Finanz Journal Newsletter 08|'11

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18. August 2011

Nr. 08/'11

EINKOMMENSTEUER UND LOHNSTEUER Adoptionsverfahrenskosten einer Behandlung als ag Belastung zugänglich

Der VwGH hat soeben in einer Fortentwicklung seiner Rsp zur Berücksichtigungseignung von Kosten der In-Vitro-Fertilisation entschieden, dass Aufwendungen für Adoptionen dann als ebenfalls zwangsläufig im Hinblick auf das öffentl Interesse der Gesellschaft an Kindern anzusehen wären, wenn wie vorliegend beteuert eine In-Vitro-Fertilisation nicht möglich gewesen ist und der UFS als belangte Behörde auch nicht feststellen konnte, dass freiwillig eine Fortpflanzungsunfähigkeit herbeigeführt worden wäre. In diesem Zusammenhang bemühte der VwGH den Begriff der "Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen" iSd § 34(3) EStG. (VwGH 2007/13/0150 v 6. 7. 2011) Direkte Zurechenbarkeit von Geschäftsführervergütungen

Herr R ist zu 50% an der GmbH beteiligt und mit deren Geschäftsführung betraut. Gleichzeitig ist Herr R unbeschränkt haftender Gesellschafter der KG und erbringt seine Gf-Leistungen für die GmbH im Rahmen der KG, welche dementsprechend in Form von Honorarnoten der KG an die GmbH verrechnet werden. Überdies ist Herr R selbständig mit der Geschäftsführung der KG betraut. Strittig war ua die Lohnnebenkostenpflicht für die der GmbH in Rechnung gestellten Geschäftsführungshonorare. Unter Berücksichtigung der VwGH-Rsp zur Zuordnung von höchstpersönlichen Leistungen wurden die streitigen Beträge vom UFS als Bezüge gem § 22 Z 2 EStG eingestuft, weshalb dafür bei der GmbH Lohnnebenkostenpflicht anfiel. - Damit wurde der Darstellung, die Bezüge wären der KG zuzuordnen, die keine Dienstnehmereigenschaft iSd § 22 Z 2 EStG aufweisen könne, keine Folge geleistet. (UFS RV/2057-W/10 v 17. 7. 2011; anhängig vor dem VwGH unter 2011/13/0092) Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung

In einer Information vom 28. Juli 2011 hat das BMF seine Rechtsmeinung zu den Kinderbetreuungskosten als ag Belastung kundgemacht. Von besonderem Interesse ist, dass nunmehr auch die Verpflegungskosten und der Bastelbeitrag absetzbar sind. Bisher waren diese beiden Komponenten nicht von der Absetzbarkeit mitumfasst. Vor allem beim „Bastelbeitrag“ war dies schwer verständlich. Die Verpflegungskosten scheinen nun nicht nur bei Ferienlagern absetzbar zu sein, sondern auch im Bereich der Kinderbetreuung außerhalb der Ferienzeit. (BMF-010222/0155-VI/7/2011 v 28. 7. 2011) LStR 2002 - Wartungserlass 2011

Ende Juli 2011 wurde der Wartungserlass '11 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 in der FINDOK veröffentlicht (BMF-010222/0121-VI/7/2011). Es wurden die Änderungen durch das BetrugsbekämpfungsG 2010 und das BudBG 2011 eingearbeitet. Änderungen durch das AbgÄG 2011 konnten noch nicht berücksichtigt werden. Die LStR 2002 idF des Wartungserlasses '11 sind bei Lohnsteuerprüfungen für vergangene Lohnzahlungszeiträume und auf offene Veranlagungsfälle anzuwenden, soweit nicht für diese Zeiträume andere Bestimmungen in Gesetzen oder Verordnungen oder günstigere Regelungen in den Lohnsteuerrichtlinien Gültigkeit hatten. Eine geänderte Rechtsansicht stellt keinen Wiederaufnahmegrund gem § 303 BAO dar. LStR-Wartungserlass '11: Reisekostenabsetzbarkeit bei gemischt veranlassten Reisen

In den Rz 295 ff LStR 2002 beschäftigt sich das BMF umfassend mit der Rsp des VwGH zu den gemischt veranlassten Reisen. Problematisch wäre demzufolge die Beurteilung der "fremdbestimmten" Reise. In diesem Fall würde auch eine Mischung von privatem u berufl Anlass dazu führen, dass die Fahrtkosten zur Gänze Werbungskosten oder Betriebsausgabe darstellen können. Die Grenzen für diese Vollabsetzbarkeit werden mit dem Wartungserlass jedoch eng gesteckt. So ist zum Beispiel bei einem StB der freiwillige Besuch eines Seminars und das Anhängen eines privaten Aufenthaltes nicht als fremdbestimmte Reise zu verstehen, da nach Ansicht des BMF das Seminar nicht nur im Interesse des Arbeitgebers besucht wird. Diese Fahrtkosten sind daher nur tlw abzugsfähig.

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18. August 2011

Nr. 08/'11

LStR-Wartungserlass '11: Spendenbelege - Mindestbestandteile

Rz 571 LStR 2002 wird mit dem Wartungserlass dahingehend geändert, dass Zahlscheine für den Nachweis der Tätigung der Spende ausreichen, um die Steuerbemessungsgrundlage zu senken. Ein solcher Beleg hat daher jedenfalls zu enthalten: (1) Name der empfangenden Körperschaft, (2) Name und Anschrift des Zuwendenden und (3) Betrag der Zuwendung. Sollten Zweifel über den tatsächlichen Geldfluss bestehen, kann vom Finanzamt eine Spendenbestätigung oder der Kontoauszug verlangt werden. Eine Ungewissheit besteht insofern, als mit einem Stempel des Kreditinstituts versehene Zahlscheine nicht notwendig eine Zahlungsbestätigung darstellen, da der Zahlschein selbst gestempelt werden kann. LStR-Wartungserlass '11: Werkverkehr & Fahrtkostenersatz

Mit dem BudBG '11 wurde bestimmt, dass die Übernahme der Kosten für ein öffentl Verkehrsmittel dann nicht zu den stpfl Bezügen des Dienstnehmers zählt, wenn dem Arbeitnehmer das Pendlerpauschale zustehen würde. Die Bestimmungen im BudBG '11 waren etwas unbestimmt. Rz 747 ff LStR 2002 idF Wartungserlass 2011 präzisiert die Voraussetzungen. Wichtig ist, dass lediglich eine Streckenkarte (keine Netzkarte) gezahlt werden darf. Gibt es aber keine Streckenkarte, ist auch eine Netzkarte zulässig. Die Zahlung hat der Dienstgeber mittels einer auf ihn lautenden Rechnung (unter Angabe des Dienstnehmers auf der Rechnung) vorzunehmen. Sollte der Dienstnehmer vor Ablauf der Karte ausscheiden, hat er diese zurückzugeben; andernfalls liegt ein stpfl Bezug vor. Anstelle von Gehaltserhöhungen können diese Kosten aber nicht lohnsteuerbegünstigt übernommen werden. Lediglich die Änderung von Kostenersatz für Fahrtkosten in die Übernahme der Kosten der Streckenkarte durch den Arbeitgeber stellt nach Auffassung des BMF keine Gehalts-/Bezugsumwandlung dar. LStR-Wartungserlass '11: Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Begräbniskosten können unter gewissen Umständen als ag Belastung geltend gemacht werden. Unter Berücksichtigung der jüngsten Rsp des VwGH wurden die LStR 2002 abgeändert. Die Kosten für Blumen und Kränze, für ein schlichtes, dem Ortsgebrauch entsprechendes Totenmahl sowie von Beileidsdanksagungen sind Teil der Begräbniskosten (vgl VwGH 31. 5. 2011, 2008/15/0009); nicht absetzbar sind hingegen Kosten der Trauerkleidung und der Grabpflege. (Rz 890 LStR 2002) LStR-Wartungserlass '11: Klarstellung im Bereich der Sonderzahlungen

Die heftig umstrittenen Änderungen der Regelung im Bereich der Sonderzahlungen wurden nunmehr mit dem Wartungserlass erneut einer Anpassung unterzogen. Eine Provision ist das Entgelt für eine verkäuferische oder vermittlerische Tätigkeit und wird in der Regel vom Vertreter/Verkäufer selbst erwirtschaftet. Im Gegensatz dazu wird mit einer Prämie in der Regel eine besondere, über die normalen Arbeitsanforderungen hinausgehende Leistung (Mehrleistung) belohnt. Besteht laut Dienstvertrag nur ein Anspruch auf eine laufende Provision (zB 3% des monatlichen Verkaufsumsatzes), dann liegt in diesem Umfang jedenfalls ein laufender Bezug, unabhängig vom Auszahlungsmodus, vor. Eine rein rechnerische Aufteilung auf 14 Monatsbezüge mit steuerlicher Wirksamkeit ist daher nicht möglich. (Rz 1052 LStR 2002) AbgabenänderungsG 2011 & InvestmentfondsG 2011 im BGBl veröffentlicht

Am 1. August 2011 wurde das AbgÄG '11 im BGBl I 2011/76 veröffentlicht, und das InvFG '11 im BGBl I 2011/77. Ernst Marschner und Martin Puchinger stellen die Änderungen in den kommenden Ausgaben des FINANZ JOURNAL ausführlich vor.

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18. August 2011

Nr. 08/'11

Spendenabzugsfähigkeit – unionsrechtskonform auszulegen

Mit dem Urteil vom 16. Juni 2011, C-10/10, Kommission/Österreich, hat der EuGH befunden, dass nicht nur Zuwendungen an in Österreich ansässige Einrichtungen mit Forschungs- u Lehraufgaben steuerlich abzugsfähig sein dürfen. § 4a Z 1 lit a-d EStG ist daher nach Ansicht des BMF dahingehend auszulegen, dass entsprechende ausländische Einrichtungen mit Sitz in einem Staat der EU oder einem Staat, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht, in Betracht kommen. Voraussetzung für die Spendenbegünstigung ist, dass die begünstigten Einrichtungen dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel der Förderung der österr Wissenschaft und Erwachsenenbildung dienen. Dies ist bei ausländischen Einrichtungen, wie zB einer Kooperation der ausländ Einrichtung mit österr Einrichtungen, oder bei der Beteiligung österr Wissenschafter an Projekten der Wissenschaft oder Erwachsenenbildung im Ausland der Fall. Spenden an Einrichtungen iSd § 4a Z 1 lit d EStG sind nur abzugsfähig, wenn die jeweilige Einrichtung vom Finanzamt Wien 1/23 als begünstigter Spendenempfänger anerkannt worden ist und auf der Liste begünstigter Spendenempfänger aufscheint. Diese Voraussetzung gilt auch für Spenden an ausländ Einrichtungen. Spenden an ausländ Einrichtungen iSd § 4a Z 1 lit d EStG 1988 sind daher nur abzugsfähig, wenn die empfangende Einrichtung in die Liste begünstigter Spendenempfänger aufgenommen ist. Ist diese Voraussetzung erfüllt, sind Spenden an ausländische Spendenempfänger auch dann begünstigt, wenn die empfangende Körperschaft zum Zeitpunkt der Spende (noch) nicht in der Liste aufscheint. (BMF-010203/0452-VI/6/2011 v 2. 8. 2011)

KÖRPERSCHAFTEN Wirtschaftl Betrachtungsweise bei Gesellschafterzuschüssen iRv Umstrukturierungen

Die Bf versuchte, im Rahmen von Beteiligungsumstrukturierungen einer Gesellschaftsgruppe, die (auch) zu einer downstream-Verschmelzung auf sie als aufnehmende Gesellschaft führten, gem § 3(2) UmgrStG (idF vor StruktAnpG '96) einen Firmenwert abzuschreiben, der nur deshalb im Buchverlust Deckung fand, weil eine Großmuttergesellschaft einen Gesellschafterzuschuss für einen Beteiligungserwerb ihr anstelle jener Gesellschaft zuteilte, die den Erwerb tatsächlich durchführte. Es handelte sich beim Erwerber um die hernach mit der Bf downstream verschmolzene Gesellschaft, und um einen de facto Kompletterwerb der Anteile an der bf Gesellschaft. Im Verfahren betr die Nichtanerkennung dieser Abschreibung vertrat die Bf ein Verständnis der wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd § 21(1) BAO, wonach im Ergebnis Bestimmungen auch insofern anzuwenden sind, als darin gesetzlich umschriebene Sachverhalte gegebenen Umständen wirtschaftlich vergleichbar wären, hätte doch eine upstream Verschmelzung ähnliche stl Vorteile vermittelt. Der VwGH bestätigte die Abweisung des UFS sowie dessen Begründung, der zufolge sich § 21(1) BAO nicht auf die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen, sondern auf die Beurteilung des Sachverhalts beziehe. Die wirtschaftl Betrachtungsweise habe gerade der Sachverhaltsbeurteilung zu dienen. (VwGH 2006/13/0042 v 6. 7. 2011) Tauschrealisierung bei WP-Einbringung in zu 100 % gehaltenen Spezialfonds

Werden WP in einen Spezialfonds iSd § 1(2) InvFG 1993 eingebracht, so gilt es zu beachten, dass der Fondsanteil in der Handels- wie auch in der Steuerbilanz als WP eigener Art selbständig zu bilanzieren ist, wehalb ungeachtet des für Fonds geltenden Transparenzprinzips beim Fonds-Anteilsinhaber keine anteilige Zuordnung der im Sondervermögen befindlichen Vermögensgegenstände bzw die Fortführung deren Bilanzansatzes erfolgen kann. Es kommt daher bei einer solchen Einbringung zwingend zu einer Realisierung im Wege des Tauschansatzes nach § 6 Z 14 lit a EStG sogar für jene Zeiträume, in denen § 6(5) InvFG 1993 idF vor StRefG 2000, BGBl I 1999/106, noch einen handelsrechtl Wertansatz unterhalb des Börsenkurses am Tage der Ausgabe der Fondsanteilscheine erlaubte. (VwGH 2007/13/0123 v 6. 7. 2011)

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18. August 2011

Nr. 08/'11

Neuerlich: vGA iFv fremdunüblichen Darlehen an Gesellschafter

Jüngstens bekräftigte der VwGH nicht nur seine bisherige Rsp, wonach nachträgliche Glattstellungen des Verrechnungskontos einer zeitraumbezogenen Beurteilung als Zuwendung via fremdunübliches Darlehen nicht entgegenstehen (wie übrigens auch sporadische Teiltilgungen den Charakter der Fremdunüblichkeit nicht aufzuheben vermögen - siehe VwGH 96/13/0121 v 31. 3. '98), sondern auch, dass Entnahmen ohne Rechtsgrund bzw ohne von vornherein klar formulierten Rückzahlungsvereinbarungen nicht durch die Übernahme von Bürgschaften für die Kredite der Gesellschaft neutralisiert werden können. Hierbei gälte es nämlich zu berücksichtigen, dass die Bürgschaft lediglich eventualiter eintritt, also dann nicht, wenn die Gesellschaft die Kreditschulden tilgt. Dem Mangel einer ernstlichen Rückzahlungsabsicht wird daher nicht durch eine Bürgschaft für Gesellschaftskredite abgeholfen. (VwGH 2008/13/0005 v 6. 7. 2011) Kapitalertragsteuer bei Sparbuchzinsen einer Privatstiftung

Bei Sparbuchzinsen haben Kreditinstitute keine Kapitalertragsteuer abzuziehen. Eine Privatstiftung unterliegt der Zwischenkörperschaftsteuer, nicht aber der Kapitalertragsteuer. Wurde diese Steuer dennoch zum Abzug gebracht, kann sie nicht im Rahmen der Veranlagung „angerechnet“ werden, sondern ist sie im Rahmen des § 240(3) BAO rückerstatten zu lassen. (UFS RV/0650-S/10 v 24. 5. 2011)

VERFAHRENSRECHT/ABGABENSTRAFRECHT Systematische Stundungs-Rechtsmittel kein Schutz gegen Vollstreckungsbescheid

Obwohl § 230(7) BAO die Erlassung von Vollstreckungsbescheiden während offener Verfahren betr Zahlungserleichterungen oder Einhebungsaussetzungen nur bei Bekanntwerden v Einbringungsgefährdungen in diesem Zeitraum erlaubt, gereicht dies notleidenden Abgabenschuldnern, die verfahrenstaktisch Aufschiebungen mittels systematischer Zahlungserleichterungsansuchen und Anfechtungen von deren Abweisung verfolgen, nicht zum Vorteil. Der VwGH erinnert erst unlängst an seine stRsp, wonach (laufende) Zahlungserleichterungsansuchen eines notleidenden Unternehmens, Berufungen gegen die solche Anträge abweisenden Bescheide und Vorlageanträge einem Hervorkommen von einbringungsgefährdenden Umständen dann gleichzuhalten sind, wenn in diesbezügl Anbringen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung würde nämlich bei Begünstigungstatbeständen gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund treten. (VwGH 2008/13/0224 v 6. 7. 2011) Keine Fristerstreckung im AVG mittels provozierten Verbesserungsauftrages

Wird wiederholt ein Schriftsatz verfasst, "der sich mit keinem Wort inhaltlich gegen Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, sondern sich in einem Antrag auf Fristerstreckung (oder allenfalls auch in einer bloßen Anmeldung eines Rechtsmittels gegen späteres Nachbringen der Begründung) erschöpft, dann fehlt es wegen des Elementes der Wissentlichkeit (Wissen um die Frist bzw. Kenntnis davon, dass ein Einspruch eine nähere Begründung benötigt) an einer Mangelhaftigkeit, die bloß auf einem ... Versehen der Partei beruht." Der in auf dem ASVG beruhenden Verfahren anzuwendende, einen behördl Verbesserungsauftrag beinhaltende § 13(3) AVG kommt hierbei nicht zum Zug, da er dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen dient, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind. Andernfalls wäre das im AVG nicht vorgesehene Rechtsinstitut des Fristerstreckungsansuchens ohne Weiteres im Wege des § 13(3) AVG substituierbar. (VwGH 2011/08/0062 v 6. 7. 2011)

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18. August 2011

Nr. 08/'11

Stundungszinsen, Aussetzungszinsen, Anspruchszinsen

Stundungs-, Aussetzungs- und Anspruchszinsen wurden entspr der Entwicklung des Referenzzinssatzes wieder einmal angepasst. Ab 13. 7. 2011 betragen die Stundungszinsen 5,38 %, die Aussetzungszinsen 2,88 % und die Anspruchszinsen ebenfalls 2,88 %. Sie haben daher jene Höhe von März 2009 erreicht. Die letzte Änderung erfolgte am 13. Mai 2009. § 299 BAO – nachträgliche Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung wurde die Geltendmachung des Kinderfreibetrages verabsäumt und hernach versucht, diesen im Rahmen eines Antrages gem § 299 BAO geltend zu machen. Der UFS befand, dass der Inhalt eines Bescheides iS dieser Bestimmung nicht richtig wäre, wenn der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt, wäre für die Anwendbarkeit des § 299(1) BAO nicht ausschlaggebend, die Sach- und Rechtslage wäre aber im Zeitpunkt der Antragstellung zu beurteilen, und weiters ein Verschulden an dem Versäumnis irrelevant. Insofern sei der vom FA erlassene Einkommensteuerbescheid 2009, welcher den Kinderfreibetrag mangels Geltendmachung nicht berücksichtigte, ursprünglich nicht rechtswidrig gewesen, habe sich jedoch hernach als unrichtig erwiesen. Da für die Geltendmachung des Kinderfreibetrages jedoch keine gesetzliche Fallfrist besteht und somit auch nach Rechtskraft dieses Bescheides ein materieller Anspruch auf Berücksichtigung des Kinderfreibetrages bestand, konnte ein Antrag auf Zuerkennung des Kinderfreibetrages noch wirksam im Wege des Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides gestellt werden. (UFS RV/1691-W/11 v 6. 7. 2011) Antrag auf Nichtfestsetzung des Säumniszuschlages auch iRv Berufungen

Strittig war, ob ein Antrag auf Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gem § 217(7) BAO auch im Berufungsverfahren gegen den Säumniszuschlagsbescheid geltend gemacht werden kann. Dies wurde nunmehr (erneut) vom UFS bestätigt. Im gegenständlichen Fall hatte er sich mit der Frage des Vorliegens eines groben Verschuldens zu beschäftigen, wenn der Abgabenpflichtige eine Zahlung erstmals innerhalb von eineinhalb Jahren verspätet durchführt. Dies wurde vom UFS verneint. Kein Pardon wurde jedoch bei der zugleich abgehandelten Berufung gegen eine Zuschlagsvorschreibung für Entrichtungsversäumnisse nur 3 Monate nach dem ersten Fall gewährt, obwohl der Verzug der USt-Vorauszahlung nur drei Tage betrug. Die Wiederholung wurde hier vom UFS im Ergebnis dem in § 217(7) BAO angeführten "groben Verschulden" gleichgehalten. (UFS RV/0841-W/11 v 20. 5. 2011) Befangenheit eines Mitarbeiters des Finanzamtes

Der Berufungswerber beantragte die Ablehnung einer Referentin des FA im Zuge der Veranlagung. Der UFS befand, dass keine Gründe für eine Befangenheit, wie sie die BAO anführen, vorlägen. Er ergänzt, dass sogar dann, wenn die Referentin des erstinstanzlichen Verfahrens befangen gewesen wäre, eine Sanierung eines derartigen Verfahrensmangels durch das Berufungsverfahren erfolgte. (UFS RV/0124-W/11 v 1. 6. 2011) LStR-Wartungserlass '11: Auftraggeberhaftung bei Bauleistungen

Ab 1. Juli 2011 gibt es auch eine Auftraggeberhaftung für Bauleistungen im Bereich der Lohnsteuer. Bisher wurde diese ja "lediglich" im Bereich der Sozialversicherung verfügt. Der Wartungserlass berücksichtigt diese Änderungen bereits. Die Haftung für lohnabhängige Abgaben umfasst auch (ausländische) beauftragte Unternehmen, die nicht unter die Haftung im Bereich des Sozialversicherungsrechts fallen, da deren Arbeitnehmer in einem anderen EWR-Staat der Versicherungspflicht unterliegen. Bei Bauleistungen im Ausland kommt die Haftung dann zum Tragen, wenn hier Lohnabgaben zu entrichten sind oder Ö ein Besteuerungsrecht an den Bezügen der betroffenen Arbeitnehmer zukommt (zB Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds). Die Haftung besteht unabhängig von einer Abzugsteuer gemäß § 99(1)5 EStG. (Rz 1212a LStR 2002)

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18. August 2011

Nr. 08/'11

SOZIALVERSICHERUNG/SOZIAL- UND ARBEITSRECHT Voraussichtliche Sozialversicherungswerte 2012

Unabhängig von der derzeit laufenden Diskussion über die Abschaffung der sozialversicherungsrechtl Höchstbeitragsgrundlage haben die Sozialversicherungsträger die voraussichtlichen Sozialversicherungswerte für 2012 veröffentlicht: Die Höchstbeitragsgrundlage wird bei EUR 4.230,00 liegen, die Geringfügigkeitsgrenze bei EUR 376,26 (mtl), EUR 28,89 (tgl).

SONSTIGES Zur Werbeabgabe bei Prospekten/Flugblättern

In einer Beschwerde, die die unterstellte Werbeabgabenpflicht einer Interessensgemeinschaft von Elektrohändlern in der Form einer eingetragenen Genossenschaft betraf, hob der VwGH hervor, dass für die Abgabenpflicht und die Höhe der BMG entscheidend sei, ob vom Werbeinteressenten als Auftraggeber Entgelt nur für die Herstellung von Druckwerken (ohne redaktionellen Teil) geleistet wurde, oder auch für deren Verteilung. Treffe Ersteres zu, dann falle überhaupt keine Werbeabgabenpflicht an, wenn der Werbeinteressent die Verbreitung selbst übernimmt. Werde aber die von der Erstellung abzusondernde Verbreitung/Verteilung von einem anderen Unternehmer übernommen, so wäre dieser Abgabenschuldner. Übernehme ein Unternehmer sowohl Erstellung als auch Verbreitung, "ist die Bemessungsgrundlage für die Werbeabgabe das Entgelt für die Veröffentlichung (Verbreitung), nicht aber sonstige[,] mit der Erstellung aufgelaufene und in Rechnung gestellte Kosten." - Gegenständlich wurde von Industrielieferanten ein Druckkostenbeitrag geleistet, dessen Heranziehung als BMG in Streit stand. (VwGH 2010/17/0104 v 28. 6. 2011) NoVA-Schuldner bei Auslandsleasing

Der UFS hatte sich mit der Frage des Abgabenschuldners beim Leasing eines ausländ Fahrzeuges einer ausländ Leasinggesellschaft durch einen inländ Unternehmers zu beschäftigen. Das FA schrieb die Normverbrauchsabgabe dem Leasingnehmer vor. Der UFS verneinte dies und vertrat die Auffassung, dass § 1 Z 2 NoVAG zur Anwendung kommt. Somit liegt die Steuerschuldnerschaft beim Leasinggeber. Betreibt der Leasinggeber sein Unternehmen (ohne Sitz und Betriebsstätte im Inland) vom übrigen Gemeinschaftsgebiet aus, und vermietet bzw verleast er bisher im Inland noch nicht zum Verkehr zugelassene KFZ iSd § 2 NoVAG, so ist für die Festsetzung und Erhebung der NoVA gem § 12 AVOG das FA Graz-Stadt zuständig. (UFS RV/0422-I/08 v 15. 7. 2011) Normverbrauchsabgabe bei Reisemobilen

Das BMF hat seine Rechtsmeinung zur NoVA-Pflicht bei Reisemobilen kundgemacht. Bei der Festlegung der Normverbrauchsabgabe sind für Campingbusse (Kastenwagen), deren äußeres Erscheinungsbild dem normalen Kombifahrzeug entspricht, die Verbrauchswerte dieses Kombifahrzeuges heranzuziehen. Für Alkovenmodelle, teilintegrierte und vollintegrierte Fahrzeuge ist für die Festlegung der Normverbrauchsabgabe ein Aufschlag von 15% auf die Verbrauchswerte des jeweils zugrunde liegenden Kombifahrzeuges anzuwenden. (BMF-010220/0136-IV/9/2011 v 8. 8. 2011)

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