Einstieg in die Auswahl

FACHBEITRAG Persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit Gefahrstoffen Einstieg in die Auswahl Monika Krause Foto: 3M Wer mit Gefahrstoffen umgeht...
Author: Cornelius Böhm
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FACHBEITRAG

Persönliche Schutzausrüstung beim Umgang mit Gefahrstoffen

Einstieg in die Auswahl Monika Krause

Foto: 3M

Wer mit Gefahrstoffen umgeht, braucht Schutz: beispielsweise Kittel und Brille, Abzug, Raumlufttechnik oder ein geschlossenes System. Aber die meisten Sicherheitsdatenblätter empfehlen PSA – persönliche Schutzausrüstung. Denn sie hat Vorteile: Sie ist ortsunabhängig einsetzbar, die Kosten sind vergleichsweise gering und bei der Auswahl hilft der PSA-Händler. Aber PSA muss richtig ausgewählt und angewandt werden. Das setzt die Mitarbeit aller Beteiligter voraus. Sonst kann sie schaden: durch Stauwärme, Hautfeuchtigkeit oder weil der Anwender sich sicher fühlt, während gefährliche Stoffe ihn unbemerkt belasten. Qualität und Wirksamkeit dieser PSA unterliegen einer Prüfung und Qualitätssicherung als so genannte Kategorie-3– beziehungsweise „komplexe PSA“ [1]. Dieser Beitrag soll Arbeitgebern, Anwendern, Herstellern und Zulassungsantragstellern bei der Auswahl unterstützen.

Unter Tage schützt PSA beispielsweise in Form von Atemschutz gegen schädliche Stäube.

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1. Schutzhandschuhe

Bei gleichem Material hängt die Schutz- mindest wenn eine Allergie bekannt ist, wirkung aber zusätzlich vom Herstel- empfiehlt sich ein Blick in die „Liste der Wenn Stoffe reizend, sensibilisierend, pho- lungsverfahren ab: „‚Nitril’ ist nicht gleich Allergene in Schutzhandschuhen“ der Gistotoxisch oder hautresorptiv sind, muss ‚Nitril’“ [5]. Deshalb sollte der „Lieferant bau, die eine Vielzahl von Schutzhanddie Haut geschützt werden. Hautresorptive des Chemikalienschutzhandschuhs … Ih- schuhen einschließlich der enthaltenen Stoffe gelangen durch die Haut ins Blut nen die Permeationsdaten für Ihre Stoffe ... Allergene gegenüberstellt [13]. Bei PUund können die Organe schädigen [2]. schriftlich bestätigen“ [8]. Dies Handschuhen ist dagegen auf einen niedEinen Universal-Schutzhandschuh gibt es unterstützen namhafte Handschuhher- rigen DMF-(Dimethyl-Formamid)-Genicht. Diverse Materialien stehen zur steller: „Aus Sicht der Arbeitsgruppe ist die halt zu achten [14], ein reizender, hautreWahl, zum Beispiel Nitril-Kautschuk, Nennung von konkreten Handschuhtypen sorptiver Stoff, der Leberschäden verursaChloropren (Neopren), Butyl-Kautschuk, (gemeint sind konkrete Produkte, d. Verf.) chen kann. Fluorkautschuk (Viton) oder Polyvinyl- im Sicherheitsdatenblatt unverzichtbar, Ein weiterer Nachteil von Schutzhandalkohol (PVA). Im Sicherheitsdatenblatt weil … selbst für gleichlautende Materialien schuhen ist, dass Schweiß nicht verdunsten des verwendeten Gefahrstoffs, Kapitel 8, bei identischen Schichtdicken … nicht selten kann, sondern die Haut aufweicht. Wenn sollten folgende Angaben enthalten sein: Unterschiede in deren Zusammensetzung über „einen erheblichen Teil ... (der) ArHandschuhmaterial, bestehen.“ [9] beitszeit“ Schutzhandschuhe getragen werMaterialstärke und Wie hoch der Schutz durch Kategorie- den, ist dies „Feuchtarbeit“ [2]: Bei mehr Durchbruchszeit [3]. 3-Handschuhe tatsächlich ist, wird in als zwei Stunden pro Tag sind UnterWelches Material vor welchen Stoffen jedem Zusammenhang neu definiert. Im suchungen anzubieten. Bei regelmäßig schützt, zeigen zum Beispiel die Spinnen- Rahmen der Biozidzulassung wird – unter vier Stunden pro Tag sind Vorsorgeunternetz-Plots [4] des Gestis-Internetangebots. Voraussetzung einer guten Arbeitshygiene suchungen Pflicht [15]. Die Buchstaben A-L bezeichnen die Prüf- („good occupational hygiene approach“) Empfehlenswert ist darüber hinaus ein chemikalien: „A“ für Alkohole, „B“ für Ke- – mit 90% Reduktion der Gefahrstoff- „mindestens stündlicher Handschuhwechtone, „K“ für Laugen und „L“ für Säuren belastung (sogenannte „Exposition“) ge- sel“ [2] und der Wechsel zwischen Feucht[5, 6]. Geprüft wird jeweils mit dem Stoff rechnet [10]. Dies setzt unter anderem die und Trockenarbeit, ihre Aufteilung auf einer Stoffgruppe, der die kleinste, prak- Verwendung neuer Handschuhe mindes- möglichst viele Beschäftigte, Baumwolltisch noch handhabbare Molekülgröße tens bei jeder neuen Schicht voraus. ECE- Unterziehhandschuhe plus gerbstoffhaltibesitzt, so dass bei Verwendung „größerer“ TOC TRA, ein PC-Programm, das die ger Hautschutzcreme – oder am besten der Stoffe eine höhere Schutzwirkung zu er- Exposition bei verschiedenen Tätigkeiten Ersatz von PSA durch technische und/oder warten ist. Wenn bei mindestens drei der abschätzt, geht je nach Qualifikation des organisatorische Schutzmaßnahmen. Stoffe A-L ein „Schutzlevel“ von mindestens gewerblichen Anwenders von 80 oder 90% 2, das heißt eine „Durchbruchszeit“ aus; (nur Verwender in der Industrie und 2. Schutzanzug ⱖ 30 Minuten erreicht wird, trägt der mit „spezifischem Training in der Verwen- In nur sechs „Typen“ sind ChemikalienHandschuh das schwarz-weiße Erlen- dung“ erreichen 95% laut ECETOC) [11]. Schutzanzüge unterteilt, deren Schutzwirmeyerkolben-Symbol in Wappenform Die verbleibende Exposition resultiert aus kung von 6 nach 1 zunimmt [16]: Schutz vor Spritzern und direktem Kon[2, 6]. falscher Handhabung (Unterlassung des takt: Typ 6 (gemäß DIN/EN 13034), Bei einem Symbol mit Becherglas-Schat- Umschlagens der Stulpen), fehlerhaftem plus Staubschutz: Typ 5 (gemäß DIN/ tenriss handelt es sich dagegen nur um ei- Ausziehen kontaminierter SchutzhandEN 13982), nen luft- und wasserdichten Handschuh schuhe, aber auch aus unvermeidlicher plus Schutz vor Sprühnebeln bezie[5]. Die „Durchbruchszeit“ darf nicht mit Permeation durch das Material selbst, die hungsweise Aerosolen: Typ 4 und 3 der zulässigen „Tragedauer“ verwechselt durch Dehnung und Materialermüdung (DIN/EN 14605), werden [5]: „Wenn die Durchbruchszeit ... (Degradation) schnell zunimmt. plus Schutz vor Gasen und Dämpfen: bei 23°C ermittelt worden ist, so ist die maxi- Ein weiterer Nachteil von SchutzhandTyp 2 und 1 (DIN/EN 943) male Tragedauer unter Praxisbedingungen schuhen sind allergene Inhaltsstoffe (zum (33°C) auf ein Drittel zu kürzen.“ [2] Beispiel Thiurame, Thiocarbamate und Typ 3 bis 6 unterscheiden sich weniger Stimmt die geplante Verwendung mit der -harnstoffe). Allergien sind selten [8], aber durch das Material, als durch seine Verim Etikett oder Sicherheitsdatenblatt be- nur Polyurethan (PU)-Handschuhe kön- arbeitung: zum Beispiel doppelte und schriebenen überein und werden keine weite- nen allergenfrei hergestellt werden. Daher überklebte Nähte, ein überdeckter Reißren Gefahrstoffe verwandt, kann die Gisbau- fordert die DIN/EN 420, dass „alle im verschluss, Bündchen und KreppverHandschuh-Datenbank [7] bereits einen Handschuh enthaltenen Substanzen ange- schlüsse an den Ärmeln, Füßlinge oder Überblick über das Angebot liefern; zumin- ben (werden), die bekannt sind, Allergien zu Kapuze mit überdecktem Kinn. dest für Farben und Lacke, Abbeizer und Lö- verursachen“ [12], meist in der beigefügten Auf den ersten Blick ähneln sich die Typen semittel, Reinigungs- und Holzschutzmittel. Infobroschüre des Schutzhandschuhs. Zu- 3 bis 6 und sind daher vor allem anhand

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des Etiketts zu unterscheiden. Eine fe 1, das heißt Schutz für 121 Minuten, und Klasse zu verwendender Filter und die „Durchbruchszeit“ und daraus folgende bieten. wahrscheinlich sichere Haltezeit einzuhoSchutzklassen – wie für Handschuhe – len. Viele Hersteller benutzen Algorithmen, sind für Anzüge leider nicht definiert. Be- 4. Atemschutz um das ‚Ende der Haltezeit’ für einen gegezeichnet werden sie oft auch als „Ty- Atemschutz gegenüber Gefahrstoffen be- benen Stoff unter festgelegten Einsatzbedinvek“-Anzüge, einer Marke von DuPont für deutet meist: eine Halbmaske (Atem- gungen zu beurteilen.“ [21] die Typen 4 bis 6. anschluss) plus Filterelement/e. Filtergerä- Die vorgenannte Leistungs “klasse“ eines Im Sicherheitsdatenblatt sind „Art und te sind die preisgünstige, ortsungebundene Filters bezeichnet das PartikelabscheideQualität“ eines „Overalls“ anzugeben [3]. Variante der Luftzufuhr. beziehungsweise Gasaufnahmevermögen Gefahrstoffhersteller sollten ihren Kunden Die Filterwahl erfolgt anhand der Schad- [19] und steigt von Klasse 1 (0,1 Vol-%) aber auch den „Typ“ einschließlich der zu- stoffgruppe, zum Beispiel: über 0,5 Vol-% auf maximal 1 Vol-% Organische Gase/Dämpfe mit Siedegehörigen Norm des empfohlenen Kör(Kl. 3) an [19]. Parallel steigt aber auch der punkt > 65°C: Typ A perschutzes nennen, um die so genannte Atemwiderstand, wodurch VorsorgeunterKennfarbe braun „Compliance“, die Einhaltung der Vorsuchungen schon bei einem P3-Filter mit Anorganische Gase/Dämpfe: Typ B schriften durch den Anwender, das heißt Maske zur Vorschrift werden [19]. Gegen Kennfarbe grau sein Wissen und seine Motivation zu erhökrebserregende, mutagene oder reprodukPartikel (Staub/Aerosole): Typ P hen. tionstoxische (CMR-) Stoffe dürfen Kennfarbe weiß Typ 2 und 1, die Feuerwehr und KatastroP1-Filter aber nicht eingesetzt werden phenschutz nutzen, schützen zusätzlich Sehr flüchtige organische Stoffe (Siede- [19]. vor Gasen und Dämpfen. Aber selbst bei punkt ⱕ 65°C) binden nicht fest genug auf Der Schutzfaktor, der einer Atemschutzihnen wird keine 100%ige Schutzwirkung dem A-Filter. Die „Bibel des Atemschut- kombination zugesprochen wird, ist in angenommen, sondern eine Leckage von zes“, BGR 190 [19], unterteilt flüchtige Deutschland, England und Amerika un0,05%. Ein Typ 5-Anzug hat die Anforde- Stoffe in vier Gruppen. Für Formaldehyd, terschiedlich. In Deutschland ist er den rungen bestanden, wenn seine Durchläs- Gruppe 3, empfiehlt sie einen B-Filter. In Tabellen 1 bis 3 der BGR 190 [19], im eurosigkeit 30% nicht überschreitet. Die Lecka- jedem Fall ist aber der Filterhersteller zu päischem Vergleich der Norm EN 529 [21] ge der übrigen Anzüge wird nur optisch fragen beziehungsweise in seinen Listen zu entnehmen. Beispielsweise wird für anhand der Fleckengröße auf Unterzieh- nachzusehen, ob er zum Beispiel einen eine Halbmaske mit P2-Filter in Deutschwäsche beurteilt, nachdem der Anzug mit speziellen Formaldehydfilter anbietet. land ein Faktor von 10, für eine Halbmaske farbiger Sprühlösung beaufschlagt wurde AX-Filter sind nur bei Stoffen der Grup- mit P3- oder Gasfilter ein Schutzfaktor von pen 1 und 2 einsetzbar, zum Beispiel Me- 30 angenommen. Die Einheit „VdGW“, [16]. Mit 45 bis 77% bezifferte die Bundes- thanol, Di- und Trichlormethan oder Ace- „Vielfache des Grenzwerts“ [19], bedeutet, anstalt für Arbeitsschutz und Arbeits- ton und Ether [19]. dass der betrachtete Atemschutz bis zur medizin (BAuA) den tatsächlichen Wir- Spezialfilter gibt es außerdem für Schwe- x-fachen Überschreitung des Grenzwerts kungsgrad von Sprühschutzkleidung [17]. feldioxid und Salzsäure (Typ E, Kennfarbe verwendet werden kann – oder, einfacher Im Zulassungsverfahren für Biozide wird gelb), Ammoniak (K, grün), Kohlenmono- gesagt, dass er die Luftbelastung um den aber von 80 bis 95% – unter Voraussetzung xid (CO, schwarz), nitrose Gasen (NO-P3, Faktor x reduziert. einer optimalen Arbeitshygiene – aus- blau-weiß), Quecksilber (Hg-P3, rot- Höhere Schutzfaktoren erreichen Filter weiß) oder radioaktive Partikel (Reaktor mit Gebläse, die das Ansaugen der Luft gegangen [10]. „Kein Anzug kann gegen alle Chemikalien ... P3, orange-weiß). Eine violette Filterkenn- erleichtern. In diesem Fall sind auch Vorschützen. Deshalb muss sich der Anwender zeichnung (SX) ist ein Joker, den der Her- sorgeuntersuchungen unnötig. Sie können beim Hersteller vergewissern, dass die steller verwendet, um Schutz vor anderen auch mit Haube oder Helm statt der MasSchutzkleidung für die entsprechende An- als den genannten Stoffen anzuzeigen. ke getragen werden, wobei Filter und Gewendung geeignet ist“ empfiehlt das IFA- Partikelfilter (P) werden gegen Aerosole bläse am Gürtel angebracht sind. Für „Pereingesetzt, unabhängig ob organischer sonen mit Bärten ... im Bereich der DichtHandbuch [16]. oder anorganischer Art. Aerosole sind linien“ sind sie die Alternative, da „Voll3. Schutzstiefel Gemische aus Staub oder Flüssigkeits- und Halbmasken ... (für sie) ungeeignet“ Auch gefahrstoffresistente Gummistiefel tröpfchen in Luft. Im Gegensatz zu Dampf, sind [19]. Auch bei reizenden und ätzenwerden angeboten, zum Beispiel für die dem Stoff in molekularer Form (⭋ ca. 0,01 den Schadstoffen sind Haube, Helm oder Gieß- und Sprühanwendung von Des- Mykrometer), haben Aerosoltröpfchen ei- Vollmasken angezeigt, da sie die Augen infektionsmitteln in Ställen. Die Anforde- nen deutlich größeren Durchmesser von abdecken. rungen sind in der Norm DIN/EN 13832 ca. 1 bis 200 µm [20]. Ein Nachteil von Filtergeräten ist, dass das geregelt [18]. Sie müssen bei mindestens Die DIN/EN 529 empfiehlt, „beim Herstel- Ende der Filterleistung vom Anwender mit drei der 15 Prüfchemikalien Leistungsstu- ler des Filters Ratschläge hinsichtlich Typ den Sinnen wahrgenommen werden muss.

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Für Gasfilter empfiehlt die BGR 190, dass sie „grundsätzlich nur gegen Gase und Dämpfe eingesetzt werden, die der Gerätträger bei Erschöpfung des Filters (Filterdurchbruch) riechen oder schmecken kann. Für den Einsatz von Gasfiltern ..., deren Durchbruch der Gerätträger nicht feststellen kann, sind betriebsspezifische Einsatzregeln aufzustellen ... oder ... Isoliergeräte zu benutzen“ [19]. Aber die DIN/EN 529 gibt zu bedenken, dass diese „Praxis ... ungeeignet sein (kann), weil die Sinne des Benutzers ... beeinträchtigt oder lahmgelegt sein können“ [21]. Bei Partikelfiltern zeigt sich die Erschöpfung der Filterleistung durch einen Anstieg des Atemwiderstands. Weitere Einsatzgrenzen für Filtergeräte sind: Schadstoffgehalt max. 1 Vol-%, Sauerstoffgehalt mind. 17 Vol-% nicht zulässig in Behältern und engen Räumen, zum Beispiel Bunkern, Kesselwagen, Rohrleitungen, Gruben, Kanälen oder ähnlichem [19]. Bei höheren Schadstoffgehalten, mangelndem Sauerstoffgehalt oder unbekannter Atmosphäre sind Umgebungsluft-unabhängige, sogenannte Isoliergeräte (behälter- oder schlauchgebundene Geräte oder Atemschutzanzug), zu verwenden. Tragezeitbegrenzungen sind ein weiteres Merkmal von Atemschutz – mit Ausnahme von Haube oder Helm. Anhaltswerte sind zum Beispiel 120 Minuten für eine Halbmaske oder 105 Minuten für eine Vollmaske, drei Mal pro Schicht nach je 30-minütiger Pause, die bei schwerer Arbeit und/oder erhöhter Umgebungstemperatur oder -feuchtigkeit entsprechend angepasst werden müssen, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Betriebsarztes. Das gleichzeitige Tragen von Schutzanzügen der Typen 3–6 verkürzt die zulässige Tragedauer auf 80% der genannten Zeiten [19].

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5. Pflichten Ein Charakteristikum von PSA ist, dass das Ausmaß ihrer Schutz- oder schädigenden Wirkung in besonderem Maß vom Verhalten des Verwenders abhängt – von seinem Wissen und Können und seiner Motivation. Daher muss, wer PSA verwenden lässt,

seine Mitarbeiter informieren, schulen und ärztlich betreuen [22] durch: 1. Betriebsanweisungen: Allgemeine Vorgaben enthält die TRGS 555 [23]. Ein Atemschutz-Beispiel findet sich in Anhang 5 der BGR 190 [19], für das Tragen von Schutzhandschuhen enthält Anhang 5 der BGI 868 ein Muster [5]. 2. Hautschutzplan: Branchenspezifische Vorlagen bietet die BGW in ihrem Internetauftritt [24]. 3. Unterweisung: Für Atemschutz-Filtergeräte soll die Unterweisung zwei Stunden dauern und praktische Übungen einschließen. Für Isoliergeräte dauert die Erst-Unterweisung inklusive praktischer Übungen mindestens acht Stunden [19]. Die Hautschutzunterweisung ist unter Umständen sogar „mehrmals pro Jahr“ durchzuführen [2] und dabei die „richtige Methode zum An- und Ausziehen ... (der Handschuhe) zu üben“ [2]. Bei der Arbeit sollen die Stulpen umgeschlagen sein, damit die Flüssigkeit nicht auf die Unterarme läuft [13]. Bestandteil der Unterweisungen ist außerdem eine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung, unter anderem zu den Nebenwirkungen der PSA [2]. 4. Vorsorge-Untersuchungen: Die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung [15] schreibt vor, dass der Arbeitgeber, wenn Gefährdungen ermittelt wurden, für die Früherkennung und Vorbeugung arbeitsbedingter Erkrankungen sorgt: Atemschutzträgern sind Untersuchungen gemäß dem berufsgenossenschaftlichen „Grundsatz G26“ [25] ᎐ anzubieten bei Geräten mit 2h/d im feuchten Milieu gearbeitet wird, einschließlich

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des Tragens von Schutzhandschuhen. ᎐ Zur Pflicht wird die Hautuntersuchung, wenn die Feuchtarbeit mehr als 4h/d beträgt [2]. 6. Fazit Persönliche Schutzausrüstung ist die wesentliche persönliche Maßnahme des sogenannten STOP-Prinzips. Dessen erste drei Buchstaben – Substitution, technische und organisatorische Schutzmaßnahmen – müssen aber zuvor ausgeschöpft sein [22]. Die Gefahrstoffverordnung verlangt außerdem, dass „belastende“ PSA „keine Dauermaßnahme“ sein darf [22]. „Belastend“ heißt für Schutzhandschuhe: „regelmäßig >4h/d“ ohne Wechsel [2]. Für Atemschutz gilt: „Die Belastung durch die Geräte steigt von Gruppe 1 nach Gruppe 3 an.“ [19] Das heißt, dass – bis auf Haube, Helm und gebläseunterstützter Maske – sämtlicher Atemschutz „belastend“ und seine Tragezeit begrenzt ist. Wird PSA empfohlen, zum Beispiel für ortsveränderliche Arbeitsverfahren oder in Zulassungsanträgen für Biozidprodukte, Pflanzenschutzmittel und künftig wahrscheinlich auch Industriechemikalien [3], sind die in diesem Beitrag genannten Angaben zu machen: für Schutzhandschuhe: Material, Materialstärke und Schutzlevel (auch „Durchbruchszeit“ genannt) einschließlich der zugrunde liegenden Norm (DIN/EN 374), für Schutzanzüge: Anzug-Typ und die entsprechende Norm (zum Beispiel DIN/EN 14605), für den Atemschutz: 1 . Atemanschluss (zum Beispiel Maske oder Haube) sowie 2 . Filtertyp und -klasse (bzw. umgebungsluftunabhängige Luftzufuhr) einschließlich der entsprechenden Normen (siehe BGR, Tab. 1–3 [19] oder EN 529, Tab. C1 [21]), für Chemikalien-Schutzstiefel: die entsprechende Norm DIN/EN 13832. Wichtig ist außerdem die beispielhafte Nennung mindestens je eines konkreten, hinsichtlich der verwendeten Gefahrstoffe wirksamen PSA-Produkts im Sicherheitsdatenblatt. Sie erleichtert dem Anwender

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den Erwerb und reduziert die Fehleranfälligkeit der PSA-Auswahl. Der Hersteller erspart sich Nachforderungen, und Arbeitgeber und Anwender erhalten mehr Sicherheit und Service. Literatur [1] Richtlinie Nr. 89/686/EWG des Rates vom 21.12.1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für persönliche Schutzausrüstungen, sog. Herstellerrichtlinie [2] TRGS 401, Technische Regel für Gefahrstoffe „Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“, GMBl S. 818–845 [Nr. 40/41] (vom 19.8.2008) zuletzt berichtigt: GMBl 2011 S. 175 [Nr. 9] (vom 30.03.2011) [3] Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des europäischen Parlaments und des Rates vom 18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), [4] Spinnennetzplots, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV), BerlinMitte, IVA, Gestis), im Internet abgerufen am 19.10.12: http://www.dguv.de/ ifa/de/pra/chemikalienschutzhandschuhe/pdf/spinnennetzplots.pdf [5] BGI 868, Chemikalienschutzhandschuhe, Dt. Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV, Hrsg.), Berlin, Juni 2009 [6] DIN EN 374, Schutzhandschuhe gegen Chemikalien und Mikroorganismen, 2003 [7] Gisbau-Handschuh-Datenbank, Gefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Frankfurt a.M., im Internet abgerufen am 19.10.12: http://www.wingisonline. de/handschuhe/frmMain.aspx [8] Info-Reihe 4, Chemikalienschutzhandschuhe, Zutter F, Bundesverband Hautschutz (bvh), im Internet abgerufen am 19.10.12: http://www.bvh.de/downlo ad/215_Info_4_2009.pdf [9] Praxisnahe Auswahl von ChemikalienSchutzhandschuhen – ein neuer Ansatz, Polanz O, Paszkiewicz P, in: Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, 63 (2003) Nr.10, S.410–412 [10] Default protection factors for clothing and gloves, HEEG-opinion 27.01.10,

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European Commission, JRC, Ispra /Italien, im Internet abgeruften am 19.10.12: http://ihcp.jrc.ec.europa.eu/ our_activities/public-health/risk_assessment_of_Biocides/doc/TNsG/ TNsG_ON_HUMAN_EXPOSURE/ HEEG_OPINION [11] ECETOC TRA (Vers.3), Technical Report No.114, Background and Rationale for Improvements, Julie 2012, S., im Internet abgerufen am 16.10.12: http://www.ece toc.org/tra [12] Liste der abgefragten Allergene, GisbauGefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Frankfurt a.M., im Internet abgeruften am 19.10.12, http://www.gisbau.de/ser vice/sonstiges/allergene/Allergene.html [13] Liste der Allergene in Schutzhandschuhen, Gisbau-Gefahrstoff-Informationssystem der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Frankfurt a.M., im Internet abgerufen am 19.10.12, http://www. gisbau.de/service/sonstiges/allergene/Liste.html [14] Gesundheitsschädliche Stoffe in Polyurethan-beschichteten Handschuhen? Bundesverband Handschutz e.V. (bvh), Zutter F, in: sicher ist sicher – Arbeitsschutz aktuell, 1/2005, S. 22–23 [15] ArbmedVV, Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 18.12.2008 (BGBl. I S. 2768), zuletzt geändert am 26.11.2010 (BGBl. I S. 1643) [16] IFA-Handbuch, Kennzahl 440210: Schutzkleidung – Positivliste, Mewes D, Walther C, Röckel-Schütze G, (früher: BGIA-Handbuch), Erich Schmidt Verlag, Berlin 2012 [17] BAuA-Projekt F1702, Arbeitsplatzbelastungen bei der Verwendung von BiozidProdukten, Teil 1: Inhalative und dermale Expositionsdaten für das Versprühen von flüssigen Biozid-Produkten, Koch, W; Berger-Preiß, E; Boehncke, A; Könnecker, G; Mangelsdorf, I; Dortmund 2004, [18] Neue Normen für Chemikalienfußschutz, Opara D, in: sicher ist sicher – Arbeitsschutz aktuell 9/2007, S.402–403 [19] BGR 190, Regel Benutzung von Atemschutzgeräten, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV, Hrsg.), Berlin,

Dez. 2011 [20] Aerosol technology: properties, behavior, and measurement of airborne particles, Hinds W C, Wiley-Verlag 1999 [21] DIN EN 529:2006–01, Atemschutzgeräte – Empfehlungen für Auswahl, Einsatz, Pflege und Instandhaltung – Leitfaden, S.22, A.2.4.3, [22] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV) vom 26.11.2010 (BGBl. I S 1643) geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S 1622) [23] TRGS 555, Betriebsanweisung und Information der Beschäftigten, Technische Regeln für Gefahrstoffe, Feb. 2008, geändert und ergänzt: GMBl Nr. 28 S. 608 (v. 2.7.2009) [24] Hautschutz- und Händehygienepläne, Internetauftritt der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (bgw), abgerufen 18.10.12: http://www.bgw-online.de/internet/gene rator/Inhalt/OnlineInhalt/Statische_20Seiten/Navigation_20links/Kundenzentrum/Hauptsache_20Hautschutz/ Ver_C3_B6ffentlichungen/Hautschutzplaene.htm [25] Grundsatz G26’, Information Handlungsanleitung für die arbeitsmedizinische Vorsorge „Atemschutzgeräte“, Dt. Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV, BGI/GUV-I 504–26), Berlin, Okt. 2010, im Internet abgerufen am 18.10.12, http://www.unfallkasse-nrw.de/ fileadmin/server/download/Regeln_und_Schriften/Informationen/I_504–26.pdf

Autorin Monika Krause Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Dortmund, Promoventin an der Bergischen Universität Wuppertal (BUW) E-Mail: [email protected]