Frauen – Beruf – Karriere … (wie) geht das? Workshop 3: Welche Berufschancen haben Frauen? Wissenschaft trifft Praxis 11. Juli 2012, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg
Dr. Carola Burkert Dr. Britta Matthes
Ausgangslage: Frau - Beruf - Karriere Ursula von der Leyen: "Ich finde es nicht schlimm, dass Mädchen in Sachen Bildung an den Jungen vorbeiziehen." Berliner Zeitung, 29.09.06
Quelle: Der Spiegel, 30.01.12, S. 75
Quelle: Die Welt, 29.06.12
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Phasen des Erwerbsverlaufs
Lebensverlauf
Berufswahl
Berufseinstieg
Berufstätigkeit
Berufsausstieg
Erwerbsunterbrechungen
Auswirkungen
Geschlechtsspezifisches Berufswahlverhalten
+
unterschiedliche Karriereerwartungen von Frauen und Männern
+
Unterschiede bei Frauen und Männern - in Führungspositionen - beim Entgelt - bei Teilzeit
=
Alterssicherung
Beeinflussende Faktoren (institutionelle Rahmenbedingungen, Arbeitsmarkt- und Betriebsstrukturen, Frauen und Familienbilder u.a.)
Quelle: BMFSFJ 2011, Gleichstellungsbericht
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Agenda
Frauen und Beruf Frauen und Berufswahl Frauen in typischen Männer- und Frauenberufen
Frauen und Karriere Frauen in Führungspositionen Frauen und Entlohnung
Fazit
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Frauen und Beruf(swahl) These 1: Berufliche Bastionen von Männer und Frauen sind stabil
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Ausbildungsberufe: Begrenztes Berufswahlspektrum Die am 10 stärksten besetzten Ausbildungsberufe von Männer und Frauen, neu abgeschlossene Verträge 2010 Männer
Frauen
Kraftfahrzeugmechatroniker
18.081
Kaufmann im Einzelhandel
Koch
10.932
Med. Fachangestellte
Verkäufer
10.662
Friseurin
Elektroniker (Handwerk)
10.653
Industriekauffrau
10.272
Fachkraft für Lagerlogistik
34,7%
8.499
Kff f. Bürokommunikation
Maler und Lackierer
8.238
Hotelfachfrau
8.000
13.872 12.489 11.232
Zahnmed. Fachangest.
Kfm Groß-/Außerhandel
4.000
15.273
12.000
16.000
54,8%
10.851
Fachv. Lebensmittelhwk
8.898
0
16.776
Bürokauffrau
12.279
Anlagenmechaniker für Sanitär-,…
18.720
Verkäuferin
14.625
Industriemechaniker
Kauffrau im Einzelhandel
10.305 10.005 8.433 0
4.000
8.000
12.000
Quelle: BIBB 2012
16.000
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Veränderte Studienfachwahl? Frauenanteil (Studienanfängerinnen) nach Fachbereich 1999 und 2010 45% 50%
Insgesamt
1999 62% 64%
Kunst, Kunstwissenschaft
2010
20% 22%
Ingenieurwissenschaften
51%
Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften
66%
35% 40%
Mathematik, Naturwissenschaften
45%
Rechts, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
55% 67%
Sprach- und Kulturwissenschaften 0%
20%
40%
60%
75%
80%
Quelle: Statistisches Bundesamt 2003, 2011
100% 7
Berufe von Frauen und Männern: Weiter in getrennten Welten? Bestehende Geschlechtersegregation: Berufswahl und berufliche
Bastionen von Frauen und Männern sehr stabil im Zeitverlauf, keine neuen Muster
Segregation an sich kein Problem, aber: Typische Frauenberufe sind schlechter bezahlt Frauen haben im selben Beruf (sogar in Frauenberufen) schlechtere Karrierechancen als Männer
Zuspitzung im Erwerbsverlauf Allein unter Frauen: Kindergarten, Kaufhaus, Friseursalon Reine Männerwelten: Bau, Maschinen,Transport 8
Frauen in typischen Männerberufen These 2: Trotz guter Voraussetzungen sind Frauen im MINTBerufen stark unterrepräsentiert
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Frauenanteil in MINT-Berufen unterdurchschnittlich Frauenanteil bei sozialversicherungspflichtig beschäftigten MINT-Fachkräften, 2007 und 2011 45,3% 46,1%
Alle Berufe 18,1% 18,7%
MINT-Berufe
28,5% 32,9%
Naturwissenschaftler Technische Fachkräfte (nichtakademisch)
20,8% 21,0% 19,0% 18,1%
Datenverarbeitungsfachleute Ingenieure
2007 2011
11,1% 12,8%
Quelle: BA – Arbeitsmarktberichterstattung 2011, Statistik der Bundesagentur für Arbeit
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Frauen in MINT-Berufen: noch viel zu tun Sehr gute Voraussetzungen Starke Arbeitsmarktnachfrage im MINT-Bereich: Fachkräftebedarf zunehmende Karriereorientierung von Frauen Förderung durch Projekte wie z.B.
Gestiegene Studienanfängerinnenzahlen im MINT-Bereich Überproportional Entwicklung der Beschäftigung von Frauen in MINT Aber – nach dem Studium/der Ausbildung: MINT-Studienabbruch Stärke Betroffenheit von Arbeitslosigkeit vorherrschende „Vollzeitarbeitskultur“, die Vereinbarkeit mit einem Familienleben erschwert
Noch immer: Frauenanteil in MINT Berufen unterdurchschnittlich 11
Frauen in typischen Frauenberufen These 3: Frauen nutzen die wachsenden Beschäftigungschancen in Erziehungs- und Gesundheitsberufen – doch notwendig sind Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Entgelte
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Wirtschaftlicher Aufschwung: Erziehungs-/Gesundheitsberufe Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung insgesamt und in Erziehungs- und Gesundheitsberufen, Deutschland, Index 1999=100; Frauenanteile > 80% Insgesamt
Gesundheitsdienstberufe
Sozial- und Erziehungsberufe, Seelsorger/innen
140 130 120 % 110 100 90 80 1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Quelle: Beschäftigtenstatistik der BA; Berechnungen des IAB
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Allein unter Frauen: Erziehungs-/Gesundheitsberufe? Steigende Nachfrage von Gesundheitsleistungen (med. Fortschritt; demo. Wandel) Wirtschaftlicher Aufschwung „Zunehmende Beschäftigungschancen in „typischen Frauenberufe“ wie z.B. Erzieher/in, Gesundheits- und Krankenpfleger/in (Frauenanteil über 80%)
Steigende Erwerbsorientierung von Frauen Steigerung der Nachfrage nach Kinderbetreuung Steigerung der Nachfrage nach Erziehungsberufen
Probleme geringe Entlohnung, geringe Karrieremöglichkeiten, unattraktive Arbeitszeiten
Notwendig: Verbesserung der Rahmenbedingungen Reputation Entgelt Arbeitsbedingungen
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Frauen und Karriere These 4: Führungspositionen in der Privatwirtschaft - Frauen kommen auf den Chefetagen nicht voran
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Frauen kommen auf den Chefetagen nicht voran Frauen in Führungspositionen 2004 und 2008, Betriebe in Privatwirtschaft 42
41 Frauenanteil .... in % in der 1. Führungsebene in der 2. Führungsebene an allen Beschäftigten
35
33 25
24
2004
2008 Quelle: Kohaut/Möller 2010
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Kinder als Erwerbs- und Karrierebremse? Frauenanteile (Beschäftigte/Führungskräfte) in Betrieben der Privatwirtschaft nach Altersgruppen, 2004 (in %) % 50 40
Beschäftigte insgesamt
30
20 Führungskräfte
10 0 bis 29
30-34
35-39
40-44
45-49
50-54
Altersgruppen
55-59
ab 60
Altersgruppen Quelle: Kleinert 2006
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Frauen und Karriere These 5: Verdienstunterschiede von Männern und Frauen bleiben bestehen – trotz gleicher Qualifikation
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Je älter, desto größer der Verdienstabstand Verdienstabstand Frauen versus Männer: 23 % Westdeutschland: 24%; Ostdeutschland, 6% Verdienstabstand wächst mit dem Alter 60 Jahre und älter
29,5%
55-59 Jahre
29,1%
50-54 Jahre
27,1%
45-49 Jahre
26,4%
40-44 Jahre
25,6%
35-39 Jahre
21,2%
30-34 Jahre
14,2%
25-29 Jahre
8,5%
24 Jahre und jünger
2,0% 0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
Quelle: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2009
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Eine erste Erklärung: Ursachen für die Entgeltungleichheit horizontale Segregation Frauen „fehlen“ in bestimmten (besser bezahlten) Berufen
vertikale Segregation Frauen „fehlen“ auf höheren Führungsebenen
familienbedingte Erwerbsunterbrechungen/Arbeitszeitreduzierungen Männer realisieren in dieser Zeit Verdienstzuwächse
Lohnfindung typische Frauentätigkeit werden schlechter bewertet trotz individueller und kollektiver Lohnverhandlungen – frauendominierte Tätigkeiten in sozialen Bereichen sind niedriger eingruppiert als die männerdominierten im technischen Bereich
teilweise werden v.a. Frauenarbeitsplätze von Tarifverträgen nicht mehr erreicht 20
Schieflage bleibt erhalten – trotz gleichen Beruf und Qualifikation Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern in Westdeutschland 2006, in % Gesamt
gleiche Qualifikation/ gleiches Alter
gleiche Qualifikation/ Alter/Beruf/ Betrieb
0 -5 12 %
-10 17 %
-15 -20
23 %
-25 -30 Quelle: Gartner/Hinz 2009
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Fazit Frau – Beruf – Karriere…(wie) geht das? Ja, das geht – aber wie erwartet! Alte Muster der Berufswahl: Frauen nutzen Bildungsgewinne bei Berufswahl zu wenig Alte Muster der Karriere: Kaum auf Chefetagen, Verdienstunterschiede
Zielsetzung Chancengleichheit gleicher Lohn für gleiche Arbeit
Verstärkte Sensibilisierung von Frauen bei Berufs- und Studienwahl erfolgreicher Abstimmungsprozess zwischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (Chancen, Entlohnung, etc.) und eigenen Bedürfnissen/ Interessen
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Kontakt
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Literatur
Achatz, Juliane; Gartner, Hermann; Glück, Timea (2005): Bonus oder Bias? Mechanismen geschlechtsspezifischer Entlohnung. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 57(3), 466-493
Althoff, Jörg; Brück-Klingberg, Andrea; Dietrich, Ingrid (2012): Frauen in MINT-Berufen. Forum 2/2012 (im Erscheinen)
Bundesagentur für Arbeit – Arbeitsmarktberichterstattung (2011): Kurzinformation Frauen und MINT-Berufe. Nürnberg
Bundesinstitut für Berufsbildung (2012): Schaubilder zur Berufsbildung. http://www.bibb.de/de/10274.htm
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2011): Neue Wege – Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf. Erster Gleichstellungsbericht. Berlin
Bundesagentur für Arbeit (2010). abi extra>> female. http://www.abi.de/data/PrintEdition/59/abi_female_screen_2010.pdf
Gartner, Hermann; Hinz, Thomas (2009): Löhne von Frauen und Männern. In Schieflage. IAB-Forum 1/2009, http://doku.iab.de/forum/2009/Forum1-2009_Gartner_Hinz.pdf
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2009): Entgeltungleichheit zwischen Männer und Frauen in Deutschland. Dossier. Berlin.
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Literatur
Kleinert, Corinna (2006): Frauen in Führungspositionen: Karriere mit Hindernissen. (IAB-Kurzbericht, 09/2006), Nürnberg
Kohaut, Susanne; Möller, Iris (2010): Führungspositionen in der Privatwirtschaft: Frauen kommen auf den Chefetagen nicht voran. (IAB-Kurzbericht, 06/2010), Nürnberg
Matthes, Britta; Biersack, Wolfgang (2009): Frauenberufe Männerberufe. Karten neu gemischt. IAB-Forum 1/2009, doku.iab.de/forum/2009/Forum1-2009_Biersack_Matthes.pdf
Solga, Heike; Pfahl, Lisa (2009): Doing Gender im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich. WZB-Discussion Paper SP I 2009-502, http://www.wzb.eu/bal/aam/pdf/2009-502_solga-pfahl.pdf
Statistisches Bundesamt (2010): Berufe von Frauen und Männern: Weiter in getrennten Welten? https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/Arbeitsmarkt/Aktuelles/BerufeMaennerFrauen. html
Statistisches Bundesamt (2011): Bildung und Kultur. Studierende an Hochschule Wintersemester 2010/11,. Fachserie 11, Reihe 4.1.
Statistisches Bundesamt (2011): Bildung und Kultur. Studierende an Hochschule Wintersemester 2003/2004,. Fachserie 11, Reihe 4.1.
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