Erfahrungsbericht: Praktikum in Tansania

Erfahrungsbericht: Praktikum in Tansania Zeitraum: 21.08. - 30.9.2011 Autorin: Julia Berger Tätigkeit: Praktikum Land: Tansania 1 Inhalt Ei...
Author: Gerhardt Martin
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Erfahrungsbericht: Praktikum in Tansania

Zeitraum:

21.08. - 30.9.2011

Autorin:

Julia Berger

Tätigkeit:

Praktikum

Land:

Tansania

1

Inhalt Einleitung ................................................................................................................................... 3 1. Was vor dem Aufenthalt zu beachten ist ............................................................................... 3 1.1.

Eine Praktikumsstelle finden ....................................................................................... 3

1.2.

Medizinische Vorsorge, Versicherung und Flug buchen ............................................ 3

1.3.

Ein Visum beantragen ................................................................................................. 4

1.4.

Sprachkurs ................................................................................................................... 5

2. Mein Praktikum bei Kivulini .................................................................................................. 5 2.1. Motivation für das Praktikum bei Kivulini ...................................................................... 5 2.2. Vorstellung der Frauenrechtsorganisation Kivulini......................................................... 7 2.3. Meine Tätigkeiten während meines Praktikums.............................................................. 9 2.4. Bewertung meines Praktikums ...................................................................................... 12 3. Aufenthalt in Mwanza .......................................................................................................... 13 4. Aktivitäten in Tansania ........................................................................................................ 14 3.1. Serengeti ........................................................................................................................ 15 3.2. Kilimanjaro .................................................................................................................... 16 3.3. Sansibar ......................................................................................................................... 17

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Einleitung Während des Zeitraums vom 21. August bis zum 30. September machte ich mein Pflichtpraktikum (PvB) in Mwanza, Tansania. Die Idee dafür entstand nachdem ich eine Informationsveranstaltung des International Office zum Thema Auslandsaufenthalt besuchte. Durch meine Teilnahme an den Sprachkurs „Kiswahili“ und dem Tansania-Abend im letzten Wintersemester wurde mein Interesse an einem Auslandsaufenthalt weiter gestärkt. Für mich war klar, dass ein Praktikum im Ausland mir sicherlich viel mehr Erfahrungen und Kompetenzen einbringen würde, als ein Praktikum in Deutschland. Der vorliegende Erfahrungsbericht soll nun anderen Interessenten dazu dienen, einen kleinen Einblick in mein Praktikum bei der tansanischen Organisation Kivulini zu bekommen. Daneben sollen Informationen über meine Vorbereitung dazu dienen weitere Informationen über einen möglichen Auslandsaufenthalt zu sammeln und das Interesse wohlmöglich zu verstärken.

1. Was vor dem Aufenthalt zu beachten ist 1.1. Eine Praktikumsstelle finden Zunächst war es natürlich wichtig eine Praktikumsstelle zu finden. Dazu nutzte ich die Zusammenstellung der Universität Vechta von möglichen Praktikumsstellen in Mwanza. Alle für mich interessanten Organisationen beschloss ich per E-Mail anzuschreiben, da der Postweg mir zu lange dauerte und auch zu unsicher erschien. Von meinen sechs Anschreiben per E-Mail bekam ich leider aber nur zwei Antworten. Eine davon war von Kivulini, bei der ich letztlich auch mein Praktikum machte. Um noch genug Zeit für alle organisatorischen Vorbereitungen zu haben, schickte ich die Bewerbungen bereits im Februar weg. Für alle Interessenten die vor haben ein Praktikum bei einer tansanischen Organisation zu machen, kann ich nur sagen, dass es normal ist, wenn die Organisation nicht gleich antwortet oder es sehr lange dauert bis man eine Antwort bekommt. Auch die Bitte nach einer offiziellen Bestätigung samt Unterschrift und Stempel für die Universität blieb leider von Kivulini unbearbeitet. Allerdings akzeptierte die Universität Vechta auch einen Ausdruck der E-Mail, in der mir die Praktikumsstelle zu gesichert wurde.

1.2. Medizinische Vorsorge, Versicherung und Flug buchen Im nächsten Schritt besorgte ich mir, zusammen mit einer Kommilitonin die ebenfalls nach Tansania fliegen wollte, einen Termin bei einer Tropenärztin, um mich über alle empfohlenen Impfungen zu informieren. Ich entschied mich nach dem Beratungsgespräch für eine Impfung 3

gegen Gelbfieber, Typhus und Hepatitis A und B. Es wurde uns gesagt, dass keine der Impfungen für die Einreise nach Tansania verpflichtend sei. Tatsächlich ist es bei einer Einreise von Kenia nach Tansania aber verpflichtend eine Gelbfieberimpfung vorweisen zu können. Für alle deren Flug ebenfalls über Nairobi führt, ist diese Impfung also verpflichtend! Es empfiehlt sich die Impfungen frühzeitig zu machen. Bei mir fehlten ebenfalls noch einige Auffrischungen wie Mumms, Masern, Röteln und Tetanus-Polio. Da es sich bei diesen Impfungen zum Teil um Lebendimpfungen handelt, musste ich zum Teil vier Wochen warten bis ich die nächste Impfung bekommen konnte. Um den Körper nicht zu überfordern, begann ich deswegen schon drei Monate im Voraus mit den Impfungen. Außerdem entschied ich mich dazu die Malariaprophylaxe Lariam einzunehmen, da Tansania ein Malariagebiet ist. Natürlich kann man durch lange Kleidung und Schutzmittel versuchen Moskitostiche zu vermeiden, allerdings kann ich dazu nur sagen, dass es mir trotz der Vorsichtsmaßnahmen nicht gelungen ist Moskitostiche zu vermeiden. Stattdessen war ich während meines Aufenthalts regelrecht zerstochen. Daher empfiehlt es sich auch ausreichend Salben gegen Moskitostiche mitzunehmen. Im Juni buchte ich dann den Flug nach Tansania. Insgesamt dauert die Reise von Hannover, über Amsterdam und Nairobi nach Mwanza fast 14 Stunden. Zusammen mit dem Flug buchte ich außerdem eine Reiseversicherung. Diese beinhaltete zum Beispiel eine ReiserücktrittsVersicherung, eine Reisekranken-Versicherung oder eine Reisegepäck-Versicherung. Zum Glück musste ich kein Angebot des Service in Anspruch nehmen. Trotzdem würde ich jeden Tansaniareisenden eine Reiseversicherung empfehlen.

1.3. Ein Visum beantragen Ich habe mein Visum zwei Monate vor Reisebeginn bei der tansanischen Botschaft in Berlin beantragt. Für den Antrag wurde ein gültiger Reisepass verlangt, sowie eine Kopie des Flugtickets, ein Passbild und der ausgefüllte Antrag, den ihr auf der Homepage der tansanischen Botschaft herunterladen könnt. Das Visum kostet 50€, wenn man es vorher in Deutschland holt. Allerdings kann man das Visum auch direkt in Mwanza noch beantragen. Dafür muss man vor Ort ein Formular ausfüllen und zahlt 50 US-$, was umgerechnet weniger Geld ist, als wenn man es in Deutschland holt. Deswegen würde ich jedem dazu raten, der für einen kurzen Zeitraum von höchstens 90 Tagen in Tansania ist, das Visum nicht in Deutschland zu beantragen, sondern erst direkt in Mwanza zu holen!

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1.4. Sprachkurs Die Amtssprache in Tansania ist Kiswahili. Allerding lernen die Tansanier schon sehr früh Englisch in der Schule, weswegen die meisten Menschen dort auch sehr gutes Englisches sprechen. Trotzdem ist es jedenfalls von Vorteil, wenn man etwas Kiswahili spricht. An der Uni wird jedes Semester ein Sprachkurs in Kiswahili angeboten. Ich besuchte ebenfalls zwei Semester lang diesen Sprachkurs. Da insbesondere die eher ungebildeten und ärmeren Tansanier gar kein Englisch oder nur sehr wenig Englisch sprechen ist es von Vorteil zu mindestens ein paar Grundlagen in Kiswahili zu beherrschen.

2. Mein Praktikum bei Kivulini

2.1. Motivation für das Praktikum bei Kivulini Als Hauptmotivation für mein Praktikum bei Kivulini kann ich vor allem den Reiz an neuen Erfahrungen in einem afrikanischen Land nennen. Im Ausland erhoffte ich mir nicht nur neue Einblicke in eine fremde Organisation zu bekommen, sondern nebenbei auch noch andere Komponenten kennenzulernen, die man im eigenen Heimatland in diesem Ausmaß nicht erfährt. Dazu gehören zum Beispiel die Auseinandersetzung mit einer völlig fremden Kultur, aber auch die Intensivierung meiner sprachlichen Kompetenzen, insbesondere Englisch und nebenbei das Kennenlernen der völlig fremden Sprache Kiswahili. Außerdem erhoffte ich mir auch wichtige Qualifikationen wie Selbstständigkeit, Beachtung von kulturellen Faktoren und fremden Denkweisen sowie soziale Kompetenzen zu verbessern. Da ich gerne etwas völlig neues Kennenlernen wollte, war es für mich wichtig ein Land auszuwählen welches völlig fremd von unserer Kultur ist. Daher entschied ich mich für das afrikanische Land Tansania. Dabei reizte es mich auch sechs Wochen in völlig fremden Lebensumständen zu leben, 5

inklusiver mangelnder Strom- und Wasserversorgung, fremder Sitten und Traditionen und einer völlig anderen Esskultur. Aber auch die Organisation Kivulini reizte mich sehr. Zum einem existiert die Organisation in einem Umfeld in dem sehr ernste Probleme angegangen werden, die mit Organisationen in Deutschland kaum vergleichbar sind. So kümmert sich Kivulini beispielweise um die Rechte von Frauen und Kindern, sowie insbesondere um Kinderarbeit und häusliche Gewalt. Beide Tatsachen sind in Tansania ein vorherrschendes Problem und ihre Bekämpfung steht im Mittelpunkt vieler Organisationen. Daher fand ich es sehr interessant eine neue Erfahrung in diesem Bereich zu machen. Zum anderen wollte ich aber auch einmal das Gefühl haben wirklich irgendwo zu helfen, wo Hilfe dringend benötigt wird. Diese Form von Hilfe ist in einem Entwicklungsland wie Tansania einfacher zu erbringen als in einem Land wie Deutschland. Deswegen erhoffte ich mir auch persönlich mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen und der Organisation aktiv helfen zu können. Zusätzlich motivierte es mich, dass mich die Direktorin von Kivulini schon vor meinem Praktikumsbeginn fragte, ob ich bereit wäre ein eigenes kleines Projekt während meines Praktikums durchzuführen und somit selbständig zu arbeiten. Aus Erfahrungen von vorherigen Praktika wusste ich, dass selbstständiges Arbeiten nicht immer eine Selbstverständlichkeit während eines Praktikums ist. Meine Erwartungshaltung war dementsprechend sehr groß und ich erhoffte mir viele neue Erfahrungen und Eindrücke während meines Praktikums in Tansania.

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2.2. Vorstellung der Frauenrechtsorganisation Kivulini Tansania gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Zudem führen mangelnde Bildung und der Glaube an falsche Werte zur Unterdrückung der Rechte von Frauen und Kindern in dem Entwicklungsland. Um gegen diese Missstände zu kämpfen entstanden in den letzten Jahren immer mehr Organisationen und Einrichtungen, die sich um das Wohl von Frauen und Kindern kümmern. Zu diesen Organisationen gehört auch Kivulini-Women`s Right Organisation, eine NGO die 1999 von sechs Frauen in Mwanza gegründet wurde. Aufgrund der starken Problematik von häuslicher Gewalt gegen Frauen und ihrer Unterdrückung von Rechten sahen es diese sechs Frauen an der Zeit etwas gegen diese Probleme zu unternehmen. Zudem war der Schwerpunkt der Frauenrechte in einer tansanischen Hilfsorganisation zu dieser Zeit einzigartig in der Region um Mwanza. Vier der Mitgründerinnen, darunter auch die Direktorin Maimuna Kanyamala, arbeiten auch heute noch bei Kivulini. Ihren Hauptsitz hat Kivulini auch heute noch in Mwanza, der zweitgrößten Stadt Tansanias, in der Region des Viktoriasees. Wegen des hohen Bedarfs an Hilfsorganisationen wurden in den letzten Jahren noch vier weitere Nebenstellen von Kivulini in Tansania eröffnet. Die Anerkennung und Wirkung der Arbeit von Kivulini zeigt sich aber zum Beispiel auch darin, dass Maimuna Kanyamala in diesem Jahr den jährlich verliehen Titel „Tanzanian Women of Courage“ von der amerikanischen Botschaft verliehen bekam. Das Wort Kivulini stammt aus der kiswahilischen Sprache und bedeutet übersetzt so viel wie „im Schatten“. Damit soll ein sicherer Ort impliziert werden, ein Ort an dem Menschen geholfen wird und in dem sie sich in Sicherheit wissen können. Während Kivulini zunächst als Frauenrechtsorganisation gegründet wurde, die vor allem auf den Aspekt der häuslichen Gewalt gegen Frauen fokussierte, spricht Kivulini heute alle benachteiligten Gruppen der Bevölkerung an. Dazu gehören neben Frauen vor allem Kinder und Jugendliche. Da der Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als häusliche Kinderarbeiter (Child Domestic Worker) ebenfalls ein großes Problem in Tansania darstellt, bildet dieser Aspekt mittlerweile den zweiten Schwerpunkt von Kivulini. Die Arbeit von Kivulini basiert auf sechs Säulen: Capacity Building1, Community Mobilisation2, Youth Engagement3, Advocacy4, Monitoring and Evaluation5 und Administration and Finance6. 1

Englisch für: Kompetenzbildung, Kapazitätenbildung Englisch für: Gemeinschaft-Mobilisierung 3 Englisch für: Jugendengagierung 4 Englisch für: Interessenvertretung 5 Englisch für: Überwachung und Bewertung 6 Englisch für: Verwaltung und Finanzierung 2

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Capacity Building ist der Bereich indem eine Vielzahl von Akteuren aus- und weitergebildet werden, um den Fokus der Menschenrechte, der häuslichen Gewalt und das Rechtssystem nicht nur selbst besser kennenzulernen, sondern das neu erlernte Wissen auch an andere Menschen weiterzugeben. Zu der auszubildenden Zielgruppe gehören vor allem Community Leader, Lehrer, Arbeiter in der Gesundheitspflege, Mitarbeiter der Regionalverwaltung und Mitglieder des Gerichtshofs. Durch die Mitarbeit von Menschen mit Vorbildfunktionen und Autorität erhofft man sich zukünftig, die Einstellungen der Menschen, insbesondere in den ländlicheren Regionen, zu verändern. Als zweites ist der Bereich Community Mobilisation zu nennen. Dieser Bereich beschäftigt sich vor allem mit den Communities und häuslicher Gewalt. Die Mitarbeiter versuchen Wege zu finden um veraltete Denkweisen und Traditionen durch Filme, Demonstrationen, Theateraufführungen,

Diskussionsrunden

und

Informationsbroschüren

mit

neuen

Einstellungen zu ersetzen. Da Kivulini weiß, dass sich Haltungen und Denkweisen nur sehr langsam ändern lassen und es einen sehr langen Prozess darstellt, um das Verhalten zu ändern welches Frauen und Kindern schadet, arbeitet dieser Bereich eng mit verschiedenen Community-Freiwilligen zusammen, da diese einen größeren Einfluss auf ihre Community haben und als enge Kontaktpersonen fungieren. Der Bereich Youth Engagement fokussiert das Recht von Jugendlichen7. Themen die hier behandelt werden sind vor allem die Gewalt gegen Kinder, Prävention von Drogen- und Alkoholmissbrauch, und die Bekämpfung des Problems von HIV/ Aids. Neben Aufklärungskampagnen, setzt man vor allem auf die Methode „Solution Focused Approach“ oder zu Deutsch die „lösungsorientierte Beratung“. Hierbei wird der Klient bekräftigt seine eigenen Probleme alleine zu lösen. Kivulini gibt nicht nur Workshops für Kinder und Jugendliche, sondern bildet auch verschiedene Personengruppen, wie zum Beispiel Lehrer, in dieser Methode aus. Daneben organisiert Kivulini auch Sport-Events für Jugendliche, hat ein eigenes Radioprogramm, welches von Jugendlichen geleitet wird, und setzt sich für die Rechte von Kinderarbeitern ein. Außerdem unterstützt Kivulini seit 2010 die Bildung eines Jugendparlaments, welches die Interessen der Jugendlichen vor Ort unterstützt. Advocacy bezeichnet die Abteilung, die rechtliche und politische Angelegenheiten klärt und vertritt. Im Fokus stehen die Verbesserung von Gesetzen, Politik und Strukturen um die Gewalt gegen Frauen und Kindern zu bekämpfen. Um dieses Ziel zu erreichen arbeitet dieser Bereich eng mit den Medien zusammen. Regelmäßig sollen so Informationen und Kampagnen publik gemacht werden. Durch die zusätzliche enge Zusammenarbeit mit den 7

In Tansania zählt man Menschen im Alter von 13 bis 32 Jahre als Jugendliche.

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Communitys erhofft man sich ein Sprachrohr, welches in der lokalen und nationalen Politik ein Gehör findet. Der Bereich Monitoring and Evaluation überwacht alle Aktivitäten von Kivulini. Durch Datenanalysen und Statistiken werden die Erfolge und Misserfolge der verschiedenen Kampagnen und Aktionen von Kivulini analysiert. Dadurch wird gewährleistet das mögliche Fehlentscheidungen oder –Investitionen sofort erkannt werden und zukünftig anders interveniert wird. Als letzte Abteilung ist Administration and Finance anzuführen. In diesem Bereich sind vor allem das Rechnungswesen und das Personalmanagement wiederzufinden. Momentan sind drei Mitarbeiter für diese Abteilung zuständig. Mehr Informationen erhaltet ihr auf der Homepage: www.kivulini.org

2.3. Meine Tätigkeiten während meines Praktikums Während meines Praktikums bei Kivulini arbeitete ich montags bis freitags täglich von neun bis 17 Uhr. Dabei bekam ich verschiedene Einblicke in die Arbeit der Organisation und konnte sogar einige selbstständige Tätigkeiten übernehmen. Da Kivulini eine sehr große Organisation mit verschiedenen Abteilungen ist und man mit vielen anderen Organisationen in Mwanza zusammen arbeitet, erschien es zunächst sinnvoll die Organisation näher kennenzulernen. Dafür bekam ich die ersten beiden Tage eine sogenannte „Orientation“8. Dabei erklärte mir einer der Mitarbeiter zunächst die Aufgaben und Ziele von Kivulini. Danach wurde ich durch jede Abteilung der Organisation geführt und jeder der Mitarbeiter stellte sich bei mir persönlich vor. Dabei erfuhr ich auch, welche speziellen Aufgaben jede Abteilung und jeder Mitarbeiter übernimmt. Am nächsten Tag wurde ich dann zu verschiedenen Organisationen geführt, die von Kivulini ins Leben gerufen wurden und daher eng mit Kivulini zusammenarbeiten. Diese Organisationen werden alle von Freiwilligen geleitet und beschäftigen sich ebenfalls mit den Schwerpunkten häusliche Gewalt oder Kinderarbeit. Nachdem ich in die verschiedenen Tätigkeiten von Kivulini eingeführt wurde, durfte ich mich für einen Bereich entscheiden in dem ich in den nächsten Wochen tätig werden wollte. Da ich den Bereich des Youth Engagement auch hinsichtlich meines Studiums sehr interessant fand, entschied ich mich für diesen Bereich. Als erste Tätigkeit durfte ich zusammen mit drei Freiwilligen zu einem Festival namens SabaSaba fahren und an den sogenannten Recruitments9 teilnehmen. Auf diesem Festival 8 9

Englisch für: Orientierung Englisch für: Anwerbung

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haben mehrere Organisationen Stände, um so auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Das Festival findet mehrmals im Jahr statt. Auch Kivulini hatte hier ein Zelt, mit dem Ziel junge Menschen anzuwerben, damit

sie

an

Trainings zu

verschiedenen Themen

wie

Menschenrechte, häusliche Gewalt oder Kinderarbeit teilnehmen. In diesen Trainings oder Workshop erfahren die Teilnehmer etwas über den jeweiligen Themenbereich und was man tun kann, um die bestehenden Probleme zu bekämpfen. Meine Aufgabe war es an mögliche Teilnehmer Informationsbroschüren zu verteilen und von Interessenten Fotos zu machen. Jeder der Interessenten, der sich entschied an einem solchen Workshop teilzunehmen, musste zuvor unterschreiben, dass er weder Frauen noch Kindern Gewalt antun würde oder gegen ihre Menschenrecht verstoßen würde. Aus dem Foto und der unterschriebenen Erklärung erstellten wir am Ende der Recruitments dann Ausweise für die zukünftigen Teilnehmer der Workshops.

Um einen besseren Einblick in die Arbeit des Youth Engagement zu erhalten, durfte ich ebenfalls an zwei verschiedenen Workshops teilnehmen. Der erste Workshop richtete sich an häusliche Kinderarbeiter und dauerte insgesamt fünf Tage. Das Ziel des Workshops war es den Kindern und Jugendlichen ihre Rechte aufzuzeigen und ihnen neue Perspektiven darzulegen. Zusammen mit einer anderen Praktikantin erarbeitete ich dann mit den Jugendlichen Fragenstellungen zum Thema Menschenrechte. Die Ergebnisse wurden 10

anschließend für die anderen Teilnehmer vorgestellt und danach zusammen besprochen. Da die Workshops ausschließlich auf Kiswahili gehalten werden, musste mir stets ein Übersetzer bei der Kommunikation mit den Jugendlichen helfen. Der zweite Workshop richtete sich an Lehrer und bildete sie in der Methode „Solution Focused Approach“ aus. In diesem Workshop sollten die Lehrer darin ausgebildet werden ihre Schüler lösungsorientiert zu beraten, und sie dazu befähigen sich schließlich selbst zu helfen. An diesem Workshop nahm ich hauptsächlich als Beobachter teil, lernte dabei aber auch viel über die Methode „Solution Focused Approach“ und erlernte neue Techniken der Kursführung. Als weitere Aufgaben half ich einigen der Freiwilligen dabei Protokolle und Berichte zu verschiedenen Aktivitäten zu schreiben und las sie anschließend zur Kontrolle. Offizielle Berichte werden bei Kivulini auf Englisch verfasst, da aber insbesondere die Freiwilligenhelfer häufig nur mangelhaftes Englisch sprechen und schreiben brauchen sie jemanden der ihnen dabei hilft die Berichte zu schreiben. Auch konnte ich einer etwas älteren Mitarbeiterin dabei helfen Bilder für einen ihrer Berichte zu bearbeiten und anschließend in den Bericht einzufügen. Auch wenn diese Arbeiten für jemanden aus Deutschland zunächst sehr einfach klingen, war es für die Mitarbeiter von Kivulini doch eine sehr große Hilfe, da für sie der Umgang mit Programmen wie Word teilweise sehr viel Zeit und Mühe bedeutet. Um die child domestic worker und ihre Arbeit besser kennenzulernen, durfte ich einmal zusammen mit ihnen Schmuck erstellen. Kivulini hat eine eigene Werkstatt, in der den Kinderarbeiter neue Fähigkeiten beigebracht werden, wie zum Beispiel das Erstellen von Schmuck oder Kleidung. Das oberste Ziel ist es, das sie sich später mit ihren neuen Fähigkeiten selbstständig machen und sich so eine bessere Zukunft aufbauen können. Der hergestellte Schmuck wird anschließend von den Kinderarbeitern in einem kleinen Geschäft von Kivulini verkauft. So verbrachte ich also einen Tag bei den Jugendlichen in der Werkstatt und lernte von ihnen wie man Armbänder und Ketten aus Perlen und Naturalien, wie zum Beispiel Wassermelonenkerne, selbst herstellen kann. In der dritten Woche meines Praktikums wurde ich dann gefragt, ob ich Interesse daran hätte eine eigene Broschüre zum Thema häusliche Kinderarbeit zu erstellen. Kivulini vertreibt bereits Broschüren zu den Themen häusliche Gewalt und „Solution Focused Approach“. Diese Borschüren sind Teil der Aufklärungsarbeit der Organisation. Als nächstes sollte also auch eine Informationsbroschüre zum Thema häusliche Kinderarbeit bzw. Child Domestic Work erstellt werden. Fortan war dieses Projekt meine vorrangige Tätigkeit beim Praktikum. Zunächst musste ich dafür vergangene Berichte über Projekte für die Child Domestic Worker 11

lesen und Internetrecherche betreiben, um über die Problematik von Kinderarbeit in Tansania ausreichend informiert zu sein. In meinem eigenen kleinen Projekt wurde mir zunächst aufgetragen zwölf Jugendliche zu interviewen die als häusliche Kinderarbeiter arbeiten und denen seit kurzem von Kivulini geholfen wird. Deshalb erstellte ich im nächsten Schritt einen Interviewleitfaden. Zusammen mit einem Übersetzer, der mir alles auf Englisch übersetzte, interviewte ich dann die Kinder zu ihrer Vergangenheit und fragte sie danach wie ihnen durch Kivulini geholfen werden konnte. Anschließend schrieb ich die Interviews in Geschichten um. Zusätzlich dazu führte ich noch zehn Interviews mit sogenannten „Young Woman Leader“. Auch sie waren einmal von häuslicher Kinderarbeit betroffen. Durch die Hilfe von Kivulini konnten sie es aber bereits schaffen sich ein besseres Leben aufzubauen und engagieren sich heute selbst für die Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Frauen. In nächster Zeit sollen die Geschichten in einer Informationsbroschüre veröffentlicht und in Mwanza verteilt werden. Dadurch erhofft man sich auf die Problematik aufmerksam zu machen und Betroffenen Mut zu zusprechen.

2.4. Bewertung meines Praktikums Hinsichtlich meiner Erwartungshaltung neue Erfahrungen zu machen, kann ich sagen, dass diese völlig erfüllt wurden. Bei Kivulini lernte ich eine völlig neue Arbeitsweise kennen, die ich leider aber nicht nur positiv bewerten kann. So herrscht in Tansania eine Mentalität, die ich persönlich nur noch „polepole10-Mentalität“ nenne. Alle Arbeitsvorgänge sind somit sehr langsam und selbst die Erledigung von einfachsten Aufgaben dauert manchmal Stunden oder sogar Tage. Das liegt zum einen daran, dass die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern nicht immer stimmt, zum anderen aber auch daran, dass viele Menschen in Tansania ihre Arbeit nicht ernst nehmen. Um ihre Anwesenheit bei der Arbeit nachzuweisen, müssen sich alle Mitarbeiter morgens in einem Buch eintragen. Leider beobachtete ich immer wieder, dass wenn die Chefin nicht da war sich viele Mitarbeiter morgens nur in das Buch eintrugen und danach direkt wieder nach Hause gingen. Auch war es an der Tagesordnung, dass Mitarbeiter das kostenlose W-Lan für eigene Zwecke benutzten, Zeitung lasen oder für private Einkäufe in die Stadt gingen. Natürlich führt eine solche Arbeitseinstellung dazu, dass Aufgaben liegen bleiben und Potenziale ungenutzt bleiben. Ich finde diese Tatsache sehr traurig, gerade im Hinblick darauf, dass die wenigen wirklich engagierten Mitarbeiter, wie zum Beispiel die Gründungsmitglieder von Kivulini, alleine nur einen sehr geringen und langsamen Fortschritt erreichen können. Zusammenhängend mit der „polepole-Mentalität“ kam es so auch leider 10

Polepole ist das kiwahilische Wort für langsam, und wird von den Einheimischen sehr häufig verwand.

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dazu, dass ich mich häufig unterfordert fühlte, da ich die mir aufgetragenen Aufgaben viel schneller erledigte als es die tansanischen Mitarbeiter gewöhnt waren. Viele meiner Arbeitstage verbrachte ich somit auch hauptsächlich mit Warten. Positiv konnte ich aber die sehr freundschaftliche und herzliche Atmosphäre zwischen den Mitarbeitern bewerten. Viele der Mitarbeiter sind auch privat eng befreundet und man hatte immer das Gefühl, dass sich alle untereinander wertschätzen und respektieren. Auch mir gegenüber waren alle Mitarbeiter sehr aufgeschlossen und versuchten mich, wenn auch auf ihre ganz eigene Art, mit einzubinden. Viele der Mitarbeiter fragten mich sogar nach Verbesserungsvorschlägen und Kritik, was mich persönlich sehr überraschte. Als Praktikantin ist es hier in Deutschland nicht immer selbstverständlich, dass man von den ausgelernten Fachkräften ernst genommen wird und dementsprechend eigene Projekte übernehmen darf. Auch wenn meine Aufgabe, die Texte für eine Informationsbroschüre über Child Domestic Work zu schreiben, vielleicht keine Arbeit war, die ich zuvor von einer afrikanischen Hilfsorganisation erwartet habe, konnte ich mich trotzdem aktiv mit in die Organisation einbinden, was mir sehr gut gefallen hat. Durch das Projekt bekam ich ebenfalls Kontakt zu Menschen mit wirklich erschreckenden Geschichten, die mich heute noch tief berühren. Zudem konnte ich Techniken aus der qualitativen Sozialforschung wie das Führen von Interviews, welche ich im Studium fast ausschließlich in der Theorie erlernt habe, nun auch in der Praxis umsetzen. Auch wenn nicht jeder meiner Erfahrungen positiv war oder wie von mir zuvor erwartet, kann ich mein Praktikum aber nur positiv bewerten. Letztlich muss ich sagen, dass ich so viele neue Erfahrungen und Erkenntnisse gewinnen konnte, insbesondere auf menschlicher Ebene, die ich in der Form niemals in einer Praktikumseinrichtung in Deutschland hätte machen können.

3. Aufenthalt in Mwanza Während meines Aufenthalts in Mwanza war ich zunächst für eine Woche in dem Gasthause der St.Augustine University untergebracht. Danach wohnte ich die nächsten fünf Wochen zusammen mit zwei Kommilitonen aus Vechta in einem der privaten Gasthäuser auf dem Campus der Universität. Dort hatte jeder von uns ein eigenes Zimmer, zudem hatten wir eine Küche, eine Dusche und eine Toilette, sowie eine große Wohnstube für uns. Im Gegensatz zu anderen Unterkünften in Tansania stellte sich unsere Unterkunft bald als Luxus heraus.

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Wer sich auf das Abenteuer Tansania einlassen will, sollte sich auf regelmäßige Stromausfälle, was wir fast täglich für mehrere Stunden hatten, und kalte Duschen oder sogar gar kein fließendes Wasser für mehrere Tage einstellen.

Langweilig wurde es in Tansania eigentlich nie. So hatten wir schon innerhalb der ersten Tage sehr viele neue Bekanntschaften. Zum einen ist man als weiße sehr interessant für die Einheimischen, zum anderen bekommt man aber auch sehr schnell in Kontakt mit den wenigen Weißen. So wurde die die einzige Pizzeria der Stadt (Kuelena) schnell zu unserem Treffpunkt. Also auch Studenten die vor haben alleine nach Tansania zu reisen, müssen keine Angst haben, dass sie die nächsten Wochen dort alleine verbringen müssen! Als weiteren Tipp kann ich alle zukünftigen Tansania-Fahrer, dazu raten unbedingt Preise auf Märkten (weniger in Geschäften) runterzuhandeln. Als Weiße wird einen schon mal schnell ein sehr viel höherer Preis genannt, als den Einheimischen. Daher empfiehlt es sich möglichst auf kiswahili mit den Händlern zu verhandeln, denn so bekamen wir auch (fast) immer einen deutlich geringeren Preis als den erstgenannten.

4. Aktivitäten in Tansania Neben meinem Praktikum war es mir natürlich auch sehr wichtig etwas vom Land zu sehen. Drei Reisen standen dabei ganz oben auf meiner Liste: Serengeti, Kilimandjaro und Sansibar.

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3.1. Serengeti

Die Serengeti ist von Mwanza aus mit dem Auto in etwa 1,5 Stunden zu erreichen. Somit ist ein Ausflug in den berühmten Nationalpark unbedingt zu empfehlen. Zusammen mit einer anderen Deutschen und zwei Österreichern, die wir in Mwanza kennen lernten, haben wir uns ein Auto gemietet und fuhren am Samstagnachmittag zunächst in den kleinen Ort Lamadi, der nur zehn Minuten von der Serengeti entfernt ist. Dort hatten wir noch die Gelegenheit eine Bootstour auf dem Viktoriasee zu machen und waren zu Gast bei einem Einheimischen (ein Freund unseres Fahrers). Am nächsten Tag brachen wir um halb sieben auf in die Serengeti. So konnten wir den ganzen Tag dort verbringen und mussten nur einmal den Parkeintritt von 50 US-$ bezahlen. Es empfiehlt sich unbedingt Einheimische dabei zu haben. So hatten wir mit unseren Fahrer, einen Ranger, sowie zwei weiteren Tansanier, ausgezeichnete Parkführer bei uns. Deswegen durften wir uns zum Beispiel auch exklusiv zwei der Luxuslodges anschauen und zwischendurch bei den Nilpfferd-Pools aussteigen. Insgesamt kostete der zwei-tägige Ausflug in die Serengeti etwa umgerechnet 100€.

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3.2. Kilimanjaro Zum Glück lernten wir in Mwanza einen tansanischen Studenten kennen, der gebürtig aus Arusha kommt. Arusah ist die drittgrößte Stadt in Tansania, und ist etwa eine Stunde mit dem Bus vom Kilimanjaro entfernt. Deshalb entschlossen wir uns für drei Tage mit dem Bus nach Arusha zu fahren, um dort einen Tag zu verbringen und dann am nächsten Tag weiter nach Moshi zu reisen, eine ebenfalls größere Stadt direkt am Kilimandjaro. Um sechs Uhr morgens fuhren wir mit dem Bus von Mwanza nach Arusha. Da die Infrastruktur in Tansania nicht sehr fortschrittlich ist (außerhalb der großen Städte gibt es keinen geteerten Straßen!) dauert die Fahrt fast zwölf Stunden. Falls ihr vorhabt ebenfalls mit dem Bus in Tansania zu fahren beachtet unbedingt: Niemals in der letzten Reihe des Busses sitzen! Aufgrund der nicht geteerten Straßen und der sehr schnellen Fahrweise der Tansanier würde das nur sehr schmerzhaft enden… In Arusha zeigte uns unser einheimischer Freund dann die Stadt, sowie den Snake-Park und wir konnten Kamelreiten. Auch hier stellte es sicher wieder als großer Vorteil heraus einem Einheimischen-Guide bei sich zu haben. Am nächsten Tag fuhren wir dann weiter nach Moshi und schließlich zum Kilimanjaro. Natürlich reicht ein Tag nicht aus, um den Kilimanjaro zu besteigen (dafür braucht man ungefähr eine Woche), trotzdem bin ich sehr froh den „Kili“ wenigstens gesehen zu haben und einen Tag dort zu wandern. Nebenbei konnte ich so noch einen Wasserfall, eine Höhle besichtigen und Chamäleon sehen.

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3.3. Sansibar Als letzte große Unternehmung flogen wir zu dritt, mit den zwei Kommilitoninnen aus Vechta und einer Österreicherin die wir in Mwanza kennenlernten, nach Sansibar. Den Flug buchten wir zwei Wochen vorher in Mwanza. Dann ging es von Mwanza aus nach Dar es Salaam und dann nach Sansibar. Insgesamt dauert der Flug nur etwa zwei Stunden. Wir entschieden uns eine Nacht in Stone Town zu bleiben und weitere drei Nächte an einen der Strände im Osten der Insel (Bwejuu). Von Stone Town aus buchten wir als erstes eine Spice Tour, auf der wir sehr viel über den Anbau von Gewürzen lernten. Auf dem Markt in Stone Town kann man zudem sehr günstig Gewürze kaufen (eine große Tüte Zimt kostet dort umgerechnet nur etwa 1€, vorausgesetzt man kann handeln!), Tücher und andere schöne Souvenirs. Die drei Tage am Strand verbrachten wir dann mit Schnorcheln und einer Delfin-Tour. Bei den Buchungen der Hotels und der Planung unserer Aktivitäten half uns der Reiseführer „Tansania“ von lonelyplanet sehr. Insgesamt kann ich jedem nur empfehlen nach Sansibar zu fliegen. Wenn Zeit dafür bleibt sollte man sich vielleicht sogar mehr Zeit dazu nehmen, um das wunderschöne Sansibar in vollen Zügen zu genießen!

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