GEMEINDEBRIEF. Aus dem Inhalt: Liebe Gemeindeglieder, der Evangelischen Kirchengemeinde Oberaspach

GEMEINDEBRIEF der Evangelischen Kirchengemeinde Oberaspach Ausgabe Sommer 2000 __________________________________________________ Liebe Gemeindeglie...
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GEMEINDEBRIEF der Evangelischen Kirchengemeinde Oberaspach Ausgabe Sommer 2000

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Liebe Gemeindeglieder, Tag der Schöpfung – neuer Festtag im Kirchenjahr beschlossen. So ähnlich lauteten die Titelzeilen in den Printmedien, als die Entscheidung unserer Landessynode bekannt wurde, einen Schöpfungstag in unserem Kirchenjahr einzuführen. Ein neuer Festtag – brauchen wir I Have a Dream den? So werden sicher Viele Seite 3 fragen und auf unseren Festkalender verweisen, der doch einen Drei plus Acht Seite 6 Erntebitt- und Erntedankgottesdienst kennt, die die Schöpfung Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf im Freien aufsuchen bzw. in die Seite 8 Kirche hereinholen. Aus alten Kirchenbüchern Diese gute Tradition will die Seite 10 Landessynode auch gar nicht in Frage stellen, will vielmehr was Aus den Kirchenbüchern Seite 10 vorhanden ist konzentrieren und deutlich machen, dass der erste Termine Seite 15 Glaubensartikel, das Bekenntnis von Gott, dem Schöpfer des Impressum Himmels und der Erde, genauso Seite 12 wichtig ist wie der Glaube an Jesus Christus und das Wirken des Heiligen Geistes. Unsere europäische, evangelische Theologie sei Schöpfungsvergessen haben andere Kirchen uns vorgehalten. Da ist etwas Wahres dran. Das Kirchenjahr ist ganz am Lebenslauf Jesu orientiert. Die Theologie des 20. Jahrhunderts hat unterstrichen, dass wir Gott den Vater nur durch den Sohn Jesus Christus erkennen, ein Blick auf die Schöpfung

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uns also noch nicht viel helfen kann. Bezeichnend ist eine Anekdote, die von Otto Michel, Professor für Neues Testament in Tübingen, überliefert wird. Otto Michel erklärte seinen Studenten Römerbrief Kap. 8, 18-24: Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden dieser Zeit nichts bedeuten gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn die ganze Schöpfung wartet sehnsüchtig darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. Die Schöpfung ist ja der Vergänglichkeit unterworfen – nicht nach ihrem Willen, sondern durch den der sie unterworfen hat -, jedoch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick gemeinsam seufzt und in Wehen liegt. Aber nicht nur sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und warten auf die Kindschaft, die Erlösung unseres Leibes. Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen was man sieht? Michel wusste viel zu sagen über Jesus Christus als unseren Erlöser, über unsere menschliche Erlösungsbedürftigkeit und –sehnsucht. Nach der Vorlesung ging er gedankenschwer nach Hause, den steilen Österberg hinauf und war immer noch ganz beim Apostel Paulus. Die Mittagssonne brannte heiß herab auf ihn und eine stattliche Katze, die sich wohlig in der Sonne streckte. Eine Weile stand der Professor nachdenklich da und schaute die Katze an. Dann brach es ganz tief aus ihm hervor: „Nu seufz doch Kreatur!“ Vielleicht war damals das Seufzen der Kreatur noch nicht so deutlich zu hören wie heute: das ängstliche Harren und Sehnen der Kreatur hat uns eingeholt, Beispiele brauche ich gar nicht zu nennen. Klar ist heute, dass Schöpfung eben nicht bloß die Bauern angeht – Erntebitt und –dank, sondern uns alle, die ganze Menschheit, die eben nicht allein, sondern nur zusammen mit der ganzen Schöpfung Gottes gegenüber ist. Im Schöpfungsbericht wird der Mensch deshalb zusammen mit den Tieren genannt. Einen Schöpfungstag feiern – da haben wir also eine ganz neue Aufgabe, die wir mit Ihnen allen zusammen bedenken wollen. Vorschläge, Anregungen, Beispiele sind erwünscht. Wir wollen im nächsten Jahr den Anfang machen und die Winterzeit nutzen uns darauf vorzubereiten. Wenn Jesus mit seinem Geist in unsrer Mitte ist, dann hilft er uns, für unsere Welt sorgen – Erde, Wasser, Luft und Meer, für unsere Kinder und Enkel. Er hilft uns auf Gottes ganz neue Welt zu hoffen. Mit Paul Gerhard bitten wir: Mach in mir deinem Geiste Raum, Dass ich dir wird ein guter Baum Und lass mich Wurzel treiben.

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Verleihe, dass zu deinem Ruhm Ich deines Gartens schöne Blum Und Pflanze möge bleiben. (EG 503,14) Mit dem Wunsch für eine schöne Sommer- und Ferienzeit, in der man vielleicht auch einmal Zeit hat Schöpfung zu erleben, grüße ich Sie herzlich, Ihr

Pfarrer Dietrich Bleher

I Have a Dream Bericht vom Konfi-Camp Auch in diesem Jahr haben die Konfirmanden aus unserer Gemeinde wieder am Konfi-Camp in Michelstadt im Odenwald teilgenommen. Das diesjährige Motto dieser Veranstaltung war „I have a dream“, zu Deutsch: ich habe einen Traum. Junge Menschen träumen viel. Ihre Träume haben die Konfirmanden einmal aufgeschrieben. Wir möchten sie hier einmal so spontan und ungeordnet, wie sie am Samstagmorgen notiert wurden, unter drei Kategorien wiedergeben: 1. Der Traum für mein Leben - Liebe (3x) - dass ich immer gesund bleibe (2x) - meine Angehörigen gesund bleiben - glücklich sein mit Familie und Freunden - glückliches und erfülltes Leben - gute Freunde - reich sein und geliebt werden - dass ich Gott 100%ig vertrauen kann und in schwierigen Zeiten an ihn glaube und mich zu ihm bekenne - dass ich 100 werde, unendlich leben, wie - einmal nach Amerika reisen - mal ganz groß rauskommen - dass ich immer Erfolg habe - einen Beruf und gut leben 2. Mein Traum für die Welt in der wir leben - Frieden (8x) - keine Weltkriege (7x)

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- Frieden und Wohlstand - gute Luft - dass Gott uns behütet und vor einem selbstverschuldetem Weltkrieg schützt - dass ich gerne lebe und glücklich bin - viel Action - dass die Welt schön und geschützt bleibt - dass jeder auf der Welt sich zu Gott bekennt und ihm vertraut - es soll so bleiben wie es ist - alles Gute 3. Traum für die Kirche zu der ich gehöre - Fun (3x) - weiter so gut bleiben - mal anders gestaltet - dass sie etwas schöner wird - größer, cooler - mehr Leute im Gottesdienst - für Jesus entscheiden - dass die Konfirmanden mal den Gottesdienst gestlten dürfen - mehr Jugendliche (2x) - einen lustigen Pfarrer - keine langweilige Kirche - Action - Predigt, die man versteht - viel Erfolg - mehr Gottesdienste Träume sind Schäume. (?) Ob wir sie so mit einem Sprichwort abtun können? Träume können uns eine Richtung anzeigen, die zu beachten sich lohnt. Ohne Träume bleibt unser Leben richtungslos. Die Bibel zeigt uns, dass gerade in Träumen Gott uns ganz nahe kommen kann. Eine Teilnehmerin hat einen eigenen Bericht zum Konfi-Camp geschrieben, diesen möchten wir Ihnen nicht vorenthalten: Am Freitag fuhren wir, die Konfirmanden, mit dem Bus 4 ins Konfi-Camp nach Michelstadt. Als wir ankamen, mussten wir erst mit unserem schweren Gepäck einen ein Kilometer langen Berg hochlaufen, und das in der Hitze! Zunächst bezogen wir unsere Hütten, danach gingen wir zur Button-Station. Wir bekamen einen Button, damit wir 200 Konfirmanden uns mit Namen anreden konnten. Die nächste Station war Autoziehen. Später gab es

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Abendbrot. Danach war ein Geländespiel angesagt. Abends war dann eine „Welcome-Party“. Dort sangen wir und hörten eine Rede von Martin Luther King zum Thema „Traum“. Um 23:00 Uhr machte jede Gemeinde für sich ihren Tagesabschluss. Gegen 24:00 Uhr war Zapfenstreich. Ca. 8:00 Uhr mussten wir zum Frühstücken aufstehen. Danach machten wir in unsere Gruppe ein Spiel, wieder zum Thema „Traum“. Dann nahmen wir unser Mittagessen zu uns. Über den Nachmittag konnten wir an verschiedenen Workshops teilnehmen z. B. Henna Tattoos, Kistenstapeln u. v. a. Dann gab es Abendessen. Danach konnten wir uns zwischen Disco und Freilichtkino entscheiden. Nun war wieder Tagesabschluss und um 1:00 Uhr war finito. Um 8:00 Uhr sind wir aufgestanden und haben gefrühstückt. Dann war ein Gottesdienst mal anders. Nun mussten wir leider schon wieder Koffer packen. Dann gab es Mittagessen. Then we must say Good Bye. Jetzt mussten wir den ganzen Berg wieder runterlaufen. Unsere Busse standen schon da und nach einer zweistündigen Busfahrt waren wir um ca. 18:00 Uhr in Oberaspach. Insgesamt war es ein sehr schönes Wochenende, bis aufs Essen.

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Drei plus Acht Neue Ideen für den Konfirmandenunterricht Dass der Konfirmandenunterricht „schwierig“ ist, ist nicht erst seit unseren Tagen bekannt. Schon in meiner eigenen Konfirmandenzeit gab es Probleme und auch längst pensionierte Pfarrer erzählen von schwierigen Situationen. Kinder in der Pubertät sind eben nicht einfach. Die Landessynode hat deshalb im Frühjahr nach langen Vorarbeiten, die unser Schuldekan Gerhard Kraft leitete, einen neues Modell für den Konfirmandenunterricht verabschiedet: 3+8. Dieses Modell knüpft an die guten Erfahrungen in der katholischen Kirche an: dort erteilen Eltern, nach Anleitung durch den Pfarrer, ihren Kindern im Alter von etwa neun Jahren einen Tauf- und Kommunionsunterricht, dem dann später, im Alter von etwa 14 Jahren der Firmunterricht folgt. Ähnlich diesem will nun 3+8 in unseren Gemeinden vorgehen. Wir haben uns dafür entschieden in der Erprobungsfase mitzuarbeiten und wollen im kommenden Winter damit beginnen. Mit den Eltern der Kinder im dritten Schuljahr werden wir dieses neue Modell intensiv besprechen und erproben. Es bietet die Chance, dass Eltern mit ihren Kindern ins Gespräch kommen und so ihre Kinder besser begleiten zu können, eine Aufgabe, die wahrzunehmen christliche Eltern bei der Taufe ihrer Kinder ja versprochen haben. Während des dritten Schuljahrs wird es darum gehen in kleinen Gruppen die Kinder mit Taufe und Abendmahl bekannt zu machen, jeweils etwa fünf Stunden und einem Gottesdienst mit Abendmahl mit den Kindern als Abschluss. Im achten Schuljahr, der Zeit des heutigen Konfirmandenunterrichts, soll es dann weitergehen mit noch mehr Aktionen und praktischem Engagement und dem Konfirmationsfest. Ich selber bin sehr gespannt auf diese neue Form des Konfirmandenunterrichts, auf die jungen Kinder, ihre Fragen, Gedanken, ihre Spontaneität, natürlich auf die Eltern und ihre Art und Weise als „Lehrer“ aufzutreten gemäß der biblischen Weisung: „Wenn dich dann dein Kind fragen wird...“ (5. Mose 6,20). Die betroffenen Familien werden vom Pfarramt angeschrieben und zur Vorstellung des Modells mit Schuldekan Kraft eingeladen. (db)

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Diakonische Jahresgabe Auch in diesem Jahr bitten wir Sie wieder um Ihre Jahresgabe für die Diakonie. Sie können dafür den beigelegten Überweisungsträger benutzen. Unser Landesbischof schreibt dazu: „Diakonie macht möglich“- so lautet das Motto der diesjährigen Woche der Diakonie. Mit diesem Motto soll den Menschen Mut gemacht werden, aufeinander zuzugehen. Die Diakonie bietet dabei ihre Hilfe an. Sie vermittelt Kontakte zwischen verschiedenen Lebenswelten, macht möglich, dass Begegnungen, dass ein Miteinander entstehen kann. So begegnen wir dem jungen Mädchen aus zerrüttetem Elternhaus, das geschlagen und missbraucht wurde. Die Diakonie macht möglich, dass es wieder lachen kann. Wir treffen die Eltern des behinderten Jungen, die mit der Betreuung ihres Kindes überfordert und an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt sind. Die Diakonie macht möglich, dass sie von Zeit zu Zeit entlastet werden. Oder wir begegnen dem alleinstehenden Wohnungslosen, den das Schicksal aus der bahn geworfen hat. Die Diakonie macht möglich, dass er den Weg zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft finden kann. Drei Beispiele, wie die Diakonie manches möglich macht. Doch vieles wäre unmöglich ohne Unterstützung und die Spenden vieler Mitmenschen. Daher bittet das Diakonische Werk Württemberg Sie sehr herzlich um ihre Gabe.

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Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf Vor 300 Jahren geboren

Heute kann man problemlos wieder in die Oberlausitz reisen und die Orte besuchen, in denen Zinzendorf lebte bzw. die er gründete und mit seiner geistlichen Lebensordnung prägte: Herrnhut, Berthelsdorf, Großhennersdorf. Sich an ihn zu erinnern, seinen Spuren bis in unsere Zeit zu folgen ist immer wieder ein spannendes Unternehmen voll überraschender Einsichten. Wer sich ein Bild von diesem außergewöhnlichen Menschen und Christen machen will, kann seinen Lebenslauf in einer der letzten Ausgaben des Evangelischen Gemeindeblatts oder in einer Biografie aus dem Buchhandel nachlesen. Ich will hier nur an ein Werk Zinzendorfs erinnern, das durch die Zeit bis heute nur gewachsen ist und viele Christen täglich begleitet: die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine. Der seit frühester Jugend religiös geprägte Reichsgraf Zinzendorf ließ sich bereits 1727 aus dem nicht befriedigenden Dienst als juristischer Staatsrat am Hof des sächsischen Königs beurlauben und kehrte auf sein Gut Berthelsdorf zurück. Dort hatte sich in der Zwischenzeit eine Veränderung mit kleinem Anfang und größten Folgen ergeben: dort wurde die Siedlung Herrnhut gegründet. »Als Zinzendorf 1727 noch in Dresden gelebt und gearbeitet hatte, brachte der Jurist Krüger, ein unruhiger Sektierer, den Zinzendorf ganz unbefangen aufgenommen hatte, die ganze Gemeinde durcheinander. Krüger hatte die lutherische Kirche als „Hure Babel“ bezeichnet, den Ortspfarrer einen „falschen Propheten“ und Zinzendorf selber gar als das „Tier aus dem Abgrund“. Als Zinzendorf von Dresden nach Berthelsdorf übersiedelt und auf seinem Rittergut eintrifft, findet er in der Gemeinde einen Scherbenhaufen vor. Er stellt eine Ordnung für Herrnhut und Berthelsdorf auf, die Ostsstatuten. Darin wird erstmals zwischen der bürgerlichen „Gemeinde“ und der christlichen „Gemeine“ unterschieden, eine Kennzeichnung, die wir in unseren Kreisen bis heute kennen. Er unternimmt es mit großer Geduld, die zerrissene und gespaltene Gemeine wieder zu sammeln. Und da kommt ihm – wie oft in seinem Leben – Gottes Hilfe entgegen: Wenn aus der Schar der verschiedensten Nationalitäten und Glaubensbekenntnisse, aus Böhmen, Mitteldeutschen, Süd- und Westdeutschen, aus Lutheranern, Reformierten, Katholiken und Separatisten eine Gemeinde geformt wurde, so ist das die Auswirkung einer Erweckung, die 1727 gnädig über Herrnhut hereinbrach. Als im Nachbarort eine „Mordbrennerin“ hingerichtet werden soll, erfasste die ganze Gemeine die brennende Sorge um das Heil dieser Frau. Mehrere Versuche, die Hinrichtung zu verhindern, miss-

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langen. Jetzt wurde die Gemeine ergriffen von der Buß-Frage: „Wenn du, Herr, Sünden anrechnen willst, Herr, wer kann bestehen!?“ Es entstand bei Jung und Alt ein unstillbarer Hunger nach dem Wort Gottes in der Bibel. Zinzendorf wachte eine ganze Nacht mit 12 Brüdern auf dem Hutberg im Gebet. Pfarrer Roth, der Ortspfarrer von Berthelsdorf, kam zur Versöhnung nach Hernhut herüber. Er lud alle zum gemeinsamen Abendmahl am Mittwoch 13. August 1727 in die Kirche von Berthelsdorf ein. Am Morgen gingen die Herrnhuter nach einer kurzen Andacht gemeinsam die Allee nach Berthelsdorf hinunter. Eine starke Bußstimmung hatte sie erfasst, Feinde von gestern versicherten sich der Vergebung. Auf Lied und Gebet folgte im Gottesdienst die Generalbeichte, die Zinzendorf vortrug, und die Absolution. Als der Gottesdienst um 12 Uhr zu Ende war, gingen die Herrnhuter in einer stillen und freudigen Fassung nach hause und „lernten lieben“. Zinzendorf nannte diesen Tag „einen Tag der Ausgießung des Heiligen Geistes über die Gemeine, ihren Pfingsttag“. Aus diesem Erleben heraus darf man auch die Entstehung der „Losungen“ sehen.« Zinzendorfs erstaunliche Leistung bestand darin, dass er dieser religiös so bunten Gemeinde eine Lebensordnung schuf, deren geistliche Kraft bis heute lebendig ist. Diese demokratische Gemeindeordnung in der Männer und Frauen damals schon gleichberechtigt waren, ist heute noch in unseren Brüdergemeinen Korntal und Wilhelmsdorf gültig. Im Rahmen dieser Gemeindeordnung entstanden die Losungen. »Wie die Vorfahren der Zinzendorfs als Soldaten im Krieg eine Parole, eine Losung hatten, um einander zu erkennen, einander aufzumuntern, so sollten die Losungen in der Gemeine wirken. Sie wurden beim allabendlichen Gottesdienst, der Singstunde, ausgegeben und sollten dann am anderen Morgen als Losung des Tages von Haus zu Haus getragen werden. Zunächst waren es frei formulierte Losungen für den geistlichen Kampf des Tages. Die erste lautete: „Liebe hat

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ihn getrieben, und ich sollte ihn nicht lieben?“ Von 1731 an hatte Zinzendorf dann die Losungen für ein Jahr im Voraus „gezogen“ und in einem eigenen Büchlein drucken lassen.« das Losungsbüchlein gibt es heute noch. vielen Menschen ist es ein täglicher Begleiter. (db) eingefügter Text aus: „Gemeinschaft“ 5/2000, S. 20ff, Zeitschrift des Altpietistischen Gemeinschaftsverbandes e. V., Stuttgart

Literatur: Erika Geiger: N. L. Graf von Zinzendorf, Hänssler-Verlag Stuttgart Peter Zimmerling: Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf und die Herrnhuter Brüdergemeine: Geschichte, Spiritualität und Theologie, Hänssler-Verlag Stuttgart

Aus alten Kirchenbüchern Walter Steinbach berichtet 1889: Die Oberkirchenbehörde hat erstmals die Wahl von Kirchengemeinderäten angeordnet. Gewählt wurden am 30. Juni 1889 die Kirchengemeinderäte Rupp, Döll, Dierolf und Fischer. Kern Messerschmidt und Weber gehörten weiterhin zum Kirchengemeinderat. Das kirchliche Gesetz vom 29. Juli 1889 und eine Verfügung des Ministeriums des Innern und des Kirchen- und Schulwesens ordnet die Ausscheidung des Kirchenvermögens an. Die Vertretung der Kirchengemeinde und die Verwaltung ihrer Vermögensangelegenheiten ist neu zu regeln. 15. März 1891: »Der Geistliche macht dem Collegium Mitteilung über den Stand der Kirchenvermögensausscheidung.« Die Ausscheidung des Kirchenvermögens, wie sie von den bürgerlichen Collegien und dem Kirchengemeinderat beantragt worden ist, ist vom Königlichen Consitorium und der Königlichen Kreisverwaltung genehmigt worden. Herr Schultheiß Schwarz aus Ilshofen bereitet als Verwaltungsaktuar die Vermögensübergabe an die Kirchenpflege vor. »der Kirchengemeinderath wählt am 7 Juni 1891 im Hinblick auf Artikel 94 des Gesetzes betreffend die Vertretung der evangelischen Kirchengemeinden vom 17. Juni 1887 den bisherigen Stiftungspfleger Michael Messerschmidt in Oberaspach zum Kirchenpfleger. Derselbe hat das Amt des Kirchenpflegers zu versehen bis zum 27. Juni 1894. Seine Besoldung für die

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oben genannte Zeit seiner Amtsführung wird jährlich 25 Mark betragen. Da die jährliche Einnahme der Kirchenpflege 1000 Mark nicht übersteigt, wird dem Kirchepfleger die Erlegung einer Kaution erlassen.« 20. Dezember 1891: Für das Läuten der Glocken nach dem Tode »Seiner Majestät des Königs Karl« beschließt der Kirchengemeinderat, dem Schullehrer der die Sache leitet, jedem Schüler für das einmalige Läuten eine Mark aus der Kirchenpflege zu bezahlen. 1892: Die Pfarrstelle ist neu zu besetzen, im den Protokollen findet sich unter anderem folgende Eintragung: »Da der Geistliche das Schulfilial in Eckartshausen zu besuchen verpflichtet ist, wäre es wünschenswert, daß der Geistliche ein gesunder, kräftiger Mann ist.« Georg Schüler in Eckartshausen hat der hiesige Kirchengemeinde eine schwarze Altar- und Kanzelbekleidung geschenkt. Diese Altarbekleidung soll in der Karwoche und bei Leichengottesdiensten verwendet werden. 18. September 1892: »der Etat der Kirchengemeinde vom 1. April 1891 bis 31. März 1894 weist ein Defizit von 362 Mark aus. Es wurde beschlossen zur Deckung dieses Abmangels eine Umlage zu erheben. Die Opferbüchsen sollen künftig jeden Sonntag aufgestellt werden.« »Der Orgelbauer Schäfer aus Crailsheim, welcher bisher die Orgel jedes Jahr zu stimmen hatte, ist gestorben. Es wird beschlossen einen Vertrag mit den Gebrüdern Link, Orgelbauern in Giengen/Brenz abzuschließen.« Ab 29. Mai 1892 wird das Protokoll von Pfarrer Egelhaf geführt. Kirchengemeinderat Georg Michael Dierolf aus Steinbächle ist am 28. Februar 1894 gestorben. Zu seinem Nachfolger wird Jakob Bauer, Gutsbesitzer in Steinbächle gewählt. Die Festsetzung der Kirchenumlage und der Einzug dieser Umlage hat das Gremium jedes Jahr neu beschäftigt. 5. Juli 1896: »Von Eckartshäuser Bürgern wird der Antrag gestellt, daß in den unteren Kirchenstühlen links vom Altar die Ehefrauen die vorderen Plätze und die ledigen Weibspersonen die hinteren Plätze einnehmen sollen. Es wird daher beschlossen, den Ehefrauen von Eckartshausen und Gaugshausen noch zwei weitere Stände links vor dem Durchgang einzuräumen, während die ledigen Weibspersonen die hinteren Plätze einzunehmen haben.« 24. Januar 1894: Im Besitz der Kirchenpflege befinden sich zwei Kannen aus Kupfer und Messing, die früher bei Beerdigungen auf die Särge von Kindern und Ledigen gestellt wurden, aber seit längerer Zeit nicht mehr benutzt wurden. Der fränkische Altertumsverein in Hall hat für diese Kannen sowie für einen Taufstein aus Holz, der seit Langem außer Gebrauch und sehr schadhaft ist 15 Mark angeboten. Es wurde beschlossen die Stücke für den genannten Preis zu veräußern.

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»Im alten Kirchhof, welcher seit 1871 nicht mehr in Benützung steht, sind noch einige Grabsteine, welche entfernt werden sollten. Nach Entfernung der Grabsteine soll der Platz um die Kirche geebnet und schöner angelegt werden.« Wenn jemand einen Grabstein an der alten Stellen zu erhalten wünschte, so hatte er 20 Mark, in den folgenden Jahren jeweils 10 Mark an die Kirchenpflege zu bezahlen. 6. Mai 1900: Die Gemeinde Eckartshausen hat sich zur Anschaffung eines Leichenwagens entschlossen. Es wird vorgeschlagen, auch für die übrige Pfarrgemeinde einen solchen anzuschaffen. 8. Juli 1900: »Schullehrer Zendler dahir hat in einer Eingabe an den Kirchengemeinderat die Bitte ausgesprochen, es möchte der Mesnerdienst vom Schuldienst getrennt und die zum Mesner bzw. Organistendienst gehörigen Besoldungsteile aus dem Schuleinkommen ausgeschieden werden.« Der Kirchengemeinderat hat dieser Eingabe entsprochen. Schullehrer Hohl aus Eckartshausen hat sich bereit erklärt, das Amt des Mesners »auch fernerhin zu bekleiden«. Er erhält dafür eine »Belohnung« von 26 Mark im Jahr. Durch »freiwillige Beiträge« ist soviel zusammengekommen, dass ein Leichenwagen gekauft werden kann. »Es handelt sich nun darum eine Remise für denselben zu bauen. Diese Remise soll in den alten Kirchhof an die der Scheuer des Michael Lohn am nächsten gelegene Ecke gebaut werden.« Die Kirchengemeinde hat gegen dieses Projekt nichts einzuwenden. Die »Nutznießung« des alten Friedhofs wird dem Mesner zugewiesen.

Impressum Herausgeber: Ev. Kirchengemeinde Oberaspach, Kilianstraße 4, 74532 Oberaspach Verantwortlich: Pfarrer Dietrich Bleher (db) Redaktion und Gestaltung: Albrecht Holl (aho) Weitere Mitarbeiter: Walter Steinbach

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Aus dem Kirchenbezirk Diakoniestation in neuen Räumen Sie konnten es schon dem Haller Tagblatt entnehmen, die Diakoniestation ist umgezogen. Seit dem 1. Juli 2000 befindet sie sich in der Salinenstraße 28 in Schwäbisch Hall. Verschiedene Gründe haben zu diesem weitreichenden Entschluss geführt, aber der Ausschlaggebende war, die verschiedenen Dienste der ambulanten Pflege des Kirchenbezirks unter einem Dach anzusiedeln und dadurch den Service für Patienten, Angehörige und Interessierte zu verbessern. Somit befindet sich die Diakoniestation Kochertal-Ilshofener Ebene, die Diakoniestation Schwäbisch Hall, die Beratungsstelle Kontakt, die Nachbarschaftshilfe und Familienpflege und die Kirchenbezirkskasse in einem Gebäude und sind bequem und rollstuhlgerecht zu erreichen. Durch die örtliche Zusammenlegung wird es auch möglich, die Erreichbarkeitszeiten auszudehnen. Die Einwehung der neuen Räume wurde mit einem Tag der offenen Tür gefeiert, an dem alle Interessierten die Möglichkeit hatten sich rund ums Thema ambulante Pflege zu informieren. Ein Rätselspiel und der Geschicklichkeitsparkcour sorgten für eine gute Unterhaltung. Falls Sie keine Möglichkeit hatten am Tag der offenen Tür vorbeizuschauen, holen Sie dies doch einfach nach – wir freuen uns über jeden Besuch.

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Aus den Kirchenbüchern Taufen: 7. Mai 2000

Claire Sophie Philipp, Ilshofen

16. Juli 2000

Lennard Hagen Schmidt und Inga Thorid Schmidt, Steinbächle

23. Juli 2000

Nick Difflip, Eckartshausen

Trauungen: 29. April 2000

Martin Niklas und Kerstin geb. Ruppert, Heidelberg

21. Juni 2000

Wilhelm Schäfer und Marion geb. Pietschmann, Kirchberg an der Jagst

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Termine 23. Juni, 20:00 Uhr Sommerserenade: Sommerliche Musik für Orgel, Blockflöte und Gambe, mit Prof. Rainer Böhme und Christel Böhme, Weimar – Orgel, Monika Musch, Konstanz – Blockflöte, Beate Laukenmann, Gambe im Gemeindehaus Eckartshausen. Im Anschluss herzliche Einladung zum Stehempfang. Der Eintritt ist frei, wir bitten jedoch um eine Spende zugunsten der Renovierung der Orgel unserer thüringischen Partnergemeinde Schwerstedt

21. September, Kirchengemeinderatssitzung, Gemeindehaus Eckartshausen

1. Oktober, Erntedankfest

27. Oktober, Männervesper mit Dipl. Ing. Martin Dohle aus Stuttgart, Franksche Scheune Oberaspach

Vom 1. bis 24. August ist Herr Pfarrer Bleher im Urlaub. Die Vertretung haben übernommen: 01.08. bis 20.08. Pfarrer Vogel, Ilshofen, Tel. 940026 20.08. bis 24.08. Vikar Walzer, Eckartshausen, Tel. 940939

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Die letzte Seite Eine neue Welt

Ich glaube an Gott, den Vater, und höre sein Wort. Er ist der Herr, ihm gehört der Kosmos, er lenkt die Geschichte. Freude an aller Schöpfung, Ehrfurcht vor dem Leben und Mut zum Handeln kommen von ihm. Ich glaube an Jesus Christus und gehöre zu ihm. Er hat unser Leben gelebt. Mit ihm begann eine neue Welt, die ohne Krieg und Hunger, ohne Krankheit und Tod sein wird. Bei ihm endet alle Schuld. Er wurde gekreuzigt. Gott aber hat ihn vom Tode erweckt und darin unsere Freiheit begründet. Ich glaube an den Heiligen Geist und werde von ihm geführt. Er gibt Erkenntnis der Wahrheit, und schärft das Gewissen. Er schafft eine Kirche für alle Menschen bis zur Vollendung der Welt in Gerechtigkeit.

Aus: Augenblicke deiner Gegenwart. Gebete, Segen, Meditationen für Freizeit und Ferien. Herausgeber: Evangelischer Arbeitskreis Freizeit, Erholung, Tourismus in der Evangelischen Kirche in Deutschland. Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik e. V., Frankfurt am Main, 1998

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