Familie gut, alles gut

Familie gut, alles gut Work-Life-Balance Wie findet man das Gleichgewicht zwischen Betrieb und Freizeit? Gerade in schwierigen Zeiten ist das besonder...
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Familie gut, alles gut Work-Life-Balance Wie findet man das Gleichgewicht zwischen Betrieb und Freizeit? Gerade in schwierigen Zeiten ist das besonders wichtig.

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ie Getreideernte hängt vom Wetter ab, Gülle ausbringen darf man nur zu dem Zeitpunkt, zu dem das Gesetz es erlaubt, und Gesellschaft und Politik schreiben vor, wie Nutztiere zu halten sind. Alle Herausforderungen meistern Landwirte mit Herzblut und Leidenschaft. Trotzdem belasten schlechte Preise und fehlende Anerkennung für die Arbeit die Stimmung in der Familie. Das weiß auch Landwirt Roland Zieher: ,,Bei den Getreidetiefpreisen gibt es zum Beispiel kein neues Fahrrad. Da müssen die eigenen Wünsche zurückgestellt werden." Dass es gerade in schwierigen Zeiten besonders wichtig ist, sich ,,von der Situation nicht

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• Neben Arbeit und Sorgen im Betrieb ist es schwer, Raum für Freizeit zu finden und für gute Stimmung in der Familie zu sorgen. • Doch gerade daraus schöpfen Betriebsleiter Kraft für die Herausforderungen im Alltag. • Eine strukturierte Planung des Arbeitstags ist ein Weg, der Freizeit genügend Platz einzuräumen. • Gesteht man sich kleine Auszeiten zu; gilt es, diese auch sinnvoll zu nutzen.

auffressen zu lassen" und das Verhältnis in der Familie zu pflegen, weiß der Bullenmäster aus dem bayerischen Wittelshofen aus Erfahrung. ,,Vor ein paar Jahren haben wir für eine Baumaßnahme die 10.000 Euro Förderung fast nicht bekommen, weil der zuständige Sachbearbeiter geschlampt hat. Mit dem Bau hatten wir aber schon angefangen. Das war natürlich eine große fi nanzielle Belastung, die uns die ein oder andere schlaflose Nacht gekostet und sich enorm auf die Stimmung in der Familie ausgewirkt hat", berichtet er. Auf sich sitzen lassen wollte Roland Zieher dies nicht ,,Letzendlich haben wir die Förderung doch noch bekommen. Das

und im schlimmsten Fall führt das zu Krankheiten und zum Ausfall der Arbeits kraft. ,,Manchmal, wenn einer von uns schwarz sieht, klopft ihm jemand von uns auf die Schulter und man blickt gemeinsam nach vorn. Das fördert den Zusammenhalt und schweißt zusammen", begründet Landwirt Roland Zieher, warum er sich um eine offene Kommunikationskultur in der Familie bemüht und sich bewusst Zeit für seine Frau und seinen Sohn nimmt. ,,Auch kleine gemeinsame Auszeiten vom Betrieb, wie die Kaffeepause am Nachmittag oder abends zusammen eine Komödie im Fernsehen anschauen trägt viel zur Stimmung in der Familie bei", weiß der Bullenmäster aus Erfahrung.

Grundstein für die Zukunft

ist nur unserem Zusammenhalt zu verdanken. Wir haben gemeinsam als Familie gekämpft und eine Lösung gefunden."

Fundament Familie Der große Vorteil eines Familienunternehmens ist, dass die unternehmerische Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt ist und eben gerade nicht nur auf einer Person lastet. Doch wenn es innerhalb der Familie Ungereimtheiten gibt, wackelt dieses Fundament. Wenn die Liquidität knapp wird und so ein unverschuldetes Span nungsfeld entsteht, wird es umso schwerer, für gute Stimmung im Familienbund zu sorgen. Roland Zieher löst dieses Problem,

indem er feste Familienzeiten einplant und auch einhält: ,,Morgens um 6 Uhr gibt's Frühstück und nachmittags um halb fünf, wenn mein Sohn nach Hause kommt, wird gemeinsam warm gegessen - jeden Tag." Das gibt ihm, seiner Frau und seinem Sohn die Gelegenheit, zu besprechen, was den einzelnen beschäftigt. ,,Und genau das ist wichtig, über die Sorgen der einzelnen zu reden", betont Familienberaterin Lydia Keune-Sekula ( www. waterhuus.de). ,,Gerade Männer fressen Probleme oft in sich hinein, um ihre Familie damit vermeindlich zu schützen." Doch dann werden sie zunehmend unzufriedener, der Stresspegel steigt d adurch

Viele Landwirte nehmen sich diese Zeit nicht, weiß Anne Dirksen, die das Sachgebiet Familie und Betrieb/Sozioökonomische Beratung bei der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen leitet. ,,AufBetriebsleitern lastet der große Verantwortungsdruck, immer erreichbar und ansprechbar sein zu müssen. Sie haben das Gefühl, nie fertig zu sein mit der Arbeit." Auf dem Hof gibt es in1mer etwas zu tun und die Familie taucht auf der Prioritätenliste erst weit unten auf. Dann verlieren die Familienmitglieder den Kontakt zueinander und den Blick füreinander, egal ob zwischen Kind und Elternteil oder zwischen den Ehepartnern. Das liegt jedoch nicht daran, dass den Männern die Familie egal ist. ,,Wenn ich die Landwirte frage, ob ihnen die Familie wichtig ist, antworten sie mit ja", berichtet Familienberaterin Lydia Keune-Sekula. ,,Wenn ich sie dann frage, woran die Familie das merkt, schweigen sie meistens." Arbeit und Familie sind in der Landwirtschaft kaum zu trennen: unregelmäßige Arbeitszeiten und die räumliche Nähe und damit fehlende Distanz zum Arbeitsplatz. Die Gefahr, dass der Betrieb überhandnimmt, ist groß. ,,Wenn neben der Arbeit keine Zeit für etwas anderes bleibt, kommt die Abrechnung dann zum Zeitpunkt der Hofübergabe", warnt Anne Dirksen von der LWK Niedersachsen. Die Arbeitsbelastung macht den Hofnachfolgern zunehmend Angst und sie lehnen das Erbe ab. Mit einem ausgeglichenen Verhältnis zwischen Familie und Betrieb sind Sie demnach nicht nur den aktuellen Anforderungen besser gewachsen, sondern legen auch einen wichtigen Grundstein für die Zukunft Ihres Betriebs.

Struktur schafft Zeit Doch wie können Landwirte es schaffen, neben der ganzen Arbeit im Betrieb noch MAI 2015

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Topthema

Zeit für die Familie einzuplanen? ,,Indem man erst einmal herausfindet, mit welchen Dingen man seine Zeit eigentlich verbringt", weiß Daniel Wettemann von der AgriConcept Beratungsgesellschaft mbH

( www.agriconcept.de). Der erste Sch ritt ist, zwei bis vier Wochen aufzuschreiben, was man den Tag über gemacht und wie lange man dafür jeweils gebraucht hat: von Füttern und Säen über Abendessen und Familienradtour bis hin zum ungezwungenen Gespräch mit dem Nachbarn oder dem Surfen im Internet mit dem Handy. Ist diese Liste erstellt, kann der Landwirt daran ablesen, wie viel Zeit er mit der Arbeit und wie viel mit Freizeitaktivitäten verbracht hat. Es gilt abzuwägen, welche Punkte wirklich wichtig waren und eventuell in Euro und Cent zu greifen sind, und welche nicht. Welche Arbeiten sind wirtschaftlich? Welche sind überflüssig? Welche Arbeiten kann man zeitlich optimieren oder auslagern? Wurde womöglich potenzielle Familienzeit mit unwichtigen Dingen verbracht? ,,Der ein oder andere Betriebsleiter wird erschrecken, wenn er sieht, wie viel Zeit er verplempert hat", ist Daniel Wettemann überzeugt. Der Betriebsberater rät, anhand der Liste Arbeitsabläufe zu standardisieren und in einen Wochen- oder Monatsplan einzutragen. Landwirt Roland Zieher arbeitet bereits mit einem solchen Plan . ,,In unserem Büro liegt ein Kalender, in dem jeder seine Arbeiten im Betrieb und auch die privaten Termine einträgt", erklärt er. So viel Struktur ist es unter anderem zu verdanken, dass er im Rahmen des Ceres Award zum Rinderhalter des Jahres 2014

gewählt wurde (siehe Beitrag ,,Familie macht stark': in dlz 8/2015 ab Seite 98). ,,Arbeiten strukturiert zu erledigen, ist effizienter und schafft Freiräume", betont auch Betriebsberater Daniel Wettemann. Wiederkehrende Aufgaben sollten immer einen festen Platz im Tagesablauf haben , wie das Melken, das in Betrieben ohne Melluoboter meist zu einer ganz bestimmten Zeit erled igt wird. ,,Anhand meiner Aufzeichnungen kann ich zum Beispiel auch erkennen, dass jeder zweite Mittwoch

,, Wenn einer von uns schwarz sieht, klopft ihm ein anderer von uns auf die Schulter und man blickt gemeinsam nach vorn." ROLAND ZIEHER Bullenmäster aus Wittelshofen, Bayern

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ein guter Zeitpunkt für das Kälberenthornen ist", nennt Daniel Wettemann ein weiteres Beispiel.

Die anderen wertschätzen ,,Für die Stimmung in der Familie ist es wichtig, so einen Plan gemeinsam mit den mitarbeitenden Familienangehörigen zu erstellen und feste Zuständigkeiten für die Arbeiten zu benennen", ergänzt Familienberaterin Lydia Keune-Sekula. ,,Gerade Frauen empfingen das Arbeiten auf dem Hof oft als hierarchisch." Beziehen Sie die mitarbeitenden Familienangehörigen in die Planungen ein und übertragen ihnen Verantwortung, können diese sich besser mit dem Betrieb identifizieren. Jeder möchte in seinem Bereich erfolgreich sei n und das wirkt sich auf den Gesamterfolg des Betriebs a.us. Zudem zeigen Sie so Wertschätzung gegenüber Ihrer Frau oder dem Hofnachfolger und senken das Risiko von Spannungen zusätzlich. Denn wer H ilfe bei der landwirtschaftlichen Familienberatung sucht, dem geht es meistens um fehlende Anerkennung. Finanzielle Sorgen sind dagegen fast nie ein Thema

(siehe Beitrag ,,Lass uns reden': aus primus Rind 2/2016 ab Seite 14 und primus Schwein 4/2016 ab Seite 16). Sind alle regelmäßigen Aufgabe n mit den jeweiligen Zuständigkeiten in den Arbeitsplan eingetragen, erken nen Sie freie Zeitfenster. Das gibt Ihnen Raum für Aufgaben, die nicht planbar sind, zum Beispiel

GUT ZU WISSEN

Strukturiertes Arbeiten spart Zeit Arbeiten strukturiert zu erledigen, ist effizienter und schafft Freiräume . Gehen Sie folgendermaßen vor, um einen Arbeitsplan zu erstellen:

1. Analysieren Sie zunächst die Ist-Situation. Halten Sie hierfür zwei bis vier Wochen detailliert zum Beispiel in einer Tabelle fest, welche Arbeiten Sie täglich erledigen und wie viel Zeit Sie jeweils dafür benötigen .

Z. Bewerten und sortieren Sie die Arbeiten nach Wichtigkeit, Wirtschaftlichkeit, Regel mäßigkeit und Dringlichkeit. Entsprechende Kennzeichnungen in der letzten Tabellen spalte oder eine farbliche Markierung helfen dabei. Bei Aufgaben, die unwichtig oder unwirtschaftlich sind , sollten Sie überlegen, ob Sie sie in Zukunft weiter ausführen.

3. Tragen Sie die Arbeiten dann in einen Wochen- und Monatsplan ein, beginnend mit den regelmäßigen Arbeiten . Diese sollten einen festen Platz im Tagesablauf haben .

4. In den freien Zeitfenstern, die nach dem Eintragen der wiederkehrenden Aufgaben übrig sind, können Sie nun unregelmäßige oder weniger wichtige Arbeiten einplanen . Lassen Sie zudem Raum für unvorhergesehene oder nicht planbare Arbeiten .

5. Achten Sie darauf, dass Sie nicht alle Zeitfenster im Plan mit betrieblichen Aufgaben belegen. Denn diese bieten Ihnen auch die Gelegenheit für Familien - wie für Freizeit. Tragen Sie feste private Termine, wie zum Beispiel Geburtstagsfeiern oder den verspro chenen Zoobesuch am Sonntag, ebenfalls in den Plan ein. dg Mehr zum Thema Arbeitspläneerstellen lesen Sie auch in ,,Erst planen, dann loslegen '; erschienen im dlz agrarmagazin März 2013 ab Seite 138.

Kleine gemeinsame Au szeiten vom Betrieb wie ein gemeinsame s Gesellschaftsspiel tragen viel zur Stimmung in der Familie bei.

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wetterabhängige Arbeiten wie die Maisaussaat oder für Kann-Arbeiten, die für den Betriebsablauf nicht zwingend erforderlich sind, jedoch trotzdem erledigt werden müssen, zum Beispiel das Geländer am Fahrsi lo modernisieren . ,,Wichtig ist jedoch, den Wochen- oder Monatsplan nicht ganz voll zu packen", betont Betriebsberater Daniel Wettemann. ,,Denn die freien Zeitfenster im Plan stellen auch genau die Zeit dar, die Sie mit Ihrer Familie verbringen können. Für einen gemeinsamen Nachmittag im Schwimmbad dürfen Sie das Schlepperwaschen ruhig hinten anstellen." Es empfiehlt sich, Familienzeiten im Wochen- oder Monatsplan einzutragen. Blocken Sie sich freie Zeiten im Plan auch mal für einen Kinoabend mit Ihrer Frau oder einen Spielenachmittag mit den Kindern.

Rituale einzuführen", weiß die Leiterin des Sachgebiets Familie und Betrieb, ,,doch mit der Zeit werden sie zur Gewohnheit und sie stärken den familiären Zusammenhalt wirklich sehr." ,,Im Winter liegt der Fokus schon eher auf der Familie als zur Frühjahrsbestellung", berichtet Ackerbauer Claus Kopold aus Pöttmes in Baye rn. Dem Vater von drei Kindern ist es trotzdem wichtig, dass die Balance zwischen Arbeit und Familie über das Jahr hinweg ausgeglichen ist. ,,Wenn

das passt, ist es auch kein Problem, wenn die Fam ilie wegen der Arbeit einmal zurückstehen muss." Er bemüht sich dennoch, auch während der Arbeitszeit seinen Kindern Zeit ei nzu räumen. ,,Während ich letztens den Kartoffelvollernter durchgecheckt habe, kam mein Jüngster und hat mich gebeten, ihm etwas zu reparieren", erzählt der Landwirt. ,,D ie Zeit habe ich mir eben genommen und den Vollernter später fertig gewartet. Ich finde, das gehört einfach dazu ." Eben-

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j Vereinbarkeit leben

., ,,Als Vorzug Ihres Berufs nennen viele ~ Landwirte die Vereinbarkeit von Betrieb 'E und Familie", ergänzt Anne Dirksen von ~ -e; der LWK Niedersachsen. ,,Diesen Vorzug (" ~ sollte man sich auch zugestehen und sich C, ..,'Oi:' nicht immer nur vom Betrieb treiben lassen." Dabei hilft es, Rituale zu schaffen, .'.'J § zum Beispiel die gemeinsame Mahlzeit zu ~ einer festen Uhrzeit. ,,Es ist schwer, solche

,,Ich möchte es einmal nicht bereuen, Landwirt geworden zu sein. Schließlich bin ich nicht nur Bauer, sondern auch Mensch." WILLI WAERDT

Schweinemäster aus Wachtendonk, NRW

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so gehört für ihn dazu, Zeit abseits des Betriebs mit seiner Frau und seinen Kindern zu verbringen: ,,Das gemeinsame Skifahren am Wochenende im Winter oder unseren regelmäßigen Urlaub zu Pfingsten genieße ich schon sehr. Das erinnert mich wieder an die wichtigen Dinge im Leben und hilft mir, betriebliche Herausforderungen gelassener anzugehen ."

Rollen strikt trennen Welches das optimale Verhältnis zwischen Arbeits- und Freizeit ist, muss jeder Betriebsleiter für sich selbst definieren. ,,Das ist sehr individuell von den beteiligten Personen abhängig", so Anne Dirksen von

der LWK Niedersachsen. ,,Generell kommt es nicht auf die Quantität der Freizeit an, sondern auf die Qualität." Um die gemeinsame Zeit sinnvoll zu nutzen, hilft es, bewusste Grenzen zwischen Arbeits- und Familienzeit zu ziehen und die Rollen zwischen Mitarbeiterin und Ehefrau klar zu trennen . Dabei können ebenfalls kleine Rituale helfen: ,,Schalten Sie zum Beispiel am Mittagstisch das Handy und damit den Betrieb aus", nennt Familienberaterin Lydia Keune-Sekula als Beispiel. ,,Oder streifen Sie abends mit den Sicherheitsschuhen in der Schmutzschleuse ganz bewusst die Arbeit ab. Dann gehen Sie in die Küche, geben Ihrer Frau ein Küss-

chen und es ist klar : Jetzt ist Feierabend." Das ist manchmal nur sehr schwer umzusetzen. ,,Doch abends auf der Couch bei einem Glas Wein hat die betriebliche Entwicklung einfach nichts zu suchen. Da ist die Frau neben Ihnen Ihre Ehefrau und nicht Ihre Arbeitskollegin", stellt die Familienberaterin klar. ,,Suchen Sie sich für solche Gespräche lieber ein geeignetes Zeitfenster in Ihrem Wochenplan ."

Auch Hobbys sind wichtig Neben Zeitfenstern für regelmäßige und nicht planbare Arbeiten, für Familienausflüge und Zeit mit der Ehefrau ist es auch wichtig, Ihren eigenen Bedürfnissen Raum

Typische Work-Life-Balance-Situationen in den Griff kriegen Nachfolgend zeigt Anne Dirksen von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen typische Situationen der Work-Life-Balance von Betriebsleitern auf und gibt Handlungsempfehlungen, wie Sie diese verbessern können. Finden Sie sich in einem der Beispiele wieder? Situation

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Der Verantwortungsdruck schlägt auf die Gesundheit und lässt kaum Raum für Freizeit

~ Die Situation: Betriebsleiter Stefan fühlt sich sehr verpflichtet für den großen und finanziell stabilen Hof, den er vor einigen Jahren übernommen hat. Seine Eltern haben sich mit entsprechenden Klauseln in Gesellschaftsverträgen und im Hofübergabevertrag ihre Anteile daran gesichert. Der 42-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. Aufgrund vieler Einzelbetriebe und der wachsenden Mitarbeiterzahl hat Stefan zunehmend Managementaufgaben zu erfüllen. Sein Handy trägt er stets bei sich, wn rund um die Uhr erreichbar zu sein. Seit einiger Zeit merkt er, dass er schnell ,,aus der Puste ist" und sein Herz ,,verrückt spielt". Seine Frau sorgt sich um Stefans Gesundheit, während er selbst die Sache eher abtut. Zu den monatlichen Treffen der Clique von früher kommt er seit der Hofübernahme nur noch selten. Seine beiden Kinder beklagen sich häufig, dass ihr Papa nicht mit zu Schulveranstaltungen kommt und auch sonst keine Zeit für sie hat. Auch für sie ist er nur telefonisch erreichbar, allerdings nicht für ,,Kleinkram". ~ Das hilft: Stefan muss lernen, loszulassen. Das wird sich auch positiv auf das körperliche Befinden auswirken. Dazu müsste er einen Teil seiner Verantwortung delegieren, beispielsweise an einen oder mehrere der Mitarbeiter. So ist der jeweilige Mitarbeiter für den Ackerbau oder die Mastschweine verantwortlich und Stefan muss nicht mehr selbst in jeder Betriebssparte bis ins letzte Detail entscheiden. In einer wöchentlichen Dienstbesprechung werden wichtige Dinge besprochen, damit alle Bescheid wissen und sich bei Bedarf vertreten können. So bekommt Stefan den Kopf frei und kann sich erlauben, zum Arzt zu gehen. Der Betrieb läuft trotzdem weiter. Zudem kann ihm Sport helfen, Stress abzubauen. Im Ort gibt es einige Angebote, an denen auch seine Kwnpel aus alten Zeiten teilnehmen . Sich bewusst Zeit für Freundschaften und Familie zu nehmen, wird Stefan helfen. Zwei fest eingeplante Stunden pro

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Woche für eine gemeinsame Radtom oder einen Zoobesuch, der regelmäßige Abend zu zweit und auch die 30-minütige Kaffeepause im Alltag helfen, Abstand vom Betrieb zu bekommen und Kraft zu schöpfen. Die Bedingung für all dies: Das Handy bleibt im Büro liegen. So leistet Stefan einen wesentlichen Beitrag dazu, auch in Zukunft den anstehenden Aufgaben im Betrieb gewachsen zu sein.

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Finanzielle Sorgen und Vater-Sohn-Konflikte vergrößern stetig die Distanz zur Familie

~ Die Situation: Landwirt Klaus hat den Betrieb von seinem Vater gepachtet. Der 47-Jährige kann seinem alten Herrn nichts recht machen. Zur fehlenden Anerkennung kommt, dass das Geld auf dem Milchviehbetrieb knapp und die Arbeit zu viel ist. Seine Frau packt fleißig im Betrieb mit

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