Eintauchen in die geheimnisvolle. Eine einzigartige Landesausstellung

Key Visual der Großen Landesausstellung „Die Welt der Kelten. Zentren der Macht – Kostbarkeiten der Kunst“ © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart Eint...
Author: Erwin Pohl
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Key Visual der Großen Landesausstellung „Die Welt der Kelten. Zentren der Macht – Kostbarkeiten der Kunst“ © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Eintauchen in die geheimnisvolle Welt der Kelten: Eine einzigartige Landesausstellung in zwei Akten Landesmuseum Württemberg und Archäologisches Landesmuseum in Stuttgart zeigen die Große Landesausstellung „Die Welt der Kelten“/ Aufteilung auf zwei völlig unterschiedlich, dabei jeweils exzellent grundkonzipierte Standorte/ Überwältigende Zusammenstellung herausragender historischer Zeugnisse und atemberaubender, kostbarster Kunst/ Großartige Inszenierungen/ Zahlreiche visualisierende Bildschirmpräsentationen/ über 1.300 Exponate auf 2.500 Quadratmetern Fläche Im Alten Schloss, Sitz des Landesmuseums Württemberg, und im gegenüberliegenden Kunstgebäude Stuttgart kann man vom 15. September 2012 bis zum 17. Februar 2013 eines der absoluten Highlights für 2012 und 2013 unter den Antikenausstellungen im deutschsprachigen Raum bewundern. Mit der als Großer Landesausstellung des Bundeslandes Baden-Württemberg geadelten Sonderschau „Die Welt der Kelten. Zentren der Macht – Kostbarkeiten der Kunst“ erwartet den Besucher eine einzigartige Zusammenschau keltischer Geschichte und Kunst aus 1.400 Jahren. Erstmals überhaupt wird mit der vom Landesmuseum Württemberg und dem Archäologischen Landesmuseum in Stuttgart veranstalteten Großexposition ein umfassender, repräsentativer Überblick über das Kunstschaffen der Kelten gegeben. Die Stuttgarter Kelten-Schau wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Historisches Museum Bern (CH) erarbeitet, wo die Exposition unter dem Titel „Kunst der Kelten 700 vor bis 700 nach Chr.“ vom 18. Juni bis zum 18. Oktober 2009 ihre Premierenaufführung hatte und 71.253 begeisterte Besucher anlockte. Die Kelten Die erste Erwähnung der „Kelten“ geht auf griechische Schriftquellen um etwa 500 vor Christus zurück. Herodot lokalisierte sie in Mitteleuropa und benannte ihren Siedlungsraum als „die Quellen der Donau“. Die Archäologie bzw. konkrete archäologische Funde konnten belegen, dass sich die Kelten aber bereits hundert Jahre früher in Süddeutschland, der Schweiz und Ostfrankreich zu einer eigenen Kulturgruppe herauszubilden begannen. Im 4. und 3. vorchristlichen Jahrhundert tauchten die als „Kelten“ bezeichneten Völkergruppen dann immer häufiger auf den Kriegsschauplätzen Italiens, auf dem Balkan, in Griechenland und in Kleinasien auf. Sie waren auf der Suche nach neuem Siedelland, traten aber im Wesentlichen als einzelne Stämme auf und bildeten keineswegs eine „keltische“ Nation. Dennoch besaßen diese keltischen Stämme aber unübersehbare und nachweisbare Gemeinsamkeiten in den Bereichen Kunst und Handwerk sowie allem Anschein nach 1 Goldschale aus Bad Cannstatt, Ende 6. Jht. v. Chr., Landesmuseum Württemberg, Stuttgart © Foto: H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

auch in Religion und Sprache. Südwestdeutschland gilt zusammen mit der Schweiz und Ostfrankreich als „Wiege der keltischen Kultur“ und steht seit Jahrzehnten im Zentrum der internationalen Keltenforschung. Die keltische Kunst gilt als erster bedeutender Beitrag des Nordens an die europäische Kunst. Die Stuttgarter Großausstellung zeigt nun Glanzstücke aus 14 Jahrhunderten keltischer Geschichte und insbesondere keltischen Kunstschaffens, von den Anfängen im 7. vorchristlichen Jahrhundert bis zur Nachblüte in der irischen Buchmalerei um 700 nach Christus, mit dem weltberühmten „Book of Kells“ als bekanntestem Beispiel, das in der Ausstellung als Faksimile vertreten ist. Die Kunst der Kelten besticht durch eine sehr filigrane und überaus hoch entwickelte, dabei aber für uns heute oft rätselhafte und geheimnisvoll erscheinende Ornamentik. Diese soll dem Besucher während des Rundgangs durch die Kombination aus Besichtigung archäologischer Originalfunde und Erläuterung und Visualisierung durch Grafiken und Computeranimationen näher gebracht und erfahrbar gemacht werden. Für Kinder von 4 bis 10 Jahren haben die Verantwortlichen im Übrigen eine gesonderte Mitmachausstellung konzipiert, die im Alten Schloss untergebracht ist. Sie trägt den Titel „Tapfer, pfiffig, einfach stark! Die Kelten im Jungen Schloss“. Ring von Trichtingen, 1. Jht. v. Chr., LandesmuAusstellungsdaten und Kuratoren seum Württemberg, Stuttgart © H. Zwietasch; LanDie Große Landesausstellung ist, wie bereits erwähnt, in desmuseum Württemberg, Stuttgart zwei Teile gegliedert, die an zwei direkt gegenüberliegenden Ausstellungsorten dargeboten werden. Im Kunstgebäude zeigt das Archäologische Landesmuseum den ersten Teil mit dem Untertitel „Zentren der Macht“. Im Alten Schloss präsentiert das Landesmuseum Württemberg den zweiten Hauptbereich „Kostbarkeiten der Kunst“. Ausgangspunkt des Ausstellungsprojekts waren die umfangreichen Sammlungsbestände des Landesmuseums Württemberg und des Archäologischen Landesmuseums in Stuttgart sowie die des Kooperationspartners, des Historischen Museums Bern. Insgesamt sind in der Kelten-Schau auf einer Gesamtfläche von rund 2.500 Quadratmetern, von denen 1.500 auf das Kunstgebäude und 1.000 Quadratmeter auf das Alte Schloss entfallen, über 1.300 Exponate zu bewundern, die von 136 Leihgebern aus 14 Ländern zur Verfügung gestellt wurden. Unter den dargebotenen Zeugnissen und Kunstwerken sind zahlreiche Spitzenstücke aus Museen in ganz Europa, von Schottland bis Ungarn. Die Vorbereitungszeit dieser grandiosen Zusammenschau keltischer Meisterwerke, der größten Keltenausstellung der letzten 30 Jahre, betrug etwa 5 Jahre. Die Kosten für das AusstellungsunterDetail des Kalenders von Coligny, Dép. nehmen belaufen sich auf 3,7 Mio. €, von denen 1,9 Mio. € auf Rhône-Alpes, Bronze, Ende 1./Anfang 2. Jahrhundert n. Chr., Musée et théâtres galden Ausstellungsteil „Zentren der Macht“ (Landeszuschuss: ca. loromains de Lyon Fourvière, Départe1,2 Mio. €) und 1,8 Mio. € auf den zweiten Teil „Kostbarkeiten ment du Rhône. Der Kalender ist das der Kunst“ (Landeszuschuss: ca.1 Mio. €) entfallen. längste erhaltene Schriftstück in gallischer Sprache, das jedoch erst 150 Jahre nach Als Kuratoren der Landesschau zeichnen Prof. Dr. Cornelia der römischen Eroberung entstand. Er Ewigleben und Dr. Jörg Heiligmann (Gesamtleitung), Dr. Barnennt in 16 Spalten fünf Jahre von jeweils bara Theune-Großkopf und Prof. Dr. Dirk Krauße (Projektleitung zwölf Monaten zu 29 bzw. 30 Tagen und zwei Schaltmonate, den Wechsel der 2 Mondphasen und besondere Tage. © Musée et théâtres galloromains de Lyon Fourvière, Département du Rhône; Foto: Ch. Thioc, J.-M. Degueule

Ensemble aus Haarnadeln und Armringen aus einem Frauengrab von Ditzingen-Schöckingen, Kr. Ludwigsburg, Gold, um 500 v. Chr., Landesmuseum Württemberg, Stuttgart © H. Zwietasch; Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

„Zentren der Macht), Karin Birk M.A.,(Projektleitung „Kostbarkeiten der Kunst“), Dr. Caroline von Nicolai und Dr. Denise Beilharz (wissenschaftliche Konzeption „Zentren der Macht“) sowie Thomas Hoppe M.A. und Prof. Dr. Felix Müller vom Historischen Museum Bern (wissenschaftliche Konzeption „Kostbarkeiten der Kunst“) verantwortlich. Begleitmaterial Zur Landesausstellung ist im Jan Thorbecke Verlag ein umfassender Begleitband erschienen. Die 552seitige, als Museumsausgabe für nur 24,90 € erhältliche Publikation ist mit sage und schreibe 775 Abbildungen versehen und vermittelt anhand zahlreicher, oft mehrfach untergliederter Themenbereiche einen vielfältigen, facettenreichen Einblick in die Geschichte und Kunst der Kelten. Manch einem jedoch wird die konzeptionelle Herangehensweise an das Werk nicht gänzlich überzeugen können, lässt die allzu große Unterteilungsflut der Themenbereiche doch insgesamt eine notwendige Übersichtlichkeit vermissen. Bedauerlich ist es zudem, dass kein Katalogteil mit eigenen Exponatsbeschreibungen vorhanden ist. Zwar werden die meisten Exponate im Rahmen der Thementexte erwähnt und angesprochen, dennoch ersetzt dies keineswegs die separate und vor allem auch ausführliche fachliche Besprechung und Kommentierung der Ausstellungsstücke, wie sie gerade für eine Nachbetrachtung sinnvoll ist. Während der Begleitband also für die Nachbereitung der Großexposition selbst weniger geeignet erscheint, wird er als themenorientiertes Nachschlagewerk auch zukünftig seine zweifellos große Bedeutung behalten. Für junge Besucher ist ein eigener Begleitband für Kinder unter der Bezeichnung „Entdeckungsbuch. Lesen – Erkunden – Verstehen“ erschienen. Die 48-seitige, Publikation mit 150 farbigen Abbildungen ist zum Preis von 9,95 € zu erwerben. Für den Ausstellungsrundgang selbst bietet sich der großartige, sehr empfehlenswerte, für nur 2 € erhältliche Audioguide an, der in deutscher und englischer Sprache sowie auch als Kinder-Audioguide vorrätig ist. Der Audioguide führt die Besucher zu rund 80 ausgewählten Objekten im Kunstgebäude und im Alten Schloss. Konzeption und Ausführung der Ausstellung Die beiden Ausstellungsteile sind klar getrennt in einen historisch-archäologischen und einen kunsthistorischen Teil. So different die Ausstellungteile in ihrer Funktion sind, so unterschiedlich ist auch ihre Präsentationsform. Dies bemerken die Besucher gleich beim Betreten der jeweiligen Darbietung. Während man im historisch-archäologischen Teil im Kunstgebäude auf eine helle, geradezu lichtdurchflutete und gestalterisch durchaus farbenfrohe Präsentation trifft, bei der auch äußerlich die Intention, Licht in das Dunkel der Geschichte der Kelten zu bringen, beinahe handgreiflich vor Augen geführt wird, gleitet man im kunsthistorischen Teil der Landesschau, im Alten Schloss, in einen abgedunkelten Ausstellungsbereich. Diese abgedunkelte Form der Präsentation ist dabei natürlich zu allererst konservatorischen Auflagen verpflichtet, die aber in diesem Falle in spezieller Weise mit der konzeptionellen Ovale Goldscheibenfibel (Gewandspange) aus dem Fürstinnengrab“ von Gersheim-Reinheim, Saar-Pfalz-Kreis, Gold, Eisen, Koralle, um 380 v. Chr.Landesdenkmalamt Saarland, Schiffweiler © Landesdenkmalamt Saarland

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Schmuck, zwei Spiegel und bronzenes Tafelgeschirr aus dem reich ausgestattete Frauengrab von Sinsheim-Dühren, Rhein-Neckar-Kreis, 2. Jahrhundert v. Chr., Badisches Landesmuseum, Karlsruhe © Badisches Landesmuseum Karlsruhe; Foto: Th. Goldschmidt

Ausrichtung verbunden sind. So drückt das Dunkel der Räume einerseits auch immer etwas Geheimnisvolles aus, das in diesem Falle von der Kunst der Kelten ebenso ausgeht wie von der uns doch so fernen Epoche. Andererseits stechen die einzigartigen, nicht selten goldenen und dabei durch eine ausgezeichnete Ausleuchtung zusätzlich hervorgehobenen Glanzstücke der keltischen Kunst aus dem Dunkel ganz besonders hervor. Gleich im ersten Schauraum im Alten Schloss werden die Ausstellungsgäste von einem solchen Kontrast aus dunkler Raumumgebung und golden schimmernden Exponaten mit Reizen schon beinahe überflutet. Gemeinsam ist beiden Ausstellungsteilen der chronologische Zugang. Kunstgebäude: „Zentren der Macht“ (historisch-archäologischer Teil) Im Kunstgebäude, steht zunächst der historische Hintergrund, die Entwicklung der keltischen Zivilisation in Mittel- und Westeuropa vom 8. vorchristlichen Jahrhundert bis zur Ankunft der Römer im 1. Jahrhundert vor Christus im Vordergrund. Einzigartige Funde illustrieren hier sowohl Alltagsleben, Blick in den 3. Raum der Ausstellung, der die zunehmende Wirtschaftsweisen, Handelsbeziehungen und techAusbreitung der Kelten bzw. der keltischen Kultur in Euronologische Innopa im 4. und 3.vorchristlichen Jahrhundert beschreibt. Die vationen als auch antiken Autoren, oft keine Zeitgenossen sprechen von Wanderungen ganzer Gemeinschaften und kriegerischen Einfäldie Religion und len. Belegt ist der Einsatz keltischer Söldner in den helledie Gesellschaftsnistischen Armeen im Mittelalterraum. © Archäologisches ordnung als überLandesmuseum, Stuttgart, Foto: historischeausstellungen.de geordnete Aspekte der Keltenkultur. Als Zentren der Macht stehen dabei die „Fürstensitze“ der frühkeltischen Elite und die von Caesar als „Oppida“ bezeichneten spätkeltischen Städte im Mittelpunkt. Unter den zahlreichen Funden und Fundkomplexen, die als Belege der keltischen Zivilisation in der Exposition gezeigt werden, ragen die spektakulären Neufunde aus den „Fürstengrab“ von Kappel a. Rhein, Hügel 3, Grab 1, OrAusgrabungen der letzten Jahrzehnte in Baden- tenaukreis, um 600 v. Chr., Rekonstruktion des TrinkhorWürttemberg und den angrenzenden Regionen he- nes (Tüllen und der Henkel aus Bronze sind im Original erraus. Zu erwähnen sind insbesondere die Ausgra- halten, das Rinderhorn ist ergänzt), Colombischlössle, Freiburg © Archäologisches Landesmuseum Baden-Württembungsfunde der Landesdenkmalpflege, wie die aus berg; Foto: Manuela Schreiner dem Vorderen Orient stammende Glasschale von Ihringen, das Trinkhorn aus dem Prunkgrab von Kappel oder das neue Fürstinnengrab aus dem Umfeld der Heuneburg. Die Präsentation im Kunstgebäude ist nicht einheitlich gestaltet, sondern gezielt auf einen Hauptraum als Höhepunkt des Rundgangs fokussiert. Ein erster Raum bietet den Besuchern zunächst auf allen Wänden groß abgedruckte Zitate über die Kelten, also Fremdbeschreibungen. Auch im weiteren Verlauf bietet die Präsentation lobenswerter Weise immer wieder zahlreiche solcher veranschaulichenden und sehr nützlichen, oft auch unterhaltsamen Zitate. Dies erscheint auch 4

deshalb so sinnvoll, da schriftliche oder textliche Selbstbeschreibungen der Kelten nicht existieren. So stehen sich in der Ausstellung vom subjektiven Standpunkt beeinflusste historiographische und literarische Fremdbeschreibungen und reale, archäologische durch hervorragende, prägnante Texte erläuterte Funde gegenüber. Neben den Zitaten zeigt der einführende kleine Saal auch schon erste Exponate. Zu sehen sind einige Steinskulpturen, in denen die Wissenschaftler eine Selbstdarstellung der Kelten erkennen. Obgleich nicht sicher ist, wer hier abgebildet ist, so zeigen die Skulpturen doch zumindest das den Kelten geläufige Menschenbild, bei deren Darstellung die trapezförmige Nase, der strichförmige Mund, der stilisierte Schnurbart und mandelförmige Augen signifikant sind, während die Gesichter insgesamt eher einen starren, schematischen Ausdruck widergeben. (s. Ausstellungstext) Zu besichtigen sind hier auch erste griechisch-ägyptische Darstellungen der Kelten. Nach dem einleitenden Raum beleuchtet die Ausstellung den bereits in dieser Epoche gut vernetzten Handel zwischen Nord- und Südeu„Heidelberger Kopf“, Kopffragment einer Statue mit Blattkrone, Kr., Heidelberg, Buntsandstein, 5. Jht. v. Chr., Badiropa, mit Eisen und Salz als wichtigsten gehansches Landesmuseum, Karlsruhe © Badisches Landesmudelten Rohstoffen und Waffen, Schmuck und seum Karlsruhe, Th. Goldschmidt. Attribute wie Halsringe Trachtbestandteilen als bedeutendsten Handels(Torques) und Kopfbedeckungen spielen besonders bei der Großplastik neben der charakteristischen Haar- und Bartgütern an der Spitze. Hier, wie auch im weiteren tracht eine wichtige Rolle. Verlauf des Ausstellungsumlaufs, sind immer wieder Karten in die Darbietung integriert, die den jeweiligen Sachverhalt zu visualisieren helfen. Im Anschluss zeigen zahlreiche Vitrinen, welche Hinterlassenschaften der Kelten aus der Zeit des 3. Jahrhunderts vor Christus gefunden wurden und welche Interpretation sie zulassen. Die Annahme, dass in dieser Epoche bereits die Herausbildung neuer Zentren vonstattenging wird dabei in den Raum gestellt und anhand der Exponate beschrieben und belegt. Die Präsentation der ersten drei Räume wird immer wieder durch integrierte inszenatorische Elemente belebt. Mit dem Betreten des vierten Saals befindet man sich dann im Hauptraum des Ausstellungsteils „Zentren der Macht“, einem riesigen Saal, der sowohl an den Raumwänden Blick in eine Vitrine im hell und sehr farbig gestalteten Hauptraum als auch im inneren Bereich zahlreiche Groß- des ersten Ausstellungsteils © Archäologisches Landesmuseum, vitrinen mit außergewöhnlichen und vor allem Stuttgart, Foto: historischeausstellungen.de auch sehr aussagekräftigen Zeugnissen der Kelten präsentiert. Hauptthema sind die neuen Zentren der Kelten. Hatten sich zwischen dem 7. und 5. vorchristlichen Jahrhundert mit den „Fürstensitzen“ erste zentrale Orte herausgebildet, folgten im 2. und 1. Jahrhundert vor Christus mit den von Caesar als „Oppida“ bezeichneten Großsiedlungen nun erste stadtähnliche Anlagen. „Es formierten sich Civitates, politische Verbände, die 5 Blick in eine Vitrine zum Kräftemessen und zur Jagd © Archäologisches Landesmuseum, Stuttgart, Foto: historischeausstellungen.de

bereits den Charakter archaischer Staaten besaßen“ (Ausstellungstext) In zahlreichen Themenbereichen, die hochkarätige Exponate als Belege dieser Entwicklung präsentieren, können die Besucher das Aufkommen zivilisatorischer Neuerungen in der Kultur der Kelten nachvollziehen. Zu sehen sind unter anderem im Bereich „Symbole der Macht“ mehrere imposante goldene Halsringe, aber auch viele andere beeindruckende Zeugnisse, die den hohen Entwicklungsstand der keltischen Zivilisation veranschaulichen. Doch so schnell, wie sich die genannten Großsiedlungen gebildet hatten, so schnell verloren sie sich auch wieder. Dieses Phänomen stellt im Übrigen gegenwärtig einen der wesentlichen Forschungsschwerpunkte dar. Zum Ende der Präsentation im Erdgeschoss des Kunstgebäudes folgt noch ein sehr interessanter und erkenntnisreicher Abschnitt zum Thema „Handel – zu Wasser und zu Lande“. Anschließend erwartet die Besucher dann in der erste Etage des Hauses ein lohnenswerter Film. Bevor man sich dann zum zweiten Ausstellungsteil ins Alte Schloss begibt, kann man in der selben Etage, in einem Bereich direkt neben dem Filmraum, noch einen abschließenden Saal besichtigen, der die Geschichte der Kelten-Archäologie und -erforschung beleuchtet und einige überaus se-henswerte Objekte zeigt, darunter einige klei-nere Goldfunde. Altes Schloss („Kostbarkeiten der Kunst“) Im Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss angekommen, begibt man sich in die dritte Etage des Hauses, um dann den zweiten Ausstellungsteil „Kostbarkeiten der Kunst“ im wahrsten Sinne des Wortes zu bewundern. Denn was hier zu bestaunen ist, ist ein in dieser Form noch nicht da gewesenes, spektakuläres Aufeinandertreffen keltischer Kunst, das jeden Besucher in den Bann zieht, sei es ob der Kunstfertigkeit der Objekte, der einzigartigen Ornamentik Birkenrindenhut, Goldschale und Goldornat aus dem "Fürstengrab" von Eberdingen-Hochdorf, oder auch der immer noch in vielerlei Kr. Ludwigsburg, um 530 v. Chr. Landesmuseum Beziehung rätselhaften Bedeutung Württemberg, Stuttgart © H. Zwietasch; LanWürttemberg, Stuttgart. Der Tote der Preziosen. Die Exposition ist aber desmuseum Hunterston-Fibel, aus der Umgebung von wurde mit seinen Rangabzeichen, darunter der weit mehr als nur eine reine Kunstdar- goldene Halsring, die goldenen Fibeln und der Hunterston North, Ayrshire, Schottland, teilvergoldet und verziert mit Gold-, Silber- und bietung, gibt sie den Besuchern doch Hut aus Birkenrinde, bestattet. Der Dolch, das Gürtelblech und die Schuhe wurden vermutlich Bernsteinlagen, Gewicht: 325g, D 12 cm, 7. anhand von zahlreichen prägnanten eigens für die Bestattung mit Goldblech überJht. n. Chr., National Museums Scotland, Texten aufschlussreiche Erläuterun- zogen. Edinburgh © National Museums Scotland gen zur Kunst. Besonders herauszustellen sind auch die für jeden Themenbereich vorhandenen Bildschirmpräsentationen, die den jeweiligen Aspekt visualisieren und veranschaulichen, und dabei so in die Darbietung integriert sind, dass sie die natürlich im Vordergrund stehende Besichtigung der Originalexponate in keiner Weise störend beeinflussen. Ausgestellt sind, dies kann man gar nicht oft genug betonen, einmalige, überaus hochkarätige Meisterwerke aus ganz Europa, die von den Anfängen im 7. Jahrhundert v. Chr. bis zur Nachblüte in der irischen Buchmalerei um 800 n. Chr. reichen. Im Fokus der Darbietung steht die fas6 Einzigartige bronzene Großplastik der Keltenzeit: Sofa oder „Kline“ des Fürsten von Hochdorf, die als Totenliege für den Bestatteten diente, Bronze, Länge: 2,75 Meter © Landesmuseum Württemberg, Foto: historischeausstellungen.de

Der Fund der steinernen Statue eines keltischen Kriegers am Glauberg gehörte zu den spektakulärsten Entdeckungen keltischer Zeugnisse überhaupt. Die Statue avancierte zu einem der bedeutendsten und populärsten Symbole der keltischen Kultur. © Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Landesmuseum Württemberg, Foto: historischeausstellungen.de

zinierende und hochentwickelte, zugleich aber oft rätselhafte Ornamentik der Kelten. Durch die exzellente Kombination aus ausgesuchten Spitzenobjekte, erläuternden Texten und filmischen Animationen gelingt es den Ausstellungsmachern, den Besuchern diese aus einer fernen, uns heute fremden Zeit stammenden Kunstwerke näher zu bringen und ihre Funktionen und Bedeutungen, soweit sie bereits entschlüsselt wurden, zu vermitteln. Zu den Highlights der Darbietung zählen die Ausstattung des „Fürsten“ von Hochdorf, einer der bedeutendsten Grabfunde der europäischen Vorgeschichte überhaupt, u.a. mit der „Kline“ (Totenliege) des Fürsten, einer bisher einmaligen Bronze-Großplastik aus der Keltenzeit, sowie der so genannte „Krieger von Hirschlanden“, die älteste menschengestaltige Großplastik nördlich der Alpen. Mindestens ebenso beeindruckend sind die zahlreichen filigranen Goldschmiedearbeiten, aber auch andere aus weniger kostbarem Rohstoff gefertigte ungemein kunstvoll gestaltete Exponate. Fazit Die Stuttgarter Kelten-Schau ist fraglos eines der absoluten Highlights der Ausstellungssaison 2012/2013. Den Verantwortlichen ist dabei nicht allein durch die Zusammenschau der kostbaren Zeugnisse und einzigartigen Kunstwerke selbst, sondern auch durch die zwar sehr unterschiedliche, aber jeweils sehr gelungen zwei geteilte Form der Präsentation und der ihr zugrunde liegenden Konzeption ein großer Wurf gelungen. Gerade die gegensätzliche Art der Darbietung, einerseits der lichtdurchflutete erste Teil, andererseits der aus konservatorischen Gründen abgedunkelte und auf diese Weise zusätzlich geheimnisvoll wirkende zweite Hauptbereich, lassen den Ausstellungsbesuch zu einem außergewöhnlichen, unvergesslichen Erlebnis werden. Dabei gilt es zu betonen, dass die Vermittlungsstrategien der Landesschau, seien es die prägnanten erläuternden Geballte Darbietung von Zierscheiben und Halbfabrikaten im Ausstellungsteil „Kostbarkeiten der Kunst“ Texte, die zahlreichen sinnvoll eingebundenen Zitate, die © Stadtmuseum Wiesbaden, Sammlung Nassauischer visualisierenden und veranschaulichenden BildschirmAltertümer, Foto: historischeausstellungen.de animationen, zusätzliche inszenatorische Elemente und nicht zuletzt der exzellente Audioguide als voller Erfolg zu werten sind. Ob allerdings die doch sehr komplexe, rätselhafte Ornamentik der keltischen Kunst im Rahmen der Großen Landesausstellung nicht nur erläutert und erfahrbar gemacht wird, sondern, wie es im Ausstellungsflyer heißt, auch entschlüsselt, also in ihren letzten Bedeutungsebenen erfasst wird, erscheint dann doch etwas hochgegriffen. Tatsächlich wird den Besuchern aber, und das darf man ohne Übertreibung konstatieren und als große Leistung der Landesschau herausstellen, eine ausgezeichnete, anschaulich erläuterte Anleitung zum Verständnis der keltischen Kunst an die Hand gegeben, die für diese auch bei späteren Begegnungen mit keltischer Geschichte und Kunst von großem Nutzen sein wird. Wer es irgendwie schaffen kann, nach Stuttgart zu kommen, sollte diese epochale, höchst empfehlenswerte Kelten-Schau auf keinen Fall verpassen. 7

Die Ausstellung kompakt Die Welt der Kelten. Zentren der Macht – Kostbarkeiten der Kunst Kunstgebäude Stuttgart und Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Altes Schloss, Schlossplatz 2 und Schillerplatz 6 70173 Stuttgart 15. September 2012 bis zum 17. Februar 2013 Zuvor unter dem Titel „Kunst der Kelten 700 vor bis 700 nach Chr.“: Historisches Museum, Bern (CH) 18. Juni bis 18.Oktober 2009 (Resonanz: 71.253 Besucher) Kinderausstellung: „Tapfer, pfiffig, einfach stark! Die Kelten im Jungen Schloss“, Mitmachausstellung für Kinder von 4 bis 10 Jahren: 15. September 2012 bis 4. August 2013 Veranstalter: Bundesland Baden-Württemberg, Landesmuseum Württemberg und Archäologisches Landesmuseum in Stuttgart, in Kooperation mit dem Historischen Museum Bern (CH) Ausstellungstyp: Große Landesausstellung des Bundeslandes Baden-Württemberg Schirmherrschaft: Bundespräsident Joachim Gauck Vorbereitungszeit: ca. 5 Jahre Kosten: Gesamt: 3,7 Mio. € (Zentren der Macht: 1,9 Mio. €, Landeszuschuss: ca. 1,2 Mio. €, Kostbarkeiten der Kunst: 1,8 Mio. € – Landeszuschuss: ca. 1 Mio. €) Ausstellungskuratoren: Prof. Dr. Cornelia Ewigleben und Dr. Jörg Heiligmann (Gesamtleitung) sowie Dr. Barbara Theune-Großkopf und Prof. Dr. Dirk Krauße (Projektleitung „Zentren der Macht), Karin Birk M.A.,(Projektleitung „Kostbarkeiten der Kunst“), Dr. Caroline von Nicolai und Dr. Denise Beilharz (wiss. Konzeption „Zentren der Macht “), Thomas Hoppe M.A. und Prof. Dr. Felix Müller vom Historischen Museum Bern (wiss. Konzeption „Kostbarkeiten der Kunst“) Exponate: über 1.300 Exponate Leihgeber: 136 Leihgeber aus 14 Ländern Ausstellungsfläche: ca. 2.500 m² (davon ca. 1.500 m² im Kunstgebäude Stuttgart und knapp 1.000 m² im Landesmuseum Württemberg, Altes Schloss) Öffnungszeiten: Di, Mi und Fr-So: 10-18 Uhr, Do: 10-21 Uhr montags geschlossen, außer an Feiertagen Eintritt: 15 €, ermäßigt: 13 €, Gruppen (ab 15 P.): 13 € p.P., Persönl. Dauerkarte: 40 € Kinder und Jugendliche (6 - 18 Jahre): 3 €, Schüler (in betreuter Gruppe, 2 Begleitpersonen frei): 2,50 € Familien groß (2 Erw. + Kinder bis 18 Jahre): 30 € Familien klein (1 Erw. + Kinder bis 18 Jahre): 17 € Audioguide: in deutsch und englisch sowie als Kinder-Audioguide (dt.): 2 € Führungen: Öffentliche Führungen: (keine Anmeldung erforderlich) Teilnehmerzahl: mind. 6 P., max. 25 P., Beginn je in beiden Ausstellungsteilen - Kombiführungen: samstags, sonntags, feiertags: 10.30 Uhr und 14.30 Uhr Dauer: 60 min. 2 Std., Gebühr: 6 €, Kinder ab 6 J.: 3 €, jeweils zzgl. Eintritt - Führungen durch einen Ausstellungsteil: samstags, sonntags, feiertags: 11 und 16 Uhr Dauer: 60 min., Gebühr: 4 €, Kinder ab 6 J.: 2 €, jeweils zzgl. Eintritt - Weitere Angebote: siehe: www.kelten-stuttgart.de/programm/fuehrungen/ Gruppenführungen: nur nach Anmeldung, fremdsprachige Gruppenführungen auf Anfrage - Kombiführungen: Dauer: 120 min.: Erwachsene bis 15 Teilnehmer: 90 €, fremdsprachig 100 €, zzgl. Eintritt Erwachsene 16 bis 25 Teiln.: 6 € p. P., fremdsprachig 7 € p. P, zzgl. Eintritt - Führungen durch einen Ausstellungsteil: Dauer: 60 min.: Erwachsene bis 15 Teilnehmer: N: 60 €, fremdsprachig 70 €, zzgl. Eintritt Erwachsene 16 bis 25 Teiln.: 4 € p. P., fremdsprachig 5 € p. P., zzgl. Eintritt Informationen und Führungsbuchung: Tel: 0711 89535445, Fax: 0711 89535444, eMail: [email protected] Publikationen: Begleitband: 552 S., 775 Abb., 24 x 30 cm: Museumsausgabe: 24,90 €, im Buchhandel: 34 €, Thorbecke Verlag (ISBN: 978-3-7995-0752-3) Begleitband für Kinder: „Entdeckungsbuch. Lesen – Erkunden – Verstehen“: 48 S. 150 Farbabb.: 9,95 €, Thorbecke Verlag (ISBN: 978-3-8062-2697-3) Allgemeine Infos: Tel: 0711 89535445, Fax: 0711 89535444 Internet/eMail: www.kelten-stuttgart.de/ / [email protected] Titel: Ort und Dauer:

(© Dr. Martin Große Burlage, [email protected], Tel.: 02572 959496)

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