Flucht, Zuwanderung, Integration

Flucht, Zuwanderung, Integration Beschlüsse des außerordentlichen Stadtparteitages der SPD Leipzig Leipzig, 25. Juni 2016 www.spd-leipzig.de SPD-St...
Author: Karin Seidel
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Flucht, Zuwanderung, Integration Beschlüsse des außerordentlichen Stadtparteitages der SPD Leipzig Leipzig, 25. Juni 2016

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SPD-Stadtverband Leipzig Außerordentlicher Stadtparteitag 25. Juni 2016

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Beschluss 01 Einreicher:

Stadtvorstand (Kernantrag K 01)

Leipziger Aktionsplan Integration Vorbemerkung: Wir wollen, dass Integration gelingt Der starke Zuzug von Flüchtlingen in den letzten anderthalb Jahren hat die Kommunen und auch die Stadt Leipzig bei der „Ersthilfe“ für Flüchtlinge, ihrer Unterbringung und Versorgung, vor große Herausforderungen gestellt und die Grenzen der Leistungsfähigkeit sichtbar werden lassen. Ohne das ehrenamtliche Engagement einer breiten Zivilgesellschaft wie z. B. hier bei uns in Leipzig wäre vielerorts ein Engpass entstanden. Besonders die letzten Monate machen aber ebenso deutlich, dass trotz der Offenheit und Hilfsbereitschaft die andauernde Belastung auch in Leipzig nicht spurlos an der Bevölkerung vorbeigeht, Befürchtungen und Ängste auslöst. Wir wissen, dass es Menschen gibt, die Überschaubarkeit und Berechenbarkeit fordern. Menschen, denen die neuen Herausforderungen große Sorgen bereiten. Menschen, die Verlustängste quälen. Diese Menschen schreiben wir nicht ab. Wir wollen sie mit Informationen und im Gespräch als Teil unserer Stadtgesellschaft dafür gewinnen, zum Gelingen der Integration in Leipzig aktiv beizutragen. Gelingende Integration wird, davon sind wir überzeugt, zu einem Mehr an Überschaubarkeit führen und Verunsicherungen abbauen. Den ideologischen Scharfmachern an den gesellschaftlichen Rändern, die jedoch Verunsicherung für ihre Zwecke missbrauchen, werden wir eine klare Absage erteilen, indem wir als Leipzigerinnen und Leipziger selbstbewusst Gesicht zeigen für eine pluralistische Stadtgesellschaft – und indem wir politisch und gesellschaftlich vorausschauend handeln. Vorausschauend zu handeln heißt auch anzuerkennen, dass sich Gesellschaft verändert und weiter verändern wird. Und dass es auf dem Weg dorthin Konflikte geben wird. Entscheidend ist, dass alle Beteiligten – diejenigen, die bereits hier leben, ebenso wie die, die neu hinzukommen – sich in ihrem Werben für ihre jeweiligen Haltungen und Werte an die bestehenden Regeln der gesellschaftlichen Auseinandersetzung halten und die grundgesetzlich garantierten individuellen Rechte und Pflichten respektieren. Die Ablehnung von Rassismus zeichnet sozialdemokratisches Handeln aus; deshalb werden wir im stetigen Gespräch mit den Leipzigerinnen und Leipzigern für eine gelingende Integration werben. Das Engagement gegen fremdenfeindliche Tendenzen und radikale Intoleranz ist hierfür ebenso wesentlich wie das Schaffen einer offenen und kommunikativen Umgebung. Denn ohne Begegnungen, ohne gemeinsame Gespräche und ohne ein Zusammenkommen wird Integration als eine der größten Herausforderungen unseres Gemeinwesens schlicht und einfach unmöglich sein. Integration ist keine Einbahnstraße. Wir brauchen für ihren Erfolg den Einsatz der gesamten Gesellschaft. Für uns heißt das konkret: Chancen zu öffnen für diejenigen, Seite 1 von 23

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die neu zu uns kommen, bedeutet immer auch, Chancen zu öffnen für die, die bereits hier leben. Unser politischer und unser ideeller Anspruch als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es, keinen Menschen zurückzulassen. Hierfür dürfen und müssen wir von allen die Bereitschaft erwarten, den gesellschaftlichen Grundkonsens, wie er in den Artikeln 1 bis 20 unseres Grundgesetzes als Wertekanon definiert ist, für sich anzuerkennen und mit dem eigenen Leben zu vereinbaren. Gleichberechtigte Teilnahme und Teilhabe an unserer Gesellschaft ist grundsätzlich nicht nur mit Rechten, sondern auch mit Pflichten verbunden. Damit die zu uns kommenden Menschen diese Rechte und Pflichten von Anfang an kennen, ist es notwendig, ihnen die zentralen Regeln in ihrer Landessprache zugänglich zu machen. Zugleich müssen wir uns als Mitglieder der Aufnahmegesellschaft auch klar darüber werden, dass Integration Zeit braucht, um zu gelingen. Und wir müssen uns bewusst werden, dass sie auf mittlere Sicht unser bisheriges gesellschaftliches Zusammenleben verändern wird. Wir haben es gemeinsam in der Hand, diese Veränderung positiv zu gestalten. Als SPD werden wir unseren Beitrag dazu leisten – nicht naiv, aber zuversichtlich und zukunftsfroh. Gelingende Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt gehören für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zusammen. Für beide braucht es Solidarität. Solidarität aller - über ethnische, religiöse, soziale und kulturelle Grenzen hinweg. Steigende ethnische ebenso wie steigende religiöse, soziale oder kulturelle Vielfalt fordert den Zusammenhalt einer Gesellschaft ebenso heraus wie sie die Solidarität jedes Einzelnen auf die Probe stellen kann. Rasante gesellschaftliche Veränderungen können die Grundlagen gesellschaftlichen Zusammenhalts gefährden und solidarisches Gemeinwesen schwächen. Diese Schwächung werden wir nicht zulassen. Wir wollen daher vor Ort in unserer Stadtgesellschaft Ausgrenzung und Entsolidarisierung entgegenwirken und alles dafür tun, unser solidarisches Gemeinwesen zu stärken. Eine erfolgreiche Integration, das ist unsere feste Auffassung, wird am Ende eine Bereicherung für uns als Stadtgesellschaft darstellen. Durch sie werden neue Erfahrungen ein- sowie neues Wissen mitgebracht. Eine wachsende Stadt wie die unsere wird hierdurch gewinnen – wirtschaftlich und kulturell. 1. Unser Fokus: Die Kommune Die Ursachen, Herausforderungen, doch auch die Chancen und Möglichkeiten der verstärkten Zuwanderung nach Deutschland wurden in den letzten Monaten intensiv diskutiert. Dabei standen für viele zunächst die immensen Herausforderungen im Vordergrund, die sich mit dem rasch anwachsenden Zuzug so vieler Menschen verbinden. Menschen mit unterschiedlichsten ethnischen Hintergründen, Religionen, Sprachen, den verschiedensten Gesellschaftsformen, in denen sie aufgewachsen sind, und den unterschiedlichen Bildungssystemen, die sie durchlaufen haben. Im Jahr 2015 wurden über 4.200 asylsuchende Personen durch die Stadt Leipzig aufgenommen. Ende Dezember 2015 lebten etwas mehr als 5.300 Personen in Leipzig, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhielten. Hinzu kommen die Menschen, deren Antrag auf politisches Asyl bereits positiv entschieden wurde. Auch Seite 2 von 23

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wenn eine konkrete Prognose der Zuweisungen von Flüchtlingen für 2016 noch nicht vorliegt, ist, wenn man die aktuellen Zuweisungszahlen fortschreibt, davon auszugehen, dass bis Ende 2016 deutlich weniger Flüchtlinge nach Leipzig kommen. Für Leipzig öffnet diese Entwicklung Möglichkeiten, sich stärker der Aufgabe der Integration zuzuwenden, da personelle, strukturelle, aber auch politische und finanzielle Kapazitäten, die sich bisher primär auf die Herausforderungen der „Erstaufnahme“ konzentrierten, hierdurch frei werden. Dabei ist klar: Leipziger Kommunalpolitik wird keine Bundes- und Landesgesetze ändern. Erst recht können wir die Bürgerkriegssituation in Syrien, im Irak oder in Afghanistan nicht auflösen. Jede und jeder kann eine Meinung dazu haben, wie in der Zukunft in diesen Ländern eine Veränderung erreicht werden kann – entsprechende Maßnahme umzusetzen liegt jedoch außerhalb dessen, was Stadtpolitik zu beeinflussen vermag. Allerdings hat Stadtpolitik die Möglichkeit, praktische Erfahrungen bei der Umsetzung von Integrationsmaßnahmen an die Ebene der Landes- oder Bundesgesetzgebung rückzukoppeln. Wir wollen bei der kommunalen Integrationspolitik Leipzigs diese Rückkopplung bestmöglich ausschöpfen, um die Effektivität lokaler Integrationsarbeit zu steigern und Hürden abzubauen, die durch bestehende, unter anderen Maßgaben geschaffene Regelungen entstanden sind. Oder, wie es Sigmar Gabriel treffend formulierte: „Unser Job ist es, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Geld zur Verfügung zu stellen. Die Integration findet vor Ort statt.“ (1). In diesem Zusammenhang wird auch die Finanzierung eine Frage sein, der wir uns als Stadt und Stadtgesellschaft ehrlich stellen müssen. Geldmittel, und insbesondere die der Stadt Leipzig, sind begrenzt und müssen daher nicht nur effizient, sondern v. a. effektiv eingesetzt werden. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten werden wir nicht zulassen, dass die verschiedenen Flüchtlingsgruppen (Asylbewerberinnen und Asylbewerber, Geduldete, Asylberechtigte) gegeneinander ausgespielt werden. Wir werden uns aber dem nicht verschließen, unser politisches Augenmerk auf Maßnahmen zu richten, die langfristig der Integration in Leipzig zugutekommen werden. Integration kostet Geld. Und wir werden, wenn wir ehrlich diskutieren, auch in Leipzig nicht umhinkommen, über die Neu- und Umverteilung öffentlicher Mittel zu sprechen. Diese Debatte ist so notwendig wie sie unvermeidlich ist. Am Ende wird der Stadtrat abwägen und Entscheidungen treffen müssen, die auch von breiten Kreisen der Bevölkerung getragen werden. Einer Neiddebatte, die vermeintlich oder tatsächlich begründet Leipzigerinnen und Leipziger gegen Flüchtlinge aufbringt, müssen wir als verantwortliche Stadtpolitik von Anfang an entgegenwirken. Erfolgreiche Integration braucht eine auskömmliche finanzielle Grundlage. Deshalb setzen wir uns auch dafür ein, dass von der Bundesregierung und der Landesregierung sichergestellt wird, dass Leipzig wie auch alle anderen Kommunen ausreichende

„Integration jetzt!“ 3. Kommunalkonferenz zur Flüchtlingspolitik der SPD Bundestagfraktion, Berlin, 25.2.2016 Seite 3 von 23

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finanzielle Mittel erhält, um eine erfolgreiche Integrationsarbeit durchführen zu können. Die Finanzierung der kommunalen Aufgaben der Integration darf dabei nicht zu Lasten anderer Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge erfolgen. Was wir ebenfalls nicht nur beeinflussen können, sondern müssen, ist, konkrete Lösungen für eine wachsende Stadt zu finden. Wir wollen die Fehler, die in vielen bundesdeutschen Großstädten in den 1970er- und 1980er-Jahren gemacht wurden und vielerorts zu einer Ghettoisierung der damaligen Neubürgerinnen und Neubürger führten, nicht wiederholen. Daneben denken wir Migration im Ganzen: Bisher konzentrierte sich die Diskussion über Integration und Integrationsmaßnahmen aufgrund der starken öffentlichen Aufmerksamkeit vor allem auf Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen. Wenn wir für Leipzig Überlegungen anstellen und im Folgenden integrative Handlungsmaßnahmen diskutieren, schließt das weitgehend auch jene Menschen ein, die anders als auf dem Wege der Flucht in die Bundesrepublik einwandern. Deutschland ist ein Zuwanderungsland. Für wachsende Städte wie Leipzig bedeutet das in der nunmehr eingetretenen Intensität eine ganz neue Herausforderung. Die letzten Monate, in denen sowohl die Stadtverwaltung als auch die Menschen in der Stadt Großartiges geleistet haben, zeigen jedoch, dass wir als Stadtgesellschaft in der Lage sind, diese Herausforderung auch zu stemmen. Für uns gilt dabei: Wir müssen und wir wollen uns dieser Herausforderung stellen – und wir wollen dabei auch erfolgreich sein! 2. Neu denken für den Erfolg Für uns ist entscheidend, dass die neu zu uns kommenden Menschen ihr Leben in Eigenverantwortung gestalten können und dass sie dazu befähigt werden, selbstbestimmte Mitglieder unserer Gesellschaft zu werden, das heißt, sich entsprechend ihrer eigenen Fähigkeiten und Vorstellungen zu entfalten und – bei aller solidarischen Unterstützung – auch die letztendliche Eigenverantwortung für die Gestaltung ihrer Zukunft anzuerkennen. Wenn wir Menschen respektieren, müssen sie ihr Leben in die Hand nehmen können und wollen. Dieses Leitbild gilt für alle. Das Leben in die Hand nehmen zu können setzt auch voraus, dass die Stadtgesellschaft dies zulässt. Die Erfahrung zeigt, dass viele der in den vergangenen Jahren geschaffenen Regeln, die zunächst Verlässlichkeit und Klarheit brachten, zu häufig die zu uns Kommenden zu Bittstellern werden lassen und von vornherein Eigeninitiative unterbinden. Als Leipziger Stadtpolitik können wir keine Regeln außer Kraft setzen, aber wir haben die Verpflichtung, unsere Kompetenzen so auszuschöpfen, dass Entscheidungen des Bundes oder des Freistaates, die von Rechts wegen getroffen werden müssen, tatsächlich rasch getroffen und auch umgesetzt werden. Menschen brauchen Rechtssicherheit. Eine zentrale Aufgabe der Stadtverwaltung wird es deshalb künftig auch sein, in enger Zusammenarbeit mit dem Freistaat dafür die entsprechende behördliche und Infrastruktur zu entwickeln und vorzuhalten. Leipzig ist eine handlungsfähige Seite 4 von 23

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Kommune, die nicht durch organisatorische Überforderung in der Frage von Flucht und Zuwanderung diese Handlungsfähigkeit einbüßen darf. Das muss auch im Interesse des Landes Sachsen liegen. Doch nicht nur als Stadtverwaltung, sondern als gesamte Stadtgesellschaft benötigen wir die Bereitschaft, zielgerichtete Veränderungen vorzunehmen, flexibler zu sein und auch unkonventionelle Lösungen zu finden. Als einer der herausragenden Sozialdemokraten unserer Zeit genoss Helmut Schmidt nicht zuletzt auch deshalb eine solch hohe Anerkennung bei vielen Menschen, weil er sich in seinem Leben immer wieder als Krisenmanager bewährte. Als jemand, der zupackt, der macht. „Der politische Zustand, in dem er zum Leuchten kam, war die Krise“, beschrieb ihn Stefan Reinicke in seinem Nachruf.2 Handlungsfähigkeit in krisenhaften Zeiten zu bewahren ist eine Stärke beim Umgang mit ungemein wandelbaren und kaum zu berechnenden Herausforderungen. Dafür brauchen wir eine Beweglichkeit in der öffentlichen Verwaltung sowie die Bereitschaft zur kritischen Überprüfung und ggf. Abkehr von Vorgehens- und Denkweisen, die der neuen Herausforderung nicht mehr gerecht werden. Dabei geht es nicht allein um die effektivere Gestaltung von Strukturen oder Abläufen. Es geht zuallererst darum, Dinge auf den Prüfstand zu stellen, die wir nicht primär geschaffen haben, weil sie gebraucht wurden, sondern weil wir sie uns leisten konnten. Die Verwaltung muss hierfür im rechtlich möglichen Rahmen Handlungs- und Ermessensspielräume offensiv nutzen. Leitende Angestellte müssen dabei mit gutem Beispiel vorangehen und Mitarbeiter dazu motivieren, den rechtlichen Rahmen auszuschöpfen; die Offenheit und Gesprächsbereitschaft der Leipzigerinnen und Leipziger für die Aufnahme und Integration neuer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die aus anderen Kulturen stammen und die nicht nur eine andere Sprache sprechen, sondern häufig auch andere Erfahrungen haben, anders sozialisiert wurden; die Bereitschaft zur Abkehr von stereotypen Denkmustern. Die Aufklärung von Vorurteilen wie auch die Richtigstellung von Fehlinformationen sind grundlegend, denn die Verklärung von Flüchtlingen schadet beim Meistern der Herausforderungen ebenso wie Intoleranz und Ablehnung gegenüber allem Fremden; auf Seiten aller neu zu uns kommenden Menschen das Verständnis, dass sie ihr Leben in einer für sie neuen Kultur mit zum Teil anderen Werten und Wertvorstellungen aufbauen werden; den Willen aller potentiellen Neubürgerinnen und Neubürger, ihr Leben und ihre Zukunft in die eigene Hand zu nehmen, ebenso wie die Bereitschaft der

Der Deutsche – Nachruf auf Helmut Schmidt (http://www.taz.de/!5250053/) Seite 5 von 23

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Stadtgesellschaft, sie dabei zu unterstützen und ihnen diese Freiheit auch zu geben; den Willen aller Seiten, voneinander zu lernen, die Lebens- und Erfahrungswelten aller Beteiligten zu akzeptieren und sie als gegenseitige Bereicherung zu begreifen. Dies geschieht am besten durch Begegnung und dadurch, miteinander statt übereinander zu reden. Bei den vor uns liegenden Aufgaben verlassen wir uns als SPD nicht nur auf hauptamtliches und ehrenamtliches Engagement der Leipzigerinnen und Leipziger, sondern wir setzen auch mit einigem Zutrauen auf die aktive Mitarbeit der zu uns gekommenen Menschen, darunter viele, die es geschafft haben, mit nicht viel mehr als dem, was sie am Leibe tragen, tausende von Kilometern zu fliehen. Sie zeichnet nicht nur ein starker Lebenswillen aus, sondern auch der Antrieb, sich und ihren Familien eine Zukunft zu ermöglichen. Öffnen wir ihnen diese Chance. Oft sind sie in der Lage, selbst Hand anzulegen, sich ehrenamtlich zu engagieren oder andere zu unterstützen. Dieses Potenzial abzurufen ist so sinnvoll wie es notwendig ist. Denn gesellschaftliche Verantwortung tragen wir alle gemeinsam. Ein Beispiel hierfür ist das Programm „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“, mit dem bis zu 10.000 neue Stellen im Bundesfreiwilligendienst geschaffen werden, die auch mit Flüchtlingen besetzt werden können. 3. Der Aktionsplan Um Integration in Leipzig voranzubringen, stoßen wir als Leipziger SPD folgende konkrete, parallel verlaufende und aufeinander aufbauende Einzelmaßnahmen an:

Bereich 1: Sprache und Bildung

Der Erwerb von Sprachkenntnis ist die zentrale Voraussetzung für gelingende Integration. Dies bekräftigt u. a. auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig, die in einer hauseigenen Befragung ermitteln konnte, dass Unternehmen der Region durchaus bereit sind, Asylbewerberinnen und Asylbewerber ebenso wie Asylberechtigte einzustellen, sofern diese sprachliche Mindestvoraussetzungen des Deutschen erfüllen. Wir werden deshalb vor Ort die Volkshochschule (VHS) und andere Bildungsträger unterstützen, damit sie ihr Angebot von Sprachkursen ausbauen und qualitativ sichern können. Dabei steht fest: Sprachausbildung ist kein Monopol und bedarf unterschiedlicher Akteure. Wir fordern die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat auf, sich für folgende Punkte einzusetzen: 1) Wir brauchen die stärkere Wertschätzung der Arbeit von Dolmetscherinnen und Sprachmittlern, von Sprachenlehrerinnen und -lehrern. Derzeit arbeitet der große Teil dieser Fachkräfte auf Honorarbasis oder mit Quartalsverträgen. Die wirtschaftliche Unsicherheit führt zu Demotivation, hohen Fluktuationsraten und damit fehlender Kontinuität. Seite 6 von 23

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Wir erwarten von der Stadt Leipzig in dem Zusammenhang eine Anhebung bzw. Angleichung der Honorarsätze an der VHS. Wir erwarten zugleich eine analoge Überprüfung der Höhe der an die freien Bildungsträger ausgereichten Pauschale sowie Vorschläge für eine entsprechende Anpassung, um die hier engagierten Fachkräfte wirtschaftlich nicht erkennbar schlechter zu stellen als die Honorarkräfte der VHS. Wir sprechen uns für den Ausbau eines kommunal geförderten DolmetschDienstes aus, der die Vermittlung von Übersetzungsleistungen aller Art unterstützt und z. B. durch eine Projektstelle die Kontaktdaten von Fachdolmetscherinnen und -dolmetschern sammelt sowie weitergibt. 2) Wir streben an, dass sprachversierte Flüchtlinge in den VHS-Sprachenlernbetrieb eingebunden werden können. Hierfür ist eine bessere Abfrage der ehrenamtlichen Struktur bei der Sprachvermittlung notwendig. Wir wollen erreichen, dass die Potentiale der zu uns kommenden Menschen in Leipzig besser genutzt werden. Zugleich stärken wir diese Menschen als Akteure der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe „Integration“. 3) Flüchtlinge mit entsprechender Qualifikation sollen in Leipzig auch als Betreuerinnen und Betreuer im Bereich der frühkindlichen Bildung und Erziehung arbeiten dürfen. Gerade vor dem Hintergrund, dass sie die Sprache der Betreuten sprechen oder deren Kultur kennen, sollte dieses Potential ganz zum Wohle der Kinder genutzt werden. Wir wollen die Stadtverwaltung dahin bewegen, die Ausbildung für Tagespflegepersonen entsprechend zu öffnen. Hierbei sollen Erfahrungen auf Bundes- und Länderebene genutzt werden, wo es bereits in mehreren Bereichen des öffentlichen Dienstes gezielte Kampagnen zur Werbung und Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund gab (z. B. Bundesprogramm „Schwerpunkt-Kitas Sprache und Integration“ oder die Bund-Länder-Initiative „Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS)“). 4) In Kindertageseinrichtungen haben Kinder geflüchteter Familien die Chance, von Anfang an frühkindliche Bildung zu erleben. Der Erwerb der neuen Sprache beginnt hier in einem Umfeld, das mit Geborgenheit und Sicherheit verbunden ist. Hierzu ist es nötig, die pädagogischen Fachkräfte in ihrem sprachlichen und sozialen Handeln zu unterstützen. Eine feste Implementierung der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung unterstützt neben deutschsprachigen auch nicht-deutschsprachige Kinder beim Spracherwerb. Gleichsam benötigen Erzieherinnen und Erzieher Wissen über vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung sowie interkulturelle Kompetenzen, um eine Willkommens- und Anerkennungskultur zu ermöglichen. Deshalb soll die Stadt Leipzig darauf hinwirken, dass pädagogische Fachkräfte in diesem Bereich z. B. durch Projekte wie das hiesige „Landeskompetenzzentrum zur Sprachförderung an Kindertageseinrichtungen in Sachsen“ (LakoS) unterstützt und begleitet werden. 5) Neben der staatlichen Sprachförderung des Freistaates Sachsen für schulpflichtige Kinder und Jugendliche in den DaZ-Klassen (Deutsch als Seite 7 von 23

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Zweitsprache) und des Bundes für Erwachsene die Sprach- und Integrationskurse, die eine Sprachprüfung auf A2- oder B1-Niveau als Ziel haben, gibt es eine Vielzahl von Vereinen, Organisationen und Initiativen, die Sprachkenntnisse von Flüchtlingen in Duldung oder mit Bleibeperspektive erweitern bzw. Sprachkenntnisse vermitteln, bevor die staatlichen Kurse anfangen. In diesem Bereich arbeiten viele Ehrenamtliche, die sich mit großem Engagement und nach bestem Wissen und Gewissen, aber teils ohne das notwendige wie hilfreiche Fachwissen der schwierigen Aufgabe widmen, Deutschkenntnisse zu vermitteln. Erschwerend kommt hinzu, dass in letzter Zeit DaZ-Kurse kaum noch Bildungsbiografien und Herkunftsgeschichten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausreichend berücksichtigen können. Es ist wenig sinnvoll, Akademikerinnen und Akademiker mit funktionalen Analphabeten in einem Kurs zu unterrichten, nur weil sie aus demselben Land stammen. Wir begrüßen unter diesen erschwerten Voraussetzungen deshalb das ehrenamtliche Engagement in diesem Bereich umso mehr und wollen es in Leipzig z. B. durch ein Fortbildungsprogramm für geflüchtete und einheimische Ehrenamtliche stärken, da es einen maßgeblichen Beitrag zur Erstversorgung, Bildung und Integration Asylsuchender leistet. Wir erwarten deshalb von der Stadt Leipzig: a) die kontinuierliche Förderung der Koordination und Vernetzung der großen Zahl von Vereinen, Organisationen und Initiativen. Die zentrale Internetplattform auf der Internetpräsenz der Stadt ist auszubauen. Es sollen mehr Informationen sowohl für Interessierte (u. a. Kontaktmöglichkeiten) als auch bereits Aktive (u. a. Beratungs- und Fortbildungsangebote, Materialsammlungen) bereitgestellt werden. b) die Unterstützung der Ehrenamtlichen, die Deutschunterricht für Asylsuchende anbieten. Das Herder-Institut der Universität Leipzig bemüht sich seit geraumer Zeit, mit mehreren Projekten und Publikationen zum Thema „Asylsuchende und Deutsch“ die Ehrenamtlichen fachlich beim Deutschunterricht zu unterstützen. Bisher fehlt eine zentrale Organisation ehrenamtlichen Engagements. Hier muss die Stadt bündelnd wirksam werden. Durch die Bereitstellung einer Informationsplattform könnte die Reichweite dieser Angebote erweitert und die Nutzung des fachlichen Kapitals des Herder-Instituts ausgebaut werden. Der im engen Austausch mit der Universität organisierte Ausbau von Beratungs- und Schulungsangeboten soll offensiv verfolgt werden. c) die aktive Entwicklung von Bildungsangeboten im Austausch nicht nur mit Partnern wie der örtlichen Bildungsagentur, sondern auch mit lokalen Vereinen und Initiativen, die bereits im Bereich der Integrationsarbeit unterwegs sind und einschlägige Erfahrungswerte einbringen können, um ehrenamtliches Engagement bspw. in den Bereichen Grundkenntnisse des Asylrechts und des Asylverfahrens oder Themen wie kultursensibler Umgang deutlich besser zu qualifizieren. Uns ist bewusst, dass Leipzig im Vergleich zu anderen Städten deutlich mehr Integrationskoordinatoren hat. Die Seite 8 von 23

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ehrenamtliche Unterstützung des Prozesses ist dennoch unentbehrlich. Entsprechende Qualifikation wird ihren Effekt steigern. d) die Entwicklung einer kommunalen Wertschätzungskultur, die das

ehrenamtliche, aber auch hauptamtliche Engagement von Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen, Bildungseinrichtungen, Betrieben u.v.a.m. sichtbar honoriert.

e) Im Hinblick auf Flüchtlinge, die beim Erlernen der deutschen Sprache größere

Schwierigkeiten haben, fordern wir den Bund auf, neben den regulären Sprach- und Integrationskursen zusätzlichen Sprachunterricht anzubieten.

Bereich 2: Arbeit und Beruf Im Austausch mit der IHK zu Leipzig, der Leipziger Handwerkskammer und der lokalen Arbeitsagentur werden wir den politischen Rahmen definieren, der in Leipzig Maßnahmen zur beruflichen Integration, zur beruflichen Fortbildung und zur beruflichen Orientierung unterstützt. 1) Mit der dualen Ausbildung unterscheidet sich das berufliche Ausbildungssystem Deutschlands ganz maßgeblich von den Berufsbildungssystemen anderer Länder. Das bietet qualitativ hochwertige Berufschancen, muss aber unter Umständen denjenigen, die neu zu uns kommen, erst erklärt werden. In den Jahren einer Ausbildung ist der Verdienst geringer, kann der Druck, sich binnen kurzer Zeit Wissen anzueignen, größer sein als im weiteren Arbeitsleben. Wir regen an, Informations- und Beratungsangebote zu intensivieren, die junge Menschen genau auf die Besonderheiten der Ausbildungszeit vorbereiten. Wir können und wir dürfen uns subjektive Frustration oder objektive Enttäuschung nicht leisten, wenn sie zum Ausbildungsabbruch führen. Für die Erarbeitung einer sinnvollen Strategie sind hier die Erfahrungswerte aller Akteure vor Ort gefragt, die der Kammern und der Arbeitsagentur ebenso wie die der Bildungsagentur oder von Vereinen wie bspw. dem Flüchtlingsrat Leipzig e. V. 2) Um Flüchtlingen die Aufnahme einer selbständigen Beschäftigung zu erleichtern, soll das Unternehmensgründungsbüro in Leipzig sein gesamtes Leistungsspektrum einschließlich der Umsetzung der SMWA-Richtlinie „Mikrodarlehen“ öffnen. Vorrangig sind dabei anerkannte Kriegsflüchtlinge und Asylberechtigte zu behandeln, um die begrenzten Ressourcen auf diejenigen zu konzentrieren, die eine Bleibeperspektive in Leipzig haben. 3) Wir werden im Jobcenter den Aufbau eines zentralen Anlaufpunktes für Flüchtlinge unterstützen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Stelle sollen über entsprechende Sprachkenntnisse verfügen bzw. dolmetschend oder sprachmittelnd tätig sein. Beim Aufbau einer solchen Anlaufstelle kann auch auf Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen werden, wo dieses Modell bereits erfolgreich angewendet wird. Bisher bestehen dort landesweit 52 solcher sog. „Integration Points“. Wenn man - wie wir glauben zu Recht - der Auffassung ist, dass die bestmögliche Feststellung bereits vorhandener Qualifikationen von zentraler Seite 9 von 23

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Bedeutung für den individuellen Integrationsprozess ist, dürfen die ersten Gespräche im Jobcenter nicht ohne ausreichende Sprachvermittlung – sei sie ehrenamtlich, sei sie hauptamtlich – geschehen. Dabei soll es ausdrücklich nicht um den verpflichtenden Einsatz zertifizierter Fachkräfte gehen, sondern um eine Form der Unterstützung, die es frühestmöglich erlaubt, Kompetenzen sehr genau festzustellen. 4) Kleine und mittelständische Unternehmen bis zu 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind wichtige Partner beim Einbezug von Flüchtlingen in die Arbeitswelt. Die Unternehmen müssen jedoch Lust haben, sich zu engagieren, müssen ein eigenes Interesse an der Aufnahme von Flüchtlingen besitzen. Gerade kleine Unternehmen können sich den betriebswirtschaftlichen Mehraufwand nicht leisten, der mit der Aufnahme von Flüchtlingen verbunden ist. Sie brauchen deshalb finanzielle und strukturelle Unterstützung, die auch das Leistungsvermögen Leipzigs als Stadt übersteigen wird. Wir werden kommunalpolitisch darauf hinwirken, dass im Rahmen des sächsischen Städte- und Gemeindetages landes- und bundespolitische Umsetzungsmöglichkeiten für diese Idee gesucht werden. Und wir werden landespolitisch darauf hinwirken, dass die Teilhabe am Arbeitsleben durch entsprechende Förderprogramme unterstützt wird. Wir fordern die SPDFraktion im Sächsischen Landtag auf, hier entsprechend initiativ zu werden. 5) Von kommunalen Eigenbetrieben (KE) - wie bspw. dem KE Engelsdorf erfolgreich erprobte Wege, Menschen über den Weg der Arbeitsgelegenheit (AGH) nicht nur in Arbeit, sondern perspektivisch auf den 1. Arbeitsmarkt zu bringen, sind weiter zu verfolgen und, wo es sinnvoll ist, strukturell auszubauen. Tätigkeitsfelder können in Abhängigkeit individueller Sprachfertigkeiten im Bereich der Asyl-AGH u. a. die Mitwirkung bei der Umfelderhaltung („Blau-Gelbe Engel“), die Begleitung von Schülerinnen und Schülern zum Unterrichtsort oder die Einbindung in Serviceangebote wie die Fahrradregistrierung sein. Andere Tätigkeitsfelder sind in diesem Zusammenhang zu prüfen. Wichtig ist dabei, dass sie nicht in Marktkonkurrenz zu anderen regulären Dienstleistungsangeboten treten, um dem Vorwurf aus dem Weg zu gehen, Flüchtlinge würden als billige Arbeitskräfte lokale Unternehmen schädigen. Wir werden die Stadt ebenfalls auffordern zu prüfen, inwieweit sich in ihrem eigenen arbeitsrechtlichen Bereich wie auch dem ihrer Eigenbetriebe Asyl-AGH zu AGH mit Mehraufwandsentschädigung (sog. „1-Euro-Job“) entwickeln lassen. Die Begleitung entsprechender Maßnahmen mit berufsorientierten Deutschkursen, Praktika zur betrieblichen Erprobung sowie die Vermittlung demokratie- und gesellschaftsspezifischer Inhalte soll fester Bestandteil sein. 6) Nachdem durch den Stadtratsbeschluss im April 2016 zum Projekt „Joblinge – Gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit“ nun auch Flüchtlinge an diesem Projekt teilnehmen können, wollen wir auch eine erfolgreiche Umsetzung des Landesprojektes „Arbeitsmarktmentoren für Geflüchtete“, koordiniert durch das Amt für Wirtschaftsförderung zusammen mit der IHK und Handwerkskammer, Seite 10 von 23

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umgesetzt sehen, sodass die hierfür zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effektiv eingesetzt werden können.

Bereich 3: Wohnen Die ausreichende Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums ist eine Kernforderung, der sich eine wachsende Stadt wie Leipzig stellen muss. Hierfür bedarf es auf mittlere Sicht auch der Auflegung eines sozialen Wohnungsbauprogramms, das einkommensschwachen Menschen in Leipzig zugutekommt. Unsere Stadt muss über den Sächsischen Städte- und Gemeindetag auch in dieser Frage ihr landespolitisches Gewicht stärker zum Tragen bringen und gleichzeitig – wie auch von Bundesbauministerin Barbara Hendricks gefordert – eine Baulandoffensive starten. Als wachsende Stadt braucht Leipzig eine sozial gerechte Bodenordnung. Wir fordern die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat auf, sich für folgende Punkte einzusetzen: 1) An dem Ziel der dezentralen Unterbringung halten wir fest. Um das langfristige Ziel zu unterstützen, wollen wir ein Bauprojekt „Flüchtlinge renovieren ihren eigenen Wohnraum“ nach dem Vorbild des Wächterhauskonzepts initiieren. Dabei werden Flüchtlinge nicht zu Eigentümern des derzeit nicht nutzbaren Wohnraums. Sie werden aber zu Nutzern, die mit Stolz sagen können, dass sie an ihrem Dach über dem Kopf, für das sie auch selbst die Miete zahlen, mit den eigenen Händen mitgewirkt haben. Hierfür kann ggf. das „Bundesprogramm Nationale Projekte des Städtebaus“ genutzt werden, in dessen Rahmen innovative Ideen gesucht werden, die sich mit der Integration als „Zukunftsaufgabe integrierter Stadtentwicklung im gesamtstädtischen Kontext befassen“. Die verantwortliche Stadtpolitik muss in diesem Zusammenhang mit der Leipziger Wohnungsbaugesellschaft wie auch den Wohnungsgenossenschaften das Gespräch suchen, um zu ermitteln, welche Bestände vorhanden sind, die einer Renovierung bedürfen und in ein solches Projekt eingebunden werden können. Zugleich wird hier auch zu klären sein, in welchem Umfang sich die Gesellschaften mit Kapital an der Sanierung beteiligen können. 2) Leipzig braucht eine Imagekampagne, die private Vermieterinnen und Vermieter davon überzeugt, freien Wohnraum auch an Asylberechtigte und Geduldete zu vermieten. Hier lässt sich an Leipziger Initiativen anknüpfen und mit ihnen zusammenarbeiten, z. B. über die Ökumenische Flüchtlingshilfe Leipzig.

Bereich 4: Verwaltung Mittelfristig wollen wir als SPD die bestehenden Anstrengungen der Stadt verstärken, in der Verwaltung und der Polizei eine stärkere interkulturelle Kompetenzförderung aufzubauen. Ziel hierbei ist die gegenseitige kulturelle Wissensvermittlung im Schwerpunkt für die Flüchtlinge, in Wechselseitigkeit aber auch für die schon hier lebenden Leipzigerinnen und Leipziger. Dies umfasst auch, die bestehenden Spannungen zwischen den verschiedenen Ethnien abzubauen, die zu uns gekommen sind. Seite 11 von 23

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Wir wollen auch erreichen, dass sich mehr Menschen mit Migrationshintergrund für eine berufliche Karriere im öffentlichen Dienst entscheiden. Wir werden daher die Stadtverwaltung anregen zu prüfen, inwieweit in Zusammenarbeit mit den Leipziger Migrationsnetzwerken und -vereinen zielgruppenspezifische Informations- und dahingehend einschlägige Berufsberatungsveranstaltungen organisiert werden können.

Bereich 5: Sport und Kultur Integrationserfolge verknüpfen sich außerordentlich stark mit sozialer Bindungskraft. Menschen, die noch niemanden kennen, brauchen Gelegenheiten, um das ändern zu können. Sport ist eine der einfachsten Plattformen, um zusammenzukommen und sich kennenzulernen. Die Konzepte „Integration durch Sport“ und „Zusammenhalt durch Vielfalt“ sowie deren finanzielle Stützung sind ein Anfang, um das Engagement der Sportvereine zu befördern, und müssen jetzt verstärkt werden. Hierfür werden im sächsischen Integrationspaket vom März 2016 dem Landessportbund Sachsen bis 2018 pro Jahr zweckgebunden 200.000 Euro zur Verfügung gestellt. Sportvereine spielen für das alltägliche Leben in Leipzig eine herausragende Rolle. Durch Mitgliedschaften in ihnen eröffnen sich nicht nur sportliche Perspektiven, sondern auch soziale Kontakte. Für Leipzig ist hier der Landessportbund Sachsen, der seinen Sitz in unserer Stadt hat, ein starker Partner. Er engagiert sich für Fairness, Respekt und Toleranz und will mit der Durchführung des Projekts „Förderung der Integration von Flüchtlingen durch Sport“ sächsische Sportvereine bei ihrem Einsatz für Flüchtlinge und Asylsuchende unterstützen. Dieses Projekt wollen wir gezielt mit den Leipziger Vereinen und der eigens eingerichteten Koordinierungsstelle des Landessportbundes stärken. Sportliche Initiativen, die insbesondere unbegleitete Minderjährige (UMA) stärken, werden wir politisch unterstützen und im Hinblick auf ihre praktischen Erfahrungswerke nutzen. Engagement - wie bspw. das des SV Lindenau oder des Leipzig United F.C. - macht klar, dass mit gegenseitiger Wertschätzung und einem „Bolzplatz“ in Sachen Integration und Miteinander viel erreicht werden kann. Wie der Leipziger Sport hat auch Leipzigs Kultur Anteil am Integrationsprozess. Die Angebote von Kultur- und Integrationsvereinen wie sie u. a. im Leipziger Osten und im Westen der Stadt zu finden sind, brauchen Wertschätzung und Stärkung. Durch kulturelle Betätigung wie Malen oder Musizieren können Flüchtlinge ihre Begabungen nutzen, Menschen finden zueinander und können sich gegenseitig kulturell bereichern. Hier müssen die stadtbezirksbezogenen Kultureinrichtungen angesprochen und in den Prozess eingebunden werden. Für die finanzielle Unterstützung wäre hier auch die Einbeziehung aus Drittmitteln, wie sie bspw. das Bundesprogramm „Willkommen bei Freunden“ bietet, zu prüfen. Die Stadt Leipzig ist für ihre reiche Kulturlandschaft bekannt. Die Bürgerstiftung Leipzig ermöglicht durch das Projekt „Freude teilen“ Geflüchteten die Teilnahme an Konzerten des Lehrerorchesters Leipzig e.V. Wir möchten, dass dieses Projekt Schule Seite 12 von 23

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macht, und setzen uns dafür ein, dass sich weitere Kulturschaffende diesem Projekt anschließen.

Bereich 6: Sicherheit und Ordnung Sozialer Zusammenhalt und gesellschaftliche Vielfalt sind Bausteine einer gelingenden Integration. Zusammenhalt und Vielfalt brauchen aber auch hinreichende Sicherheit. Auch unter Flüchtlingen gibt es Personen, die Straftaten begehen, dennoch ist der Anteil straffälliger Flüchtlinge nicht höher als der Anteil von Straffälligen in Vergleichsgruppen ohne Migrationshintergrund. Für eine konsequente und effektive Strafverfolgung müssen sich die sächsischen Staatsanwaltschaften und die Polizei interkulturell öffnen, um besser in bestimmte Milieus vordringen zu können. Vor Ort werden wir in dem Zusammenhang unterstützend wirken, indem wir auf die Bildung einer Arbeitsgruppe „Flüchtlinge“ im Kommunalen Präventionsrat (KPR) Leipzig hinwirken, die eine Beteiligung der Polizeidirektion Leipzig, örtlicher Flüchtlingshilfsorganisationen und Betreuungseinrichtungen, des Referats für Migration und Integration der Stadt Leipzig sowie weiterer Fachämter vorsieht. Wir wollen dazu beitragen, dass mit Blick auf die Integrationsthematik in Leipzig zielgruppengerechte Aufklärungs-, Beratungs- und Präventionsmaßnahmen entwickelt werden können und zugleich eine Anlaufstelle für etwaige Sicherheitsprobleme für und durch Flüchtlinge entsteht. Schutzsuchende werden aber auch selbst Opfer von Straftaten. Insbesondere Opfer von Gewaltkriminalität inner- und außerhalb der Familie brauchen neben dem direkten Schutz vor Wiederholung psychosoziale Unterstützung und kompetente Begleitung während des Strafverfahrens. Im Zusammenspiel mit der Polizei, den Wohlfahrtsverbänden sowie Betroffenenorganisationen werden wir uns für den Ausbau der Angebote für die Opfer von Gewalt einsetzen und hier ebenfalls den Fokus hinsichtlich interkultureller Differenzen schärfen. In Ergänzung der gebotenen effektiven Strafverfolgung wirken wir darauf hin, den Aufgabenbereich der Arbeitsgruppe „Extremismusprävention“ des Kommunalen Präventionsrates entsprechend zu erweitern.

Bereich 7: Kommunikation Auch weiterhin wird keine größere Flüchtlingsunterkunft eröffnet, ohne dass die direkte Nachbarschaft über die aktuelle Entwicklung informiert wird. Eine rechtzeitige Information der Anwohnerinnen und Anwohner durch entsprechende Veranstaltungen und Publikationen muss gewahrt bleiben, sofern dies den Umständen entsprechend möglich ist. Die Leipzigerinnen und Leipziger sind fortlaufend über die Integrationsmaßnahmen zu informieren. Um ihre Bereitschaft zur aktiven Teilnahme an den Prozessen soll kontinuierlich geworben werden. Dabei sind auch Erfahrungen aus dem Feld der sog. „Community Communication“ zu nutzen, die Lösungsansätze für dialogische Konfliktbearbeitung im Gemeinwesen bietet, z. B. wenn eine neue Flüchtlingsunterkunft eingerichtet wird und sich Widerstand in der Nachbarschaft regt. Auch hier lässt sich auf bereits vorliegende Seite 13 von 23

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Strategiekonzepte zurückgreifen, so u. a. auf das des Mobilen Beratungsteams „Ostkreuz“ des Sozialpädagogischen Instituts Berlin.

Bereich 8: SPD vor Ort Die Leipziger Ortsvereine der SPD sind wichtiger Bestandteil in der quartiersbezogenen Kommunikation und Unterstützung von Flüchtlingen. Als Bindeglied zum SPDStadtvorstand spiegeln sie mit ihren Erfahrungen und Aktivitäten vor Ort das Engagement der SPD Leipzig wider. Im Rahmen ihrer personellen und zeitlichen Möglichkeiten bringen sie sich zum Teil bereits sehr intensiv mit Veranstaltungen und Kooperationen in den Stadtbezirken für Flüchtlinge ein und begleiten den politischen Diskurs in unserer Stadt inhaltlich mit Veranstaltungen zum Themenkomplex „Flucht, Zuwanderung, Integration und soziales Miteinander“. Sofern nicht bereits verwirklicht, können konkrete Aktivitäten der SPD-Ortsvereine folgendermaßen aussehen: 1) SPD-Stadträtinnen und -Stadträte sowie sozialdemokratische Mitglieder der Stadtbezirksbeiräte und der Ortschaftsräte nehmen nach Möglichkeit aktiv an den öffentlichen und einwohnerbezogenen Informationsveranstaltungen zu Unterbringungsstandorten in ihren Wahlkreisen teil, um der SPD dort ein Gesicht zu geben sowie ggf. als Ansprechpartner für lokale Netzwerke besser wahrgenommen zu werden. 2) Die Ortsvereine nehmen Kontakt zu den Willkommensnetzwerken auf, die im Ortsvereinsgebiet liegen, und erkundigen sich dort nach Kooperations- und Unterstützungsmöglichkeiten. 3) Die Ortsvereine nehmen Kontakt mit den gesellschaftlichen Akteuren (Kirchgemeinden, Stadtteilvereine, Initiativen, Sportvereine etc.) ihres Stadtbezirks auf, um gemeinsam Aktionen mit Flüchtlingen und für Flüchtlinge zu organisieren. Dabei steht insbesondere das Schaffen von Begegnungsmöglichkeiten im Vordergrund, um aktiv dazu beizutragen, dass Barrieren des gegenseitigen Fremdseins abgebaut und überwunden werden können. 4) Die Ortsvereine beteiligen sich am Diskurs in ihren Quartieren und führen öffentliche Veranstaltungen durch, um mit Leipzigerinnen und Leipzigern sowie mit Flüchtlingen gezielt über den sozialen Wandel im Quartier ins Gespräch zu kommen, für gelingende Integration zu werben sowie Ressentiments argumentativ entgegenzuwirken. 5) Die Arbeitsgemeinschaften der SPD Leipzig sind in diesen Prozessen ebenso gefordert. Eine interne thematische Beschäftigung mit dem Komplex von „Flucht, Zuwanderung, Integration“ u. a. unter wirtschafts-, arbeitsmarkt-, rechts-, stadtentwicklungs-, bildungs-, gesundheits-, frauen- und religionspolitischem Aspekt wird eine wesentliche Rolle für den innerparteilichen Meinungs- und Kompetenzbildungsprozess spielen.

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