1 Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf VK - 9/2000 - F BESCHLUSS in dem Nachprüfungsverfahren der Firma Ingenieur-Büro XXX GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Dipl.-Ing. Antragstellerin, Verfahrensbevollmächtigte:

Rechtsanwälte

gegen die Stadt YYY, vertreten durch den Oberbürgermeister,

Vergabestelle und Antragsgegnerin, Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Az.: VK

9/00 F,

wegen Vergabeverfahren Planungsleistung für "ZZZ-Linie" Planungsabschnitte Al, A2, Bl, B2, hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 14.06.2000 am 21.06.2000 durch die Vorsitzende Regierungsdirektorin Reider, die hauptamtliche Beisitzerin Oberregierungsrätin Bork-Galle und den ehrenamtlichen Beisitzer Herrn Dipl.-Ing. Hein b e s c h 1 o s s e n: 1.

Der Antrag wird, soweit die Antragstellerin Vergabefehler durch ihre Unterbrechung im Präsentationstermin am 07.04.00 und durch die Festsetzung von Mindestbedingungen in der Vergabebekanntmachung geltend macht, verworfen. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Verfahren für die Antragstellerin notwendig war. Für die Antragsgegnerin war die

2 Hinzuziehung eines Bevollmächtigten nicht erforderlich. 3.

4.

5. 6.

Die Antragstellerin trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) der Vergabekammer. Die Antragstellerin trägt die Kosten der Antragsgegnerin , soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Die Antragstellerin trägt ihre eigenen Kosten selbst. Die Gebühren der Vergabekammer werden auf 8.000,- DM (4090,34 Euro) festgesetzt.

I.

Die Vergabestelle, eine kommunale Gebietskörperschaft, beabsichtigt gemäß Ratsbeschluss vom 19.08.1999 die abschnittsweise Erweiterung ihres Stadtbahn-Netzes um eine unterirdische Streckenführung. Für die zur Objektplanung erforderlichen Architekten/Ingenieurleistungen eröffnete die Vergabestelle einen Wettbewerb gemäß den Vorschriften der VOF.

In der Vergabebekanntmachung zur "Vergabe von Dienstleistungen im Verhandlungsverfahren' wurden die Leistungen zunächst aufgeteilt in zwei Streckenabschnitte (Planungsabschnitte A und B) diese wiederum jeweils in die Objektplanung Verkehrsanlagen gemäß § 55 HOAI und die Objektplanung Ingenieurbauwerke gemäß § 55 HOAI einschließlich anteiliger Tragwerksplanung gemäß § 64 HOAI (A 1 und A 2 bzw. B1 und B2). Der Auftragswert wurde auf insgesamt 16,5 Mio. DM geschätzt.

Die Veröffentlichung des Ausschreibungstextes erfolgte im Supplement zum Amtsblatt der EG, im Bundesausschreibungsblatt, dem Amtsblatt der Vergabestelle sowie in der überregionalen Presse. Eine losweise Beteiligung am Wettbewerb wurde zugelassen die Zahl der Bewerber, die zur Verhandlung aufgefordert werden sollte, wurde angegeben mit "mindestens 3 je Dienstleistung'. Als technische und wirtschaftliche Mindestanforderungen (Punkt 12 der Vergabebekanntmachung) wurden unter anderem aufgeführt.

"Teilnahmeberechtigt sind qualifizierte Dienstleistungserbringer die nachweislich vergleichbare

3 Leistungen für UBahnen/Stadtbahnen erbracht haben. ... Andere, insbesondere für die Prüfung der Fachkunde geeignete Nachweise: Erfahrungen im Tunnel- und Brückenbau in der Niedertrasse des Rheines oder vergleichbaren Untergrundverhältnisse im Allgemeinen und im Besonderen hinsichtlich des Schildvortriebs, der Abfangung von Gebäuden und unterirdischen Herstellung von U-Bahnhöfen, Erfahrungen in grundwasserschonenden Bauweisen, Erfahrung über die Planung und Ausschreibung von Masse Feder-Systemen, Darlegung der Präsenz vor Ort. Um die Teilnahme am Verhandlungsverfahren bewarben sich insgesamt 69 Unternehmen, darunter die Antragstellerin. Die Antragstellerin bewarb sich um alle ausgeschriebenen Planungs abschnitte, darunter auch die Abschnitte A I/A 2 und B 1/B2. In ihren Bewerbungsunterlagen stellte d i e Antragstellerin ihr Unternehmen und ihre personelle Erfahrung anhand von Referenzobjekten und -schreiben dar, sie stellte einen Personalorganisationsplan für das ausgeschriebene Projekt auf, der f ü r die Projektleitung zwei Ingenieure vorsah, sowie weitere zwei Ingenieure als Teilprojektleiter für die Objektplanung Verkehrsanlagen (A 1, B 2) und 4 Ingenieure für die Objektplanung Ingenieurbauwerke, von denen wiederum 2 als Teilprojektleiter "Tunnelbau" vorgesehen waren. Die persönliche Qualifikation und die Projekterfahrung der vorgestellten Mitarbeiter wurde dargestellt, ebenso die Aufgliederung des Unternehmens in verschiedene Fachbereiche.

Die Vergabestelle entschied nach Eingang der Bewerbungen über die Einladung zu Bewerbergesprächen ("Präsentationen").Es sollten dabei zunächst die Firmen ausgeschlossen werden,die keinen Mitarbeiter benannt hatten, der die im Bereich U Bahn/Stadtbahn im Tunnel gemäß § 55 HOAI geforderten Erfahrungen aufwies. Die übrigen Unternehmen wurden einer zweiten Durchsicht unterworfen. Für die Auswertung hinsichtlich der Planungsabschnitte A 1/B 1 wurden die Unternehmen nach einer Prozent-Punkte-Gewichtung beurteilt. Entsprechend den Kriterien der Bekanntmachung sollten bis, zu 10 %-Punkte dem Unternehmen, bis zu 70 %-Punkte dem Mitarbeiterstamm und bis zu 20 %-Punkte nochmals je nach Größe des Fachbereiches zugeteilt werden. Insgesamt konnten also 100%-Punkt erreicht werden. In einer Bewertungsübersicht vom 27.03.2000 erhielt die Antragstellerin 100% Punkte. Sie wurde neben fünf anderen Unternehmen damit zum Bewerbungsgespräch geladen. Diese Unternehmen wiesen in der Bewertung alle 80%Punkte und mehr auf. Unternehmen, die weniger als 80%-Punkte bei der Bewertung erreicht hatten, wurden als ausgeschieden betrachtet. In der zugrunde liegenden tabellarischen Einzelauswertung waren für die Antragstellerin in der Spalte "Anzahl der Projekte:U-Bahn und/oder Stadtbahn im Tunnel" für das "Unternehmen" die Zahl "2" und ebenso für die Mitarbeiter die Zahl "2" eingetragen. In der Spalte "Schienenweg für Tunnel - und Oberflächenstrecken" war als Anzahl der Projekte für das Unternehmen "3" und die Mitarbeiter "2" aufgeführt. Weiterhin wurde bei der Antragstellerin die Bemerkung angebracht "für Stadtbahnen Dortmund und Siegburg gearbeitet". Die Größe des Fachbereiches der Antragstellerin wurde mit 35 Personen eingetragen. Für die Bewertung in den Planungsstufen A 2/B2 wurden zunächst wieder die Unternehmen ausgeschieden, die keine Mitarbeiter mit Referenzen im Tunnelbau und Tragwerksplanung angegeben hatten. In einer zweiten Durchsicht wurden die Unternehmen wiederum mit Hilfe einer Prozent-Punkte-Gewichtung eingereiht, bei der maximal 100%-Punkte zu erreichen waren. Unternehmen und Mitarbeiter sollten Punkte erhalten für "Tunnelbauprojekt allgemein", "Schildvortrieb" und "Sonderbauweisen" sowie wiederum für die Größe des Fachbereiches, wobei hier die maximale Punktzahl für eine Fachbereichsgröße von über 20 Mitarbeitern vergeben werden sollte. Die Antragstellerin erreichte in der Auswertung auch hier 130%-Punkte und wurde demgemäß auch für die Planungsabschnitte A2/B2 neben 9 anderen Unternehmen zum Bewerbungsgespräch eingeladen. In der tabellarischen "Einzelbewertung" lagen der Punktebewertung bei der Antragstellerin

4 zugrunde: Die Anzahl von 9 Tunnelbauwerken für das Unternehmen und 3 für die Mitarbeiter sowie die Erfahrung in allen 5 von der Vergabestelle gewerteten Tunnelbauverfahren sowohl für das Unternehmen wie für die Mitarbeiter. Als "Bemerkung" wurde hier für die Antragstellerin eingetragen: "Erfahrungen in Stadtbahn- und Tunnelbau. Hohe Kompetenz". Der Fachbereich der Antragstellerin wurde wiederum mit 35 Mitarbeitern angesetzt und mit der Höchstpunktzahl bewertet. Die Antragstellerin nahm am 07.04.2000 an einer mündlichen Präsentation vor einem Auswahlgremium der Vergabestelle teil. Im Einladungsschreiben hieß es unter anderem: "Bei dem....Termin werden Sie Gelegenheit erhalten, Ihr Unternehmen sowie Ihre verantwortlichen Mitarbeiter im Hinblick auf die in Ziffer 12 der Vergabebekanntmachung genannten Aspekte zur Konkretisierung und Erläuterung der von Ihnen eingereichten .Nachweise vorzustellen. Dabei sollte auch dargelegt werden, wie die Durchführung der in Ihren Unterlagen nachgewiesenen vergleichbaren Leistungen .... von Ihrem Unternehmen bewerkstelligt wurden. Für diese Präsentation stehen Ihnen insgesamt 45 Minuten zur Verfügung. Weitere 30 Minuten sind für eine Diskussion vorgesehen". Das vom jetzigen Bevollmächtigten der Vergabestelle erstellte Protokoll des Termines vom 07.04.2000 weist aus, dass jeweils am Anfang jeder Präsentation von der Vorsitzenden des Auswahlgremiums der Hinweis erteilt wurde, dass aus Gründen der Gleichbehandlung jeder Versuch unterbrochen wurde, andere als im Einladungsschreiben genannte Umstände zu behandeln. Anlässlich der Präsentation der Antragstellerin wurde unter anderem von der Vergabestelle protokolliert: "Einer der Geschäftsführer, Herr XXX 1, gibt zunächst einen Überblick über die Geschichte und die Struktur des Unternehmens. Im Anschluss hieran stellen die jeweiligen Projektleiter die nachfolgend genannten Referenzprojekte vor, wobei Schwerpunkt der Darstellung jeweils eine der in der Bekanntmachung abgefragten spezifischen Erfahrungen ist: (folgen 6 Projekte) ... Der Vortrag von Herrn XXX 2 wird mehrfach von Frau YYY 1 unter Hinweis auf die eingangs gegebenen Hinweise und unter Berufung auf das Einladungsschreiben sowie den Zweck der Präsentation unterbrochen. Dabei wird jeweils darauf hingewiesen, dass dieser nicht den geforderten Bezug zu den dargelegten Referenzobjekten aufweise, sondern darauf angelegt sei, die mögliche organisatorische Bewältigung des ausgeschriebenen Vorhabens darzustellen. Im Rahmen der Präsentation stellte die Antragstellerin einen weiteren, gerade unter Vertrag genommenen Mitarbeiter vor, der an leitender Stelle im Bereich "Tunnelbau" tätig werden sollte. Die Antragstellerin erstellte intern ein eigenes, wertendes Protokoll des Präsentationstermins unter dem 10.04.00 und, veranlasst durch ihren Bevollmächtigten, ein weiteres unter dem 11.05.00. In der abschließenden Auswertung kam die Vergabestelle hinsichtlich der Antragstellerin zu folgenden Ergebnissen: - Die für den "Tunnelbau" vorgesehenen Ingenieure hätten Ihre Erfahrung für Tunnelbauverfahren ausschließlich bei ihrer Tätigkeit bei Baufirmen erworben; allen fehle die einschlägige Erfahrung des Planens gemäß § 55 HOAI, mindestens Leistungsphase 1-4. - Auch die daraufhin nochmals geprüften Bewerbungsunterlagen hätten keine persönlichen Erfahrungen mit planerischen Aufgaben ergeben. Zwei der für "Projektleitung" und "Teilprojektleitung' vorgeschlagenen Mitarbeiter hätten keine Erfahrung in der Planung von Tunnelbauwerken gemäß den Beschreibungen der HOAI. - In dem einzigen heranzuziehenden Referenzobjekt (Stadtbahnlinie 66, Siegburg) habe keiner der benannten Mitarbeiter mitgewirkt. - Auch die übrigen für das Objekt benannten Ingenieure verfügten über keine Erfahrungen in der Stadtbahn/U-Bahnplanung im Tunnel.

5 Dementsprechend teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit Schreiben vom 20.04.00 mit, ihre Bewerbung für die Abschnitte A 1, A 2, B 1 und B 2 könnte keine Berücksichtigung finden. Auch auf schriftliche Anfrage vom 28.04.2000 teilte die Vergabestelle Gründe für die Nichtberücksichtigung zunächst nicht mit. Die Antragstellerin leitete daraufhin mit Scheiben vom 09.05.2000, eingegangen am 10.05.2000, den Antrag auf Nachprüfung des Vergabeverfahrens ein. Mit Schreiben ebenfalls vom 09.05.2000 rügte sie gegenüber der Vergabestelle, dass sie bislang noch nicht über die Gründe ihrer Ablehnung unterrichtet worden sei. Sie rügt vorsorglich mehrere Fehler im Vergabeverfahren. So sei der Fachvortrag während der Präsentation durch die Vorsitzende in 9 Fällen massiv unterbrochen worden. Aus den Vorschriften § 24 Nr. 2 und 3 VOF gehe jedoch hervor, dass durch unaufgefordert präsentierte Lösungsvorschläge dem Bewerber weder Vor- noch Nachteile entstehen dürften. Bezugnahmen zwischen den Referenzobjekten und dem anstehenden Projekt seien in bestimmtem Umfange geboten, um die Vergleichbarkeit der Objekte mit dem konkret anstehenden Auftrag darlegen zu können. Weiterhin habe es die Vergabestelle unterlassen, die Höchstzahl der zum Angebot aufzufordernden Bewerber anzugeben. Angegeben sei nur die Mindestzahl (3 je Dienstleistung).Daraus folge, dass alle Bewerber, die sich ordnungsgemäß beworben hätten und die die Auswahlkriterien erfüllten, zu Verhandlungen über die Auftragsbedingungen aufzufordern seien. Erst danach erhielt die Antragstellerin ein Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.05.2000, mit dem Gründe für die Nichtberücksichtigung mitgeteilt wurden. Diese decken sich im Wesentlichen mit den oben genannten Ablehnungsgründen des Auswertevermerkes.

Die Antragstellerin wiederholt und vertieft den Vortrag hinsichtlich der bereits im Rügeschreiben aufgezeigten Vergaberechtsverstöße. Sie trägt darüber hinaus, vor, das Protokoll gebe den Ablauf der Präsentation nicht transparent wieder. Auch die Vortragenden Stephan und Schmidt seien ohne irgendeinen Bezug unterbrochen worden in ihren Ausführungen zum Tunnelbau und zur Organisationsstruktur. Die Vergabestelle habe die unterbrochenen Äußerungen dann aber verwertet, um nachteilige Schlüsse auf die persönliche Eignung zu ziehen. Sie habe bereits in der Bewerberauswahl keine Mindest-, sondern Optimalanforderungen gestellt, was durch den Auftragsgegenstand nicht gerechtfertigt sei. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb sie, die Antragstellerin, nachdem ihr im schriftlichen Auswerteverfahren jeweils die höchste erreichbare Punktzahl zuerkannt wurde, nunmehr als fachlich völlig ungeeignet bewertet sei. Die Vergabestelle habe prüfen müssen, ob eine Geeignetheit der Antragstellerin für einzelne Leistungsphasen vorliegt, da sie zunächst nur eine Auftragsvergabe für die Leistungsphasen 1 bis 3 des § 55 HOAI beabsichtige. Hierbei habe sie die Referenzprojekte auch kumulativ hinsichtlich der jeweiligen Leistungsphasen werten müssen; sie habe jedoch zu Unrecht auf die Vergleichbarkeit eines gesamten Projektes abgestellt. Zudem sei innerhalb der Leistungsphasen 1-4 vorrangig die Abstimmung mit den Belangen Dritter, wobei der Fahrweg ausschlaggebender sei als die Besonderheit etwa einer Tunnel- oder Brückenlösung. Zwei der vorgeschlagenen Ingenieure hätten gerade die hier erforderliche Erfahrung in der Planung vonVerkehrprojekten aufzuweisen. Erfahrung mit Tunnelbauobjekten sei auch nicht für die Projektleiter zu verlangen, die dem konstruktiven Ingenieurbau zugeordnet seien. Bezüglich der vorgeschlagenen Teilprojektleiter "Tunnelbau" habe die Vergabestelle nicht berücksichtigt, dass die üblicherweise bei Baufirmen angesiedelte Ausführungsplanung der maßgebliche Planungsbestandteil sei. Ein Ausführungsplaner übe dabei Kontrollfunktion über die Entwurfsplanung aus. Persönliche Erfahrung im Bereich des konstruktiven Ingenieurbaues speziell bei Tunnelbauwerken weise insbesondere der in der Präsentation neu vorgestellte Mitarbeiter auf, was die Vergabestelle nicht berücksichtigt habe. Die Vergabestelle habe es nicht in ihre Wertung einfließen lassen, dass nach der von der Antragstellerin

6 vorgestellten Organisationsstruktur zusätzlich ein internes Expertenteam als Berater- und Kontrollinstanz vorgesehen sei.

Die Antragstellerin beantragt, das Vergabeverfahren aufzuheben, hilfsweise, die Vergabestelle zu verpflichten, die Antragstellerin zur Abgabe eines Angebotes und zu nachfolgenden Verhandlungen aufzufordern.

Die Vergabestelle beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Sie meint, der Antrag sei bereits unzulässig, da die Antragstellerin kurzfristig nach dem 07.04.2000, nicht erst am 09.05.2000, den von ihr bemängelten Vergaberechtsverstoß der unzulässigen Unterbrechung ihrer Präsentation hätte rügen müssen. Sie sei im Übrigen auch zu Recht am 07.04.2000 mit bestimmten Aussagen ausgeschlossen worden, da sie sich nicht an, die Vorgaben des Einladungsschreibens und den Hinweis zu Beginn der Präsentation gehalten habe. Die Vergabestelle habe deutlich den Willen zum Ausdruck gebracht, keine Lösungsvorschläge zuzulassen und dies nicht nur bei der Antragstellerin, sondern auch bei anderen Bewerbern durchgesetzt. Die Antragstellerin sei, so behauptet sie, auch fachlich ungeeignet und deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Angebotsabgabe zuzulassen. Sie verweist auf die bereits im Vergabeverfahren als Auswertevermerk niedergelegten Gründe mangelnder persönlicher Planungs- und Objekterfahrung. Es hätte im Übrigen keine rechtliche Verpflichtung vorgelegen, im Stadium der Bewerberauswahl der Antragstellerin Gründe für die Nichtberücksichtigung mitzuteilen.

In der mündlichen Verhandlung am 14.06.2000 hatten die Beteiligten Gelegenheit, ihren Sach- und Rechtsvortrag abschlie3end zu ergänzen. Die Antragstellerin trägt ergänzend vor, nach der Präsentation am 07.04.2000 habe zunächst in ihrem Hause eine interne Bewertung der Wirkung stattgefunden, die die Präsentation auf die Vergabestelle möglicherweise gehabt habe. Diese sei unterschiedlich eingeschätzt und intensiv diskutiert worden. Die Vergaberechtswidrigkeit der Unterbrechung sei für die am Termin beteiligten Ingenieure nicht als Rechtsverstoß auffällig geworden. Des Weiteren habe zunächst ein fachlich versierter Rechtsanwalt ausgewählt werden müssen. Der Bevollmächtigte seinerseits habe nach dem ersten Besprechungstermin am 20.04.00 Zeit gebraucht, sich sachlich und rechtlich in die Materie einzuarbeiten. Bis zum 08.05. seien etwa 5 fernmündliche und mündliche Besprechungen erfolgt. Nachdem am 09.05.2000 das unbegründete Ablehnungsschreiben der Vergabestelle vorgelegen habe, sei dann die Rüge erfolgt. Im Hinblick auf die verstrichene Zeit seien die Osterferien sowie die

7 Erstmaligkeit eines derartigen rechtsförmlichen Vorgehens für die Antragstellerin zu berücksichtigen. Im Übrigen sei die Rüge der Präsentationsunterbrechungen als reine Formalität gar nicht erforderlich, da die Präsentation aus Gründen der Gleichbehandlung nicht hätte nachgeholt werden können. Einen Hinweis auf die Unzulässigkeit von Bezugnahmen auf das anstehende Projekt während der Präsentation habe die Vorsitzende den Vertretern der Antragstellerin am Anfang Ihrer Präsentation nicht erteilt. Der Hinweis und eine rechtliche Erläuterung sei vielmehr erst im Rahmen der ersten Unterbrechung erfolgt. Daran hätten sich die beteiligten Mitarbeiter nach Akteneinsicht wieder erinnert. Durch die Unterbrechungen während des Vortrages sei insbesondere der neu in das Unternehmen eingetretene Ingenieur, der als Spezialist für Tunnelbauwerke Referenzprojekte habe vorstellen wollen, sehr verunsichert worden. Er habe seinen Vortrag ad hoc nicht umstellen können und deshalb auf einige Referenzprojekte nicht hingewiesen. Es sei ihm allerdings nicht verwehrt worden, die Referenzprojekte zu schildern. Die von der Antragstellerin der Bewertung zugrunde gelegten Tatsachen, nämlich die konkrete Bearbeitung von Planungsphasen durch die vorgesehenen Projekt- und Teilprojektleiter einerseits und die aufgeführten Referenzobjekte andererseits werde von ihr, der Antragstellerin, nicht angegriffen. Die Vergabestelle habe jedoch berücksichtigen müssen, dass auf dem Organigramm nur die Leitungsebene abgebildet worden sei. Ein weiterer Mitarbeiter, der Erfahrung in den Planungsphasen beim UBahn/Stadtbahnbau im Tunnel habe, hätte seine Erfahrungen auch in dieses Projekt eingebracht. Dies hätte von der Antragstellerin berücksichtigt werden müssen. Die von ihr auf der Leitungsebene benannten Ingenieure wiesen Erfahrungen auf, die den von der Vergabestelle nachgefragten Erfahrungen absolut vergleichbar seien. Es sei nicht erforderlich, dass ein Gesamtprojektleiter in eigener Person die Leistungsphasen 1-4 bei einem bis zu den Untergrundverhältnissen vergleichbaren U-Bahn/Stadtbahn im Tunnelbauprojekt verwirklicht habe. Eine solche Einschränkung bevorzuge vielmehr unangemessen diejenigen Unternehmen, die überhaupt in den letzten Jahren Gelegenheit hatten, an einem der seltenen U-Bahn Bauprojekte mitzuwirken. Die Vergabestelle habe nicht berücksichtigt, dass die Planungsleistungen in größten Teilen immer identische Anforderungen stellen würden. Der auf das spezifische Bauwerk (hier Tunnelbauwerk) ausgerichtete Teil sei nicht dominierend; hier könne die Facherfahrung eines anderen Ingenieurs auch hinzugezogen werden. Insbesondere der während der Präsentation neu vorgestellte Mitarbeiter habe im Rahmen der von ihm in Referenzobjekten bewältigten Ausführungsplanung Sondervorschläge gemacht, dass heißt die ursprünglich Planung verändert. Dadurch sei seine Erfahrung derjenigen eines Entwurfsplaners gleichzustellen. Die Vergabestelle behauptet, der wortgleiche Hinweis an alle Teilnehmer der Präsentation, dass Bezugnahmen auf das anstehende Projekt während der Präsentation sofort unterbrochen würden, sei auch bei der Antragstellerin erfolgt. Die Vergabestelle gesteht zu, dass auch sie die erstmalige Vorstellung des neuen Mitarbeiters so verstanden habe, dass dieser verantwortlich am Projekt selbst mitarbeiten würde. Nach Ihrem Auswerteschema sollte die Präsentation jedoch keinen eigenen, zusätzlichen Bewertungsfaktor darstellen. Sie sollte der Überprüfung der bislang nur in Papierform vorliegenden Darstellung des Unternehmens und der verantwortlichen Personen dienen. Demzufolge hätte die fachliche Eignung des neu vorgestellten Mitarbeiters grundsätzlich nicht zu Gunsten der Antragstellerin gewertet werden können und sei auch nicht so bewertet worden. Bei keiner anderen zur Präsentation aufgeforderten Firma habe es vergleichbare Personalfluktuationen gegeben. Die bis zur zweiten Durchsicht der Bewerbungsunterlagen sehr gute Bewertung der Antragstellerin hinsichtlich ihrer fachlichen Geeignetheit begründet sie damit, dass der mit der Auswertung betraute Mitarbeiter offenbar für alle Planungsphasen ein einziges, bestimmtes Referenzobjekt im Auge gehabt hätte. Dieses Referenzobjekt sei zum einen zu Gunsten des Unternehmens selbst gewertet worden, zum anderen sei die dort gewonnene Erfahrung eines Mitarbeiters unter dem, Bewertungspunkt "Mitarbeiter" der

8 Antragstellerin angerechnet worden, obwohl dieser Mitarbeiter nicht benannt worden sei, um am anstehenden Projekt verantwortlich mitzuwirken. Die Bewertung bis zur Präsentation sei deshalb fehlerhaft gewesen. Es könne ihr aber nicht verwehrt werden, diesen Fehler zu korrigieren. Auf der Grundlage der Auswerteunterlagen hätte das Auswahlgremium erwartet, auch bei der Antragstellerin ein Unternehmen präsentiert zu bekommen, welches einschlägige Erfahrung in der Entwurfsplanung habe. Als im Rahmen der Präsentation jedoch ein Schwerpunkt auf die Darstellung von Ausführungsplanung an Stelle der erwarteten Entwurfsplanung gelegt wurde, habe man gezielt nachgefragt. So sei während der Präsentation und während einer anschließenden nochmaligen Durchsicht der Bewerbungsunterlagen aufgefallen, dass die vorgestellte Qualifikation, nämlich Erfahrung in den Planungsphasen 1-6 im Leistungsbild des § 55 HOAI nicht bei einem einzigen der zur verantwortlichen Mitarbeit benannten Ingenieure der Antragstellerin vorgelegen habe. Die Auswertung sei jeweils durch eine Person erfolgt, wobei ein Team von 4 Einzelprüfern und 2 Leitern bestanden habe. Die zur Einzelprüfung berufenen Mitarbeiter seien vor Beginn der Prüfung entsprechend dem Bewertungsschema instruiert worden, es seien auch Stichproben durchgeführt worden. Richtigerweise hätten nach dem Wertungsschema einem Bewerber im Bereich Kompetenz der Mitarbeiter nur dann die entsprechenden Prozent-Punkte gutgeschrieben werden dürfen, wenn dieser Mitarbeiter bei einem vergleichbaren Bauobjekt in den Planungsphasen 1-4 verantwortlich mitgewirkt haben. Die bei nicht vergleichbaren Referenzobjekten erworbenen Erfahrungen könnten insofern nicht als vergleichbar gewertet werden. Auch die Tätigkeit in der Ausführungsplanung könne der Vor- und Entwurfsplanung nicht gleichgesetzt werden. Die Entwurfsplanung setze bereits wegen der späteren Genehmigungsfähigkeit voraus, dass ein Planer kreativ mehrere alternative Projektlösungen mit allen Parametern korrekt ermittle. Die Kostenberechnung sei im Hinblick auf die Förderfähigkeit zu leisten. Die Ausführungsplanung in einer Baufirma sei demgegenüber auf die firmenspezifischen Möglichkeiten abgestellt. Die Entwurfsplanung für eine U-Bahn/Stadtbahn im Tunnel in engster Bebauung und unter Berücksichtigung des hierfür speziell geltenden Regelwerkes erfordere die Erfahrung aus vergleichbaren Objekten. Beim U-Bahnbau sei in erhöhtem Maße die jeweils optimale Abstimmung von technischen und nutzerfreundlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. DieU-Bahn/Stadtbahn im Tunnel-Planung sei aufgrund der räumlichen Möglichkeiten, die vorgegeben seien, nicht vergleichbar mit einem oberirdischen Tunnel oder einem anderen Straßenbauwerk.

Die Vergabekammer hat die Akten der Vergabestelle beigezogen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Akteneinsicht, wobei die Namen und weiteren Identifizierungsmerkmale der konkurrierenden Unternehmen gänzlich von der Akteneinsicht ausgenommen wurden. Die Antragstellerin hält ihren Anspruch auf uneingeschränkte Akteneinsicht aufrecht. Ergänzend wird auf den Inhalt der Vergabeakte, der gewechselten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.06.00 Bezug genommen.

II. Der Antrag ist - teilweise - zulässig. Die Vergabekammer ist zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 104 Absatz 1, 2.Halbsatz des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zuständig, da es sich um das Vergabeverfahren

9 einer öffentlichen Auftraggeberin Gebietskörperschaft) gemäß § 98 Nr. 1 GWB des Landes Nordrhein-Westfalen handelt. Der Auftragswert der zu vergebenden Planungsleistung überschreitet den in § 2 Absatz 1 Vergabeverordnung (VgV) in Verbindung mit § 2 Nr. 2, 2. Spiegelstrich der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen(VOF)geregelten Schwellenwert. Die hier zu erbringende Dienstleistung ist als freiberufliche Leistung zu erbringen. Neben der allgemeinen Definition der prägenden Merkmale für die Bestimmung der freiberuflichen Tätigkeiten hat das Bundesverfassungsgericht auch einzeln aufgezählte "Katalogberufe" als freiberufliche Tätigkeiten anerkannt (BVerfG, Bundessteuerblatt 1978 11, 125). Diese finden sich wieder in § 18 Absatz 1 Nr.1 Satz 2 Einkommensteuergesetz und umfassen auch den Berufsbereich der Ingenieure. Der entscheidende Schwellenwert liegt nach § 2 Nr. 2 VOF bei 200.000 EURO ( entsprechend 391.166,- DM) und berechnet sich gemäß § 3 Nr.1 VOF nach der geschätzten Gesamtvergütung für die zu vergebende Leistung. Die geschätzte Gesamtvergütung beläuft sich hier auf 16,3 Millionen DM, so dass der gemäß § 100 Absatz 1 GWB der 4. Teil des GWB zur Anwendung kommt. Die Antragstellerin ist antragsbefugt nach § 107 Absatz 2 GWB. Sie hat ihr Interesse am Auftrag durch die Teilnahme an der Vorauswahl zum Verhandlungsverfahren hinreichend dokumentiert. Sie hat eine Verletzung ihrer Rechte aus § 97 Absatz 7 GWB schlüssig geltend gemacht, indem sie auf die mögliche Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch die Unterbrechungen in der Präsentation und die mögliche Fehlbewertung ihrer Bewerbung mit der Folge des Ausschlusses vom Verhandlungsverfahren hingewiesen hat. Als drohenden Schaden hat sie ausreichend die damit nicht mehr gegebene Chance auf Erlangung des Auftrages dargelegt. Die Antragsschrift erfüllt die Anforderungen des § 108 GWB. Die Antragstellerin hat ihre Rügepflicht gemäß § 107 Absatz 3 GWB nur teilweise erfüllt. Die wiederholten Unterbrechungen im Präsentationstermin am 7. 4. 2000 hat die Antragstellerin zuerst mit Schreiben vom 9. 5. 2000 gerügt. Damit liegen zwischen dem Präsentationstermin und der Rüge cirka 4 Wochen. Das Schreiben vom 28. 4. 2000 ist nicht als Rüge auszulegen, da es unmissverständlich als Auskunftsersuchen formuliert wurde, um "den Gesamtvorgang umfassend bewerten zu können". Dabei ist der im Schreiben enthaltene Hinweis darauf, dass die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht aus sich heraus transparent ist, im Kontext des Schreibens eindeutig als Begründung für das Auskunftsbegehren zu verstehen, insbesondere, da die Bewertung des Vorganges als noch bevorstehend angekündigt wird. § 107 Absatz 3 GWB erfordert, dass vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens mögliche Fehler im Vergabeverfahren unverzüglich beim Auftraggeber zu rügen sind. Dabei wird differenziert zwischen Fehlern im Vergabeverfahren, die nach Kenntniserlangung unverzüglich und Fehlern in der Bekanntmachung, die bei Erkennbarkeit bis zum Ende der in der Bekanntmachung genannten Frist zur Abgabe der Bewerbung zu rügen sind. Der zeitliche Rahmen der Unverzüglichkeit ist in der Rechtsprechung zwar unter Bezugnahme auf die Legaldefinition dieses Begriffes in § 121 Absatz 1 BGB und die Besonderheiten des Einzelfalles unterschiedlich festgesetzt worden. Es hat sich jedoch im Vergaberecht seit der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. 4. 1999, Verg 1/99, ein Höchstrahmen von maximal 14 Tagen ab Kenntnis des Fehlers verfestigt. Wesentlich für die Beurteilung der Unverzüglichkeit der Rüge ist daher der Zeitpunkt der Kenntnis des Fehlers. Dabei sind die Anforderungen an den Grad der Kenntnis an Sinn und Zweck der Rügepflicht zu orientieren. Die frühzeitige Rüge soll einerseits der Vergabestelle die zügige Selbstkontrolle oder -korrektur ermöglichen und Bieterspekulationen über die Auswirkungen des

10 Fehlers verhindern, andererseits soll der Bieter aber nicht gezwungen sein, aufgrund ungewisser Vermutungen oder Bewertungen das Verhältnis zum Auftraggeber belasten zu müssen. Von einer Kenntnis des Fehlers im Vergabeverfahren im Sinne des § 107 Absatz 3 Satz 1 GWB ist daher dann auszugehen, wenn dem Bieter die Fakten vorliegen, die nach seiner Auffassung den Fehler darstellen oder verursachen und er diesen Sachverhalt einer vergaberechtlichen Bewertung durch Gesetz oder Rechtsprechung zuordnen kann. Eine rechtliche Eindeutigkeit im Sinne einer gefestigten Rechtsprechung ist ebensowenig erforderlich wie eine über jeden Zweifel erhabene Überzeugung. Diesem Maßstab entspricht auch die zu § 121 BGB entwickelte Rechtsprechung zum Grad der dort verlangten Kenntnis des Anfechtungsgrundes (BGH NJW 79, 765). Die für den vermeintlichen Fehler ursächlichen Fakten lagen der Antragstellerin mit Abschluß des Präsentationstermins am Freitag, den 7. 4. 2000 vor. Am folgenden Montag, den 10. 4. 2000 hat die Antragstellerin einen internen Vermerk zum Verlauf des Termins gefertigt, der sich mit den aus Sicht der Antragstellerin kritischen Abläufen des Termins auseinandersetzt und diese in Form von Anmerkungen bewertet, die erkennen lassen, dass die Antragstellerin schon zu diesem Zeitpunkt mit relativ hoher Sicherheit von einem Vergabefehler ausging und auch schon erste rechtliche Zuordnungen vorgenommen hatte. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin ihren Tätigkeitsschwerpunkt nicht im juristischen Bereich hat und die streitigen Unterbrechungen im Termin durch den Rechtsanwalt der Antragsgegnerin als juristisch berechtigt dargestellt wurden, ist der Antragstellerin trotz ihrer wiederholt vorgetragenen großen Erfahrung mit Präsentationsterminen und Vergabeverfahren zuzugestehen, dass sie die eigene Auffassung fachkundig juristisch überprüfen ließ. Im Hinblick auf die Wochenendsituation der Tage 7. April und 13. April 2000 ist der Antragstellerin auch zuzugestehen, dass sie erst am 10.4.2000 weiter tätig wurde. Die Antragstellerin ließ sich erstmalig rechtlich beraten am 20. 4. 2000, also fast 2 Wochen später, ohne dass sie für diese späte Inanspruchnahme anwaltlichen Rates nachvollziehbare Gründe dartun konnte. Wenn ein Bieter bestimmte Fakten für einen Fehler im Vergabeverfahren hält, obliegt ihm auch für die Überprüfung dieser Vermutung eine Beschleunigungspflicht. Es ist mit dem Gebot der Unverzüglichkeit der Rüge nicht vereinbar, die an Fakten orientierte Vermutung eines Fehlers durch Hinauszögern der rechtlichen Abklärung erst spät zur Kenntnis werden zu lassen. Würde man dies zulassen, wäre es ins willkürliche Belieben des Bieters gesetzt, wann seine Kenntnis im Rechtssinne und damit seine Rügepflicht entsteht. Wenn die notwendigen Schritte zur Erlangung der Kenntnis jedoch nicht ohne schuldhaftes Zögern eingeleitet wurden, muss sich der Bieter die Zeit der Verzögerung bei der Beurteilung der Unverzüglichkeit der Rüge anrechnen lassen. Die Antragstellerin hat den fraglichen Zeitraum bis zur Mandatierung ihres Rechtsanwaltes mit dem weiter laufenden Tagesgeschäft und der internen Überlegung und Abstimmung der Frage, ob überhaupt im Hinblick auf die zu erwartende Belastung des Verhältnisses zur Antragsgegnerin eine Rüge stattfinden solle, erklärt. Die Weiterführung des laufenden Verfahrens ist unbeachtlich, da dies der üblicherweise immer vorliegende Sachverhalt ist und sich daraus keine Rechtfertigung einer Verzögerung ableiten lässt. Aber auch die internen strategische Überlegungen, so verständlich sie sind, rechtfertigen die Verzögerung nicht. Die anwaltliche Beratung hätte und hatte in dieser Phase der Überlegungen nur interne Wirkung und wäre der Antragsgegnerin nicht einmal zu Kenntnis gelangt. Aus der Beurteilung des Sachverhaltes durch den Rechtsanwalt wäre für die Antragstellerin auch kein Sachzwang erwachsen, gegen die Antragsgegnerin vorzugehen. Die Antragstellerin hätte auch in Kenntnis des Fehlers die Freiheit gehabt, sich gegen ein Vorgehen gegen die Antragsgegnerin zu entscheiden, wenn sie dies nach ihren strategischen Überlegungen für angemessener gehalten hätte. Es wäre der Antragstellerin daher zumutbar gewesen, unmittelbar nach dem 10. 4. 2000 juristischen Rat einzuholen. Die Antragstellerin hat jedoch erstmalig am 20. 4. 2000 juristischen Rat eingeholt. Am 20. 4. 2000 ist ihr auch die Absage der Antragsgegnerin zugegangen, so dass der Gedanke eines

11 Zusammenhanges zwischen den beiden Ereignissen nicht ganz abwegig ist. Spätestens ab dem 20.4.2000 war die Antragstellerin jedoch juristisch beraten und kann sich, soweit man das überhaupt zugestehen will, nicht mehr auf Unkenntnis der Beschleunigungspflicht berufen. Wenn nicht ohnehin nach der Schilderung der Antragstellerin der Sachverhalt im ersten Gespräch schon vergaberechtlich einzuordnen war, wofür die Formulierung der Rüge (09.05.00) vor Eingang des ergänzenden Vermerks (11.05.00) spricht, ist jedoch nicht mehr erklärbar und von der Antragstellerin auch nicht erklärt worden, wieso die weitere Erstellung eines Vermerks über die Inhalte des Präsentationstermins für den Rechtsanwalt erneut 3 Wochen in Anspruch nahm. Die Rüge der Unterbrechungen in der Präsentation ist daher unter Zugrundelegung aller verfügbaren zeitlichen Anknüpfungspunkte als verspätet anzusehen. Hinsichtlich der Aussage, die Antragstellerin hätte zur Angebotsabgabe aufgefordert werden müssen, da der Ausschreibungstext keine Festlegung der Anzahl der Teilnehmer am Angebotsverfahren enthielt, ist die Rügepflicht erfüllt. Am 20. 4. 2000 erhielt die Antragstellerin Nachricht darüber, dass sie nicht zur Angebotsabgabe aufgefordert werden würde. Der 20. 4. 2000 war der Tag vor Karfreitag. Die Tage 21. 4. 2000 bis 24. 4. 2000 waren damit als Osterwochenende für weitere Aufklärungen nicht verfügbar. Danach hat sich die Antragstellerin binnen 4 Tagen um Information über die Gründe des Mißerfolges bemüht, aber zunächst keine Antwort erhalten. Ein Zeitraum von 4 Tagen liegt zwar an der oberen Grenze, erscheint hier aber im Rahmen der Mitwirkungspflichten der Antragstellerin noch nicht als unangemessene Verzögerung. Da die Antragstellerin am 9. 5. 2000 die Gründe über ihr Ausscheiden immer noch nicht mitgeteilt bekommen hatte, war ihr einerseits eine "Verdachtsrüge" nicht verwehrt. Es kann ihr andererseits aber auch kein Mangel an Unverzüglichkeit vorgehalten werden, wenn sie vor dem Schritt der Rüge zunächst versucht, weitere Informationen von der Antragsgegnerin zu bekommen, die unter Umständen die Entscheidung der Antragsgegnerin transparent und damit eine Rüge entbehrlich gemacht hätten. Auch die Rüge über die Nichterteilung der gewünschten Auskünfte ist als unverzüglich anzusehen. Die Bitte um Auskunft am 28. 4. 2000 auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. 4. 2000 war unter Berücksichtigung der Ostertage gerade noch als nicht schuldhaft verzögernd akzeptabel. Die Antragstellerin stützte ihr Auskunftsersuchen auf § 17 Nummer 4 VOF. Danach ist die Auskunft binnen 15 Tagen nach Eingang des Antrages zu erteilen. Diese Frist durfte die Antragstellerin daher bis zur Rüge der Nichterteilung der Auskunft abwarten. Ob diese Norm in dieser Phase des Verfahrens schon zur Anwendung kommt, kann dahingestellt bleiben, denn. zur Beschleunigung des Verfahrens hätte es die Antragsgegnerin in der Hand gehabt, das Schreiben der Antragstellerin sofort oder jedenfalls binnen weniger Tage zu beantworten. Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 8. 6. 2000 die Berechtigung der Mindestanforderungen aus Ziffer 12 der Vergabebekanntmachung in Frage stellt, ist diese Rüge verspätet. Da, die Mindestanforderungen mit der Veröffentlichung der Ausschreibung erkennbar waren, endete die Rügefrist nach §107 Absatz 3, Satz 2 GWB mit der Frist zur Abgabe der Bewerbung, hier am 22. 12. 1999. Ob der Fehler der Ausschreibung tatsächlich erkannt wurde, ist nach dem Wortlaut des Gesetzes unerheblich. Ausschlaggebend ist hier die Erkennbarkeit. Die weiteren Kritikpunkte des Schriftsatzes vom 8. 6. 2000 betreffen ausschließlich die Bewertung der Unterlagen, Referenzen und Präsentation der Antragstellerin, über die die Antragstellerin erst am 5. 6. 2000 im Rahmen der Akteneinsicht nähere Informationen bekommen hat. Eine Rüge war zu diesem Zeitpunkt wegen des bereits laufenden Nachprüfungsverfahrens nicht mehr erforderlich. Die Kritik an der Bewertung enthält keine bereits vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens erkennbaren Inhalte, so dass dieses Vorbringen nicht durch § 107 Absatz 3 GWB präkludiert ist. Dies gilt auch

12 für das Vorbringen der Antragstellerin, die in der Bewertung geforderten Nachweise zu den Leistungsphasen derHonorarordnung für Architekten (HOAI) seien nicht veröffentlicht gewesen. Das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 8. 6. 2000 ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht als verspätet ausser Betracht zu lassen. § 113 Absatz 2, Satz 2 GWB ermöglicht die Zurückweisung verspäteten Vortrages unter dem Gesichtspunkt der Beschleunigungspflicht auch der Beteiligten im Nachprüfungsverfahren. Um eine angemessene Reaktionszeit der Antragsgegnerin auf den angekündigten Schriftsatz der Antragstelllerin zu sichern, hatte die Vergabekammer über die nach Datum bestimmte Schriftsatzfrist hinaus zusätzlich eine Uhrzeit gesetzt, was in anderen Rechtsstreitigkeiten unüblich ist. Da diese Uhrzeit im wesentlichen eingehalten und damit der davon betroffene Arbeitstag der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Reaktionszeit noch weitgehend erhalten blieb, hat die Vergabekammer in der Verspätung von 30 Minuten keine Verzögerung des Verfahrens erkennen können, die den Ausschluß des Vorbringens gerechtfertigt hätte. Der Hinweis der Antragsgegnerin, die Kritik der fehlenden Darstellung der zusammenhängend nachzuweisenden Leistungsphasen der HOAI in der Vergabebekanntmachung sei verspätet, weil dieser Punkt für die Antragstellerin schon aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.5.2000 ersichtlich gewesen sei, führt nicht zu einem Ausschluß des Vorbringens. Die Beschleunigungspflicht der Beteiligten verlangt zwar, dass erkannte Sachverhalte und die damit verbundene Einschätzung möglicher Fehler im Vergabeverfahren unverzüglich vorgetragen werden. Dem Schriftsatz vom 8.6.2000 ging jedoch der bereits gestellte Antrag auf Akteneinsicht voraus, dem die Vergabekammer am 5.6.2000 entsprochen hat. In einem Schriftsatz sowohl das Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.5.2000 als auch die Ergebnisse der Akteneinsicht umfassend aufbereiten zu wollen, erscheint in dieser Phase des Schriftsatzaustausches der Beteiligten sachgerecht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist, eine Rüge - insbesondere zu den präkludierten Sachverhalten - nicht entbehrlich. Zwar kann, wie die Antragstellerin richtig feststellt, die Präsentation nicht nachgeholt werden. Darauf kommt es jedoch nicht an. Zum einen kann hier der Schaden für die Antragstellerin dadurch behoben werden, dass die Antragstellerin zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Dazu bedarf es keines neuen Präsentationstermins. Zum anderen führt ein im laufenden Verfahren vermeintlich. nicht mehr korrigierbarer Fehler nicht zur Entbehrlichkeit der Rüge, weil eine Vergabestelle je nach Qualität und Ausmass des Fehlers z.B. die Ausschreibung aufheben kann.

III. Der Antrag ist nicht begründet. Die Antragstellerin ist in ihrem Anspruch aus § 97 Absatz 7 GWB auf Einhaltung der Vergabevorschriften nicht verletzt. Nach § 10 Nummer 1 VOF wählt der Auftraggeber anhand der erteilten Auskünfte u. a. über die Eignung der Bewerber, die nicht nach § 11 VOF ausgeschlossen sind und die die Voraussetzungen der §§ 12, 13 VOF erfüllen, die Bewerber aus, die er zu Angebotsverhandlungen auffordert. Streitig ist hier die Eignung der Antragstellerin sowohl hinsichtlich des Verständnisses der Vergabebekanntmachung als auch hinsichtlich der vorgelegten Referenzen des Büros Und der ausführenden Personen zu dem durchzuführenden Projekt. Die hierzu getroffenen Bewertungen der

13 Vergabestelle waren Jedoch nicht zu beanstanden.

1. Verstoss gegen § 10 Nummer 3 VOF in Verbindung mit § 4 Nummern 1 und 2 VOF durch die Bekanntmachung Der Auftraggeber hat in der Bekanntmachung anzugeben, welche Nachweise über die fachliche Eignung zu erbringen sind. Dabei hat er alle Bewerber gleich zu behandeln. Die Gleichbehandlung aller Bewerber ist nur möglich, wenn die Bekanntmachung in ihrem Wortlaut eindeutig und für alle möglichen Bewerber gleichermaßen verständlich ist. Diese Anforderungen hat die Antragsgegnerin mit Punkt 4c der Bekanntmachung erfüllt. Danach hatte "der Bewerber in seinem Angebot den Namen und die berufliche Qualifikation der Personen anzugeben, die für die betreffende Dienstleistung verantwortlich sein wird". Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dies so verstanden zu haben, dass die Erfahrungen für das konkrete Planungsvorhaben nicht bei den für das Projekt verantwortlichen Führungskräften nachgewiesen werden müssten, sondern auch durch den in den Präsentationsunterlagen im einzelnen namentlich nicht mehr genannten Unterbau an Fachkräften sichergestellt werden könne. Wenn die Antragsgegnerin den Nachweis einschlägiger Planungserfahrung nunmehr bei den Projektleitungen erfordere, sei dies eine Abweichung von der Bekanntmachung. Diesem Vortrag kann nicht gefolgt werden. Zum einen hat die Antragstellerin in ihrem Bewerbungsschreiben vom 22. 12. 1999 an Antragsgegnerin geschrieben: " Für die Bearbeitung der Leistungen haben wir ein Team aus Ingenieuren zusammengestellt, von dem wir überzeugt sind, dass es eine einwandfreie Ingenieurleistung mit effizienter und zielorientierter Bearbeitung gewährleistet." Dieser Satz bringt zum Ausdruck, dass die Antragstellerin davon ausging, mit den in den Präsentationsunterlagen aufgeführten Personen und deren Erfahrungsnachweisen das Anforderungsprofil der Ausschreibung bedient zu haben. Da die Antragstellerin dieses Verständnis durch ihren späteren Vortrag in Abrede gestellt hat, hat die Vergabekammer die Angebotsunterlagen der Mitbewerber, die zum Verhandlungsverfahren aufgefordert sind, und stichprobenartig auch die Angebotsunterlagen der ausgeschiedenen Bewerber zu diesem Punkt gesichtet, um zu klären, ob es ein unterschiedliches Verständnis zu diesem Punkt der Vergabebekanntmachung bei den branchenkundigen Bewerbern gegeben hat. Alle gesichteten Bewerbungsunterlagen weisen übereinstimmend das Verständnis aus, dass die Personen aufzuführen waren, die über die erforderlichen projektbezogenen Referenzen verfügen. In der Regel waren diese Personen identisch mit den projektleitenden Personen. Die erste Formulierung der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 22. 12. 1999 lässt ebenfalls keine Deutung eines grundlegend anderen Verständnisses zu. Eine grundsätzliche Missverständlichkeit der Formulierung, die lediglich grammatikalisch falsch ist ( richtig wäre: die Personen, die verantwortlich sein werden) ist daher nicht erkennbar.

2. Verstoss gegen § 4 Nummer 1 und 2 VOF durch das Bewertungsverfahren Die Bewertung der Antragstellerin als nicht geeignet aufgrund der Auswertung der vorgelegten Bewerbungsunterlagen verstösst nicht gegen die Gebote der Gleichbehandlung und der Vergabe im leistungsorientierten Wettbewerb. Die Antragstellerin hat vorgetragen, im Präsentationstermin den mit einschlägigen Planungsaufgaben erfahrenen Mitarbeiter XXX 3 ergänzend als für das Projekt verantwortlich eingebracht zu haben. Derartige Personalergänzungen müssten bis zum Beginn des Verhandlungsverfahrens noch möglich

14 sein, insbesondere, da hier zwischen,Angebotsabgabe und Präsentation ein Zeitraum von mehreren Monaten liege und Personalfluktuation immer möglich sei. Die Erfahrung von Herrn XXX 3 sei daher zu berücksichtigen. Basis der Gleichbehandlung im Vergabeverfahren ist, dass für alle Bewerber die gleichen Bedingungen gelten. Dies gilt sowohl für den Zeitraum, der für die Erstellung der Bewerbung zur Verfügung steht als auch für die Einheitlichkeit der Bewertung. Entscheidend für die Beurteilung der Gleichbehandlung ist daher der Zeitpunkt, zu dem alle die Eignung betreffenden Informationen abschließend bei der Vergabestelle vorliegen müssen. Dabei ist die Eignung abschließend in, Auswahlverfahren zu bewerten, da nur geeignete Bewerber zu den Verhandlungen zugelassen werden dürfen. § 10 Nummer 1 VOF lässt nur den Schluß zu, dass alle notwendigen Feststellungen zur Frage der Eignung getroffen sein müssen, da sich nach der Erfüllung der Anforderungen aus der Ausschreibung die Auswahl der Bewerber richtet, die zur, Abgabe eines Angebotes aufzufordern sind. Hier waren die Bewerbungen am 22. 12.1999 abzugeben. Damit war der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Bekanntmachung und dem 22.12.1999 der allen Interessierten gleichermaßen zur Verfügung stehende Zeitraum für die bürointernen Planungen und Überlegungen zur eigenen Präsentation, Auswahl der Referenzobjekte und verantwortlichen Personen zur möglichst optimalen Erfüllung des Anforderungsprofils. Gerade der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass diese Frist eingehalten und keine Sonderkonditionen für einzelne Bewerber zugelassen werden. Die Möglichkeit, nach dem Abgabetermin für die Bewerbungsunterlagen weitere, die Qualifikation des Unternehmens oder der verantwortlichen Personen betreffende Unterlagen oder Informationen in den Bewertungsvorgang einzuspeisen, würde gerade eröffnen, beliebig nach dem Stand der jeweiligen Erfolgsaussichten nachzubessern und so den Wettbewerb zu verzerren. Eine gleichmäßige Bewertung der Bewerbungen wäre nicht mehr möglich. Eine zu den Fragen der Eignung bis in die Vertragsverhandlungen hinein offene Gestaltungsmöglichkeit widerspräche auch dem Ziel der Ausschreibung, für den Auftraggeber die jeweils beste verfügbare Leistung zu erhalten. Den Bietern wäre ermöglicht, ihre Bewerbung erst mit einem Angebot einfacher oder mittlerer Qualität ins Rennen zu schicken und nur bei Bedarf ihre Bestleistung nachzuschieben. Ein leistungsorientierter Wettbewerb wäre nicht mehr gegeben. Die Bewertungsmaßstäbe sind einheitlich angewendet worden. Zur Bewertung der Bewerbungen zu den einzelnen Planungslosen hat die Antragsgegnerin Kriterien und Maßstäbe entwickelt, die nachvollziehbar sind und bei konsequenter Anwendung die ausschlaggebenden Qualitätskriterien aus den Bewerbungen zu erfassen geeignet sind. Dabei wurden bestimmte Anforderungen aus der Ausschreibung mit unterschiedlichen Prozentzahlen belegt und es als Ausschlusskriterium bewertet, wenn keine der für das Projekt als verantwortlich genannten Personen die in Nr. 12 der Bekanntmachung geforderte Projekterfahrung nachweisen konnte. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung wurde die einheitliche Anwendung dieser Kriterien im Vorfeld der Auswertung durch Besprechungen mit den konkreten Prüfpersonen zur "Sicherung eines einheitlichen Verständnisses gewährleistet. Zusätzlich wurden Stichproben bei den einzelnen Auswertungen und die Abschlusskontrolle für die Auswertung aller Bewerbungen durch einen Mitarbeiter der Stadtbahnplanung und sichergestellt. Die Überprüfung sowohl der dokumentierten Auswertung im Vergabevorgang als auch die stichprobenartige Kontrollprüfung einzelner Bewerbungen durch die Vergabekammer hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die der Bewertung zugrundeliegenden Kriterien nicht einheitlich angewendet wurden. Die Dokumentation der geänderten Bewertung der Bewerbung der Antragstellerin im Vergabevorgang und die diesbezügliche Überprüfung der Bewerbungsunterlagen der Antragstellerin durch die Vergabekammer haben keinen Hinweis auf eine Änderung des Maßstabes im laufenden Verfahren ergeben. Dieser Vorwurf ist von der Antragstellerin auch nicht erhoben worden. Sie ist vielmehr der

15 Ansicht, dass eine erneute Überprüfung der ersten beiden Einschätzungen nicht mehr hätte stattfinden dürfen und dass insoweit der Präsentationstermin zu unrecht zu ihrem Nachteil gewertet worden sei. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Antragsgegnerin zur Zeit der erneuten Überprüfung der Bewerbung der Antragstellerin noch in der Phase ihrer internen Bewertung und Meinungsbildung befand. Die Antragstellerin hat von den ersten Einschätzungen nicht durch eine - unter Umständen einen Vertrauenstatbestand schaffende - Information der Antragsgegnerin erfahren, sondern durch die Akteneinsicht. Einer Vergabestelle ist zuzugestehen, dass sie bis zum Abschluß der Bewertung alle ihr im Rahmen des Verfahrens gegebenen Erkenntnismöglichkeiten nutzt, soweit diese Möglichkeiten für alle Bewerber gleich zur Anwendung kommen. Dazu gehört auch, bei Zweifeln über die richtige Erfassung der Inhalte der Bewerbungsunterlagen die Bewerbungsunterlagen erneut zu sichten. Wie oft und aufgrund welcher Impulse die Vergabestelle die einzelnen Bewerbungsunterlagen sichtet, liegt allein in ihrer Entscheidung. Für die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens ist allein von Bedeutung, dass die wiederholten Durchsichten nicht zu einer Veränderung des Bewertungsmaßstabes und der Bewertungskriterien führen. Für eine Änderung des Bewertungsmaßstabes gab es, wie oben dargestellt, keine Anhaltspunkte. Selbst wenn man davon ausgeht, dass innerhalb des Wertungsvorganges bei der Vergabestelle jede erkennbar abgeschlossene Wertungsphase einen höheren Vertrauensschutz für den Bieter erzeugt, auch wenn er von den Zwischenergebnissen. jeweils nichts erfährt und es der Vergabestelle deshalb verwehrt ist, ein Angebot /eine Bewerbung nachträglich wieder herabzustufen, so ändert dies am Ergebnis nichts. Vorliegend betrachtete die Vergabestelle die Präsentation nicht als eigenständige Wertungsstufe, sondern als Möglichkeit, die bislang nur in Papierform vorliegenden Angaben der Unternehmen durch die persönliche, mündliche Darstellung zu verifizieren. Der Termin diente geradezu der Überprüfung, ob eine nach der Papierform vorliegende besondere Geeignetheit sich auch im lebendigen Vortrag erweisen würde. Im Falle der Antragstellerin trat eine Diskrepanz zutage. Ihre nachfolgende Nichtberücksichtigung bei der Aufforderung zum Angebot stellt somit keine Herabstufung dar, da die Vergabestelle den Unternehmen vor der Präsentation noch keine gesicherte Wertungsposition hinsichtlich der Geeignetheit zuerkannt hatte. Sie wollte gerade dies einer letzten Überprüfung unterziehen. 3. Verstoß gegen § 4 Nummer 2 VOF in Verbindung mit § 13 VOF durch den Bewertungsmaßstab Die Anforderungen der Antragsgegnerin sind nicht in diskriminierender Weise überzogen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz enthält zugleich das Verbot der Diskriminierung von möglichen Wettbewerbern durch unangemessene oder überzogene Anforderungen. Dabei grenzt § 13 VOF sowohl in, Nummer 1 als auch in Nummer 2, Satz 1 den Spielraum der Vergabestelle darauf ein, dass die geforderten Eignungsnachweise sich auf die auszuführende Dienstleistung beziehen muss. Die Antragstellerin wendet sich dagegen, dass ihr Ausscheiden aus dem weiteren Verfahren mit dem fehlenden Nachweis einschlägiger Erfahrungen der für die auszuführenden Dienstleistungen genannten Projektleiter begründet wird. Sie ist der Auffassung, dass das gesamte firmeninterne know-how berücksichtigt werden müsse, da der für das Projekt benannte Mitarbeiterstamm sich durch Fluktuation innerhalb der Projektbearbeitungsphase verändern könne. Im übrigen sei die einschlägige Erfahrung bei den Projektleitern entbehrlich, wenn diese durch den personellen Unterbau gewährleistet werden könne. Im übrigen habe sie durch die Referenzobjekte hinreichend Erfahrung mit Großprojekten nachgewiesen, die die Eignung sowohl des Büros insgesamt als auch der benannten Ingenieure belegten. Die weitergehende Forderung der Antragsgegnerin sei überzogen. Die Antragsgegnerin hat in der Bekanntmachung zum Ausdruck gebracht, dass sie die Eignungsnachweise für die an der Durchführung des Projektes verantwortlich mitarbeitenden Personen

16 erwartet. Dies sind nach übereinstimmendem Verständnis der Beteiligten die Projektleitungskräfte. Da die Antragsgegnerin über die Eignungsnachweise erkennen muß, ob die für das Projekt eingeplanten Personen die nötige Eignung mitbringen, kann sich die Darstellung der im Anforderungsprofil geforderten Qualifikationen oder Erfahrungen nur, auf die Personen beziehen, die der Vergabestelle zur Mitarbeit an der ausgeschriebenen Dienstleistung benannt werden. Ein Hinweis auf die über das Gesamtpersonal des Büros zur Verfügung stehenden Erfahrungen ohne nähere Benennung konkreter Personen und ihrer Erfahrungen ist für die Vergabestelle nicht prüfbar und somit im Wettbewerb nicht handhabbar. Insbesondere hat die Vergabestelle keinerlei Gewähr dafür, dass in einer Firma insgesamt vorhandenes know-how auch für das von ihr ausgeschriebene Projekt zur Verfügung steht. Die Antragsgegnerin hat sich hier in der erneuten Prüfung der Bewerbungsunterlagen jedoch auch mit der Qualifikation des Personals auseinandergesetzt, das an den Referenzobjekten mitgearbeitet hat und nach Überprüfung der Objekte und Personen festgestellt, dass der planerische Schwerpunkt der Antragstellerin oberirdisch liegt. Soweit unterirdischer Stadtbahnbau benannt wurde, waren die hierfür eingesetzten Personen nicht für die Bearbeitung des Projektes der Antragsgegnerin benannt worden. Die Berechtigung der Antragsgegnerin, aufschlussreiche Informationen zur Eignung der Personen zu bekommen, die an ihrem Projekt mitarbeiten sollen, wird durch die Möglichkeit späterer Personalfluktuation nicht berührt. Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens muss die Vergabestelle ihre Auswertung auf verlässliche prüffähige Angaben stützen können, um im Rahmen der Gleichbehandlung die Bewerbungen sachgerecht prüfen zu können. Nach Vertragsschluss obliegt es der Vertragspartnerin, für die dauerhafte Verfügbarkeit angebotsgemässen Sachverstandes zu sorgen, so dass bei Personalfluktuation unverzüglich gleichwertiger Ersatz zu schaffen ist. Dies kann durch Vertragsgestaltung auch als strafbewehrte Pflicht festgeschrieben werden, so dass die angebotenen Konditionen nach Abschluss des Verhandlungsverfahrens gegen Qualitätsverlust durch Fluktuation gesichert werden können. Mit dem Hinweis auf mögliche Fluktuation bereits im Bewerbungsverfahren den Nachweis der Qualifikationen oder Erfahrungen im unklaren zu lassen, würde jedoch zu einer für die Vergabestelle nicht kalkulierbaren Lage hinsichtlich der für das Projekt verfügbaren Erfahrungen führen. Die Antragsgegnerin ist in der Anforderung von Eignungsnachweisen nicht durch § 23 Nummer 2 VOF beschränkt. § 23 Nummer 2 VOF vereinfacht den Nachweis der Berufsqualifikation für Ingenieure und korrespondiert mit § 13 Nummer 2a VOF. Damit wird aber der weitere Eignungsnachweis über spezifische Erfahrungen der für die Projektbearbeitung verantwortlichen Personen nicht beschränkt ( Müller-Wrede, Kommentar zur VOF,1999, § 1-3, Rdnr. 21) . Im Hinblick auf die Notwendigkeit, alle Aspekte der Eignung als Basis der Auswahlentscheidung abschließend würdigen zu müssen, wäre die Beschränkung der Eignungsnachweise auf den Nachweis der Berufszulassung nicht sachgerecht, da diese keinen Aufschluss über die tatsächliche Berufserfahrung gibt. Die Anforderung der Eignungsnachweise für die zur Durchführung des Projektes benannten Personen ohne Berücksichtigung der weiteren in diesem Büro beschäftigten Fachkräfte ist keine die Antragstellerin unvorhersehbar treffende und damit diskriminierende Anforderung. Zum einen war das Anforderungsprofil in der Bekanntmachung beschrieben worden und - wie oben dargestellt unmissverständlich. Zum anderen legte das Anschreiben der Antragstellerin zu ihren Bewerbungsunterlagen vom 22. 12. 1999 durch die bereits unter II.1. zitierte Passage für die Antragsgegnerin die Deutung nahe, dass die benannten Personen das zur Erfüllung der Dienstleistung angebotene know-how repräsentieren. Hinweise auf weitere verfügbare Personen sind nicht enthalten. Zudem hat die Antragstellerin in ihren Bewerbungsunterlagen unter Kapitel 1 , Seite 3 ausgeführt: "....... Neben der technischen Infrastruktur spielt u.E. das Vorhandensein der richtigen "Personalressource" eine übergeordnete Rolle. Auf Grund der vielschichtigen und interdisziplinär in unserem Haus bearbeiteten Projekte verfügen wir über dieses erforderliche Personal zur Umsetzung der anstehenden Aufgaben (Lebensläufe siehe Kapitel 5.3.3)."

17 Auch diese Formulierung mit dem Klammerhinweis lässt nur den Schluss zu, dass bei Abgabe der Bewerbungsunterlagen die Personalplanung der Antragstellerin für das ausgeschriebene Projekt abgeschlossen war und dass die in Kapitel 5.3.3 benannten Personen zum Einsatz kommen sollten. Wenn die Antragstellerin, die ihren Nachprüfungsantrag anfangs schwerpunktmässig mit den Unterbrechungen im Präsentationstermin begründete, nach der durch Akteneinsicht gewonnenen Erkenntnis, dass die nachgewiesenen spezifischen Erfahrungen der projektverantwortlichen Personen als nicht ausreichend erachtet wurden, nunmehr vorträgt, dass über die benannten Personen hinaus ihr der Sachverstand weiterer Mitarbeiter zugute gehalten werden müsse, so ist diese Überlegung der Antragstellerin, wenn sie tatsächlich von Anfang an bestand, jedenfalls aus den begleitenden Schreiben zu den Bewerbungsunterlagen nicht zu entnehmen gewesen. Die Bewerbungsunterlagen legen vielmehr den Schluss nahe, dass die Antragstellerin die Anforderungen der Antragsgegnerin richtig verstanden und nicht erst durch die Einsichtnahme in den Vergabevorgang von der Anforderung überraschend erfahren hat. Die Diskrepanz zwischen der Bewerbung der Antragstellerin und der Entscheidung der Antragsgegnerin ergibt sich offensichtlich daraus, dass die Antragstellerin und die Antragsgegnerindie vorgelegten Erfahrungen unterschiedlich einschätzen. Die Antragstellerin hat Referenzen und die entsprechenden Erfahrungen der vorgesehenen projektverantwortlichen Personen aus einer Vielzahl von anspruchsvollen Großprojekten vorgelegt und geht davon aus, dass die fachliche und organisatorische Bewältigung dieser Projekte sie und ihre Referenzpersonen auch für das ausgeschriebene Projekt qualifiziert. Die benannten Referenzen beziehen sich jedoch überwiegend auf Oberflächenbauten oder nicht vergleichbare Tunnelbauten. Die hier zu vergebende Aufgabe ist aufgrund der Lage der zu beplanenden Strecke mit besonderen Risikofaktoren behaftet, die in dieser Weise bei den Referenzprojekten der Antragstellerin nicht vorhanden sind. Im Hinblick auf die vorhersehbar katastrophalen Folgen der Realisierung eines dieser Risiken durch einen Planungsfehler (z.B. eines Erdeinbruchs in der Innenstadt oder unter den Gleisanlagen) ist die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass die Ingenieurleistungen nicht ohne weiteres austauschbar und vergleichbar sind, im Rahmen des Bewertungsspielraumes der Antragsgegnerin hinzunehmen. Zum einen ist diese Einschätzung sachlich berechtigt und wurde so auf alle Bewerbungen angewendet. Zum anderen ist zu berücksichtigen, das bei Realisierung des Gefahrenpotenzials die Antragsgegnerin politisch und die handelnden Personen zivilrechtlich und strafrechtlich verantwortlich sind, wenn bei der Auswahl des planenden Unternehmens nicht alle gebotene Sorgfalt angewendet wurde. Das von der Antragsgegnerin als vergleichbar anerkannte Referenzobjekt Linie 66 wird ausweislich der vorgelegten Unterlagen erst 2001 fertig. Unabhängig davon wurde in den Bewerbungsunterlagen kein Mitarbeiter als verantwortlich benannt, der an diesem Projekt mitarbeitet und die konkret einschlägigen Erfahrungen vorweisen kann.

4. Verstoß gegen § 10 Nummer 3 VOF durch die Nichtbenennung der Leistungsphasen der HOAI in der Bekanntmachung Die Antragstellerin rügt die Anforderung, Erfahrungen mit allen Leistungsphasen der HOAI nachweisen zu müssen, da dies aus der Bekanntmachung nicht ersichtlich gewesen sei. Die Ausschreibung beschreibt jedoch ohne Benennung der Nummern alle Leistungsphasen der HOAI durch den Umfang der ausgeschriebenen Dienstleistung. Da die Ausschreibung sich an einen fachlich versierten Wettbewerberkreis richtet, ist diese Art der Darstellung ausreichend eindeutig und unmissverständlich. Das zusätzliche Zitat der jeweiligen Nummer der Leistungsphasen ist nicht erforderlich.

18 Die Anforderung von Erfahrungen mit allen ausgeschriebenen Leistungsphasen der HOAI soll der Antragsgegnerin ermöglichen, die Planung des gesamten Projektes in eine Hand zugeben. Dazu ist die Erfahrung mit allen Leistungsphasen der HOAI erforderlich. Diese müssen jedoch im Gegensatz zur Auffassung der Antragsgegnerin nicht alle in einem Projekt erworben sein oder von einer Person erbracht werden können. Es reicht aus, wenn die entsprechenden Erfahrungen über die für das Projekt als verantwortlich benannten Personen sichergestellt werden können. Die Nachprüfung der Bewerbungsunterlagen durch die Antragsgegnerin hat ergeben, dass Erfahrungen schwerpunktmäßig im Bereich der Leistungsphasen 3 und 4 nachgewiesen wurden und dass weder für den Bereich Verkehrsanlagenplanung noch für den Bereich Ingenieurbauwerke alle Leistungsphasen abgedeckt werden können. Die Personen, die am streitigen Projekt mitarbeiten sollen, bieten auch bei kombinierter Betrachtung ausweislich der vorliegenden Bewerbungsunterlagen die Erfahrung mit allen Leistungsphasen für die genannten Planungsbereiche nicht.

5. Verstoss gegen § 17 Nummer 4 VOF durch Nichterteilung der beantragten Auskünfte Ein Verstoss gegen § 17 Nummer 4 VOF ist nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat das Schreiben der Antragstellerin beantwortet und darin die Gründe mitgeteilt, die zum Ausscheiden der Antragstellerin führten. Soweit die Antragstellerin Auskünfte über andere Bieter verlangte, standen ihr diese in dem von ihr eingeforderten Umfang nicht zu. Eine Mitteilung des erfolgreichen Bieters und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes lagen in dieser Phase des Verfahrens noch nicht vor.

6. Weitere Vergaberechtsverstöße Die Vergabekammer hat gemäß § 114 Absatz 1 Satz 2 GWB das Vergabeverfahren insgesamt daraufhin überprüft, ob schwerwiegende Fehler vorliegen, die zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Verfahrens beseitigt werden müssten. Solche Vergaberechtsverstösse liegen nicht vor. Die Mindestanforderungen in Ziffer 12 der Vergabebekanntmachung sind nicht unverhältnismäßig und wettbewerbsverzerrend und verletzen auch nicht den Rahmen des § 13 VOF. Die ausgeschriebene Streckenführung der zu planenden U-BahnLinie ist durch ihre Innenstadtlage unter mit Wohn- und Geschäftshäusern sowie Strassen und großflächigen Bahnhofsgleisanlagen bebautem Gebiet mit besonders gelagerten technischen Fragen behaftet. Die zu planenden Arbeiten bergen ganz besondere Risiken, die sich bei Planungsfehlern oder Fehlern aus mangelnder Erfahrung und Voraussicht in Gefahren und Unfällen realisieren können, deren Auswirkungen im Hinblick auf die zu erwartenden Schäden für Menschen und Sachen weit über das übliche Schadensmaß bei Baustellenunfällen hinausgehen werden. Zur Absicherung dieser besonderen Risiken sind die geforderten Erfahrungen mit den vorhersehbaren Problemstellungen der zu erfüllenden Aufgabe berechtigt. Die Anforderungen sind auch nicht so hoch oder so speziell, dass sie einen Wettbewerb ausschließen und vorhersehbar nur ein kleiner Teil der Branche zum Zuge kommen kann. Zum einen gab es eine relativ große Zahl an Bewerbungen, von denen mehr als die Mindestzahl 3 zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden. Zum anderen war der Nachweis der einschlägigen Erfahrungen nicht nur durch U-Bahn-Projekte im Rheinland möglich, so dass auch in anderen Flußlandschaften, oder in anderen vergleichbaren Böden erworbene Erfahrungen eingebracht werden konnten, so dass auch keine regionale Beschränkung vorlag. § 13 VOF zählt zwar die Eignungsnachweise abschließend auf, lässt aber den Nachweis

19 einschlägiger personenbezogener Erfahrungen in Nummer 2 lit. a gerade zu. Weitere zu überprüfende Anhaltspunkte waren nicht ersichtlich.

IV. Beachtlichkeit des mit dem Schriftsatz vom 9. 6. 2000 vorgelegten Gutachtens des Herrn XXX 4 Das oben genannte Gutachten ist bei der Entscheidung der Vergabekammer ausser Betracht geblieben. Unabhängig von den Fragen, ob der Vortrag als verspätet zu werten gewesen wäre und welchen Beweiswert ein Parteiengutachten hat, fehlt es hier schon offensichtlich an der Neutralität der Person des Gutachters. Ausweislich der Bewerbungsunterlagen der Antragstellerin, Kapitel 1, Seite 3 hat die Antragstellerin eine Vorvereinbarung mit dem Gutachter getroffen für den Fall, dass die Antragstellerin den Auftrag erhält. Nach der Darstellung in den Bewerbungsunterlagen ist beabsichtigt, im Falle der Auftragserteilung die Person des Gutachters u.a. als "besonderen Kenner der Verwaltungsaktivitäten(Finanzierung, Baurecht,etc.)" einzusetzen. Unter diesen Voraussetzungen ist davon auszugehen, dass der Gutachter ein in der eigenen Person liegendes Interesse an der Auftragsgewinnung für die Antragstellerin hat, da sich daran ein Auftrag für ihn selbst anschließt. Das Gutachten war daher wegen der eigenen Betroffenheit des Gutachters ohne Aussagekraft.

V.

Umfang der Akteneinsicht Mit dem Umfang der gewährten Akteneinsicht ist die Vergabekammer weder dem Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang gefolgt noch hat sie die Einschränkungen der Antragsgegnerin in vollem Umfang gelten lassen. Sie hat weder Einsicht in die nicht anonymisierte Verfahrensakte noch in die Präsentationen und Angebotsunterlagen gewährt noch hat sie die Auswertungen und Protokolle nach Anonymisierung für geheimhaltungsbedürftig erachtet. Der Anspruch auf Akteneinsicht besteht gemäß § 111 Absatz 1 GWB unbeschränkt als notwendige Voraussetzung der Gewährung rechtlichen Gehörs, soweit nicht die Gründe des § 111 Absatz 2 GWB entgegenstehen. Ein wichtiger Grund für die Versagung der Einsicht in bestimmte Akteninhalte ist die Sicherung des Geheimwettbewerbes. Dazu gehört, dass im laufenden Verfahreden Konkurrenten keine Informationen über die Angebote anderer Bieter zu erteilen sind. Hier war Ziel des Antrages, noch in das Verhandlungsverfahren aufgenommen zu werden. Wenn dies erfolgreich gewesen wäre, hätte die Kenntnis der Angebote der anderen Bewerber für die Antragstellerin einen wettbewerbswidrigen Vorteil gebracht, der den Grundsätzen der Chancengleichheit im Wettbewerb zuwidergelaufen wäre. Die Einsicht in die Angebotsakten war damit zu versagen. Im Rahmen des Verfahrens nach VOF sind jedoch auch die Präsentationsunterlagen ein Teil der Konkurrenz. Sie geben Aufschluss über die Präsentationsstrategien der Mitbewerber und deren fachliche und betriebliche Qualitätssschwerpunkte, die zu überbieten sind. Sie gewähren zudem einen Informationsvorsprung für weitere

20 Konkurrenzsituationen in Wettbewerben, der die Chancengleichheit aus dem Gleichgewicht bringt. Die Einsicht in die Präsentationsunterlagen der anderen Bieter war aus diesem Grund ebenfalls zu versagen. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsgegnerin waren die Auswertungen und Protokolle jedoch zugänglich zu machen, nachdem die Identität der Mitbewerber durch Schwärzungen unkenntlich gemacht worden war. Die Schwärzungen bezogen sich auch auf alle Daten zu dem Umsätzen und teilweise auf die genannten Referenzobjekte, um Rückschlüsse auf die Identität der Mitbewerber zu erschweren. Ganz auszuschließen waren die Rückschlüsse im Hinblick auf die informellen und personellen Verflechtungen in der Branche nicht. Letzteres rechtfertigte jedoch nicht, die Auswertungen und Protokolle der Akteneinsicht zu entziehen. Die Antragstellerin hat massive Zweifel an der Sachgerechtigkeit der Bewertung ihrer Bewerbung und der rechtmäßigen Behandlung ihrer Präsentation geäußert. Die Einsicht in die zu diesen streitgegenständlichen Punkten erstellten Verfahrensunterlagen war ohne erhebliche entgegenstehenden Gründe nicht zu versagen. Solche Gründe waren hier nicht ersichtlich. Die Möglichkeit, aus bestimmten Daten der Akteneinsicht Rückschlüsse zu ziehen, u.U. auch auf Konkurrenten, ist der Akteneinsicht immanent. Sie kann durch Art und Ausmass der Anonymisierung minimiert, aber in der Regel nicht völlig ausgeschlossen werden. Dieses immer verbleibende "Restrisiko' rechtfertigt nicht die regelmäßige Beschneidung des Akteneinsichtsrechts, dem als Element der Gewährung rechtlichen Gehörs ein hoher Stellenwert beizumessen ist. Die Antragstellerin konnte nur durch die Akteneinsicht Informationen über den internen Vorgang der Bewertung der Bewerbungen erlangen, die sie zur Begründung ihres weiteren Vortrages brauchte. Die Rechtsverteidigung wegen eines regelmäßig bestehenden Lebenssachverhaltes zu erschweren, ist mit dem Grundsatz der Transparenz des Vergabe- und des Nachprüfungsverfahrens nicht vereinbar. Andererseits hatte die Antragstellerin keinen Anspruch auf Einsicht in die nicht anonymisierten Auswertungen und Protokolle, weil sie damit wiederum im konkreten Verfahren und darüber hinaus Informationen über ihr typisches Konkurrentenfeld bekommen hätte, die mit dem Geheimwettbewerb nicht vereinbar sind und die möglicherweise die Qualität von Betriebsgeheimnissen haben. Die Rechtsverteidigung wird durch die Anonymisierung auch nicht erschwert, da die Frage der Gleichbehandlung in der Bewertung unabhängig von der Identität der Mitbewerber an der Anwendung gleicher Kriterien und Maßstäbe zu messen ist.

VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Absatz 3 Satz 1 GWB. Die Feststellung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung von Bevollmächtigten im Verfahren beruht auf § 128 Absatz 4 Satz 3 GWB in Verbindung mit § 80 Absatz 2 VwVfG. Dabei war zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin zu differenzieren. Die Antragstellerin hat ihren Tätigkeitsschwerpunkt im technischen Bereich und ist ausser mit den praktischen Fragen in Vergabeverfahren wie der Bearbeitung von Leistungsverzeichnissen mit den rechtlichen Modalitäten im Hinblick auf rechtsförmliche Verfahren, Rechtsprechung und vergaberechtliche Besonderheiten nicht im Tagesgeschäft befasst. Ihr war daher die Einholung externen juristischen Rates als notwendig zuzugestehen. Dies gilt nicht gleichermaßen für die Antragsgegnerin. Die Gestaltung und Abwicklung von Vergabeverfahren, auch oberhalb der Schwellenwerte, unter Anwendung der hierzu erforderlichen Rechtsregelungen gehören im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung zum Aufgabenspektrum der Antragsgegnerin. Sie kann als grosse kommunale Gebietskörperschaft auf ihr internes Rechtsamt zurückgreifen, das im Verfahren zumindest in der mündlichen Verhandlung, auch vertreten war. Zur

21 Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass es der Vergabestelle freisteht, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Die hier getroffene Entscheidung hat lediglich die Auswirkung, dass die damit verursachten Kosten nicht von der Antragstellerin zu tragen sind. Die Entscheidung über die Kostenerstattung Rechtsverfolgung beruht auf § 128 Absatz 4 Satz 1 GWB. Die Höhe der festgesetzten Gebühren richtet sich nach § 128 Absatz 2 GWB. Zur Staffelung der möglichen Steigerung der Mindestgebühr im Hinblick auf den konkreten Auftragswert hat die Vergabekammer des Bundes eine Tabelle entwickelt, an der sich die Vergabekammer orientiert. Diese sieht bei Auftragswerten zwischen 10 und 20 Mio. DM eine Basisgebühr der hier ausgesprochenen Höhe vor. Unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin am Auftrag und dem Aufwand der Vergabekammer bestehen keine Besonderheiten, die ein Abweichen von der Basisgebühr nach oben oder nach unter gebieten würden.

VII. Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist binnen einer Notfrist von 2 (zwei) Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt, schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt. Sie muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gi1t nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist. Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vor der Vergabekammer vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten.

Reider

Hein

Bork-Galle