Es gibt keine Methode. Es gibt nur Achtsamkeit. Krishnamurti

Es gibt keine Methode. Es gibt nur Achtsamkeit Krishnamurti »Anfänger-Geist« ist unser ursprünglicher Geist, ein wirklich leerer und vollkommener G...
Author: Meike Siegel
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Es gibt keine Methode. Es gibt nur Achtsamkeit Krishnamurti

»Anfänger-Geist« ist unser ursprünglicher Geist, ein wirklich leerer und vollkommener Geist. Wenn unser Geist leer ist, ist er für alles bereit, ist er für alles offen. Im Anfänger-Geist liegen viele Möglichkeiten, in dem des Experten wenige. Zen-Meister Shunryu Suzuki-roshi

»Wo aber das Gespräch sich in seinem Wesen erfüllt zwischen Partnern, die sich einander in Wahrheit zugewandt haben, sich rückhaltlos äußern und vom Scheinenwollen frei sind, vollzieht sich eine denkwürdige, nirgendwo sonst sich einstellende, gemeinschaftliche Fruchtbarkeit. Das Wort ersteht Mal um Mal substantiell zwischen den Menschen, die von der Dynamik eines elementaren Mitsammenseins in ihrer Tiefe ergriffen und erschlossen werden. Das Zwischenmenschliche erschließt das sonst Unerschlossene.« Martin Buber Das dialogische Prinzip

Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenüber gehört habe. Paul Watzlawick

Manchmal spricht ein Baum durch das Fenster mir Mut zu Manchmal leuchtet ein Buch als Stern auf meinem Himmel Manchmal ein Mensch den ich nicht kenne der meine Worte erkennt Rose Ausländer

Was immer Du zu sagen hast, lass die Wurzeln dran, lass sie hängen, mitsamt der Erde, um klarzumachen, woher sie kommen. Charles Olson

»Wir verstehen nicht Verstehen. Es entzieht sich uns, entschlüpft uns, denn wir merken nicht das Unglaubliche, das Rätselhafte, das Erstaunliche, das Wunderbare, das in alltäglichem Gespräch und Reflexion vor sich geht. Erst wenn dieser Strom von Selbstverständlichkeit gestört wird, stehen wir staunend vor diesem Wunder.« Heinz von Foerster

Dies Menschsein ist ein Gästehaus. An jedem Morgen eine neue Ankunft, Eine Freude, eine Melancholie, eine Niedertracht, Ein kurzes Gewahrsein Kommen als unerwarteter Besuch. Heiß sie willkommen und nimm alle auf! Und seien sie auch eine Horde von Sorgen, Die mit Gewalt das Haus durchfegen, Der Einrichtung berauben. Auch dann, geh redlich mit jedem Gast um. Vielleicht räumt er dich frei Für eine neue Wonne. Den dunklen Gedanken, die Scham, die Tücke, Begrüße sie an der Türe, lachend, Und bitte sie herein. Sei dankbar für jeden, der kommt, Weil jeder geschickt ist Als ein Wegweiser von jenseits. Rumi

Zeige ich mich offen, ohne mich darum zu sorgen, wie der andere darauf reagiert, werden einige sich angesprochen füh len, andere nicht. Aber wer wird mich lieben, wenn keiner mich kennt? Ich muß es wagen oder allein leben. Sheldon B.

»Wir schlagen vor, gemeinsam zu erkunden, was jeder von uns sagt, denkt, fühlt, darüber hinaus aber auch die tiefer liegenden Beweggründe, Annahmen und Glaubenssätze, die dieses Sagen, Denken, Fühlen bestimmen.« David Bohm, Donald Factor, Peter Garrett

Ich bin nicht nur überzeugt, dass das, was ich sage, falsch ist, sondern auch das, was man dagegen sagen wird. Trotzdem muss man anfangen, davon zu reden. Die Wahrheit liegt bei einem solchen Gegenstand nicht in der Mitte, sondern rundherum wie ein Sack, der mit jeder neuen Meinung, die man hineinstopft, seine Form ändert, aber immer fester wird! Robert Musil

Beziehung der dialogischen Kernfähigkeiten Wer sich sprechend im Dialog befindet, belehrt nicht, spricht nicht abstrakt und bleibt nicht unpersönlich. Wer sprechend im Dialog bleibt, hat Beziehung zu den eigenen Gefühlen, Anliegen, Erfahrungen. - »Sprich von Herzen und fasse dich kurz«. »Generatives Zuhören« kann Neues entstehen lassen - in uns selbst und in der Gruppe. Die Beziehung zwischen Sprechen und Hören basiert auf dem Erkunden der anderen Position. Es ist ein Plädieren, das sich um Produktivität bemüht und den Denkprozess stärker betont, anstatt nur das Denkprodukt zu präsentieren. In einem dialogischen Gespräch versuchen wir, unsere eigene Meinung »in der Schwebe zu halten«, sie zu »suspendieren« und anderen Personen Respekt entgegenzubringen, für eine Weile ihre Perspektive einzunehmen. Wenn wir mit einer neugierigen, interessierten, nicht be-lehrenden, sondern »lernenden Haltung« anderen gegenübertreten, wird dieser Respekt unser Sprechen beeinflussen. Wir können unser Zuhören fruchtbarer werden lassen, wenn der Respekt gegenüber anderen auf Offenheit basiert, die wir neuen, jedenfalls anderen, vielleicht auch konträren Positionen entgegenbringen. Das Suspendieren unserer Meinung gelingt am ehesten in einem Prozess, der durch entsprechende Vereinbarungen und Rituale bewusst verlangsamt wird. Können wir unsere Meinung beim Zuhören zurückstellen und suspendieren, so ermöglichen wir uns die Beobachtung unserer eigenen Reaktionen. Und eine Veränderung wird bereits durch das Wahrnehmen und Bewusstmachen unserer Bewertungen möglich.

Haltung und Kernfähigkeiten für den Dialogprozess (S. 38 ff.) Der Künstler und Bildhauer Werner Ratering hat zu den zehn Kernfähigkeiten des Dialogs, mit denen wir arbeiten, Bilder gestaltet, die dazu einladen, den eigenen Assoziationen nachzusinnen und sich durch Wort und Bild neue Perspektiven zu erschließen. (In diesem Buch leiten seine Bilder jeweils ein neues Kapitel ein.) Die Arbeit damit hat sich als sehr fruchtbar erwiesen. Wenn die Zeit es nicht zulässt, auf alle zehn Begriffe im Einzelnen einzugehen, stellen wir in unseren Dialogseminaren nur einige vor. Es kann für eine Gruppe ebenfalls hilfreich sein, die Teilnehmenden mit selbstgewählten Gesprächsregeln arbeiten zu lassen. Beispiele dafür stellen wir in diesem Buch vor. Letztlich geht es um eine andere Gesprächshaltung und Atmosphäre, wie der indische Philosoph und Gesprächspartner Bohms, Jiddu Krishnamurti, formuliert hat: »Es gibt keine Methode, es gibt nur Achtsamkeit« (Blau 1995). Im Wesentlichen ist es die innere Einstellung, die meine Wahrnehmung, meine Interpretationen, mein Handeln bestimmt. Wenn ich »Achtsamkeit« als Prinzip verinnerlicht habe, werden methodische Handwerksköfferchen zumindest zweitrangig. Und wann immer wir methodisch arbeiten, so sagen die Methoden etwas über uns aus - wie Paulo Freire formuliert hat: »Die Methode ist in Wirklichkeit die äußere Form des Bewusstseins, das sich in Handlungen ausdrückt.« (Siehe auch Miteinander denken, S. 143-149)

Eine lernende Haltung einnehmen Der Lernende muss in jedem Augenblicksich zum völlig leeren Gefäß machen können, in das die fremde Welt einfließt. Rudolf Steiner Im Dialog geht es darum, eine Haltung einzunehmen, die darauf basiert, dass ich nie letztlich wissen kann, wie die Welt aus anderer Perspektive, aus dem Blickwinkel meines Gegenüber aussieht und aufgrund welcher Erfahrungen und Erwartungen, Annahmen und Bedürfnisse die oder der andere die Welt interpretiert. Wenn ich meinem Gegenüber als nicht-»besser«-wissend, sondern als lernbereit entgegentrete, habe ich eine Chance, mein Verständnis zu vertiefen und meine Perspektive zu erweitern. Und ein solches Interesse an einem anderen Menschen ist nicht rein intellektuell. Der französische Philosoph Edgar Morin unterscheidet zwei Arten von Verständnis: das intellektuelle, objektive Verständnis und das intersubjektive menschliehe Verständnis (Morin 2001, S. 116). Die Begrenztheit des rein intellektuellen, distanzierten, sachlich-analysierenden Verstehens macht er sehr plastisch an einem Beispiel deutlich: »Wenn ein Kind weint, ist es dann angemessen, den Salzgehalt der Tränen zu messen, um es besser zu verstehen? Muss ich nicht vielmehr auf anderer Ebene in Kontakt mit ihm treten? Es geht vielleicht eher darum, in mir meine kindlichen Ängste wiederzufinden, >es mit mir< zu identifizieren und >mich mit ihm