GELINGENDE BESUCHSKONTAKTE – BERICHTE AUS FORSCHUNGSPROJEKTEN DER FORSCHUNGSGRUPPE PFLEGEKINDER
Judith Pierlings Fachtag: Herkunftsfamilie – Kind – Pflegefamilie:
Gute Kooperation gelingt nicht von alleine“ Siegen, 22.09 2015
Gliederung
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Vorbemerkungen
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Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
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Zwei Exkurse: •
Pflegeeltern
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Herkunftseltern
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Besuchskontakte - ein Modell
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Empfehlungen für die Praxis
Vorbermerkungen
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Besuchskontakte: ein schwieriges Thema für die Beteiligten
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Verhärtete Debatten verlieren das “wie” aus dem Blick
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Rechtliche Aspekte
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Das Leuchturmprojekt PflegeKinderDienst •
Projektziel – Standardentwicklung als Kooperation
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Zwei Besonderheiten 1.
Handlungsempfehlungen aus Koproduktion
2.
Perspektive Pflegekinder im Mittelpunkt
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Belastung– Ressourcen- Balance
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Körperliche und psychische Reaktionen
Vanessa
Und da hatte ich auch noch, also da gab es noch Besuchskontakte zu meiner leiblichen Mutter. Ja und ich war halt immer so, wie soll ich sagen? Enttäuscht. Also ich hab mich so gefühlt, dass meine Mutter mich nie haben wollte. Weil ich das Ganze nicht verstanden hab so. Und ja. Mir ging es nach den Besuchen und auch vor den Besuchen ging es mir immer voll scheiße. Es hat sich halt dann damit bemerkbar gemacht, dass ich halt sehr aufgeregt war im Kindergarten. Auch zu Hause. Ich konnte nicht schlafen so. Ich hab dann auch die Nähe zu meiner Pflegemutter sehr oft gesucht so.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Körperliche und psychische Reaktionen
Keinen Einfluss auf Stattfinden oder Gestaltung
Adem
Also, hätte man mich da besser nachvollziehen können und hätte sagen können: „Okay, das ist wirklich krass da. Er braucht auf jeden Fall auch nicht mehr da irgendwie Kontakt zu haben“. Und da waren auch sämtliche irgendwie Versuche, um mich mit ihr da irgendwie zusammen zu führen. Das war auch einmal irgendwie, das war auch bei einer Psychologin oder so was Ähnlichem, keine Ahnung. Da wurde dann auch so ein Treffen arrangiert oder so was. Ich bin da nur reingegangen, ich hab dann die Augen zugemacht und meinte: „Ich will dich nie wieder sehen“ und bin dann raus gerannt so. Dass halt diese jämmerlichen Versuche halt unterlassen werden sollten so.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Körperliche und psychische Reaktionen
Keinen Einfluss auf Stattfinden oder Gestaltung
Schutzlosigkeit im Kontakt
Eigene Bedürfnisse werden nicht berücksichtigt
Keine Informationen und Antworten bekommen
Unpassendes Verhalten der leiblichen Eltern
Nora
Also das erste Treffen lief einfach so ab, dass sie dann kam, mich dann weiß ich nicht wie lange gedrückt hat, wo ich einfach total steif war und gar nichts machen konnte und sie eigentlich gerne in die Ecke geschubst hätte und einfach raus gegangen wäre so. Und da fing es halt an, dass ich, ich hab angefangen zu weinen und hab während des ganzen Treffens auch nicht mehr aufgehört.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Ressourcen der Pflegekinder:
Möglichkeit der Einflussnahme
Kontakte sind berechenbar
Thomas
Es war normal, dass meine Mama hier immer wieder mal vorbeikam. Ich weiß, dass es eigentlich nicht normal ist mehrere Mütter zu haben, aber für mich war es normal.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Ressourcen der Pflegekinder:
Möglichkeit der Einflussnahme
Kontakte sind berechenbar
Begleitung und Unterstützung „ich bin nicht alleine“
Unterstützung bei Kontakt(wieder)aufnahme
Alternative Kontaktformen als Ressource
Lukas
Ich hab halt auch schon mal gesagt so: „Ich wünschte, dass meine Mutter tot wäre.“ Und so. Ja und jetzt ist das komplett anders. Seitdem ich ausgezogen bin auch schon mal ein bisschen vorher so. Ich weiß nicht, ich denke so oft an meine Mutter so. Weil ich höre ja immer von Frau Karla so, ich frage ja immer nach so, die bekommt jetzt Hilfe, dass die es schafft mit ihren Kindern. Die wird ja immer betreut und so. Und ich find das ja toll, dass meine Mutter sich bemüht so. Zeigt mir ja, dass sie auch anders kann.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Ressourcen der Pflegekinder:
Möglichkeit der Einflussnahme
Kontakte sind berechenbar
Begleitung und Unterstützung „ich bin nicht alleine“
Unterstützung bei Kontakt(wieder)aufnahme
Alternative Kontaktformen als Ressource
Es gibt einen Ort für den Kontakt
Melanie
Ja bei den Treffen jetzt beim Jugendamt, also ich hab meine Mutter erstmal übers Jugendamt getroffen. Weil ich dachte: „Ist eine Situation: Ist nicht bei mir, ist nicht bei ihr.“ Ist halt, fühlt sich keiner dann so sicher und der andere unsicher. Das ist halt ganz gut dann.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Belastende Phantasien über eigene Herkunft
Stefanie
Mein Vater, der hat ja dann die Vaterschaft ganz spät anerkannt und hat auch kein Sorgerecht. Das war halt für mich eigentlich irgendwie immer so eine Hoffnung, dass der es irgendwie besser macht als meine Mutter. Dass ich ihn irgendwann kennenlernen möchte. Dass der dann toll ist und nicht doof ist so und ja. Aber irgendwie war es halt nicht so und ich habe auch eigentlich keinen Kontakt gehabt in der Zeit. Erst wirklich mit 18 wurde mir das bewusst, als ich nach Bildern gefragt habe. Da habe ich auch erst erfahren, dass der krank ist. Also für mich war das immer so: „Ja, das ist bestimmt noch jemand, der ist ganz nett so.“ Wie man halt als Kind so denkt.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Belastende Phantasien über eigene Herkunft
Fehlende Informationen
Fehlende körperliche Ähnlichkeit
Julia
Klar, was mich schon beschäftigt und auch immer beschäftigen wird, ist, wenn ich mal irgendwann Kinder habe, dass die eben keine Ähnlichkeit haben, dass ich da nie sagen kann: „Ah, ist ja von Opa Fritz“ oder so. Also, ich denke das ist schon was, was mich dann, wenn ich irgendwann mal die ersten Kinder habe noch mal sehr tief in den Keller ziehen wird. Weil meine Geschwister sagen können: „Ach guck mal. Wie der Onkel“ und das werde ich halt nie sagen können und ich denke schon, dass mich das noch mal so ein Stückchen runter ziehen wird, ich aber auch weiß, dass das nicht alles im Leben ist.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Belastungen der Pflegekinder:
Belastende Phantasien über eigene Herkunft
Fehlende Informationen
Fehlende körperliche Ähnlichkeit
Belastung, weil ggf. keine Möglichkeit mehr besteht leibliche Eltern kennenzulernen
Belastende Umgangsstrategien wie z.B. Verdrängung
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Ressourcen der Pflegekinder:
Zugang zu Informationen
Unterstützung, wenn Zeitpunkt für Auseinandersetzung mit Herkunft da ist
Melanie
Also zu dem Lebensbuch, das ist so entstanden. Ich bin ungefähr mit anderthalb jetzt in die Pflegefamilie gekommen, in der ich jetzt quasi komplett groß geworden bin. Und ja ich hatte immer vermisst, dass jeder in der Klasse oder von den Freundinnen oder so immer ein Buch hatte 'Mein erster Zahn' und '„Mein erster Schritt' und dann hatte ich das Frau Schweiger erzählt und die hatte mir gesagt: „Ja dann machen wir doch so was wie ein Lebensbuch, was halten Sie davon?“ Und es war für mich eigentlich ganz schön, weil ich eigentlich so auf die Reise gehen konnte und auch Leute treffen konnte, denen ich schon mal begegnet bin. Ich war schon mal in einer Pflegefamilie, das wusste ich nicht, das ist dann rausgekommen. Und die haben wir dann auch angeschrieben, die haben dann auch Fotos mitgegeben und so was. Das war ganz schön auch so von der leiblichen Familie mehr Leute kennenzulernen. Zu gucken, wen gibt es da alles. Und ja dann haben wir uns halt auf die Reise gemacht.
Ehemalige Pflegekinder und ihr Erleben
Mögliche Ressourcen der Pflegekinder:
Zugang zu Informationen
Unterstützung, wenn Zeitpunkt für Auseinandersetzung mit Herkunft da ist
Erklärungen dafür, dass Kontakt ausbleibt
Klarheit über Perspektive in der Pflegefamilie
Exkurs: Pflegeeltern
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Erleben in Bezug auf das Pflegekind
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Erleben in Bezug auf Herkunftseltern
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Erleben im Bezug auf Professionelle
Exkurs: Eltern
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Betrauern des Verlustes und mögliche Interpretation
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Gefühle der Herkunftseltern und die Situation Besuchskontakt
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Wunsch nach konkreter Unterstützung
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Keine Rolle im Gefüge, Wiedererleben im Kontakt
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Wunsch nach Partizipation
Pierlings, J.; Reimer, D. (2015): Belastungen und Ressourcen im Kontext von Besuchskontakten. In: Wolf, K. (Hrsg) Sozialpädagogische Pflegekinderforschung, Bad Heilbrunn, S. 245-266
Empfehlungen für die Praxis…
… zu Besuchskontakten
Kein Verharren im „Entweder-Oder“ sondern Entdramatisierung
Besuchskontakte als veränderbarer Prozess
Kindliche Signale im Fokus
Empfehlungen für die Praxis
… zu Besuchskontakten •
Abfragen relevanter Parameter vor Entscheidung über Kontakt
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Vorbereitung von Besuchskontakten
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Organisation und Gestaltung obliegt der Fachkraft Fachkraft bereitet die Herkunftsfamilie vor Relevante Themen sind zu berücksichtigen
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Pflegeeltern sind vorzubereiten
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Empfehlungen für die Praxis
… zu Besuchskontakten •
Konkrete Kontaktsituation • •
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Neutrale Räumlichkeiten müssen vorhanden sein Fachliche Begleitung Absprachen und Regelungen als Aufgaben der Fachkraft
Nach dem Besuchskontakt •
Nachbetreuung des Kontaktes
Empfehlungen für die Praxis…
… wenn keine Kontakte bestehen
Es muss zwischen tatsächlichem Umgang und Aufklärung über Herkunft unterschieden werden
Biografie des Pflegekindes im Blick behalten
Fachkraft als Ansprechpartner und Informationsquelle
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Judith Pierlings Forschungsgruppe Pflegekinder Universität Siegen Adolf-Reichwein-Str. 2 57068 Siegen
[email protected] Homepages: www.uni-siegen.de/pflegekinder-forschung
Literatur
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Helming, E.; Küfner, M.; Kindler, H. (2011): Umgangskontakte und die Gestaltung von Beziehungen zur Herkunftsfamilie. In: Kindler, H.; Helming, E.; Meysen, T.; Jurczyk, K. (Hrsg.): Handbuch Pflegekinderhilfe. München: Deutsches Jugendinstitut e.V., S.562-614.
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Jespersen, A. (2011): Belastungen und Ressourcen von Pflegeeltern. Analyse eines PflegeelternOnlineforums“ ZPE-Schriftenreihe Nr. 29. Siegen.
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Kötter, S. (1997): Besuchskontakte in Pflegefamilien: Das Beziehungsdreieck "Pflegeeltern - Pflegekind Herkunftseltern". Regensburg: Roderer.
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Pierlings, J. (2011): Dokumentation Leuchtturm-Projekt - PflegeKinderDienst. Köln
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Pierlings, J.; Reimer, D. (2015): Belastungen und Ressourcen im Kontext von Besuchskontakten. In: Wolf, K. (Hrsg.) Sozialpädagogische Pflegekinderforschung, Bad Heilbrunn, S. 245-266
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Reimer, D. (2011): Pflegekinderstimme – Arbeitshilfe zur Qualifizierung von Pflegefamilien (Hrsg. PAN e.V.).
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Schäfer, D.; Petri, C.; Pierlings, J. (2015): Nach Hause? Rückkehrprozesse von Pflegekindern in ihre Herkunftsfamilie. Siegen: Universi.
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Wilde, C. (2014): Eltern.Kind.Herausnahme. Zur Erlebensperspektive von Eltern in den Hilfen zur Erziehung ZPE. Schriftenreihe Nr. 35. Siegen: Universi.