06 Juni 2012

Rainer Maria Salzgeber

Fussball-Latein aus dem Wallis Der 43-jährige Sportmoderator Rainer Maria Salzgeber gilt als einer der besten seines Fachs. Im Vorfeld der Fussballeuropameisterschaft äusserte er sich gegenüber «persönlich» über die Weltmacht Fussball, aber auch über seine persönliche Beziehung zu Sepp Blatter und die Frage, warum er nie zum neuen Pascal Zuberbühler wurde. Interview: Matthias Ackeret Bilder: Marc Wetli

Herr Salzgeber, Fussballmeisterschaft und Champions League sind vorbei. Aber auf die Fussballeuropameisterschaft scheint sich niemand so richtig zu freuen. Stimmt dieser Eindruck?

Da bin ich nicht ganz einverstanden. Ich auf jeden Fall freue mich riesig auf die EM. Es ist aber verständlich, dass nicht die gleiche Begeisterung aufkommen mag wie bei den letzten vier grossen Turnieren, als die Schweiz immer dabei gewesen ist. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass vor grossen Turnieren die Skepsis mindestens so gross ist wie die Begeisterung. Das war in Portugal 2004 so, wie auch vor zwei Jahren in Südafrika. Das gehört irgendwie einfach dazu.

grossen Turnier nicht mehr vertreten ist. Auch der Aufwand, welchen das Schweizer Fernsehen betreibt, ist deutlich kleiner als in anderen Jahren mit Schweizer Beteiligung. Die Sendungen werden trotzdem genau gleich professionell vorbereitet und über die Bühne gehen. Aber die Schweizer Nationalmannschaft als Lokomotive, die fehlt definitiv. Werden Sie vor Ort sein?

Nein. Meine Aufgabe besteht darin, wie bereits bei den letzten Fussballeuropa- oder Weltmeisterschaften, die Spiele im Studio zu analysieren.

Aber in der Schweiz herrschte vor vier Jahren doch eine gewisse Grundeuphorie.

Das war etwas anderes. Eine Europameisterschaft im eigenen Land werden wir so schnell nicht mehr erleben. Es war einzigartig. Schon alleine deshalb war eine Grundeuphorie vorhanden. Aber eine gewisse Zurückhaltung gehört halt einfach zur Schweizer Mentalität. Der Schweizer ist nun mal eine Spur nüchterner und auch abgeklärter als der Fan anderer Länder. Dazu kamen die eher dürftigen Leistungen der Nationalmannschaft. Da hatten viele mehr erwartet. Inwiefern spielt es eine Rolle, dass die Schweiz dieses Jahr nicht an der EM vertreten ist?

Eine sehr grosse, ist es doch seit zehn Jahren zum ersten Mal, dass die Schweiz an einem

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«Ich mag beim allgemeinen HitzfeldBashing nicht mitmachen!»

Martin Kallen als Nothelfer nach Portugal geschickt – und Kallen ist auch heute noch dabei. Als die Uefa die Euro 2012 vergab, wusste man ja, worauf man sich einlässt… Verschiedentlich gab es Vorschläge, die Spiele wegen des Falles Timoschenko zu boykottieren oder kurzfristig in ein anderes Land zu verlegen.

Nur schon logistisch gesehen, ist eine solche Verlegung so kurzfristig wohl nicht mehr zu organisieren. Es ist allerdings nicht meine Aufgabe als Sportjournalist darüber zu urteilen. Ich war noch nie in der Ukraine und kann deshalb kein fundiertes Urteil über die Situation abgeben. Das überlasse ich den Spezialisten. was nicht heissen soll, dass ich die Augen vor der Situation verschliesse. Aber meine Hauptaufgabe besteht darin, die sportliche Seite der Euro zu kommentieren. Welchen Stellenwert hat der Europameistertitel?

Inwiefern unterscheidet sich die diesjähri­ge Fussballeuropameisterschaft von ihren ­Vorgängerninnen?

Die Euro in Österreich und der Schweiz steht aus Schweizer Sicht über allem. Das war organisatorisch und von der Umsetzung her auch für uns das bisher grösste Projekt. Polen und die Ukraine werden auch wieder einzigartig sein. Beide Länder sind erstmals Gastgeber einer Euro. Probleme im Vorfeld gibt es bei jedem Turnier, das war ja schon vor acht Jahren in Portugal augenfällig. ­Damals wurde der Schweizer Uefa-Mann

Das ist eine schwierige Frage, die ich mir auch schon oft gestellt habe. Über allem steht unbestritten der Weltmeistertitel. Den Gewinn der Champions League und den Gewinn der Europameisterschaft würde ich ungefähr gleichsetzen, mit leichten Vorteilen für die Champions League. Mit Sforza, Chapuisat und jetzt auch Di Matteo haben doch einige Schweizer dieses Ziel erreicht. Inwiefern hat sich die Spielweise zur letzten Austragung vor vier Jahren verändert?

Der Fussball wird immer schneller und

Rainer Maria Salzgeber Fussball-Latein aus dem Wallis management & branding

Walliser Ambiente: Salzgeber im Lokal «Zermatt» auf dem Zürcher Flughafengelände.

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Programmteppich von SRF 8. Juni–15. Juni 2012 17.40–23.10 Uhr Alle Spiele live auf SF 2 Ab 16. Juni 2012 20.00–23.10 Uhr Alle Spiele live auf SF 2 (Parallelspiele auf SF info) Die Moderatoren: Matthias Hüppi und Rainer Maria Salzgeber Die Exper ten: Mit Hüppi: Raphael Wicky oder Hanspeter Latour plus Gast Mit Salzgeber: Alain Sutter oder Gilber t Gress plus Gast An spielfreien Tagen: EURO-Magazin um 22.20 Uhr mit Paddy Kälin Die Kommentatoren: Ukraine: Bernhard Turnheer oder Dani Kern Polen: Dani Wyler oder Sascha Ruefer Radio: Ab dem Halbfinal jeweils live auf DRS 3 Multimedia: Livestreamings aller Spiele sowie topaktuelle Berichte unter www.spor t.sf.tv

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­ amit auch athletischer. Manchmal schaue d ich mir während der Nacht alte Spiele aus den Siebziger- und Achtzigerjahren an und wähne mich in einer vollkommen anderen Sportart. Den absoluten Massstab setzt ­momentan Barcelona, auch wenn die Spanier die Champions League nicht gewinnen konnten. Eine Mannschaft, die spielerisch zum Erfolg kommt. Ich liebe es, wenn eine Mannschaft mit spielerischen Mitteln, gepaart mit Leidenschaft, einen Titel holt. Deshalb liebe ich den Fussball, den Barcelona oder aktuell auch Dortmund in Deutschland spielt, und ziehe diesen beispielsweise dem ergebnisorientieren Chelsea-Fussball vor. Was aber nicht heisst, dass ich die Leistung von Di Matteos Mannschaft nicht respektiere und hoch einschätze. Schön spielen wie Barcelona und dann auch noch gewinnen … Mehr geht eigentlich nicht. Wirklich nicht?

Eigentlich nicht, nein. Wenn man die Prämissen des Spiels nicht verändert, sehen wir heute das Spiel der Zukunft. Irgendwann sind alle technischen Möglichkeiten und das körperliche Potenzial ausgeschöpft. Ähnlich verhält es sich in der Leichtathletik: Im Sprint ist der Fahnenstand bald einmal erreicht. Es gibt ganz einfach Grenzen. Ein Hundertmeterläufer wird wohl nie weniger als neun Sekunden benötigen. Ähnlich ist es beim Fussball: Der Spieler kommt an seine natürlichen Grenzen. Veränderungen könnten höchstens bei den Regeln gemacht werden; vielleicht spielt man irgendwann nur noch mit neun Feldspielern, vielleicht werden die Tore grösser, das Abseits könnte man aufheben. Möglichkeiten gibt es viele. Man darf aber nicht vergessen: Der Erfolg des Fussballs liegt auch in der Einfachheit des Spiels, und die darf man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.

ben. Di Matteo hat das Optimum aus seinen Spielern herausgekitzelt. Für Di Matteo und seine Karriere empfinde ich allergrössten Respekt. In den vergangenen Jahren ist er bei uns einige Male als Studioexperte aufgetreten, und ich war von seinen Analysen immer sehr angetan. Mit ihm, als gebürtigem Schaffhauser, hat die Schweiz auch ein bisschen die Champions League mitgewonnen. Was hat Ottmar Hitzfeld falsch gemacht, dass wir nicht an der Fussballeuropameisterschaft vertreten sind?

Man kann einen Erfolg oder einen Misserfolg nie an einer Person alleine festmachen. Man muss grundsätzlich mal festhalten, dass die Schweiz als kleines Land bei den letzten vier Grossanlässen dabei gewesen ist – eine fantastische Bilanz. Nun hat es nicht geklappt, das musste früher oder später wieder einmal passieren – aus verschiedenen Gründen. Viele haben nun das Gefühl, Hitzfeld sei daran schuld. Das sind allerdings genau die Gleichen, die gejubelt haben, als die Schweiz mit Hitzfeld Spanien bezwungen hat. Beim allgemeinen Hitzfeld-Bashing mache ich nicht mit. Das ist mir zu einfach. Ich bin überzeugt, dass er nach dem angefangenen Generationenwechsel die Schweiz an die WM 2014 führen wird. Wenn er das schafft, ist er ganz schnell wieder für alle der richtige Trainer für die Schweiz. Oder anders gefragt, was hat Köbi Kuhn ­besser gemacht?

Köbi Kuhn war seinerzeit genau der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt. Ich finde Vergleiche solcher Art nicht angebracht. Genauso wie es müssig ist, darüber zu diskutieren, wer denn nun der beste Fussballer aller Zeiten ist: Pele, Maradonna, Zidane oder Messi. Jede Zeit hat ihre eigenen Helden. Das gilt auch für die Trainergilde.

Trotzdem hat Chelsea mit seinem Brachial-

Was war das beste Spiel, das Sie

fussball die Champions League gewonnen.

gesehen haben?

Ja, das ist die Antwort auf den schönen Fussball von Barcelona. Wie man beim Champions-League-Final gesehen hat, wird der Fokus in Zukunft noch mehr auf der richtigen Taktik liegen, da alle Fussballer sportlich auf Höchstniveau sind. Man kann Chelsea und seinem Trainier Roberto Di Matteo nicht vorwerfen, dass sie mit sogenannt unattraktivem Fussball die Bayern geschlagen ha-

Das kann ich unmöglich definieren. Ich war vor wenigen Wochen mit meiner Familie in Manchester beim Spiel zwischen City und United. Ein unvergessliches Erlebnis. Wenige Tage später habe ich meinen Sohn mit den Junioren E des FC Bassersdorf an ein Spiel begleitet, welches ich ebenfalls genossen habe. Die Freude am Spiel habe ich sowohl im grossen englischen Stadion als auch

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Rainer Maria Salzgeber: Eigentlich lieber Pascal Zuberbühler als Beni Thurnheer geworden.

bei den Junioren gespürt, und das ist das Schöne am Spiel. Ein Lionel Messi, der Millionen verdient, freut sich auch heute noch wie einer meiner Junioren über ein Tor, über einen Sieg. Und das ist bei allen negativen Nebengeräuschen das Schöne am Fussball. Fussball ist und bleibt ein Spiel. Das ist die Essenz von diesem wunderbaren Sport, und deshalb muss man die negativen Begleiterscheinungen wie Doping, Wettskandale, Betrug usw. mit allen Mitteln bekämpfen. Sie haben die Millionengehälter angespro-

wird man immer wieder Leute finden, die mit ihrem Geld an der Spirale weiterdrehen. In England gibt es viele solcher Fälle. Bei den Kloten Flyers ist es aber schiefgegangen.

Wann haben Sie dies realisiert?

Auch hier wäre ich schlecht beraten, wenn ich in Unkenntnis der Fakten ein Urteil ab-

Relativ schnell. Ich spielte beim FC Raron und wurde von Erich Burgener, dem ehemaligen Nationaltorhüter, zu Trainings nach Lausanne eingeladen. Er stammt ja wie ich aus Raron und war das Idol meiner Kindheit. Ich hatte ein greifbares Idol, ein Idol vor der Haustüre, etwas vom Schönsten für einen jungen Fussballfan. Ich durfte dank Erich ein paar Testspiele absolvieren, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es nicht klappen wird. Im Leben ist es ungemein wichtig zu wissen, was man kann, aber noch wichtiger ist es zu wissen, was man nicht kann! Ich habe schnell gemerkt, dass ich nicht genug gut bin.

«Auf einen Walliser wartet niemand.»

chen. Zerstört sich der Fussball durch die horrende Verschuldung der Clubs schlussendlich nicht selbst?

Man kann das Rad nicht zurückdrehen. Allenfalls kann man die Richtung bestimmen. Und da wünsche ich mir schon eine gewisse Rückbesinnung auf die Vernunft. Das Problem sind nicht die Millionen, die Messi verdient. Er ist sie allemal wert. Problematisch wird es, wenn mehr Geld ­ausgegeben, als eingenommen wird, und das ist leider bei ganz vielen Clubs der Fall. Auch

lich gesagt, wäre ich lieber Nationaltorwart statt Fernsehreporter. Doch irgendwann musste ich einsehen, dass mein Talent für den ganz grossen Sprung nicht reicht.

geben würde. Aber es scheint klar, dass der Klub über seinen Verhältnissen gelebt hat und nun dafür die Quittung bekommt. Sie hatten im Wallis als Torhüter beim FC Raron selber erste und zweite Liga ­gespielt. Hatte Sie die grosse Fussballkarriere

Wie haben Sie darauf reagiert?

nie gereizt?

Easy. Ich habe mein Visier neu eingestellt und mir neue Ziele gesetzt. Das war ent-

Doch, dies wäre mein Traum gewesen. Ehr-

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scheidend: Zurückschauen brachte nichts. Ich habe sofort nach vorne geschaut und mich neu orientiert. Ich fand dann nach einigen Umwegen den Zugang zu den Medien. Ging das so schnell?

Ja. Das war immer eine meiner Hauptfähigkeiten. Wenn ein Ziel nicht erreichbar war, habe ich es abgehakt und ein anderes gesucht. Ich stand anschliessend noch für den FC Brig im Tor. Weil mir bewusst war, dass ich keine Karriere à la Burgener machen würde, fiel mir der ganze Prozess nicht schwer. Trainer wäre eine Alternative gewesen?

Nein, ich wollte spielen. Trainer kam nicht infrage. Ich schrieb mich – eher lustlos – an der Uni Bern ein und absolvierte fünf Semester Geschichte, Medienwissenschaften und Politik. Gleichzeitig machte mich mein Vater auf einen Job bei Radio Rottu, dem Oberwalliser Lokalradio, aufmerksam, den ich dann auch bekam. Ich kam also erst über Umwege zum Journalismus, war also keiner, der bereits als Zehnjähriger auf seinem Tonband die ersten Fussballspiele kommentierte. Für mich war der Journalismus auch ein Mittel zum Zweck, um meinen Lieblingssport verfolgen zu können. Wenn nicht als Fussballer, so konnte ich zumindest als Journalist den Sport zu einem wichtige Teil meines Lebens machen. Wie sind Sie dann zum Schweizer Fernsehen gekommen?

Auf einen Walliser wartet niemand. Dies war eine ganz wichtige Grunderkenntnis. Ich bin in einem wunderschönen, aber engen Tal aufgewachsen, in welchem die Berufsmöglichkeiten doch sehr beschränkt sind. Will man Karriere machen, muss man das Tal verlassen und vielleicht auch besser und hartnäckiger sein als die anderen. Das war bei Armin Walpen, bei Sepp Blatter, Sina oder auch bei Altbundesrat Pascal Couchepin der Fall. Auch Erich Burgener musste nach Lausanne, um sich schlussendlich durchzusetzen. Vielleicht ist dies unser Erfolgsprinzip. Als ich gesehen habe, dass das Schweizer Fernsehen Mitte der Neunzigerjahre ein Volontariat in der Sportredaktion ausgeschrieben hatte, liess ich mich nicht abwimmeln und habe x-mal angerufen, ob die Stelle noch frei sei. Wie sie sehen, hat es geklappt (lacht).

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Rainer Maria Salzgeber wird während die kommende Euro aus dem Studio Leutschenbach moderieren.

Ging dies so einfach?

Nein, überhaupt nicht. Zuerst musste man die Zürcher davon überzeugen, dass es auch hinter dem Baregg noch weitergeht. Da kann man nicht nur hineinfahren, es geht auch wieder raus. Es gibt auch eine Schweiz abseits der grossen Zentren. Ich musste die verantwortlichen Leute zuerst überzeugen, mich überhaupt anzuhören. Eine wichtige Rolle spielte für mich Patrick Rohr, den ich von Radio Rottu kannte. Patrick ist zwar ursprünglich Glarner, kam aber bereits sehr jung ins Wallis und erlernte den Walliser Dialekt in Perfektion, eine ungemein schwierige Aufgabe. Er war sozusagen mein Pfadschlitten beim Schweizer Fernsehen. Anfang der Neunzigerjahre wurde er Moderator beim damaligen Tagespro-

gramm und bewies, dass der Oberwalliser Dialekt gar nicht so unverständlich ist, wie man immer dachte. Dann hat er mich auch noch gecoacht bei meinen Eignungstests. Dafür bin ich Patrick ewig dankbar. Fühlen Sie sich heute noch als Walliser?

Das ist eine interessante Frage. Wir leben heute schon viele Jahre in der Region Zürich. Von hier ist das Wallis weit weg. Meine Kinder beispielsweise sprechen beide Dialekte, sind aber eindeutig eingezürchert. Aber einmal Walliser, immer Walliser. Da spielt der Wohnort keine entscheidende Rolle. Sie haben vorhin Sepp Blatter angesprochen. Wie erleben Sie ihn heute?

Rainer Maria Salzgeber Fussball-Latein aus dem Wallis management & branding

Ich kenne Sepp Blatter seit meiner Jugend. Mein Vater war Musikdirigent in Visp, und ich spielte Klarinette. Sepp war regelmässig Gast bei unseren Konzerten. Für uns im ­ Wallis ist er auch nicht der allmächtige FIFA-Boss sondern nur der «Sepp», ein äusserst liebenswerter, charmanter und ­ charismatischer Mensch. Ich kenne ihn seit dreissig Jahren, auf eine Art und Weise wie nicht viele andere Journalisten. Deswegen finde ich es nicht optimal, wenn Blatter von mir interviewt wird. So könnte der Eindruck von Walliser Mauschelwirtschaft entstehen. Dasselbe gilt übrigens auch für Sion-Boss Christian Constantin. Distanz ist dann und wann der bessere Ratgeber als Nähe. Constantin – auch ein alter Bekannter?

Constantin kenne ich weniger gut. Aber auch er ist ein richtiger Menschenfänger und Charismatiker. Ausserhalb des Wallis ist seine Wesensart völlig unverständlich. Ich habe aber schon einige Journalisten erlebt, die mit dem Ziel, ihn definitiv fertigmachen zu wollen, nach Sion gefahren sind, schlussendlich aber von seiner Wesensart völlig gefangen waren. Trotz allem, wie beurteilen Sie die Korruptionsvorwürfe gegen die FIFA?

Hier halte ich es wie bei der Frage nach der Boykottgeschichte in der Ukraine. Ich habe meine ganz persönliche Meinung dazu. Aber was hat die Menschheit davon, wenn sie die-

se Meinung kennt. Deshalb behalte ich sie lieber für mich und überlasse es anderen, über ihn zu urteilen. Sepp Blatter will möglicherweise nochmals eine weitere Amtszeit anhängen. Ist dies

Hitzfeld der Fall, aber auch bei Di Matteo oder Köbi Kuhn sind Beispiele dafür. Beckenbauer beispielsweise hatte ich einmal beim Interview, danach hat er mich immer per Handschlag und Namen begrüsst. Das macht Eindruck. Hätte er ja nicht nötig.

sinnvoll?

Wenn er fit ist und seine Mission noch zu Ende bringen möchte, kann ich verstehen, dass er noch einmal antreten will. Auch hier macht es wenig Sinn, wenn ich meine

«Ich kenne Sepp Blatter seit meiner Jugend. Er kam immer zu unseren Konzerten, an denen ich Klarinette spielte.»

­ einung darüber kundgebe. Wenn mich M Sepp einmal danach fragen sollte, werde ich ihm gerne sagen, was ich davon halte. Unter vier Augen.

Sie gelten als der bestverdienende Moderator des Schweizer Fernsehens. Wecken Sie damit nicht auch ein bisschen die Neider?

Völliger Blödsinn. Eine Zeitung hat dies vor einigen Jahren geschrieben und mit völlig falschen Zahlen operiert. Damals spürte ich zum ersten Mal, was es heisst, in einen Pressestrudel hineinzugeraten, gegen welchen man sich nicht wehren kann. Da ich verschiedentlich Grossanlässe wie die FIFAGala oder den Sportler des Jahres moderiere, entsteht gerne der Eindruck, dass ich jeden Abend auf der Bühne stehe. Doch dies ist definitiv falsch. Ich sage weitaus mehr Veranstaltungen ab, als ich zusage. Anders gefragt: Haben Sie einen Manager?

(Lacht.) Nein. Wozu auch? Was war für Sie die spannendste Begegnung?

Vor einigen Jahren moderierte ich die FIFA-Gala im Zürcher Opernhaus und ­ durfte gemeinsam mit Kaka, Cristiano Ronaldo, Xavi, Torres und Messi auf der Bühne stehen. Dies war ein erhebender Moment. Ich habe aber festgestellt, dass sich wahre Sportgrössen oftmals durch Bescheidenheit und Zurückhaltung auszeichnen. Dies ist bei

Letzte Frage: Wer wird Fussballeuropa­ meister?

Ich gehe davon aus, dass es einer aus dem Trio Spanien, Deutschland und Holland sein wird. Ich hoffe auf einen spielenden Europameister.

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