Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Bachelorstudiengang Soziale Arbeit

Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Bachelorstudiengang Soziale Arbeit Kokain- traditionell, modisch, gesellschaftsfähig Darstellung vo...
Author: Jobst Bruhn
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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Bachelorstudiengang Soziale Arbeit

Kokain- traditionell, modisch, gesellschaftsfähig Darstellung von Kokain als psychotrope Substanz mit dem Schwerpunkt der vielseitigen Wirkungen und Prävention

Bachelorarbeit Vorgelegt von

Christof Reschke Studiengang: Bachelor Soziale Arbeit Semesterzahl: 6. Fachsemester Abgabe: Sommersemester 2016

urn:nbn:de:gbv:519-thesis2016-0425-6 Dozent: Prof. Dr. med. et Dr. disc. pol. M.A Andreas Franke

urn:nbn:de:gbv:519

Bachelorarbeit

Kokain- traditionell, modisch, gesellschaftsfähig Darstellung von Kokain als psychotrope Substanz mit dem Schwerpunkt der vielseitigen Wirkungen und Prävention

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Einleitung Sucht und Abhängigkeit

1

2 Abhängigkeit

2

2.1 Differenzierte Betrachtungen von Abhängigkeit

2

2.1.1 Psychische Abhängigkeit

2

2.1.2 Physische Abhängigkeit

3

2.1.3 Co-Abhängigkeit

3

2.2 Prädispositionelle Faktoren der Abhängigkeit

4

2.3 Diagnose Abhängigkeit

6

3 Psychotrope Substanzen

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3.1 Einteilungen der Rauschdrogen

9

3.2.1 Halluzinogene Drogen

10

3.2.2 Sedative Drogen

11

3.2.3 Analeptische Drogen

11

4 Kokain

11

4.1 Die geschichtliche Entwicklung der Nutzung von Kokain aus dem Cocastrauch

13

4.2 Die Entdeckung der Rauschwirkung des Kokains

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4.4 Toxität der Substanz Kokain

17

4.5 Durch Kokain ausgelöste Wirkung

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4.5.1 Wirkungseintritt

20

4.5.2 Wirkung auf das zentrale Nervensystem

21

4.5.3 Beeinflussung des sympathischen Nervensystems durch Kokain

21

4.5.4 Akute Auswirkung einer Kokainüberdosierung

22

4.5.4.1 Phase der frühen Stimulation

22

4.5.4.2 Phase der späten Stimulation

23

4.5.4.3 Phase der Depression

24

4.6 Langzeiteffekte und bleibende Schäden nach chronischen Kokaingebrach

24

4.6.1 Nasenseptumperforation und Rhinitis bei chronischen Kokainschnupfern

25

4.6.2 Pulmonale Schäden beim Crack Konsum

25

5 Therapeutische Maßnahmen von Kokainmissbrauch

26

5.1 Entzug und Entgiftung

26

5.2 Medikamentöse Behandlung

27

6 Prävention in der sozialen Arbeit ± Vorbemerkungen

27

6.1 Anfänge der Drogenprävention in Deutschland ± Historische Aspekte

28

6.2 Von der Drogen- zur Suchtprävention

30

6.3 Intervention und Prävention

31

6.3.1 Differenzierung nach zeitlichen Präventionsebenen

33

6.3.2 Differenzierung nach Bezugsebenen der Prävention

35

7 Praxisansätze Kokainprävention

37

7.1 Organisation des Rollenspiels

38

7.2 Situation und Rollen im Rollenspiel

40

7.3 Auswertung

41

7.3.1 Entscheidungsfrage zum möglichen Kokainkonsum

42

7.3.2 Erarbeitung von Präventionsansätzen

43

7.3.3 Allgemeines Feedback

44

8 Schlussbemerkung

45

9 Quellen

47

10 Internet Quellen

48

11 Anhang

49

1 Einleitung Sucht und Abhängigkeit Süchte und Abhängigkeiten sind keine Zufälle, ganz gleich ob sie durch Stoffe bedingt sind, wie Nikotin, Alkohol und Drogen oder sich als Formen von zwanghaftem Verhalten, wie bspw. Spiel- und Arbeitssucht äußern. Für jede Sucht und Abhängigkeit gibt es vielfältige Gründe und Ursachen persönlicher, sozio-kultureller oder stoffbedingter Natur. Die Auswirkungen sind beträchtlich und beeinflussen in besonderem Maße die physische, psychische und letztlich auch die soziale Befindlichkeit eines betroffenen Menschen derart, dass es ihnen oft nicht mehr möglich ist ein selbstbestimmtes Leben zu führen.1 Wenn man den Begriff Drogen hört, dann denkt man sofort an Cannabis, Nikotin und Alkohol. Diese Aufzählung ist vermutlich der Tatsache geschuldet, dass beinahe jeder mit diesen Drogen irgendwie in Verbindung getreten ist. Kokain würde bei einer derartigen Zusammenstellung auf einem hinteren Platz liegen. Dennoch ist es sinnvoll, sich mit dieser Droge zu befassen. Auch wenn nämlich Cannabis in Deutschland immer noch die meist konsumierte illegale Droge ist (2014: 161040 Konsumenten), hat sich Kokain im Drogenspektrum der BRD etabliert (2014: 2956 Konsumenten), wobei - betrachtet man die Entwicklung von 2004 bis 2014 - im allgemeinen ein Rückgang des illegalen Drogenkonsums zu verzeichnen ist, ausgenommen Christel und Amphetamine.2 Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht einerseits der Weg der Droge Kokain auf dem deutschen Markt und andererseits dessen vielfältige Wirkeigenschaften auf den menschlichen Organismus. Darauf aufbauend rückt der Aspekt der Prävention ins Zentrum, sodass abschließend eine auf den Kokainmissbrauch ausgerichtete Präventionsmaßnahme entwickelt wird.

Vgl. Schill, 2011, S.4 Vgl. http://www.bka.de/DE/ThemenABisZ/Deliktsbereiche/Rauschgiftkriminalitaet/rauschgift__node.html?__nnn=true

1 2

1

2 Abhängigkeit Abhängigkeit wird definiert als Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, der durch den wiederholten Genuss einer natürlichen oder synthetischen Substanz hervorgerufen wird und der schädlich für den einzelnen und/ oder die Gesellschaft ist.3 Menschliches Verhalten kann grundsätzlich YRQHLQHUDOOWlJOLFKHQ*HZRKQKHLWLQHLQHÄ6XFKW³EHUJHKHQGLH*UHQ]H zwischen problematischem und unproblematischem Konsum ist dabei schwierig zu bestimmen, weil häufig ein fließender Übergang zu beobachten ist. Heutzutage werden die Begriffe Abhängigkeit und Sucht nicht mehr unterschieden. Folglich werden in der vorliegenden Arbeit die Begriffe synonym verwendet. 2.1 Differenzierte Betrachtungen von Abhängigkeit Flankierende Erscheinungen von Abhängigkeit sind soziale, körperliche und seelische Schädigungen. Wenn es zu keiner Behandlung kommt, hindern diese Beeinträchtigungen den Betroffenen daran, seine sozialen und gesellschaftlichen Aufgaben zu erfüllen. Die von der WHO empfohlene Unterscheidung von physischer und psychischer Abhängigkeit wird in der aktuellen Diskussion in Frage gestellt. Für die nachfolgende Abhandlung erscheint diese Differenzierung jedoch sinnvoll.4 2.1.1 Psychische Abhängigkeit Die seelische oder fachlich genannte psychische Abhängigkeit impliziert einen fesselnden, unbezähmbaren Drang nach Wiedereinnahme der Substanz, um ein euphorisches, stimulierendes Gefühl herzustellen und unangenehme Gefühlszustände zu beseitigen. Dies wird auch Craving genannt.5 Craving kommt aus dem Englischen und bedeutet ein starkes Verlangen

Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 16 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., 2015, S.17 5Vgl. http://www.drugcom.de/drogenlexikon/abhaengigkeit/ 3 4

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oder Begierde nach etwas zu haben. Die Wissenschaft verwendet den Ausdruck bei einer Abhängigkeitserkrankung, um eine klare Substanzwirkung einzugrenzen. Theorien über die Psychologie sagen aus, dass das erlernte Verhalten bei einer Abhängigkeitsentstehung einen großen Stellenwert hat. Daher wird Abhängigkeit hier als ein angeeignetes Verhalten angesehen, welches durch bestimmte Anregungen hervorgerufen wird. Das kann z.B. der Anblick einer Flasche Wein bei Alkoholabhängigen oder der Geruch von Marihuana bei Cannabisabhängigen sein. Man spricht hierbei von Umgebungsreizen. Auslöser können auch Entzugserscheinungen sein, die für den Betroffenen sehr prekär sind und somit als Reize für abhängiges Verhalten verstanden werden. Craving wird also durch Reize ausgelöst, welche mit der Wirkung der jeweiligen Substanz kognitiv in Verbindung gebracht werden.6 2.1.2 Physische Abhängigkeit Physische Abhängigkeit besteht in einer chronischen Vergiftung, wobei die Dosis der Droge stets gesteigert werden muss. Erfolgt dies nicht, treten körperliche Entzugserscheinungen wie Schweißausbrüche, Unwohlsein oder Durchfall auf.7 2.1.3 Co-Abhängigkeit Nicht außer Acht zu lassen, ist die Co-Abhängigkeit. Denn nicht selten drängen drogensüchtige Personen, andere Menschen in ihrem Umfeld und engerem Vertrauenskreis in eine gewisse Abhängigkeit, die sogenannte CoAbhängigkeit. Diese äußert sich darin, dass Freunde und Familienmitglieder versuchen, den Süchtigen mit allen Mitteln zu unterstützen und zu schützen, in der Hoffnung, dass sich irgendwann eine Besserung des Verhaltens abzeichnet. Diese Hilfe ist jedoch nicht immer von Vorteil für den Kranken und kann ihm sogar sehr schaden. Die Co-Abhängigen versuchen, den Süchtigen aus seiner Sucht zu befreien und ihm das Leben zu erleich-

6 7

Vgl. http://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-c/craving/ Vgl. Bastikeit, 2003, S. 16f

3

tern, sei es, dass sie jegliche Möglichkeit des Konsums und der Beschaffung von Drogen unterbinden, oder im Gegenteil, dass sie die Beschaffung übernehmen. Oft versuchen sie, die Sucht zu verheimlichen und zu vertuschen, mit der Folge, dass sich die Familie immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurückzieht und versucht, soweit wie möglich autark zu leben. Während dem Betroffenen durch das In-Schutz-Nehmen nie die Tragweite seiner Sucht bewusst wird, gerät der Co-Abhängige schleichend immer mehr in eine psychische, körperliche und oftmals auch finanzielle Problemsituation.8 Die beste Hilfe für einen Drogenabhängigen ist die "Hilfe durch Nichthilfe", d.h. der Kranke muss die Konsequenzen seines Verhaltens selbst erleben und verantworten, um zur Einsicht der Krankheit zu gelangen und damit auch zu dem Entschluss, sich auf dem Weg aus der Sucht professionell unterstützen und begleiten zu lassen.9 2.2 Prädispositionelle Faktoren der Abhängigkeit Die Komplexität und Entstehung einer Abhängigkeit kann durch einen Denkansatz erklärt werden, in dem die Faktoren der seelischen, körperlichen und sozialen Einflüsse berücksichtigt werden müssen. Die Art und Weise einer Drogenabhängigkeit wird als eine ungesunde Balance der Gesundheit dargestellt, in der die verschiedenen Spannungen, Krisen und Probleme des Lebens beschrieben werden. Durch diese ungleichmäßige Balance bekommt das Individuum den Anreiz, die entstandenen Probleme durch den Konsum von Drogen zu vergessen und sich dadurch in einen wohlfühlenden Zustand zu retten. Die Entstehung einer Abhängigkeit hat in den meisten Fällen eine lange Geschichte. Ob es aber zu einer Substanzabhängigkeit kommt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Welche Droge wird konsumiert? Wie ist die Intensität des Substanzgebrauchs? Welche Merkmale der Umwelt und der Persönlichkeit bestehen? 10 So wurde früher ein süchtiges Verhalten als eine chronische Krankheit bezeichnet oder als ein erlerntes Verhalten angesehen, welches von Gleichaltrigen oder Familienmitglieder übernommen wurde. Das Individuum wurde dann

Vgl. Dietze, 2000, S.142 ff. http://www.suchtberatungsstelle.de/lexikon/a-c/co-abhaengigkeit.html 10 Vgl. Hurrelmann/ Bründel, 1997, S. 19, f. 8

9Vgl.

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als suchtkrank bezeichnet, wenn es nicht den eigenen Willen besaß, den exzessiven Drogen- oder Alkoholkonsum zu unterbrechen. Den einzigen Weg der Heilung sah man darin, dass sich der Konsument strikt den Substanzen enthält. Heutzutage ist man aber der Meinung, dass die Faktoren der genetischen Ausstattung und das Lebensumfeld in die Entwicklung einer Abhängigkeit mit einfließen.11 Zu den personenbezogenen Merkmalen gehören die genetischen Faktoren, die möglicherweise eine ungünstige körperliche Verfassung voraussetzen. Oder aber das Individuum weist eine schlechte Verträglichkeit der verschiedenen psychotropen Substanzen auf und ist somit anfälliger für Abhängigkeit. Die psychische Verfassung des Menschen spielt dabei eine weitere Rolle, ob und wie seine seelische Labilität, Frustrationsgrenzen, unsicheres Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Konfliktlösungskompetenzen mit in die Entwicklung einfließen. Die Umweltfaktoren, die ihrerseits in einer Wechselbeziehung mit den Persönlichkeitsmerkmalen stehen, haben darauf Einfluss, wie negativ erlebte Situationen und Schicksalsschläge sich auf das Individuum auswirken. Mangelnde Kompetenz, auf diverse Probleme zu reagieren, und die zum Teil fehlende Unterstützung von Familie, Schule und Beruf lassen Spannungsverhältnisse aufkommen, die der Person Unsicherheiten verschaffen. Diese aufkommenden Unsicherheiten geben der Person die Chance, den Drogenkonsum als eine schnelle Art der Problembewältigung zu nutzen. Gruppenzugehörigkeiten, die sich durch gemeinsamen Drogenkonsum bilden, haben besonders auf psychisch labile und wenig gefestigte Personen großen Einfluss. In vielen Fällen können sich Konsumenten schwer von diesen Gruppierungen trennen oder fernhalten. Paradoxe Machtbeziehungen, wie sie sich in beruflichen und familiären Konstrukten abspielen, lösen bei der Person unangenehme Gefühle und Spannungen aus, die wiederum einen Anreiz geben, zu Betäubungsmitteln zu greifen, um die unerwünschten Gefühle zu betäuben und zu beseitigen. In den meisten Fällen ist es nicht das

11

Vgl. Teesson/Degenhardt, Hall, 2008, S. 16, f.

5

stoffgebundene Suchtpotential, welches den Konsumenten in die Abhängigkeit führt. Vielmehr sind es die aufkommenden Umweltfaktoren, die den unterschiedlichen Substanzgebrauch bestimmen.12 2.3 Diagnose Abhängigkeit Seit den 90er Jahren13 wird Abhängigkeit in den offiziellen Diagnosesystemen, dem ICD-10 und dem DSM-IV-TR, definiert, dabei steht der Begriff Ä,&'-³IUÄ,QWHUQDWLRQDOStatistical Classification of Diseases and Related +HDOWK 3UREOHPV³ DLH =DKO ij NHQQ]HLFKQHW GLH ]HKQWH hEHUDUEHLWXQJ 'LH$ENU]XQJÄ'60³VWHKWIUÄ'LDJQRVWLFDQG6WDWLVWLcal Manual of Mental 'LVRUGHUV³ Ä,9³ ZHLVW DXI GLH YLHUWH hEHUDUEHLWXQJ KLQ XQG Ä75³ EHGHXWHW Ä7H[WUHYLVLRQ³ Laut der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen Definition ICD-10 sollte die Diagnose Abhängigkeit nur dann gestellt werden, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien im letzten Jahr vor der möglichen Diagnose Abhängigkeit vorhanden waren. 1. Ein ausgeprägter Wunsch oder Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren. 2. Vermindertes Einschätzungsvermögen in Bezug auf Beginn, Beendigung und / oder Menge des Konsums. 3. Körperliche Entzugssyndrome bei Beendigung oder Verringerung des Konsums, nachweislich durch substanzspezifische Entzugssymptome oder Aufnahme der gleichen oder nahe verwandten Substanzen, um Symptome des Entzuges zu verringern oder zu vermeiden. 4. Toleranznachweis gegenüber der Substanz, d.h es sind immer höhere Dosen erforderlich, um die durch die vorhergehende niedrigere Dosis erzielte Wirkung zu erreichen. 5. Andere Interessen oder Vergnügungen werden vernachlässigt, weil der Konsum sowie die Regeneration von der Suchtmittelsubstanz längere Zeit in Anspruch nehmen.

12 13

Vgl. Hurrelamnn/Bründel, 1997, S. 19ff. Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., 2015, S.17

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6. Andauernder Substanzgebrauch trotz deutlich nachgewiesener gesundheitsschädlicher Folgen körperlicher, psychischer oder sozialer Art. Wenn eine Substanzabhängigkeit diagnostiziert wird, kann sie auf jede Substanzklasse verwendet werden. Aufgelistet im ICD-10 werden Alkohol, Opioide, Cannabinoide, Kokain, Stimulanzien, Halluzinogene, flüssige Lösungsmittel (Schnüffelstoffe), Tabak sowie Schlaf- und Beruhigungsmittel. Nicht bei jeder der aufgeführten Suchtmittelsubstanz tritt ein körperliches Entzugssyndrom auf, wie es bei Halluzinogenen der Fall ist, sodass keine Anzeichen einer körperlichen Abhängigkeit vorliegen bzw. ersichtlich sind. Die Definition von Abhängigkeit laut DSM-IV-TR, die von der American Psychiatric Association herausgegeben wird, ist im Wesentlichen gleich zu setzen mit der des ICD-10. Anzumerken ist, dass in der DSM-IV-TR die sozialen Dimensionen berücksichtigt werden, die durch den Suchtmittel bezogenen Konsum eingeschränkt werden (soziale oder berufliche Tätigkeiten). 14 3 Psychotrope Substanzen Psychotrope Substanzen oder Stoffe sind Drogen, die aus natürlichen oder synthetischen Wirkstoffen bestehen und eine psychische Wirkung evozieren. Die psychischen Wirkungen sind nur über die Beeinflussung des Nervensystems möglich, wodurch psychische Vorgänge, Prozesse und Abläufe verändert werden15. Daher sind alle psychotropen Stoffe auch neurotrope, also nervenstimulierende Stoffe. Psychotrop aktive Substanzen rufen eine Freisetzung des Neurotransmitters Dopamin im limbischen System hervor. Dieser Bereich des Gehirns ist eng verbunden mit den Bereichen, die für Emotionen, Sexualität, (Un-)Lustempfinden und auch Nahrungsaufnahme verbunden sind. Dieser Neurotransmitter wird aus den Enden der Nervenzellen freigesetzt, spielt mit verschiedenen Dopaminrezeptoren zusammen und wird nach der Freisetzung durch einen aktiven Transportmechanismus

14 15

Vgl. http://www.drugcom.de/drogenlexikon/abhaengigkeit/ Vgl. Beubler, 2003, S. 43

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wieder über das Nervenende aufgenommen. Erfolgt eine wiederholte Aktivierung dieses Dopaminmechanismus durch psychotrope Stoffe, so entsteht oftmals eine Konditionierung dieser Dopaminausschüttung durch die jeweilige Substanz und es beginnt damit zunächst eine psychische Abhängigkeit. Wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass nicht durch das Dopamin selbst Glücksgefühle ausgelöst werden, sondern dass sich vielmehr die Aufmerksamkeit für andere Reize steigert. D.h. also, der Anreizcharakter neutraler Reize wird durch die Droge erhöht.16 Die Beeinflussung des Nervensystems durch Substanzen kann direkt, durch Neuropharmaka, oder indirekt, z.B. über das Hormonsystem, erfolgen. Die wichtigste Gruppe psychotroper Stoffe ist die der Psychopharmaka, die über eine direkte Beeinflussung des Zentralnervensystems psychische Veränderungen als gerichtete Wirkungen entfalten. Aber auch zahlreiche andere Pharmaka (z.B. Arzneimittel wie Antibiotika) und Stoffe, die keine Pharmaka sind, bspw. Nahrungsbestandteile (z.B. Kohlenhydrate) oder Umweltstoffe (etwa Schwermetalle wie Blei) können psychisch wirksam werden17. Der Begriff Stimulanzien ersetzt die ursprünglich genutzten, jedoch stark emotional besetzten Begriffe Rauschgift und Suchtmittel, macht aber keine Aussage über Legalität oder Illegalität einer Substanz. Auch die Begrifflichkeiten, die heute verwendet werden, um psychische Störungen durch psychotrope Substanzen zu beschreiben, haben sich in der internationalen Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation verändert und werden hier folgend nur kurz definiert. Einleitend zu dieser Begriffsbestimmung ist die akute Intoxikation zu nennen, welche den vorübergehenden Zustand nach Aufnahme der psychotropen Substanz bezeichnet, womit vor allem Bewusstseinsstörungen, Beeinträchtigungen kognitiver Funktionen und Veränderungen des Verhaltens bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ersetzt vornehmlich den Begriff des Rauschzustandes. Des Weiteren tritt die Be-

16 17

Vgl. Beubler, 2003, S. 44 http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/psychotrope-stoffe/12224

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grifflichkeit des schädlichen Gebrauchs in den Vordergrund, welche den Begriff Missbrauch ablöst und womit ein Konsummuster gemeint ist, welches nachweislich zu Gesundheitsschädigungen des Konsumenten führt. 18 Weitere zu klärende Begrifflichkeiten im Rahmen psychischer Störungen durch psychotrope Substanzen sind verschiedene Syndrome, die mit dem Störungsbild einhergehen können. Hier ist zunächst das Abhängigkeitssyndrom zu nennen, welches eine bestimmte Gruppe von körperlichen, verhaltens- und kognitiven Erscheinungen umfasst, deren Auslösung beim Konsum der psychotropen Substanz erfolgt und die den Konsumenten durch vielfach erneutes Hervorrufen dieses Zustandes in die Abhängigkeit führt. Häufig auftretende Symptome sind der oftmals starke Wunsch nach dem Konsum der Substanz, eine verminderte Kontrollierbarkeit des Konsums, das Auftreten eines Entzugssyndroms bei Verringerung oder Abbruch des Konsums, eine erhöhte Toleranzentwicklung gegenüber der konsumierten Substanz und die Vernachlässigung anderer Aktivitäten zugunsten des Konsums und der Beschaffung der Substanz. Das soeben genannte Entzugssyndrom ist ein Bestandteil des Abhängigkeitssyndroms und definiert einen Symptomkomplex, welcher nach dem Abbruch des Konsums eintritt. Die Intensität und Dauer der Einzelsymptome dieses Syndroms sind zeitlich begrenzt und abhängig vom Umfang, der Regelmäßigkeit des Konsums und der Dosis. Zuletzt sollen die substanzinduzierten psychotischen Störungen genannt werden, welche direkt beim Konsum auftreten oder unmittelbar danach. Zu diesen Störungen gehören unter anderem optische und akustische Störungen, Orts- und Personenverkennungen und psychomotorische Störungen, wie Erregung und Angst, Wahnvorstellungen und Extase.19 3.1 Einteilungen der Rauschdrogen Auf dem heutigen Drogenmarkt gibt es viele verschiedene legale und illegale Substanzen. Um eine Einschätzung bezüglich Wirkung und Risiken zu

18 19

Vgl. Beubler, 2003, S. 44 Vgl. Beubler, 2003, S. 43f.

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geben, sollten die verschieden Klassen bekannt sein. In die Gattung der chemischen Substanzen zählen die Stoffe Amphetamine, Mutterkornalkaloide, Opiate Phencyclidine, Phenothylamin und Tropane. Außerdem wird nach ihrer Herkunft unterschieden, ob es sich um pflanzliche, chemische oder aber um Designerdrogen handelt. Die Substanzen unterscheiden sich in ihren Wirkmechanismen wie folgt: Hypnotika/ Sedativa, Analeptika und Halluzinogene, wobei die rechtliche Seite den Unterschied zwischen legalen und illegalen Drogen vornimmt. Die Wirkstärke und das Abhängigkeitspotential werden in harte, weiche und Einstiegsdrogen kategorisiert. 3.2.1 Halluzinogene Drogen Der Begriff halluzinogene Drogen umfasst eine Vielzahl von unterschiedlichen Stoffen, die in chemischen Drogen wie Ketamin, LSD, PCP und Lachgas, oder pflanzlichen wie die Gruppe der Nachtschattengewächse (Engelstrompete, Stechapfel, Bilsenkraut und Tollkirsche) oder Hanf, psilocybinhaltige Pilze und Kata eingeteilt werden. Aber auch eine bestimmte Kröte - die Aga Kröte - löst eine halluzinogene Wirkung aus. Weitere halluzinogene Stoffe sind Inhalate wie Lösungsmittel, Poppers und Schnüffelstoffe. Die Wirkung der halluzinogenen Stoffe lösen beim Konsumenten ganz unterschiedliche Rauschzustände aus: Es werden Farben gesehen, Dinge gehört oder geschmeckt, die es so in der Realität nicht gibt. Wenn eine optische Halluzination auftritt, sieht der Konsument plötzlich verschiedene Farben oder es verformen sich Gegenstände oder Gebäude. So kann es schon einmal vorkommen, dass ein rosa Elefant um die Ecke kommt.20 $EHUQLFKWQXUGHUDUWÄDQJHQHKPH³5DXVFK]XVWlQGHN|QQHQHUOHEW werden; in der Szene spricht man von Horrortrips: der Konsument verspürt dabei eine ängstliche Unruhe getrieben mit depressiven Phasen und Angstzuständen.21

20 21

Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 53 Vgl. Freye, 1997, S. 150

10

3.2.2 Sedative Drogen Wenn man von sedativen Drogen spricht, dann ist die Rede von Opiaten, Opioiden, GHB oder Liquid Ecstasy.22 Zu den klassischen Opiaten und Opioiden zählen die Stoffe Codein, Heroin, Morphin, Pethidin und Methadon.23 Der Konsum von Narkotika wie Heroin, Morphin und Kodein lassen den Anwender schläfrig und müde werden; er verfällt dabei in eine Welt der vollkommenen Zufriedenheit. In der Szene spricht man von einer absoluten Geborgenheit, wie ein Embryo im Mutterleib.24 3.2.3 Analeptische Drogen Bei analeptischen Drogen handelt es sich um Ecstasy, Speed, 2- CB, Yaba, Amphetamine und Kokain, deren Wirkung sehr anregend für Körper und Geist sind. Sie haben eine belebende und aufputschende Wirkung auf den Konsumenten. Nicht nur illegale Drogen haben diesen Effekt, auch Stimulanzien wie Coffein und Nikotin, welche den legalen Drogen zugeordnet werden, haben eine sehr stimulierende Wirkung. Die starke Anregung der aufgeführten Substanzen lässt den Konsumenten leistungsfähiger werden, ZDVLQXQVHUHUKHXWLJHQ*HVHOOVFKDIWVHKUÄLQ³LVW'HU.RQVXPHQWYHUOLHUW dabei das Gefühl der Müdigkeit und Erschöpfung. Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist dieser Effekt sehr beliebt. Durch den Konsum analeptischer Drogen kann es zum Mischkonsum kommen, da der User oft dazu neigt, sich von der aufputschenden Wirkungen der oben genannten Drogen durch andere Stoffe wieder Ärunter zu holen³, um deren Nebenwirkungen zu unterdrücken oder gar einen erweiterten Rauschzustand zu erreichen.25 4 Kokain Jahrelang wurde Kokain als exklusive und harmlose Modedroge der Schickeria angesehen. Aber durch dessen wachsende Steigerung auf dem

Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 54 Vgl. Teesson, Degenhardt, Hall, 2008, S. 119 24 Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 54 25 Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 52f 22 23

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westeuropäischen Markt kann Kokain als Alltagsdroge eingestuft werden. Die hohen Konsumentenzahlen aus Amerika, wo ca. 25 Millionen Menschen Kokain ausprobiert haben und fünf bis acht Millionen täglich Kokain zu sich nehmen, bestätigen diese Tendenz. Zu dem beläuft sich die Zahl der neuen Konsumenten, die täglich dazu kommen, auf schätzungsweise 5000. Mögliche Ursachen für den ansteigenden Konsum können das preiswerte Angebot, eine höhere Qualität im Gegensatz zu früheren Zeiten, die Verwendung von Crack und der Druck durch südamerikanische Drogenkartelle auf den europäischen Drogenmarkt sein.26 Mit dem Konsum von Kokain verband man ein gewisses Statussymbol von Macht und Wohlstand. Aber durch das Aufkommen YRQÄ&UDFN³HLQHUELOOLJHUHQ und leichter konsumierbaren Variante stieg die Zahl der Abhängigen rasch an.27 Crack ist die umgewandelte Form des Kokains, die sogenannte freie Base.28 Bei diesem Vorgang wird das fertige Kokainhydochlorid (weißes Pulver) in Wasser und Backpulver aufgelöst; es entsteht Kokainbase, Freebase. Die daraus entstandene weiche bis klebrige Substanz wird nach der Trocknung Ä6WHLQH³RGHUÄ&UDFN³ genannt. Kokainbase ist nicht wasserlöslich und kann daher weder geschnupft, gegessen oder injiziert werden. Sie wird geraucht.29 Das durch Rauchen entstehende knackende Geräusch der Steine, JDEGHU)RUPGHV.RNDLQVGHQ1DPHQÄ&UDFN³ Wenn Crack geraucht und inhaliert wird, gelangt der kokainhaltige Qualm in die Lungen, von da aus in die Blutbahn und ins Gehirn. Dort wirkt es auf die Nervenzellen. In wenigen Sekunden wird eine hohe und schnelle Ansammlung von Kokainmolekülen im zentralen Nervensystem erreicht. Eine blitzschnelle Wirkung ist die Folge; der sogenannte Ä.L&.³ ZHOFKHU HLQH KRKH $EKlQJLJNHLWVHQWZLFN lung entfaltet.30 Der steigende Missbrauch der Substanz Kokain kann in den1960er Jahren verzeichnet werden, wobei die Höhepunkte zwischen 1980 und 2000 lagen, als die in Deutschland ansässige Heroinszene Gefallen an der Kombination von Heroin und Kokain fand.31 Die Kombination aus

Vgl. Freye, 1997, S. 1ff. Vgl. Freye, 1997, S. 1 28 Vgl. Bastigkeit,2003, S. 153 29 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., S. 30 30 Vgl. Freye, 1997, S. 4 31 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., S. 29 26 27

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Kokain und Heroin wird Speedball genannt.32 Ende der 1990er Jahre festigte sich die Crackszene speziell in Hamburg und Frankfurt am Main. Die 2.956 von der Polizei erfassten Erstkonsumenten von Kokain im Jahr 2014 bezeichnen einen deutlichen Anstieg von 7 Prozent gegenüber den Vorjahreszahlen. Zwar sind die Sicherstellungsfälle von Kokain um 6% auf 3.395 Fälle zurückgegangen (2013: 3.622), aber die bundesweit sichergestellten Mengen von 1.569 Kilogramm Kokain sind um 19 % gestiegen (2013:1.315 Kilogramm).33 Der Cocastrauch (Erythroxylum coca) ist eine pyramidenartige bis zu 5 m hoch wachsende Bergpflanze, die in Südamerika besonders in den Östlichen Anden von Ecuador bis Bolivien, Kolumbien, Peru und Brasilien entlang des Amazonas wächst.34 4.1 Die geschichtliche Entwicklung der Nutzung von Kokain aus dem Cocastrauch Der Cocastrauch, aus dessen Blättern die Droge Kokain gewonnen wird, ist in Südamerika eine über 5000 Jahre alte Kulturpflanze. In früheren Zeiten war der Anbau, Gebrauch und die Ernte der Cocablättern ausschließlich den Priestern des Inkareiches vorbehalten.35 Der immergrüne Cocastrauch hat gerade in Bolivien und Peru einen hohen Stellenwert, da das Kauen des unverarbeiteten Blattmaterials hier als traditionell gilt. Zu Beginn war das Kauen von Cocablättern nur zu kulturellen und zeremoniellen Zwecken erlaubt. Später wurde es dann als Medizin, Heilmittel, Austauschgut und Aphrodisiakum verwendet. Den in den sauerstoffarmen Hochgebirgen lebenden Indianern war daher das Coca heilig, da sie ein Leben ohne dessen Rausch für unmöglich hielten. Die Postläufer der Inkas verwendeten Coca zum ersten Mal als Dopingmittel, um im Hochgebirge schwierige und lange Strecken absolvieren zu können, die ohne die Wirkung des Cocas nicht möglich gewesen wären.36 Ein Missbrauch kam erst mit der Eroberung der Vgl. Freye, 1997, S. 172 http://www.bka.de/DE/ThemenABisZ/Deliktsbereiche/Rauschgiftkriminalitaet/rauschgift__node.html?__nnn=true 34 Vgl. Freye, 1997, S.8 35 Vgl. Freye, 1997, S. 7 36 Vgl. Vagts, 2007, S. 53ff. 32 33

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Spanier auf, wodurch das Kauen der Cocablätter allgemein und gängig wurde. Heutzutage ist das Kauen und Verteilen der Blätter in den Inkadörfern eine unabdingbare Zeremonie bei verschiedenen gesellschaftlichen Anlässen einer Dorfgemeinschaft, wie z.B. Dorfversammlungen, Arbeitseinsätzen, Schichtwechseln und Einweihungsfeiern. Das gemeinschaftliche Verteilen und Kauen der Blätter soll den Zusammenhalt der Gruppe stärken. Auch die Verwendung als Heilmittel gegen Kopfschmerzen oder als sogenannte Packung auf Wunden und Prellungen RGHUDOVÄ0DWHGH&RFD³ - ein Tee der Cocablätter, welcher gegen Magen-Darm-Störungen hilft - ist kulturell anerkannt.37 4.2 Die Entdeckung der Rauschwirkung des Kokains Durch die Eroberung der Spanier wurden schon im 16. Jahrhundert Cocablätter nach Europa verschifft. Lange Zeit blieb aber die geheimnisvolle und aufputschende Wirkung des Cocablattes unbeachtet; eine Folge der langen und ungünstigen Reisebedingungen, die die Schiffe aufwiesen, sodass bei der Ankunft der Hauptteil des aktiven Alkaloides schon fast verloren gegangen war. -HGRFKZXUGHGDVÄ9LQ0DULDQL³HLQZHLQKDOWLJHV*HWUlQNZHOFKHVPLW.R kainextrakt vermischt wurde, von damaligen sehr bekannten Medizinern gerühmt. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es schon über 100 verschiedene cocahaltige, frei käufliche Getränke auf dem Markt, die als Wunderheilmittel gegen sämtliche Krankheiten eingesetzt wurden, wie z.B. bei Heuschnupfen, Asthma, Zahn- und Bauchschmerzen, Kreislaufbeschwerden, Rheumatismus, Trunksucht, Depressionen sowie zur Entwöhnung von Morphin.38 Auch das Kultgetränk Coca-Cola, welches seinen Namen durch die Beimischung der Kokainalkaloide erhielt, erlangte durch seine belebende, aufputschende und stimulierende Wirkung immer mehr Beliebtheit in der

37 38

Vgl. Freye, 1997, S. 7 Vgl. Freye, 1997, S. 11

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Welt. Aber auf Grund der zunehmenden abhängigkeitserzeugenden Wirkung der alkaloiden Kokainanteile wurden diese später entfernt.39 Die heute zu erwerbende Coca-Cola enthält immer noch ein Extrakt einer ganz bestimmten Sorte des Cocastrauches, wobei hier sämtliche Alkaloide entzogen wurden.40 Sigmund Freud, der sich mit der heilenden Wirkung von Kokain befasste und sie um 1880 gegen die Morphinsucht einsetzte, musste später feststellen, dass die angenommene heilende Wirkung ausblieb und stattdessen die Patienten von beiden Substanzen abhängig wurden. 41 Nicht nur die pharmazeutische Industrie erkannte den profitablen Nutzen von Kokain in sämtlichen Medikamenten. Dieses wurde zu damaligen Zeiten in fast allen Heilmitteln beigemischt, die dadurch erst eine nachweisliche Wirkung erhielten. Es war ein regelrechter Aufschwung, der die Produktion von Kokain förderte. Denn es half als Allgemeinmittel gegen Zahn,- Kopf- und Gliederschmerzen, aber auch zu therapeutischen Zwecken wurde es genutzt. Der Mediziner W. Halsted, der im Jahre 1886 die Zusammenhänge einer Kokainapplikation und den damit verbundenen Missbrauch veröffentlichte, da er Kokain bei mehr als 1000 Operationen einsetzte und so die suchterzeugende Substanz aus Cocablätter isolierte und diese Kokain nannte,42 entwickelte sich eine immer höher werdende Nachfrage nach den getrockneten Blättern. Mit Ausblick auf hohe Gewinne, auf dem westeuropäischen und nordamerikanischen Markt ist die einst kulturelle Nutzung des Cocastrauches durch große kriminelle Kartelle in den Schatten gestellt worden. Bei der illegalen Herstellung von Kokain versucht man, nur das Hauptalkaloid Kokain zu extrahieren. Dabei werden alle anderen Alkaloide entfernt, wobei eine gründliche und genaue Entfernung dieser Alkaloide in den soJHQDQQWHQÄ'VFKXQJHOODERUHQ³ unmöglich ist. Die anderen 15 Alkloide, die ebenfalls im Cocablatt enthalten sind, befinden sich immer noch zu geringen Anteilen im Kokain, sodass die Reinform von 95% fast nie erreicht werden kann. Die geernteten und getrockneten Cocablätter werden nun von Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., S. 29 Vgl. Freye, 1997, S. 11ff. 41 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Sucht e.V., S. 29 42 Vgl. Hurrelmann/Bründel, 1997, S. 180 39 40

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kleinen und großen Cocafarmen auf heimlichen Wegen in die ÄDschungellabore³ befördert. Dort werden die Blätter in große Becken unter Beigabe von Wasser, Kalk sowie Natriumkarbonat und Kerosin (wenn nicht vorhanden auch Benzin) geschüttet. Diese Masse wird dann eingeweicht und von sogenannten Cocatretern 24 - 36 Stunden lang durchgemischt. Durch das ständige Vermischen entsteht eine grün-braune Brühe und durch das Filtern mit Hilfe von Tüchern werden die Blattreste entfernt. Nachfolgend wird dem Kerosingemisch Wasser und verdünnte Schwefelsäure beigemengt, sodass die Cocaalkaloide als Salz aus dem Kerosin in eine wässrige Phase übergehen. Das übrigbleibende Kerosin wird entfernt und das restliche Wasser, welches das Alkaloid enthält, wird mit der Zugabe von Ammoniak basisch gemacht. Die hierdurch entstandenen verklumpten weißen Flocken von Kokainsulfat werden wiederrum mit Hilfe von Tüchern ausgefiltert und ausgewrungen'LHGDGXUFKJHZRQQHQH0DVVHZLUGÄFRFDEUXWD³RGHUXmgangssprachlich Cocapaste genannt. Die weißliche Paste wird zur weiteren Verarbeitung getrocknet, mit Schwefelsäure versetzt und unter Beimischung von Kaliumpermanganat werden die weniger potenten Alkaloide entfernt. Ohne die Zugabe dieser der beiden Komponenten würde das Kokain nur ein Reinheitsgrad von höchstens 65% erhalten. Der Umgang mit den aufgeführten Chemikalien muss ganz genau berechnet werden, denn eine unachtsame Beigabe bezüglich der Menge oder der Reinheit könnte dazu führen, dass das Kokain an Wirkung verliert. Man spricht dabei von einer Inaktivierung des Wirkstoffes. Eine Farbänderung der Substanz sagt aus, dass die Oxidation abgeschlossen ist. Um die Kokainbase zum Klumpen zu bringen, wird der chemische Prozess mit der Beigabe von Ammoniak unterbrochen. Der letzte Schritt ist die Reinigung und Umwandelung zu Kokainhydrochlorid wonach die Kokainbase in Azeton und Ether aufgelöst und wird, wobei sich unter Zugabe von Salzsäure Hydrochloridkristalle bilden, die der wässrigen Lösung entnommen und anschließend getrocknet werden.43

43

Vgl. Freye, 1997, S. 16f.

16

Die chemische Bezeichnung von Kokain lautet Benzolylmethylecgonin und ähnelt der Struktur von Scoplamin und Altropin.44 Diese übliche und gängige Form wird dann durch südamerikanische Kartelle an sogenannte Dealer in Westeuropa und Nordamerika verteilt, die das Kokain an den Endkonsumenten bringen. Jedoch wird durch die vielen Zwischenhändler das Kokain verunreinigt, indem es mit anderen psychotropen Substanzen versetzt wird.45 4.4 Toxität der Substanz Kokain Welche Form und Dosis können für den Konsumenten tödlich sein? Bei der oralen Aufnahme spricht man von einer Menge von 1 - 2 g, vorausgesetzt es liegt keine Gewöhnung der Substanz vor. Bei der subkutanen Aufnahme, wobei es sich um eine Injektion ins Fettgewebe handelt, beträgt die Dosis 0,2 - 0,3g und bei intravenösem Konsum sind es 0,002 g, wobei die Dosis auf das Hundertfache ansteigen kann, sodass der Abhängige bei einer üblichen Dosis von 0,8 - 1,6 g liegt. Die chronische Verwendung von Kokain kann Krampfanfälle, Leberschäden sowie Gefäßschäden hervorrufen. Häufige Symptome und Gefahren sind Herzrhythmusstörungen, koronare Vasospasmen, Herzinfarkt, Steigerung der Körpertemperatur, Schlaganfall, Atemstillstand, Kreislaufstillstand und Krämpfe. Kokain-Intoxikation wird in drei Formen unterschieden. x

Kokainschock

x

akute Kokainvergiftung

x

chronische Kokainsucht

Ein Kokainschock kann bei sehr empfindlichen Personen schon bei geringen, auch subtoxischen Mengen ausgelöst werden, wobei die häufigsten Zwischenfälle im anästhesistischen Bereich bekannt sind. Aus diesem Grund werden vielfach die Derivate des Kokains (Procain) eingesetzt, da eine Schockreaktion seltener eintritt. Die Schockreaktionen zeigen sich durch extreme Blässe und eine Verlangsamung des Pulses. Bei einer 44 45

Vgl. Tretter, 2008, S. 222f. Vgl. Freye, 1997, S. 32

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akuten Vergiftung spricht man von einer Veränderung der Bewusstseinslage, die sich häufig in euphorische und schizoide Erregungszustände bis hin zur Bewusstlosigkeit äußert. Infolge der Einnahme von hohen Dosen kommt es zu Unruhezuständen, wie Zittern und der Veränderung der Pupillen, welche ein guter Indikator für die Überdosierung sind. Der Verlauf einer Intoxikation ist dabei dreiphasig. 1. Phase: In dieser ersten Phase kommt es anfangs zu einer zentralen Stimulation mit Übelkeit, krampfartigen Bewegungen und Kopfschmerzen, wobei eine Erhöhung der Körpertemperatur, Blutdruck, Atmung und Pulsfrequenz zu beobachten ist. Durch die Wirkung des Kokains auf das Herz sind lebensbedrohliche Rhythmusstörungen möglich, die im schlimmsten Fall Herzinfarkte auslösen. 2. Phase: Dieser Teil der Vergiftung wird auch Pathomechanismus der akuten Vergiftung genannt. Hier tritt eine starke Steigerung des Sympathikotonus auf, es kommt zu einer Wiederaufnahme von Dopamin, Noradrenalin und Serotonin am synaptischen Spalt. Eine Reizung von Rezeptoren im Hypothalamus wird durch eine zentrale Erregung ausgelöst und verursacht somit Herz- und Gefäßreaktionen. Außerdem blockiert Kokain die Natriumkanäle und wirkt sich schlecht auf die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels aus. Dies begründet auch das Auftreten von Blockbildern, Kammerkomplexen und ventrikulären Rhythmusstörungen. 3. Phase: In dieser dritten und letzten Phase kommt es zu einer zentralen Erregung von Gefäßrezeptoren, die ein generalisierter Vasospasmus bewirkt und dessen Folge eine Durchblutungsstörung aller Organe sein kann. Man spricht hierbei von einer eintretenden Ischämie in Darm, Herz und Niere, die zu bleibenden Organschäden führen kann. Ein Herzinfarkt muss nicht generell beim oder kurz nach dem Konsum auftreten; es können bis zu 20 Stunden vergehen. Der sehr typische Verlauf einer Kokainintoxikation ist in der Regel eher kurz, da der auftretende Zustand der Bewusstlosigkeit häufig nicht länger als 12 Stunden andauert. In vielen Fällen wird eine Kokainintoxikation mit einer 18

Ecstasy-, Atropinderivaten- oder einer trizyklischen Antidepressiva- Vergiftung verwechselt, da sich einige Symptome ähneln. Bei einer stark ausgeprägten chronischen Kokainsucht kommt es zu einer starken Abmagerung des Konsumenten, da Kokain appetithemmend wirkt. 46 4.5 Durch Kokain ausgelöste Wirkung Die psychotrope Substanz Kokain wirkt stimulierend auf das zentrale Nervensystem von oben nach unten. Das bedeutet, dass die erste Reaktion von der Großhirnrinde ausgeht. Dieser Vorgang löst eine starke Euphorie mit einer Unruhe-Erscheinung beim Anwender aus und gibt dem Konsumenten ein Gefühl von unerschöpfbarer Stärke.47 Durch die örtliche Hemmung der Schmerzrezeptoren verspürt der Abhängige weder ein Gefühl für Schmerzen, Kälte, Druck und Wärme. Diese Hemmung der Schmerzempfindlichkeit vermittelt dem Konsumenten ein Gefühl, dass er jeder Aufgabe gewachsen ist.48 Durch die hervorgerufene instabile emotionale Lage, in der sich der Abhängige befindet, ist er in jedem Moment bereit, sich zur Wehr zu setzen. So werden beispielsweise schnelle Bewegungen und Reaktion von Mitmenschen als feindselig und bedrohlich eingestuft. Durch geringe Dosen von Kokain ist der Bewegungsablauf noch koordinierbar und einschätzbar, wobei höhere Dosen oder Überdosierungen eine Aktivierung tieferer Zentren des motorischen Systems auslösen. So kommt es zu einer schnelleren Reflexbereitschaft und unerwünschtem Zusammenziehen von Muskelgruppen gepaart mit tonisch-klonischen Krämpfen. Eine weitere Auswirkung des Konsums geht auf das medulläre System über. Es führt dazu, dass ein schnelleres Atmen die Folge ist, und sich außerdem das Atemvolumen, welches in ein oberflächliches schnelles Muster überspringt, erhöht. Nach dieser Stimulation folgt dann rasch eine Depression mit einer ungleichmäßigen Atmung, man spricht dabei von der sogenannten Cheyne-Stockes-Atmung, bei welcher sich in regelmäßigen Ab-

Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 149f. Vgl. Freye, 1997, S. 23 48 Vgl. Bastigkeit, 2003, S. 148 46 47

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ständen die Atemtiefe und die Atemzüge abwechseln. Die daraus entstehenden Atemaussetzer führen zu einer mangelnden Sauerstoffzufuhr des Gewebes, die in Verbindung mit einem geringen Herzschlagvolumen und einer dürftigen Hirndurchblutung zum Tod führen kann.49 4.5.1 Wirkungseintritt Der ausschlaggebende Rauscheintritt von Kokain hängt immer von der Art und Weise des Konsums ab, wobei auch die Substanzmenge eine große Rolle spielt. So kann Kokainhydrochlorid, welches als weißes Pulver auftritt, geschnieft, inhaliert oder in Wasser aufgelöst und injiziert werden. Crack und Freebase sind basische Formen des Kokains und werden geraucht.50 Da die Kokainbase nicht Wasser löslich, sondern in Ether löslich ist, weist sie eine höhere Lipophilie (eine höhere Löslichkeit in fettähnlichen Substanzen) als die Kokainkristalle auf, was zur Folge hat, dass es zu einer schnelleren Aufnahme im zentralen Nervensystem kommt.51 Die beliebte Form des Rauchens ist auch die schnellere und effektivere Art der Einnahme, da der gewünschte Turn schon nach wenigen Sekunden einsetzt (etwa zehn Sekunden). Dies liegt an dem kurzen Weg von der Lunge über die linke Herzkammer ins Gehirn. Bei intravenösem Konsum muss die injizierte Substanz allerdings erst die rechte Herzkammer und den Lungenkreislauf durchgehen, bis sie ins Gehirn gelangt. Die erhoffte Wirkung tritt nach etwa 30 bis 40 Sekunden beim Konsumenten ein. Bei der nasalen (Schniefen) und oralen Einnahme dauert der Wirkungseintritt am längsten: etwa ein bis zwei bzw. fünf bis zehn Minuten. Die Geschwindigkeit des gewünschten Wirkungseintritts bestimmt auch den schnellen Rückgang der Substanz mit dem darauffolgenden Crash. Dies bedeutet, dass die effektivste Einnahmeform wie z.B. Crack und Freebase auch die am schnellsten abflachende Wirkeigenschaft besitzt. Bei dieser Konsumform hält der gewünschte Turn daher nur zwischen fünf und zehn

Vgl. Freye, 1997, S. 23f. Vgl. Hößelbarth, 2014, S. 22 51 Vgl. Freye, 1997, S. 28 49 50

20

Minuten an, bis dann der sogenannte Crash einsetzt und das Verlangen nach einer neuen Dosis aufkommt.52 4.5.2 Wirkung auf das zentrale Nervensystem Kokain gehört in die Gruppe der Stimulanzien und wirkt anregend und stärkend auf den Konsumenten. Das Konsumieren der Substanz greift schnell auf das zentrale und vegetative Nervensystem über und löst somit eine Vielfalt an Effekten in den verschiedenen Organen aus, unter anderem am Herzen. 53 Im Ergebnis sind alle Kokainprodukte ähnlich, da die Grundsubstanz Kokain auf den Körper wirkt. 54 Dessen Einnahme führt dazu, dass es sich im Nervensystem an die Dopamin-Transmitter der Membran des Nervenzellendes bindet und diese somit blockiert. Durch diese Blockade kann entstandenes und abgesondertes Dopamin nicht mehr in die Zellen zurückgelangen. Dadurch häuft es sich bis auf das Dreißig- bis Vierzigfache der normalen Menge an.55 Die Folge dessen ist, dass es beim Konsumenten eine extreme Stimulation des Nervensystems und eine starke emotionale Wahrnehmung hervorruft.56 4.5.3 Beeinflussung des sympathischen Nervensystems durch Kokain Der entscheidendste Neurotransmitter des sympathischen Nervensystems ist Noradrenalin, welches ein für die Haltung der Flucht- oder Kampfreaktion erforderlicher Bestandteil ist. Eine Reizung des sympathischen Nervensystems gepaart mit einer emotionalen Erregung vermittelt dem Individuum, eine Gefahrensituation besser und schneller einschätzen zu können. Es kommt aus physiologischer Sicht zu einem Blutdruckanstieg, einer Pupillenerweiterung, einer Zunahme der Blutzuckerkonzentration und zu einer raschen Herzfrequenzsteigerung. Durch den in der gleichen Zeit ansteigenden Adrenalinspiegel wird die Körpertemperatur erhöht, eine Tonzunahme der Spinkteren von Magen und Gallenblase ausgelöst, das Verdauungssys-

Vgl. Hößelbarth, 2014, S. 23 Vgl. https://www.dasgehirn.info/entdecken/drogen/kokain-3270 54 Vgl. Hößelbarth, 2014, S. 21 55 Vgl. https://www.dasgehirn.info/entdecken/drogen/kokain-3270 56 Vgl. Hößelbarth, 2014, S. 21 52 53

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tem herabgesetzt und die Durchblutung von Muskulatur und Gehirn gesteigert. Durch eine erhöhte Aktivitätszunahme im sympathischen Nervensystem kommt es zu Krampfreaktionen mit verschiedenster Teilnahme des Organismus, genau dieser Krampfreaktionen, die eine höhere Dosis von Kokain bewirken kann.57 4.5.4 Akute Auswirkung einer Kokainüberdosierung Der Konsum von Kokain führt anfänglich zu einem sehr anregenden und stimulierenden Gefühl. Es werden Hemmungen durchbrochen, der Konsument verfällt in ein starkes Redebedürfnis, entwickelt eine gesteigerte Libido und den Drang sich körperlich zu bewegen z.B. Tanzen; in der Szene spricht man von Tanzwut. Durch das vermehrte Aufkommen von gerauchtem Kokain (Crack) sind Intoxikationen in den Notfallambulanzen immer häufiger zu beobachten. In den nächsten 3 Phasen werden die Auswirkungen einer Kokainüberdosierung beschrieben.58 4.5.4.1 Phase der frühen Stimulation In dieser Phase kann man ganz unterschiedliche Reaktionen bei den abhängigen Konsumenten beobachten, wobei diese schon durch geringe Dosen hervorgerufen wird. Die Wirkung wird anfangs von einer starken Euphorie mit einem gesteigerten Lust- und Wohlbefinden begleitet; außerdem fühlt sich der Konsument unbesiegbar. Der in dieser Phase typischer anhaltende Redezwang wird auch ÄLaberflash³ genannt. Durch die entstehende Unruhe im Körper wirkt der Konsument sehr erregt und haltlos. Auch das Aufkommen von kaltem Schweiß an Händen, Stirn und Achseln ist keine Seltenheit. Ganz deutlich ist auch der ÄKauflash³ zu beobachten, bei welchem man in den meisten Fällen ein Knirschen auf den Zähnen hört oder es zur Fibrillation kleiner Muskelgruppen an Fingern und Füßen sowie im Gesichtsbereich kommt. Pseudohalluzinationen bei Kokainabhängigen sind keine Seltenheit: Es wird von Kokainwanzen oder Insekten gesprochen, die sich unter der Haut bewegen und die Abhängigen in den Wahnsinn treiben,

57 58

Vgl. Freye, 1997, S. 21f. Vgl. Freye, 1997, S. 32f.

22

sodass es zu Hautexkoriationen an den jeweiligen Körperstellen kommt. Folglich kann es sowohl zu visuellen als auch akustischen Täuschungen kommen. Abhängige berichten, dass sie Schneelichter gesehen haben, Schritte gehört haben und dass sie das Gefühl hatten, verfolgt zu werden. Durch den Eintritt dieser Phase hat der Anwender das Gefühl, dass sein Leben dem Untergang geweiht ist, wodurch die Gefahr besteht, dass sich seine Körpertemperatur und Atemfrequenz erhöht und es somit zum Kreislaufkollaps kommt, welcher ein sofortiges medizinisches Eingreifen erfordert.59 4.5.4.2 Phase der späten Stimulation In der Phase der späten Stimulation kann es sowohl zu einer verminderten Reflexbereitschaft auf die von außen kommenden Reize als auch zu einer allgemeinen Hyperreflexie kommen.60 Bei einer Hyperreflexie handelt es sich um eine erhöhte Reflexbereitsschaft und einer Ausdehnung der einzelnen Reflexzonen.61 Außerdem können Konvulsionen mit tonisch-klonischen Muskelkontraktionen auftreten, die sich in sehr langen epileptischen Anfällen oder in Serien von immer wiederkehrenden Attacken zeigen. Die Frequenz des Herzens und des Blutdrucks steigt an. Nur in sehr geringen Fällen ist ein Blutdruckabfall bei Herzrhythmusstörungen, die von der Herzkammer, einhergehend von einem schnellen, unregelmäßigen und schlecht fühlbaren Puls ausgehen, zu beobachten. Im nächsten Schritt kommt es zu einer peripheren Zyanose,62 (Zyanose der Haut, nicht der Zunge oder Mundschleimhaut)63, die sich dann zu einer zentralen Zyanose entwickelt.64(Zyanose der Haut, Zunge und Mundschleimhaut).65 Die letzte Stufe der späten Stimulation besteht darin, dass die Atmung irregulär in die

Vgl. Freye, 1997, S. 33 Vgl. Freye,1997, S. 34 61 Vgl. http://www.der-querschnitt.de/archive/fachbegriff/hyperreflexie 62 Vgl.Freye, 1997, S. 34 63 Vgl. http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/klinik_fuer_kardiologie_pneumologie_und_angiologie_id273/bilder2/lehre_dateien/ws2013/Kardiologie_eStudy_guide_35_Zyanose_Version_02102013.pdf 64 Vgl. Freye, 1997, S. 34 65 http://www.uniklinik-duesseldorf.de/fileadmin/Datenpool/einrichtungen/klinik_fuer_kardiologie_pneumologie_und_angiologie_id273/bilder2/lehre_dateien/ws2013/Kardiologie_eStudy_guide_35_Zyanose_Version_02102013.pdf 59 60

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Cheyne - Stokes - Atmung verfällt und der Konsument in die Phase der Depression übergeht.66 4.5.4.3 Phase der Depression Diese Phase ist gekennzeichnet durch eine dauerhafte und anhaltende Überstimulation aller Funktionen des zentralen Nervensystems. Eine Folge dessen ist das Versagen der Atem- und Kreislauffunktion. In den meisten Fällen verstirbt der Patient durch Kammerflimmern oder Atemstillstand, Versagen des Kreislaufes und selten an Herzstillstand. Ein rechtzeitiges Intervenieren vor der depressiven Phase kann lebensrettend sein.67 4.6 Langzeiteffekte und bleibende Schäden nach chronischen Kokaingebrauch Bei ehemaligen Abhängigen, die eine akute Kokainintoxikation überlebt haben oder bei Konsumenten, die nur gelegentlich Kokain benutzt haben und nicht abhängig waren, wurden chronische Effekte nachgewiesen. Aufgrund der regelmäßigen Entladung der Dopaminspeicher im zentralen Belohnungssystem, welche eine konstante Verlangsamung der natürlichen Synthese der Neurotransmitter bedingen, wird Kokain als WiederaufnahmeHemmer angesehen. Speziell im Limbischen System kommt es zu psychotischen und paranoiden Manifestationen. Beim Gebrauch anderer Stimulanzien des zentralen Nervensystems wie Amphetamin, Methylphenidate usw. sind diese Effekte ebenfalls nachgewiesen worden.68 Die psychischen und organischen Auswirkungen stellen sich wie folgt dar: Verfall in Depressionen, Schlaflosigkeit, Lungenemphysem, Nasenseptumperforation, bandartige Herzmuskelnekrosen, umgekehrte Toleranzentwicklung, Verfolgungswahn und Halluzinationen.69 Auch Leberschäden und Hirninfarkte mit halbseitiger Lähmungserscheinung können folgen.70

Vgl. Freye, 1997, S. 34 Vgl. Freye, 1997, S. 34f. 68 Vgl. Freye, 1997, S. 44 69 Vgl. Hurrelmann/Bründel, 1997, S. 178 70 Vgl. Treeck, 1997, S. 211 66 67

24

4.6.1 Nasenseptumperforation und Rhinitis bei chronischen Kokainschnupfern Bei einer chronischen intranasalen Kokainanwendung kann es zu einer Verengung und Nichtdurchblutung der Gefäße kommen, welche eine Verkümmerung der Nasenscheidewand mit sich bringen. Ein chirurgischer Eingriff, bei dem das Loch der Nasenscheidewand wieder verschlossen wird, ist in den meisten Fällen notwendig. Eine weitere bedeutende Folge des KokainschnuSIHQV LVW GDV $XIWUHWHQ HLQHU Ä5HERXQG-H\SHUlPLH³ ZRGXUFK VLFK eine chronische Entzündung der Nasenschleimhaut mit sekundärer chronischer Begleitsinusitis ergibt, die als Vorläufer einer oberen Luftwegsentzündung angesehen wird.71 4.6.2 Pulmonale Schäden beim Crackkonsum Die durch den Crackkonsum verursachten Schäden in den Atemwegen und in der Lunge sind irreparabel und schwerwiegend. Beim Verbrennungsprozess entstandene Ablagerungen in der Crackpfeife setzen sich als klebrige, schwarze Klümpchen in den Bronchien und Lungenbläschen ab. Daraus folgen eine extreme Kurzatmigkeit, Lungenschmerzen, Hustenanfälle und eine hohe Empfänglichkeit für pulmonale Infektionen. 72 Langer und exzessiver Konsum von Crack kann Verbrennungen im Nasen-, Rachen- und Lungenbereich verursachen. Durch die lokal anästhetischen Wirkungen des Rauchens von Crack werden diese Schäden erst später bemerkt. Weitere Schäden können im Mundbereich (Zunge und Luftröhre) auftreten.73

Vgl. Freye, 1997, S. 47f. Vgl. Freye, 1997, S. 48 73 Vgl. Hößelbarth, S. 24 71 72

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5 Therapeutische Maßnahmen von Kokainmissbrauch 5.1 Entzug und Entgiftung Bei einer Abgewöhnung von Kokainmissbrauch bzw. einer chronischen Suchterkrankung sollten verschiedene therapeutische Ansätze unterschieden werden:74 In den meisten Fällen ist die Entwöhnungstherapie und Entzugstherapie ambulant geregelt; gerade bei einer reinen Kokainabhängigkeit. Bei dieser Form der Abhängigkeit ist eine individuelle Therapie vorgesehen, denn sie fällt oft aus dem Raster der üblichen Drogen-Therapieformen. Die meisten Kokainabhängigen sehen und fühlen sich nicht so wie zerbrochene Ä-XQNLHV³GLHsie aus der Heroinszene kennen, weswegen sie eine stationäre Therapieform weniger akzeptieren.75 Der erste und der schon für viele Abhängige als Heilung gesehene Schritt ist die akute Entgiftung der Substanz Kokain. Dabei spielt die Entwöhnung von Kokain auf den Organismus nur eine Nebenrolle, denn der größere Feind - das Verlangen nach der Droge - muss besiegt werden, was in vielen Fällen der längere Weg der absoluten Abstinenz ist. Der Ex-Konsument sollte sich dringend von alten Freunden, die auch Kokain konsumieren oder abhängig sind, trennen bzw. sollte seine aktuelle und zukünftige Lebenssituation kokainfrei sein. Denn nur eine gewohnte Umgebung mit Kokain lässt den Konsumenten wieder rückfällig werden und er fällt in das alte Milieu zurück. Bei der hospitalen oder ambulanten Therapie muss unter der Berücksichtigung von verschiedenen physischen, psychologischen, umgebungsbedingten und wirtschaftlichen Faktoren ganz individuell unterschieden werden, wie streng oder weniger streng die Überwachung während der Entgiftung und der dazwischen liegenden Erholung erfolgen sollte.

74 75

Vgl. Freye, 1997, S. 51 Vgl. Tretter, 2008, S. 176

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5.2 Medikamentöse Behandlung Bei der Therapie mit Medikamenten, bei ehemaligen Kokainabhängigen wird im Unterschied zum pharmakologischen Ansatz der Methadonsubstitutionstherapie oder der Naltrexongabe, die zur Unterstützung der Resozialisierungsphase bei ehemaligen Opiatabhängigen eingesetzt werden. Damit wird versucht, das zum Teil gestörte Neurotransmittergleichgewicht mit verschiedenen Pharmaka wie trizyklische Antidepressiva, Bromocriptin, Levodopa, Lithium, L- Tryptophan, L- Tyrosin, Amantidin und monaminerge Wiederaufnahmehemmer erneut zu normalisieren und das starke Verlangen nach der Droge zu verringern. Die in den häufigsten Fällen ausgelöste Depression infolge des chronischen Kokainmissbrauchs, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durch einen Mangel von Dopamin am Rezeptor verursacht wird, soll therapeutisch behandelt werden bzw. muss der Transmittermangel von Dopamin ausgeglichen werden.76 6 Prävention in der sozialen Arbeit - Vorbemerkungen Gesundheit hat in der heutigen Gesellschaft einen ständig wachsenden Stellenwert. Diese Wertigkeit erlangte sie aber erst im 19. Jahrhundert mit der Entwicklung der Gesundheitssicherung zu einer öffentlichen Aufgabe. Im 20. Jahrhundert differenzierten sich verschiedene Bereiche der Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen heraus, welche sich unter anderem in die Kategorien der Rehabilitation, Heilverfahren und Prävention unterteilen. Heute finden diese Maßnahmen der Vorsorge, Begleitung und Nachsorge in vielfältigen Umsetzungsformen, wie z.B. in ambulanten, stationären und beratenden Diensten, statt. In oberster Instanz ist es das gesundheitspolitische Anliegen der Vereinten Nationen, die gesundheitsfördernden Aufgabenbereiche weiterhin auszudifferenzieren und damit die sozialarbeiterischen Tätigkeiten qualitativ stetig zu verbessern.77 Im folgenden Kapitel soll es um die Thematik der Suchtprävention gehen, welche in besonderem Maße mit der sozialpädagogischen Gesundheitsför-

76 77

Vgl. Freye, 1997, S. 51f. Vgl. Sting, 2003, S. 9

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derung korreliert, da sie, wenn auch mit Unterstützung öffentlicher Gesundheitseinrichtungen, fast ausschließlich mit Institutionen und Einrichtungen außerhalb des Gesundheitswesens verbunden ist. Gemeint sind damit vor allem Schulen, Jugend(hilfs)einrichtungen, Firmen, Vereine und Einrichtungen des Gemeinwesens, die zum Bedarfsfeld der Suchtprävention gehören und in denen Suchtprävention eine wesentliche Rolle spielt. 78 Während einige Felder der Gesundheitsförderung in den Hintergrund treten, ist die enorme Bedeutung der Prävention zur Vermeidung einer Suchtentstehung zu einem maßgeblichen gesundheitspolitischem Ziel avanciert, welches immer stärker in den Wirkungsbereich der Sozialen Arbeit Einzug erhält. Im Rahmen dieser Entwicklung werden immer häufiger konventionelle Handlungskonzepte durch präventive Verfahren ersetzt. In Anbetracht dieser Tatsache soll es im Folgenden einen kurzen Abriss zur geschichtlichen Entwicklung der Suchtprävention geben.79 6.1 Anfänge der Drogenprävention in Deutschland ± historische Aspekte In Deutschland entwickelte sich die neuere Drogen- und Suchtdiskussion im Rahmen der Verbreitung illegaler Rauschrogen seit dem Ende der 1960er Jahre. Die zweite Hälfte der 1960er Jahre war gekennzeichnet durch eine gänzlich neue Phase des Rauschmittelkonsums, welche den Usus illegaler Drogen zum Bestandteil einer Jugend- und Protestbewegung machte. Ebendiese Bewegung erregte Kritik an gesellschaftlichen Autoritäten, brachte neue Formen der Kleidung sowie des äußerlichen Erscheinungsbildes mit sich und schaffte es damit, das öffentliche Aufsehen zu erregen. Jugend, Protest und Drogenkonsum waren Themen, die die damalige Gesellschaft als eine gefährliche Kombination einstufte.80 Aus der sich entwickelnden Hysterie gegenüber der Verbreitung illegaler Drogen erhob sich dHUÄ.DPSIJHJHQGLH'URJHQ³]XHLQHUGHUZLFKWLJVWHQ gesamtgesellschaftlichen Aufgaben. Ein erster Schritt in diese Richtung war

Vgl. Sting, 2003, S. 11 Vgl. Sting, 2003, S.12 80 Vgl. Sting, 2003, S.13 78 79

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1971 die Einführung des Betäubungsmittelgesetzes, welches den Gebrauch von Drogen untersagte. Ein zweiter Schritt war der Beginn der Drogenprävention, deren Anliegen die Aufklärung über die Gefahren von Drogen und damit einhergehenden Suchtpotenzialen war. Die Gründung der ELVKHXWHDNWLYLQGHU6XFKWDXINOlUXQJWlWLJHQÄ%XQGHV]HQWUDOHIUJHVXQG KHLWOLFKH$XINOlUXQJ³LQ.|OQLP-DKUXQGGLH'XUFKVHW]XQJYRQÄ'UR gHQFXUULFXOD³ DQ 6FKXOHQ DE  bilden den Grundstein der Geschichte der Suchtprävention in Deutschland.81 Das gesetzliche Verbot des Drogenkonsums wurde durch Maßnahmen der Prophylaxe unterstützt, die durch eine möglichst negative Darstellung der Substanzen vom Missbrauch abschrecken sollten. Die Wirkung dieser Vorgehensweise teilte sich in zwei Richtungen auf: Ein Großteil der Bevölkerung wurde in ihrer missbilligenden Einstellung gegenüber Rauschmitteln bestärkt, während unter den Konsumenten in den 70er Jahren eine weitere subkulturelle Aufspaltung einsetzte. Für viele Jugendliche aus der Mittelschicht wurde der Konsum von Cannabis zu einer Alltagserscheinung. Diese Subkultur der Marihuanakonsumenten machte sich durch die Illegalität des Cannabisbesitzes strafbar und bildet bis heute den größten Anteil der Rauschgiftkriminalität in Deutschland.82 Des Weiteren entwickelte sich mit der Verbreitung von Heroin eine neuartige Drogenszene heraus, die sich überwiegend aus Menschen sozialer Randgruppen zusammenfand, welche sich aufgrund des gesetzlichen Druckes nach außen abschottete und deren Lebensinhalt die aufwendige Beschaffung dieser Droge wurde. Die Schwierigkeit der Beschaffung führte ferner zur Entstehung eines geschlossenen Rauschgiftmarktes, zur weiteren Erhöhung der Beschaffungskriminalität, zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft und zum fortschreitenden sozialen Abstieg der Heroinkonsumenten. Letztendlich hatte die abschreckende Darstellung der gesellschaftlichen Folgen des Drogenkonsums eine Stigmatisierung und den gesellschaftlichem Ausschluss von schwer Abhängigen zur Folge. 83

Vgl. Sting, 2003, S.13 Vgl. Sting, 2003, S.14 83 Vgl. Sting, 2003, S.14 81 82

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6.2 Von der Drogen- zur Suchtprävention Weder die Kriminalisierung des Gebrauchs illegaler Drogen noch die abstoßend gestaltete Drogenprävention konnten die Verbreitung der Stoffe vermeiden. Diese Erkenntnis führte zu Beginn der 80er Jahre im Gedankengut der Präventionsforschung zu einem Kurswechsel. Die Konzentration wurde stärker auf Möglichkeiten der Prävention gerichtet, die bereits im Vorfeld des Substanzkonsums eingreifen. Zudem wurde das Augenmerk intensiver auf die Ursachen einer Sucht gerichtet, welche vorerst unabhängig von der Kriminalität des Handelns betrachtet werden konnten. Der oben angesprochene Kurswechsel zeigte sich seither, verglichen mit der Drogenprävention, in einem höheren Maß an Suchtprävention. Im Rahmen der Ausweitung der Suchtprävention wurde die Sucht als ein multifaktorieller Prozess betrachtet, welcher nicht zuletzt durch Persönlichkeitsmerkmale und soziale Faktoren bedingt ist und an dessen Verlauf die Betroffenen aktiv Anteil haben.84 Damit einhergehend wurde auch eine neue Definition des Suchtbegriffs notwendig, unter welcher eine Differenzierung in illegale und legale Drogen ausgespart wurde. Alkohol-, Medikamenten- und Tabakabhängigkeit weisen ein vergleichbares Gefahrenrisiko auf wie die Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen. Zurückgreifend auf die multifaktorielle Betrachtungsweise ist in der Fachliteratur die Rede von der Ä7ULDVGHU6XFK WXUVDFKHQ³ZHOFKHGLH8UVDFKHQGHU6XFKWDQKDQGGHU)DNWRUHQÄ3HUVRQUmwelt-'URJH³XQWHUVXFKW85 Eine andere wesentliche Unterscheidung wurde zwischen illegalem Drogenkonsum und Sucht nach illegalen Drogen getroffen. Diese Differenzierung hatte zur Folge, dass nicht mehr die Droge selbst im Mittelpunkt der Prävention stand, sondern dass die Prävention sich an den Ursachen von Sucht orientierte, welche sich im Wesentlichen auf Probleme der Persönlichkeitsentwicklung zurückführen lassen, wie z.B. Mangel an Selbstbewusstsein und Konfliktlösefähigkeit. Ein entwicklungsbezogener Zugang zu dieser Diskussion legt dar, dass Jugendlichen eine Suche nach Risiken und

84 85

Vgl. Sting, 2003, S.15 Vgl. Sting, 2003, S.16

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Grenzüberschreitungen zugestanden wird, welche zur Persönlichkeitsbildung in der heutigen Gesellschaft unentbehrlich zu sein scheint. Da erst das Missglücken eines solchen individuellen Lebensweges zur Entstehung einer Sucht führen kann, hat die Suchtprävention folglich die Aufgabe im Bereich der Entwicklungsförderung einzugreifen. Weniger wurde bisher der Umweltfaktor von Sucht betrachtet, welcher jedoch gerade in der modernen Gesellschaft eine zentrale Rolle spielt. Dieser Faktor erstreckt sich von individuellen Sozialisationsbedingungen über gruppenspezifische Lebensweisen in Familien, Schulen, Cliquen, Vereinen und Organisationen bis hin zur historisch gewachsenen Suchtstruktur der Gesellschaft (bspw. Alkoholkonsum in Deutschland, Marihuanakonsum in den Niederlanden usw.). 86 Zur Beeinflussung der relevanten Faktoren stellte sich das Arbeitsfeld der Suchtprävention besonders den Forderungen nach verbesserten, effektiveren Strategien zur Stärkung des Selbstbewusstseins und neuen Möglichkeiten der Verbesserung der Konflikt- und Problemlösefähigkeit. 6.3 Intervention und Prävention Bevor die verschiedenen Formen der Prävention genauer beleuchtet werden, soll an dieser Stelle noch eine deutliche Abgrenzung der Begrifflichkeiten Prävention und Intervention erfolgen, welche in der Literatur oft im Zusammenhang verwendet werden. Generell lassen sich die Maßnahmenfelder der Sozialen Arbeit in die zwei oben genannten Bereiche der Handlungsverfahren einteilen87: Im allgemeinen Verständnis bedeutet Prävention ein Handeln im Vorfeld der Notwendigkeit einer Intervention. Intervention umfasst Handlungen die bereits manifestierten, negativen und gesundheitsschädlichen Verhaltensmustern entgegenwirken und diese aufheben sollen.88 Gemeint ist damit ein aktiver Eingriff in die bereits bestehende Störung.89 Aus gesellschaftlicher Perspektive betrachtet, ergibt sich die Notwendigkeit sozialer Intervention aus den Normvorstellungen der Ge-

Vgl. Sting, 2003, S.16 Vgl. Sting, 2003, S.25 88 Vgl. Sting, 2003, S.25 89 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 86 87

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sellschaft und dem bestehenden Interesse, die Handlungsfähigkeit aller Gesellschaftsmitglieder in gelenkten und gesellschaftsproduktiven Bahnen zu halten. Hurrelmann und Holler beschreiben die pädagogische Intervention wie folgt: „Pädagogische Intervention bedeutet […] einen gezielten Eingriff in den Vermittlungsprozess zwischen gesellschaftlichen Handlungsanforderungen und individuellen Handlungskompetenzen der Gesellschaftsmitglieder. Sie bewegt sich damit im Spannungsfeld des Funktionszusammenhanges des Sozialisationsprozesses: […] des Aufbaus der Persönlichkeit, der Aneignung der äußeren Realität und der Auseinandersetzung mit der produktiven Verarbeitung von sozialen und materiellen Lebensbedingungen.“90 Anzumerken ist an dieser Stelle jedoch, dass bei gesundheitlichen Problemen die Soziale Arbeit im Vergleich zu sozialen Problemen weniger für Interventionen zuständig ist. Sting und Blum formulieren dazu: „Die Behandlung und Therapie von Krankheiten und psychischen Auffälligkeiten findet in der Regel unter der Regie anderer Berufsgruppen statt (Mediziner, Psychater, Psychotherapeuten), während soziale Arbeit in der sozialen Betreuung, Begleitung und Rehabilitation sowie in der gesundheitlichen Prävention eine zentrale Rolle spielt.“91 Der Prävention hingegen obliegt die Aufgabe Symptome für mögliche Probleme zu erfassen und entsprechende breit gefächerte, unspezifische Handlungsverfahren zu veranlassen92, d.h. im Bereich der Prävention werden allgemeine oder individuelle Probleme in Form einer Früherfassung zukunftsorientiert betrachtet.93 Somit ist Prävention als eine regelmäßige Anwendung gesundheitsorientierter Maßnahmen zu verstehen, die das Ziel verfolgt, krankmachende Situationen zu vermeiden und im Gegenzug gesundheitsfördernde Maßnahmen zu forcieren.94 Diese Maßnahmen müssen an den Bedürfnissen, Lebens- und Alltagserfahrungen der jeweiligen Adressatengruppe ausgerichtet sein.95 Das Thema Prävention ist in der Gesellschaft als eines der wichtigsten Arbeitsfelder anerkannt. Ein beträchtlicher Anteil der deutschen Bevölkerung Zit. Hurrelmann, 1988, S.81 Zit: Sting, 2003, S.26 92 Vgl. Mann, 1995, S.30 93 Vgl. Hüter-Becker, 2007, S.38 94 Vgl. Hüter-Becker, 2007, S.36 95 Vgl. Mann, 1995, S.30 90 91

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befindet die gesundheitliche Prävention für wertvoll und wichtig. Dennoch ist bekannt, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz die Bereitschaft aufweist, den eigenen Lebensstil an präventiven Aspekten auszurichten. Die Begründung dafür liegt darin, dass sich die praktische Umsetzung rein präventiver Verfahren und Angebote schwierig gestaltet, da sie sich immer mit OHGLJOLFKÄP|JOLFKHQ*HIDKUHQ³EHVFKlIWigt, die für die jeweiligen Adressaten oft gar nicht konkret greifbar sind. Sie befinden sich noch nicht spürbar in einer Suchtrisiko-Situation und erkennen somit auch die damit verbundenen Schwierigkeiten nicht. Prävention mutet somit an, in die Selbstbestimmung der Adressaten einzugreifen und ihnen vorgegebene Handlungsmuster aufzuerlegen. Ein weiterer nennenswerter Aspekt in der Beleuchtung der Prävention findet sich in dem Eindruck wieder, dass mit präventiven HandOXQJHQLPPHUHWZDVÄYHUKLQGHUW³ZHUGHQsoll, d.h. möglichst negative Darstellungen von Handlungen, Situationen und Folgen spielen eine wichtige Rolle in der Präventionsarbeit. Darüber, welche Verfahrens- und Arbeitsweisen notwendig und angebracht sind, herrscht in der Fachdiskussion jedoch nach wie vor große Uneinigkeit.96 6.3.1 Differenzierung nach zeitlichen Präventionsebenen Basierend auf den zeitlich differenzierten Präventionskonzepten nach Caplan97, unterteilt die Bundesdeutsche Suchtprävention die präventiven Maßnahmen je nach Zeitpunkt des Einsatzes in verschiedene Phasen, die ]XVDPPHQGLHNODVVLVFKHÄ3UlYHQWLRQVWULDGH³DXV3ULPlU-, Sekundär- und Tertiärprävention bilden98, welche im Folgenden erklärt werden sollen. Die Primärprävention beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Anleitung, Aufklärung und Beratung mit dem Ziel, die Gesundheit zu erhalten und die Entstehung von Sucht oder Krankheit so gut wie möglich zu verhindern. 99 Maßnahmen der Primärprävention zielen auf die Verringerung der neu auftretenden Störungen und Abweichungen ab. Sie setzt bereits vor dem Auf-

Vgl. Sting, 2003, S.26f. Vgl. Böllert, 2001, S.1394 98 Vgl. Schmidt, 2001, S.15 99 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 96 97

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treten von Störungen an und versucht, durch Aufklärung, Erziehungsformen, Informationsverbreitung oder auch politische Aktionen spezifische Personengruppen zu erreichen. Hierbei steht die Vermittlung unspezifischen Wissens und Ausbildung von Fertigkeiten, Handlungskompetenzen, Selbstwertgefühl und sozialer Anerkennung unabhängig von einem konkreten Problem im Zentrum.100 Das wesentliche Anliegen der Sekundärprävention liegt in Maßnahmen zur Verminderung der Erkrankungsrate und soll die Manifestation einer Sucht oder abweichenden Verhaltens101 durch frühzeitige Diagnostik und Behandlung verhindern. Sie greift bei bereits absehbaren Gefährdungen, Abweichungen und Risikosituationen ein und realisiert sich durch Beratung, Anleitung sowie frühzeitige Behandlung und Betreuung. 102 Im Vergleich zur adressatenunspezifischen Primärprävention richtet sich die Sekundärprävention an bestimmte Risikogruppen, in deren sozialem Raum bereits Anhaltspunkte einer Suchtgefahr vorliegen. Darunter fällt u.a. die Arbeit in der drogennahen Partyszene, die drogenspezifisches Wissen vermittelt und Notfallhilfen bereitstellt. Ebenfalls arbeiten auch Sucht- und Drogenberatungseinrichtungen im Bereich der Sekundärprävention.103 Als Tertiärprävention werden Angebote und Maßnahmen verstanden, die auf die Verhinderung zurückbleibender Beeinträchtigungen nach einer Sucht oder Störung abzielen. Diese sollen dazu beitragen, wieder normal am sozialen Leben teilnehmen zu können, und einen möglichen Rückfall in alte Verhaltensmuster zu unterbinden. In der Regel setzen solche Maßnahmen nach dem Auftreten einer Suchterkrankung ein und umfassen Maßnahmen der Rehabilitation, Resozialisierung und Nachsorge. Zu nennen sind im tertiären Bereich ebenfalls Angebote zur Wiedereingliederung in das Berufsleben, Berufsförderung und Schaffung spezifischer Arbeitsmöglichkeiten für Suchtpatienten. Zudem können auch Selbsthilfegruppen und Or-

Vgl. Sting, 2003, S.38 Vgl. Sting, 2003, S.39 102 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 103 Vgl. Sting, 2003, S.38 100 101

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ganisationen zur Vermittlung von Wohnraum und Beschäftigungsverhältnissen für Suchtkranke zur Tertiärprävention hinzugezählt werden.104 Zusammenfassend werden unter tertiärer Prävention also alle Maßnahmen verstanden, die das Ziel haben, zukünftige Normverstöße zu vermeiden. 105 Kritisch betrachtet werden sollte an dieser Stelle, dass der tertiären Prävention in den meisten Fällen eine Suchtbehandlung zugrunde liegen muss, welche in Form ambulanter, teilstationärer oder stationärer Behandlung stattfindet.106 Die Tertiärprävention setzt also an bereits manifestierten Suchtproblemen ein und weist somit auch Berührungspunkte und Überschneidungen mit dem Bereich der Therapie auf, d.h. dass verschiedene Maßnahmen dieses Präventionssektors in den Bereich der Intervention hineinreichen und eine strikte Abgrenzung kaum noch möglich erscheint.107 6.3.2 Differenzierung nach Bezugsebenen der Prävention Bei den Formen von Prävention werden zwei Kategorien unterschieden: die strukturbezogene und die verhaltensbezogene Prävention. Die verhaltensbezogene - auch personenbezogene personelle - Prävention108 konzentriert sich auf die Persönlichkeit und das Verhalten der Adressatengruppe, d.h. sie zielt auf die Veränderung von Verhaltensweisen, die als problematisch erkannt werden. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen, die sich mit Lebensstilen, Konsumverhalten und Handlungsweisen von Gruppen und Individuen beschäftigen und auf die Vermittlung von Handlungskompetenzen für eine erfolgreiche Lebensgestaltung abzielen und somit die Vermeidung von Normverletzungen fördern. Ansatzpunkte präventiven Handelns sind hier die Förderung des Selbstwertgefühls sowie Kompetenzen zur individuellen Krisenbewältigung und zum Erwerb sozialer Anerkennung. Im Rahmen der Suchtprävention sind hier die Auf-

Vgl. Sting, 2003, S.40 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 106 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 107 Vgl. Sting, 2003, S.40 108 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 104 105

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klärung über Wirkungsweisen und Beschaffenheit diverser Substanzen relevant, die konkrete Auseinandersetzung mit Konsumerfahrungen sowie Gebrauchsregeln, Handlungs- und Hilfemöglichkeiten.109 Die strukturbezogene Prävention, oder auch institutionelle Prävention,110 geht davon aus, dass eingeschränkte soziale Bedingungen die Grundlage für die Entstehung von Auffälligkeiten bilden, und konzentriert sich dem entgegenwirkend besonders auf die Veränderung von Lebensbedingungen, welche potenzielle Gefahrensituationen voraussetzen. Im Zentrum steht hier eine auf die spezifischen Ungleichheiten und Benachteiligungen der Betroffenen bezugnehmende Sozialpolitik, welche die Chancen auf eine positive und autonome Lebensgestaltung verbessern soll. Dies bezieht sich im Wesentlichen auf die Wirkungsbereiche der Jugend-, Arbeitsmarkt-, Familien- und Wohnungspolitik. Bedingungen, die für eine erfolgreiche Lebensbewältigung notwendig sind, sollen mit den Betroffenen gemeinsam erarbeitet werden. Zur strukturellen Prävention zählt man im Besonderen die Infrastrukturarbeit. Hierzu gehört u.a. die Eröffnung von Möglichkeiten der lokalen Freizeitangebote, die qualitative Verbesserung der schulischen Rahmenbedingungen wie Schulklima, Raumgestaltung, Angebote von Arbeitsgemeinschaften und Projekten und auch die Bereitstellung und Zugangsmöglichkeit zu psychosozialen Hilfen und Institutionen im Umfeld der Adressaten.111 Zum Grad der quantitativen Umsetzung dieser beiden Ebenen formuliert Böllert kritisch: „Die personelle Prävention ist schließlich die dominantere Interventionsebene behördlichen Handelns, während die institutionelle Prävention wesentlich in den Aufgabenbereich zentralstaatlicher Politik fällt. Damit wird letztendlich eine Dichotomisierung des Präventionskonzeptes vorgenommen, die zwar auf der einen Seite die strukturellen Grenzen sozialpädagogischen Handelns berücksichtigt, auf der anderen Seite aber eine mögliche Komplementarität dieser beiden Präventionsstrategien nicht erfassen kann.“112

Vgl. Sting, 2003, S.37 Vgl. Böllert, 2001, S.1394 111 Vgl. Sting, 2003, S.36 112 Zit. Böllert, 2001, S.1394 109 110

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Hieran wird deutlich, dass ein klares Übergewicht an personenbezogenen Maßnahmen vorherrscht im Vergleich zu den strukturbezogenen Maßnahmen. Im Bereich der Sozialen Arbeit ist eine Vorgehensweise auf dem Vormarsch, die mehrheitlich auf der Beziehungsebene verläuft und auf Beeinflussung des Verhaltens basiert, während die Umsetzung struktureller Belange mehrheitlich an die Politik übergeben wird XQGGDPLWGLHÄstrukturellen Grenzen der sozialen Arbeit³ RIIHQJHOHJW ZHUGHQ .ULWLVLHUW ZLUG GDVV GLH Schaffung sozialer Voraussetzungen zugunsten von Handlungskonzepten der Verhaltensbeeinflussung vernachlässigt und strukturelle Gestaltungsmöglichkeiten nicht erkannt und genutzt werden. Eine systematische Verbindung der Ebenen und eine strukturierte Verzahnung der personellen und strukturellen Prävention stellt damit prospektiv eine wichtige Herausforderung an den Arbeitsbereich der Prävention.113 7 Praxisansätze Kokainprävention Prävention kann sowohl im primären, sekundären und tertiären Bereich wie auch auf verhaltens- und struktureller Ebene ansätzen. Im folgendem soll als Präventivmaßnahme ein gelenktes Rollenspiel114 konstruiert werden, welches einerseits auf die sekundäre andererseits auf die verhaltens- und strukturelle Ebene ausgerichtet ist. Die Prävention bezieht sich hier ausschließlich auf den Konsum von Kokain in Betrieben. Prävention im Allgemeinen findet primär in Schulen und Jugendeinrichtungen, folglich in der Altersgruppe von 12-18 statt. Jedoch bezieht sich dieser vorwiegend auf den Konsum von Tabak, Alkohol oder Cannabis. Bei der Kokainprävention ist es angebracht, den Schwerpunkt auf ältere und auch finanziell starke Bevölkerungsteile zu legen. Im Bereich der sekundären Präventionsebene setzt das Rollenspiel daran an, dass vor allem in großen Betrieben und hier insbesondere auf der gehaltsintensiveren Managerebene ein hoher Leistungsdruck herrscht und es durchaus Mitarbeiter gibt, die, um dem Druck standzuhalten, zu Kokain grei-

113 114

Vgl. Sting, 2003, S.37 Vgl. Mattes, 2011, S. 162f.

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fen. Weiterhin ist anzunehmen, dass diese Gruppierungen zu einem gewissen Lebensstandard gekommen sind, den sie auch halten wollen, sodass auch im privaten Umfeld ein ähnlicher Leitungsdruck herrscht. Dies sind die beiden wesentlichen Ebenen der sekundären Prävention. Hinsichtlich des strukturellen Bereichs von Prävention sollen die staatspolitischen Aspekte außer Acht gelassen werden, wobei aber die firmenpolitischen Fragen in den Vordergrund rücken. Dies bezieht sich vor allem auf Fragen der Arbeitsmotivation, der allgemeinen Arbeitsbedingungen oder auch firmeninterner Präventionsmaßnahmen. In Bezug auf die verhaltensbezogene Prävention geht es insbesondere um das Umgang mit Stresssituationen sowohl im beruflichen als auch im privaten Sektor. Das Erkennen von Lösungsstrategien außerhalb des Kokainkonsums soll hier im Vordergrund stehen.

7.1 Organisation des Rollenspiels Die Rahmenbedingungen des Rollenspiels liegen sowohl im personellen als auch im räumlichen Bereich. Personell betrachtet ist die Teilnehmergruppe heterogen hinsichtlich des Geschlechts und der Position im Unternehmen. Diese Voraussetzung bewirkt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine differenziertere Herangehensweise sowohl in der Ausarbeitung der einzelnen Rollen als auch in der Durchführung des Rollenspiels und vor allem in der Auswertung. Eine Anzahl von 15 Teilnehmern ist optimal, da so je 3 Teilnehmer eine Rolle vorbereiten können. Räumlich sollte es die Möglichkeit geben, Gruppentische zu stellen, sodass eine angenehme und praktikable Arbeitsatmosphäre herrscht. Außerdem wird ein Flipchart benötigt, um einerseits den Ablauf der Fortbildung stets sichtbar zu machen und andererseits Arbeitsergebnisse insbesondere in der Auswertung festzuhalten. Der Ablauf des Rollenspiels ist so angelegt, dass die Teilnehmer nach einer kurzen methodischen Einführung, in der der zeitliche Verlauf der einzelnen Phasen angegeben wird, beginnen, gruppenweise ihre Rollen vorzubereiten. Im Anschluss daran wird das Rollenspiel durchgeführt und schließlich ausgewertet. 38

Die Gruppeneinteilung für die Vorbereitungsphase kann durch die Teilnehmer selbst vorgenommen werden, aber auch eine Einteilung nach Position in der Firma ist möglich. Schließlich kann auch das Los über die Gruppenzugehörigkeit entscheiden. Den Teilnehmern werden zur Vorbereitung ihrer Rollen eine allgemeine Situationsbeschreibung, ein Szenenablauf sowie die jeweilige Rollenkarte zur Verfügung gestellt. Das Rollenspiel ist soweit gelenkt, dass die Szenen sowohl in ihrer Reihenfolge als auch in ihrem inhaltlichen Rahmen festgelegt sind. Es bleibt folglich viel Raum für Interpretationen, der durch die Teilnehmer gefüllt wird. Somit sind die Teilnehmer bei der Vorbereitung ihrer Rollen gezwungen, lediglich die ungefähre Herangehensweise festzulegen, ohne aber konkrete Dialoge zu formulieren. Dass Herr Schmidt in jeder Szene auftritt, suggeriert für die Vorbereitung dieser Rolle einen höheren Arbeitsaufwand. Da diese Rolle jedoch hauptsächlich reagiert bzw. sich die grundlegende Ausgangslage sowie die daraus folgende Herangehensweise nicht ändert, besteht in der Vorbereitung des Rollenspiels für die Rolle des Herrn Schmidt kein erhöhter Arbeitsaufwand. Die Vorbereitungsphase sollte die Dauer von 30 Minuten nicht überschreiten. Bei der Durchführung des Rollenspiels kann von einem zeitlichen Aufwand von etwa 5 Minuten je Szene ausgegangen werden. Um eine Abgrenzung der Szenen voneinander zu erreichen, können die einzelnen Szenen durch ein zuvor besprochenes Zeichen (z.B. einen leisen Gong) eingeleitet und beendet werden. Eine stets sichtbare Uhr bietet den Teilnehmern weitere zeitliche Orientierung. Auch eine räumliche Abgrenzung ist möglich, indem die einzelnen Szenen an verschiedenen Orten im Raum oder gar im Gebäude gespielt werden. Durch den Leiter bereitgestellte Requisiten (Gläser, Brotdose, Ordner, Hefter, etc.) komplettieren die Vorbereitungen für das Spielen der einzelnen Szenen. Je ein Gruppenmitglied spielt die entsprechende Szene, wobei alle nicht spielenden Teilnehmer die Zuschauerrolle einnehmen. Die abschließende Auswertungsphase birgt den Schwerpunkt der Präventionsmaßnahme und wird in einem späteren Kapitel beschrieben.

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7.2 Situation und Rollen im Rollenspiel Das Rollenspiel ist in einem Großkonzern angesiedelt und hier speziell auf der Ebene der Manager, welche ständigen Stress und Profitzwang ausgesetzt sind. Um dauerhaft leistungsfähig zu sein, greifen einzelne Mitarbeiter zu leistungssteigernden Substanzen, wie zum Beispiel Kokain. Das vorgeführte Beispiel zielt darauf ab, extremen Druck auf einen Mitarbeiter auszuüben, sodass diesem beinahe nur der Weg in den Kokainkonsum bleibt. Dies ist sicher übertrieben, zwingt jedoch die Teilnehmer des Rollenspiels dazu, sich intensiver mit dem Konsum von Drogen als auch mit anderen Lösungsstrategien auseinanderzusetzen. Die direkte Konfrontation mit den anfangs positiven Wirkeigenschaften von Kokain verstärkt die gesamte Drucksituation. Die einzelnen Rollen stellen sich wie folgt dar: Herr Schmidt ist völlig ausgebrannt, überarbeitet und steht unter immensem beruflichen und privaten Leistungsdruck. Er beobachtet bei seinen erfolgreichen Kollegen, wie resistent sie gegen die hohen Anforderungen der gleichen Tätigkeit sind, wobei er ständig über seine eigenen Möglichkeiten hinaus arbeitet. Das permanente, für die heutige Gesellschaft typische Konkurrenzdenken macht es den Teilnehmern des Rollenspiels einfach, sich in die einzelnen Charaktere hineinzuversetzen. Jeder ist sowohl im Beruf als auch privat einem gewissen Erfolgsdruck ausgesetzt, auch wenn jeder einzelne diesen unterschiedlich wahrnimmt und diesbezüglich individuell Lösungen entwickelt. Herr Müller, Chef des Großkonzerns Müller AG, ist immer darauf bedacht, das wirtschaftliche Vorankommen seines Unternehmens zu befördern. In Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise sowie des immer größer werdenden Drucks von Aktionären und des globalen Wettbewerbs ist diese Situationsbeschreibung bezüglich des Chefs sehr realitätsnah. Um die Ziele seines Unternehmens zu erreichen und in dieser anspruchsvollen Lage zu bestehen, versucht er seine Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu treiben; bspw. durch das von ihm initiierte Manager-Ranking. Ein solches Ranking befördert sowohl den eigenen Leistungsdruck, dadurch dass die Leistungsstarken ihre Platzierung halten und die Leistungsschwachen ihre verbessern

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wollen. Außerdem wird durch diese Maßnahme das Konkurrenzdenken zwischen den Mitarbeitern angeheizt. Herr Meyer, der sich schon jahrelang einen gewissen Status in der Firma aufgebaut hat, belegt bei den Manager-Rankings regelmäßig die ersten Plätze und profitiert von den Bonuszahlungen. Durch die in Kap. 4.5 positiven beschriebenen Wirkeigenschaften von Kokain ist Herr Meyer physisch und körperlich jeder der ihm aufgetragenen Aufgaben gewachsen. Da sein Konsum noch nicht der Regelmäßigkeit entspricht und die im selben Kap. beschriebenen negativen Wirkeigenschaften noch nicht einsetzen, besteht für ihn nicht die Notwendigkeit, seinen Konsum abzusetzen. Somit stellt Herr Meyer ein perfektes und realitätsnahes Beispiel eines in der aktuellen Wirtschaftslage tätigen Managers dar. Frau Schneider ist der Gegenpol von Herr Meyer, da sie in der aktuellen Situation nach ihrer Einschätzung wenige Chancen auf ein Spitzenplatz im Manager-Ranking hat. Allerdings hat sie auch keinerlei Ambitionen sich wieder in den ersten Plätzen einzureihen. Ihre negative Sichtweise auf den Kokainkonsum ihrer Kollegen, mit denen diese versuchen, mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit im Manager-Ranking zu bestehen, begründet ihr Handeln. Sie lehnt den zwanghaften Gedanken an den persönlichen Erfolg sowie das permanente Konkurrenzdenken ab. Durch diese konträre Einstellung ihrerseits grenzt sie sich extrem von ihren Kollegen ab. )UDX6FKPLGWGLH(KHIUDXGHUÄ+DXSWUROOH³ sieht ihren gehobenen Lebensstil als gegeben und unveränderlich an, wobei ihr Mann allein für den Lebensunterhalt der gesamten Familie aufkommt. Durch die Rolle von Frau Schmidt wird der Druck, der durch die beruflichen Anforderungen ohnehin auf Herrn Schmidt lastet, verstärkt. 7.3 Auswertung Im Anschluss an die Durchführung des Rollenspiels findet unmittelbar die Auswertung statt. Diese sollte wie folgt ablaufen: Kurze Entscheidungsfrage

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zum möglichen Kokainkonsum von Herrn Schmidt, gemeinsame Erarbeitung verschiedener Präventionsansätze und allgemeines Feedback zum Rollenspiel. 7.3.1 Entscheidungsfrage zum möglichen Kokainkonsum Unmittelbar nach der letzten Szene werden alle Teilnehmer vor folgende Frage gestellt, die, wenn sie diese bejahen, mit einer grünen Karte, wenn sie diese verneinen, mit einer roten Karte beantwortet wird: Halten sie es für wahrscheinlich, dass Herr Schmidt künftig Kokain konsumiert? (Die roten und grünen Karten werden schon vor der Durchführung des Rollenspiels an die Zuschauer ausgegeben, um keine Leerlaufphase zwischen Spiel und Auswertung hervorzurufen.) Durch die Verwendung der roten und grünen Karten erhält die Teilnehmergruppe und letztlich der Leiter dieser Gruppe einen konkreten Überblick bezüglich der individuellen Einschätzung einer möglichen Fortsetzung des Rollenspiels. Aufgrund des Verzichtes der Antwortmöglichkeit „vielleicht“, die durch eine gelbe Karte symbolisiert werden könnte, werden die Teilnehmer zu einer eindeutigen Antwort gezwungen. Bei überwiegend negativen Antworten besteht die Möglichkeit, die verstärkenden Einwürfe, so sie in der Durchführung noch nicht eingesetzt wurden, hier anzubringen, um die Teilnehmer herauszufordern, durch die noch extremere Situation ggf. ihre Antwort auf die zuvor gestellte Frage zu überdenken. Diese Nachfrage hat den Zweck, herauszufinden, ob die Teilnehmer unter extremeren Bedingungen zu einer positiven Meinung kommen oder ob sie den Kokainkonsum auch unter solchen Bedingungen weiterhin ausschließen. Nach diesem ersten Überblick werden die Teilnehmer aufgefordert, ihre Entscheidung zu begründen. Dieser Teil der Auswertung erscheint besonders wichtig, wenn es durch die extremere Situationsbeschreibung zu Veränderungen bei den Antworten der Teilnehmer kommt.

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7.3.2 Erarbeitung von Präventionsansätzen Im zweiten Teil der Auswertung sollen nun Präventionsmöglichkeiten durch die Teilnehmer zusammengetragen werden. Diese können an einem Flipchart in Form einer Mindmap festgehalten werden. Ansätze für Prävention, die sich auf der sekundären Präventionsebene befinden, kann man bezüglich des Rollenspiels bei der Familie, dem Kollegenkreis, dem Chef und letztendlich beim Betroffenen selbst ausmachen. Weitere Formen der Prävention, wie sie im Kap. 6.3.1 auf der sekundären Ebene beschrieben wurden, können miteinbezogen werden. Dies betrifft vor allem auch den Freundeskreis außerhalb der Kollegen, aber auch andere soziale Gruppen, die präventiv handeln können. Beginnend beim Betroffenen selbst können folgende Präventionsmöglichkeiten beispielhaft angegeben werden: Ein erster Ansatz besteht in dem Aufsuchen von Hilfegruppen bezüglich der Stressbewältigung. Dort werden die Ursachen der Situation des Betroffenen ergründet, die hier in den hohen beruflichen Anforderungen sowie im sozialen Druck, der insbesondere durch die Ehefrau ausgeübt wird, bestehen. Darauf aufbauend werden in diesen Gruppen Lösungsstrategien erarbeitet, die beispielsweise auf den sportlichen Ausgleich oder auf autogenes Training abzielen wie auch auf individuelle Verhaltensänderungen (kleinere Ziele stecken, positive Selbstinstruktion, bewusstes Setzen von Pausen) abzielen. Ein zweiter Ansatz besteht in der Information über die Folgen des Kokainkonsums. Dies ist legitim, da im Rollenspiel Kokain als Lösung der Probleme von Herrn Schmidt aufkommt. Dadurch, dass dem Betroffenen die negativen Wirkungen von Kokain bewusst werden, wirkt dies einem potentiellen Drogenkonsum in abschreckender Weise entgegen. Informieren kann man sich in Drogenberatungsstellen, mit Hilfe verschiedener Literatur oder auch im Internet, bspw. auf den Seiten der BZGA. Die Familie kann dahingehend einem Kokainkonsum vorbeugen, indem sie dem Abhängigen ein soziales sicheres Umfeld bietet: berufliche und private Probleme werden besprochen, beide Eheleute tragen zur finanziellen Ausstattung der Familie bei, berufliche Belastungen werden durch regelmäßige Aktivitäten (Sport, Ausflüge etc.) ausgeglichen. 43

Die Arbeitskollegen können sich untereinander austauschen und gemeinsame Lösungsstrategien für die gestellten Aufgaben finden. Weiterhin sollte bei jedem einzelnen die Bereitschaft gegeben sein, sich auf Gespräche über mögliche Probleme und den Arbeitsalltag auszutauschen. Die Präventionsmöglichkeiten des Chefs bzw. der Firmenleitung bestehen eher auf struktureller Ebene (siehe Kap. 6.3.2). Firmenpolitisch kann man wie folgt vorgehen: Weiterbildungen (Stressbewältigung, Drogenprävention, Steigerung des Selbstwertgefühls), Optimierung der Arbeitsabläufe unter Beachtung der Gesundheit der Mitarbeiter (geregelte Pausen- und Arbeitszeiten, Bildung von Teams, angemessene Arbeitsanforderungen), angenehme Gestaltung des Arbeitsplatzes (Ruheräume, ergonomische Grundausstattung etc.). Die angegebenen Präventionsmöglichkeiten stellen lediglich eine Auswahlmöglichkeit dar und können je nach Teilnehmergruppe variieren. Weiterhin haben die Rahmenbedingungen des teilnehmenden Betriebs (Betriebsgröße, Leistungsanforderung, wirtschaftlicher Status des Betriebs etc.) Einfluss auf die Präventionsvorschläge in der Auswertungsphase. 7.3.3 Allgemeines Feedback Zum Abschluss erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit das Rollenspiel zu evaluieren. Dies kann in Form eines kurzen Fragebogens stattfinden, bei welchem wesentliche Aspekte hinsichtlich der Phasen der Vorbereitung, der Durchführung sowie der Auswertung hinterfragt werden. Auch ob das Ziel der Prävention durch das Rollenspiel erreicht wurde, sollte bei den Teilnehmer ebenso abgefragt werden wie Kritik. Das Feedback kann auch offen im Gespräch mit den Teilnehmern erfolgen, bei welchem sowohl positive als auch negative Aspekte zusammengetragen werden. Ein schriftliches Festhalten des Feedbacks ist vor allem bei der offenen Gesprächsvariante sinnvoll, damit der Gruppenleiter in der Nachbereitung darauf zurückgreifen kann und das Vorgehen bei weiteren Durchführungen des Rollenspiels in anderen Teilnehmergruppen anpassen kann.

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8 Schlussbemerkung Wie die statistischen Betrachtungen in der Einleitung schon zeigten, hat Kokain im Vergleich zu anderen illegalen Drogen in Bezug auf die Konsumentenzahlen einen eher geringen Stellenwert. Jedoch hat sich der Konsum der Substanz in Deutschland etabliert und es gibt einen festen Konsumentenstamm. Dies lässt sich aus der hohen Abhängigkeitswahrscheinlichkeit von Kokain schließen. Kokain hat sich von seinem Ursprung eines kulturellen Bestandteils in Südamerika über die Erscheinung der Modedroge in der westlichen Gesellschaft hin zu einer gesellschaftsfähigen Aufputschdroge entwickelt. Die vielfältigen Wirkeigenschaften und hier insbesondere die positiven, aufputschenden und leitungssteigernden Wirkungen machen Kokain für eine gewisse Bevölkerungsgruppe attraktiv. Die negativen Konsequenzen des Konsums rücken anfangs in den Hintergrund, machen sich dann aber umfassend sowohl physisch als auch psychisch bemerkbar. Vor allem diese schwerwiegenden Folgen, die den Konsumenten oft über den Entzug hinaus begleiten, bestärken die Notwendigkeit, in ÄJHIlKUGHWHQ*HVHOOVFKDIWV teilen³WURW] YHUKlOWQLVPl‰LJ JHULQJHU.RQVXPHQWHQ]DKO präventiv tätig zu werden. Aus den verschiedenen Ansätzen der Prävention hinsichtlich temporärer, aber auch personeller bzw. struktureller Eingriffsmöglichkeiten wurde in der vorliegenden Arbeit eine spezifische Präventionsmaßnahme in Form eines Rollenspiels entwickelt. Diese greift einerseits ebendiese verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auf, bildet jedoch andererseits nur eine von vielen möglichen Maßnahmen, einem Drogen- und im Speziellen einem Kokainkonsum vorzubeugen. Jedoch muss an dieser Stelle betont werden, dass es vor allem in den Berufsgruppen und Wirtschaftszweigen, in denen Kokain konsumiert wird bzw. die Gefahr des Konsums besteht, sinnvoll ist, die Ursachen eines solchen Konsums zu bekämpfen. Das Rollenspiel kann hier nur eine von vielen Maßnahmen sein. Abschließend ist nochmals hervorzuheben, dass auch der Drogenkonsum YRQÄ5DQGGURJHQ³ZHQQPDQVLHGHQQVREH]HLFKQHQP|FKWHLQGHr Gesellschaft thematisiert werden muss und in der Prävention einen gewissen 45

Stellenwert erfahren sollte. Daraus folgt, dass auch die Präventionsarbeit nicht nur an illegalen Drogen im Allgemeinen, sondern speziell an einzelnen legalen Drogen ausgerichtet sein muss.

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11 Anhang Situationskarte Situation

Der Großkonzern Müller A.G., welcher sich auf die Herstellung von Dieselmotoren spezialisiert, besitzt eine starke und profitorientierte Managerebene. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt an Spitzentagen mehr als 60 Stunden pro Woche. Einmal pro Monat wird der beste Manager mit einer Bonuszahlung ausgezeichnet, was ein gegenseitiges Anspornen unter den Managern zur Folge hat. Einer der Manager, Herr Schmidt, hat schon seit mehreren Monaten große Probleme mit der stressigen und zeitaufwendigen Arbeit, sodass er die anstehenden Arbeiten nicht mehr zu hundert Prozent erfüllen kann. Er sucht nach Mitteln und Wegen, die Arbeit besser zu bewältigen und auch Bonuszahlungen zu erhalten.

Rollenkarten Herr Schmidt Sie arbeiten seit etwa einem Monat auf der Managerebene im Großkonzern Müller AG. Der stressigen und zeitaufwendigen Arbeit fühlen Sie sich nicht mehr gewachsen. Trotz vieler Überstunden landen Sie im monatlichen Manager-Ranking stets auf einem hinteren Platz. Ihre Frau geht keiner Arbeit nach und hat einen finanziell anspruchsvollen Lebenswandel und Ihre 2 Kinder besuchen eine private Eliteschule. Sie sind allein für die Kostendeckung der Familie zuständig und wollen den gemeinsamen Lebensstandard auch halten, sodass Sie nach Wegen suchen, Ihr monatliches Einkommen z.B. durch die Bonuszahlungen zu steigern. Chef Herr Müller Sie sind der Chef des Großkonzerns Müller AG und wollen stets dessen Gewinne steigern, sodass Sie mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, Ihre Manager zu immer besseren Leistungen zu bringen. Das monatliche Manager-Ranking hat sich bewährt und soll auch weiterhin als Maßstab für Bonuszahlungen angewendet werden. Herr Meyer Sie arbeiten auf der Managerebene im Großkonzern Müller AG und belegen im monatlichen Manager-Ranking stets vordere Plätze, sodass Sie schon mehrfach in den Genuss von Bonuszahlungen gekommen sind. Dies verdanken Sie auch 49

Ihrem Kokainkonsum. Das Kokain hält Sie länger wach und wirkt leistungssteigernd, sodass Sie mit den Überstunden und dem Anspruch Ihres Chefs wenig Probleme haben. Einen moderaten Kokainkonsum können Sie anderen Mitarbeitern nur empfehlen. Frau Schmidt Als Frau eines Managers im Großkonzern Müller AG haben Sie einen finanziell anspruchsvollen Lebensstil. Ihre Kinder besuchen eine private Eliteschule. Für die Kosten genügt das Gehalt Ihres Mannes, sodass Sie selbst keiner regelmäßigen Arbeit nachgehen müssen. Das finden Sie angemessen und Sie haben keinerlei Absicht, an dieser Situation etwas zu ändern. Frau Schneider Sie arbeiten als Managerin im Großkonzern Müller AG. Im monatlichen ManagerRanking haben Sie schon lange keinen Spitzenplatz mehr inne, jedoch sind Sie mit Ihrem monatlichen Gehalt zufrieden und haben auch keinerlei Veranlassung, Überstunden zu machen, um in den Genuss von Bonuszahlungen zu kommen. Sie wissen, dass einzelne Kollegen, um dem Arbeitspensum gerecht zu werden, Kokain konsumieren, und dass diese auch stets auf den vorderen Plätzen des Rankings liegen. Sie würden jedoch niemandem empfehlen, aus diesem Ehrgeiz heraus zu Kokain zu greifen.

Szenenablauf 1. Personalgespräch (Herr Schmidt, Herr Müller): Herr Müller gibt Herrn Schmidt zu erkennen, dass dieser seine Leistungen verbessern müsse, um weiterhin als Manager im Konzern tätig zu sein. 2. Abendessen mit der Ehefrau (Herr Schmidt, Frau Schmidt): Frau Schmidt berichtet ihrem Mann, dass das Schulgeld für die Kinder erhöht werde und dass sie den Debattierclub der Schule finanziell unterstützen möchte. 3. Mittagspause (Herr Schmidt, Herr Meyer, Frau Schneider): Herr Schmidt berichtet seinen Kollegen vom Personalgespräch und dem Gespräch mit seiner Frau. Er gibt an, dass er nicht mehr weiß, wie er die an ihn gesetzten Erwartungen erfüllen soll. Es wird deutlich, dass einige, namentlich nicht genannte Kollegen zu Kokain greifen, um die Leistungen zu erbringen. 4. Fahrgemeinschaft zum Kollegenstammtisch (Herr Schmidt, Frau Schneider): Frau Schneider ist besorgt und nutzt die Gelegenheit dieses persönlichen Gesprächs, um Herrn Schmidt darin zu bestärken, sich nicht zu sehr unter Druck setzen und in den Drogenkonsum treiben zu lassen. 5. Kollegenstammtisch (Herr Schmidt, Herr Meyer): Nach dem Stammtisch sitzen Herr Schmidt und Herr Meyer noch einige Zeit allein an der Bar. Herr Meyer empfiehlt Herrn Schmidt den Kokainkonsum zur temporären Leistungssteigerung, da er aus eigener Erfahrung nur positiv berichten kann. 50

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