Erfolg in der Schule beginnt zu Hause HIPPY – ein interkulturelles Integrationsprogramm der Elternbildung zur frühkindlichen Förderung und Bildung
Jahresbericht 2008 / 2009 HIPPY München
Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters
Impressum Herausgeberin:
Landeshauptstadt München Stadtjugendamt Abteilung Kindertagesbetreuung Severinstraße 2 81541 München
Verantwortlich:
Susann Vogel (Bereichsleitung)
Redaktion:
Susann Vogel, Beate Wiedmann, Daniela Kiehl
Kontaktadressen: HIPPY-Koordinatorinnen Daniela Kiehl Telefon (089) 2 33 - 2 01 66
[email protected] Beate Wiedmann Telefon (089) 2 33 - 2 01 87
[email protected] Internet:
www.muenchen.de/kindertagesbetreuung
Gestaltung:
dtp/layout, agentur für grafik & design, München
Weitere Informationen: www.hippy-deutschland.de Konzeption:
Susann Vogel, Beate Wiedmann, Daniela Kiehl
Fotos:
Laurent Soussana, Daniela Kiehl, Beate Wiedmann Titelfoto: Mariam Zourub und ihr Sohn Karim (HIPPY-Mutter)
Druck:
Color-Gruppe, München
Auflage:
1.500 Exemplare
Stand:
Juni 2009
Erfolg in der Schule beginnt zu Hause HIPPY – ein interkulturelles Integrationsprogramm der Elternbildung zur frühkindlichen Förderung und Bildung
Jahresbericht 2008 / 2009 HIPPY München
Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
1
2
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
Inhalt 1. Was ist HIPPY? ............................................................ 5 2. Was leistet HIPPY? ....................................................... 6 3. Wie funktioniert HIPPY? ................................................ 7 4. Das HIPPY-Material . ......................................................8 5. Was kostet HIPPY für die Eltern? .....................................9 6. HIPPY in München . ..................................................... 10
6.1 Die HIPPY-Familien in München ....................................... 10 • Wie viele Familien wurden erreicht? ............................. 10 • Woher kommen die HIPPY-Eltern und ihre Kinder? . ........ 11 • Welche Schul- und Berufsausbildung ............................. 12 bringen die HIPPY-Eltern mit? • Erwerbstätigkeit der HIPPY-Eltern ................................. 14 • Geschlechterverteilung der HIPPY-Kinder ....................... 15 6.2 Erweiterungen des Münchner HIPPY-Programms................. 16 • Das HIPPY-Alphabetisierungsprojekt . ............................ 16 • Das HIPPY-Projekt „WortSchatz“ .................................. 18 • Die HIPPY-Wochenendfreizeiten . .................................. 19 • Die HIPPY-Tagung ...................................................... 20 6.3 Anmeldung und weitere Informationen ............................. 21
7. Arbeitsplatzbeschreibung für Hausbesucherinnen . ........... 22 im HIPPY-Programm
7.1 Tätigkeitsbereich ............................................................ 22 7.2 Voraussetzungen ............................................................ 22 7.3 Anforderungen ............................................................... 22 7.4 Aufgaben einer Hausbesucherin ........................................ 23 7.5 Was wir bieten ............................................................... 23 7.6 Einstellungsmodalitäten ................................................... 24 7.7 Arbeitgeberin und Arbeitsstelle ......................................... 24 • Ansprechpartnerinnen ................................................. 24
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
3
4
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
1
Was ist HIPPY? HIPPY ist ein interkulturelles und präventives Integra tionsprogramm der Elternbildung zur frühkindlichen Förderung und Bildung. HIPPY steht für: Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters Frei übersetzt bedeutet HIPPY Hausbesuchsprogramm für Eltern mit Vorschulkindern. Das HIPPY-Programm unterstützt Eltern mit Migrationshintergrund und sozial benachteiligte Eltern dabei, ihre drei- bis siebenjährigen Kinder zu Hause in der Entwicklung zu fördern. Es geht um 15 bis 20 Minuten täglich, die Eltern zusammen mit ihren Kindern verbringen um Bücher zu lesen, Puzzles zusammen zu setzen und ähnliche Lernspiele mit ihren Kindern durchzuführen. Diese Aktivitäten zu Hause ergänzen die Arbeit der Kindertageseinrichtungen mit dem Ziel, die Kinder fit für die Schule zu machen. Gleichzeitig werden Eltern mit den nötigen „Werkzeugen“ ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, sich am Bildungsprozess der Kinder aktiv zu beteiligen. HIPPY konzentriert sich darauf, Eltern Wissen über Entwick lung, Sprache und Lernen im Vorschulalter zu vermitteln. Mit den HIPPY-Materialien werden dann viele Anregungen zu gemeinsamen Aktivitäten im Alltag mit dem Kind zur Verfügung gestellt, die die praktische Umsetzung des Erlernten gewährleisten. Das Programm baut auf die enge Bindung zwischen Eltern und ihren Kindern, die eine wichtige Basis für die frühen Erfahrungen von Kindern ist. Eltern sind die wichtigsten „Lehrerinnen“ von Kindern im Vorschulalter. HIPPY unterstützt Eltern dabei, diese Aufgabe kompetent und selbstbewusst wahrzunehmen. Wichtige Elemente von HIPPY sind die eigens für das Programm ent wickelten Spiel- und Lernmaterialien. Zur Durchführung des Programms finden regelmäßige Hausbesuche und Gruppentreffen statt. Eine weitere Besonderheit des Programms ist der Einsatz von angeleiteten Laien (Semi-Professionelle). Dabei handelt es sich nach Möglichkeit um Mütter aus der Zielgruppe.
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
5
2
Was leistet HIPPY? HIPPY ist Hilfe zur Selbsthilfe • Die Programminhalte fördern und unterstützen die kognitiven Fähigkeiten der Kinder und machen sie damit fit für die Schule • Durch Erfolgserlebnisse im Lernbereich wird das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt • Das HIPPY-Programm weckt Freude am Lernen • Kinder in Familien mit Migrationshintergrund verbessern deutlich ihre deutschen Sprachkenntnisse und erhöhen damit ihre Chancen auf einen ihren Begabungen entsprechenden Schulabschluss • Die Teilnahme am Programm verändert Lernmuster in den Familien • HIPPY bringt Bücher in die Familien und fördert die Freude am Lesen • Die Eltern-Kind-Beziehung wird gestärkt • Geschwister profitieren vom Programm
6
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
3
Wie funktioniert HIPPY? Zur Durchführung von HIPPY werden Stadtteilgruppen von etwa zehn bis dreißig Familien mit Kindern im Alter von drei- bis sieben Jahren aufgebaut. Das HIPPY-Programm dauert zwei Jahre und findet im Wesentlichen zu Hause statt. Ein Programmjahr besteht aus 30 Wochen und orientiert sich am Schuljahresrhythmus. Während dieser Zeit werden die Familien wöchentlich mit einem Paket an Spiel- und Lernmaterial ausgestattet und in den Umgang damit eingeführt. Jede zweite Woche werden die HIPPY-Aktivitätenhefte von einer geschulten Hausbesucherin zu den Familien nach Hause gebracht und im Rollenspiel eingeübt. Im Wechsel bekommen die Familien zweimal im Monat die Aktivitätenhefte in den Gruppentreffen und der Umgang damit wird dort erklärt. Nachdem die Eltern mit dem Umgang der Spiel- und Lernmaterialien vertraut sind, führen sie diese Spiel- und Lernaktivitäten mit ihren Kindern zu Hause durch. Zur Durchführung aller Aktivitäten ist es erforderlich, fünfmal die Woche ca. 15 bis 20 Minuten gemeinsam zu spielen und zu lernen. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden in der darauf folgenden Woche besprochen und entstandene Fragen geklärt. Die 14-tägig stattfindenden Gruppentreffen mit allen am Programm teilneh menden Müttern einer Stadtteilgruppe sowie den Hausbesucherinnen werden von einer pädagogischen Fachkraft (Koordinatorin) geleitet. Hierbei kommt es zum Kontakt und Erfahrungsaustausch mit anderen Programmteilnehmerinnen im Stadtteil. Das Wissen über Inhalte und Ziele der HIPPY-Aktivitäten wird vertieft. Ein weiteres Element der Gruppentreffen ist die Bearbeitung eines Themas u.a. aus den Bereichen Erziehung, Gesundheit und Ernährung mit den Müttern. Die Auswahl der Themen wird mit den Teilnehmerinnen abgestimmt.
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
7
4
Das HIPPY-Material Die eigens für HIPPY entwickelten Spiel- und Lernmaterialien bestehen im Wesentlichen aus neun Geschichtenbüchern und 30 Aktivitätenheften pro Programmjahr. Weitere Elemente sind geometrische Formen in vier Farben (rot, grün, gelb, blau) Buntstifte, Schere, Spitzer und Kleber. Für viele Aktivitäten werden Gegenstände aus der Natur (Steine, Blätter, Hölzer, etc.) oder aus dem Haushalt (Besteck, Korken, etc.) eingesetzt. Das HIPPY-Material erfüllt folgende Qualitätskriterien: • Es ist klar strukturiert und dadurch leicht zu handhaben • Auch Eltern mit geringer Bildung können gut damit umgehen • Die Aktivitäten sind in den Augen der Eltern sinnvoll • Die Anforderungen an das Kind sind altersgemäß • Kleine Lernschritte bauen aufeinander auf • Die Aktivitäten machen Spaß • Es ist auch in engen Wohnverhältnissen durchführbar • Die Materialien sind kostengünstig. Ergänzende Materialien sind normalerweise im Haushalt vorhanden
Alle diese Qualitätsmerkmale sorgen für die bemerkenswert hohe Akzeptanz des Programms.
8
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
5
Was kostet HIPPY für die Eltern? • Die Eltern zahlen eine Eigenbeteiligung von 80,- Euro pro Programmjahr • Das HIPPY-Programm umfasst zwei Programmjahre. Eine Teilnahme an beiden Programmjahren ist sinnvoll und gewünscht
HIPPY-Vater und HIPPY-Mütter mit Kindern beim Ausflug
Gemeinsamer Tanz auf der Fachtagung
Ausflug mit HIPPY-Müttern und Kindern
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
9
6
HIPPY in München 6.1 Die HIPPY-Familien in München Wie viele Familien wurden erreicht? Insgesamt haben seit Anfang 1998, als die ersten Familien gewonnen wurden, in München ca. 960 Familien am HIPPY-Programm teilgenommen. Mit dem Jahr 2009 wurden im ersten und zweiten Programmjahr 175 Kinder im HIPPY-Programm des Stadtjugendamtes München betreut. Die Anzahl der Familien konnte im Vergleich zu 2007 verdoppelt werden. Diese Familien verteilten sich 2009 auf 16 Gruppen in verschiedenen Stadtteilen, wobei die einzelnen Gruppen auch die angrenzenden Einzugsgebiete der Stadtteile mit bedienen: Anzahl
Stadtteil
Einzugsgebiet
2 Gruppen
Neuaubing
Aubing, Pasing, Langwied, Lochhausen
2 Gruppen
Sendling
Schwanthalerhöhe, Westend, Sendling-Westpark, Ludwigsvorstadt, Innenstadt
2 Gruppen
Blumenau
Fürstenried, Forstenried, Hadern, Kleinhadern, Großhadern, Solln
2 Gruppen
Neuhausen
Laim, Nymphenburg
2 Gruppen
Neuperlach
Giesing, Berg am Laim, Ramersdorf
2 Gruppen
Moosach
Feldmoching
2 Gruppen
Riem
2 Gruppen
Milbertshofen
Am Hart, Harthof, Freimann, Hasenbergl, Parkstadt Schwabing
Tabelle 1: Verteilung der Gruppen nach Stadtteil und Einzugsgebiet
10
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
HIPPY in München
Woher kommen die HIPPY-Eltern und ihre Kinder ? Die Herkunft der Kinder umfasst in diesem Jahr 38 verschiedene Nationalitäten, wobei Kinder mit deutscher, türkischer bzw. deutsch/türkischer Nationalität mit rund zwei Drittel der teilnehmenden Kinder den größten Anteil ausmachen.
Nationalität
Anzahl
Deutsch
64
Deutsch/Türkisch
25
Türkisch
20
Irakisch
9
Afghanisch
5
Griechisch
5
Togolesisch
5
Italienisch
4
Kroatisch
3
Aserbeidschanisch
2
Deutsch/Französisch
2
Kosovarisch
2
Staatenlos (Duldung)
3
Vietnamesisch
2
Summe Tabelle 2: Nationalität der Kinder
151
Jeweils ein Kind ist • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Ägyptisch Amerikanisch/Georgisch Australisch Bengalisch Bosnisch Deutsch/Afghanisch Deutsch/Britisch Deutsch/Griechisch Deutsch/Schwedisch Ecuadorianisch Französisch Französisch/Guinea Indisch Iranisch Kongolesisch Nigerianisch Polnisch Polnisch/Ägyptisch Polnisch/Tunesisch Senegalesisch Slowakisch Srilankisch Syrisch Tunesisch
Tabelle 3: Nationalität der Kinder
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
11
HIPPY in München
169 Mütter und 160 Väter machten Angaben zu ihrer Nationalität. Die größten Gruppen bilden dabei die türkischen, deutschen, irakischen und afghanischen Familien. Wobei mit „deutschen Familien“ diejenigen gemeint sind, bei denen die Eltern hier geboren wurden und/oder die deutsche Staatsbürgerschaft – jedoch Migrationshintergrund – haben und deren Kinder mehrsprachig aufwachsen. Vater
50 %
Mutter
45 % 40 % 35 %
34,3 34,4
30 % 25 %
21,9
20 %
18,9
15 % 10 %
5,9
türkisch
deutsch
4,4
irakisch
4,1 4,4
3,0
4,4
afghanisch griechisch
4,4
3,1
1,2
1,8
bosnisch
italienisch
3,6
1,3
kroatisch
3,0
5%
1,9
0%
togolesisch
Abbildung 1: Nationalität der Eltern (in Prozent)
Welche Schul- und Berufsausbildung bringen die HIPPY-Eltern mit? Um herauszufinden, ob das HIPPY-Programm wirklich jene Familien erreicht, für die es den größten Nutzen bringen kann, wurden anhand der Aufnahmebögen neben der Herkunft der Familien auch Schulbildung und Erwerbstätigkeit der Eltern erhoben. Bei der Auswertung der Angaben zur Schulbildung ist jedoch zu berücksichtigen, dass die von den Eltern genannten besuchten Schularten in Aufbau und Struktur (z.B. Ausbildungsqualität, gesetzliche Bestimmungen zur Dauer des Schulbesuchs, Schultyp) aufgrund der unterschiedlichen Ausbildungsbedingungen in jedem Herkunftsland nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind.
12
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
HIPPY in München
Fast alle am HIPPY-Programm teilnehmenden Eltern haben mindestens fünf Jahre eine Schule besucht. Im Vergleich zu den Müttern weisen die Väter häufiger eine Schulzeit von mehr als 5 Jahren nach, v.a. bei den längerfristigen Schulbesuchen von 8 bis 11 Schuljahren. Andererseits besuchen die Mütter häufiger als die Väter eine höhere Schulart. Über 90 % der Mütter, sowie der Väter können einen Schulabschluss nachweisen. Aus der Abbildung wird deutlich, dass erkennbar mehr Frauen die Schule ohne Abschluss verlassen. Sie erreichen erheblich häufiger die Mittlere Reife, machen aber geringfügig seltener das Abitur als ihre männlichen Partner. Vater
50 %
Mutter
45 % 40 %
35
35 %
33 30
30 % 25 %
21
22
20 % 15 %
12
11 8
8
6
10 %
9
5%
3
keine
Grundschule 5 Jahre
1 Hauptschul abschluss Quali
Hauptschul abschluss
Realschule Mittlere Reife
Abitur
2
0%
sonstige unbekannt
Abbildung 2: Schulausbildung der Eltern (in Prozent)
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
13
HIPPY in München
Auch bei dem Nachweis einer Berufsausbildung haben die Väter die höherwertigeren Qualifikationen, auch wenn sich der Abstand in den letzten Jahren verringert hat. Mehr als zwei von drei Vätern können eine Berufsausbildung nachweisen, jedoch weniger als 60% der Frauen. Dies erklärt sich zum einen aus dem häufiger fehlenden Schulabschluss, zum anderen wohl auch aus dem Rollenbild der Frau in den Herkunftsländern.
Vater
100 %
Mutter
90 % 80 % 70 %
68
60 %
57
50 %
43
40 %
32
30 % 20 % 10 % 0%
Abbildung 3: Berufsausbildung der Eltern (in Prozent)
Berufs ausbildung
keine Berufs ausbildung
Erwerbstätigkeit der HIPPY-Eltern Das Familieneinkommen wird in den HIPPY-Familien überwiegend von den Vätern erbracht. Fast 80% der Frauen sind nicht erwerbstätig. Vater
100 %
Mutter 83
90 %
80
80 % 70 % 60 % 50 % 40 %
17
30 %
11
20 %
1 erwerbstätig
arbeitsuchend
1
Elternzeit
1
Schüler(in)
Abbildung 4: Erwerbstätigkeit der Eltern (in Prozent)
14
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
1
1 Rente
3 1 sonstige
10 % 0%
HIPPY in München
Nur 14 Mütter bzw. Väter befinden sich derzeit in einer Ausbildung bzw. im Studium oder in Rente. Nach wie vor sind Jungen unter den HIPPY-Kindern überrepräsentiert. Fast zwei Drittel der HIPPY-Kinder sind Jungen. Warum sich bislang vorwiegend Familien mit Söhnen bei HIPPY anmelden, ist uns nicht bekannt. Geschlechterverteilung der HIPPY-Kinder
100 % 90 % 80 % 70 %
62
60 % 50 % 40 %
38
30 % 20 % 10 % 0%
Mädchen
Abbildung 5: Geschlecht der Kinder (in Prozent)
Jungen
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
15
HIPPY in München
6.2 Erweiterungen des Münchner HIPPY-Programms Das HIPPY-Alphabetisierungsprojekt Im Februar 2008 startete Daniela Kiehl für HIPPY in München mit dem Projekt gegen Analphabetismus und Bildungsbenachteiligung. Dieses Projekt hat sich zum Ziel gesetzt, speziell bildungsbenachteiligte Eltern, die aufgrund von funktionalem oder primärem Analphabetismus nicht in das reguläre HIPPY-Programm aufgenommen werden konnten, zu fördern und zu befähigen, einen Zugang zu HIPPY und zu anderen Bildungsangeboten zu finden. Seither wurden in diesem Projekt acht Familien von ehrenamtlichen Frauen betreut. Die Familien stammen aus Afghanistan, Irak, Senegal, Togo, Nigeria, Kongo und Hawaii. Alle haben das Angebot begeistert aufgenommen und große Fortschritte gemacht. Auch wenn sie noch nicht sicher lesen und schreiben gelernt haben, so machten sie doch die Erfahrung, dass sie lernen und ihren Kindern etwas beibringen können. Bei wöchentlichen Hausbesuchen wird den Eltern anhand einfacher Aufgaben einerseits gezeigt, wie sie mit den eigenen Kindern spielerisch arbeiten und diese auf die Schule vorbereiten können. Andererseits wird mit den Eltern selbst Lesen und Schreiben geübt. So dienen beispielsweise Bildkarten, auf denen Gegenstände/Situationen aus dem Alltag abgebildet sind, dazu, Worte / Wortstämme / Wortfamilien zu erkennen und anzuwenden. Bekannte Buchstaben werden eingeübt und aus diesen Buchstaben werden allmählich Silben und ganze Worte zusammengefügt und schließlich Sätze gelesen und geschrieben. Damit wird den Familien der Zugang zu verschriftlichter Sprache, aber auch Freude am spielerischen Miteinander-Lernen vermittelt. Auszug aus einem Bericht von Frau Waldburg über die Besuche bei Familie S. aus Afghanistan, die sie seit Februar 2008 betreut: • Herr und Frau S. bringen immer wieder zum Ausdruck, wie sehr sie die Besuche im Rahmen von „HIPPY Alphabetisierung“ schätzen. Sie sind wirklich sehr lernbegierig und bemühen sich in bewunderns-
16
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
HIPPY in München
werter Weise um Fortschritte beim Lesen und Schreiben. Frau S. kann sich in den beengten Wohnverhältnissen und in Anwesenheit der Kinder jedoch nur begrenzt konzentrieren. Sie war noch nie in der Schule gewesen und traute sich bis vor kurzem kaum aus der Wohnung hinaus. Regelmäßig jede Woche wird eine halbe Stunde gemäß HIPPY gearbeitet und eine halbe Stunde gelesen. Wir haben in der Zeit von Februar bis September, u.a. mittels „Scrabble“, fast alle Buchstaben durchgenommen und einen Schatz an ca. 30 – 40 Wörtern geübt. Seit September nimmt Frau S. an einem Alphabetisierungskurs teil. Frau S. hat das HIPPY-Konzept nur begrenzt verstanden. Sie hielt sich bei der Arbeit mit ihrem „HIPPY-Kind“ N. eher zurück; daher arbeitete anfänglich ich mit ihm und Frau S. guckte zu. N. arbeitete fleißig und sehr bereitwillig mit. Manche HIPPY-Themen, wie Möbel oder Haus und Zimmer, waren ihm jedoch nicht zu vermitteln, da er diese „Gegenstände“ einfach nicht kennt. Seit Herbst letzten Jahres bringe ich immer ein Bilderbuch mit und lese den drei kleineren Kindern vor. Inzwischen liest Frau S. oft mit und kann es ganz gut. Seit September besucht N. erfolgreich die 1. Klasse Regelschule. Daniela Kiehl
Danke! An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei allen unseren bürgerschaftlich Engagierten bedanken, die den Familien zuverlässige Bezugspersonen geworden sind und ohne die HIPPY auf einiges an zusätzlichem Engagement, Erfahrung und Erfolg verzichten müsste. Unser großer Dank geht an: Frau Emma Waldburg, Frau Elisabeth Herbst und Herrn Otto Fuchs im Projekt gegen Analphabetismus und Bildungsbenachteiligung, sowie Frau Sabine Raab, Frau Farahsadat Madani, Frau Buket Barlas Waechter, Frau Hava Kilincaslan und Frau Nikoletta Anastassiou als Kinderbetreuerinnen.
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
17
HIPPY in München
Das HIPPY-Projekt „WortSchatz“ Anfang 2007 setzte sich Frau Beate Wiedmann mit fünf MitarbeiterInnen aus verschiedenen Einrichtungen (IG – Eine Welt Haus, AWOAmbulante Erziehungshilfe, SBH-Mitte, BSA ) zusammen, um ein Konzept der Kooperation und des vernetzten Arbeitens bzw. Handelns zu erarbeiten. Das Ziel war, eine Möglichkeit zu finden, den zunehmend festgestellten sprachlichen Defiziten – sowohl von Kindern mit Migrationshintergrund, als auch von deutschen Kindern aus bildungsfernen Familien – welche zu einem frühen Mangel an Motivation im schulischen und später beruflichen Bildungsweg führen können, zu begegnen. Dabei kommt es schnell zu einem „Teufelskreis“, der sich im schlimmsten Fall darin ausdrückt, dass Jugendliche ohne Schulabschluss und Berufsaussichten von der Schule abgehen. Die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung und die zunehmende Verarmung erfordern zudem ein frühzeitiges, vernetztes Handeln. Es entstand das „Projekt WortSchatz“, das sich aus verschiedenen Bausteinen von bereits entwickelten Maßnahmen und Angeboten im Stadtteil zusammensetzt. Einer dieser Bausteine ist das HIPPY-Programm. Mit HIPPY bei „WortSchatz“ soll für die Kinder, welche im letzten Kindergartenjahr sind, der Übergang zur Schule erleichtert werden. Hierzu wird das eigens für Grundschulkinder entwickelte Material „HIPPY in der Grundschule“ verwendet, das in acht Aktivitätenheften eine Zusammenfassung der beiden HIPPY-Jahre anbietet. Das Team entschloss sich eng mit der Kindertagesstätte und der Grundschule an der Schwanthaler Straße zusammenzuarbeiten. Es wurde mit den KooperationspartnerInnen ein Vertrag ausgehandelt, der die Art und Weise der Kooperation und deren Umsetzung definiert. Nach der Veröffentlichung des Projekts wurden vom Amt für Wohnen und Migration 30.000,- Euro für die Laufzeit von 3 Jahren zur Verfügung gestellt.
18
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
HIPPY in München
In gemeinsamer Durchführung durch alle ProjektteilnehmerInnen finden folgende Maßnahmen statt: • Deutschkurse • Hausaufgaben- und Mittagsbetreuung an der Schule • Fortbildungsangebote für Erzieherinnen und LehrerInnen • Thematische Elternabende • Elternkurs: „Starke Eltern – Starke Kinder“ • Erstellung eines Flyers: „Welche Angebote gibt es in unserem Stadtteil?“ Die Ergebnisse des Wortschatzprojektes aus dem Baustein HIPPY stellen sich wie folgt dar: • Es haben fünf Familien teilgenommen. Sie stammen aus Ägypten, Türkei und Nepal. Das Angebot fand zunächst großen Anklang. In der Durchführung und Arbeit der Familien mit ihren Kindern jedoch traten immer wieder Phasen der Überforderung und Zeitmangel auf. Die Familien beendeten dennoch alle erfolgreich das Programm. Die Teilnahme für neue Familien erfolgt im Schuljahr 2009/2010. • Aktuell läuft die Akquise von neuen Familien. Hier ist die enge Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen der Grundschule, den Erzieherinnen aus der Kindertagesstätte und dem benachbarten Hort der IG eine wichtige und notwendige Voraussetzung. Beate Wiedmann
Die HIPPY-Wochenendfreizeiten HIPPY-Mütter klagen oft über zu wenig Freizeit und keine Möglichkeiten, mit ihren Kindern in der Natur zu sein. Vor diesem Hintergrund und auch als Anerkennung für das kontinuierliche Engagement für die Bildung ihrer Kinder, sowie als gute Gelegenheit, die Zusammengehörigkeit in der Gruppe zu stärken, boten wir 2009 zwei Wochenendfahrten für die Mütter mit ihren Kindern aus den Gruppen Neuaubing, Moosach und Neuhausen an. Die Fahrten fanden im Mai und im Juli 2009 statt. Teilgenommen haben insgesamt 53 Mütter, 82 Kinder und zwei Babies. Wir wohnten in der Jugendherberge Lenggries und hatten meist wunderbares Wetter.
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
19
HIPPY in München
Alle genossen den Aufenthalt und nutzten die Angebote wie Wanderungen, Spielplatzbesuch, Freibad, Tischtennis, Lagerfeuer, Kreisspiele, Plantschen an der Isar. Abends wurde getanzt, gesungen, gespielt und geratscht. Eine lebendige Gruppe starker Frauen! Die HIPPY-Tagung Im Oktober 2008 fand in München anlässlich des 10-jährigen Bestehens von HIPPY in München eine große Tagung im Kulturzentrum Trudering statt. Unter dem Titel „Gemeinsam Chancen schaffen“ trafen sich sowohl Fachpublikum als auch HIPPY-Familien und Interessierte zu Fach vorträgen, Workshops und zum gegenseitigen Austausch. Der von ca. 150 Personen gut frequentierte Fachtag fand einen schönen Ausklang in einer Feier mit internationalem Tanz, begleitet von „Distanz“ einer Live-Band aus Frankfurt.
Auch Münchner HIPPY-Väter ...
20
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
... und HIPPY-Kinder melden sich zu Wort.
HIPPY in München
6.3 Anmeldung und weitere Informationen Landeshauptstadt München Sozialreferat / Stadtjugendamt Abteilung Kindertagesbetreuung Bereich Altersintegrative Einrichtungen & Soziale Frühförderprogramme Integrationsprogramm HIPPY Severinstraße 2 81541 München HIPPY-Koordinatorinnen Daniela Kiehl Telefon (089) 2 33 - 2 01 66 E-Mail
[email protected] Beate Wiedmann
Telefon (089) 2 33 - 2 01 87 E-Mail
[email protected]
Bereichsleitung Frau Susann Vogel
E-Mail
[email protected]
Die Münchner HIPPY-Koordinatorinnen Daniela Kiehl und Beate Wiedmann
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
21
7
Arbeitsplatzbeschreibung
für Hausbesucherinnen im HIPPY-Programm 7.1 Tätigkeitsbereich HIPPY steht für Home Instruction for Parents of Preschool Youngsters und bedeutet frei übersetzt Hausbesuchsprogramm für Eltern mit Vorschulkindern. Das HIPPY-Programm unterstützt Eltern mit Kindern im Vorschulalter, insbesondere Familien mit Migrationshintergrund. HIPPY knüpft an den Ressourcen und Kompetenzen der beteiligten Eltern an, stärkt die ElternKind-Beziehung und fördert die kognitiven und sozialen Fähigkeiten der Kinder. Die Eltern werden in ein eigens für das Programm entwickeltes Spiel- und Lernmaterial eingewiesen. Dies ermöglicht ihnen, sich aktiv am Bildungsprozess ihrer Kinder zu beteiligen. Es geht um 15 bis 20 Minuten täglich, die Eltern mit ihren Kindern zusammen spielen und lernen. Zur Durchführung der Einweisung in das Material finden regelmäßige Hausbesuche in der Familie und Gruppentreffen mit den Müttern statt. Eine weitere Besonderheit ist der Einsatz von angeleiteten Laien (Hausbesucherinnen). Hierbei wird darauf geachtet, dass es sich um Mütter aus der Zielgruppe handelt. 7.2 Voraussetzungen Es ist günstig, wenn die Hausbesucherin selbst Mutter von Kindern im Vorschulalter ist oder bereits mit ihren Kindern HIPPY gemacht hat. Um lange Anfahrtswege zu vermeiden und um neue Familien anwerben zu können, sollte die Hausbesucherin selbst in dem Stadtteil wohnen, in dem die Familien leben. 7.3 Anforderungen Die wichtigsten Anforderungen an eine Hausbesucherin sind: • Freude am Umgang mit Menschen • Offenheit gegenüber verschiedenen Kulturen, Religionen und Lebensentwürfen
22
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
Arbeitsplatzbeschreibung für Hausbesucherinnen im HIPPY-Programm
• • • • • • • • • • •
gültige Arbeitserlaubnis gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift Engagement Zuverlässigkeit ein hohes Verantwortungsbewusstsein Teilnahme an einer mehrtägigen Eingangsschulung sowie weiteren Fortbildungen Bereitschaft zur Reflexion Fähigkeit zur Organisation körperliche Belastbarkeit gesicherter Lebensunterhalt Bereitschaft öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen
7.4 Aufgaben einer Hausbesucherin • Einweisung der teilnehmenden Eltern in das Material mit Hilfe von Rollenspielen • eigenverantwortlich durchgeführte Hausbesuche • Unterstützung der Koordinatorin bei Gruppentreffen • Vorbereitung und Zusammenstellung der Materialien • Teilnahme an den wöchentlich stattfindenden Anleitungstreffen mit der zuständigen pädagogischen Fachkraft (Koordinatorin) • Dokumentation • Material- und Formularverwaltung 7.5 Was wir bieten • • • • • • • •
gründliche Eingangsschulung flexible Arbeitszeiten wohnortnaher Arbeitsraum Unterstützung beim (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben Weiterqualifizierung fundierte Anleitung Tarifvertrag mit den üblichen Bedingungen des öffentlichen Dienstes Fahrtkostenerstattung
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
23
Arbeitsplatzbeschreibung für Hausbesucherinnen im HIPPY-Programm
7.6 Einstellungsmodalitäten • Bewerbungsschreiben mit Lebenslauf, Zeugnissen und Lichtbild • Vergütung: TVöD; Entgeltgruppe 3, Stufe 1 • Befristung der Tätigkeit auf zwei Jahre, orientiert an den zwei HIPPY-Programmjahren • Arbeitszeit zwischen zehn und 15 Wochenstunden • Zum Abschluss eines Vertrages sind mitzubringen: - Führungszeugnis - Sozialversicherungsnachweis - Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse - gültiger Pass mit Arbeitserlaubnis 7.7 Arbeitgeberin und Arbeitsstelle Landeshauptstadt München Sozialreferat / Stadtjugendamt Abteilung Kindertagesbetreuung Bereich Altersintegrative Einrichtungen & Soziale Frühförderprogramme Integrationsprogramm HIPPY Severinstraße 2 81541 München Ansprechpartnerinnen für fachlich-inhaltliche Angelegenheiten
24
Daniela Kiehl
Telefon (089) 2 33 - 2 01 66 E-Mail
[email protected]
Beate Wiedmann
Telefon (089) 2 33 - 2 01 87 E-Mail
[email protected]
HIPPY-Jahresbericht 2008/2009
Duygu, 6 Jahre, ehemaliges HIPPY-Kind