EU-Krisenmanagement im Finanzsektor Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten

Newsletter EU-Krisenmanagement FINANCIAL SERVICES Juli 2012 EU-Krisenmanagement im Finanzsektor – Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten Entw...
Author: Fanny Fiedler
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Newsletter EU-Krisenmanagement FINANCIAL SERVICES

Juli 2012

EU-Krisenmanagement im Finanzsektor – Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten Entwurf einer europäischen Richtlinie für Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Bankenrettungen Executive Summary

Inhalt

Am 6. Juni 2012 hat die EU-Kommission den lang erwarteten Richtlinien-Entwurf zu einem „Framework for the recovery and resolution of credit institutions and investment firms“ vorgelegt. Die Vorschläge zur Neuordnung des Krisenmanagements im Finanzsektor sollen für alle betroffenen Finanzmarktakteure europaweit einheitliche Regularien und Wettbewerbsbedingungen schaffen. Ziel der Richtlinie ist erstens die Verhinderung eines Ausfalls von Instituten durch frühzeitige Einleitung von Sanierungsmaßnahmen. Zweitens stellt sie Instrumente bereit, um in Bedrängnis geratene Institute ohne Ansteckungsgefahr für andere abzuwickeln. Drittens sollen die Finanzmarktakteure für die Kosten künftiger Krisenfälle im Rahmen eines Abwicklungsfonds selbst aufkommen.

Executive Summary Seite 1 Anforderungen der EU-Richtlinie Seite 2

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Sanierungspläne für Institute und Gruppen

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Abwicklungspläne für Institute und Gruppen

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Abwicklungsinstrumente und -befugnisse

Anders als die bereits im angelsächsischen Raum unter dem Begriff „Living Wills“ bestehenden Regelungen bezieht sich der Richtlinienentwurf keineswegs ausschließlich auf systemrelevante Institute. Er soll für denselben Anwenderkreis wie die Capital Requirements Directive (CRD) gelten und ist damit auf alle Institute anwendbar – unabhängig vom Kriterium der Systemrelevanz.

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Komplexität der Erstellung und Aktualisierung von Plänen

Der Richtlinienentwurf sieht drei Phasen mit unterschiedlichen Aktivitäten vor:

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Verknüpfung von Stress- und Szenarioanalysen mit Sanierungsoptionen

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Auswirkungen der „Bail-in“Instrumente

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Höherer Abstimmungsaufwand für multinational agierende Institute

• Im Rahmen der Prävention haben Institute Sanierungspläne auf Instituts- und

Gruppenebene zu erstellen sowie gruppeninterne Unterstützungsmaßnahmen einzurichten. Die für die Abwicklung von Banken zuständigen Behörden erarbeiten parallel instituts- und gruppenspezifische Abwicklungspläne, für den Fall, dass ein frühzeitiges Eingreifen die Insolvenz nicht mehr abwenden kann.

Konsequenzen und Handlungsbedarfe Seite 5

• Bei sich abzeichnenden Problemen wird die Frühintervention durch die

Aufsicht sichergestellt, die u.a. den Einsatz eines Sonderverwalters vorsieht, falls vom Institut angestoßene Aktivitäten nicht greifen. • Bei Insolvenz hat die Aufsicht unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen

der Abwicklung die Möglichkeit, das Institut entweder zu restrukturieren oder zu liquidieren. Hierzu stehen Abwicklungsbefugnisse und besondere Instrumente wie die Unternehmensveräußerung, das Brückeninstitut und die Ausgliederung von Vermögenswerten zur Verfügung. Hinzukommen im vorgelegten Entwurf „Bail-in“-Instrumente, mittels derer unbesicherte und nachrangige Verbindlichkeiten gekürzt bzw. in Eigenkapital gewandelt werden können. Die Richtlinie tritt nach Verabschiedung durch das EU-Parlament wahrscheinlich Mitte 2013 in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben anschließend 18 Monate Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu überführen und ab Anfang 2015 anzuwenden.

© 2012 KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eine Konzerngesellschaft der KPMG Europe LLP und Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KPMG International Cooperative („KPMG International“), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Rechte vorbehalten. Der Name KPMG, das Logo und „cutting through complexity“ sind eingetragene Markenzeichen von KPMG International Cooperative.

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Die European Banking Authority EBA wird ab Mitte 2014 Konkretisierungen für die Umsetzung der Richtlinie in Form von technischen Standards und Leitlinien vorlegen. Für die Umsetzung der Vorgaben zu den „Bail-in“-Instrumenten ist eine Frist bis Ende 2017 vorgesehen. Der Zeitplan der Richtlinie weicht damit von den Vorgaben des Financial Stability Board FSB für global-systemrelevante Institute ab, die bis Ende 2012 entsprechende Sanierungs- und Abwicklungspläne vorzulegen haben. Für diese Institute ist davon auszugehen, dass eine Überarbeitung bereits erstellter Pläne erforderlich wird – zumindest für die Aspekte, in denen die Richtlinie von den Vorgaben des FSB abweicht. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass international agierende Institute im Rahmen der Erstellung von Sanierungsplänen und der Bereitstellung von Informationen für Abwicklungspläne eine Reihe von nationalen Besonderheiten zu beachten haben, die sich aus Wahlrechten und Ausgestaltungsmöglichkeiten der nationalen Aufsichtsbehörden ergeben. Komplexität und Umfang der Konsequenzen aus der Richtlinie machen es notwendig, dass sich die Finanzinstitute trotz aller noch möglichen Anpassungen bereits jetzt mit Überlegungen zu denkbaren Auswirkungen befassen. Denn die neuen Anforderungen haben signifikante Auswirkungen auf Geschäftsmodelle und deren Steuerung. Besondere Herausforderungen stellen hierbei das Management und die Kosten von Kapital und Refinanzierung dar. Angesichts der noch verbleibenden Gestaltungsspielräume durch Parlament, EBA oder nationale Aufsichtsbehörden erscheint es zudem angebracht, dass die Institute sich frühzeitig in den weiteren Prozess der Ausgestaltung einbringen. Andererseits kann man aufgrund des hohen Grads an Übereinstimmung des Richtlinienentwurfs mit diversen, auf nationaler und internationaler Ebene bereits bestehenden Regelungen davon ausgehen, dass der Entwurf im weiteren EUProzess in den hier beschriebenen Kernpunkten keine grundsätzliche Überarbeitung mehr erfahren wird.

Anforderungen der EU-Richtlinie Der Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst grundsätzlich alle Kreditinstitute und Wertpapierfirmen sowie gruppenzugehörige Institute unabhängig von der Art ihrer Tätigkeit, Größe und Verflechtung zum Finanzmarkt oder zu anderen Finanzmarktakteuren. In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass in einem durch kleinteilige Institutsstrukturen geprägten Bankenmarkt der Ausfall einer größeren Gruppe kleinerer Institute ebenfalls als systemrelevant zu betrachten sei. Den nationalen Aufsichtsbehörden werden allerdings Freiräume gelassen, kleineren Instituten Erleichterungen zu gewähren. Auf Ebene der Mitgliedsstaaten sind nationale Abwicklungsbehörden zu etablieren. Ihnen kommt die zentrale Aufgabe zu, die institutsspezifischen Abwicklungspläne zu erstellen sowie im Krisenfall die entsprechenden Abwicklungsbefugnisse auszuüben. Entsprechend ist diese Behörde mit dem erforderlichen Fachwissen sowie hinreichenden Ressourcen und operativen Kapazitäten für eventuelle Abwicklungsmaßnahmen auszustatten. Auf europäischer Ebene agieren die betroffenen nationalen Abwicklungsbehörden und die EBA gemeinsam in Abwicklungskollegien, um eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit und einen Interessenausgleich zwischen den Mitgliedsstaaten zu gewährleisten. Für den Fall der Abwicklung von Töchtern eines Drittlandinstituts sind Abwicklungskollegien – wiederum mit Beteiligung der nationalen Abwicklungsbehörden und der EBA sowie der entsprechenden Drittlandbehörde – zu installieren.

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Sanierungspläne für Institute und Gruppen Jedes Institut hat künftig einen Sanierungsplan für verschiedene finanzielle Notlagen, einschließlich systemweiter Ereignisse, zu erstellen und mindestens einmal jährlich oder nach einer wesentlichen Änderung seiner rechtlichen Einheiten oder Organisationsstruktur anzupassen. Der Sanierungsplan soll u.a. ein breites Spektrum an Sanierungsoptionen, einschließlich konkreter Beschreibungen von Bedingungen und geeigneten Verfahren zu ihrer rechtzeitigen Durchführung, beinhalten. Die Sanierungsoptionen sind zu aktivieren, sofern eine – in der Richtlinie nicht weiter konkretisierte – wesentliche Verschlechterung der Finanzlage des Instituts eintritt. Die genauen Anforderungen an einen Sanierungsplan sind in einem technischen Standard der EBA zu präzisieren. Die nationale Aufsicht erhält den Auftrag, den Sanierungsplan auf seine Eignung zu überprüfen, die „Überlebensfähigkeit und die finanzielle Solidität“ eines Instituts wieder herzustellen und sicherzustellen, dass die beschriebenen Sanierungsoptionen auch in finanziellen Stresssituationen ohne eine negative Auswirkung auf die Finanzmarktstabilität umsetzbar sind. Weist der Plan Unzulänglichkeiten auf, besitzt die Aufsicht das Recht, die Beseitigung der Sanierungshindernisse zu fordern, und – nach unzureichender Beseitigung – dem Institut Maßnahmen wie die Verringerung des Risikoprofils oder Änderungen von Governance-Struktur, Unternehmens- und Finanzierungsstrategie aufzuerlegen sowie zusätzliche Kapitalpuffer zu verlangen. Von Institutsgruppen ist zudem ein Gruppensanierungsplan zu verfassen, der für den Fall einer finanziellen Notlage auf die Stabilisierung der Gruppe als Ganzes oder eines einzelnen Instituts abzielt. Er soll prinzipiell auf den gleichen Inhalten wie die institutsspezifischen Sanierungspläne basieren. Insbesondere steht jedoch die Koordinierung und Kohärenz der Maßnahmen über die gesamte Gruppe im Vordergrund, wobei ebenfalls eine Bewertung und Abnahme durch die Aufsicht und bei grenzüberschreitenden Gruppen durch entsprechende Abwicklungskollegien erfolgt. Als Präventivinstrument zur Verhinderung von Institutsausfällen sieht die Richtlinie u.a. Erleichterungen zur Gewährung gruppeninterner finanzieller Unterstützungsleistungen vor. Mitgliedern einer Institutsgruppe wird es hierdurch ermöglicht, sich untereinander finanzielle Mittel in Form von Darlehen, Garantien und/oder als Sicherheiten geeigneten Vermögenswerten bereitzustellen. Die Vereinbarung ist von der Aufsicht und gegebenenfalls von den Anteilseignern zu genehmigen. Ferner sind die beteiligten Parteien offenzulegen. Sowohl für die Offenlegung als auch die Gewährungsbedingungen verfasst die EBA technische Regulierungsstandards. Wenn sich die Finanzlage oder Solvenz eines Instituts signifikant verschlechtert, kann die nationale Aufsicht im Rahmen einer präventiven Intervention u.a. die Aktivierung von Maßnahmen aus dem Sanierungsplan, die Entwicklung eines Aktionsprogramms zur Überwindung der Krise, den Eintritt in Umschuldungsverhandlungen mit allen Gläubigern oder die Veränderungen auf Ebene der Geschäftsführung verlangen sowie einen mit umfangreichen Kompetenzen ausgestatteten Sonderverwalter einsetzen. Hiermit geht die Richtlinie deutlich über die in Deutschland geltenden Regelungen des Bankenrestrukturierungsgesetzes hinaus. Während die Rolle des Sonderverwalters zwar auch in den in Deutschland geltenden Regelungen vorgesehen ist, werden die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen ausdrücklich in der Entscheidungsgewalt des Instituts belassen und weitergehende Eingriffsrechte der Aufsicht an das Kriterium der Systemgefährdung geknüpft. Abwicklungspläne für Institute und Gruppen Die Institute haben Informationen bereitzustellen, die es der jeweiligen nationalen Abwicklungsbehörde ermöglicht, institutsindividuelle Abwicklungspläne zu erstellen. Diese Pläne müssen hinreichend konkret ausgestaltet sein, um im

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Krisenfall als Vorgabe für die Herauslösung und die Sicherung des Fortbestands systemkritischer Funktionen des Instituts und die Abwicklung der übrigen Institutsteile zu dienen. Als kritische Funktionen werden in der Richtlinie Bankleistungen beschrieben, von deren Einstellung negative Effekte auf die Volkswirtschaft oder die Finanzmärkte zu erwarten sind. Insbesondere müssen in dem Abwicklungsplan die rechtlichen, risikoseitigen, steuerlichen und bilanziellen Verflechtungen zwischen Positionen, eine Beschreibung der Abwicklungsstrategien, eine Abschätzung der erforderlichen Zeit zur Umsetzung der Maßnahmen und eine Bewertung der Abwicklungsfähigkeit bzw. eventuell bestehender Abwicklungshemmnisse enthalten sein. Neben den institutsspezifischen hat die Aufsicht – unter Beteiligung aller involvierten nationalen Abwicklungsbehörden – Gruppenabwicklungspläne zu erarbeiten, die sowohl die Mutter als auch die einzelnen Töchter umfassen und eine koordinierte Abwicklung der gesamten Gruppe sicherstellen. Der Abwicklungsplan ist mindestens jährlich oder bei einer wesentlichen Änderung der rechtlichen Einheiten oder der Organisationsstruktur, soweit sie sich auf die Effektivität des Plans auswirkt, anzupassen. Zur Beseitigung von Abwicklungshemmnissen hat das Institut oder die Gruppe einen Vorschlag vorzulegen. Erweisen sich die vorgeschlagenen Maßnahmen als ineffektiv, kann die Abwicklungsbehörde im Rahmen der Verhältnismäßigkeit u.a. nachstehende Maßnahmen fordern: • Begrenzung der maximalen individuellen Risikoposition • Veräußerung bestimmter Vermögenswerte • Einschränkung bestehender oder geplanter Tätigkeiten • Einschränkung der Entwicklung und Veräußerung neuer Produkte und

Geschäftsbereiche • Änderung der rechtlichen und operativen Struktur zur Reduktion der

Komplexität. Die Abwicklungsbehörde erhält dadurch weitreichende Einflussmöglichkeiten auf die Geschäfts- und Organisationsmodelle der Institute. Abwicklungsinstrumente und -befugnisse Elementarer Bestandteil der Abwicklungspläne sind die zu nutzenden Abwicklungsinstrumente, welche grundsätzlich eine Finanzmarktstabilität schonende Alternative zur Liquidation im bestehenden Insolvenzrecht darstellen. Für die in den Abwicklungsplänen definierten Szenarien und Eskalationsstufen – aber auch in Abhängigkeit der Betriebs- und Geschäftsmodelle – können die Abwicklungsbehörden durch besondere Abwicklungsbefugnisse u.a. die Kontrolle über das Institut übernehmen. Die in der Richtlinie vorgesehenen Instrumente der Unternehmensveräußerung, des Brückeninstituts und der Ausgliederung von Vermögenswerten entsprechen im Wesentlichen den im deutschen Bankenrestrukturierungsgesetz bereits umgesetzten Verfahren. Die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen zum „Bail-in“ gehen allerdings über die im Bankenrestrukturierungsgesetz vorgesehenen Möglichkeiten zur Kürzung von Verbindlichkeiten („Haircut“) und zur Umwandlung in Eigenkapital hinaus. Die Aufsicht erhält damit unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Forderungen von nicht abgesicherten Gläubigern eines ausgefallenen oder kurz vor dem Ausfall stehenden Instituts zur Krisenbewältigung zu kürzen und in Eigenkapital umzuwandeln – ausgenommen sind u.a. abgesicherte Verbindlichkeiten, gesicherte Einlagen und Verbindlichkeiten mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als einem Monat.

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Zielsetzung dieser Instrumente ist es, die erforderlichen Mittel zur Rekapitalisierung eines fortzuführenden Instituts(-teils) bzw. für eine geordnete Abwicklung durch die Gläubiger eines Instituts aufbringen zu lassen, um dadurch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfsleistungen zu vermeiden. Die Richtlinie verlangt hierbei grundsätzlich, dass zunächst eine Anrechnung der Verluste auf die Anteilseigner und sodann auf die in jeweiligen Kategorien grundsätzlich gleich zu behandelnden Gläubiger erfolgt. Nach Maßgabe der nationalen Aufsicht haben die Institute zusätzlich zum regulatorischen Eigenkapital abschreibungsfähige Verbindlichkeiten vorzuhalten, die zur Umwandlung in Eigenkapital oder zur Abschreibung herangezogen werden können. Die Aufsicht legt hierbei den Zielwert in Abhängigkeit u.a. von Größe, Geschäftsmodell und Risikoprofil des Instituts fest. Noch zu klären sind in diesem Zusammenhang die steuerlichen Folgen eines „Bail-in“. Das Entstehen einer Steuerpflicht aus dem Einsatz der Instrumente stünde im Widerspruch zur Zielsetzung der Instrumente.

Konsequenzen und Handlungsbedarfe Insbesondere aus folgenden Aspekten resultieren Handlungsbedarfe, deren jeweilige Relevanz die Institute frühzeitig analysieren sollten. Komplexität der Erstellung und Aktualisierung von Plänen Die Entwicklung der Sanierungspläne und die Unterstützung bei der Erstellung von Abwicklungsplänen, einschließlich der Implementierung der für ihre Aktualisierung und Anwendung erforderlichen Prozesse und Strukturen, stellen einen hohen Aufwandsblock dar. Die wesentlichen, von den Instituten zu leistenden Aktivitäten umfassen hierbei: • Identifikation der kritischen Funktionen, die zur Erhaltung der Systemstabilität

im Falle einer Abwicklung zwingend weiterzuführen sind (einschließlich Identifikation der zugehörigen rechtlichen Einheit und der erforderlichen Supportfunktionen) • Identifikation von Verflechtungen zwischen Vermögensgegenständen,

Verbindlichkeiten und sonstigen Rechten (z.B. Sicherungs- / HedgingStrukturen, steuerliche Aspekte, bilanzielle und Bewertungszusammenhänge) • Implementierung zusätzlicher Stress- und Szenarioanalysen (Vorgaben hierzu

werden auf Basis technischer Standards der EBA von den nationalen Aufsichtsbehörden erstellt) • Entwicklung von Sanierungsoptionen basierend auf den Ergebnissen der Stress-

und Szenarioanalysen • Entwicklung von Frühwarnindikatoren und Definition eines Systems von

abgestuften Schwellenwerten, bei deren Erreichen die Umsetzung von Sanierungsoptionen auszulösen ist • Aufsetzen von Organisationsstrukturen und Prozessen für die Überwachung der

Frühwarnindikatoren, die Entscheidung über die Aktivierung und nachfolgende Umsetzung von Sanierungsoptionen sowie für die Aktualisierung der Sanierungspläne und der bereitzustellenden Informationen für die Abwicklungspläne • Aufsetzen eines Reportings an die Abwicklungsbehörde.

Institute, die keine hinreichenden Sanierungsoptionen vorlegen können oder aus deren bereitgestellten Informationen Abwicklungshemmnisse resultieren, müssen mit höheren Eigenkapitalanforderungen und Risikozuschlägen auf ihre unbesicherten und nachrangigen Verbindlichkeiten rechnen.

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Verknüpfung von Stress- und Szenarioanalysen mit Sanierungsoptionen Die Anforderungen der Richtlinie bedeuten eine konsequente Weiterentwicklung der bereits heute von Instituten auszuarbeitenden, aber bislang nicht mit Folgemaßnahmen belegten Stress- und Szenarioanalysen. Anhand entsprechender Stresstests sind die Überlebensfähigkeit des Instituts sowie die Wirksamkeit der Sanierungsoptionen nachzuweisen und an die Aufsicht zu berichten. Die Verknüpfung von Stresstests mit konkreten Handlungsoptionen setzt die Entwicklung von Szenarien voraus, die (a) entweder noch ohne oder (b) unter Einsatz von konkret zu benennenden Sanierungsoptionen „überlebt“ werden können bzw. die (c) den Abwicklungsfall auslösen. Verbunden mit den Eingriffsmöglichkeiten der Aufsicht werden Stress- und Szenarioanalysen somit zu einem zentralen Element aufsichtlicher Überwachung. Auswirkungen der „Bail-in“-Instrumente Die in der Richtline vorgesehene vereinfachte Möglichkeit, Verbindlichkeiten zu kürzen und in Eigenkapital zu wandeln, verbunden mit der Anforderung ein Mindestmaß an abschreibungsfähigen Verbindlichkeiten vorzuhalten, wird die Finanzierungskosten der Institute erhöhen und ihre Refinanzierungsstrategien nachhaltig beeinflussen. Investoren müssen über die Möglichkeit, dass ihre Forderungen im Insolvenzfall gekürzt und in Eigenkapital gewandelt werden können, aufgeklärt werden. Sie werden im Gegenzug Risikozuschläge fordern. Selbst wenn die Anforderung, derartige „Bail-in“-fähige Verbindlichkeiten zu halten, für die Institute erst ab dem 1. Januar 2018 gelten sollte, werden die Auswirkungen auf Verbindlichkeiten mit einer über diesen Stichtag hinausgehenden Laufzeit bereits ab Inkrafttreten der Richtlinie spürbar sein. Höherer Abstimmungsaufwand für multinational agierende Institute Soweit die Ausgestaltung der Richtlinie in einer Reihe von Punkten durch die nationalen Aufsichtsbehörden zu erfolgen hat, erhöht sich die Komplexität für Institute mit Tochtergesellschaften in verschiedenen Jurisdiktionen. Dies wird für Institute mit Auslandsaktivitäten innerhalb und außerhalb der EU gelten. • Abweichende Vorgaben der einzelnen nationalen Aufsichtsbehörden für Stress-

und Szenarioanalysen • Unterschiedliche Anspruchsniveaus der nationalen Behörden an die

vorzulegenden Sanierungspläne und dadurch abweichende Anforderungen in Bezug auf Nachbesserungen oder Kapitalzuschläge • Unterschiede in Bezug auf den Detailierungsgrad der für die Erstellung der

Abwicklungspläne vorzulegenden Informationen • Unterschiedliche Anforderungen der nationalen Behörden an

Geschäftsaktivitäten bzw. rechtliche oder operative Strukturen • Abweichende Kriterien bzw. Schwellenwerte für das Auslösen eines

Abwicklungsfalls • Unterschiedliche Anwendung der Eingriffsrechte der Aufsicht sowie der

Abwicklungsinstrumente. • Unterschiedliche steuerliche Konsequenzen der planmäßig vorgesehenen

Maßnahmen

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Abschließend ist festzustellen, dass die konkrete Ausgestaltung der Richtlinienvorgaben noch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen und für eine längere Phase der Unsicherheit sorgen wird. Dies gilt für solch unterschiedliche Bereiche wie beispielsweise Form und Umfang der Erleichterungen für kleinere Institute – einschließlich der Rolle der Spitzeninstitute bei öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Instituten – oder die konkrete Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden. Außerdem bestehen noch Unwägbarkeiten bezüglich der Anforderungen an Umfang und Detailtiefe der Sanierungspläne, der Vorgaben für die einer Planerstellung zugrundezulegenden Stress- und Szenarioanalysen oder auch der Form und Detailtiefe der bereitzustellenden Informationen für die Ausarbeitung von Abwicklungsplänen. Nicht zuletzt werden für die Zukunft übergreifende Fragestellungen zu berücksichtigen sein, wie die Auswirkungen der gegenwärtig unter dem Stichwort „Bankenunion“ diskutierten stärkeren Zentralisierung der Bankenaufsicht und eine Verlagerung von aufsichtlichen Kompetenzen auf die EU-Ebene oder auch die von der EU-Kommission angestrebte Harmonisierung des Insolvenzrechts in Europa.

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