Fall 7: Die Qual der Wahl

Wiss. Mit. Berend Koll Wintersemester 2011/2012 Wiss. Mit. Rechtsanwalt Norman Jäckel Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht Fa...
Author: Mona Baumann
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Wiss. Mit. Berend Koll Wintersemester 2011/2012 Wiss. Mit. Rechtsanwalt Norman Jäckel Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht

Fall 7: Die Qual der Wahl Bei der anstehenden Bundestagswahl zeichnet sich ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen der amtierenden Bundeskanzlerin Oma Turman und ihres Herausforderers Robert Lostdriguez, Ministerpräsident des Landes L, ab. Einige Wochen vor der Wahl kursieren zunehmend Nachrichten über eine sich auf einem anderen Kontinent ausbreitende Fliegengrippe, welche auch für den Menschen gefährlich werden und sogar den Tod verursachen kann. Deren Verbreitung vor allem über den touristischen Luftverkehr wird befürchtet. Zwei Wochen vor der Wahl erreicht die Fliegengrippe schließlich auch Deutschland. Um den Ablauf der Bundestagswahl sicherzustellen, beschließen Bundestag und Bundesrat in einem ordnungsgemäßen Verfahren die Änderung des § 36 BWahlG und fügen einen neuen Absatz fünf hinzu, wonach in Ausnahmesituationen, insbesondere bei Seuchengefahr zur Aufrechterhaltung einer lokalen oder bundesweiten Ausgangssperre, die Bundestagswahl ausschließlich per Briefwahl durchgeführt werden kann. Abweichend von § 36 Abs. 4 BWahlG ist es vorgesehen, dass die Briefe durch städtische Fahrdienste abgeholt und in die zuständigen Wahllokale gebracht werden. Bundespräsident Quentin Quarantäne (Q) hält das Gesetz für verfassungswidrig. Insbesondere könnte es bei der Auswertung der Stimmen nicht mit rechten Dingen zugehen. Die Öffentlichkeit wisse nicht, was auf dem Weg in die Wahllokale oder, während die Briefe dort herumliegen, alles passiert. Im Übrigen sei die Briefwahl also solche verfassungswidrig. Q befürchtet, dass es nach der Wahl zu einer Anfechtung und zu anschließenden Neuwahlen kommen könnte, da er annimmt, dass die Partei der Bundeskanzlerin T mit überwältigender Mehrheit gewählt und der Gegenkandidat L das Ergebnis in Frage stellen wird. Er fragt daher, ob er die Ausfertigung des Gesetzes verweigern kann. Aufgabe 1: In einem Rechtsgutachten ist zu beantworten, ob der Bundespräsident die Ausfertigung verweigern darf. Aufgabe 2: Wie könnten die Bundesregierung oder der Bundestag gegen eine Weigerung des Bundespräsidenten, das Gesetz auszufertigen, vor dem Bundesverfassungsgericht vorgehen? Abwandlung Trotz einiger Bedenken fertigt Q das Gesetz aus und lässt es im Bundesgesetzblatt verkünden. Noch am gleichen Tag und noch vor dem Inkrafttreten des Gesetzes reicht die Regierung des Lostdriguez einen schriftlichen Antrag beim Bundesverfassungsgericht ein, um das Gesetz zu Fall zu bringen. Aufgabe 3: Ist der Antrag der Landesregierung L zulässig?

Lesen Sie die Entscheidung BVerfGE 123, 39. 1

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Lösung Fall 7: Qual der Wahl – Aufgabe 1 Der Bundespräsident kann die Ausfertigung des Gesetzes verweigern, wenn er ein entsprechendes Prüfungsrecht hat und das Gesetz verfassungswidrig ist. A. Prüfungsrecht des Bundespräsidenten I. Grundsatz Grundsätzlich hat der Bundespräsident die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze auszufertigen und zu verkünden, Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG. II. Ausnahme bei Annahme der Verfassungswidrigkeit Dies gilt aber nicht, wenn der Bundespräsident ein entsprechendes Prüfungsrecht hat und das Gesetz für verfassungswidrig hält. Es ist also zu fragen, ob ein Prüfungsrecht besteht und welchen Umfang es hat. Das Prüfungsrecht könnte sich zum einen auf Fragen der formellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes, zum anderen auf Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes beziehen 1. Hinsichtlich formeller Verfassungsmäßigkeit Wortlaut: Ja, denn auszufertigen sind nur die „nach Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen“ Gesetze, vgl. Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG; „zustande gekommen“ bezieht sich auf die formellen Voraussetzungen der Art. 70 GG, vgl. nicht zuletzt Wortlaut des Art. 78 GG Systematik: Bestätigt durch Systematik, denn Art. 82 GG ist Schlussvorschrift zu den Art. 70 ff. GG Sinn und Zweck: Kontrollinstanz am Ende des Gesetzgebungsverfahrens Ergebnis: Es steht dem Bundespräsidenten ein Prüfungsrecht hinsichtlich der formellen Verfassungsmäßigkeit zu (so auch h. M., a. A. vertretbar). 2. Hinsichtlich materieller Verfassungsmäßigkeit: Wortlaut: Einerseits „nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommen“: Wortlaut ist nicht auf formelle Vorschriften beschränkt; bezieht sich also auch auf materielle Vorschriften. Andererseits wird der Terminus „zustande gekommenen“ verwandt, vgl. Art. 78 GG: damit könnte der Wortlaut doch nur auf die Art. 70 ff. GG bezogen sein. Mithin ist der Wortlaut nicht ganz eindeutig. Systematik: Amtseid, Art. 56 Satz 2 GG: Einerseits Verpflichtung, „[…] das Grundgesetz […] wahren und verteidigen [...] werde.“, d. h. es ist jedem Verstoß gegen das Grundgesetz entgegenzutreten. Andererseits natürlich nur im Rahmen der Ausübung verliehener Kompetenzen („[…] meine Pflichten […]“), welche das sind, soll ja gerade herausgefunden werden (sonst „Zirkelschluss“) Präsidentenklage, Art. 61 GG: Einerseits das Grundgesetz sieht die Möglichkeit vor, den Bundespräsidenten zu verklagen, wenn dieser vorsätzlich das Grundgesetz verletzt. Andererseits Art. 61 GG begründet kein materielles Prüfungsrecht, sondern 2

Wiss. Mit. Berend Koll Wintersemester 2011/2012 Wiss. Mit. Rechtsanwalt Norman Jäckel Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht gibt nur vor, dass man gegen den Bundespräsidenten vorgehen kann, wenn er gegen die Verfassung (oder Bundesgesetze) verstößt (Arg. wie beim Amtseid) Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 Abs. 3 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 3 GG: Einerseits ist Bundespräsident Teil staatlicher Gewalt, d. h. an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden (bedeutet wiederum alle Vorschriften des Grundgesetzes). Andererseits (1) obliegt Prüfung der Verfassungswidrigkeit von Gesetzen in erster Linie dem Bundesverfassungsgericht, vgl. hierzu vor allem Art. 93 Abs. 1 Nr. 2; 100 GG (sog. „Normverwerfungsmonopol“ im Wege der abstrakten wie auch konkreten Normenkontrolle, Sinn und Zweck dessen ist insbesondere: Schutz der Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive: Exekutive darf nicht einfach Gesetzesrecht unangewandt lassen) und (2) Bindung auch des Bundestages an Art. 20 Abs. 3 GG (im Rahmen der Gesetzgebung Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit anerkannt) Mithin ergibt sich auch bei systematischen Betrachtungen keine Eindeutigkeit der Bedeutung. Historie: Einerseits wurde starke Stellung des Reichspräsidenten in der Weimarer Reichtsverfassung nicht ins Grundgesetz übernommen. Andererseits ist Negativvergleich mit der Weimarer Reichsverfassung kein geeignetes Auslegungskriterium. Mithin hilft die Historie ebenfalls nicht weiter. Sinn und Zweck: Einerseits bezeugt Ausfertigung des Bundespräsidenten Identität von beschlossenem Gesetz und der Gesetzesurkunde, nicht inhaltliche Verfassungsmäßigkeit; Bundespräsident hat nur eine repräsentative Funktion im Verfassungsgefüge. Andererseits ist Ausfertigung letzter Akt der Hervorbringung von Normen, welchem deshalb nicht jegliche Verantwortung für die Norm abgesprochen werden; außerdem muss die Bindung des Bundespräsidenten an die Verfassung beachtet werden. Der Bundespräsident muss jedenfalls nicht „sehenden Auges“ ein evident verfassungswidriges Gesetz ausfertigen, sog. „Evidenzkontrolle“ (wohl h. M.). Ergebnis: Das Prüfungsrecht hinsichtlich der materiellen Verfassungsmäßigkeit ist auf evidente Verfassungsverstöße beschränkt (a. A. vertretbar). III. Ergebnis Das Prüfungsrecht bezüglich formeller Verfassungsmäßigkeit ist zu bejahen. Hingegen besteht bezüglich materieller Verfassungsmäßigkeit nur „Evidenzkontrolle“. B. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes (im Rahmen des Prüfungsumfangs) I. Formelle Verfassungsmäßigkeit 1. Zuständigkeit/Gesetzgebungskompetenz Bundeskompetenz kraft ausdrücklicher Anordnung in Art. 38 Abs. 3 GG

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Wiss. Mit. Berend Koll Wintersemester 2011/2012 Wiss. Mit. Rechtsanwalt Norman Jäckel Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I – Staatsorganisationsrecht 2. Gesetzgebungsverfahren/Form Ordnungsgemäßes Verfahren hier zu unterstellen. 3. Ergebnis Das Gesetz ist formell verfassungsmäßig. II. Materielle Verfassungsmäßigkeit 1. Verstoß der Regelung des § 36 BWahlG (also der Briefwahl im Allgemeinen) gegen Art. 38 Abs. 1 GG a) Wahlgrundsätze: Allgemeinheit, Gleichheit, Unmittelbarkeit keine Probleme ersichtlich b) Wahlgrundsatz: Geheime Wahl und freie Wahl Briefwahl eröffnet Möglichkeit, dass eine andere Person Kenntnis von der Wahlentscheidung erlangt; aber: Absicherung durch zahlreiche Regelungen beim Briefwahlvorgang, Erteilung des Wahlscheins nur in Ausnahmefällen und geringem Ausmaß der Briefwähler; Rechtfertigung durch möglichst umfassende Wahlbeteiligung (BVerfGE 21, 200; 59, 119) => i. E. kein Verstoß 2. Verstoß der Regelung des § 36 Abs. 5 BWahlG n. F. gegen Art. 38 Abs. 1 GG Verstoß gegen Geheimheit und Freiheit der Wahl bei massenhafter Briefwahl? Beide Ansichten vertretbar. 3. Verstoß der Regelung des § 36 Abs. 5 BWahlG n. F. gegen Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl: Bürger muss sämtliche Handlungen im Zusammenhang mit der Ermittlung des Wahlergebnisses nachvollziehen können; besondere öffentliche Kontrolle der Wahlen als Ausdruck der Grundentscheidungen des Grundgesetzes für Demokratie, Republik und Rechtsstaat; Vorbeugung gegen Missbrauchsgefahr durch Kontrollmöglichkeit für jedermann Durchbrechung des Grundsatzes nur in Ausnahmefällen mit gleichwertigen Zielen: Achtung: Spannungsfeld zwischen Prinzip der geheimen Wahl und dem Öffentlichkeitsprinzip besteht nicht: Stimmabgabe bleibt geheim, i. Ü. Herrschaft des Öffentlichkeitsprinzips Durchbrechung zur Sicherung einer Volksvertretung bei Notsituationen wie Seuchengefahr usw.? => Beide Ansichten vertretbar. 4. Ergebnis Änderung des Wahlgesetzes materiell verfassungswidrig. Dies ist angesichts der überragenden Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Wahl auch evident. Insoweit kann der Bundespräsident die Ausfertigung verweigern. (a. A. vertretbar) C. Zusammenfassung Der Bundespräsident Q kann die Ausfertigung des Gesetzes verweigern. 4

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Lösungsskizze Fall 7: Qual der Wahl – Aufgabe 2 Die Bundesregierung oder der Bundestag könnten mit einem Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Weigerung des Q feststellen lassen und ihn so zur Vornahme der Handlung anhalten. Ein solches Verfahren müsste zulässig sein. I. Zuständigkeit Das Bundesverfassungsgericht ist für Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG zuständig. II. Antragsteller Die Bundesregierung oder der Bundestag müssten zur Antragstellung berechtigt sein. Antragsteller können nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 Nr. 5, 63 BVerfGG alle obersten Bundesorgane sein. Hier sind sowohl die Bundesregierung, als auch der Bundestag oberste Bundesorgane (Art. 62 ff.; 38 ff. GG). Sie sind berechtigte Antragsteller. III. Antragsgegner Antragsgegner ist der Bundespräsident, der ebenso ein oberstes Bundesorgan ist (Art. 93 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 Nr. 5, 63 BVerfGG i. V. m. Art. 54 ff. GG). IV. Antragsgegenstand Es müsste ein zulässiger Antragsgegenstand vorliegen. Antragsgegenstand kann nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1, §§ 13 Nr. 5, 64 Abs. 1 BVerfGG jede rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners sein, die Rechte und Pflichten der Beteiligten aus dem Verfassungsleben betrifft. Hier weigert sich der Bundespräsident, ein beschlossenes Bundesgesetz auszufertigen und zu verkünden (vgl. Art. 82 GG). Dieses Unterlassen verhindert das Inkrafttreten des Gesetzes und ist insofern auch rechtserheblich und verfassungsbezogen. Ein zulässiger Antragsgegenstand liegt vor. V. Antragsbefugnis Der Antragsteller muss die Verletzung eigener verfassungsunmittelbarer Rechte geltend machen, § 64 Abs. 1 BVerfGG. Hier kann sich der Bundestag auf sein Recht zur Gesetzgebung berufen, das durch die Weigerung des Bundespräsidenten möglicherweise verfassungswidrig beeinträchtigt wird. Fraglich ist, ob auch der Bundesregierung hinsichtlich der Gesetzgebung eigene Rechte zustehen. Sie ist zwar initiativberechtigt (Art. 76 GG) hat aber darüber hinaus keine Entscheidungskompetenzen über das Zustandekommen eines Gesetzes. Sie kann dies, materiell gesehen, weder erzwingen noch verhindern. Mithin stehen ihr insoweit auch keine eigenen Rechte zu (a. A. vertretbar). Folglich ist nur der Bundestag, nicht aber die Bundesregierung antragsbefugt. VI. Form und Frist Antrag ist nach § 23 Abs. 1 BVerfGG schriftlich einzureichen. Nach § 64 Abs. 2 BVerfGG müssen die verletzten Grundgesetzbestimmungen genannt werden. Ausreichend wäre insoweit aber die Berufung auf das Recht zur Gesetzgebung. Der Antrag muss nach § 64 Abs. 3 BVerfGG binnen sechs Monaten nach Bekanntwerden gestellt werden. Dies ist hier anzunehmen. VII. Ergebnis Ein Antrag des Bundestages ist zulässig. Ein Antrag der Bundesregierung ist unzulässig. 6

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Lösungsskizze Fall 7: Qual der Wahl – Aufgabe 3 Nach Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes kommt ein Antrag im abstrakten Normenkontrollverfahren in Betracht. Dieser müsste zulässig sein. I. Zuständigkeit Das Bundesverfassungsgericht ist für abstrakte Normenkontrollverfahren gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, § 13 Nr. 6 BVerfGG zuständig. II. Antragsteller Der Antrag müsste durch einen berechtigten Antragsteller eingereicht worden sein. Solche Antragsteller sind nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1 BVerfGG die Bundesregierung, eine Landesregierung oder ein Viertel der Mitglieder des Bundestages. Hier hat die Landesregierung des Bundeslandes L den Antrag gestellt. Ein berechtigter Antragsteller liegt vor. III. Antragsgegenstand Es müsste ein zulässiger Antragsgegenstand vorliegen. Im abstrakten Normenkontrollverfahren wird unter anderem Bundesrecht geprüft, Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1 BVerfGG. Hier liegt mit dem Änderungsgesetz zum Bundeswahlgesetz ein Bundesgesetz und damit Bundesrecht vor. Dieses ist auch ausgefertigt und verkündet. Unschädlich ist, dass das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist. Der Antragsteller muss dieses nicht erst abwarten. Das Inkrafttreten hängt nicht von weiteren Entscheidungen einzelner Beteiligter ab. Das Änderungsgesetz ist also zulässiger Antragsgegenstand. IV. Antragsgrund Es müsste ein Antragsgrund im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, §§ 13 Nr. 6, 76 Abs. 1 BVerfGG vorliegen. Nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG ist ausreichend, dass der Antragsteller das zu prüfende Gesetz für verfassungswidrig hält. Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 6 GG, § 13 Nr. 6 BVerfGG genügen bereits Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel über die Verfassungsmäßigkeit. Hier ist es für die Landesregierung des Landes L möglich, vorzutragen, dass sie das Gesetz für nichtig hält. Damit wäre ein Antragsgrund gegeben. V. Form Der Antrag wurde gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG schriftlich gestellt. VI. Ergebnis Der Antrag ist zulässig.

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