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Fokus Europa Verwaltungszusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland Dr. Stefan Seidendorf Deutsch-Französisches Institut (dfi) 18. März 2015
Überblick • Der Elysee-Vertrag als Auslöser eines pfadabhängigen Prozesses • Institutionalisierte Kooperation und permanente Kompromissfindung: der deutsch-französische und der europäische Politikzyklus • Instrumente der Verwaltungskooperation: Beamtenaustausch, Weiterbildungsseminar, gemeinsame Arbeitseinheit, gemeinsamer Studiengang • Wirkung der institutionalisierten Kooperation: Sozialisierung, gemeinsame Kooperationsnormen
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Der Elysee-Vertrag als Auslöser eines pfadabhängigen Prozesses
1963: Der Elysee-Vertrag als "Minimalkompromiss"
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1963-2015: Der Elysée-Vertrag als pfadabhängiger Prozess Teilnehmer
Häufigkeit der Treffen
Staats- ums Regierungschef
Alle 6 Monate
Außenminister
Alle 3 Monate
Politische Direktoren
jeden Monat
Verteidigungsminister
Alle 3 Monate
Generalstabschefs
Alle 2 Monate
Erziehungs- u Bildungsminister
Alle 3 Monate
Familien- u Jugendminister
Alle 2 Monate
Analyse: warum "funktioniert" der Vertrag?
Langfristige Wirkung in drei1 Bereichen: 2
• Institutionalisierung eines deutsch-französischen Politikzyklus (Politik, Außen-, Bildungs- und Jugendpolitik, Verteidigung und Wirtschaft & Finanzen) • Organisation der deutsch-französischen Zivilgesellschaft (Städtepartnerschaft, Jugendaustausch, Bildungs- und Hochschulwesen) mit Zugang zur / Einfluss auf die politische Ebene • Normative Begründung der deutsch-französischen Aussöhnung Entwicklung eines Narrativ und gemeinsamer Symbolik 13
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Erklärung: Wirkungsweise des "deutschfranzösischen Politikzyklus" • Standardisierung von Verhalten, Entwicklung von Praktiken und Routinen • Bildung von Netzwerken, Sozialisierung von Akteuren • Sinngebung, Schaffung von gemeinsamen Deutungen Dauer und Stabilität offizieller Beziehungen: über 50 Jahre einer immer engeren Beziehung
Teilnehmer an DFJW-Programmen / Jahr
300000
Other nat. French German
225000
150000
75000
0
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Elysée-Vertrag als selbstverstärkender Mechanismus
Zivilgesellschaftliches Engagement
Institutionalisierte Kooperation und permanente Kompromissfindung Der deutsch-französische und der europäische Politikzyklus
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Der deutsch-französische und der europäische Politikzyklus Teilnehmer
Häufigkeit der Treffen
Teilnehmer
Häufigkeit der Treffen
Staats- und Regierungschef
Alle 6 Monate
Staats- und Regierungschef (Europäischer Rat)
Alle 3 Monate (März, Juni, September, Dezember)
Außenminister
Alle 3 Monate
Außenminister (Rat Allgemeine Angelegenheiten, Auswärtige Angelegenheiten)
Jeden Monat
Politische Direktoren
jeden Monat
Botschafter / Ständige Vertreter (AStV und PSK)
1-2mal / Woche (AStV) 2mal / Woche (PSK)
Verteidigungsminister
Alle 3 Monate
Verteidigungsminister
Alle 3 Monate
Generalstabschefs
Alle 2 Monate
Milit. Verbindungskommitee
ständig
Wirtschafts- und Finanzminister
Alle 3 Monate
Euro-Gruppe
nach Bedarf
Erziehungs- u Bildungsminister
Alle 3 Monate
Familien- u Jugendminister
Alle 2 Monate
Institutionalisierung politischer Kooperation und Pfadabhängigkeit
Juli 1967
• 10. Gipfel (5. Geburtstag) Einsetzung von „Koordinatoren der d-f Beziehungen“ (Institutionalisierung)
Jan 1988
• 50. Gipfel (25. Geburtstag) D-F Sicherheits- und Verteidigungsrat, D-F Finanz- und Wirtschaftsrat (Gemeinsame Sitzungen der Verteidigungsminister, Finanz- und Wirtschaftsminister)
Jan 2003
• 100. Gipfel (50. Geburtstag) D-F „Ministerräte“ (gemeinsame Kabinettssitzungen)
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Instrumente der Verwaltungskooperation
Beamtenaustausch, Weiterbildungsseminare, gemeinsame Arbeitseinheit, Studiengang
Verschränkung und Koordination der Verwaltungen: Außenministerien und deutsch-französischen Zusammenarbeit
Ministère des Affaires étrangères et européennes Frankreich
Außenministerium Deutschland
Außenminister Laurent Fabius
Außenminister Frank-Walter Steinmeier
Europaminister / secrétaire général pour la coopération franco-allemande Harlem Désir
Europaminister / Generalsekretär für deutsch-französische Zusammenarbeit (Staatsminister im AA) Michael Roth
Secrétaire général adjoint pour la coopération franco-allemande Dr. Sven Mossler
Stellv. Generalsekretär für d-f Beziehungen Marc Serviès
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Gemeinsamer Studiengang "Master of European Governance and Administration" (MEGA) "Europäisch denken und handeln lernen" 2003 (40. Geburtstag) von Präsident Chirac und Bundeskanzler Schröder initiiert, 2005 begonnen, seit 2013 berufsbegleitend und über 2 Jahre • Gemeinsames Qualifizierungsprogramm für Angehörige des höheren Dienstes beider Staaten (und weiterer Länder und Branchen): Vermittlung von Kompetenzen zur "zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im europäischen Kontext" • Gemeinsames Master-Diplom (Joint Degree der Deutsch-Französischen Hochschule), der Universitäten Potsdam, Humboldt, Pantheon-Sorbonne, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, koordiniert von ENA und BAKÖV
• MEGA-Webseite: In der Erklärung des Deutsch-Französischen Ministerrats anlässlich des 50. Jahrestags des Élysée-Vertrages vom 22. Januar 2013 wird MEGA als wichtiges Fortbildungsprojekt für deutsche und französische Beamte explizit aufgeführt
Deutsch-Französischer Finanz- und Wirtschaftsrat Zusammensetzung, Aufgaben und Ziele Erweiterung des Elysée-Vertrag 1988 (25. Geburtstag / 50. Gipfel) um ein Protokoll: Einführung des Deutsch-Französischen Finanz- und Wirtschaftsrats (dasselbe im Verteidigungssektor)
Mit der Zielsetzung einer möglichst weitgehenden finanz- und wirtschaftspolitischen Abstimmung zwischen Frankreich und Deutschland (Art. 1 Gründungsprotokoll) beraten sich die Minister für Finanzen und Wirtschaft, der Präsident der Deutschen Bundesbank sowie der Gouverneur der Banque de France (Art. 2) laut Protokoll viermal im Jahr (Art. 3). De facto finden jährlich je zwei Treffen auf Minister- und zwei Treffen auf Staatssekretärsebene statt. Der DFFWR berichtet der deutschen und der französischen Regierung über seine Tätigkeit (Art. 3) und veröffentlicht Presseerklärungen und Empfehlungen im Rahmen seines Aufgabenfeldes (Art. 4). Dies umfasst im Wesentlichen die Erörterung der Grundlinien der beiden nationalen Haushalte, der Wirtschafts- sowie der Währungspolitik beider Länder.
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Verwaltungskooperation in den Finanzministerien Das Deutsch-Französische Seminar (seit 1999 - 25. DFFWR im November 1999) Ziel der gemeinsamen Fortbildung ist es, die Kenntnisse über die Organisations- und Ablaufstrukturen der Finanzverwaltung des Partnerlandes, den Austausch zu finanz- und wirtschaftspolitischen Themen sowie die Netzwerkbildung zwischen den Beamten beider Ministerien zu fördern. Dazu wählen beide Seiten etwa zehn Nachwuchsführungskräfte des höheren Verwaltungsdienstes aus, die bereits über fortgeschrittene Kenntnisse der Sprache des Partnerlandes verfügen und deren Tätigkeit europäische oder internationale Bezüge aufweist. Während eines rund zweijährigen Seminarzyklus kommen die Teilnehmer zu vier mehrtägigen Treffen zusammen. Der Austausch erfolgt im Rahmen von deutschfranzösischen Tandems und Gruppenarbeiten, die in Referaten, Diskussionsrunden, Rollenspielen und Verhandlungssimulationen münden. Ergänzend finden Vorträge externer Referenten sowie Kamingespräche mit hochrangigen Gastrednern aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft statt; auch Besuche bei wichtigen politischen und wirtschaftlichen Institutionen sind Bestandteil des Programms. 17
Bilaterale Beamtenkooperation in den Finanzministerien
Das Beamtenaustauschprogramm (seit 1999) Beide Finanzministerien entsenden jeweils ein bis zwei Austauschbeamte, die die Partnersprache verhandlungssicher beherrschen, für eine Dauer von maximal zwei Jahren in die andere Behörde. Seit 2001 haben "insgesamt 32 Beamtinnen und Beamte (jeweils hälftig aus Deutschland und Frankreich)" an dem Programm teilgenommen. Idealerweise wird ein Austauschbeamter vollständig und gleichberechtigt in die ihn aufnehmende Abteilung integriert, indem er wie seine Kollegen ein Aufgabenfeld abdeckt, interne Dokumente verfasst, an Arbeitssitzungen teilnimmt etc. So einbezogen, gewinnt er Einblicke in die dortigen Abläufe, und mit der Zeit das Vertrauen seines neuen institutionellen Umfeldes. Die im Rahmen dieser zahlreichen direkten Vertrauensverhältnisse gesammelten individuellen Erfahrungen bringen in der Summe und mit der Zeit intime Kenntnisse der beiden Ministerien übereinander hervor.
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Bilaterale Beamtenkooperation in den Finanzministerien
Die gemeinsame Arbeitseinheit Beide Ministerien haben eine gemeinsame, deutsch-französische Arbeitseinheit. Sie ist in die nationalen Organigramme der beiden Ministerien integriert. Ihr Ziel ist die Verfassung gemeinsamer Analysen und Stellungnahmen sowie die Koordination gemeinsamer Aktivitäten der Ministerien, besonders im Vorfeld der Sitzungen der Euro-Gruppe Die gemeinsame Arbeitseinheit dient der Schaffung eines institutionellen Rahmens für den interministeriellen Austausch
DFFWR: Selbstverstärkender Mechanismus
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Wirkung der institutionalisierten Kooperation
Sozialisierung, Lerneffekte, gemeinsame Kooperationsnormen
Soziologischer Institutionalismus Institutionen verändern Identitäten von Akteuren
Soziale Mechanismen
• Ihre Auffassung von "angemessenem Verhalten"
- Lerneffekte
• Ihre Auffassung von "Normalität" • Ihr Kooperationsverhalten
- Sozialisierungseffekte
- Entwicklung einer Gemeinschaftsnorm 22
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Erwartung an institutionalisierte Kooperation • Die Beamten erfahren "Sozialisierungseffekte" und "Lerneffekte" • Es entwickeln sich "Gemeinschaftsnormen", wie die beiden Verwaltungen miteinander kooperieren
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Forschungsprojekt mit Teilnehmern der Kooperationsprogramme
Die Deutsch-Französische Kooperationsnorm Im Rahmen der institutionalisierten Kooperation entwickelt sich eine normative Ordnung, in der sich die Akteure beider Seiten an einem Set von gemeinsam entwickelten Werten, Verhaltens- und Bedeutungsmustern orientieren. Diese "Spielregeln" reduzieren Komplexität zwischen den Kooperationspartnern (Staaten), indem sie "normale" bzw. "legitime" Erwartungen an das Denken und Handeln der Kooperationsträger definieren
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Forschungsprojekt mit Teilnehmern der Kooperationsprogramme
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Fazit: das Getriebe der Kooperation Institutionen, Praktiken, Sinngebung Vertragliche Fixierung eines (Politik-)prozesses, gekennzeichnet durch • Auf lange Dauer angelegte Kooperation: • führt zur Herausbildung von Routinen, Praktiken, erwartbarem Verhalten => reduziert Unsicherheit, schafft Vertrauen
• führt zu Pfadabhängigkeiten => einfacher und kostengünstiger, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. • Sozialisierung im Rahmen der zunehmend geschaffenen Kooperationsinstanzen • Betrifft zunächst die politische- und Leitungsebene, zunehmend auch die Führungs- und Verwaltungseben => "institutionalisierte Kooperation" wird nicht mehr in Frage gestellt, erscheint als "normal"
• Schafft gemeinsame Normen und Bedeutung (meaning), die als soziale Ressourcen zur Verfügung stehen => wie geht man (normalerweise) miteinander um, wie kommt man zu gemeinsamen Ergebnissen Interdependenz (gegenseitige Abhängigkeit), gemeinsame (sektorielle) Interessen, häufig übergreifend Schwer zu verändern oder aufzugeben: Partikularinteressen, Gewohnheiten (kurzfristig) hohe Kosten, geringer politischer Nutzen
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Deutsch-Französisches Institut, seit 1948
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