steinert Schulleiter der Waldhofschule Templin Die Waldhofschule Templin - Eine Schule für alle im Hoffbauer-NETZWERK Bildung für alle 1. Von der Integration auf dem Weg zur inklusiven Schule Ein Modell für eine Schule nach den Erfordernissen der Ratifizierung der UNKonvention für die Rechte der Menschen mit Behinderungen: Bildung – Gleiche Bildungschancen, lebenslanges Lernen, dort wo alle lernen! •

Menschen mit Behinderungen sollen die gleichen Chancen Schul-, Berufsund Erwachsenenbildung haben wie alle Menschen.



Menschen mit Behinderungen sollen nicht nur in Sondereinrichtungen lernen. Sie sollen frei entscheiden können, welche Orte des Lernens für sie die richtigen sind.



Menschen mit Behinderungen sollen die Möglichkeit haben, dort zu lernen, wo alle Menschen lernen.

Umgekehrt gilt: Auch alle Schülerinnen ohne Handicaps haben das Recht auf individuelle Förderung und das Recht, sich frei zu entscheiden, welche Orte des Lernens für sie die richtigen sind!

2. Von der Integration zu Bildungseinrichtungen, für die Inklusion selbstverständlich ist. Ein Positionspapier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.V.: (Das Dokument steht als kostenloser Download zur Verfügung unter www.beb-ev.de und www.bebnet.de – jeweils in der Rubrik „Fachthemen“ ) Es geht nicht mehr um Sonderrechte, sondern um … •

das Recht des einzelnen Kindes auf ganzheitliche Entwicklung.



volle gesellschaftliche Teilhabe: „Weil wir wissen, dass die individuellen Begabungen des einzelnen Kindes – ob Hochbegabung oder geistige Behinderung – sich in der Gemeinschaft entfalten, muss alles vermieden werden, was zu einer Ausgrenzung führt.“

3. Erforderliche Rahmenbedingungen in den Schulgesetzen vor dem Hintergrund der UN-Konvention: Individuelle Förderung eines jeden Kindes; frühzeitige Diagnostik und Förderung; Gemeinsamer Unterricht; aber auch das Recht auf eine Spezialschule, wenn nur so die angemessene individuelle Förderung, Entwicklung und Teilhabe an der Gesellschaft gewährleistet werden kann; nicht diskriminierende (Leistungs-)Bewertungen Seite 16

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und Zeugnisse; Nachteilsausgleich; qualifizierte Lehrkräfte (auch sonderpädagogisch); Therapie in der Schule (Heilmittelerbringung); ein nicht einschränkendes und nicht behinderndes Lernumfeld; freie Schulwahl für alle.

4. Der Weg zur Veränderung Analyse der Schulsituation und des Umfeldes; Prüfen von Alternativen; Kooperationsmodelle; Ausgelagerte Klassen / Einmieten in Grundschulen; Projekt für schulmüde Kinder; Konzept für Informations- und Öffentlichkeitsarbeit; Regelmäßige öffentliche Bildungsveranstaltungen (monatlich); Regelmäßige Informationen über die Presse; Informationsabende in den Kindergärten; Informationsabende in den Erwachsenen- und Seniorenkreisen der Kirchengemeinde

5. Unsere Philosophie im Netzwerk und in der Schule Wir brauchen alle: Brauchen wir wirklich alle Schülerinnen und Schüler? Brauchen wir wirklich alle Kolleginnen und Kollegen? Brauchen wir wirklich alle Eltern? Wen würde ich gerne loswerden? Was gewinne ich damit? Was verliere ich damit? Wir bleiben zusammen: Übergang Kita – Schule; Klassengemeinschaften; Gemeinschaft und Veränderung; Lehrerteams; Aufeinander eingespielt sein – sich auf neue Partner einlassen Aber auch: Niemanden ausschließen! Niemand bleibt zurück: Jeder bekommt die Unterstützung und Hilfe, die er braucht; Jeder achtet aufeinander, •

dass jede Kollegin, jeder Kollege die gleichen Informationen hat



dass auch Eltern nicht vom Informationsfluss abgehängt werden



dass in Problemsituationen geholfen wird

Das gilt für Lehrkräfte, Eltern, Kinder! Niemand wird beschämt: Nicht anschreien; Keine Gewalt, kein Zwang; Keine Abwertung oder Erniedrigung; Kein Bloßstellen; Nicht auf Fehler der Vergangenheit festlegen; Behutsam mit einander umgehen; Ermutigen; Wertschätzung entgegenbringen; Kritik sachlich und offen benennen; Positives Handeln bestärken Ziel aller partnerschaftlichen Bemühungen: Jedes Kind optimal zu fördern und herauszufordern zu einer selbstbewussten, neugierigen Persönlichkeit, die motiviert ist, die vor ihr liegende Zukunft zu gestalten!

6. Das strukturelle Konzept der inklusiven Grundschule In einer Klasse lernen maximal 18 Schülerinnen und Schüler mit und ohne diagnostizierten Förderbedarf gemeinsam. Zwei bis drei Pädagogen arbeiten gemeinsam unter der Leitung einer sonderpädagogischen Fachkraft. „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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Schule als Lern- und Lebensbereich: Rhythmisierte Ganztagsschule •

Unterrichtszeiten von 8:00 – 15:00 h; freitags bis 13:00 h.



Angebotszeiten von 7:00 bis 17:00 h; freitags bis 15:00 h.



Zusätzliche Angebote im Freizeitbereich; Aktuell: Keramik, Reiten, Judo, Flötenunterricht, Keyboard, Christenlehre, Fußball, Laufgruppe, Fahrradgruppe, Wassersport

Lernstruktur in der Bildungsbiographie •

Schulentdeckerprojekt: Übergang von der Kita in die Schule



1.und 2. Jahrgang: „Lernen wie man lernt“



Integration von Neigungsangeboten



Oberstufe: 1 Praktikumstag / Woche



Werkstufe: 2 Praktikumstage / Woche

Übergang zu den weiterführenden Schulen •

2009 schloss der erste doppelte Jahrgang die Grundschulzeit ab



Ursprünglich 17 Schülerinnen und Schüler ohne diagnostizierten Förderbedarf; 18 mit diagnostiziertem Förderbedarf (zusammen 35)



13 Gymnasium, 13 Oberschule, 3 Allgemeine Förderschule blieben bei uns in den GE-Klassen

7. Pädagogische Grundgedanken Ausgangsthese Durch individuelle Förderung und durch Förderung der sozialen Kompetenz wächst die Selbstachtung und damit die Bereitschaft zum Lernen: Individuelles Lernen für alle Schüler. Fördern und (Heraus-)Fordern. Gemeinsames Lernen und Entdecken. Schwelle: Der Spaß an der Schule und die Freude an der Neugier dürfen nicht verschüttet werden.

Heterogenität und Individualität Wie ergänzen sich Stärken, wie lassen sich Schwächen kompensieren? Was kann der Einzelne zur Gruppe beitragen? Wer kann wem Partner und Helfer sein? Wer braucht was?

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In individuellen Lernangeboten können die Kinder ihre eigenen Möglichkeiten ausloten und sich spezielle Aufgaben und Ziele erarbeiten. Entwickeln von Lernlandschaften statt Frontalunterricht. Fördern und Herausfordern •

Die Kinder in ihren Stärken und Schwächen fördern, so gut wie möglich aber nur so viel wie unbedingt nötig, um sie nicht in Abhängigkeit zu halten.



Sie herausfordern, bis an ihre Grenzen zu gehen, sich in ihren eigenen Möglichkeiten zu erproben.



Individuelle Lernpläne



Präsentation der eigenen Arbeit

Leistungsbewertung •

Bis zum 5. Jahrgang nur verbale Beschreibung der Lern- und Kompetenzzuwächse.



Zum Schulhalbjahr statt eines schriftlichen Zeugnisses ein (protokolliertes)



Eltern-Kind-Gespräch über den Lern- und Entwicklungsstand.



Ab dem 5. Jahrgang: Dreiteiliges Zeugnis für alle



Bezug: Rahmenlehrplan Grundschule (ggf. abweichender Jahrgang)   

Teil 1: Noten in fünf Fächern bzw. Fachbereichen: Deutsch, Mathe, Englisch, Gesellschaftswissenschaften, Naturwissenschaften Teil 2: Anmerkungen zu Teil 1 Teil 3: Verbale Beurteilung der sonstigen Fächer und der sozialemotionalen Entwicklung

8. Das Pädagoginnen- und Pädagogenteam Das Klassenteam ist für die Unterrichtsgestaltung und das Erreichen der Ziele verantwortlich und entscheidet, wann wer was wie unterrichtet. •

Die Sonderpädagogen als Klassenleiter Aufgabe: Berücksichtigung der individuellen Förderung bei der Unterrichtsplanung und Erstellen der Entwicklungspläne.



Die Grundschul-/Fachlehrerinnen und –lehrer Aufgabe: Verantwortlich für Bildungsziele und Bildungsplanung, Bildungspläne, Bildungsstandards



Die pädagogischen Fachkräfte Aufgabe: Unterrichtsbegleitende und ergänzende Maßnahmen und Projekte

Grund- und Sonderschulpädagogik im Dialog „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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So wie die Grundschulpädagogik für die Arbeit mit geistig behinderten Kindern ein großes Anreizniveau geschaffen hat, öffnet die Sonderpädagogik sozial-emotionale und differenzierte Zugänge zu den Lernmöglichkeiten aller Schüler. Die Fachlehrer sind dafür verantwortlich, dass in allen Projekten die fachlichen Anliegen von allen KollegInnen umgesetzt werden. Die Lehrkräfte entscheiden über Stundenplan und Pausen.

9. Team-Teaching; Präsenzzeit und Informationssysteme Präsenzzeit in der Schule: 35 Stunden Vertrauenszeit zur eigenen Nutzung: 10 Stunden Anwesenheitszeit: 8:00 bis 15:00 Uhr; mittwochs bis 17:00 Uhr; freitags bis 13:00 Uhr oder nach Vereinbarung.

10. Eltern als Partner Im Erziehungs- und Bildungsprozess; In der Entwicklung des Profils der Einrichtung; In der Öffnung der Schule in die Gesellschaft; In der bildungspolitischen Arbeit Eltern als Experten: Eltern sind die besten Experten für ihr Kind. Es ist das Recht der Eltern, das Beste für ihr Kind einzufordern. Und sie wissen am Besten, was ihr Kind braucht. Lehrerinnen und Lehrer als Experten: Lehrerinnen und Lehrer sind die Experten für Erziehung und Bildung. Es ist ihre Aufgabe, die beste Förderung für das Kind zu organisieren. Regelmäßige Entwicklungsgespräche: Mindestens dreimal im Jahr. Kind ist grundsätzlich dabei und einbezogen! Portfolio als Dokumentation der Entwicklung ist Grundlage des Gespräches. Förder- und Herausforderungsbedarf wird dokumentiert und gemeinsame Evaluation der Fortschritte vereinbart.

11. Zusammenfassung Unser Schulklima ist so gut und entspannt, wie wir offen miteinander umgehen. Klarheit und Ehrlichkeit müssen zu den Grundprinzipien unserer Kommunikation gehören. Und wir müssen von einander wissen: Information ist die Basis des Vertrauens. Wir sind immer noch im Aufbau… Wir haben als Schule einen Weg begonnen, den viele als unmöglich bezeichnet haben, weil es eine gemeinsame Schule für Kinder mit und ohne diagnostizierten Förderbedarf im Verhältnis von 1 : 1 so noch nicht gegeben hat. Wir machen auch Fehler. Aber was für unsere Kinder gilt, dass man aus Fehlern lernen kann, machen wir ihnen vor: Aus Fehlern lernen!

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Ein letzter Gedanke… Die wissenschaftliche Begleituntersuchung hat festgestellt, dass bisher kein Kind manifestiert misserfolgsorientiert ist. Auch hier können wir als Pädagogen von den Kindern lernen - oder?

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Inklusive Schule II: Politische und gesetzliche Anforderungen

Dr. Sigrid Arnade Geschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL Sehr geehrte Damen und Herren, herzlich bedanke ich mich für die Einladung zu der heutigen Veranstaltung. Ich bin gebeten worden, etwas zu den Anforderungen zu sagen, die sich aus der Behindertenrechtskonvention in Bezug auf eine Inklusive Schule ergeben, und zwar für die Bundesebene. Bekanntlich gehört die Bildungspolitik ja zu den Regelungsbereichen, die in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen. In nachfolgenden Beiträgen wird ausgeführt, was auf Länderebene zu tun ist. Der Bund kann sich aber nicht zurücklehnen mit dem Argument, er sei für Bildung nicht zuständig. Vielmehr hat er sich durch die Ratifikation der Konvention zur sogenannten Pflichten-Trias der Vertragsstaaten bekannt. Das bedeutet •

Achtung/Respektierung: Der Staat muss selber die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen achten und respektieren.



Schutz: Er muss dafür sorgen, dass die Menschenrechte behinderter Menschen nicht durch Eingriffe Dritter verletzt werden.



Gewährleistung: Schließlich muss er durch positive Schritte und Maßnahmen sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen ihre Menschenrechte und Grundfreiheiten voll und gleichberechtigt genießen können.

Das bedeutet, dass die Bundesregierung alles ihr Mögliche unternehmen muss, um das Menschenrecht auf inklusive Bildung für behinderte Menschen zu garantieren. Dazu gehört ein ganzer Strauß von Maßnahmen, von denen ich hier sieben nennen möchte.

1.

Bewusstseinsbildung

In Artikel 8 der Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland verpflichtet, „sofortige, wirksame und geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, um zu einer Bewusstseinsbildung im Sinne der Konvention beizutragen. Dieser Verpflichtung kommt gerade im Bezug auf inklusive Bildung eine besondere Bedeutung zu, denn eine inklusive Schule kann nur gelingen, wenn sie von der Gesellschaft gewollt und getragen wird. Wir erleben durch die Bildungsdiskussion in Hamburg, wie schnell die Stimmung kippen kann, wenn die Menschen bei Reformen nicht mitgenommen werden. Hier in Deutschland sind wir es gewohnt, zu sortieren, zu trennen, zu etikettieSeite 22

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ren. Ein inklusives Denken kommt nicht von alleine über Nacht. Es handelt sich vielmehr um Lernprozesse, vielleicht manchmal auch schwierige Lernprozesse. Ich meine damit keinesfalls, das Projekt der inklusiven Schule auf die lange Bank zu schieben, vielmehr plädiere ich dafür, tatsächlich sofort Maßnahmen der Bewusstseinsbildung in Form von groß angelegten Kampagnen zu ergreifen.

2.

Angemessene Vorkehrungen

In Artikel 2 der Konvention werden die angemessenen Vorkehrungen definiert, mit Artikel 24, Abs. 2 c) verpflichtet sich der Staat, in Bezug auf Bildung „angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen“ zu treffen. Das Rechtsinstitut der angemessenen Vorkehrungen ist bislang im deutschen Rechtssystem nur unzulänglich verankert und es fehlt an einer Definition dieses unbestimmten Rechtsbegriffs. Deshalb ist hier die Bundesregierung wiederum in der Pflicht, das Konzept der angemessenen Vorkehrungen als Teil des Diskriminierungsschutzes zu verankern.

3.

Bundesbildungsteilhabegesetz

Die Reform der Eingliederungshilfe muss die Schaffung eines Gesetzes zur Sozialen Teilhabe zur Folge haben. Als Vorläufer dieses umfassenden Gesetzes sollte als Sofortmaßnahme ein Bundesbildungsteilhabegesetz formuliert und verabschiedet werden, um die Ansprüche von Kindern mit Behinderungen bzw. ihren Eltern auf begleitende Hilfen im Schulalltag zu vereinheitlichen und zu erleichtern.

4.

Lehrerfortbildung

Inklusive Schule kann nur mit motivierten kompetenten Lehrkräften gelingen. Bei der KMK-Tagung in Bremen vor einer Woche herrschte Einigkeit darüber, dass die Ausbildung von LehrerInnen vollkommen verändert werden muss. Ich möchte hier nicht auf die Einzelheiten dieses Projekts eingehen. Klar ist aber, dass wir mit einer inklusiven Schule nicht warten können, bis diese anders ausgebildeten Lehrkräfte in den Schulen angekommen sind. Deshalb müssen die jetzt tätigen LehrerInnen zum Thema „inklusive Schule“ fortgebildet werden. Sie müssen das neue Denken über Behinderung lernen, sie müssen Methoden an die Hand bekommen, wie sie angesichts einer heterogenen Gruppe von SchülerInnen jede/n Einzelne/n optimal fördern können. Lehrerfortbildung fällt zwar auch in den Kompetenzbereich der Länder, aber ähnlich wie mit den Konjunkturpaketen kann und sollte die Bundesregierung den Ländern zeitlich befristet Gelder zur Verfügung stellen, um Lehrkräfte für die inklusive Schule fit zu machen und fortzubilden.

5.

Forschung

Wir brauchen keine neuen Modellprojekte, die beforscht werden. Diesbezüglich besteht kein Erkenntnismangel. Aber wir brauchen eine wissenschaftliche Begleitung der Implementierungsprozesse. So kann auch sichergestellt werden, Fehlentwick„Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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lungen frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren. Außerdem kann so festgestellt werden, was besonders gut funktioniert, so dass es woanders nachgeahmt werden kann.

6.

Bewährte Strategien fortführen

Eine bewährte Strategie ist beispielsweise die Verleihung des Jakob-Muth-Preises. Schulen werden motiviert, um die beste Umsetzung inklusiver Bildung zu ringen. So wird der Jakob-Muth-Preis das nächste Mal im November 2010 von dem Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen und der Bertelsmann Stiftung verliehen, wobei die Preise mit je 3.000 Euro dotiert sind. Solche bewährten Strategien sind fortzuführen, weitere sind zu entwickeln.

7. Frühförderung Inklusive Schule gelingt umso besser, je besser die Kinder auf die Schulzeit vorbereitet werden. Damit bin ich beim schwierigen Thema der Frühförderung, die auch neun Jahre nach dem In-Kraft-Treten des SGB IX immer noch nicht befriedigend geregelt ist. Hier wäre die Stärkung des Beauftragten nach SGB X eine sinnvolle Maßnahme.

Meine Damen und Herren, jetzt habe ich Ihnen nur einige Maßnahmen vorgestellt, durch die die Bundesregierung die Bemühungen der Bundesländer für eine inklusive Schule unterstützen könnte. Aber wenn diese sieben Maßnahmen realisiert würden, wären wir einer inklusiven Schule ein gutes Stück näher. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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Gerda Stuchlik Bürgermeisterin von Freiburg und Dezernentin für Schule und Bildung Zentrales Anliegen der Behindertenrechtskonvention für den Bildungsbereich ist die Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf in das allgemeine Bildungssystem und damit auch das gemeinsame zielgleiche oder zieldifferente Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne besonderen Förderbedarf in der allgemeinen Schule. Die Behindertenrechtskonvention macht keine Vorgaben darüber, auf welche Weise gemeinsames Lernen zur realisieren ist. Aussagen zur Gliederung des Schulwesens enthält die Konvention nicht. Die Schulorganisation, die Richtlinien, Bildungs- und Lehrpläne, die Pädagogik und auch die Lehrerbildung sind so zu gestalten, dass an den allgemeinen Schulen ein Lernumfeld geschaffen wird, in dem sich alle Kinder und Jugendliche mit Handicap bestmöglich entfalten können und ein höchstmögliches Maß an Aktivität und gleichberechtigter Teilhabe erreicht werden können. Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf sollen in ihrer örtlichen Gemeinschaft und in ihrer gewohnten Umgebung zur Schule gehen können. Aus dem Diskussionspapier der Kultusministerkonferenz (KMK), das am 29.04.2010 verabschiedet wurde, geht hervor, dass das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Handicap in der allgemeinen Schule personelle, sächliche und räumliche Grundlagen erfordert. Schritte zur Sicherung dieser Voraussetzungen sind von den Ländern und den Kommunen einzuleiten. Das allgemeine Bildungssystem soll sich auf die Ausweitung seiner Aufgabenstellungen im Sinne einer inklusiven Bildung und Erziehung vorbereiten. Auch die Träger von Eingliederungshilfen nach dem Sozialgesetzbuch sind entsprechend ihrer jeweiligen Zuständigkeiten und Aufgaben frühzeitig einzubeziehen.

Veränderungsprozesse sollen schrittweise und längerfristig erfolgen Die Umgestaltung zu „Inklusiven Schulen“ braucht einen breit angelegten Dialog. Dieser Prozess erfordert einen Mentalitätswandel, der nicht „auf Knopfdruck“ zur erreichen ist - Inklusion geht jedes Kollegium und jede Schulgemeinde an. Dafür braucht es Zeit. Ziel muss es sein, dass Kinder mit unterschiedlichem Förderbedarf in einer Klasse unterrichtet werden. Wenn Kinder mit Beeinträchtigungen allgemeine Schulklassen besuchen, sind Konzepte notwendig, die Unterschiede akzeptieren, Individualität unterstützen und für alle fruchtbar machen. Inklusive Pädagogik stellt eine Herausforderung für alle dar. Es braucht pädagogische Kreativität genauso wie notwendige Ressourcen, um sich auf diese tiefgreifende Veränderung von Schulen einzulassen. Neben den baulichen Voraussetzungen müssen die erforderlichen personellen Ressourcen zur Verfügung stehen. So kann die Entwicklung „Inklusiver Pädagogik“ die Schulen im Interesse der Lehrkräfte wie der Schülerinnen und Schüler in Richtung einer „Lernenden Organisation“ voranbringen und für alle Beteiligten eine Berei-

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cherung darstellen - insbesondere wird dadurch eine Individualisierung des Unterrichts erfolgen und somit jedem einzelnen Kind zu Gute kommen.

Aktuelle Situation in Freiburg An den Freiburger Schulen werden in allen Schularten bereits vereinzelt Kinder mit Handicap ohne jegliche Form von ergänzender Einrichtung beschult, z.B. autistische, sehbehinderte oder blinde sowie körperbehinderte Kinder. In Freiburg besteht ein vielfältiges Angebot im sonderpädagogischen Bereich. Es gibt 3 Förderschulen, 2 Schulen für Erziehungshilfe, 2 Schulen für geistig behinderte und 1 Schule für Sprachbehinderte. Zwischen den Sonderschulen und den Grundschulen bestehen Außenklassen (sind Klassen der Sonderschulen mit begrenztem gemeinsamen Unterricht in einer Partnerklasse) und Kooperationsklassen (der ab 2004 gültige neue Bildungsplan für die Grundschulen gibt einen Gestaltungsspielraum für gemeinsamen Unterricht von Sonderschülern und Grundschülern - in der Kooperationsklasse werden z.B. in der Lortzing-Grundschule im 2. Schuljahr 6 Kinder der AlbertSchweitzer- Förderschule und 13 RegelschülerInnen gemeinsam unterrichtet). Der Name "Kooperationsklassen" ist insofern etwas ungenau. Auch an einer Realschule gibt es eine Außenklasse der Schule für geistig Behinderte. An einer Freiburger Grundschule wurden von Schuljahr 2005 bis 2008/2009, 4 Kinder im Rahmen des ISEP-Programmes beschult (Integriertes Schulentwicklungsprojekt – ein Modellversuch des Landes zur Gewinnung von Erfahrungen der gemeinsamen Beschulung von behinderten und nicht behinderten Kindern in Grundschulen – dafür wurden den Grundschulen zusätzliche Lehrerdeputate zur Verfügung gestellt). Dies war tatsächlich das erste inklusive Schulprojekt in Freiburg, denn diese Kinder waren in die Regelklassen integriert. Das ISEP-Programm wurde aber vom Land nicht mehr fortgesetzt, 3 dieser Kinder wechselten dann zum Schuljahr 2009/2010 in die 5. Klasse der Freien Christlichen Schule, da diese bereit war, die begonnene integrative Beschulung fortzusetzen. Aufgrund dieser guten Grundstrukturen war Freiburg auch sofort dabei, als das Land signalisierte, Schulversuche für inklusiven Unterricht zuzulassen. Zunächst aber musste noch die Festlegung der Rahmenbedingungen seitens des Landes abgewartet werden. Diese liegen nun vor, die Empfehlungen des Expertenrates wurden vom Land übernommen. Die Landesregierung plant die Umsetzung der Empfehlungen zunächst im Rahmen von Schulversuchen in Schwerpunktregionen bei den staatlichen Schulämtern Stuttgart, Freiburg, Mannheim, Konstanz und Biberach. Die Schulämter dieser Regionen erhalten Deputate zur Durchführung von Bildungswegekonferenzen (Ziel: passgenaue Lösungen für jedes einzelne Kind zu finden; die Bildungswegekonferenz setzt sich insbesondere zusammen aus Vertretern des Staatlichen Schulamts, Sonderschulen, Regelschulen, Schulträger (Amt für Schule und Bildung, Sozial- und Jugendamt). Der Schulversuch ist angelegt für die Dauer von 2 Jahren von Schuljahr 2010 bis 2012/2013, danach sollen die gewonnenen Erkenntnisse einfließen in die beabsichtigte Änderung des Schulgesetzes im Jahr 2013. Das Staatliche Schulamt Freiburg geht von durchschnittlich 5 bis 6 Anträgen auf inklusive Beschulung pro Jahr aus. Zunächst werden die bereits vorliegenden Anträge von Eltern vorrangig behandelt. Aktuell wurden für das Schuljahr 2010/2011, 3 Seite 26

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Anträge auf inklusive Beschulung positiv beschieden. Diese Kinder sollen in eine 1. Klasse bei der Anne-Frank-Schule, die bereits über Erfahrungen aus dem ISEPProgramm verfügt, integriert werden. Diese 3 Kinder sind nicht körperlich behindert, sie brauchen jedoch einen sonderpädagogischen Betreuungsbedarf. Ein Antrag liegt vor auf Einschulung eines körperbehinderten Kindes in eine Regelgrundschule. Das Kind benötigt keine sonderpädagogische Betreuung, jedoch sind zusätzliche Maßnahmen für die Gewährleistung der Barrierefreiheit notwendig, in diesem Fall zum Beispiel die Beschaffung einer beweglichen Treppenraupe.

Auswirkungen auf den Schulträger Diese Beispiele zeigen bereits, dass es bei der Umsetzung von inklusiven Schulmodellen auch für die Kommunen als Schulträger, die für die Gebäude und für die Sachmittel zuständig sind, verschiedene Aufgabenstellungen zukommen, die auch mit Kosten verbunden sind. Es sind hier folgende Bereiche betroffen: 1.

Die Schülerbeförderung;

2.

Assistenzdienste für die Schüler/innen, die im Rahmen der Eingliederungshilfe genehmigt werden;

3.

Bauliche Maßnahmen für Barrierefreiheit, Behindertengerechtigkeit;

4.

Ausstattung mit Lehr- und Lernmittel, bewegliche Einrichtung.

Zu diesen Kostenfaktoren möchte ich folgende kurze Ausführungen geben: 1. Schülerbeförderung Kosten sind hier sehr unterschiedlich, sie richten sich nach dem Schülerwohnort, dem Schulort, der Unterrichtszeit usw. Die Organisation und Kostentragung der Schülerbeförderung ist in aller Regel in einer Satzung des zuständigen Landkreises oder in Freiburg durch den Stadtkreis geregelt. Diese Bestimmungen sind jedoch sehr unterschiedlich. Bei der Stadt Freiburg ist es so geregelt, dass die Kostentragung bei Sonderschülern komplett über den Schülerbeförderungsetat finanziert wird. Bei Regelschülern gilt eine Kostenobergrenze von 800 Euro, die von der Stadt übernommen wird. Es ist also abhängig vom Status des Schülers/der Schülerin, in welcher Höhe Schülerbeförderungskosten bezahlt werden.

2. Assistenzdienste/Eingliederungshilfe Ist ein Kind mit besonderem Förderbedarf beim Besuch einer Regelschule auf Hilfe angewiesen, so kann ihm nach § 54 Sozialgesetzbuch eine zusätzliche Betreuung zur Seite gestellt werden (sogenannte Assistenzhilfe). Diese Assistenzhilfe kann während eines Teils oder auch während des gesamten Schultags dem Schüler/der Schülerin zur Seite stehen. Der zeitliche Aufwand ist hier individuell unterschiedlich. Anträge auf Eingliederungshilfe sind von den Eltern bei der zuständigen Behörde (Sozialamt bzw. Kreissozialämter) zu stellen. Die Kosten für diese Assistenzdienste „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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fallen zusätzlich an, d.h. diese Kosten werden vom Sozial- und Jugendamt nur übernommen, weil die Kinder in einer Regelschule sind, bei Sonderschulen wird nichts bezahlt, weil hier davon ausgegangen wird, dass in diesen Fällen die Kosten durch den Sachkostenausgleich gedeckt sind und dort Zivildienstleistende eingesetzt sind.

3. Bauliche Maßnahmen Auch die Art und der Umfang von baulichen Maßnahmen hängen sehr stark vom Einzelfall ab. In der Regel sind nur neu errichtete Schulgebäude oder sanierte Gebäude wirklich barrierefrei über alle Geschosse. In Freiburg wurden bei den nach 2004 ausgebauten Neubau- und Sanierungsmaßnahmen die gemäß Landesbauordnung obligatorische Barrierefreiheit durch Herstellung von Aufzügen, entsprechenden Rampen, Behindertentoilettenanlagen, elektromotorisch angetriebenen Türen usw. umgesetzt. Für die Stadt Freiburg gilt grundsätzlich, dass soweit wie möglich versucht wird, die Barrierefreiheit herzustellen. Teilweise ist aber auch ohne diese vollumfängliche behindertengerechte Ausstattung eine Inklusion möglich, indem nur auf die ganz spezifischen Anforderungen von den jeweiligen Schülerinnen und Schüler reagiert wird. Konkret ist das z.B. an einer Schule durch Beschaffung einer Treppenraupe und geringfügigem Umbau einer Toilettenanlage möglich. Nach Fertigstellung der derzeit durchgeführten großen Schulsanierungen werden ab 2013 in Freiburg insgesamt 13 Schulgebäude den Anforderungen nach DIN entsprechen. Es verbleiben 45 Schulbauten, in denen bedingt durch die unterschiedliche Größe des Gebäudes und sonstiger Gegebenheiten unterschiedlichste Umbauten notwendig sind, sei es durch Anbau oder Einbau eines Aufzuges, dem Bau von Rampen zur Überwindung der ersten Stufen im Eingangsbereich, dem Einbau von behindertengerechten Toiletten und ggfs. besonderer akkustischer Ertüchtigungen. Die Kosten, die für ganz unterschiedliche Aufzugs-Lösungen anstehen, können in etwa zwischen 7 bis 9 Mio. € beziffert werden (Grobkostenschätzung: 45 x 150/200.000 € im Mittel). Auch der Einbau von Behindertenoiletten kann nur in Abhängigkeit zu der spezifischen Gebäudesituation beurteilt werden, denn die Einfügung einer Behindertentoilette bedeutet zwangsläufig die grundrissliche Veränderung der vorhandenen Anlagen und damit oftmals auch die Sanierung der betroffenen Bereiche. Insofern ist ausgehend von einem pauschalierten Ansatz pro Schule mit insgesamt ca. 9,0 Mio € zu rechnen. Für die besonderen akustischen Anforderungen müssen die Kosten im Einzelfall ermittelt werden. Das gleiche gilt für die besondere Ausstattung zur Verbesserung der Visualisierung bzw. des Hörvermögens.

4. Zusätzliche Lehr- und Lernmittel, bewegliche Einrichtung Hier können zusätzliche Aufwendungen für den Schulträger entstehen durch besonders angepasste Unterrichtsmittel und Mobiliar für Menschen mit Handicap sowie evtl. zusätzliche Sachmittel für die Betreuungskräfte. Auch hier muss der Umfang der Ausstattung im Einzelfall festgelegt werden. Da in Freiburg die Schulen über eigene Lehrmitteletats verfügen, kann hier ein geringerer Teil auch über den Schul-

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etat bezahlt werden. Bei größeren Geräten und Gegenständen sind ggf. zusätzliche Mittel im Haushalt bereitzustellen.

Umsetzung in Freiburg Die Inklusion ist eine Herausforderung, die von der Stadt erwünscht ist und unterstützt wird. Das Land steht in der Verantwortung, seinen Teil beizutragen. Die Bereitstellung von zusätzlichem Personal (z.B. für Betreuung) ist abhängig vom Unterstützungsbedarf. Die Stadt ist bereit, sich bei notwendigem Bedarf finanziell zu engagieren. Aufgrund der begrenzten Ressourcen sollte zunächst die Zahl der beteiligten Schulen begrenzt werden, wobei in jeder Schulart zum übernächsten Schuljahr mindestens eine Schule als Angebotsschule vorhanden sein sollte. Es geht darum, neben bestehenden Modellen (Außenklassen, Kooperationsklassen) jetzt auch inklusive Beschulung umzusetzen.

Inklusion in Kindertagesstätten Bereits heute werden in einigen Kindergärten Kinder mit und ohne Handicap in den gleichen Gruppen betreut. Dieses Angebot soll noch weiter verbessert und zu einem inklusiven Angebot ausgeweitet werden. Deswegen soll in einem neu zu bauenden 6-gruppige Kindergarten ein inklusives Angebot verwirklicht werden. Der Kindergarten soll 2013 fertiggestellt sein. Damit die baulichen Ansprüche eines solchen Kindergartens in die Planungen mit einfließen können, werden bereits heute in Fachgesprächen und Workshops das Kindergartenkonzept und die daraus abzuleitenden baulichen Rahmenbedingungen erarbeitet.

Ausbildung der Lehrkräfte Um die Ziele der Inklusion umsetzen zu können, braucht es Lehrkräfte, denen es gelingt, dass Lerngeschehen im Unterricht für möglichst viele Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichem Vorwissen, unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und unterschiedlich verlaufenden Lernprozessen erfolgreich zu gestalten. Hierzu muss die Ausbildung der Lehrkräfte an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen entsprechend reformiert werden und die Lehrerinnen und Lehrer weiterqualifiziert werden. Hierzu hat die Freiburger Bildungsregion bereits gute Erfahrungen mit einem speziellen Freiburger Qualifizierungsprogramm zur Qualitätsentwicklung an Schulen gemacht. Mit insgesamt fünf Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen der Bildungsregion Freiburg ging der erste Durchlauf des Konzepts „Freiburger Neue Lernkultur“ im Februar 2009 in die vierte und letzte Phase. Das Konzept das an den einschlägigen Empfehlungen der Kultusministerkonferenz aus dem Jahre 2004 orientiert ist, beinhaltet Qualifizierungen in fünf zentralen überfachlichen Berufskompetenzen für Lehrpersonen: „Klassenführung“, „Kollegiale Unterrichtshospitation“, „Kooperatives Lernen“, „Neue Formen der Leistungsbewertung“, „Umgang mit Heterogenität“. Nach der Schulung regionaler FortbildnerInnen durch externe FortbildnerInnen, der Fortbildung von Schulteams durch regionale und externe FortbildnerInnen, der Durchführung Pädagogischer Tage durch die Schulteams mit Unterstüt„Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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zung durch die regionalen FortbildnerInnen folgte die gemeinsame Reflexion von externen und regionalen FortbildnerInnen und Schulteams. An den fünf 1,5 bis 2tägigen Veranstaltungen zu „Kollegiale Unterrichtshospitation“, „Kooperatives Lernen“, „Neue Formen der Leistungsbewertung“, „Umgang mit Heterogenität“ (zwei Veranstaltungen) nahmen insgesamt rund 100 KollegInnen in 43 Teams aus 30 Schulen teil.

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Programm der Fach-Tagung in Leichter Sprache „Gemeinsam geht es besser – Wege zu einer Schule für alle“

Am 28. Juni 2010

Im Anhörungs-Saal im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.

Um was geht es auf der Tagung? Die Grünen im Bundestag laden Sie zu einer Fach-Tagung ein. Bei der Tagung geht es um das Thema: Inklusive Schule. Inklusive Schule heißt: Eine Schule für alle. Alle Kinder gehen gemeinsam in eine Schule. Behinderte Kinder und nicht behinderte Kinder. Alle Schülerinnen und Schüler bekommen die Unterstützung, die sie brauchen. Damit sie gut lernen können.

Wir wollen zusammen mit Fach-Leuten und Menschen mit Behinderungen überlegen:

• Was muss anders werden in den Schulen in Deutschland?

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• Wie müssen die Schulen sein, damit alle Kinder und Jugendlichen gut lernen können? • Welche Unterstützung brauchen die Schülerinnen und Schüler? • Was muss die Politik dafür machen?

Warum machen wir die Tagung?

Es gibt einen wichtigen Vertrag. Der Vertrag heißt: UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Viele Länder auf der ganzen Welt haben diesen Vertrag unterschrieben. Auch Deutschland.

In dem Vertrag geht es um die Rechte von behinderten Menschen. Sie sollen die gleichen Rechte haben, wie alle anderen Menschen auch. Sie sollen überall mit dabei sein.

Der UN-Vertrag sagt auch: Behinderte Kinder sollen gemeinsam mit allen Kindern in die Schule gehen können. Die Schulen sollen gut für alle Kinder sein. Seite 32

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Alle Kinder sollen in der Schule die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Damit sie zusammen lernen können.

Die Bundes-Regierung hat den UN-Vertrag unterschrieben. Sie muss jetzt dafür sorgen, dass der Vertrag in Deutschland umgesetzt wird. Aber dafür muss in Deutschland noch vieles anders werden. Die Bundes-Regierung muss dafür sorgen: • Die Schulen in Deutschland müssen gut für alle Kinder sein. • Behinderte Kinder sollen nicht nur an Sonder-Schulen gut lernen können. Dafür müssen auch die Bundes-Länder noch viel tun.

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Das Programm der Tagung

10.45 Uhr Begrüßung und Einführung Renate Künast Fraktions-Vorsitzende der Grünen im Bundestag Priska Hinz Sprecherin der Grünen für Bildungs-Politik Markus Kurth Sprecher für Sozial-Politik und Behinderten-Politik

11 Uhr

Einführungs-Vortrag Prof. Dr. Hans Wocken von der Universität Hamburg

11.30

Fragen und Diskussion

12 Uhr

Eine Schule für alle: Wie geht das? Gesprächs-Runde mit Fach-Leuten. Die Fach-Leute sind: Dr. Camilla Dawletschin-Linder Bundes-Arbeits-Gemeinschaft Gemeinsam leben – gemeinsam lernen e. V. Mechthild Ziegler Bundes-Verband zur Förderung von Menschen mit Lernbehinderungen e. V.

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Wolfgang Steinert Schul-Leiter der Waldhofschule in Templin

Priska Hinz von den Grünen leitet die Gesprächs-Runde.

14.30 Uhr Eine Schule für alle: Was muss die Politik machen? Welche Gesetze brauchen wir? Gesprächs-Runde mit Fach-Leuten.

Die Fach-Leute sind: Ulrich Vieluf Bildungs-Politiker in Hamburg Dr. Sigrid Arnade Interessen-Vertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. Gerda Stuchlik Bürger-Meisterin der Stadt Freiburg und BildungsPolitikerin

Markus Kurth von den Grünen leitet die Gesprächs-Runde.

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Biografien in Leichter Sprache

Diese Fach-Leute sind bei der Tagung dabei. • Prof. Dr. Hans Wocken • Dr. Camilla Dawletschin-Linder • Mechthild Ziegler • Wilfried Wolfgang Steinert • Ulrich Vieluf • Dr. Sigrid Arnade • Gerda Stuchlik

Hier können Sie mehr über die Personen lesen.

Info: In dem Text sind einige Wörter dick geschrieben. Das sind schwere Wörter. Die Wörter werden im Text erklärt.

Prof. Dr. Hans Wocken Herr Wocken war lange Professor an der Uni Hamburg. Er arbeitet viel zum Thema: Integrative Pädagogik.

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Integrative Pädagogik heißt: Alle Kinder sollen zusammen in die Schule gehen können. Behinderte und nicht-behinderte Kinder. Die Schulen sollen gut für alle Kinder sein. Alle Kinder sollen beim Lernen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Dafür macht sich Herr Wocken schon lange stark. Er war schon bei den 1. Schul-Versuchen dabei: Das waren die 1. Schul-Klassen für behinderte und nicht-behinderte Kinder in Deutschland. In den Schul-Versuchen wurde ausprobiert: • Wie muss die Schule sein, damit alle Kinder gut lernen können. • Welche Unterstützung brauchen die Kinder, damit sie gut zusammen lernen können. • Was müssen die Lehrerinnen und Lehrer können, damit sie alle Kinder gut unterstützen.

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Dr. Camilla Dawletschin-Linder Frau Dawletschin-Linder ist die Vorsitzende von dem Verein Bundes-Arbeits-Gemeinschaft Gemeinsam leben - gemeinsam lernen. „Gemeinsam leben - gemeinsam lernen“ ist ein Verein von Eltern von behinderten Kindern. Sie arbeiten in ganz Deutschland zusammen. Das ist das Ziel von „Gemeinsam leben - gemeinsam lernen“: • Menschen mit Behinderungen sollen so leben können wie alle anderen Menschen auch. • Alle Kinder sollen zusammen zur Schule gehen können. • Behinderte und nicht-behinderte Menschen sollen zusammen leben und arbeiten können.

Frau Dawletschin-Linder hat einen Sohn mit einer Behinderung. Sie arbeitet auch schon lange im Verein Eltern für Integration. Integration heißt: Behinderte Menschen können überall dabei sein. Sie können überall mitmachen. Zum Beispiel: Alle Kinder sollen zusammen in die Schule gehen können. Behinderte und nicht-behinderte Kinder. Die Schulen müssen gut für alle Kinder sein. Dafür kämpft der Verein „Eltern für Integration“.

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Mechthild Ziegler Frau Ziegler ist die Vorsitzende vom Verein LERNEN FÖRDERN Bundes-Verband zur Förderung von Menschen mit Lern-Behinderungen. In dem Verein machen viele Menschen aus ganz Deutschland mit: • Eltern • Erzieherinnen und Erzieher • Lehrerinnen und Lehrer

Das will der Verein LERNEN FÖRDERN: Menschen mit Lern-Behinderungen sollen selbst über ihr Leben bestimmen. Kinder und Erwachsene mit Lernbehinderungen sollen die Unterstützung bekommen, die sie sie brauchen. Zum Beispiel in der Schule oder bei der Arbeit.

Frau Ziegler arbeitet schon lange für den Verein LERNEN FÖRDERN. Für ihre Arbeit hat Frau Ziegler schon wichtige Preise bekommen. Zum Beispiel: das Bundes-Verdienst-Kreuz.

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Wilfried Wolfgang Steinert Herr Steinert ist Schul-Leiter der Waldhof-Schule in Templin. Die Waldhof-Schule ist eine Grund-Schule. In der Waldhof-Schule lernen behinderte und nicht-behinderte Kinder zusammen.

In jeder Klasse sind Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen. Das ist wichtig für die Waldhof-Schule: Alle Kinder sind verschieden. Jedes Kind kann andere Sachen gut. So können die Kinder auch voneinander lernen.

In der Waldhof-Schule arbeiten Grundschul-Lehrer und Sonderschul-Lehrer zusammen. In jeder Klasse arbeiten immer 2 Lehrer zusammen. So können alle Kinder gute Unterstützung bekommen.

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Ulrich Vieluf Herr Vieluf ist Bildungs-Politiker in Hamburg. Er ist Staats-Rat beim Amt für Schule und Berufs-Bildung. Herr Vieluf ist Experte für Schulen. Er prüft: • Arbeiten die Schulen gut? • Sind die Schulen gut für alle Kinder?

Herr Vieluf hat an der Uni in Hamburg studiert. Danach hat er in vielen Bereichen gearbeitet. Zum Beispiel als Büro-Leiter im Schul-Amt.

Dr. Sigrid Arnade Frau Arnade ist Geschäfts-Führerin vom Verein ISL Interessen-Vertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e. V. ISL kämpft für die Selbst-Bestimmung von behinderten Menschen in ganz Deutschland.

Frau Arnade arbeitet schon lange für die Rechte von behinderten Menschen. Sie hat zum Beispiel am UN-Vertrag über die Rechte von behinderten Menschen mit gearbeitet.

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Frau Arnade hat früher als Tier-Ärztin gearbeitet. Seit mehr als 20 Jahren sitzt Frau Arnade im Rollstuhl. Seit dieser Zeit schreibt sie für Zeitungen. Und sie macht Berichte für das Fernsehen. Diese Themen sind besonders wichtig für Frau Arnade: • Behinderung • Barriere-Freiheit • behinderte Frauen

Gerda Stuchlik

Frau Stuchlik ist Bürger-Meisterin von Freiburg. Sie von der Partei „Die Grünen“. Als Bürger-Meisterin ist Frau Stuchlik auch zuständig für die Schulen in Freiburg.

Frau Stuchlik hat in Frankfurt am Main studiert. Danach hat sie viel für den Umwelt-Schutz gearbeitet. Zum Beispiel in einem Projekt für den Klima-Schutz. Und als Büro-Leiterin für Umwelt-Politik.

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Zusammenfassung in Leichter Sprache

Gemeinsam geht es besser

Fach-Tagung über das Thema „Eine Schule für alle“

Alle Kinder und Jugendlichen sollen zusammen zur Schule gehen können. Behinderte Kinder und Kinder ohne Behinderungen. Eine Schule für alle: • Wie geht das genau? • Welche Gesetze muss es geben, damit alle Kinder zusammen lernen können? • Was muss die Politik dafür machen?

Dieser Text ist eine Zusammen-Fassung in Leichter Sprache. Wir haben die wichtigsten Sachen aufgeschrieben.

• die wichtigsten Sachen aus den Vorträgen: Das haben die Rednerinnen und Redner gesagt.

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• die wichtigsten Sachen aus den Gesprächen: Das waren die Meinungen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Rede von Renate Künast Fraktions-Vorsitzende der Grünen im Bundestag.

Alle Menschen sind verschieden. Es gibt dicke und dünne Menschen. Es gibt Menschen, die sind hier in Deutschland geboren. Und es gibt Menschen, die aus anderen Ländern kommen. Es gibt Menschen mit Behinderungen. Und es gibt Menschen ohne Behinderung.

Jeder Mensch kann andere Sachen gut. Das ist normal. Deshalb ist eine Schule für alle Kinder wichtig. Die Kinder können schon früh lernen, dass alle Menschen verschieden sind. Und sie können von einander lernen.

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Deshalb ist es falsch, wenn die Kinder schon früh in verschiedene Schulen müssen. Zum Beispiel: Behinderte Kinder müssen in oft in Sonder-Schulen gehen. Das soll anders werden.

Rede von Markus Kurth Sprecher für Sozial-Politik und Behinderten-Politik bei den Grünen

Behinderte Kinder und Jugendliche sollen zusammen mit allen anderen zur Schule gehen können. Das ist ihr Recht. So steht es im UN-Vertrag über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Deshalb müssen die Schulen gut für alle Kinder sein. Für behinderte Kinder und für nicht-behinderte Kinder. Auch in Deutschland.

Schule und Bildung sind wichtig für alle Menschen. Alle Eltern wollen, dass ihre Kinder in gute Schulen gehen. Und die Lehrerinnen und Lehrer wollen in guten Schulen arbeiten.

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Manche Menschen haben Angst: Sie glauben, die Schulen werden schlechter, wenn alle Kinder zusammen in eine Schule gehen. Aber das stimmt nicht.

Deshalb müssen die Menschen gut Bescheid wissen: • Wie sollen die Schulen für alle Kinder genau sein? • Welche Hilfen und Unterstützung bekommen die Kinder an diesen Schulen? Und alle sollen zusammen darüber sprechen: Auch die Eltern. Und die Lehrerinnen und Lehrer.

Rede von Priska Hinz Sprecherin der Grünen für Bildungs-Politik

Damit alle Kinder zusammen in die Schule gehen können, müssen die Schul-Gesetze geändert werden. Aber das ist Deutschland nicht so einfach: In

Deutschland

entscheiden

die

Bundes-Länder

über die Schulen und die Bildung. Jedes Bundes-Land macht seine eigenen Gesetze über die Schulen. Seite 46

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Manche Bundes-Länder haben schon neue Schul-Gesetze gemacht. In den Gesetzen steht: Eltern von behinderten Kindern können aussuchen: Sollen ihre Kinder in eine Schule für alle Kinder gehen. Oder sollen die Kinder lieber in eine Sonder-Schule gehen. Das heißt Wahl-Freiheit. In diesen Bundes-Ländern steht die Wahl-Freiheit schon im Schul-Gesetz: • Schleswig-Holstein • Berlin • Hamburg

Manche Bundes-Länder haben noch keine neuen Schul-Gesetze. In manchen Ländern dauert es sehr lange, bis die neuen Gesetze fertig sind.

Die Bildungs-Politiker aus den Bundes-Ländern arbeiten zusammen. Sie treffen sich in einer Arbeits-Gruppe für ganz Deutschland. Die Arbeits-Gruppe heißt: Kultus-Minister-Konferenz. Man sagt auch KMK.

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Die Arbeits-Gruppe überlegt jetzt: • Welche Hilfen brauchen behinderte Kinder in der Schule? • Wie müssen gute Schulen für alle Kinder sein?

Aber das dauert lange. Und die Vorschläge aus der Arbeits-Gruppe sind nur kleine Schritte auf dem Weg zur Schule für alle.

Aber zusammen lernen ist gut für alle Kinder. So lernen die Kinder schon früh: Alle Menschen sind verschieden. Alle Menschen können verschiedene Sachen gut.

Vortrag von Prof. Dr. Hans Wocken Er war lange Professor für Bildung an der Uni Hamburg.

Alle Menschen haben ein Recht auf Bildung. Das ist ein Menschen-Recht. Menschen-Rechte gelten für alle Menschen. Auch für behinderte Menschen. Menschen mit Behinderungen sollen lernen können wie alle anderen Menschen auch. Seite 48

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Und sie sollen mit allen anderen zusammen lernen können. Deshalb sagt Herr Wocken: Sonder-Schulen und Förder-Schulen für behinderte Kinder sollen geschlossen werden. Diese Förder-Schulen sollen sofort geschlossen werden: • Förder-Schulen für „Lernen“ • Förder-Schulen für „Verhalten“ • Förder-Schulen für „Sprache“

Die Schülerinnen und Schüler aus diesen Schulen sollen in die Regel-Schulen für alle Kinder gehen. Die Lehrerinnen und Lehrer aus diesen Schulen sollen auch in den Regel-Schulen arbeiten. Sie sollen in den Regel-Schulen für alle Kinder da sein. Für die behinderten Kinder. Und für die nicht-behinderten Kinder.

Die anderen Förder-Schulen sollen auch geschlossen werden. Aber das braucht mehr Zeit.

Diese Förder-Schulen sollen erst später geschlossen werden: • Förder-Schulen für „Sehen“ • Förder-Schulen für „Hören“ • Förder-Schulen für Kinder mit Körper-Behinderung. „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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• Förder-Schulen für Kinder mit Lernschwierigkeiten. Aber schon jetzt sollen die Eltern aussuchen können: Sollen ihre Kinder in eine Schule für alle Kinder gehen. Oder sollen die Kinder lieber in eine Förder-Schule gehen. Das Ziel ist: Im Jahr 2020 sollen 80 % der behinderten Kinder zusammen mit allen anderen Kindern in eine Schule gehen. 80 % heißt: Fast alle Kinder gehen zusammen in eine Schule. Von 10 behinderten Kindern gehen dann 8 in eine Schule für alle. Nur noch 2 Kinder gehen in eine Sonder-Schule für behinderte Kinder.

Nach dem Vortrag von Professor Wocken gab es viele verschiedene Meinungen. Zum Beispiel:

Manche Sonder-Schulen werden früher geschlossen. Andere Sonder-Schulen werden erst später geschlossen. Das ist falsch. So werden wieder Unterschiede zwischen den Kindern gemacht.

Man kann die Förder-Schulen nicht jetzt gleich abschaffen. Das braucht mehr Zeit. Seite 50

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Viele Eltern finden die Förder-Schulen gut und wichtig. Außerdem müssen die Kinder auch schon vor der Schule zusammen spielen und lernen.

Das ist wichtig für Professor Wocken: Eine Schule für alle Kinder braucht gute Lehrerinnen und Lehrer. Damit sie alle Kinder gut unterstützen können. Dafür muss es gute Fortbildungen geben. Die meisten Lehrerinnen und Lehrer müssen dafür noch viel lernen.

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Gesprächs-Runde 1: Eine Schule für alle - Wie geht das?

Vortrag von Camilla Dawletschin-Linder Bundes-Arbeits-Gemeinschaft „Gemeinsam leben - gemeinsam lernen“

In fast allen Bundes-Ländern ist es so: Viele Kinder mit Behinderung dürfen nicht zusammen mit allen anderen Kindern in die Schule gehen. Auch wenn die Eltern das wollen. Diese Kinder müssen in Sonder-Schulen gehen. Das ist ungerecht. Und es ist gegen das Gesetz.

Im Grund-Gesetz steht: Niemand darf wegen seiner Behinderung schlechter behandelt werden.

Im UN-Vertrag über die Rechte von Menschen mit Behinderungen steht: Behinderte Kinder haben ein Recht darauf:

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Sie sollen gemeinsam mit allen anderen Kindern zur Schule gehen können.

Aber in den Schul-Gesetzen steht das oft noch nicht.

Schulen für alle Kinder sind gut und wichtig. Es soll normal werden, dass alle Kinder zusammen in die Schule gehen. Behinderte und nicht-behinderte Kinder. Sonder-Schulen soll es nur noch als Ausnahme geben. Nur wenn es wichtige Gründe dafür gibt.

Dafür muss in Deutschland noch vieles anders werden: Die Schulen müssen gut für alle Kinder sein. Zum Beispiel: • Die Schulen müssen barriere-frei sein. Es darf keine Hindernisse für behinderte Kinder geben. • Und der Unterricht muss gut für alle Kinder sein. Damit alle Kinder so lernen können, wie sie es brauchen. • Behinderte Kinder müssen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen.

Und es muss eine gute Beratung für die Eltern geben.

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• Für Eltern von behinderten Kindern: Damit sie wissen: Welche Vorteile haben behinderte Kinder in der Schule für alle. • Für die Eltern von nicht-behinderten Kindern: Damit sie wissen: Die gemeinsame Schule ist gut für alle Kinder. Weil alle Kinder die Hilfe bekommen, die sie brauchen.

Vortrag von Mechthild Ziegler Verein „Lernen fördern“

Alle Kinder haben ein Recht auf eine gute Bildung. Egal ob sie in eine Schule für alle Kinder gehen. Oder ob sie in eine Förder-Schule gehen. Der Unterricht muss in allen Schulen gleich gut sein.

Manche Eltern von behinderten Kindern beschweren sich: Ihre Kinder bekommen in der Regel-Schule zu wenig Hilfe und Unterstützung.

Deshalb ist es für Frau Ziegler wichtig: Es muss beides geben:

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• Regel-Schulen für alle Kinder und • Förder-Schulen

Und die Schulen sollen gut zusammen-arbeiten. Dann können behinderte Kinder Hilfe und Unterstützung bekommen. Und sie können auch zusammen mit den anderen Kindern lernen.

Gute Infos und Beratung für die Eltern sind sehr wichtig. Damit sie entscheiden können: In welche Schule soll mein Kind gehen?

Vortrag von Wilfried Wolfgang Steinert Schul-Leiter der Waldhof-Schule in Templin

Die Waldhof-Schule ist eine Schule für alle Kinder. Hier lernen behinderte und nicht-behinderte Kinder zusammen. Früher war die Waldhof-Schule eine Förder-Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten

Jetzt ist die Schule offen für alle Kinder. Die Waldhof-Schule hat viele Angebote. Und diese Angebote sind für alle Kinder gut. „Gemeinsam geht’s besser! Wege zur inklusiven Schule“ Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion -09/2010

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Zum Beispiel: • die Kinder können den ganzen Tag in der Schule sein.

• Jedes Kind bekommt die Hilfen, die es braucht.

• In den Klassen sind immer 18 Kinder. Die Hälfte sind Kinder mit Behinderung. Die andere Hälfte sind Kinder ohne Behinderung.

• In den Klassen arbeiten immer 2 Lehrerinnen oder Lehrer.

• Kein Kind bleibt am Ende des Schul-Jahres sitzen.

• Es gibt in den Ferien Angebote für die Schülerinnen und Schüler.

Nach den Vorträgen haben viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch wichtige Sachen gesagt.

Zum Beispiel: Behinderte Menschen sollen mehr gefragt werden. Auch wenn es um die Schulen geht. Sie wissen: Das brauchen behinderte Menschen. Seite 56

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Wichtig für gute Schulen ist: Die Lehrerinnen und Lehrer müssen eine gute Ausbildung haben. Sie müssen lernen: Wie können sie alle Kinder gut unterstützen. Auch behinderte Kinder.

Fach-Leute haben sich die verschiedenen Schulen genau angeschaut. Das haben sie gemerkt: Wenn behinderte und nicht-behinderte Kinder zusammen lernen, ist das für alle Kinder gut. Sie sind dann besser in der Schule.

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Gesprächs-Runde 2: Eine Schule für alle: Was muss die Politik machen? Welche Gesetze brauchen wir?

Vortrag von Sigrid Arnade Interessen-Vertretung Selbstbestimmt Leben

Die Bundes-Regierung muss dafür sorgen: Behinderte Kinder sollen zusammen mit allen anderen Kindern in die Schule gehen können. Das steht im UN-Vertrag über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Und die Bundes-Regierung hat den Vertrag unterschrieben. Im Vertrag steht: Es muss gute Infos und Beratung geben. Damit die Menschen wissen: Schulen für alle Kinder sind wichtig. Sie sind gut für behinderte Kinder. Und für nicht-behinderte Kinder.

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Damit behinderte Menschen wirklich überall mitmachen können, brauchen sie die richtigen Hilfen.

Im UN-Vertrag heißen diese Hilfen: angemessene Vorkehrungen. Das sind Hilfen für behinderte Menschen. Damit behinderte Menschen die gleichen Rechte haben. Damit behinderte Menschen überall mitmachen können. Die Hilfen können für jede behinderte Person anders sein. Sie passen genau für diese Person. Diese Hilfen gibt es auch für die Schule.

Die Bundes-Regierung muss jetzt dafür sorgen, dass es in Deutschland für alle die passenden Hilfen gibt. Zum Beispiel: • Es muss ein neues Gesetz geben. In dem Gesetz geht es um Bildung für Menschen, die Assistenz brauchen. • Behinderte Menschen und ihre Vereine müssen gefragt werden. Wenn es um Bildung und Schule geht.

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Vortrag von Gerda Stuchlik Bürger-Meisterin der Stadt Freiburg

Schulen für alle Kinder sind wichtig. Aber dafür müssen viele Schulen erst umgebaut werden. Damit behinderte Kinder auch gut in die Schulen kommen. Das geht nicht so schnell.

In Freiburg wird das so gemacht:

Es gibt schon einige Schulen, in denen ausprobiert wird: Wie können behinderte und nichtbehinderte Kinder gut zusammen lernen.

Und die Stadt Freiburg hat einen Plan gemacht: Bis zum Jahr 2020 sollen 70 Schulen barriere-frei umgebaut werden. Damit auch Kinder mit Behinderung gut in die Schulen kommen.

Die Lehrerinnen und Lehrer sollen Weiter-Bildungen machen. Damit sie alle Kinder gut unterstützen können.

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Auch Kinder mit Behinderungen.

Dafür braucht die Stadt Freiburg aber sehr viel Geld. Das ist schwierig für die Stadt.

Nach den Vorträgen wurde über diese Sachen geredet.

Damit die Schulen gut für alle Kinder sind, muss viel gemacht werden. Zum Beispiel: Die Schulen müssen barriere-frei sein. Das kostet natürlich viel Geld.

Aber dafür können später die Sonder-Schulen geschlossen werden. Und das Geld für die Sonder-Schulen kann man dann für andere Sachen ausgeben. Übersetzung in Leichte Sprache: Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. Bilder: © Mensch zuerst Gezeichnet von Reinhild Kassing

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