Philosophische Fakultät Institut für Philosophie, Lehrstuhl für Theoretische Philosophie, Holm Bräuer M.A.

Fuzzy Logic und Wahrscheinlichkeit Ein Kurzüberblick

Was ist „Fuzzy Logic“? Fuzzy-Logik (englisch: fuzzy = ungenau, verschwommen, unscharf) ist eine Theorie, die vor allem für die Darstellung menschlichen Wissens und menschlicher Überlegung zur Verarbeitung in Computern entwickelt wurde. Fuzzy-Computersysteme verarbeiten gegenüber herkömmlichen Systemen nicht nur Werte wie JA und NEIN (bzw. AN und AUS oder 1 und 0), sondern zusätzlich auch Zwischenwerte (Wahrheitswerte) zwischen WAHR (=1) und FALSCH (=0) z.B. 0,5, so dass damit auch unscharfe Angaben wie EIN BISSCHEN, ZIEMLICH oder STARK mathematisch behandelt werden können. Die Fuzzy-Set-Theorie, also die unscharfe Mengenlehre, wurde bereits 1965 von L. A. Zadeh, Professor für Computerwissenschaften an der Universität von Berkeley, entwickelt. Die Grundlagen dazu wurden jedoch schon früher von dem polnischen Logiker Jan Lukasiewicz entwickelt, der zur Beschreibung des Wahrheitswertes einer logischen Aussage Zahlen aus dem reellen Einheitsintervall [0, 1] (die reellen Zahlen zwischen 0 und 1 einschließlich der Ränder) verwendete.

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Jan Łukasiewicz Jan Łukasiewicz (1878 - 1956) Der polnische Logiker und Mathematiker Jan Łukasiewicz war von 1915-1939 Professor an den Universitäten von Lwow und Warschau und Mitbegründer der Lwow-Warschau-Schule der mathematischen Logik und Grundlagenforschung. Während der Besetzung Polens durch die Nazis wirkte er an der Warschauer Untergrunduniversität. Von Łukasiewicz stammt die erste von der klassischen Logik abweichende und explizit als mehrwertige Logik präsentierte Aussagenlogik. O logice trójwartościowej, Ruch Filozoficzny 5 1920, 170f.; engl. in: Łukasiewicz, J.: Selected Works (ed. L. Borkowski) Amsterdam /London/ Warschau 1970

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Lofti A. Zadeh Lofti A. Zadeh (* 1921) Zadeh stellte 1965 in einer Arbeit erstmals das Konzept der Fuzzy Logik – der unscharfen Logik (inhaltlich: Die Logik der Unschärfe) – vor. Dieses Konzept erwies sich als sehr fruchtbar und erlebte in den letzten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts einen regelrechten Boom. Zadeh forschte auch auf dem Gebieten der Neuronalen Netze, Expertensysteme, Kontrolltheorie und Künstlichen Intelligenz.

Fuzzy sets. Information and Control (1965)

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Gewöhnliche Mengen vs. unscharfe Mengen Gewöhnliche (scharfe) Mengen Die Theorie der unscharfen Mengen ist eine Erweiterung der klassischen Mengenlehre. Mit dieser kann der Begriff der partiellen Wahrheit (Wahrheitswerte zwischen 1 (vollständig wahr) und 0 (vollständig falsch)) behandelt werden. Sie wurde als ein Werkzeug eingeführt, mit dem man die Vagheit komplexer Systeme analysieren kann. Die Idee unscharfer Mengen ist recht einfach. Wir wollen zum Beispiel eine Menge von grauen Feldern definieren, die die Eigenschaft des Dunkelgrauen beinhaltet. In der klassischen Mengenlehre müssen wir einen Grenzwert des Dunkelgrauen definieren, z.B. 100. Alle grauen Felder zwischen 0 und 100 sind Element dieser Menge, alle anderen gehören nicht dazu.

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Gewöhnliche Mengen vs. unscharfe Mengen Fuzzy (unscharfe) Mengen Im Gegensatz zu klassischen Mengen können Elemente von unscharfen Menge auch nur zu einem bestimmten Grad einer Menge angehören. Dieser Zugehörigkeitsgrad wird üblicherwiese durch eine Zahl aus dem Intervall [0, 1] beschrieben. Dabei bedeutet der Grad 1 volle Zugehörigkeit zur Menge und der Grad 0 keine Zugehörigkeit. Die Dunkelheit beispielsweise ist eine graduelle Angelegenheit. Daher kann eine unscharfe Menge diese Eigenschaft viel besser darstellen. Um diese Menge zu definieren brauchen wir zwei Grenzwerte, z.B. 50 und 150. Alle grauen Felder, die weniger als 50 betragen, sind vollständige Elemente dieser Menge. Alle grauen Felder, die größer sind als 150, gehören nicht zur Menge. Die grauen Felder zwischen 50 und 150 jedoch besitzen eine teilweise Zugehörigkeit zur unscharfen Menge. SS 2006

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Vagheit und unscharfe Mengen 1,2

1,2

1

1

0,8

0,8

0,6

0,6

0,4

0,4

0,2

0,2

0

0 Bäume

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Sträucher

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Wahrscheinlichkeit Die Wahrscheinlichkeit (engl.: probability) ist ein Maß zur Quantifizierung der Sicherheit bzw. Unsicherheit des Eintretens eines bestimmten Ereignisses im Rahmen eines »Zufallsexperiments«. Wie man die Wahrscheinlichkeit empirisch bestimmen kann, darüber gibt es in der Literatur unterschiedliche Auffassungen: Der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff von Pierre-Simon Laplace (17491827) definiert Wahrscheinlichkeit als Quotient der Zahl der günstigen und gleichmöglichen Fälle. Der statistische Wahrscheinlichkeitsbegriff von Richard von Mises (18831953) definiert Wahrscheinlichkeit als Grenzwert der relativen Häufigkeit des Auftretens des Ereignisses. Der subjektive Wahrscheinlichkeitsbegriff von Leonard J. Savage (19171971) definiert Wahrscheinlichkeit als subjektiv wahrgenommene Wettchance.

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Wahrscheinlichkeit Unabhängig von der Frage, wie man die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses zu bestimmen hat, sind die formalen Eigenschaften dieses mathematischen Konstruktes und die Regeln, wie man mit ihm umgehen (rechnen) soll, eindeutig. Sie basieren auf drei Axiomen, die von Andrej N. Kolmogorov (190387) formuliert wurden: Axiom 1: Eine Wahrscheinlichkeit ist eine Zahl zwischen 0 und 1 (die beiden Grenzen eingeschlossen). Axiom 2: Ein Ereignis, das immer eintritt, das sogenannte sichere Ereignis, hat die Wahrscheinlichkeit 1. Axiom 3: Schließen sich zwei Ereignisse A und B aus, entspricht die Wahrscheinlichkeit, dass entweder das Ereignis A oder das Ereignis B eintritt, der Summe der beiden Einzelwahrscheinlichkeiten.

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