Multiagent Coordination Enabling Autonomous Logistics Dr.-Ing. Arne Schuldt Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) Universität Bremen
Bewerberpräsentation Wissenschaftspreis Logistik Berlin, 21.10.2010
Multiagenten-Koordination für Selbststeuerung in der Logistik
Überblick und Fragestellungen 1.
Was ist Selbststeuerung in der Logistik?
2.
Wie kann Selbststeuerung operationalisiert werden?
3.
Welche Bedeutung hat Kooperation für Selbststeuerung?
4.
Wie verhält sich Selbststeuerung in realen Prozessen?
2
Motivation: Containerlogistik bei Tchibo Herausforderungen
Hohes Logistikaufkommen durch 56.000 Verkaufsstellen
Wöchentlich wechselndes Sortiment Waren heterogen hinsichtlich Gewicht, Volumen, Wert
Fallstudie: Containernachlauf
200-300 Container pro Woche Hohe Anzahl Parameter Derzeit manuelle Steuerung, hoch spezialisierte Tätigkeit
Unterstützung durch Informationssysteme
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Parameter für die Disposition Status quo: Disponent muss über 30 Fragen pro Container beantworten
Wann sollen die geladenen Artikel verkauft werden?
Welches Lager ist für die Vereinnahmung der Artikel geeignet? Sind Lager-, Wareneingangs- und Warenausgangskapazitäten vorhanden? Sind bereits ähnliche Waren in einem Lager vereinnahmt? Welches geeignete und verfügbare Lager ist das günstigste?
Sind passende Transportkapazitäten verfügbar? (LKW, Bahn, Binnenschiff) Ist ein gemeinsamer Transport mehrerer Container möglich? Welche Transportrelation ist die günstigste? Wie viel Containermiete fällt bei verspäteter Rückgabe an? (Detention) Welche Kosten entstehen beim Verbleib im Hafen? (Demurrage) … 4
Herausforderung Komplexität Hohe Komplexität logistischer Planung
Anzahl zu behandelnder Objekte Anzahl zu berücksichtigender Parameter und Vorgaben Geographische Verteiltheit der Objekte und ihrer Daten Implikationen für die Prozessintegrität
Komplexität (über)fordert Disponenten Fehlentscheidungen bei Prozessplanung und -steuerung Auslastung durch Standardfälle, keine Zeit für Spezialfälle Disponent braucht Unterstützung durch intelligente Systeme
[vgl. Bretzke, 2008] 5
Herausforderung Dynamik Hohe Dynamik logistischer Prozesse
Planung häufig bereits bei Fertigstellung veraltet Vollständige und sequentielle Neuberechnung zu langsam Verschärfung des Komplexitätsproblems Implikationen für die Prozessintegrität
Statische Planung nicht adäquat anwendbar Keine angemessene Reaktionsfähigkeit bei Ausnahmefällen Dennoch automatische und adaptive Planung erforderlich
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Selbststeuerung in der Logistik Selbststeuerung ermöglicht es logistischen Objekten,
gemäß vom Besitzer vorgegebenen Zielen Informationen zu verarbeiten, miteinander zu kooperieren sowie Entscheidungen zu treffen und auszuführen.
Eigenschaften für robuste Steuerung
Reduzierung der Berechnungskomplexität durch Dekomposition Skalierbarkeit durch Parallelisierung von Planung und Steuerung Erhöhte Reaktionsfähigkeit durch lokale Behandlung von Störungen
[Hülsmann & Windt, 2007] 7
Multiagenten-basierte Operationalisierung (1/2) Selbststeuernde Einheiten
Stückgut Transportdienstleister Umschlagdienstleister Lagerdienstleister Kommissionierdienstleister
Repräsentation durch Software-Agenten
Autonom Reaktiv Proaktiv Kommunikationsfähig [Wooldridge, 1999] 8
Multiagentensystem
Multiagenten-basierte Operationalisierung (1/2)
Ereignisse
Steuerung
Server
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Multiagenten-basierte Operationalisierung (2/2) Schritte der Planung 1.
Anforderung der Lagerkapazität
2.
Anforderung der Transportkapazität
3.
Anforderung der Kommisionierund Umschlagkapazität
Wahl der Dienstleister nach
Ort Zeit Beschaffenheit
Graphrepräsentation Temporallogik Beschreibungslogik
Sollten selbststeuernde Einheiten zur Zielerreichung kooperieren?
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Kooperation selbststeuernder Einheiten (1/3) Notwendigkeit:
Vorteil:
Gefahr: Zu hoher Interaktionsaufwand wiegt
Reduzierung des Interaktionsaufwands
verringerte Berechnungskomplexität auf
Einzelne Einheiten können Mindestauslastung der Dienstleister häufig nicht erreichen
Erhöhung der Effizienz der Ressourcenausnutzung
Formales Modell für Kooperation nach Wooldridge und Jennings
Generisches Modell mit unterspezifizierten Interaktionsmechanismen Entwicklung spezifischer Interaktionsmechanismen für selbststeuernde Logistik [Wooldridge & Jennings, 1999] 11
Kooperation selbststeuernder Einheiten (2/3) Teambildung
Grundlage für Kooperation, keine vordefinierten Strukturen notwendig
Verteilte Koordination erforderlich, kein zentrales Clustering möglich
Entwickelte Interaktionsprotokolle
Basierend auf Verzeichnisdienst Basierend auf Makler Basierend auf Multicasting Interaktionsaufwand
Abhängig vom Grad der Verteiltheit Analyse der Protokolleigenschaften unterstützt Prozessdesign
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Kooperation selbststeuernder Einheiten (3/3) Notwendigkeit gemeinsamer Allokation von Logistikressourcen
Alleine häufig keine Möglichkeit, Mindestauslastung zu erreichen Risiko der Fragmentierung ähnlicher Güter auf mehrere Dienstleister Gemeinsame Allokation von Logistikressourcen
Teammanager verhandeln mit ausgewählten Anbietern Weitere Anbieter werden hinzugenommen, sofern nicht genug Kapazität Teammanager verwalten Überschusskapazität Agenten-interne Koordination für mehrere Logistikfunktionen
Abstimmung der einzelnen Logistikfunktionen (Lagern, Transport, …) Teilweise automatische Behandlung auftretender Ausnahmen Nachricht an Disponenten bei nicht automatisiert behandelbaren Ausnahmen
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Anwendung im Containernachlauf Simulation mit circa 11.500 Containern pro Jahr
Basierend auf Realdaten von Tchibo aus 2006 Multiagentenbasierte Simulation ermöglicht hohen Detailgrad
Agentenverhalten entspricht dem in der Anwendung
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Ergebnisse Automatische Disposition für Standardfälle
Auswahl geeigneter und günstigster Lager- und Transportressourcen Koordinierte Nutzung von Lagern und Massenverkehrsträgern Koordinierung der notwendigen logistischen Grundfunktionen Entlastung der Disponenten für Ausnahmefälle
Disponenten können sich auf Ausnahmefälle konzentrieren Bessere Nutzung der Stärken menschlicher Disponenten Effizientere Behandlung der Ausnahmefälle möglich Optimierte Nutzung von Logistikressourcen
Agentensystem nutzt freie Standzeiten im Containerterminal um 50% besser Verzögerung der Abholung der Container um durchschnittlich 5 Tage möglich Einsparpotenzial von 2,6 Mio. Palettentagen pro Jahr im eigenen Lager 15
Fazit: Beitrag der Arbeit Was ist Selbststeuerung in der Logistik? Bestandsaufnahme selbststeuernder Logistik Schwerpunkt: Motivation und technologische Basis
Wie kann Selbststeuerung operationalisiert werden? Multiagenten-basierte Operationalisierung logistischer Prozesse Schwerpunkt: Selbststeuernde Einheiten und deren Interaktion
Welche Bedeutung hat Kooperation für Selbststeuerung? Formales Modell für die Kooperation logistischer Objekte Schwerpunkt: Gemeinsames Erreichen logistischer Ziele
Wie verhält sich Selbststeuerung in realen Prozessen? Validierung durch Simulation anhand von Realdaten von Tchibo Schwerpunkt: Potenzial und Grenzen von Selbststeuerung 16
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank für die Unterstützung! Tchibo GmbH International Graduate School for Dynamics in Logistics Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik (TZI) Deutsche Telekom AG Freie Hansestadt Bremen SFB 637, Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
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Literatur Bretzke, W.-R. (2008). Logistische Netzwerke. Heidelberg, Germany: SpringerVerlag.
Hülsmann, M. & Windt, K. (Eds.). (2007). Understanding Autonomous Cooperation and Control in Logistics: The Impact of Autonomy on Management, Information, Communication and Material Flow. Heidelberg, Germany: SpringerVerlag.
Schuldt, A. (2010). Multiagent Coordination Enabling Autonomous Logistics. Doctoral Dissertation, Universität Bremen.
Wooldridge, M. (1999). Intelligent Agents. In G. Weiss (Ed.), Multiagent Systems. A Modern Approach to Distributed Artificial Intelligence (pp. 27–77). Cambridge, MA, USA: MIT Press.
Wooldridge, M. & Jennings, N. R. (1999). The Cooperative Problem Solving Process. Journal of Logic & Computation, 9 (4), 563–592.
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