Erfahrungsbericht Von Lukas Hennings

Auslandsjahr an der University of Calgary in Alberta, Kanada September 2015 bis April 2016 Erfahrungsbericht Von Lukas Hennings Wandern am Lake Lo...
Author: Gerrit Wagner
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Auslandsjahr an der University of Calgary in Alberta, Kanada September 2015 bis April 2016

Erfahrungsbericht Von Lukas Hennings

Wandern am Lake Louise





Motivation & Bewerbung Bereits vor Studienbeginn stand für mich fest, dass ich ein Teil meines Bachelorstudiums im Ausland verbringen möchte. Ich machte mich also schon im ersten Semester auf die Suche nach dem richtigen Programm für mich. Ich hörte mich beim IZ und in der Fachgruppe Bau nach Möglichkeiten um und stieß somit recht schnell auf eine der ehemaligen Teilnehmer des ISAP–Programms mit der University of Calgary. Wir setzten uns noch am selben Tag zum Gespräch zusammen und ihre Begeisterung für das Austauschprogramm sprang sofort auf mich über. Durch das lange Bestehen der Kooperation zwischen IBB und der UofC ist es möglich, fast alle in Calgary belegten Fächer an der Uni Stuttgart anrechnen zu lassen und somit den Austausch nahezu nahtlos in die Regelstudienzeit einzufügen. Wer sich vorher schon über andere Programme informiert hat, weiß dass das im Bachelor Bauingenieurwesen keine Selbstverständlichkeit ist. Leben und Studieren an der University of Calgary in der englischsprachigen Provinz Alberta, machen den Umgang mit Fachvokabular auch ohne große Vorkenntnisse in Englisch ganz leicht. Mit den Rocky Mountains direkt vor der Haustür wird den Austausch zu einem echt kanadischen Wintererlebnis und bietet einen großen Reiz für Bergabenteurer und Wintersportler. Durch die großzügige Unterstützung des DAAD waren auch meine finanziellen Bedenken aus dem Weg geräumt. Es war also alles perfekt – musste nur noch die Zusage her! Ich fieberte somit schon jetzt auf den Infoabend hin und war motiviert alle zur Bewerbung notwendigen Vorrausetzungen zu erfüllen. Als dann das Auswahlgespräch endlich kam war ich super nervös. Ich wusste zwar von Erzählungen, dass mich eine lockere Atmosphäre erwartete, dennoch war mir auch bewusst, dass dieses Gespräch letztendlich entscheidet, ob man einen der begehrten Plätze an der UofC bekommt. Nach dem Gespräch bekam ich zunächst eine Absage und da kein anderes Programm für mich in Frage kam, stellte ich mich darauf ein mein Studium in Stuttgart zu verbringen.

Anfang Juli wurde mir jedoch dann Bescheid gegeben, dass einer der Teilnehmer abspringen musste und somit ein Platz für mich frei war. Alle Beteiligten beim IBB, der UofC und dem IZ haben sich ins Zeug gelegt es möglich zu machen so kurz vor Semesterbeginn den Studienplatz und das Stipendium weiter an mich zu vergeben. Nachdem klar war dass es klappt, war ich überglücklich. Jetzt musste alles schnell gehen.

Vorbereitungen Da zum Zeitpunkt meiner Zusage die offizielle Bewerbungsfrist für die Wohnheime abgelaufen war, beschloss ich außerhalb des Campus eine Unterkunft zu suchen. Im Internet werden wirklich sehr viele WG-Zimmer angeboten und wer den Wohnungsmarkt in Stuttgart gewohnt ist, wird sich wundern wie viel positive Rückmeldung man auf Anfragen bekommt. Es gestaltete sich jedoch etwas schwieriger ein Vertrauensverhältnis über die Entfernung herzustellen, sodass das Zimmer reserviert wird ohne irgendwelche Anzahlungen machen zu müssen. Nach ein paar Skype-Gesprächen fand ich aber einen Vermieter der einwilligte ein Zimmer für mich freizuhalten und mich sogar vom Flughafen abzuholen. Wohnen außerhalb des Campus ist generell günstiger und man bekommt größere Zimmer, eventuell Parkmöglichkeiten und vor allem größere Betten. Der Campus der UofC ist riesig und so war meine Wohnung zu manchen der Engineering Gebäude sogar näher zu Fuß als zum Beispiel vom Cascade-Hall. Man sollte sich allerdings im Klaren sein, dass sich das meiste soziale Leben in den Wohnheimen abspielt, wo viele internationale Studenten wohnen und immer etwas los ist. Zu meinem Glück war ich schon gut mit den anderen drei Teilnehmern aus Stuttgart befreundet, die alle im Cascade wohnten und verbrachte dadurch automatisch viel Zeit im Wohnheim um viele neue Kontakte zu knüpfen. Um das Visum zu beantragen braucht man den sogenannten „Enrollment Letter“ aus Calgary, den Stipendienvertrag und möglicherweise etwas mehr Geduld als man erwartet. Wer nach dem Semesterende im April noch etwas länger in Kanada bleiben möchte, kann beruhigt bei Studiendauer 12 Monate angeben, um beim Ausreisen keine Probleme zu bekommen.

Obwohl ich recht spät dran war fand ich bei Condor noch einen Flug für knapp unter 500€. Mit meinem Konto bei der Deutschen Bank konnte ich bei Automaten der Scotiabank, die wirklich überall zu finden sind, immer kostenlos Geld abheben. Bei Trips in den USA ging das auch bei der Bank of America. Eine Auslandsversicherung habe ich beim ADAC abgeschlossen. Das geht problemlos und man bekommt sofort die schriftliche Bescheinigung. Gebraucht habe ich diese zum Glück nie. Man sollte sich vor Abreise auch schon einmal mit dem Onlineportal der Uni Calgary auseinandersetzen. Hier kann man seinen Stundenplan einsehen und schauen ob auch alles so eingetragen ist, wie man es angegeben hat. Man kann auch schon ein Bild für die Unicard hochladen, sodass diese zur Abholung bereit liegt und man direkt kostenlos die öffentlichen Verkehrsmittel damit nutzen kann.

Ankunft Als ich in Calgary landete wurde ich von meiner neuen WG direkt mit kanadischer Freundlichkeit empfangen. Mir wurde das typische Gericht Poutine serviert, also Pommes mit Bratensoße, Bacon und Käse. Da ich nur einen späteren Flug bekommen habe, hatte ich nur ein Wochenende bevor die Uni losging. Die drei anderen Stuttgarter Anne, Helen und Fred hatten sich schon auf dem Campus eingelebt und konnten mir helfen mich zurechtzufinden. Die Stadt Calgary wirkt trotz ihrer Größe recht klein und übersichtlich. Man findet sich schnell zurecht und fühlt sich sofort wohl. Die eigentliche Innenstadt hat außer dem bekannten Calgarytower und einer Einkaufsstraße nicht wirklich viel zu bieten, aber die Stadtviertel Inglewood und Kensington sind sehr aufgeweckt, mit vielen schönen Cafés, Einkaufsmöglichkeiten und sogar einer kleinen Kunstszene. Ich entschied mich dagegen eine Sim-Karte für mein Handy zu kaufen, da das mit sehr hohen Kosten verbunden ist und es sowieso an jeder Ecke frei zugängliches Internet gibt.

Studieren an der UofC Anders als an der Uni Stuttgart, bestehen die Kurse in Calgary aus sehr kleinen Gruppen. Es herrscht ein sehr persönliches Verhältnis und man merkt, dass sich Dozenten und Studenten schon aus vorherigen Kursen kennen und nicht selten werden auch Professoren mit Vornamen angesprochen. Mindestens die Hälfte der Endnote in allen Kursen setzt sich aus Hausübungen, Projekten und Midterms, die während des Semesters zu bearbeiten sind, zusammen. Diese können mitunter sehr zeitaufwendig sein und wer noch etwas Zeit für die Berge oder Freunde haben will sollte sich die Arbeit gut einteilen. Wenn man neu an die Uni kommt, ermöglicht einem dieses System sich selbst einzuschätzen und so weiß man wo man steht. Das nimmt dann etwas den Druck von den Finals. Meine Kurswahl im Fall Term: -

ENCI 551 Structural Engineering 2: Anrechenbar als Baustatik

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ENCI 513 Structural Concrete Materials and Design: zusammen mit ENCI 557anrechenbar als WeKo

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ENCI 523 Geotechnical Engineering 2: anrechenbar als Geotechnik 2

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ENCI 581 Environmental Engineering 2 anrechenbar als Siedlungswasserwirtschaft

Meine Kurswahl im Winter Term: -

ENCI 557 Structural Steel Design Zusammen mit ENCI 513 anrechenbar als WeKo

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ENCI 653 Theory and Applications of the Finite Element Method anrechenbar als Finite Elemente

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ENCI 473 Transportation Engineering 1 anrechenbar als Verkehrsplanung und Verkehrstechnik

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Engg 209 Engineering Economics nicht anrechenbar

Bei der Kurswahl muss beachtet werden, dass sich keine Veranstaltungen überschneiden dürfen. Man muss also möglicherweise abwägen welche Kurse wichtiger für einen sind um die richtige Fächerkombination zu finden.

Aktivitäten Als Ausgleich zum ganzen Lernprogramm hat die Uni Calgary ein gigantisches Sport- und Freizeitprogramm zu bieten. Neben Möglichkeiten auf dem Campus wie Squash, Basketball, Gym, Klettern, Schwimmhalle, Eishalle und vieles mehr , bietet das Outdoor-Center echte Erlebnistouren wie Eisklettern, Schneewandern oder auch Kayaktouren an. Das meiste ist mit der Unicard frei zugänglich.

Paddeln auf dem Bow Lake



Um Ausflüge auf eigene Faust zu unternehmen ist ein Auto fast unabdingbar. Tagesmieten sind unkompliziert und in der Gruppe gut bezahlbar. Bei großen internationalen Autovermietungen ist es, aufgrund des Wechselkurses in der Regel billiger die Reservierung über die deutsche Internetseite zu machen. Ich selbst habe mich dafür entschieden ein Auto zu kaufen, da ich große Reisepläne für nach dem Semester hatte. Wer sich ein bisschen auskennt, oder jemanden mitnimmt der etwas davon versteht, kann wirklich billig ein Auto in Calgary bekommen. Versicherung und Zulassung kann alles ganz einfach am Telefon abgeschlossen werden. Da ich außerhalb des Campus gewohnt habe waren Parken oder ein paar kleine Arbeiten am Auto kein Problem. Um die Schönheit der Rockies noch in Farbe zu erleben sollte man noch früh im Fall Term zum Beispiel an den Lake Louise, zum Wandern, Kayak fahren oder einfach nur zum Entspannen gehen. Der neben an gelegene Lake Moraine ist ein kleiner Geheimtipp und wirkt viel natürlicher. Dessen Zufahrtstraße wird und bleibt allerdings fast schon ab dem ersten Schneefall geschlossen.

Moraine Lake

Während jedes Semesters gibt es eine veranstaltungsfreie Woche, die Reading Week. Die erste ist im November, diese nutzten wir um einen Ausflug nach Vancouver und Vancouver Island zu machen. Die zweite ist im Februar, auch bekannt als Skibreak. Wir beschlossen also auf in das fünf Autostunden entfernte Revelstoke zu fahren. Jeder der Tiefschnee liebt sollte gerade dieses Skigebiet nicht verpassen.

Schneeschuhwandern in den Rockies

Durch die andere Taktung der Semester, entsteht im April nach quasi drei Semestern am Stück eine Lücke von guten fünf Monaten bis das Studium im Oktober in Stuttgart weiter geht. Für diese Zeit organisierte ich mir ein Praktikum ab Ende August und so blieben immer noch vier Monate um etwas von der Welt zu sehen. Ich fuhr also mit meinem Auto los, immer Richtung Süden bis nach Panama.

Shuswap Lake



Fazit Ich hatte große Erwartungen mich in diesem Jahr in Calgary persönlich und fachlich weiterzubilden. Meine Erwartungen wurden bei weitem übertroffen. Mein ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Bischoff und Renate Sachse, die sich dafür eingesetzt haben so kurzfristig alles möglich zu machen und dem DAAD für die notwendige finanzielle Unterstützung. Für die Zukunft hoffe ich, dass das Austauschprogramm noch sehr lange erhalten bleibt, um vielen weiteren Studenten die unbeschreibliche Erfahrung zu ermöglichen.