Ein sinnvolles Leben, - zwei Fallstudien von Lea Ahrends und Franziska Glöckl am 08.05.2012 Im Rahmen des Seminars Empirische Sinnforschung und ihre Anwendung unter der Leitung von Ass.-Prof. Dr. Tatjana Schnell

1. Theoretische Grundlagen + Literatur: Schnell, T. (2008). Deutsche in der Sinnkrise? Ein Einblick in die Sinnforschung mit Daten einer repräsentativen Stichprobe. Journal für Psychologie, 16 (3), Article 09. Schnell, T. (2011). Individual differences in meaning-making: Considering the variety of sources of meaning, their density and diversity. Personality and Individual Differences, 51 (5), 667-673.

+ 26 Lebensbedeutungen

(SCHNELL, 2004; SCHNELL & BECKER, 2007)

+ Leitfaden Persönlicher Mythos Persönliche Rituale Transzendenzerfahrungen Religion und persönliche Religiösität + Breite, Balance und Tiefe 1) Breite: Ergibt sich aus der Anzahl der Sinnquellen. 2) Balance: Stellt die Anzahl der Dimensionen dar, die durch die für das Individuum relevanten Sinnquellen repräsentiert werden. 3) Tiefe: Das Ausmaß der durch die Sinnquellen realisierten vertikalen Selbsttranszendenz (Schnell, 2008)

+ Fragestellung Wie viele und Welche Sinnquellen haben unsere Interviewten? Wie sind Breite, Tiefe und Balance ausgeprägt und verteilt? + Probanden

2. Planung und Durchführung unserer Fallstudien + Auswertung der Interviews - anhand der 26 Lebensbedeutungen

- im Weiteren den 4 Dimensionen von Sinn zugeordnet - und schlussendlich im Bezug nach Breite Tiefe und Balance bewertet durch die Zuordnung der Lebensbedeutungen und Sinnquellen zu den Dimensionen ist ein direkter Vergleich der beiden Interviewten möglich

3.Ergebnisse

5 4 3 2

Sebastian Robin

1 0 Wirwohl

Unsere Auswertung:

ordnung

selbstverw.

selbhorizont

selbvertikal

Trifft gar nicht Trifft völlig zu

Trifft gar nicht Trifft völlig zu

1---2---3---4---5---6 Gemeinschaft

1---2---3---4---5---6 Gemeinschaft

Gemeinschaft mit Freunden und Familie ist ihm Er ist gerne alleine, unternimmt ab und zu etwas sehr wichtig. Er schätzt sie und unternimmt mit Freunden um zu diskutieren, beim gerne und oft etwas mit ihnen. Priesterseminar gefällt ihm das gemeinsame Essen, die Gemeinschaft mit anderen 1---2---3---4---5---6 Spaß Menschen, scheint ihm aber nicht besonders wichtig zu sein. Spaß gehört zu einem seiner Ziele im Leben und ist ein Teil seiner Lebensphilosophie. Er 1---2---3---4---5---6 Spaß benutzt das Wort häufig im Zusammenhang mit Freunden und Sport. Spaß spielt für ihn keine große Rolle, wird aber empfunden beim Bergsteigen und Lesen. 1---2---3---4---5---6 Liebe 1---2---3---4---5---6 Liebe Die Liebe zu seiner Familie und seinen Freunden bringt er zum immer wieder zum Über Liebe zu Menschen spricht er im Interview Ausdruck. Seine schönsten schlimmsten und nicht, eher ein ähnliches Gefühl wie Ehrfurcht alle wichtigen Erlebnisse bringt er mit seiner oder Bewunderung. Familie in Verbindung. Es fehlt aber die 1---2---3---4---5---6 Wellness romantische Liebe, deshalb bekommt er in diesem Fall nicht die volle Punktzahl von uns. Ist nicht vorrangig wichtig für ihn, aber er genießt die Natur und hat dort auch ein 1---2---3---4---5---6 Wellness Wohlgefühl. Das Wohlgefühl ist für Ihn wichtig, aber es ist 1---2---3---4---5---6 Fürsorge mehr auf den Spaß als auf den Genuss bezogen. Es gibt keine Aussagen dazu im Interview. 1---2---3---4---5---6 Fürsorge 1---2---3---4---5---6 Bewusstes Erleben Fürsorge da er hilfsbereit Freunden gegenüber In der Natur erlebt er sich sehr Bewusst und das ist und sich um seine Familie sorgt. Priesterseminar besteht quasi nur aus Ritualen, die den ganzen Tag verfolgt werden. 1---2---3---4---5---6 Bewusstes Erleben Bewusstes Erleben, wie Achtsamkeit und Rituale kommen im Interview nicht zum Ausdruck, beim Sport ist das aber schon gegeben. Seine eigenen kleinen Rituale hat er, wie z.B. einen Film schauen vor dem Einschlafen.

1---2---3---4---5---6 Harmonie

1---2---3---4---5---6 Harmonie

1---2---3---4---5---6 Tradition

Harmonie ist ihm sehr wichtig, da ihm die Gemeinschaft so viel bedeutet versucht er Kompromisse zu finden und auf die Wünsche seiner Liebsten zu achten.

Er hat klare Ansichten und Vorstellungen seiner Meinung nach veraltete Traditionen der Katholischen Kirche zu durchbrechen und hat es vor sich dagegen aufzulehnen.

1---2---3---4---5---6 Tradition

1---2---3---4---5---6 Bodenständigk.

Er möchte gerne in den Väterlichen Betrieb einsteigen, bewundert seine Großeltern, die schon ewig verheiratet sind. Die Familientradition hat für ihn große Bedeutung

Er hat einerseits ein abgeschlossenes Philosophie Studium, welches er als Studium nach Interesse Bezeichnet, auf der anderen Seite macht er jetzt das Priesterseminar mit

Die Harmonie ist ihm nicht so wichtig, wie seine Ideen und Ideale, er ist auch bereit viel dafür aufzugeben. Trotzdem hat er bis jetzt noch die Harmonie gewahrt.

1---2---3---4---5---6 Bodenständigk.

klarer Berufsabsicht.

Er ist sich bewusst, dass er sein Studium beenden muss um später in einer Firma seines Vaters zu arbeiten. Dennoch genießt er seine Freizeit und lässt dabei sein Studium schleifen.

1---2---3---4---5---6 Moral Er selber hält zwar nicht an den Werten der Katholischen Kirche fest, hat aber selber klare Werte, die er auch vertritt.

1---2---3---4---5---6 Moral Er orientiert sich an seinen Eltern und Großeltern und deren Richtlinien und vertritt Familiäre Werte. 1---2---3---4---5---6 Vernunft Er ist sich Bewusst darüber, dass er sich sehr für sein Studium anstrengen muss um es abzuschließen. 1---2---3---4---5---6 Herausforderung Er sucht quasi die Herausforderung auf der sportlichen Ebene, immer schneller, höher, besser.

1---2---3---4---5---6 Vernunft Ist sich Bewusst über seine Zweifel und wägt ganz rational ab, was die Konsequenzen sein können, wenn er seine Gedanken äußert. 1---2---3---4---5---6 Herausforderung Sucht nicht nach Neuem oder Risiko, aber wenn ihn etwas stört ist er bereit viel aufzugeben und ein großes Risiko einzugehen, um seine Ideale durchzusetzen. 1---2---3---4---5---6 Individualismus

Seine Potentiale lebt er aus, er passt sich nicht an um Harmonie zu wahren, sondern folgt Er ist sehr fremdgeleitet, nicht besonders seinen Idealen und setzt sich dadurch von der Individuell, passt sich lieber an um Harmonie zu Masse ab. bewahren. 1---2---3---4---5---6 Macht 1---2---3---4---5---6 Macht Dominanz und Kampf ist für ihn nicht Kämpfergeist und Dominanz zeigt er in seinen relevant bzw. kommt im Interview nicht vor. sportlichen Aktivitäten. In anderen Lebensbereichen wie z.B. im 1---2---3---4---5---6 Entwicklung Zwischenmenschlichen, spielt Macht keine Rolle. Sein persönlicher Wachstum ist wichtig für ihn, welches er mit seinem Studium und Lesen von 1---2---3---4---5---6 Entwicklung anspruchsvoller Literatur ständig voran treibt. Was den Sport angeht ist er zielstrebig, aber andere Bereiche, wie sein Studium bleiben auf 1---2---3---4---5---6 Leistung der Strecke. Spielt für ihn eine untergeordnete Rolle. Erfolg im persönlichen Bereich zum Zweck der 1---2---3---4---5---6 Leistung Selbstverwirklichung, aber weniger um viel Geld Erfolg ist ihm sehr wichtig, da ist sein Vater und zu verdienen. Eher für Ideale, nicht für Materielles. extreme Leistungssportler sind ihm da ein Vorbild. 1---2---3---4---5---6 Freiheit 1---2---3---4---5---6 Freiheit Er ist ein Freigeist, fühlt sich noch Seine Freiheit ist eingeschränkt, da er finanziell eingeschränkt durch veraltete Ansichten der Katholischen Kirche. In Zwischenmenschlichen und mental abhängig von seinen Eltern ist. Trotzdem nimmt er sich selbst die Freiheit viele Beziehungen steht er sich teilweise selber im Weg. Dinge zu tun, die ihm Spaß machen. 1---2---3---4---5---6 Individualismus

1---2---3---4---5---6 Wissen

1---2---3---4---5---6 Wissen

Der Wissensdrang ist nicht so groß oder sehr eingeschränkt auf bestimmte Bereiche, die Spaß bereiten. 1---2---3---4---5---6 Kreativität Ist nicht gegeben, bzw. kommt im Interview nicht vor. 1---2---3---4---5---6 Soziales Engagement Ist nicht gegeben, bzw. kommt im Interview nicht vor. 1---2---3---4---5---6 Naturverbundenheit

Er hat Philosophie studiert, also ein sehr Wissens-orientiertes Studium, indem man sich viel mit Theorien und Weltwissen auseinandersetzt. Er hinterfragt sich selbst, die Ansichten der katholischen Kirche. Er will wissen warum. 1---2---3---4---5---6 Kreativität Ist nicht gegeben, bzw. kommt im Interview nicht vor. 1---2---3---4---5---6 Soziales Engagement Ist nicht gegeben, bzw. kommt im Interview nicht vor.

Er macht gerne Sport in der Natur, in den 1---2---3---4---5---6 Naturverbundenheit Bergen, auf dem Wasser, reine Natur macht ihn besonders glücklich. Sein schönstes Erlebnis Er wandert gerne in der Natur und sein war Sport mit seiner Familie in der Natur. schönstes Erlebnis war ein Bad in einem Fluss. 1---2---3---4---5---6 Selbsterkenntnis

1---2---3---4---5---6 Selbsterkenntnis

Auseinandersetzung mit dem Selbst ist bei ihm nicht gegeben oder kommt im Interview nicht raus.

Er beschäftigt sich mit sich selbst, der Auseinandersetzung seiner Wünsche und Vorstellungen.

1---2---3---4---5---6 Gesundheit

1---2---3---4---5---6 Gesundheit

Seine Sportbegeisterung, seine Angst vor Krankheiten der Familie und das Schätzen der Gesundheit bringt er im Interview zum Ausdruck.

Ist nicht gegeben, bzw. kommt im Interview nicht vor.

1---2---3---4---5---6 Generativität

Er würde gerne die Ansichten der Katholischen Kirche ändern, auch für seine Nachwelt. Er meint zu spüren, dass die kath. Kirche eine Veränderung braucht und fühlt sich dazu „berufen“.

Es ist ihm wichtig etwas zurück zu lassen, aber eher damit sich die Menschen an ihn erinnern. 1---2---3---4---5---6 Expl. Religiosität Ist nicht vorhanden, aber er glaubt, dass die Normen der Kirche gut sind, weil sie daran appellieren die Familie zu ehren und zu achten und für einander zu sorgen. 1---2---3---4---5---6 Spiritualität Er ist gegen alles, dass mit etwas Übersinnlichem zu tun hat.

+ Zitate Bist du sinnerfüllt?

1---2---3---4---5---6 Generativität

1---2---3---4---5---6 Expl. Religiosität Er glaubt an eine Implizite Macht, ein Prinzip 1---2---3---4---5---6 Spiritualität Er glaubt nicht an explizite Wunder oder ähnliches.

Robin: „Ja, sinnerfüllt im Beruf noch nicht.... aber Freizeit und das machen, was mich glücklich macht, auf jeden Fall!“ Breite und Balance sind gegeben, die Tiefe fehlt ihm, trotzdem fühlt er sich zum großen Teil Sinnerfüllt. Sebastian: „Ich habe zwar schon viel erlebt und erreicht, aber noch nicht das Gefühl, da angekommen zu sein, wo ich hingehöre, d. h. ich habe ein paar Dinge getan, die mir durchaus sinnvoll vorkamen, aber den großen Sinn habe ich noch nicht ganz begriffen. Da, wo ich wirklich hingehöre, bin ich noch nicht angekommen. Trotzdem glaube ich nicht, dass ich ein sinnleeres Leben führe, denn ich halte das Leben an sich schon für sinnerfüllt. Und Sinn hat für mich viel mit Hoffnung zu tun hat, d. h. ich lebe noch, ich bin noch unterwegs, es kann noch so viel Schönes und Erfüllendes passieren. Schon die Hoffnung gibt mir Sinn.“ Breite, Tiefe und Balance sind gegeben, jedoch sind Breite und Balance erst ca. zu 60% erfüllt. Darauf lässt auch sein Zitat schließen, er fühlt sich noch nicht da, wo er wirklich hingehört.

4. Interpretation/Zusammenfassung Obwohl wir ganz unterschiedliche Personen interviewt haben, weichen die Ergebnisse nicht ausschlaggebend voneinander ab. Daraus schließen wir, dass Sinnerfülltheit subjektiv ist und auf unterschiedlichste Weise empfunden und gelebt werden kann. Es kommt nicht auf die Inhalte der einzelnen Sinnquellen an, sondern darauf, möglichst aus jeder Dimension ausreichend Sinnquellen zu leben, die ausgeglichen und balanciert sind. Sobald dies zutrifft, bestehen gute Chancen beim Wegfall einer Dimension oder mehrerer Sinnquellen diese auszugleichen und weiterhin ein „sinnvolles Leben“ zu führen.