Familienrecht: Adoption

Prof. Dr. iur. Roland Fankhauser

Adoption (§ 5) Anwendbares Recht

Inlandadoption: - Art. 264 – 269c ZGB - Verordnung über die Adoption 1 (Adoptionsverordnung, AdoV) - Verordnung über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 2 (PAVO)

Auslandadoption: - Haager Übereinkommen vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen 3 Adoption - Bundesgesetz vom 22.6.2001 zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adop4 tionen (BG-HAÜ)

Arten der Adoption

Unterschieden nach der zu adoptierenden Person: - Minderjährigenadoption, Art. 264 ff. ZGB - Volljährigenadoption, Art. 266 ZGB

Unterschieden nach der/den adoptierenden Person/en: - Gemeinschaftliche Adoption, Art. 5, 6 264a ZGB 7, 8 - Einzeladoption, Art. 264b ZGB

Voraussetzungen innerschweizerischer Adoption

Minderjährigenadoption, Art. 264 ff. ZGB: - Zu adoptierendes Kind ist minderjährig - Mind. einjähriges Pflegekindverhält9, 10 nis 11 - Kindeswohl des zu adoptierenden Kindes 12 - Altersdifferenz 13 - Zustimmung der Eltern des Kindes - Keine Unbilligkeit bzgl. anderen Kindern der Adoptierenden - Zustimmung des urteilsfähigen Kin14 des

Volljährigenadoption, Art. 266 ZGB:

a) allgemeine Voraussetzungen

- Zu adoptierendes Kind ist volljährig - Kinderlosigkeit des oder der Adoptierenden im Zeitpunkt der Adoption - Mind. fünfjähriges Pflegekindverhältnis - Vorliegen einer Voraussetzung nach Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1-3: • Dauernde Hilfsbedürftigkeit der zu adoptierenden Person • Während Minderjährigkeit unter Obhut des oder der Adoptierenden gestanden 15, • Vorliegen wichtiger Gründe 16

- Adoption muss zum Wohl der zu 17 adoptierenden Person sein 18 - Altersdifferenz - Zustimmung der urteilsfähigen, zu adoptierenden Person - Zustimmung des allfälligen Ehegat19 ten der zu adoptierenden Person b) besondere Voraussetzungen bzgl. Adoptierende

Bei gemeinschaftlicher Adoption: - Adoptierende müssen Ehegatten sein 20, 21 - Mind. 5 Jahre Ehedauer oder 35. Altersjahr zurückgelegt Bei Stiefkindadoption: - Kein Kindesverhältnis zum adoptierenden Stiefelter 22 - Mind. 5 Jahre Ehedauer Bei Einzeladoption: 23 - Adoptierender ist mind. 35 Jahre alt - Falls Adoptierender verheiratet ist, muss entweder die gemeinschaftliche 24 Adoption unmöglich sein, weil: • Ehegatte dauernd urteilsunfähig, Ehegatte seit mehr als 2 Jahren mit unbekanntem Aufenthalt abwesend oder 25 • die Ehe seit mehr als 3 Jahren gerichtlich getrennt ist.

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Wirkungen

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Minderjährigenadoption, Art. 267 f. ZGB: - Begründung Kindesverhältnis zw. Kind und Adoptierenden - Kind erhält Kantons- und Gemeinde27, 28 bürgerrecht der Adoptiveltern 29 - Volle Erbberechtigung des Kindes - Erlöschen bisher bestehender Kin30 desverhältnisse

Volljährigenadoption, Art. 267 ZGB: - Begründung Kindesverhältnis zw. 31 Kind und Adoptierenden 32 - Volle Erbberechtigung des Kindes - Erlöschen bisher bestehender Kin33 desverhältnisse

Adoptionsgeheimnis: Grundsätzlich ist jeder, der von der Adoption Kenntnis erlangt hat, zur Geheimhaltung verpflichtet. Gemäss Art. 268b ZGB dürfen die leiblichen Eltern die Identität der Adoptiveltern ohne deren Zustimmung nicht kennen. Die biologischen Eltern haben aber zumindest das Recht zu erfahren, ob ihr Kind adoptiert worden ist. Nach Art. 268c ZGB steht dem Adoptivkind (grundsätzlich ab dem 18. Altersjahr) das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung (und damit Identität der leiblichen Eltern) zu, woraus sich auch eine Aufklärungspflicht der 34, 35 Eltern ableiten lässt. Verfahren (Art. 268 f. ZGB)

Örtlich zuständig für das Adoptionsverfahren ist die Behörde am Wohnsitz der 36 Adoptiveltern. 37 Die sachlich zuständige Behörde wird durch das kantonale Recht bezeichnet. 38 Das Verfahren wird durch das Adoptionsgesuch eingeleitet, worauf alle we39 sentlichen Umstände umfassend untersucht werden. Mit der Adoptionsverfü40 gung findet das Verfahren seinen Abschluss.

Anfechtung der Adoption (Art. 269–269b ZGB)

Aktivlegitimation (je nach Anfech41 tungsgrund ): a) Zustimmungsberechtigte bei feh42 lender Zustimmung

Passivlegitimation: Adoptiveltern und das Kind (ausser selbst Kläger)

b) Jedermann mit Interesse bei 43 schwerwiegenden Mängeln Anfechtungsfrist (Art. 269b ZGB)

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Die Klage ist innert sechs Monaten seit Kenntnis des Anfechtungsgrundes und 44 spätestens innert 2 Jahre nach der Adoption zu erheben.

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Anmerkungen: 1

SR 211.221.36.

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SR 211.222.338.

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SR 0.211.221.311. Nach diesem internationalen Übereinkommen ist es möglich, die internationale Adoption bereits im Herkunftsland des Kindes auszusprechen. Diese Adoption entfaltet dann auch in der Schweiz volle Wirksamkeit. Art. 2 des Übereinkommens definiert den Anwendungsbereich wie folgt: „(1) Das Übereinkommen ist anzuwenden, wenn ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat («Heimatstaat») in einen anderen Vertragsstaat («Aufnahmestaat») gebracht worden ist, wird oder werden soll, entweder nach seiner Adoption im Heimatstaat durch Ehegatten oder eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Aufnahmestaat oder im Hinblick auf eine solche Adoption im Aufnahme- oder Heimatstaat. (2) Das Übereinkommen betrifft nur Adoptionen, die ein dauerhaftes Eltern-Kind-Verhältnis begründen.“ Eine Auslandadoption liegt somit auch vor, wenn ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat in die Schweiz gebracht wird, um hier adoptiert zu werden.

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SR 211.221.31. Die Adoption im Heimatstaat des Kindes findet unter Mitwirkung der schweizerischen Zentralbehörde statt (Art. 2 BG-HAÜ). Art. 17 ff. BG-HAÜ sehen verschiedene Schutzmassnahmen zu Gunsten des ausländischen Kindes vor. Insbesondere bestellt die Kindesschutzbehörde nach Art. 17 Abs. 1 BG-HAÜ dem Kind vor Einreise in die Schweiz einen Beistand, sofern die Adoption im Heimatstaat des Kindes erfolgt ist und diese voraussichtlich in der Schweiz anerkannt wird. Vor Inkrafttreten des obgenannten Haager Übereinkommens und des BG-HAÜ am 1.1.2003 wurden Auslandadoptionen von Eltern mit Wohnsitz in der Schweiz nur unter den Voraussetzungen von Art. 78 Abs. 1 IPRG, wenn sie im Staat des Wohnsitzes oder im Heimatstaat der adoptierenden Person oder der adoptierenden Ehegatten ausgesprochen worden sind, anerkannt. In der Praxis wurde dem zu adoptierenden Kind in der Schweiz der Status eines Pflegekindes verliehen. Anschliessend konnte es nach Ablauf der zweijährigen Frist von aArt. 264 ZGB gemäss binnenschweizerischem Recht adoptiert werden (vgl. SUTTER-SOMM/KOBEL, Familienrecht, Zürich 2009, § 7, N 774 f.).

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Zwei Konstellationen sind zu unterscheiden: In der ersten Konstellation will ein Ehepaar gemeinsam nach Art. 264a Abs. 1 ZGB ein Kind adoptieren. Zwischen dem Kind und den beiden Ehegatten besteht noch kein Kindesverhältnis. In der zweiten Konstellation besteht bereits ein Kindesverhältnis zu einem der beiden Ehegatten. Durch die Adoption wird eines zum anderen Ehegatten hergestellt. Dieser Fall wird als sog. Stiefkindadoption bezeichnet und ist von Art. 264a Abs. 3 ZGB erfasst. Die gemeinschaftliche Adoption ist Ausdruck des bereits in den Institutionen enthaltenen Grundsatzes: „adoptio naturam imitatur“ (Inst. 1, 11 § 4), frei übersetzt: die Adoption ahmt die Natur nach. Die gemeinschaftliche Adoption steht nur verheirateten Personen offen (Art. 264a ZGB). E contrario ist sie homosexuellen Personen, die in eingetragener Partnerschaft leben, verwehrt (ausdrücklich Art. 28 PartG). Daraus folgt, dass über die gemeinschaftliche Adoption hinaus der Registereintrag auch der Stiefkindadoption (vgl. auch BGE 137 III 241 (5A.774/2010)) und der Einzeladoption entgegensteht. Im Gegensatz dazu erlauben zahlreiche ausländische Rechtsordnungen die gemeinsame Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare (vgl. FamKomm Eingetragene Partnerschaft/SCHWENZER, Art. 28 N 10). Die Materialien zu Art. 28 PartG zeigen auf, dass vor allem der Grundsatz, die Adoption bilde die Natur nach, sowie daraus folgend entwicklungspsychologische Gründe den Gesetzgeber zum Verbot bewogen (Botschaft, BBl 2003 1320), wobei einschlägige Untersuchungen diese Befürchtungen entkräften (vgl. ZK PartG-SCHWEIGHAUSER, Art. 28 N 19 ff.). Es bestehen jedoch momentan Bestrebungen, die Stiefkindadoption auch gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren zu öffnen. Ein entsprechender Vorentwurf wurde am 29. November 2013 in die Vernehmlassung geschickt. (Vgl. auch das Urteil des EGMR gegen Österreich, das eine gesetzliche Regelung, welche die Adoption durch den unverheirateten verschiedengeschlechtlichen Partner der Mutter des Kindes ermöglicht, nicht jedoch die Adoption durch die gleichgeschlechtliche Partnerin, als Verstoss gegen Art. 14 i.V.m. 8 EMRK klassifiziert, EGMR, 19.02.2013 = FamPra.ch 2013, 781 ff.) Zur Einzeladoption durch homosexuelle Personen siehe Fn. 8.

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Gemäss BGer stellt die gemeinschaftliche Adoption die Regel und die Einzeladoption die Ausnahme dar. Daraus folgt aber nicht, dass die Einzeladoption nur in besonderen Ausnahmesituationen zuzulassen sei (BGE 125 III 161 E. 4 = Pra 88 (1999) Nr. 149). Dieser Entscheid wurde von der

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Lehre dahingehend kritisiert, dass die Einzeladoption keine freie Alternative zur gemeinschaftlichen Adoption sei. Ihr Anwendungsbereich habe sich auf die Bewältigung besonderer Mangelsituationen (wenn die Zahl der elternlosen Kinder jene der adoptionswilligen Paare übersteigt) zu beschränken und sei gerechtfertigt, wenn der Nachteil des Kindes, nur ein Elternteil zu erhalten, geringer sei, als überhaupt nicht adoptiert zu werden (CYRIL HEGNAUER, Zum Ausnahmecharakter der Einzeladoption – Bemerkungen zu BGE 125 III 161, ZVW 1999, 239 ff., 241, 243). 7

Art. 264b ZGB sieht zwei Arten von Einzeladoption vor: Nach Abs. 1 kann jemand allein adoptieren, wenn er unverheiratet ist und das 35. Altersjahr zurückgelegt hat. Gemäss Abs. 2 kann eine verheiratete Person allein adoptieren, sollte die gemeinschaftliche Adoption wegen Urteilsunfähigkeit oder Abwesenheit des anderen Ehegatten unmöglich sein oder falls die Ehe seit mehr als drei Jahren gerichtlich getrennt ist. Hierbei ist die Altersschranke von 35. Jahren ebenfalls zu beachten.

8

EGMR – Entscheid Emonet c. Suisse du 13.12.2007 (no. 39051/03): Der EGMR hat entgegen dem Bundesgericht (BGE 129 III 656) entschieden, der Verlust des Kindesverhältnisses als Folge der Adoption durch den Lebenspartner der Mutter verletze das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK). In der Folge wurde BGE 129 III 656 mit Revisionsurteil 5F_6/2008 aufgehoben (vgl. auch Bemerkungen von MICHEL HOTTELIER, Jusletter vom 6.10.08, sowie JURIUS, Jusletter vom 17.12.07). Zur Einzeladoption durch eine homosexuelle Frau: EGMR – Entscheid E.B. c. France vom 22.1.2008, (no. 43546/02): Die französischen Behörden verweigerten der Frau die Einzeladoption wegen Fehlen einer väterlichen Bezugsperson für das Kind und Unklarheit über die Rolle der Lebenspartnerin der Antragstellerin. Der EGMR führte aus, die Frage nach einer Bezugsperson des anderen Geschlechts stelle sich immer bei einer Einzeladoption. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Möglichkeit einer Einzeladoption ausgehöhlt werde. Der EGMR würdigte die Ablehnung des Gesuchs als eine unzweifelhaft mit der EMRK nicht vereinbare Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung und stellte eine Verletzung von Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK fest (vgl. auch Bemerkungen von MATTHIAS JAGGI, Jusletter vom 17.3.08). In einem ähnlichen Fall aus dem Jahre 2002 entschied der EGMR noch gegenteilig (Fretté c. France vom 26.2.2002, no. 36515/97).

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Die Begründung eines Pflegekindverhältnisses für die Aufnahme zwecks späterer Adoption unterliegt nach Art. 4 AdoV der Bewilligungspflicht und wird durch eine kantonale Behörde überwacht (Art. 2 Abs. 2 lit. c AdoV). Im Kanton Basel-Stadt ist dies das Erziehungsdepartement (§ 3 Abs. 1 VO über die Aufnahme von Kindern in Heimen und Pflegefamilien, BS, SG 212.250). Für den Kanton Basel-Landschaft übernimmt die Sicherheitsdirektion diese Aufgabe (§ 58 Abs. 1 lit. c EG ZGB BL, GS 36.0153). Bereits bei Erteilung der Bewilligung des Pflegekindverhältnisses sind die Voraussetzungen der künftigen Adoption zu prüfen. Die Adoptionspflegebewilligung schafft Vertrauen im Hinblick auf die spätere Adoption. Im Nachhinein soll dieses Vertrauen nicht ohne Not gestützt auf Tatsachen, die beim Erteilen der Adoptionspflegebewilligung bekannt waren, zerstört werden (BGE 135 III 80 E 3.3).

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Mit Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, RF.2004/59, vom 13.9.2004 und mit Bestätigung des Entscheids in BGer 5A.35/2004 vom 4. Februar 2005 wurde die Bewilligung eines Pflegeplatzes im Hinblick auf eine Adoption verweigert, da die kinderlosen Gesuchsteller den Neffen des Ehemannes adoptieren wollten, ohne den Kontakt zu seiner biologischen Familie abzubrechen. Das Gericht erachtete es als wichtig, dass sich das Kind in einer Familie verankert fühlt und nicht zwischen zweien hin- und hergerissen ist. Im Vorgehen der beteiligten Eltern des Kindes erblickte es eine „Verleihung“ und dadurch unzulässige Instrumentalisierung des Kindes (Kantonales Urteil abgedruckt in: FamPra.ch 2005, S. 149 ff.). Zur Prüfung des Gesuchs um Bewilligung des Pflegekindverhältnisses: BGer 5A.21/1999 vom 21.12.1999, Beurteilung der Eignung zur gleichzeitigen Aufnahme von fünf Pflegekindern.

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Die Maxime des Kindeswohls umfasst den elementaren Bereich der körperlichen, geistigen und seelischen Integrität des Kindes. Sie beinhaltet für den sozialpsychischen Bereich, dass das Kind in von Verantwortung und Zuneigung geprägten Beziehungen aufwachsen kann. Die Verwirklichung des Kindeswohls soll Ziel der (pfleg-)elterlichen Erziehung und Pflege wie auch deren Schranke bilden (vgl. HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts, Bern 1999, § 26, N 26.04a ff.). Nach BGE 136 III 423 ist bei der Adoption eines verwandten Kindes der Prüfung des Kindeswohls besondere Beachtung zu schenken. Der Abbruch der Beziehung zu den leiblichen Eltern ist zwar keine förmliche Voraussetzung, doch eine Familiengemeinschaft, in der die leiblichen Eltern auch nach der Adoption ihres Kindes tatsächlich dessen Entwicklung mitverfolgen können, ist in hohem Masse konfliktgefährdet, was nicht im Interesse des Kindes liegt.

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Gemäss Art. 265 Abs. 1 ZGB muss das Kind mindestens 16 Jahre jünger sein als die Adoptiveltern. Zweck dieser Bestimmung ist eine Angleichung an die biologische Elternschaft und als Folge davon eine ausgewogene Familienstruktur. Eine maximale Altersdifferenz ist im ZGB nicht vorgesehen, doch kann das Kindeswohl die Obergrenze vorgeben. Die Adoptierenden sollen in der Lage sein, während der Entwicklungsphase des Kindes Verständnis für seine Bedürfnisse aufzubringen und die nötige elterliche Betreuung zu gewährleisten (BSK-BREITSCHMID, Art. 265 N 4). Beachte zudem Art. 5 Abs. 4 AdoV. Demnach ist die Adoptionseignung künftiger Adoptiveltern zu verneinen, wenn der Altersunterschied zwischen dem aufzunehmenden Kind und den künftigen Adoptiveltern mehr als 45 Jahre beträgt. Die Eignung kann ausnahmsweise gegeben sein, namentlich wenn bereits eine vertraute Beziehung besteht.

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Nach Art. 265a Abs. 1 ZGB müssen die Eltern des Kindes der Adoption zustimmen. Diese Erklärung ist gegenüber der Kindesschutzbehörde abzugeben (Abs. 2) und kann frühestens sechs Wochen nach der Geburt des Kindes erteilt (Art. 265b Abs. 1 ZGB) und innert einer gleichlangen Frist einmal widerrufen werden (Abs. 2). Wird die Zustimmung danach wieder erneuert, ist sie endgültig; ein zweiter Widerruf somit nicht möglich (Abs. 3). Wird das zu adoptierende Kind während des Adoptionsprozesses volljährig, kann es sich ohne die Zustimmung der leiblichen Eltern adoptieren lassen (BGE 137 III 1). In den Fällen von Art. 265c ZGB kann von der Zustimmung eines Elternteils abgesehen werden.

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Falls das Kind bereits urteilsfähig ist, muss es notwendigerweise der Adoption zustimmen (Art. 265 Abs. 2 ZGB). Die Urteilsfähigkeit beurteilt sich nach Art. 16 ZGB. Es ist zu ermitteln, ob das Kind Wesen und Wirkungen einer Adoption erfassen kann (BSK-BREITSCHMID, Art. 265 N 6). Das Bundesgericht nimmt Urteilsfähigkeit ab einem Alter von ca. 12-14 Jahren an (BGE 119 II 1, E. 4b; BGer 5C.251/2001 vom 19.4.2002).

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Die Voraussetzungen von Art. 266 Abs. 1 Ziff. 1-3 ZGB stehen alternativ zueinander. Es genügt, wenn in concreto eine davon gegeben ist.

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Das Bundesgericht bewertete eine enge persönliche Beziehung zwischen adoptierender und zu adoptierender Person sowie das gemeinsame Führen eines Bauernhofs während 14 Jahren als nicht ausreichend für die Annahme eines wichtigen Grundes nach Art. 266 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB. Es sah das Adoptionsgesuch vielmehr von wirtschaftlichen Motiven – der Übertragung des landwirtschaftlichen Gewerbes - getragen (BGer 5A_803/2008 vom 5. März 2009 E. 5.2).

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Gemäss Art. 266 Abs. 3 ZGB finden die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger entsprechende Anwendung. Dieser Verweis schliesst das Erfordernis der Zustimmung der leiblichen Eltern nach 265a ff. ZGB nicht mit ein (BGE 137 III 1). Eine volljährige Person kann sich somit ohne die Zustimmung der leiblichen Eltern adoptieren lassen.

18

Das Bundesgericht verlangt ausdrücklich auch bei der Volljährigenadoption eine Altersdifferenz zwischen Adoptierenden und Adoptierten von mindestens 16 Jahren (BGE 102 II 79).

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Sollte die zu adoptierenden Person verheiratet sein, ist die Zustimmung zur Adoption durch ihren Ehegatten erforderlich (Art. 266 Abs. 2 ZGB).

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Alternativ, aber zwingend verlangt.

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Beide Ehegatten müssen miteinander mindestens fünf Jahre verheiratet sein und beide müssen das 35. Altersjahr zurückgelegt haben (BSK-BREITSCHMID, Art. 264a N 5). Es gibt Revisionsbestrebungen das Mindestalter von 35 Jahren auf 28 Jahre herunterzusetzen und die Mindestehedauer von fünf auf drei Jahre zu kürzen, vgl. Art. 264a Abs. 1 VE ZGB.

22

Gemäss des Vorentwurfs des Bundesrates soll die Mindestehedauer auf 3 Jahre verkürzt werden.

23

Auch bezüglich des Mindestalters des Adoptierenden bei einer Einzeladoption gibt es Revisionsbemühungen dieses auf 28 Jahre anzusetzen, vgl. Art. 264b Abs. 1 und VE ZGB.

24

Die gemeinschaftliche Adoption muss unmöglich sein, weil die Zustimmung des Ehegatten nicht eingeholt werden kann oder unzumutbar ist (SUTTER-SOMM/KOBEL, Familienrecht, Zürich 2009, § 7, N 771).

25

Gemäss Art. 117 ZGB. In Art. 264b Abs. 2 ZGB ist nicht die Eheschutzmassnahme, sondern die Trennung als Alternative zur Scheidung gemeint (BGE 125 III 57 E. 2b).

26

Es handelt sich um eine sog. Volladoption, wodurch das Adoptivkind die Stellung wie jene eines ehelichen Kindes der Adoptiveltern erhält. Gleichzeitig wird es rechtlich aus seiner bisherigen Familie losgelöst (Zu diesem gesetzgeberischen Entscheid vgl. Botschaft, BBl 1971 I 1229 ff.).

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Art. 267a ZGB. Bei gemeinschaftlicher Adoption findet Art. 271 Abs. 1 ZGB Anwendung. Das Kind erhält diesfalls das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils dessen Namen es trägt.

28

Wird ein Kind schweizerischer Staatsangehörigkeit durch eine Person ausländischer Staatsangehörigkeit adoptiert, beurteilt sich eine allfällige Änderung des Bürgerrechts nach dem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, SR 141.0.

29

Erbberechtigung gemäss Art. 457 und 471 Ziff. 1 ZGB.

30

Bei der Stiefkindadoption erlischt das bisherige Kindesverhältnis zum Ehegatten des Adoptierenden nicht (Art. 264a Abs. 3 ZGB). Gestützt auf den EGMR - Entscheid Emonet (vgl. Fn. 7) erlöscht das Kindesverhältnis auch nicht, wenn der Lebenspartner das Kind der Mutter adoptiert.

31

Mit der Adoption erhält das Adoptivkind die Rechtsstellung eines Kindes der Adoptiveltern und somit auch deren Namen (Art. 267 Abs. 1 i.V.m. Art. 270 Abs. 1 ZGB). Dieser gesetzliche Namenswechsel kann nur durch eine Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB rückgängig gemacht werden. Eine solche wird jedoch nur bewilligt, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.

32

Erbberechtigung gemäss Art. 457 und 471 Ziff. 1 ZGB.

33

Bei der Stiefkindadoption erlischt das bisherige Kindesverhältnis zum Ehegatten des Adoptierenden nicht (Art. 264a Abs. 3 ZGB). Vgl. hierzu auch Fn. 27.

34

Das Adoptionsgeheimnis dient der vollständigen Lösung von der biologischen Familie und der sozialen Integration in die Adoptionsfamilie (BSK-BREITSCHMID, Art. 268b/268c N 1 ff.). Vor Inkrafttreten (1. Januar 2003) der ausdrücklichen Grundlage in Art. 268c ZGB wurde der Anspruch des Kindes auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit (Art. 10 BV), als Teil des Persönlichkeitsrechtes sowie auf die UN-Kinderrechtskonvention (Art. 7 Abs. 1 KRK) gestützt (vgl. dazu BGE 128 I 63 E. 2 - 5). Zum Verfahren der Kenntnisnahme sowie der ausnahmsweisen Kenntnisnahme vor dem 18. Altersjahr, vgl. Art. 268c ZGB.

35

Vgl. zur Kritik dazu: MONIKA PFAFFINGER, Von geheimen und (halb-)offenen Adoptionen, FamPra.ch 2008, S. 1 ff.

36

Art. 268 Abs. 1 ZGB.

37

Im Kanton Basel-Stadt bezeichnet der Regierungsrat gemäss § 43 Abs. 1 EG ZGB, BS, SG 211.100, das zuständige Departement. Gemäss § 2 Abs. 1 Ziff. 1a ZuständigkeitsV, SG 153.110, wurde diese Kompetenz dem Erziehungsdepartement übertragen. 38 Art. 268 Abs. 2 ZGB. 39

Art. 268a Abs. 1 ZGB. Anhaltspunkte zur notwendigen Abklärung enthält Art. 268a Abs. 2 ZGB.

40

Eine genauere Regelung des Adoptionsverfahrens enthält § 43 EG ZGB, BS, SG 211.100: „Adoptionsgesuche sind dem vom Regierungsrat als zuständig bezeichneten Departement schriftlich begründet einzureichen. Beizulegen sind amtliche Nachweise über Handlungsfähigkeit, Familienverhältnisse, Alter und Wohnsitz des Adoptierenden und des zu Adoptierenden. 2 Das Departement nimmt die erforderlichen Erhebungen vor und holt, falls eine der Parteien unter umfassender Beistandschaft oder das minderjährige Adoptivkind unter Vormundschaft steht, die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ein, in welcher die Vernehmlassung der gesetzlichen Vertreterin bzw. des gesetzlichen Vertreters zu erwähnen ist. 3 Das Departement erlässt die Adoptionsverfügung; sie ist kurz zu begründen und hat allenfalls die Verleihung eines neuen Vornamens an den Adoptierten zu enthalten. 4 Das Departement setzt die Kosten fest; es veranlasst die in der bundesrätlichen Zivilstandsverordnung vorgeschriebenen amtlichen Mitteilungen.“.

41

Die Anfechtungsgründe sind in Art. 269 f. ZGB geregelt. Die einverständliche Aufhebung der Adoption ist nicht möglich. Die Aufhebung der Adoption durch eine neue Adoption ist jedoch nicht ausgeschlossen (BGE 137 I 154).

42

Art. 269 Abs. 1 ZGB.

43

Art. 269a Abs. 1 ZGB.

44

Art. 269b ZGB.

Statistik: Im Jahr 2012 wurden 513 Kinder adoptiert, wovon vor der Adoption 185 schweizerischer und 328 ausländischer Staatsangehörigkeit waren. In 488 Fällen kam es zu gemeinschaftlichen Adoptionen und in 25 Fällen zu Einzeladoptionen (vgl. www.bfs.admin.ch, Statistik für Periode 1980-2012, Tabelle 1.2.2.2.5.1). FS 2014

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