Fall 4: Kapitalkonsolidierung von Tochterunternehmen

Fall 4: Kapitalkonsolidierung von Tochterunternehmen – Erstkonsolidierung Sachverhalt: Die JOGU Automotive GmbH, Mainz, erwirbt zum 31. 12. 2016 von e...
Author: Julia Bäcker
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Fall 4: Kapitalkonsolidierung von Tochterunternehmen – Erstkonsolidierung Sachverhalt: Die JOGU Automotive GmbH, Mainz, erwirbt zum 31. 12. 2016 von einem Großaktionr 75 % der Aktien (= 750 000 Stck) der ADS Motoren AG, Rsselsheim, fr einen Kaufpreis von 31 500 TEuro. Die brigen 25 % der Aktien der ADS Motoren AG (= 250 000 Stck) bleiben im Streubesitz und werden mit regelmßig hohen Umstzen im Freiverkehr der Frankfurter Brse gehandelt. Der Aktienkurs lag zum letzten Handelstag am 30. 12. 2016 bei 38 Euro. Bei der Transaktion wurde vertraglich vereinbart, dass die JOGU Automotive GmbH den Jahresberschuss der ADS Motoren AG in 2016 anteilig miterwirbt. Da sich die JOGU Automotive GmbH im Rahmen des strategischen Zukaufs anfangs fr mehrere Unternehmen interessierte, wurden fr den Auswahlprozess diverse Bewertungs- und Due-Diligence-Gutachten von externen Beratern eingeholt, deren Honorare sich auf 600 TEuro aufsummieren. Hierber hinaus sind mit dem Einstieg der JOGU Automotive GmbH bei der ADS Motoren AG neben dem eigentlichen Kaufpreis Provisionen an eine Investmentbank von 500 TEuro angefallen. Zur Einbeziehung in den (Teil-)Konzernabschluss der JOGU Automotive GmbH ist fr die ADS Motoren AG zum 31. 12. 2016 erstmals eine Kapitalkonsolidierung nach HGB bzw. IFRS durchzufhren. Hierfr stehen die Handelsbilanz II (HB II) der JOGU Automotive GmbH zum 31. 12. 2016 nach HGB (vgl. Tabelle 2 auf S. 20) und die HB II der ADS Motoren AG zum 31. 12. 2016 nach HGB (vgl. Tabelle 25 auf S. 126) zur Verfgung. Um die Unterschiede bei der Erstkonsolidierung nach HGB und IFRS strker zu verdeutlichen, sind fr die Aufgabenbearbeitung einheitlich die beiden HB II nach HGB heranzuziehen. Zum 31. 12. 2016 werden die in Tabelle 26 auf S. 126 aufgefhrten stillen Reserven und Lasten bei der ADS Motoren AG identifiziert. Bei dem Markenrecht handelt es sich um ein eingetragenes Recht an der von der ADS Motoren AG etablierten Marke „ADS C.A.R. Tools“, unter welcher ursprnglich eigenstndig Produkte im Bereich Kfz-Werkzeuge vertrieben wurden. Da sich die Gesellschaft aus diesem Produktbereich schon seit Lngerem zurckgezogen hat, wurde das Recht an der weltbekannten Marke an einen konzernexternen Automobilzulieferer lizenziert. Die ADS Motoren AG ist derzeit Beklagte in einem Produkthaftungsprozess ber 10 000 TEuro. Die Geschftsleitung hlt die Ansprche des Klgers fr

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unbegrndet und geht nicht von einer Verurteilung aus. Die Sichtweise wird durch die Stellungnahme einer auf Produkthaftung spezialisierten Anwaltskanzlei gesttzt. Hieraus geht hervor, dass lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 % mit einer Verurteilung zu rechnen ist. Die JOGU Automotive GmbH verspricht sich von dem Unternehmenszusammenschluss Synergieeffekte, die erwartungsgemß direkt bei der ADS Motoren AG entstehen werden. Die ADS Motoren AG zerfllt in der neuen Konzernstruktur in die eigenstndigen Geschftsfelder „Hybridantrieb“ und „Elektroantrieb“, die von den Synergieeffekten voraussichtlich im Verhltnis 80 : 20 profitieren werden. Hierbei stellen die beiden Geschftsfelder jeweils sowohl ein Segment i. S. d. DRS 3 als auch die niedrigste Ebene im internen Berichtssystem des JOGU-Teilkonzerns dar, auf der ein erworbener Geschfts- oder Firmenwert fr interne Managementzwecke berwacht wird. Aufgabenstellung: – Identifizieren Sie den Erwerber und bestimmen Sie den Zeitpunkt der Erstkonsolidierung sowohl nach HGB als auch nach IFRS! – Ermitteln Sie den Wertansatz der der JOGU Automotive GmbH gehrenden Anteile (Beteiligungsbuchwert) bzw. die Anschaffungskosten des Unternehmenszusammenschlusses sowohl nach HGB als auch nach IFRS! Welche buchungstechnische Konsequenz ergibt sich aus einem eventuellen Abweichen des Beteiligungsbuchwerts von den Anschaffungskosten des Unternehmenszusammenschlusses nach IFRS? – Ermitteln Sie das neubewertete Eigenkapital der ADS Motoren AG in der Neubewertungsbilanz (HB III) sowohl nach HGB als auch nach IFRS! Geben Sie jeweils die Buchungsstze an, die zur Anpassung der HB II an die HB III erforderlich sind! – Fhren Sie die Erstkonsolidierung durch und berechnen Sie den Unterschiedsbetrag sowohl nach HGB als auch nach IFRS! Geben Sie jeweils die Buchungsstze an! Gehen Sie bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags nach IFRS differenziert nach der Purchased-Goodwill-Methode und der Full-Goodwill-Methode vor! Geben Sie den Buchungssatz zur Aufstockung des Geschfts- oder Firmenwerts bei der Full-Goodwill-Methode nach IFRS an! – Verteilen Sie den Geschfts- oder Firmenwert aus der Erstkonsolidierung nach HGB in bereinstimmung mit DRS 4 auf Geschftsfelder! Verteilen Sie den Geschfts- oder Firmenwert aus der Erstkonsolidierung nach IFRS auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten (ZGE) in Abhngigkeit davon, ob die Purchased-Goodwill- oder die Full-Goodwill-Methode angewandt wird! Latente Steuern sind nicht zu bercksichtigen.

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Tabelle 25: HB II der ADS Motoren AG zum 31. 12. 2016 und 2017 nach HGB

Tabelle 26: Stille Reserven und Lasten der ADS Motoren AG (in TEuro)

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I. Zweck, rechtliche Grundlagen und Ablauf der Kapitalkonsolidierung nach HGB und IFRS Ausgangspunkt fr die Kapitalkonsolidierung ist der Summenabschluss, der sich aus der (Quer-)Addition der vereinheitlichten und ggf. umgerechneten Einzelabschlsse der in den Konzernabschluss einzubeziehenden Unternehmen ergibt (§ 300 Abs. 1 S. 1 HGB, IFRS 10.B86 (a)). Im Summenabschluss wird das Eigenkapital des Tochterunternehmens doppelt erfasst. Zum einen wird es ber den Einzelabschluss des Tochterunternehmens in Form der einzelnen Aktiva und Passiva und zum anderen ber den Einzelabschluss des Mutterunternehmens in Form der Beteiligung an dem Tochterunternehmen bercksichtigt. Diese Doppelzhlung passt nicht zur Vorgabe des § 297 Abs. 3 S. 1 HGB bzw. des IFRS 10.A, nach der der Konzernabschluss die einbezogenen Konzernunternehmen als ein einziges Unternehmen darstellen soll. Ziel der Kapitalkonsolidierung ist es, die innerkonzernlichen Eigenkapitalverflechtungen zu beseitigen (§ 300 Abs. 1 S. 2 HGB, IFRS 10.B86 (b)).213 Hierzu wird die Beteiligung des Mutterunternehmens mit den korrespondierenden anteiligen Eigenkapitalposten des Tochterunternehmens verrechnet (§ 301 Abs. 1 S. 1 HGB, IFRS 10.B86 (b)).214 Chronologisch und technisch kann die Kapitalkonsolidierung in die Phasen der Erst-, Folge- und Endkonsolidierung (Folge- und Endkonsolidierung werden in den Fllen 5 und 6 thematisiert) unterteilt werden. Die Erstkonsolidierung umfasst die erstmalige ergebnisneutrale Saldierung des Beteiligungsbuchwerts gegen das anteilige neubewertete Eigenkapital des Tochterunternehmens sowie die Ermittlung eines aus dieser Saldierung ggf. verbleibenden Unterschiedsbetrags.215 Die Kapitalkonsolidierung hat gem. § 301 HGB und IFRS 3.4 unter Anwendung der Erwerbsmethode zu erfolgen.216 Whrend die Erwerbsmethode nach § 301 HGB in Form der vollstndigen Neubewertungsmethode217 durchzufhren ist, darf die Erwerbsmethode nach IFRS 3.18 f. zustzlich in Form der Full-Goodwill-Methode angewandt werden. Die Erwerbsmethode beruht auf der Vorstellung, dass nicht die Einheit „Tochterunternehmen“, sondern vielmehr dessen Vermgensgegenstnde bzw. Vermgenswerte und Schulden durch den Konzern einzeln erworben wurden (Einzelerwerbsfiktion). In der Konsequenz werden die bernommenen Vermgensgegenstnde bzw. Vermgenswerte und Schulden nicht mit den Buch213 Vgl. IDW (Hrsg.), WP Handbuch, Bd. I (2012), M 342. 214 Im HGB ist die Kapitalkonsolidierung in §§ 301, 307 und 309 geregelt. In den IFRS sind die einschlgigen Regelungen in IFRS 10 „Consolidated Financial Statements“ und IFRS 3 „Business Combinations“ verankert. 215 Vgl. Busse von Colbe u. a., Konzernabschlsse (2010), S. 209. 216 Die im HGB ursprnglich unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls zulssige Abbildung nach der Interessenzusammenfhrungsmethode wurde durch das BilMoG abgeschafft. Vgl. BT-Drucks. 16/10067 v. 30. 7. 2008, S. 82 f. 217 Die im HGB ursprnglich ebenfalls zulssige Buchwertmethode wurde durch das BilMoG abgeschafft. Vgl. BT-Drucks. 16/10067 v. 30. 7. 2008, S. 80.

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werten aus dem Einzelabschluss des Tochterunternehmens, sondern mit den fiktiven Anschaffungskosten aus Sicht des erwerbenden Mutterunternehmens in den Konzernabschluss einbezogen.218 Die Erstkonsolidierung nach der Erwerbsmethode verluft typischerweise in mehreren aufeinander aufbauenden Schritten. Im ersten Schritt sind Erwerber und Erwerbszeitpunkt zu bestimmen. Darauf werden die in der HB II angepassten Vermgensgegenstnde bzw. Vermgenswerte und Schulden des erworbenen Unternehmens in der HB III vollstndig neubewertet. Hierbei kommt es zur Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten. Im nchsten Schritt werden die HB III des erworbenen Unternehmens und die HB II des erwerbenden Unternehmens durch Addition zum Summenabschluss zusammengefasst. Hierauf aufbauend wird die Beteiligung des Mutterunternehmens gegen das anteilige neubewertete Eigenkapital des Tochterunternehmens verrechnet und ein ggf. verbleibender Unterschiedsbetrag ermittelt. Da sich im Regelfall Beteiligungsbuchwert und anteiliges neubewertetes Eigenkapital nicht in derselben Hhe einander gegenberstehen, ergibt sich bei der Verrechnung blicherweise eine positive (Beteiligungsbuchwert > anteiliges neubewertetes Eigenkapital) oder negative Differenz (Beteiligungsbuchwert < anteiliges neubewertetes Eigenkapital). Hierbei stellt eine positive Differenz einen Geschfts- oder Firmenwert („goodwill“) und eine negative Differenz einen passivischen bzw. negativen Unterschiedsbetrag („excess“) dar. Im Fall der Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern am Tochterunternehmen (auch andere Gesellschafter, nicht beherrschende Gesellschafter oder einfach Minderheiten genannt) sind deren Anteile am neubewerteten Eigenkapital in einem weiteren Schritt in einen Ausgleichsposten im Konzerneigenkapital einzustellen. Bei Anwendung der Full-Goodwill-Methode ist zudem der Anteil der Minderheitsgesellschafter am Geschfts- oder Firmenwert aufzudecken.219

II. Lsung nach HGB 1. Bestimmung des Erwerbers und des Zeitpunkts der Erstkonsolidierung a) Theoretische Grundlagen Seit der Reform des HGB durch das BilMoG ist fr die Kapitalkonsolidierung allein die Erwerbsmethode zulssig. Diese setzt voraus, ein erwerbendes und ein er218 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 2. Zur Einzelerwerbsfiktion auch Ordelheide, Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode (Teil I), WPg 1984, S. 237 (S. 240). 219 Vgl. Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 287–292 i.V. m. Ldenbach/Hoffmann/ Freiberg (Hrsg.), Haufe IFRS Kommentar (2015), § 31, Rn. 14.

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worbenes Unternehmen zu bestimmen. Die Unterscheidung hat große Bedeutung, da die Vermgensgegenstnde, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten220 des erworbenen Unternehmens im Zuge der Erstkonsolidierung neubewertet werden, wohingegen die des erwerbenden Unternehmens mit ihren Buchwerten fortgefhrt werden (§ 301 Abs. 1 und 2 HGB). Im Einzelfall kann je nach Betrachtungsweise die Identifizierung eines Erwerbers schwierig sein und zu unterschiedlichen Ergebnissen fhren. So muss nicht immer dasjenige Unternehmen, das die Anteile an einem anderen Unternehmen erworben hat und formalrechtlich als Mutterunternehmen anzusehen ist, auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Erwerber sein. Im Unterschied zu den IFRS sorgt das HGB insofern fr Rechtsklarheit, als bei der Identifizierung des Erwerbers ausschließlich auf das formalrechtliche Kriterium eines Mutter-Tochter-Verhltnisses i. S. v. § 290 HGB abgestellt wird.221 Hiernach gilt dasjenige Unternehmen regelmßig als Erwerber, das die Anteile an dem anderen Unternehmen hlt. Der Erstkonsolidierungszeitpunkt und somit der Zeitpunkt zur Bestimmung der Wertanstze fr die bernommenen Vermgensgegenstnde, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten ist nach § 301 Abs. 2 S. 1 HGB der „Zeitpunkt […], zu dem das Unternehmen Tochterunternehmen geworden ist“. Weicht der Erstkonsolidierungszeitpunkt vom Abschlussstichtag des Tochterunternehmens ab, so bedarf es zur Trennung von erworbenem, d. h. in die Kapitalkonsolidierung einzubeziehendem, und nach dem Erstkonsolidierungszeitpunkt erwirtschaftetem Jahresergebnis sowie zur Dokumentation des Mengengersts ggf. eines Zwischenabschlusses.222 Ob eine Verpflichtung zu dessen Aufstellung besteht, ist umstritten.223 Da diese mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann, werden allerdings nach berwiegender Meinung mehr oder weniger starke Vereinfachungen unter der Bedingung der Verlsslichkeit fr zulssig gehalten, wie ein zeitnah um den Erstkonsolidierungszeitpunkt aufgestellter Monats- bzw. Quartalsabschluss oder statistische Verfahren zur Approximation des zum konsolidierungspflichtigen Eigenkapital zuzuordnenden Teils des Jahresergebnisses sowie der in

220 Z. B. ein aktiver Unterschiedsbetrag aus der Vermgensverrechnung (§ 246 Abs. 2 S. 2 und 3 HGB): vgl. Wohlgemuth, in: Pelka/Niemann (Hrsg.), Jahres- und Konzernabschluss nach Handels- und Steuerrecht (2010), Bd. B, Rn. 984; Reiner/Haußer, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Mnchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (2013), § 266 HGB, Rn. 87 f. 221 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 413; vgl. zu den IFRS Abschnitt III. 1. a). 222 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 129 ff. 223 Verneinend DRS 4.11. Unabhngig davon wird in der Literatur die Aufstellung mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut teilweise fr geboten erachtet oder zumindest empfohlen. Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 129; Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 332.

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die Konzern-GuV zu bernehmenden Aufwendungen und Ertrge des Tochterunternehmens.224 Knnen die Wertanstze zum Erstkonsolidierungszeitpunkt nur vorlufig ermittelt werden (z. B. aufgrund von zeitlichen Engpssen im Rahmen des Unternehmenserwerbs), so kann die Kapitalkonsolidierung gem. § 301 Abs. 2 S. 2 HGB zunchst auf Grundlage dieser Wertanstze durchgefhrt werden. Hierbei sind allerdings die Wertanstze innerhalb von zwlf Monaten nach dem Erstkonsolidierungszeitpunkt ergebnisneutral anzupassen.225 Eine Erleichterungsregelung greift, wenn – das Mutterunternehmen erstmalig einen Konzernabschluss aufstellt und das einzubeziehende Unternehmen nicht in dem Jahr Tochterunternehmen geworden ist, fr das der Konzernabschluss aufgestellt wird (§ 301 Abs. 2 S. 3 HGB) oder – ein Tochterunternehmen, auf dessen Einbeziehung bisher nach § 296 HGB verzichtet wurde, erstmalig in den Konzernabschluss einbezogen wird (§ 301 Abs. 2 S. 4 HGB). Nach § 301 Abs. 2 S. 3 HGB sind in diesen Fllen „die Wertanstze zum Zeitpunkt der Einbeziehung des Tochterunternehmens in den Konzernabschluss zugrunde zu legen“. Hintergrund der Erleichterungsregelung ist, dass hier die Zeitspanne zwischen der Begrndung des Mutter-Tochter-Verhltnisses und der Durchfhrung der Erstkonsolidierung mehrere Jahre betragen kann, weshalb die entsprechenden (historischen) Wertanstze mitunter aufwndig zu rekonstruieren sind. Mit dem BilRUG wurde allerdings die Pflicht zur Vereinfachung relativiert. So drfen in Ausnahmefllen, die im Anhang anzugeben und zu begrnden sind, die (historischen) Wertanstze im Erwerbszeitpunkt herangezogen werden (§ 301 Abs. 2 S. 5 HGB). Hierdurch erffnet sich dem Aufsteller ein bilanzpolitisch attraktives Wahlrecht, da mit dem Zeitpunkt der Ermittlung der Wertanstze nicht nur diese selbst gesteuert werden knnen, sondern auch die Hhe des Unterschiedsbetrags.

b) Anwendung auf den Fall: Bestimmung des Erwerbers und des Erstkonsolidierungszeitpunkts bei der ADS Motoren AG Die JOGU Automotive GmbH begrndet durch den Erwerb eines 75 %-Anteils ein Mutter-Tochter-Verhltnis gegenber der ADS Motoren AG. Hiermit ist die JOGU Automotive GmbH als formalrechtliches Mutterunternehmen und im HGB als Erwerber anzusehen, d. h. bei der Kapitalkonsolidierung sind die Vermgensgegenstnde und Schulden der ADS Motoren AG als erworbenem Unternehmen neu zu bewerten. 224 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 130; Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 332. 225 Vgl. DRS 4.10a; BT-Drucks. 16/10067 v. 30. 7. 2008, S. 81.

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Da die ADS Motoren AG am 31. 12. 2016 Tochterunternehmen der JOGU Automotive GmbH geworden ist, ist die Erstkonsolidierung auf diesen Tag durchzufhren.

2. Bestimmung des Wertansatzes der dem Mutterunternehmen gehrenden Anteile a) Theoretische Grundlagen Nach § 301 Abs. 1 S. 1 HGB ist der Wertansatz der dem Mutterunternehmen gehrenden Anteile (Beteiligungsbuchwert) mit dem anteiligen neubewerteten Eigenkapital des Tochterunternehmens zu verrechnen. Unter dem Begriff der Anteile versteht man „alle kapitalmßigen Beteiligungen mit Einlagen bei TU [Tochterunternehmen]“226. Hierunter fallen, je nach Rechtsform des Tochterunternehmens, Aktien, Geschftsanteile sowie Beteiligungen an Personengesellschaften in Form von Anteilen, die den Erwerb der Mitglieds- bzw. Gesellschafterstellung dokumentieren.227 Schuldrechtliche Ansprche des Mutterunternehmens fallen grundstzlich nicht unter die zu konsolidierenden Anteile. Sie begrnden eine Glubigerstellung und werden dementsprechend im Rahmen der Schuldenkonsolidierung bercksichtigt (§ 303 HGB).228 Zu den „dem Mutterunternehmen gehrenden Anteilen“ zhlen smtliche Anteile am Tochterunternehmen, an denen das Mutterunternehmen selbst das wirtschaftliche Eigentum hat und die es bilanziell ausweist, sowie Anteile am Tochterunternehmen, die anderen voll konsolidierten Unternehmen gehren.229 Von der Einbeziehung ausgeschlossen sind gem. § 301 Abs. 4 HGB die Anteile am Mutterunternehmen, die einem einzubeziehenden Tochterunternehmen i. S. einer Rckbeteiligung zustehen.230 Der Wertansatz der dem Mutterunternehmen gehrenden Anteile richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 252 ff. HGB. Entsprechend sind grundlegender Bewertungsmaßstab die Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB, wobei diese neben der Gegenleistung fr die Anteile auch Anschaffungsnebenkosten 226 IDW (Hrsg.), WP Handbuch, Bd. I (2012), M 349. 227 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 61. 228 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 14. Bei Mischformen, wie z. B. Wandelschuld- und Gewinnschuldverschreibungen, Optionsanleihen sowie Genussscheinen, ist jeweils zu prfen, ob der gesellschaftsrechtliche oder der schuldrechtliche Charakter berwiegt: vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 62. 229 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 11. 230 Vgl. DRS 4.22; BT-Drucks. 16/10067 v. 30. 7. 2008, S. 82.

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(z. B. Notariatskosten, Spesen oder Provisionen) und Anschaffungspreisminderungen umfassen. Hingegen sind Kosten der Entscheidungsvorbereitung bzw. -untersttzung wie bspw. Kosten fr Bewertungs- oder Due-Diligence-Gutachten kein Bestandteil des Beteiligungsbuchwerts.231 Die Gegenleistung fr die Anteile kann in Form von Zahlungsmitteln, durch bertragung anderweitiger Vermgensgegenstnde, durch Ausgabe eigener Anteile oder durch bernahme von Schulden erbracht werden.232 Fallen Erwerbszeitpunkt der Anteile und Erstkonsolidierungszeitpunkt auseinander, so kann der ursprngliche Beteiligungsbuchwert u. U. durch Abschreibungen gemindert sein. Sind die Abschreibungen wahlweise wegen voraussichtlich vorbergehender Wertminderung vorgenommen worden (§ 253 Abs. 3 S. 6 HGB), drfen diese vor der Erstkonsolidierung in der HB II rckgngig gemacht werden. Sind die Abschreibungen hingegen wegen voraussichtlich dauernder Wertminderung pflichtgemß vorgenommen worden, ist die Rcknahme fr die Erstkonsolidierung umstritten.233

b) Anwendung auf den Fall: Bestimmung des Wertansatzes der der JOGU Automotive GmbH gehrenden Anteile Bei der Erstkonsolidierung zu verrechnen ist der Wertansatz der der JOGU Automotive GmbH gehrenden Anteile an der ADS Motoren AG. Diese sind mit ihren Anschaffungskosten zu bewerten, die sowohl den Kaufpreis von 31 500 TEuro als auch die Provisionen an eine Investmentbank (Anschaffungsnebenkosten) von 500 TEuro umfassen. Die Ausgaben fr Bewertungs- und Due-Diligence-Gutachten sind der Entscheidungsfindung zuzurechnen und drfen nicht in die Anschaffungskosten einbezogen werden, d. h. diese mssen sofort als Aufwand verrechnet werden.

3. Ermittlung des neubewerteten Eigenkapitals a) Theoretische Grundlagen Nach nderung von § 301 HGB durch das BilMoG darf die Erwerbsmethode ausschließlich in der Variante der vollstndigen Neubewertungsmethode durchgefhrt werden. Nicht mehr zulssig ist hingegen die Buchwertmethode. Kennzeichen der vollstndigen Neubewertungsmethode ist es, dass der Beteiligungsbuchwert mit 231 Vgl. DRS 4.12 f.; Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 67 und 70. 232 Vgl. DRS 4.12 f.; Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 20. 233 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 85 f.

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dem anteiligen neubewerteten Eigenkapital des Tochterunternehmens verrechnet wird. Hierbei ist das Eigenkapital gem. § 301 Abs. 1 S. 2 HGB mit dem Betrag anzusetzen, der dem beizulegenden Zeitwert der in den Konzernabschluss aufzunehmenden Vermgensgegenstnde, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten und Sonderposten im Erstkonsolidierungszeitpunkt entspricht.234 Demgemß ist in einem der Kapitalkonsolidierung vorgelagerten Schritt eine Neubewertung der in den Konzernabschluss zu bernehmenden Bilanzposten in einer sog. HB III („Neubewertungsbilanz“235) vorzunehmen.236 Hierbei ist insofern vollstndig neu zu bewerten, als die Minderheitsanteile an den stillen Reserven und Lasten einzubeziehen sind. Im Zuge der Neubewertung der einzelnen Vermgensund Schuldposten verndert sich als Gegenposten das Eigenkapital in der HB III. Zur Verbuchung dieser Vernderung wird ein separater Eigenkapitalposten z. B. mit der Bezeichnung „Neubewertungsrcklage“237 vorgeschlagen. Die dem Mutterunternehmen zustehenden Anteile an der Neubewertungsrcklage erhhen das konsolidierungspflichtige Eigenkapital. Die den Minderheitsgesellschaftern zustehenden Anteile an der Neubewertungsrcklage erhhen hingegen den Ausgleichsposten fr die Anteile der anderen Gesellschafter (§ 307 Abs. 1 HGB).238 Die Neubewertung ist nicht auf das Mengengerst der HB II des Tochterunternehmens begrenzt. Dies liegt im Vollstndigkeitsgebot nach § 300 Abs. 2 S. 1 HGB begrndet.239 Hiernach sind „Vermgensgegenstnde, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten […] der in den Konzernabschluß einbezogenen Unternehmen […] unabhngig von ihrer Bercksichtigung in den Jahresabschlssen dieser Unternehmen vollstndig aufzunehmen, soweit nach dem Recht des Mutterunternehmens nicht ein Bilanzierungsverbot oder ein Bilanzierungswahlrecht besteht“. So sind im Rahmen der Erstkonsolidierung vom Tochterunternehmen selbst geschaffene immaterielle Vermgensgegenstnde des Anlagevermgens, die bisher in der Einzelbilanz bzw. der HB II des Tochterunternehmens aufgrund der Nichtinanspruchnahme des Aktivierungswahlrechts in § 248 Abs. 2 S. 1 HGB bzw. des Aktivierungsverbots in § 248 Abs. 2 S. 2 HGB nicht erfasst wurden, zu aktivieren. Aus Konzernsicht handelt es sich um aktivierungspflichtige, entgeltlich erworbene immaterielle Vermgensgegenstnde des Anlagevermgens.240 Entscheidend fr die nachtrgliche Aktivierung von immateriellen Werten ist allerdings, dass die Ei234 Vgl. DRS 4.23 f. 235 IDW (Hrsg.), WP Handbuch, Bd. I (2012), M 354. 236 Die Neubewertung kann auch gemeinsam mit der Kapitalkonsolidierung durchgefhrt werden: vgl. IDW (Hrsg.), WP Handbuch, Bd. I (2012), M 354. 237 Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 55. 238 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 55; IDW (Hrsg.), WP Handbuch, Bd. I (2012), M 353. 239 Vgl. DRS 4.17; Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 106. 240 Vgl. DRS 4.17 f.; Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 353.

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genschaften eines Vermgensgegenstands erfllt sind.241 Obwohl der Begriff des Vermgensgegenstands an mehreren Stellen des HGB verwendet wird, gibt es keine Legaldefinition.242 Nach Baetge/Kirsch/Thiele liegt handelsrechtlich ein Vermgensgegenstand vor, wenn der Wert einzeln verwertbar ist.243 Vermgenswerte, die keine Vermgensgegenstnde sind (z. B. Standortvorteile, Mitarbeiterqualitt), knnen entsprechend im Zuge der Erstkonsolidierung nicht aktiviert werden und „gehen global im Geschfts- oder Firmenwert auf“244. Der Hinweis, dass diese Vermgenswerte mit dem Tochterunternehmen erworben wurden und Teil des Gesamtkaufpreises sind, ist fr eine Aktivierung im Konzernabschluss nicht ausreichend.245 Ebenso kommen Anpassungen des Mengengersts bei den Schulden in Betracht.246 Zum einen knnen in der HB II Schulden fehlen (z. B. in Ausbung des Passivierungswahlrechts fr Pensionsaltlasten oder mittelbare Pensionslasten nach Art. 28 Abs. 1 EGHGB), die zur vollstndigen Auflsung der stillen Lasten im Zuge der Neubewertung in der HB III passiviert werden mssen.247 Zum anderen knnen in der HB II Schulden enthalten sein (z. B. eine Rckstellung fr eine Gewhrleistungsverpflichtung des Tochterunternehmens gegenber dem Mutterunternehmen), die zwar aus Sicht des Tochterunternehmens passivierungspflichtig, aber aus Konzernsicht nicht passivierungsfhig sind. Im Beispiel der innerkonzernlichen Gewhrleistungsverpflichtung handelt es sich aus Konzernsicht um eine Innenverpflichtung, so dass es fr die Passivierung als Verbindlichkeitsrckstellung 241 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 109. 242 Vgl. Ballwieser, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), B 131, Rn. 6. 243 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen (2013), S. 75. Baetge/Kirsch/Thiele vertreten die Auffassung, dass die abstrakte Aktivierungsfhigkeit von Vermgenswerten anhand der statisch anstatt der dynamisch (steuerlich) geprgten Aktivierungskonzeption zu beurteilen ist: vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen (2014), S. 173 f., m. w. N.; hierzu kritisch: Wstemann/Wstemann, in: Baumhoff/Dcker/Khler (Hrsg.), FS Krawitz (2010), S. 751 (S. 760– 763); weiterfhrend zur Diskussion der Eigenschaften von Vermgensgegenstnden: Ballwieser, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), B 131, Rn. 9–28. 244 Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 107. 245 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 109; Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher BilanzKommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 67. 246 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 110, m. w. N. 247 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 62; Senger/Hoehne, in: Hennrichs/Kleindiek/Watrin (Hrsg.), Mnchener Kommentar zum Bilanzrecht (2013), § 301 HGB, Rn. 76; Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 110; Busse von Colbe u. a., Konzernabschlsse (2010), S. 222.

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im Konzernabschluss an dem Kriterium der Außenverpflichtung fehlt. Unabhngig davon wre allerdings zu prfen, ob nicht ggf. eine Aufwandsrckstellung fr unterlassene Instandhaltung zu bilden bzw. eine Wertberichtigung im Konzernabschluss vorzunehmen ist.248 Eventualverbindlichkeiten werden weder in der HB II noch in der HB III als Schuld passiviert, weil das Kriterium der hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme nicht erfllt ist (z. B. bei einer Brgschaftsverpflichtung, bei der mehr Grnde gegen als fr eine Inanspruchnahme des Brgen sprechen).249 Restrukturierungsrckstellungen sind bei der Erstkonsolidierung eines Tochterunternehmens nach DRS 4 zu passivieren, wenn die in DRS 4.19 f. genannten Bedingungen vorliegen.250 Hierbei wird zwar eine „starke Selbstverpflichtung“251, aber keine Außenverpflichtung gefordert. Letztere wird allerdings nach h. M. als notwendig erachtet, weil die Passivierung von Verbindlichkeitsrckstellungen eine Außenverpflichtung voraussetzt und die Passivierung einer Rckstellung fr eine Innenverpflichtung auf unterlassene Aufwendungen fr Instandhaltung oder Abraumbeseitigung beschrnkt ist.252 Da bei Widersprchen die Regelungen des HGB denen der DRS vorgehen, kommen Restrukturierungsrckstellungen in der HB III ausschließlich bei Vorliegen einer Außenverpflichtung in Betracht.253 Von der Neubewertung mit dem beizulegenden Zeitwert ausgenommen sind aus Grnden der Vereinfachung Rckstellungen und latente Steuern, die nach § 301 Abs. 1 S. 3 HGB mit ihren Wertanstzen aus dem Jahresabschluss unverndert in den Konzernabschluss zu bernehmen sind.254 Wren die Bilanzposten der Zeitwertbewertung nach § 301 Abs. 1 S. 2 HGB unterworfen, mssten diese abweichend vom Jahresabschluss mit dem abgezinsten Erfllungsbetrag bewertet werden, wobei fr die Abzinsung der Marktzinssatz heranzuziehen wre. Um aufwn-

248 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 110. 249 Vgl. Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 361 i.V. m. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen (2014), S. 185. 250 Eine Voraussetzung ist bspw., dass die wesentlichen Bedingungen des Plans zur Stilllegung oder Verußerung des erworbenen Unternehmens (bzw. von Teilen des Unternehmens) umgehend bekannt gemacht werden (DRS 4.19a). 251 Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 113. 252 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 65 f.; Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 113; Kting/Weber, Der Konzernabschluss (2012), S. 361, m. w. N. 253 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 113 i.V. m. Rn. 27. 254 Zu den Bewertungsregelungen im Jahresabschluss fr Rckstellungen s. § 253 Abs. 1 S. 2 und 3 sowie Abs. 2 HGB und fr latente Steuern s. § 274 Abs. 2 HGB.

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dige Umbewertungsmaßnahmen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung in § 301 Abs. 1 S. 3 HGB geschaffen.255

b) Anwendung auf den Fall: Ermittlung des neubewerteten Eigenkapitals der ADS Motoren AG Bei der ADS Motoren AG wurden unterschiedliche stille Reserven und Lasten identifiziert. Diese sind wie folgt in der Erstkonsolidierung zu bercksichtigen: Die Buchwerte der bereits in der HB II der ADS Motoren AG ausgewiesenen Vermgensgegenstnde (Grundstcke, Technische Anlagen und Vorrte) sind im Rahmen der Neubewertung in der HB III auf ihre beizulegenden Zeitwerte aufzustocken. Es ergibt sich folgender Buchungssatz [vgl. Buchung (1.1), Tabelle 27 auf S. 139]: Grundstcke und Gebude Technische Anlagen und Maschinen Vorrte

11 500 4 500 1 500 an

Neubewertungsrcklage

17 500

Das Markenrecht wurde aus Sicht der ADS Motoren AG selbst geschaffen und unterliegt in deren Einzelbilanz bzw. HB II dem Aktivierungsverbot des § 248 Abs. 2 S. 2 HGB. Dieser Sachverhalt stellt sich aus Sicht des JOGU-Teilkonzerns anders dar. Aus dessen Perspektive wurde das Markenrecht im Rahmen des Unternehmenskaufs entgeltlich von der ADS Motoren AG erworben. Da das Markenrecht einzelverwertbar ist, ist es im Rahmen der Erstkonsolidierung zu aktivieren.256 Der Buchungssatz lautet wie folgt [vgl. Buchung (1.2), Tabelle 27 auf S. 139]: Immaterielle Vermgensgegenstnde (ohne GoFW)

500

an

Neubewertungsrcklage

500

Wenngleich die Stammkundenbeziehungen der ADS Motoren AG aus Sicht des JOGU-Teilkonzerns nicht selbst geschaffen sind und ihr beizulegender Zeitwert auf 2 000 TEuro geschtzt wird, fehlt es ihnen an der Einzelverwertbarkeit, weshalb sie nicht als Vermgensgegenstand zu qualifizieren sind. Infolgedessen kommt eine Aktivierung in der Konzernbilanz nicht in Frage.257 Die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung im Produkthaftungsprozess gegen die ADS Motoren AG wird auf lediglich 10 % geschtzt. In Anbetracht dieser geringen Wahrscheinlichkeit fehlt es dem Prozessrisiko an hinreichender Konkretisierung, 255 Vgl. BT-Drucks. 16/12407 v. 24. 3. 2009, S. 90; weiterfhrend Mller, in: Bertram u. a. (Hrsg.), Haufe HGB Bilanz Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 69 f. 256 Vgl. Busse von Colbe, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Mnchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (2013), § 301 HGB, Rn. 52 und 52a. 257 Vgl. Kuhner, in: Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wstemann (Hrsg.), Handbuch des Jahresabschlusses (2014), Abt. II/1, Rn. 172.

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sodass die Passivierungskriterien fr eine Verbindlichkeitsrckstellung nicht erfllt sind. Entsprechend scheidet eine Bercksichtigung in der Konzernbilanz ebenso wie in der Einzelbilanz bzw. HB II der ADS Motoren AG aus.258 Insgesamt ergibt sich in der HB III der ADS Motoren AG ein neubewertetes Eigenkapital von 34 700 TEuro.

4. Ermittlung des Unterschiedsbetrags a) Theoretische Grundlagen Zur Beseitigung der innerkonzernlichen Eigenkapitalverflechtung ist der Beteiligungsbuchwert gegen das anteilige neubewertete Eigenkapital des Tochterunternehmens zu verrechnen. Hierbei gehren zu den aufzurechnenden Eigenkapitalposten des Tochterunternehmens, dem Bilanzgliederungsschema fr Kapitalgesellschaften gem. § 266 Abs. 3 HGB folgend, die auf die konsolidierungspflichtigen Anteile entfallenden Posten des bilanziellen Eigenkapitals (gezeichnetes Kapital, Kapitalrcklage, Gewinnrcklagen, Gewinn- bzw. Verlustvortrag und Jahresberschuss bzw. -fehlbetrag)259 sowie die im Zuge der Neubewertung gebildete Neubewertungsrcklage.260 Der Erwerbsmethode entsprechend fllt der Jahresberschuss nur dann unter das aufzurechnende Eigenkapital, wenn er miterworben wurde. Steht der Jahresberschuss hingegen teilweise oder vollstndig dem Verkufer zu, handelt es sich um eine Verbindlichkeit. In diesem Fall gehrt der Jahresberschuss nicht zum konsolidierungspflichtigen Eigenkapital.261 Da sich die gegeneinander zu verrechnenden Grßen nur in seltenen Fllen entsprechen, entsteht bei der Erstkonsolidierung regelmßig ein Unterschiedsbetrag.262 Dieser kann positiv (Beteiligungsbuchwert > anteiliges neubewertetes Eigenkapital) oder negativ (Beteiligungsbuchwert < anteiliges neubewertetes Eigenkapital) sein. Whrend ein positiver Unterschiedsbetrag in der Konzernbilanz als Geschfts- oder Firmenwert aktiviert werden muss, ist ein negativer Unterschieds258 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen (2013), S. 75 i.V. m. Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen (2014), S. 185. 259 Zu beachten ist § 268 Abs. 1 HGB: Nach teilweiser oder vollstndiger Ergebnisverwendung ersetzt der Posten Bilanzgewinn bzw. -verlust die Posten Jahresberschuss/-fehlbetrag und Gewinn-/Verlustvortrag. 260 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 36; Adler/Dring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prfung der Unternehmen (1996), § 301 HGB, Rn. 48 f. 261 Vgl. Busse von Colbe, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Mnchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (2013), § 301 HGB, Rn. 38. 262 „Nur in den Fllen, in denen das Tochterunternehmen unlngst vom Mutterunternehmen gegrndet wurde und keine Kosten entstanden sind, drfte der Wert der Anteile dem Wert des Eigenkapitals entsprechen.“ Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 129.

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betrag in der Konzernbilanz unter dem Posten „Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung“ nach dem Eigenkapital zu passivieren (§ 301 Abs. 3 HGB). Die Minderheitsanteile am neubewerteten Eigenkapital des Tochterunternehmens sind nach § 307 Abs. 1 HGB in der Konzernbilanz in einen Ausgleichsposten fr die Anteile der anderen Gesellschafter innerhalb des Eigenkapitals einzustellen.263 Der Posten ist seit dem BilRUG mit „nicht beherrschende Anteile“ zu bezeichnen.

b) Anwendung auf den Fall: Ermittlung des Unterschiedsbetrags bei der ADS Motoren AG Bei der Verrechnung der Anteile der JOGU Automotive GmbH mit dem auf diese entfallenden neubewerteten Eigenkapital der ADS Motoren AG ist zu bercksichtigen, dass der Jahresberschuss der ADS Motoren AG in 2016 von der JOGU Automotive GmbH vertragsgemß anteilig erworben wurde und entsprechend zum konsolidierungspflichtigen Eigenkapital zhlt. Unter Bercksichtigung dessen ergibt sich ein aktivischer Unterschiedsbetrag von 5 975 TEuro, der als Geschftsoder Firmenwert auszuweisen ist [vgl. Buchung (1.3), Tabelle 27]: Gezeichnetes Kapital Kapitalrcklage Gewinnrcklagen Jahresberschuss Neubewertungsrcklage Geschfts- oder Firmenwert

7 500 750 900 3 375 13 500 5 975 an

Anteile an verbundenen Unternehmen

32 000

Die Anteile am neubewerteten Eigenkapital der ADS Motoren AG, die nicht der JOGU Automotive GmbH gehren, sind den Minderheitsgesellschaftern zuzuweisen [vgl. Buchung (1.4), Tabelle 27]: Gezeichnetes Kapital Kapitalrcklage Gewinnrcklagen Jahresberschuss Neubewertungsrcklage

263 Vgl. DRS 4.42.

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2 500 250 300 1 125 4 500

an

Nicht beherrschende Anteile

8 675

Tabelle 27: Erstkonsolidierung der ADS Motoren AG zum 31. 12. 2016 nach HGB (in TEuro)

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5. Verteilung des Geschfts- oder Firmenwerts a) Theoretische Grundlagen Mit der Aktivierung eines positiven Unterschiedsbetrags aus der Erstkonsolidierung als Geschfts- oder Firmenwert wird dessen wirtschaftlichem Charakter Rechnung getragen. So entsteht ein positiver Unterschiedsbetrag immer dann, wenn der Beteiligungsbuchwert, der die Anschaffungskosten fr die Anteile am Tochterunternehmen reprsentiert, das anteilige neubewertete Eigenkapital des Tochterunternehmens, das den anteiligen Wert der Substanz des Tochterunternehmens reprsentiert, berschreitet. Dieser Unterschiedsbetrag wird gemeinhin als Geschfts- oder Firmenwert bezeichnet. Da die stillen Reserven der Vermgensgegenstnde und Schulden des Tochterunternehmens nach der vollstndigen Neubewertungsmethode bereits in der HB III aufgedeckt werden, sind die Ursachen des Geschfts- oder Firmenwerts aus der Kapitalkonsolidierung nicht in den stillen Reserven zu suchen. Vielmehr ist der Geschfts- oder Firmenwert im Allgemeinen auf „immaterielle positive Ertragserwartungen“264 des Kufers zurckzufhren, die sich beim Tochterunternehmen bilanziell nicht niederschlagen. Unabhngig davon ist es denkbar, dass ein positiver Unterschiedsbetrag aus der Erstkonsolidierung in einem berhhten Kaufpreis begrndet liegt und in der Folge flschlicherweise als Geschfts- oder Firmenwert in der Konzernbilanz behandelt wird.265 Die Passivierung eines negativen Unterschiedsbetrags aus der Erstkonsolidierung unter dem Posten „Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung“ zwischen dem Eigenkapital und Fremdkapital lsst erkennen, dass es ihm an einem eindeutigen wirtschaftlichen Charakter fehlt. Vielmehr kann ein negativer Unterschiedsbetrag in Abhngigkeit von seiner Entstehungsursache Rckstellungs- oder Rcklagencharakter besitzen.266 Zum einen sind als Ursache Erwartungen ber knftige Verluste bzw. Restrukturierungsaufwendungen mglich („badwill“). Dies ist typischerweise bei Beteiligungen an sanierungsbedrftigen Unternehmen der Fall. Zum anderen kann die Ursache in einem gnstigen Kaufpreis fr die Anteile des Tochterunternehmens liegen. Entsprechend wird von einem Lucky Buy bzw. „Schnppchen“ gesprochen.267 Der Geschfts- oder Firmenwert aus der Kapitalkonsolidierung ist gem. § 309 Abs. 1 HGB in der Folgezeit nach den Vorschriften fr alle Kaufleute (Erster Ab264 Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen (2013), S. 214. 265 Vgl. weiterfhrend Scherrer, Konzernrechnungslegung nach HGB (2012), S. 176. 266 Wenngleich der Ausweis des negativen Unterschiedsbetrags entsprechend seinem jeweiligen bilanziellen Charakter zu einer „richtigeren“ Darstellung fhren wrde, hat sich der Gesetzgeber fr den einheitlichen Ausweis in einem gesonderten Posten entschieden. Begrndet wird dies mit der besseren Nachvollziehbarkeit aus Sicht der Abschlussadressaten. Vgl. BTDrucks. 16/10067 v. 30. 7. 2008, S. 81 f. 267 Vgl. v. Wysocki/Wohlgemuth/Brsel, Konzernrechnungslegung (2014), S. 118 f.; Dreger, Der Konzernabschluss (1969), S. 63 f.

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schnitt) analog zu einem entgeltlich erworbenen Geschfts- oder Firmenwert im Jahresabschluss zu behandeln.268 Obwohl dem Geschfts- oder Firmenwert die Einzelverwertbarkeit als Eigenschaft eines Vermgensgegenstands fehlt, wird ihm durch § 246 Abs. 1 S. 4 HGB per Definition der Status eines zeitlich begrenzt nutzbaren Vermgensgegenstands verliehen.269 Dementsprechend ist er gem. § 253 Abs. 3 S. 1 bis 5 HGB planmßig ber die voraussichtliche Nutzungsdauer sowie bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmßig abzuschreiben.270 Kann in Ausnahmefllen die voraussichtliche Nutzungsdauer nicht verlsslich geschtzt werden, ist der planmßigen Abschreibung ein Zeitraum von zehn Jahren zugrunde zu legen (§ 253 Abs. 3 S. 4 HGB). Sofern das erworbene Unternehmen aus mehreren Geschftsfeldern besteht, schreibt DRS 4.30 vor, dass der Geschfts- oder Firmenwert bei der Erstkonsolidierung auf diese zu verteilen ist. Hiermit soll eine geschftsfeldspezifische Behandlung des Geschfts- oder Firmenwerts bei der Folgekonsolidierung ermglicht werden.271 Entsprechend ist fr die planmßige Abschreibung die voraussichtliche Nutzungsdauer fr jeden einzelnen Teil des Geschfts- oder Firmenwerts nach den jeweiligen Umstnden gesondert zu ermitteln (DRS 4.32). berdies ist jeder Teilbetrag gesondert auf Werthaltigkeit zu berprfen (DRS 4.35). In DRS 4 sind weder die Abgrenzung der Geschftsfelder noch die Aufteilung des Geschfts- oder Firmenwerts geregelt. Nach Frschle/Deubert sind die Geschftsfelder anhand der Grundstze der Segmentierung gem. DRS 3 abzugrenzen.272 Dies kann bspw. anhand von Produkten oder geografischen Kriterien vorgenommen werden (DRS 3.10). In der Literatur werden verschiedene Methoden diskutiert, um den Geschfts- oder Firmenwert auf die Geschftsfelder zu verteilen. So wird bspw. vorgeschlagen, den Geschftsfeldern jeweils einen Anteil am (Gesamt-)Kaufpreis des Tochterunternehmens zuzuordnen und davon das geschftsfeldspezifische Nettovermgen abzuziehen. Die sich ergebende Residualgrße stellt jeweils den auf ein Geschftsfeld entfallenden Geschfts- oder Firmenwert dar.273 berdies kann der Geschfts- oder Firmenwert in Anlehnung an die IFRS verteilt werden, indem die Zuordnung in dem Verhltnis erfolgt, wie die einzelnen Geschftsfelder von den erwarteten Synergieeffekten des Unternehmenszusammenschlusses profitieren wer268 Vgl. DRS 4.27 und 4.31. 269 Vgl. Busse von Colbe, in: Schmidt/Ebke (Hrsg.), Mnchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (2013), § 309 HGB, Rn. 7. 270 Vgl. DRS 4.31 und 4.34. 271 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 152. 272 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 152; so auch Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 130. 273 Vgl. Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 153; hierzu kritisch Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 130.

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den.274 Alternativ wird es fr mglich gehalten, die Aufteilung nach der „relativen Profitabilitt bzw[.] Ertragskraft der Geschftsfelder“ durchzufhren, sofern diese „annhernd die gleichen geschftswertbildenden Faktoren“ besitzen.275

b) Anwendung auf den Fall: Verteilung des Geschfts- oder Firmenwerts auf die Geschftsfelder der ADS Motoren AG Die ADS Motoren AG zerfllt in der neuen Konzernstruktur in zwei eigenstndige Geschftsfelder, die annahmegemß Segmente i. S. d. DRS 3 darstellen. Hierbei handelt es sich der Literaturmeinung folgend um Geschftsfelder nach DRS 4.30. Entsprechend ist der Geschfts- oder Firmenwert aus der Erstkonsolidierung auf diese aufzuteilen. Da im Sachverhalt lediglich angegeben ist, wie die einzelnen Geschftsfelder von den erwarteten Synergieeffekten des Unternehmenszusammenschlusses voraussichtlich profitieren werden, wird auf dieser Grundlage die Verteilung vorgenommen. Danach ist der Geschfts- oder Firmenwert i. H. v. 5 975 TEuro im Verhltnis 80 : 20 zu verteilen, d. h. dem Geschftsfeld „Hybridantrieb“ werden 4 780 TEuro und dem Geschftsfeld „Elektroantrieb“ 1 195 TEuro zugeordnet.

III. Lsung nach IFRS 1. Bestimmung des Erwerbers und des Zeitpunkts der Erstkonsolidierung a) Theoretische Grundlagen Nach IFRS hat die bilanzielle Abbildung eines Unternehmenszusammenschlusses unter Anwendung der Erwerbsmethode zu erfolgen (IFRS 3.4). Entsprechend sind fr jeden Unternehmenszusammenschluss ein erwerbendes (Erwerber) und ein erworbenes Unternehmen zu identifizieren (IFRS 3.6). Hierbei gilt als Erwerber dasjenige Unternehmen, welches die Beherrschung ber das andere am Unternehmenszusammenschluss beteiligte Unternehmen erlangt (IFRS 3.7). Die Auslegung des Begriffs „Beherrschung“ erfolgt anhand der Regelungen in IFRS 10, wobei IFRS 3.B14–18 ergnzende Leitlinien zur Identifizierung des Erwerbers bereitstellen (IFRS 3.7 und 3.B13). Hiernach beherrscht ein Investor ein Beteiligungsunternehmen, „wenn er schwankenden Renditen aus seinem Engagement in dem Beteiligungsunternehmen ausgesetzt ist bzw. Anrechte auf diese besitzt und die Fhig274 Vgl. Hachmeister/Beyer, in: Bcking u. a. (Hrsg.), Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung (2014), C 401, Rn. 131 i.V. m. IAS 36.80. Zudem wird auf die entsprechenden Ausfhrungen in Abschnitt III. 5. a) verwiesen. 275 Frschle/Deubert, in: Frschle u. a. (Hrsg.), Beck’scher Bilanz-Kommentar (2014), § 301 HGB, Rn. 154.

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