Polizeiliche Kriminalstatistik

Ausgangsstatistik – Fall wird eingegeben, wenn das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wird

Erfasst werden: – Tatverdächtige und Merkmale – Fälle und Merkmale beispw. Schusswaffe – Opfer und Täter-Opfer-Beziehung – Schaden

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Strafverfolgungsstatistik Erfasst werden

– Aburteilungen: Freisprüche, Einstellungen, Verurteilungen – Verhängte Strafen und Maßregeln – Merkmale der Abgeurteilten und Verurteilten

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Strafverfolgungsstatistik

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Darstellung von Kriminalität Absolute Zahlen Relative Zahlen (pro 100.000 der Wohnbevölkerung) Inzidenz – wie häufig tritt ein Ereignis in einem bestimmten Zeitraum auf?

Prävalenz – wieviele Personen werden in einem bestimmten Zeitraum (oder bis zu einem bestimmten Alter) von einem Ereignis betroffen?

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Inzidenz und Prävalenz

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Jährliche Registrierungsrate (Personen) pro 100.000

Prävalenzraten (TVBZ) deutsche Männer und Frauen

6000

1800

5000

1500

4000

1200

3000

900

2000

600 Deutsche Männer (linke Skala)

1000

300

Deutsche Frauen (rechte Skala) 0

0 5

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10

15

Alter

20

25

30

35

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Kumulierte Rate pro 100.000

Lebenszeitprävalenzen deutsche Männer und Frauen

35000

14000

30000

12000

25000

10000

20000

8000

15000

6000

10000

4000 Deutsche Männer (linke Skala)

5000

2000

Deutsche Frauen (rechte Skala) 0

0 5

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10

15

Alter

20

25

30

35

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Kumulierte Prävalenzraten alle Delikte verglichen mit Vergewaltigung/sex. Nötigung (Deutsche Männer, 2000)

Alle Delikte (linke Skala)

0,4

Vergew. / sex. Nöt. (rechte Skala)

30

0,3

20

0,2

10

0,1

0

Kumulierte Rate [%]

Kumulierte Rate [%]

40

0 5

15

25

35

Alter

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Problematik der Darstellung von Zunahme und Abnahme

2000

100

2001

200

Zunahme

100%

2001

200

2002

100

Abnahme

50%

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Relative Zahlen - Prozentwerte Die Brauchbarkeit relativer Zahlen ist abhängig von der Größe der absoluten Zahlen 1 – 20

Zunahme 1900%

10 – 30

Zunahme 200%

100-120

Zunahme 20%

1000 – 1020

Zunahme 2%

Aussagen sind abhängig von den Bezugsgrößen

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KFZ Diebstahl absolut und pro 100.000 KFZ

700

250000

600 200000 500

150000

400

300

100000

200 50000 100

KFZ Diebstahl pro 100.000 KFZ

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1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

1989

1988

1987

1986

1985

1984

1983

1982

1981

1980

1979

1978

1977

1976

1975

1974

1973

1972

1971

1970

1969

1968

1967

1966

0 1965

0

KFZ Diebstahl absolut

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Polizeilich registrierte Straftaten /100.000 1956 - 2009

9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000

19 56 19 59 19 62 19 65 19 68 19 71 19 74 19 77 19 80 19 83 19 86 19 89 19 92 19 95 19 98 20 01 20 04 20 07

0

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Trends

 Starke Zunahme der registrierten Straftaten, vor allem Eigentumsdelikte – High Crime Societies

 Gleichzeitig – starke Abnahme der Aufklärungsquote – insb. bei Einbruchsdiebstahl, Fahrzeugdiebstahl – Wohnungseinbruch » 1970: 34% » 2000: 18%

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Grafik: Ermittlungseffizienz der Polizei in Abhängigkeit von einem zu Beginn der Ermittlungen identifizierten Tatverdächtigen (Einbruchsdiebstahl; Dölling 1999, S.52) 120 100

97 72

80

60

60 40

30

22

20

20 0 Aufklärung

Anklage

Tatverdächtiger bekannt

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Verurteilung

Tatverdächtiger unbekannt

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Langfristige Trends der Kriminalität und die Theorie der Moderne

 Verstädterung und Industrialisierung  Individualisierung und Veränderungen in Mustern sozialer Interaktion (Schwächung von Bindungen, Kollektivwerten) – Herausbildung von „rational choice“ Einstellungen

 Veränderung von Gelegenheits- und Motivationsstrukturen – Mehr Gelegenheiten, mehr Risiken

 Veränderungen in Strukturen sozialer Kontrolle – Wertewandel (Beisp. Ladendiebstahl, sexueller Missbrauch, Gewalt) – Erhöhte Sensibilisierung und Bereitschaft, die Polizei einzuschalten – Weniger informelle Kontrolle, vermehrte formelle Sozialkontrolle Kriminologie I WS 2010-2011

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Konventionelle oder „Alte“ Kriminalität  Gewaltkriminalität

– Tötungsdelikte – Vergewaltigung – Körperverletzung – Raub

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Tötungsdelikte

Todesursachen 2009 (Arbeitsunfälle 2007) 13368

14000 12000 9571 10000 8000 6000 4152 4000 2000

81

706

619

0 Tötungsdelikte durch Fremde

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Alle Tötungsdelikte

Suizid

Tod im Straßenverkehr

Arbeitsunfälle

Sonstige tödliche Unfälle

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Tötungsdelikte in den USA und Deutschland 1900 - 2009

12 10 8 6 4 2

19 00 19 05 19 10 19 15 19 20 19 25 19 30 19 35 19 40 19 45 19 50 19 55 19 60 19 65 19 70 19 75 19 80 19 85 19 90 19 95 20 00 20 05

0

USA

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Deutschland

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Tötungsdelikte und Täter-Opfer-Beziehung

21%

30%

10% 5% 34%

Verwandt Kriminologie I WS 2010-2011

Bekannt

Landsmann

Flüchtig

Keine Vorbeziehung Page 22

Serientötungen

Phänomenologie der Serientötung

Visionen/Psychose – Durchführung einer „Mission“ (beispw. die Mission, die Gesellschaft von bestimmten Gruppen von Menschen (in der Regel von marginalisierten Gruppen wie Prostituierte, Obdachlose etc.) zu befreien)

hedonistische Serienmörder („Lustmörder“) – Interesse an absoluter Kontrolle und Ausübung von Macht über das Opfer

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Häufigkeit von Serientötungen Von allen weltweit dokumentierten Serientötungen

– 76% Nordamerika – 19% Europa

Deutschland 1945 - ca. 1995

– 55 sexuell motivierte Serientötungen (3 oder mehr Tötungsdelikte)

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Profil des Serienmörders Taten werden in einem Zeitraum von 4,6 Jahren verübt männlich, weiß und deutsche Staatsangehörigkeit (99%) zwischen 16 und 36 Jahren alt (78%), ledig/geschieden (83%), kinderlos (85%), durchschnittlich bis überdurchschnittlich intelligent (78%), keine Geisteskrankheit (98%), unauffälliges und angepasstes Sozialverhalten (76%), sozialer Einzelgänger (78%), Kriminologie I WS 2010-2011

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Profil des Serienmörders Elternhaus mit psychosozialen Auffälligkeiten (78%), auffälliges Sexualverhalten bzw. psychische Störungen (82%), kein übermäßiger Alkohol-, Drogen-, Medikamentengebrauch ( 76%), wohnhaft in Großstadt oder Einzugsgebiet (80%), lebt in der Nähe des Tatorts (81%), Besitzt KFZ (78%), wegen einschlägiger Straftaten bzw. Gewaltdelikten polizeilich bereits in Erscheinung getreten (76%), Alleintäter bei Vorstrafen (95%), keine Beziehung zum Opfer (89%)

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Profiling

Zielsetzung

– Erstellung eines Täter-“Profils“, das zu Fahndungszwecken eingesetzt werden kann

„Ethnic profiling“ und Diskriminierung

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Völkermord

Ausgangspunkt: IMT Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse

Kann man erklären, warum Menschen Massentötungen anordnen und sich daran beteiligen? Genozid Fortsetzung in Kambodscha, Srebrenica, Rwanda, Darfur Fragestellung der Kriminalität der Mächtigen, der staatsverstärkten Kriminalität, Makrokriminalität Mittelbare Täterschaft Völkerrechtsverbrechen (Rom Statut) Kriminologie I WS 2010-2011

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Untersuchung der Hauptkriegsverbrecher 1945/1946 Welzer, H.: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden. Frankfurt 2005. Blass, Th.: Psychological Perspectives on the Perpetrators of the Holocaust. The Role of Situational Pressures, Personal Dispositions, and Their Interactions. Holocaust and Genocide Studies 7(1993), S. 30-50. Harrower, M.: Rorschach Records of The Nazi War Criminals: An Experimental Study after Thirty Years. Journal of Personality Assessment 40(1976), S. 341-351.

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Ansätze

 Disposition (insbesondere Persönlichkeit)  Gehorsam/Autorität (Milgram, Adorno)  Veränderungen des moralischen Bezugsrahmens – Aus dem Tötungsverbot wird ein Tötungsgebot – Rechtfertigungssysteme – Vollkommener Ausschluss der Opfer aus dem moralischen Bezugsrahmen – Dies erlaubt offensichtlich die Aussage: Ich töte, bin aber ein anständiger Mensch

 Veränderungen des moralischen Bezugsrahmens können sehr schnell erfolgen

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Die (normative) Konstruktion von Tötungskriminalität

Rechtliche und Soziale Konstruktion der Tötungskriminalität

Sessar, K.: Rechtliche und soziale Prozesse einer Definition der Tötungskriminalität. Freiburg 1981. Vollendete Tötung

Versuchte Tötung

Polizei

100%

100%

StA

86%

39%

Gericht

56%

16%

Wirkung von: Erfolg (Tod), Vorstrafen, Waffe Kriminologie I WS 2010-2011

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Neue Kriminalität

Drogenkriminalität: Prohibition  Voraussetzung einer Drogenstraftat – keine Genehmigung des zuständigen Bundesamtes (wer ohne Erlaubnis/unbefugt …)

 Konsequenzen des strafrechtlichen Verbots – Schwarzmarkt – Preise steigen (Transaktionskosten: Risiko der Strafverfolgung)

 Konsequenz der Preiserhöhung – Nachfrage wird verhindert wegen zu hoher Einstiegskosten

 Bedingung: Elastizität in der Nachfrage  Bei fehlender Elastizität: Nachfrage bleibt bestehen

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Konsequenzen des Schwarzmarkts  Hohe Preise – Beschaffungskriminalität – Prostitution – Kleinhandel mit Drogen/Vermittlung

 Beschaffungsprobleme – offene/geschlossene Drogenszenen – Hoher Zeitaufwand (Kosten der Beschaffung)

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Konsequenzen der Beschaffungsprobleme

 Soziale Verelendung  Konsum unter Schwarzmarktbedingungen – sofortiger Konsum – unhygienischer Konsum – risikoreicher Konsum (Überdosierung)

 Physische Verelendung

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Heroinpreise in Baden-Württemberg (DM)

m Gramm

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03 20

01 20

99 19

97 19

95 19

19

93

91 19

89 19

87 19

85 19

19

83

81 19

19

79

450 400 350 300 250 200 150 100 50 0

m Kg

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Unterschiede alte und neue Kriminalität  Kontroll-/Anzeigekriminalität oder Hol- und Bringkriminalität  Ausfall Anzeigeerstatter, Transaktionskriminalität  Proaktive/reaktive Orientierung der Polizei  Im Hinblick auf Forschung: Schwerpunkt Ätiologie oder Implementationsforschung

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