Erfahrungsbericht aus Kanada

Erfahrungsbericht aus Kanada 8. Okt 2009 – 31.März 2010 Florian Landsberger und Michael Vollmer Praxissemester am National Research Council in Ottaw...
Author: Victor Lange
6 downloads 2 Views 694KB Size
Erfahrungsbericht aus Kanada 8. Okt 2009 – 31.März 2010

Florian Landsberger und Michael Vollmer

Praxissemester am National Research Council in Ottawa

1

Inhaltsverzeichnis Kurzüberblick ....................................................................................................................................... 3 Vorbereitung ........................................................................................................................................... 4 Erwartungen vor dem Praktikum ........................................................................................................ 4 Unternehmen .......................................................................................................................................... 5 Mitarbeiter .......................................................................................................................................... 5 Tätigkeit ............................................................................................................................................... 6 Bezug zum Studium ............................................................................................................................. 7 Positive Erfahrungen ............................................................................................................................... 9 National Research Council................................................................................................................... 9 Kanada, Land und Leute ...................................................................................................................... 9 Fazit ................................................................................................................................................... 10

2

Kurzüberblick Wir absolvierten unser Praxissemester am National Research Council in Ottawa/Kanada. In Kanada waren wir vom Oktober 2009 an bis zum März 2010. Das National Research Council ist ein staatliches Forschungsinstitut, welches in über 20 verschiedene Institute, aufgeteilt nach Forschungsrichtungen, untergliedert ist. Die Spannbreite der umfassten Forschungsbereiche ist durchaus als umfangreich und ebenso interessant anzusehen. Aufteilen lassen sich die verschiedenen Subinstitutionen in die folgenden fünf Hauptsachbereiche: -

Biowissenschaft Physikwissenschaft Ingenieurwissenschaft Technologie und Industrieunterstützung Unternehmenssteuerung

Die Zweigstellen des NRC’s sind weit über das ganze Land verteilt und bieten im Gesamten ca. 4500 Menschen einen Arbeitsplatz. Da das NRC weltweit hohes Ansehen genießt, findet sich unter den Angestellten auch eine große Zahl ausländischer Fachkräfte sowie Praktikanten aus aller Herren Länder. Unsere Arbeit im NRC in der Abteilung IRC, „Institute for Research in Construction“ beschränkte sich geografisch allein auf den Hauptstandort Ottawa. Das IRC, eines der Fachbereiche, unterteilt sich seinerseits wiederum in folgende Gruppen: -

Akustik Licht Lufthygiene Feuer

Unser Aufgabenfeld lag im Bereich der Akustik. Dort arbeiteten wir aktiv an 2 großen und für die kanadische Holzindustrie bedeutenden Forschungsprojekten. Zum Einen wurde die Anregbarkeit von verschiedenen Holzbalkendecken untersucht und desweiteren wurde die Flankenübertragung von Holzkonstruktionen überprüft. Diese 2 Forschungsprojekte wurden von der COFI in Auftrag gegeben. Die COFI ist die Kanadische Organisation für Forstindustrie, welche sich aufgrund der amerikanischen Baukrise zum Ziel gesetzt hat, neue Märkte für den Holzexport zu gewinnen. Daher wurden die beiden genannten Forschungsprojekte in die kompetenten Hände des NRC/IRC gelegt.

3

Vorbereitung Um in Kanada arbeiten zu dürfen benötigt man ein Visum. Dieses bekommt man mit Arbeitseinladung eines namhaften Arbeitgebers jedoch relativ unkompliziert. Um es zu beantragen, muss man lediglich unter www.canada.de ein Formular online ausfüllen und an die Botschaft in Berlin weitersenden. Die Kosten für die Bearbeitung belaufen sich auf 95 Euro, was im Vergleich zu anderen Visa sehr günstig ist. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass das Visum per Post zugesandt wird und kein persönliches Vorsprechen in der Botschaft nötig ist. Unsere eigentliche Vorbereitung begann jedoch schon einiges früher, als wir uns mit Herrn Fischer in Verbindung setzten und dieser wohlwollend und unterstützend uns den Kontaktaufbau über seine Verbindungen erleichterte. Unser erstes Ziel war, dass wir unser Praxissemester im Ausland absolvieren können. Über Herrn Fischer haben wir dann von einem Institut in Schweden erfahren und eben auch vom National Research Council in Kanada. Das eigentliche Prozedere der Bewerbung am NRC ging relativ schnell über die Bühne. Nachdem wir über E-Mail Kontakt mit den beiden deutschen Mitarbeitern aufgenommen hatten, wurden wir zu einem Telefoninterview eingeladen das als ein Art Bewerbungsgespräch anzusehen war. Es wurde darauf eingegangen welche Qualifikationen und welche Motivation wir mit uns bringen würden und auch natürlich warum wir gerade zum NRC wollen. Des Weiteren wurde uns sehr detailliert erklärt, was uns bevorsteht und was deren Erwartungen sind. Frei nach dem Motto „Man wächst mit der Herausforderung“ stand unsere Entscheidung die Reise nach Kanada anzutreten relativ schnell fest. Die notwendigen, vorhergehenden Organisationen wie z.B. Wohnung, Flug, Stipendien, Kreditkarte oder Krankenversicherung gestalteten sich erwartungsgemäß unproblematisch.

Erwartungen vor dem Praktikum Unsere Hoffnungen für das halbjährige Praktikum lagen darin, ein angenehmes Arbeitsumfeld vorzufinden und natürlich unsere bisherigen Kenntnisse in der Akustik anwenden, vertiefen und erweitern zu können. Desweiteren haben wir uns natürlich auch erhofft, einiges über Land, Leute und Leben in Kanada zu erfahren, genauso wie die Verbesserung unserer Sprachkenntnisse. Wir waren uns davor nicht wirklich sicher ob es das richtige ist ein Praktikum im Bereich der Akustik zu absolvieren.

4

Unternehmen Mitarbeiter Die Forschungsgruppe der Akustik ist wiederum unterteilt in die Bereiche Bauakustik und Raumakustik. Unser hauptsächlicher Tätigkeitsbereich lag in der bauakustischen Messung und Analyse. Leiter der Akustikabteilung ist Dr. Trevor Nightingale. Da sich in der Forschungsgruppe Bauakustik auch zwei deutsche Mitarbeiter befinden haben wir vorwiegend mit diesen zusammengearbeitet. Dr. Stefan Schönwald, welcher auch Bauphysik an der HfT Stuttgart studierte, sowie Dr. Berndt Zeitler, welcher Elektrotechnik an der TU Berlin studierte, erwiesen sich als hochkompetente Wissenschaftler, die ein entspanntes Arbeitsverhältnis ebenso zu schätzen wussten, wie alle Kanadier und selbstverständlich auch wir. Natürlich fand auch eine enge Zusammenarbeit mit den kanadischen Kollegen statt, welche an dieser Stelle auch nicht ohne Lob genannt werden sollen. Neben uns beiden Praktikanten arbeiteten dort dann 13 weitere Mitarbeiter.

5

Tätigkeit In unserem Praktikum war es unbedingt notwendig sehr gute Vorkenntnisse im Bereich der Akustik zu haben. Wir wurden selbstverständlich eingewiesen und befanden uns in sehr guten Händen, was uns den Einstieg erleichterte. Ausgedehntere Grundkenntnisse im Bereich des Körperschalls wären von Vorteil gewesen, jedoch hatten wir zu diesem Zeitpunkt im Studium noch recht wenig mit Körperschall zu tun. Nichts desto trotz haben wir gerade in diesem Bereich dort am NRC sehr viel gelernt, was uns wiederrum in den folgenden Vorlesungen im 6. Semester das Verständnis erleichterte.

Außerdem sollte man auch gute bis sehr gute Kenntnisse mit MATLAB mitbringen um auch effizient am Tagesgeschäft sich beteiligen zu können. Nun nach kurzer Einarbeitungszeit, welche sich vor allem damit befasste uns mit den Räumlichkeiten und den dortigen Messmethoden vertraut zu machen, führten wir bereits eigenständig Messungen durch. Hier half es uns natürlich sehr, im Zuge des Bauphysiklabors die komplette Bandbreite der Akustischen Messungen bereits abgedeckt zu haben. Zu Beginn wurde nur im Deckenprüfstand gemessen, da der Flankenprüfstand erst gegen Ende unseres Praxissemesters fertig für die neue Messreihe eingerichtet war. Gemessen haben wir nach dem ASTM Standard den Trittschall mit dem Normhammerwerk, sowie nach der japanischen Norm den Trittschall mit dem sogenannten „Tire“ 6

(Japanische Messmethode zur Bestimmung von Anregbarkeit und Körperschallübertragung) und dem „Ball“ (ebenfalls japanisches Instrument, überzeugt durch Einfachheit), dem eine besondere Aufmerksamkeit galt, da dieser Zukünftig in der Norm eingesetzt werden soll. Da sich das COFI-Programm auf den Export kanadischer Holzbauweise auf den asiatischen Markt konzentriert, waren die beiden Methoden Ball und Tire die wohl am häufigsten ausgeführte Tätigkeit. Desweiteren haben wir auch zwei für uns neue Messungen kennengelernt. -

-

Messung der Admittanz mittels Shaker Anregung einer Oberfläche und simultaner Messung der Beschleunigung sowie der wirkenden Kraft mittels eines Impedanzkopfes, der auf den Shaker aufgeschraubt wird. Messung der Wellenausbreitung bei der die Bauteiloberläche ebenfalls mit dem genannten Shaker angeregt wird und die Ausbreitung der Wellen mittels eines Beschleunigungsaufnehmers in konstanten Schrittlängen weg vom Anregungspunkt gemessen wird.

Bezug zum Studium Hier konnten wir natürlich auf ganzer Linie parallelen zu unserem Studium finden und auch die bisher erlernten Kenntnisse gut umsetzen und anwenden. Wir haben sehr viel Neues gelernt und sind um einige gute und genauso eher schlechte, aber in jedem Fall bedeutende Erfahrungen reicher. So konnte zum Beispiel dieses Arbeitsfeld der Akustik keinen von uns beiden restlos überzeugen. Die kompletten sechs Monate Arbeitszeit am Institut haben wir in einem der beiden Labors verbracht, was die Arbeit ein wenig monoton, bis hin zu langweilig erscheinen lies. Zu Beginn haben wir sehr viel Neues dazu gelernt, jedoch lies dies aufgrund der nicht vorhandenen Variation der Messungen schnell nach, was dazu führte, dass sich ab einem gewissen Punkt der Lerneffekt einstellte. Dies soll jedoch kein Vorwurf gegen das NRC als Arbeitsplatz sein. Die Fertigstellung des COFI-Projekts stand wegen gewisser Verzögerungen im Ablauf unter Zeitdruck, wodurch eine abwechslungsreiche Arbeitsgestaltung, gerade zum Ende hin, leider nicht mehr möglich war. Unter „normalen“ Umständen jedoch, wäre eine Arbeit an eigenen kleinen Forschungsprojekten jedoch durchaus möglich gewesen und damit lässt sich das NRC als Praktikumsplatz im Allgemeinen nur wärmstens empfehlen. 7

Jedoch müssen wir abschließend anerkennen, dass uns die Arbeit an einem Institut verdeutlicht hat, dass dieses Umfeld wohl doch nicht ganz unseren Erwartungen und Interessen entspricht. Wir sehen dies jedoch in keinster Weise negativ, da wir eben auf einer anderen Weise dazu gelernt haben. Es ist zwar schade, dass wir mit diesem Praktikum nicht 100 Prozentig unser Interessenfeld getroffen haben, jedoch sind wir um einige wichtige Erfahrungen in Bezug auf unser Studium reicher. Daher möchten wir im folgende noch im speziellen auf die positiven Aspekte unseres Praxissemesters eingehen.

8

Positive Erfahrungen National Research Council Alle Arbeitskollegen gaben sich allzeit große Mühe uns zur Seite zu stehen, dies betraf sowohl die Sprache als auch praktische Kenntnisse. Wir wurden sehr gut eingearbeitet und man merkte stets, dass den Mitarbeitern viel daran lag, dass wir auch möglich viel dabei lernen konnten. Arbeitssprache war natürlich Englisch, was aber kein großes Hindernis darstellte, sondern als positiver Nebeneffekt gewertet werden muss. Alle Kollegen standen immer mit Rat und Tat zur Seite. Dies bezog sich nicht nur auf die Arbeit, sondern auch auf das Leben in Kanada. Besonders die zwei deutschen Mitarbeiter gaben uns wichtige Tipps und Anregungen wie sich das Leben in Ottawa leicht und unterhaltsam gestalten lässt.

Kanada, Land und Leute

Als geradezu überragend möchten wir Land und Leute in Kanada erwähnen. Die Freundlichkeit der Kanadier ist mit der deutschen „Resthöflichkeit“ nicht in Relation zu setzen. Dies beginnt früh morgens, wenn einem der Busfahrer mit weltoffenem Lächeln einem einen guten Morgen und einen schönen Tag wünschte. Die Kanadische Bevölkerung besteht zu 96% aus Einwanderern und ist daher gegenüber ausländischen oder frisch eingewanderten 9

Menschen eher aufgeschlossen, ja geradezu Hilfsbereit.

Egal in welchen Bereichen des Lebens, es gibt immer ein Miteinander. Als gutes Beispiel wäre hier das regelmäßige Barbecue mit der Akustik Abteilung anzuführen. Frei nach dem Motto „für einen guten Burger ist es nie zu kalt“, störte sich beim gemeinsamen Grillen auch keiner an den – 25°C Außentemperatur. Neben den netten Bekanntschaften innerhalb des Arbeitsumfeldes, haben wir auch viele Leute privat kennengelernt, die uns gerne eingeladen haben mit ihnen zu feiern und an sonstigen Aktivitäten teilzunehmen. Besonders die dadurch entstandenen Freundschaften machten diesen Auslandsaufenthalt zu einem absolut empfehlenswerten Erlebnis.

Fazit Schlussendlich kann man unterm Strich nach bestem Wissen und Gewissen sagen, dass sich für uns dieses Praxissemester auf jeden Fall gelohnt hat. Die erlebten Momente möchten wir unter keinen Umständen missen. Jedoch sollte man sich vor Antritt eines jeden Praktikums genau überlegen, ob man sich selbst in diesem Umfeld wohlfühlen kann, denn es ist natürlich eine Umstellung zu Deutschland. Zudem ist das Praktikum mit größerem organisatorischem Aufwand verbunden und leider ist auch mit nicht ganz unerheblichen Ausgaben zu rechnen. Ein Manko war hier, dass das vom NRC bezahlte Gehalt lediglich zur Deckung der Mietkosten gereicht hat und das Privatleben, ob Essen oder Freizeitgestaltung, sehr teuer ist. Daher sollte die Finanzierung mit einem ausreichend großen Spielraum vor Reiseantritt geklärt sein. Wir bereuen es jedoch nicht diesen Schritt getan zu haben. Wir sind um viele neuer Freunde und Erfahrungen reicher und würden jedem empfehlen sein Praxissemester im Ausland zu absolvieren und den Blick etwas über den heimischen Tellerrand hinaus schweifen zu lassen. Das Leben bietet mehr als Mama‘s Spätzle!

………………………………………………. Vollmer Michael

………………………………………………. Landsberger, Florian

10