Mengen und sprachliche Bedeutungen Relationen und sprachliche Bedeutungen Lambda-Abstraktion charakteristische Funktionen Funktionen und sprachliche Bedeutungen
Einf¨uhrung in die Semantik,4. Sitzung Mehr zu Funktionen / Mengen, Relationen, Funktionen und sprachliche Bedeutungen G¨ otz Keydana
G¨ ottingen 1. November 2006
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Mengen und sprachliche Bedeutungen Relationen und sprachliche Bedeutungen Lambda-Abstraktion Abstraktion und Konversion Rekursion charakteristische Funktionen Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited Funktionen und sprachliche Bedeutungen Funktionen und Wortbedeutung Funktionen und Satzbedeutung
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Mengen und Wortbedeutung Die Bedeutung eines Nomens α ist die Menge der Objekte, auf die sich α anwenden l¨aßt. Schriftsteller zu sein ist eine Eigenschaft, die bestimmten Personen zukommt: Pynchon ist ein Schriftsteller, Ellison ebenso, Caliban nicht etc. Die Bedeutung von Schriftsteller kann also theoretisch dadurch angegeben werden, daß man s¨amtliche Schriftsteller aufz¨ahlt. Wir k¨onnen die Bedeutung von Schriftsteller daher mengentheoretisch angeben: (1) JSchriftstellerK = {x|x ist ein Schriftsteller} G¨ otz Keydana
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Adjektive, intransitive Verben Auch die Bedeutung von Adjektiven und intransitiven Verben kann als Menge angegeben werden. Adjektive und intransitive Verben bezeichnen ebenfalls Eigenschaften. Die Bedeutung von unsichtbar ist daher mengentheoretisch (2) JunsichtbarK = {x|x ist unsichtbar}, die Bedeutung von schl¨aft (3) Jschl¨aftK = {x|x schl¨aft}.
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Hyponymie
Hyponymie ist eine Teilmengenbeziehung. α ist ein Hyponym von β gdw. JαK ⊆ JβK
Beispiel:
(4) JSchiftstellerK ⊆ JMenschK
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Mengen und Satzbedeutung Wir haben oben gesagt, die Bedeutung eines Satzes Φ sei eine Funktion von m¨oglichen Welten in Wahrheitswerte.
Mengentheoretisch heißt das: Die Bedeutung eines Satzes Φ ist die Menge der m¨oglichen Welten, in denen Φ war ist. (5) JΦK = {w |Φ ist in w wahr} Beispiel: (6) JPynchon schnarchtK = {w | Pynchon schnarcht in w } Eine Menge m¨oglicher Welten wird Proposition genannt.
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Implikation
Logische Folgerungen k¨onnen wie Hyponymien mengentheoretisch dargestellt werden. (7) Φ → Ψ gdw. JΦK ⊆ JΨK
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Beispiel f¨ur eine Implikation
(8) Pynchon ist Schriftsteller. → Pynchon ist ein Mensch. a. JPynchon ist SchriftstellerK = {w | Pynchon ist Schriftsteller in w } b. JPynchon ist ein MenschK = {w | Pynchon ist ein Mensch in w } c. {w | Pynchon ist Schriftsteller in w } ⊆ {w | Pynchon ist ein Mensch in w }
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Wortbedeutung und Relationen Wir haben oben gesehen, daß wir Nomina, intransitive Verben und Adjektive als Mengen darstelen k¨ onnen. Entsprechend k¨onnen wir die Bedeutung transitiver Verben als Mengen von Paaren darstellen. I Ein Beispiel f¨ ur ein transitives Verb ist lesen: I
I
(9) JlesenK = {hx, y i|x liest y }
Auch die Bedeutung einiger Nomina kann als Menge von Paaren dargestellt werden: (10) JAutor (von)K = {hx, y i|x ist Autor von y }
Die Bedeutung dreistelliger Verben ist folgerichtig eine Menge von Tripeln: (11) JgebenK = {hx, y , zi|x gibt y an z} G¨ otz Keydana
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Notation von Funktionen Funktionen k¨onnen folgendermaßen notiert werden: Pynchon → Mason & Dixon (12) JAutor (von)K = Ellison → Invisible Man Thompson → Fear and Loathing Exhaustiv k¨onnen Funktionen in diesem Format in der Regel nicht notiert werden. Eine Alternative ist die Beschreibung: (13)
JAutor (von)K a : Personen → B¨ ucher x 7→ der Autor von x Die Funktion a sei definiert als Funktion von Personen in B¨ ucher, wobei a jedes x auf den Autor von x abbildet: a(Invisible Man) = Ellison G¨ otz Keydana
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Notation von Funktionen cont. (14)
JNachfolgerK s : N → N x 7→ x + 1 Die Funktion s sei definiert als Funktion von nat¨ urlichen Zahlen in nat¨ urliche Zahlen, wobei s jedes x auf den Nachfolger von x abbildet: s(27) = 28
Aus der Algebra gel¨aufig ist folgende Notation: (15) f (x) = x + 1
Die vorgestellten Notationen sind wie Eigennamen. Was wir brauchen, sind aber kompositional analysierbare Namen f¨ ur Funktionen: Lambda-Terme. G¨ otz Keydana
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Lambda-Abstraktion Die Bildung eines Lambda-Terms aus einer beliebigen Formel heißt Lambda-Abstraktion. I
Ausgangspunkt ist eine Beschreibung, die den Wert der intendierten Funktion f¨ ur eine Variable x angibt.
I
Um den Namen der Funktion anzugeben, die auf x appliziert wird und als Wert den der Beschreibung ausgibt, abstrahieren wir u ¨ber x und bilden das Lambda-Abstrakt, einen kompositional interpretierbaren Namen.
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Ein Beispiel
(16) (a.) x + 1 (Beschreibung) (b.) λx[x + 1] (Lambda-Abstrakt) (16b.) ist kompositional interpretierbar. Der Term denotiert eine Funktion, die jedem x den Wert x + 1 zuweist.
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Notation und Terminologie
Lambda-Terme haben folgende Struktur: (17) λ Variable [Beschreibung des Werts der Variable] Der Lambda-Operator λ bindet eine Variable, die aus dem Rumpf des Lambda-Terms abstrahiert wird. Ein weiteres Beispiel: (18) λx[Autor von x]
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Skopus
In einem Lambda-Term λv [. . .] ist “[. . . ]” der Skopus von λv . Eine Variable v im Rumpf eines Lambda-Terms wird immer von dem n¨achsth¨oheren Lambdaoperator mit derselben Variable v gebunden. Beispiel z }| { (19) λx [3x + λy [y 2 + y + 1] | {z }
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Lambda-Konversion Funktionen werden auf Argumente appliziert. Der Wert eines auf ein Argument applizierten Lambda-Terms kann angegeben werden, indem die Variable, u¨ber die abstrahiert worden ist, durch das Argument ersetzt wird. Dieses Verfahren heißt Lambda-Konversion. Beispiel: (19) (a.) (b.) (c.) (d.)
λx[x + 1] (Lambda-Term) λx[x + 1](27) (funktionale Applikation) = 27 + 1 (Konversion) = 28
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Definitionsbereich Zur Angabe des Definitionsbereichs D bei Lambda-Termen gibt es 2 M¨oglichkeiten: (20) λv ∈ D[Beschreibung des Werts von v ] (21) λv hBedingung f¨ ur v i[Beschreibung des Werts von v ] Beispiel: (22) λx ∈ N[x + 1] (23) λxhx ∈ Ni[x + 1]
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Mengen als Argumente Argumente von Funktionen k¨ onnen auch Mengen (X) oder Funktionen (f) sein. Beispiel (24) λX [X ∩ {1, 2, 3}] Anwendung (25) λX [X ∩ {1, 2, 3}]({2, 3, 4}) = {2, 3} (26) λX [X ∩ {1, 2, 3}]({4, 5, 6}) = ∅ (27) λX [X ∩ {1, 2, 3}](Pynchon) = nicht definiert
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Funktionen als Argumente Beispiel (28) λf [f (3)] Anwendung (29) λf [f (3)](λx[x 2 ]) = λx[x 2 ](3) = 9 Beispiel (30) λf [f (3) + f (4)] Anwendung (31) λf [f (3) + f (4)](λx[x 2 ]) = λx[x 2 ](3) + λx[x 2 ](4) = 25
Funktionen, die Funktionen als Argumente nehmen, sind Funktionen h¨oherer Ordnung. G¨ otz Keydana
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Abstraktion und Konversion Rekursion
Funktionen als Werte Funktionen k¨onnen Funktionen als Werte ausgeben. Beispiel (32) λxλy [x 2 + y ] Die Funktion nimmt einen Wert x und liefert eine Funktion, die den Wert y nimmt und x 2 + y ausgibt. Anwendung (33) λxλy [x 2 + y ](3)(4) = λy [9 + y ](4) = 9 + 4 = 13
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
wahrheitswertige Funktionen Eine Funktion, die jedes Objekt x auf den Wert 1 abbildet, wenn es zu einer Menge A geh¨ort, und den Wert 0 ausgibt, wenn x nicht zu A geh¨ort, ist die charakteristische Funktion der Menge A, χA . (34) Sei U ein Universum und A eine Menge mit A ⊆ U, dann gilt folgende Definition f¨ ur χA : U → {0, 1}, x 7→ 1, wenn x ∈ A, x 7→ 0, wenn x ∈ /A
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
Beispiele
(35) Sei U = N, A = {1, 2}. Dann gilt: χA = {h1, 1i, h2, 1i, h3, 0ih4, 0i, . . .} (36) Sei U = der Menge der Personen, A = {x|x ist ein Schriftsteller}. Dann gilt: χ{x|x ist ein Schriftsteller} = {hPynchon, 1i, hEllison, 1i, hCaliban, 0i, . . .}
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
Lambda-Terme Charakteristische Funktionen k¨onnen als Lambda-Terme dargestellt werden. Beispiel (37) {x|x ist ein Schriftsteller} ist die Menge aller Schriftsteller. Die charakteristische Funktion dieser Menge ist λx[x ist ein Schriftsteller]. (a.) F¨ ur Pynchon ∈ {x|x ist ein Schriftsteller} schreiben wir λx[x ist ein Schriftsteller](Pynchon) = 1. (b.) F¨ ur Caliban ∈ / {x|x ist ein Schriftsteller} schreiben wir λx[x ist ein Schriftsteller](Caliban) = 0 G¨ otz Keydana
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
Der Vorteil der Funktionsnotation
I
In der Mengennotation {x| . . . x . . .} gibt es genau zwei ur jedes Objekt e: e ∈ {x| . . . x . . .} oder M¨oglichkeiten f¨ e∈ / {x| . . . x . . .}.
I
In der Funktionsnotation λx ∈ D[. . . x . . .] gibt es drei M¨oglichkeiten: e ∈ D, dann λx[. . . x . . .](e) = 1 oder λx[. . . x . . .](e) = 0 e∈ /D
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
Mengentheoretische Beziehungen und charakteristische Funktionen
(38) Seien c und d charakteristische Funktionen. Dann: (a.) c ⊆ d ist definiert, wenn DOM(c) ⊆ DOM(d). Wenn definiert, ist c ⊆ d = 1, wenn {x|c(x)} ⊆ {x|d(x)}, sonst = 0. (b.) c ⊂ d ist definiert, wenn DOM(c) ⊆ DOM(d). Wenn definiert, ist c ⊂ d = 1, wenn {x|c(x)} ⊂ {x|d(x)}, sonst = 0.
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Charakteristische Funktionen und Lambda-Terme Mengenlehre revisited
Mengentheoretische Operationen und charakteristische Funktionen
(38) cont. (c.) c ∩ d = λxhx ∈ DOM(c) ∩ DOM(d)i[x ∈ {x|c(x)} ∩ {x|d(x)}] (d.) c ∪ d = λxhx ∈ DOM(c) ∩ DOM(d)i[x ∈ {x|c(x)} ∪ {x|d(x)}] (e.) c\d = λxhx ∈ DOM(c) ∩ DOM(d)i[x ∈ {x|c(x)}\{x|d(x)}] (f.) c 0 = λxhx ∈ DOM(c)i[x ∈ / {x|c(x)}]
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Funktionen und Wortbedeutung Funktionen und Satzbedeutung
Relationen und Funktionen Die Bedeutung transitiver Verben wie lesen kann als Relation dargestellt werden. Lesen ist aber keine Funktion, da es nicht rechtseindeutig ist. Aber: Wir k¨onnen Mengen als charakteristische Funktionen darstellen. Relationen sind Mengen von Paaren. Daher: (39) JliestK = (a.) Relation: {hx, y i|x liest y } (b.) Funktion: λhx, y i ∈ {hx, y i|x ∈ Person, y ∈ Text}[x liest y ]
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Funktionen und Wortbedeutung Funktionen und Satzbedeutung
Sch¨onfinkelisierung Die elegantere Alternative: Wir reduzieren mehrstellige auf einstellige Funktionen. Das Verfahren heißt Sch¨onfinkelisierung. Beispiel (40) JliestK = λx ∈ Person[λy ∈ Text[x liest y ]]
λx ∈ Person[λy ∈ Text[x liest y ]](InvisibleMan)(Pynchon) = λx ∈ Person[x liest Invisible Man]](Pynchon) = Pynchon liest Invisible Man = 1 in w , wenn Pynchon in w Invisible Man liest.
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Funktionen und Wortbedeutung Funktionen und Satzbedeutung
Satzbedeutung und Funktionen Die Bedeutung eines Satzes Φ ist die Menge der m¨oglichen Welten, in denen Φ wahr ist. Die charakteristische Funktion dieser Menge und somit die Bedeutung von Φ ist (41) die Funktion JΦK von der Menge aller m¨ oglichen Welten W in die Menge der Wahrheitswerte {0, 1}, sodaß f¨ ur jedes w ∈ W gilt: JΦK(w ) = 1 gdw. Φ in w wahr ist, sonst 0. In Lambda-Notation: (42) JΦK = λw ∈ W [Φ = 1 in w ] G¨ otz Keydana
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