EIN JAHRHUNDERT ITALIENISCHE AUSWANDERUNG NACH BRASILIEN. B e t r a c h t u n g e n über die G e s a m t a u s w a n d e r u n g und deren Anfänge Von D i e t r i c h v o n

Delhaes-Guenther

I. D i e i t a l i e n i s c h e A u s w a n d e r u n g n a c h 1. Q u a n t i t a t i v e

Brasilien

Aspekte

Im 19. Jahrhundert erlebte Europa ein Bevölkerungswachstum von bisher unbekanntem Ausmaß. Gleichzeitig entwickelte sich ein Weltwirtschaftssystem mit wachsender internationaler Arbeitsteilung, steigendem Güteraustauschvolumen, zunehmenden internationalen Kapitalbewegungen und Wanderungen von Arbeitskräften. Die Veränderungen im demographischen und ökonomischen Bereich waren die Antriebskräfte einer Massenauswanderung aus Europa, die vermutlich als größte Wanderungsbewegung in der Menschheitsgeschichte überhaupt anzusehen ist. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es ausschließlich die Landwirtschaft, welche den Auswandernden die Möglichkeit gab, ihren Lebensstandard zu verbessern. Mit Hilfe immer leistungsfähiger werdender Transportmittel zogen die Menschen aus den übervölkerten Gebieten Europas in jene landwirtschaftlich nutzbaren Gegenden der gemäßigten Klimazone (insbesondere Nord- und Südamerika), die erst schrittweise in das arbeitsteilige Weltwirtschaftssystem einbezogen wurden, die über Bodenreserven verfügten und eine hohe Grenzproduktivität der Arbeit ermöglichten. In diesem Zusammenhang muß der Ursprung der transozeanischen Auswanderung aus Italien gesehen werden. Sie beginnt vor 100 Jahren - wenn man von der gelegentlichen Auswanderung aus Ligurien seit Anfang des 19. Jahrhunderts absieht 1 - und richtet sich hauptsächlich in die Vereinigten Staaten, nach Argentinien und Brasilien. Unter den Ländern, aus denen im Zeitraum 1819-1960 Einwanderer nach Brasilien kamen, steht Italien mit 1,62 Millionen Personen Gino L u z z i t o , S. 180.

L'economia Italiana dal 1861 al 1894, Torino 1968,

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dicht hinter Portugal (1,73 Millionen) an der Spitze, gefolgt mit deutlichem Abstand von Spanien (0,71 Millionen) 2 . Der genaue Verlauf der italienischen Einwanderungsbewegung, wie er durch Auswertung offizieller brasilianischer Statistiken gewonnen werden konnte, wird in Übersicht 1 wiedergegeben. Obersicht 1 : Italienische Einwanderung in absoluten Zahlen und im Verhältnis zur Gesamteinwanderung nach Brasilien 8. Brasilianische Einwanderungsstatistiken Italienische Einwanderung nach Brasilien Jahre

absol. Zahlen

1861-1870 1871-1880 1881-1890 1891-1900 1901-1910 1911-1920 1921-1930 1931-1940 1941-1950 1951-1960 1861-1960

4 923 60 029 295 063 678 761 215 886 134 010 101 083 20 551 22 741 87137 1 620 184

in v. H . d. Gesamteinw. 5 27 49 61 30 17 12 7 17 15

Absolut gesehen erreicht die italienische Einwanderung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. 1886-1915 wanderten über 1,2 Millionen Italiener nach Brasilien ein. Wenn auch zeitweise eine starke Rückwanderung (bzw. Weiterwanderung in die USA und nach Argentinien) unter diesen Einwanderern stattfand, so ist dodi mit Sicherheit anzunehmen, daß mindestens 1,1 Millionen Personen italienischer Nationalität 1860-1960 in Brasilien seßhaft wurden. 2) J. Fernando C a r n t i r ο , Imigra(Io e Coloniza;äo no Brasil, Rio de Janeiro 1950, im Anhang; Instituto Brasileiro de Geografia e Estatistica (Hrsg.): Alguns dados söbre a Emigrafäo Italiana para ο Brasil, Rio de Janeiro 1958, S. 5 und Situajäo demogrifica, in: Anuirios Estadi'sticos do Brasil, Rio de Janeiro 1960, 1966 und 1969, S. 12, 29 und 111. 8) Die Zahlen der Übersicht 1 wurden aus den jährlichen Angaben der Vinter Anm. 2 genannten Statistiken errechnet.

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Ein Jahrhundert italienische Auswanderung nach Brasilien 2. G r ü n d e f ü r d i e

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Einwanderung

Einige Ursachen der stoßweisen Auswanderung aus Italien sowie die Interessen, die Brasilien als Einwandererland verfolgte, sollen hier kurz angedeutet werden. Während des 19. Jahrhunderts wuchs die italienische Bevölkerung nahezu um das Doppelte, wenn auch die demographischen Wachstumsraten hinter denen einiger Länder West- und Mitteleuropas zurückblieben. Vor allem gegen Ende des 19. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungsdichte. Da durchschnittlich zwei Drittel aller Beschäftigten von der Landwirtschaft lebten 4 , verschlechterten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse deutlich, als in den siebziger, vor allem aber den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Preise für agrarische Güter sanken. Außerdem führte der Handelskrieg mit Frankreich 1887 zu einer Absatzkrise in der Landwirtschaft, die sich auf die Bergprovinzen und auch auf die fruchtbaren Provinzen der Poebene auswirkte. Sinkende Löhne, hohe Pachtlasten und Arbeitslosigkeit verursachten Aufstände in Padua und Rovigo 6. Gerade aus der letztgenannten Provinz, aber auch aus den Gebieten um Udine, Belluno und Trento, wanderten viele Familien nach Brasilien aus. In einigen Alpenprovinzen der Lombardei und Piemonts war die Wanderarbeit in die Nachbarländer zur Tradition geworden. Böden geringer Qualität, lange Winter, Besitzzersplitterung durch Erbteiiung und Bevölkerungsvermehrung gaben seit Ende 1870 hier (insbesondere Sondrio, Novara, Torino, Cuneo) den Anstoß zu einer transozeanischen Massenauswanderung. Wer nach den Motiven der Auswanderung® forscht, dürfte feststellen, daß sie so vielseitig wie die menschliche Natur selbst sind. Ende des 19. Jahrhunderts standen jedoch die oben angedeuteten ökonomischen Gründe im Vordergrund. Der überwiegende Teil der Auswandernden gehörte dem landwirtschaftlichen Proletariat an. Es wa*) Paul B a i r o c h , Agriculture and the Industrial Revolution 1700-1914, in: The Fontana Economic History, vol. 3, London-Glasgow 1973, S. 468. s ) Francesco C o l e t t i , Dell' emigrazioneItaliana,in:CinquantaAnni diStoria Italiana, vol. III, Pubblicazione fatta sotto gli auspici del governo per cura della R. Accademia dei Lincei, Milano 1911, S. 113 und 134. e ) C o l e t t i gliedert in seiner Analyse der transozeanischen Auswanderung nach Auswanderungsmotiven demographischer, ökonomischer, intellektueller, psychologischer und politisch-administrativer Natur. Außerdem können die jeweiligen Einwandererländer beeinflussend auf die Auswanderwilligkeit einwirken. C ο 1 e t t i , Dell' emigrazione, a.a.O., S. 88 ff.

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ren Kleinbauern und Tagelöhner (agricoltori, braccianti e terraiuoli), gefolgt mit großem Abstand von Maurern und Steinmetzen (muratori e scalpellini). In den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wanderten insgesamt mehr Norditaliener als Süditaliener nach Amerika aus. Es ist daher irreführend, wenn Furtado geltend macht 7 , daß unmittelbar nach der nationalen Einigung Italiens die Südprovinzen dem landwirtschaftlichen und industriellen Wettbewerb nicht gewachsen waren, daß man im ehemaligen Königreich Sizilien Manufakturen und insbesondere Textilfabriken habe schließen müssen, und daß deshalb die dortige Bevölkerung ihr Ziel nur noch in der Auswanderung gesehen habe. Völlig unerwähnt bleibt dabei, daß sowohl 1876-1880 als auch unmittelbar nach 1887 aufgrund der oben angeführten Agrarkrise bei weitem mehr Nord- als Süditaliener nach Übersee, insbesondere auch nach Brasilien, auswanderten. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts hatten sich die brasilianischen Herrscher bemüht, auch die Einwanderung nicht-lusitanischer Europäer zu fördern. Pedro I. war ein europäischer Monarch und hatte die Vorstellung, eine europäische Monarchie in Südamerika zu errichten. Doch weniger als ein Viertel der 3,6 Millionen Untertanen des 1822 ausgerufenen unabhängigen Kaiserreiches war von weißer Hautfarbe 8 . Das schwach bevölkerte Land, dessen Grenzen sich noch keineswegs konsolidiert hatten, glich einem Archipel demographischer und ökonomischer Inseln, zwischen denen nur geringe Austauschbeziehungen bestanden. Nachdem seit 1819 Kolonien mit Siedlern aus der Schweiz und aus Deutschland in Brasilien gegründet worden waren und nachdem auch die portugiesische Einwanderung seit 1850 stärker zugenommen hatte, wurden Anfang 1870 die ersten Verträge zwischen brasilianischen Gesellschaften und italienischen Auswanderern geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die brasilianische Innenpolitik absolut durch das Problem der Sklavenbefreiung beherrscht 9 . Als eines der letzten Länder löste sich Brasilien von dem aus der Kolonialzeit übernommenen System der Plantagenbewirtschaftung. Und dies geschah in einer 7

) Celso F u r t a d ο , Formafäo Economic* do Brasil, Säo Paulo 8 1968, S. 136. ) Maurice R u g e n d a s , Voyage Pittoresque dans le Brisil, Mulhouse 1835, 2« Div., 1 e r Cah., 2® liv., S. 1. 9) Gesetzliches Verbot der Sklaveneinfuhr 1850 und Freiheit für neugeborene Sklaven durch das Rio-Branco-Gesetz 1871. 8

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Phase wirtschaftlicher Expansion, in der Brasilien versuchte, sich voll in das arbeitsteilige Weltwirtschaftssystem als Lieferant tropischer Rohstoffe zu integrieren. Fehlender Nachschub von Sklaven und Abwanderung freier Sklaven in die Städte einerseits sowie der Drang nach Expansion der Exportwirtschaft andererseits (insbesondere Kaffee, in geringerem Maße Zucker und Kakao), führten zu einer Krise auf dem Arbeitsmarkt. Dringlicher denn je erhob sich die Forderung nach Einwanderung europäischer Arbeitskräfte für die Bewirtschaftung der Kaffeeplantagen von Sao Paulo und den nördlich davon gelegenen Provinzen. Kaffee war mit Abstand das wichtigste Exportgut Brasiliens, und die brasilianische Produktion deckte Ende des 19. Jahrhunderts etwa zwei Drittel des Weltbedarfs an Kaffee. 3.

Einwanderungsarten

Sowohl die Zentralregierung in Rio de Janeiro als auch einige Provinzialregierungen (ab 1891 Staatsregierungen) propagierten und subventionierten die Einwanderung10. Regierungsbevollmächtigte schlossen Verträge mit Auswanderungswilligen, ζ. B. in Genua, ab (imigraςάο oficial). Die von solchen Verträgen unabhängige Einwanderung (imigraqäo expontanea) wurde erst nach 1891 bedeutend. Die Ansiedlung der Einwanderer in Brasilien durch Ausübung einer landwirtschaftlichen Tätigkeit erfolgte in verschiedener Form. Etwa seit 1850 wurde vom Paulistaner Senator und Kaffeepflanzer Nicolau de Campos Vergueiro das „Parceriesystem" (parceria) praktiziert, das zahlreiche andere Plantagenbesitzer imitierten. Danach erhielt der Einwanderer ein bestimmtes Stück Land bzw. eine Anzahl von Kaffeesträuchern zur Pacht und verpflichtete sich, einen genau festgelegten Anteil der Ernte an den Eigentümer zu entrichten. Ständige Streitigkeiten bei Vertragsauslegungen und Unzufriedenheiten bei Ernteausfällen führten schließlich dazu, daß man zu Beginn der italienischen Masseneinwanderung zum reinen Lohnsystem überging. Die Mehrzahl aller bis zum Ersten Weltkrieg in Brasilien eingetroffenen Italiener fand als Lohnarbeiter auf den Kaffeeplantagen von Sao 10) Nach dem Ersten Weltkrieg wurde jedoch in Anlehnung an die Gesetzgebung der USA eine restriktive Einwanderungspolitik betrieben. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts änderten sich die Einwanderungsgesetze laufend. So wurden ζ. B. bestimmte Vergünstigungen (Zahlung der Überfahrt und der Anreise zum Arbeitsplatz) durch die brasilianische Regierung zeitweise aufgehoben, wieder neu eingeführt oder modifiziert.

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Paulo Beschäftigung. Nur ein kleiner Teil ließ sich seit 1875 im äußersten Süden des Landes nieder (Parand, Santa Caterina, Rio Grande do Sul), wo das System der Kolonisation (colonizagäo) angewandt wurde Auf staatlichen und in geringerem Maße auf privaten Ländereien entstanden hier „Kolonien" (colortias), in denen jede Einwandererfamilie zuerst unentgeltlich, später gegen Bezahlung, eine bestimmte Fläche Land als Eigentum erwarb. Daher bildete sich in diesen Gebieten — ganz im Gegensatz zu anderen Regionen Brasiliens - eine bäuerliche Mittelschicht, die vom Anbau landwirtschaftlicher Polykulturen bei intensiver Bodennutzung lebte. Diese Koloniebevölkerung blieb seßhaft. Es gab keine Mobilität wie unter den Lohnarbeitern auf den Plantagen, und es gab auch keine Rückwanderung nach Europa. Das bedeutendste Zentrum der italienischen Kolonisation entstand auf dem Hochland der Serra Geral in Rio Grande do Sul und soll im folgenden Abschnitt naher beschrieben werden. II. D i e i t a l i e n i s c h e K o l o n i s a t i o n in R i o G r a n d e do Sul 1. Q u a n t i t a t i v e

Aspekte der

Einwanderung

Rio Grande do Sul, der südlichste unter den 22 Staaten Brasiliens, verfügt mit 282 000 Quadratkilometern nur über 3,3% des nationalen Territoriums (das entspricht nahezu der Größe Italiens), vereinigt jedoch 7,7°/ο12 der nationalen Bevölkerung auf sich und trägt mit etwa 9 % 1 3 zur Entstehung des brasilianischen Volkseinkommens bei. Sowohl für die demographische als auch die ökonomische Entwicklung von Rio Grande do Sul war die italienische Einwanderung von ent11) Die Ausdrücke .Kolonisation" und „Kolonie" bezeichnen in dem hier verwandten Sinn den „Besiedlungsvorgan?" bzw. die „Siedlung" und nicht etwa die machtpolitisch motivierte Besitzergreifung eines fremden Territoriums. Auf der 1* Conferencia Brasileira söbre Imigrafäo e Colonizagäo 1949 in Goiäna wurde colonizafäo definiert als: ,Toda α αςάο publica ou privada que vise a utiliζαςάο da terra por uma classe de pequenos proprietärios." („Jegliche öffentliche oder private Initiative, welche die Nutzung des Bodens durch selbständige Kleinbauern zum Ziel hat.") Siehe dazu auch die Definition der Auswanderungsbehörde in Rom, in: Emigrazione e Immigrazione, Commissariato Generale dell'Emigrazione, Roma 1924, S. 63. 12) Anuirio Estadistico do Brasil, Rio de Janeiro 1968, S. 18 und 39. 13) Funda$äo Getulio Vargas. Zitiert in: Banco Nacional do Comircio (Hrsg.), Ο Rio Grande do Sul, Pärto Alegre 1967, S. 26 u. 28.

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scheidender Bedeutung. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Nordhälfte der Provinz Rio Grande do Sul mit Urwäldern bedeckt und so gut wie unbesiedelt. Offizielle Einwanderungs- und Siedlungsprogramme, die erst 1914 beendet wurden, führten zu einer schrittweisen Erschließung. 1824-1875 wanderten fast ausnahmslos deutsche Siedler ein. Unter den national gemischten Einwanderungsgruppen der Folgezeit dominierten 1875-1904 die Italiener, 1904-1914 die Polen und nach dem Ersten Weltkrieg wiederum die Deutschen. Die Italiener hatten 1875-1889 einen Anteil von fast 90% an der Gesamteinwanderung nach Rio Grande do Sul, 1890-1904 betrug der Anteil 40-50%, 1905-1914 sank er auf unter 10%. Da vom Departamento Estadual de Estadistica nach Aufgabe der offiziellen Kolonisation 1914 keine Einwanderungsstatistiken mehr geliefert wurden, läßt sich lediglich feststellen, daß 1875-1914 etwa 162 000 Einwanderer nach Rio Grande do Sul gelangten u . Nahezu die Hälfte davon (76 000) hatten die italienische Nationalität. Die meisten von ihnen trafen in den Jahren 1885-1895 ein (etwa 48 000). Da die Munizipien des italienischen Siedlungsgebietes die höchsten Geburtenüberschüsse innerhalb des Staates aufwiesen und in den ersten beiden Einwanderungsgenerationen (Ende des 19. Jahrhunderts sowie Anfang des 20. Jahrhunderts) die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie vermutlich bei zehn und darüber lag, war das demographische Wachstum der italienischen Kolonien sehr stark. Die italienisch-stämmige Bevölkerung 15 von Rio Grande do Sul wurde in folgenden Zahlen geschätzt: Obersicht 2 : Wachstum der italienisch-stämmigen Bevölkerung von Rio Grande do S u i l e . Jahreszahl

Zahlen der italienisch-stämmigen Bevölkerung

1881 1905 1935 1966

20 000 160 000 410 000 1 000 000

14

) Siehe Repartifäo de Estadistica do Estado do Rio Grande do Sul 1911-1914, Pörto Alegre, im Anhang sowie Ernesto P e l l a n d a , Imigrafäo e Colonizafäo Italiana, in: Enciclopidia Riograndense, 1° vol., Pörto Alegre 21968, S. 140. 1δ ) Personen, deren beide Elternteile italienischer Herkunft sind. 18) Henry L a n g e , Südbrasilien, Leipzig 2 1885, S. 61; Herrmann v. I h e -

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Dictrich von Dethaes-Guenther

Gegenwärtig dürfte jeder fünfte Bewohner des Staates Rio Grande do Sul italienischer Abkunft sein. 2. D i e

Kolonien

Nördlich der deutschen Kolonien am Fuße der Serra Geral, in denen 1875 etwa 70 000 Menschen lebten, entstand das italienische Siedlungsgebiet auf dem Südrand der Serra (Encosta Superior do Nordeste 7817 Quadratkilometer). Es handelt sich um ein durchschnittlich über 600 m hoch gelegenes hügeliges Hochland mit tiefen Taleinschnitten, welches unter allen brasilianischen Regionen topographisch wie klimatisch am ehesten dem Alpensüdrand oder den piemontesischen Mittelgebirgen entspricht. Seit 1875 wurden zunächst die Gebiete nordwestlich und nordöstlich des oberen Cai sowie südlich des oberen Taquari (im Oberlauf Rio das Antas) bevölkert. Durch Brandrodung konnte ackerwirtschaftliches Nutzland gewonnen werden. Das sich weiter nördlich anschließende Restgebiet der Encosta Superior do Nordeste zwischen den Flußläufen Guapor£ und Rio da Prata bis zur Nordgrenze der Munizipien Casca und Nova Prata wurde seit Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls von Siedlern italienischer Herkunft besetzt 11 . Ausgangspunkt der italienischen Kolonisation waren die Niederlassungen Conde d'Eu (heute Garibaldi), Princeza Izabel (heute Bento Go^alves) und Caxias 18 . Sie waren Umschlagplätze für die agrarischen Produkte der Kolonien des Hinterlandes, Handelszentren für aus Europa importierte Waren, Standorte der ersten Handwerks- und

r i n g , Rio Grande do Sul, Taschenbibliothek deutscher Auswanderer, Bd. X I , Gera 1885, S. 74 u. 76; H. R a m e l o w , Reiseberichte über Brasilien für die deutsche Industrie, H e f t III, Berlin 1906, S. 6; L. W a i b e 1, Capltulos de Geografia Tropical IBGE, Rio Grande do Sul (Hrsg. Arbeitsgemeinschaft 25. Juli), Säo Leopoldo 21936, S. 15. D i e Zahl für 1966 stammt aus unveröffentlichten Schätzungen des Riograndenser Historikers Klaus Becker. Sie wurde bestätigt durch Erhebungen des Autors anhand der Munizipalstatistik von 1969 (Departamento Estadual de Estadistica). 17) Neben diesem geschlossenen italienischen Siedlungsgebiet, das sich im 20. Jahrhundert westwärts über Encantado bis hin zum Jacui weiter ausdehnte, gab es an mehreren Stellen des Staates kleine Kolonien mit überwiegend italienischer Bevölkerung. Siehe dazu Ρ e 11 a η d a , Imigrajäo, a.a.O., S. 140-142. 18) Die beiden ersteren Kolonien wurden von der Provinzialregierung 1870 gegründet, die an Finanzmangel litt und sie 1876 an die Zentralregierung in Rio übergab. Der Grundstein für Caxias wurde 1875 durch die Zentralregierung gelegt.

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Industriebetriebe, Schulen und Kirchen 19 sowie „cellule madri" für weitere Siedlungsprojekte mit italienischen Einwanderern. Hier sammelten die Pioniere ihre ersten Erfahrungen mit der Brandrodung, Schädlingsbekämpfung, dem Anbau von Bohnen, Getreide und Mais und der Anlage von Wasserrädern zum Antrieb von Mühlen, Sägewerken usw. Die erste in Brasilien auf gewachsene Generation trug diese Kenntnisse weiter, indem sie zusammen mit Direktzuwanderern aus Italien (später auch mit Einwanderern anderer Nationalitäten) neue Siedlungen gründete. Die Bevölkerungsentwicklung der drei Hauptkolonien ist in der Ubersicht 3 dargestellt. U b e r s i c h t 3: Bevölkerungswachstum der Kolonien bzw. Munizipien Garibaldi, Bento Gonjalves und Caxias 20. Einwohnerzahlen 1878-1921 Einwohner Kolonien (Exkolonien)

1878

Conde d'Eu gegründet 1870 (Garibaldi)

3957

1894

1913 *

1921 »

8 000

13 054

14 418

15 875

Princeza Izabel gegründet 1870 2431 (Bento Gonfalves)

13 135

19 863

20 564

22 072

Caxias gegründet 1875

14 281

21 927

28 170

33 733

3851

1886

* Bevölkerung der Munizipien (für Bento Gonjalves 1912 statt 1913)

Den Anfang einer Kolonie bildete stets eine in den Urwald gehauene Schneise (picada), an deren beiden Seiten rechteckige Grundstücke (lotes) für die einzelnen Einwandererfamilien vermessen wurden. Die zuerst verteilten Grundstücke sollen eine Fläche von etwa 60 Hektar

19) Ende 1870 hatten die ersten Bewohner von Caxias (knapp zwei Jahre nach ihrer Ankunft) bereits eine Kirche errichtet, während die Kirche von Princeza Izabel zu den größten der Provinz gehörte. L a n g e , Südbrasilien, S. 84 und Sinopse Estadistica do Municipio de Caxias do Sul, Rio de Janeiro 1950, S. 5. 2 ") Revista do Arquivo Publico do Rio Grande do Sul, N o . 8, P6rto Alegre, Dez. 1922, S. 114-117.

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gehabt haben, später wurden kleinere Einheiten von 48 Hektar, 25 Hektar und weniger verteilt. Nach der ersten Ernte zahlten die Siedler die erste Rate, um Eigentum an dem von ihnen bewirtschafteten Land zu erwerben. Für die von der Regierung angeworbenen Einwanderer wurden grundsätzlich die Überfahrt, zeitweise auch der Transport vom Ankunftshafen zur Kolonie und Tagesgelder zur Uberbrückung der Zeit bis zur ersten Ernte gezahlt. Notunterkünfte, Handwerkszeuge, Sämereien und eine bestimmte Anzahl von Haustieren wurden in manchen Fällen zur Verfügung gestellt. Doch laufend variierte die Höhe solcher Unterstützungen, sie wurden modifiziert oder total gestrichen 2 1 . Die in geringerem Maße praktizierte private Kolonisation wurde von Einzelunternehmern oder Siedlungsgesellschaften in Zusammenarbeit mit der Regierung in P6rto Alegre durchgeführt. Sofern sie nicht selbst Landeigentümer waren, erwarben die Unternehmer Regierungsländereien, die sie innerhalb einer bestimmten Frist zu besiedeln hatten und dann an die Einwanderer weiterveräußerten. Für jeden seßhaft gemachten Einwanderer erhielt der Unternehmer eine Unterstützungssumme aus öffentlichen Geldern. 1914 erfolgte die Aufgabe der offiziellen Kolonisation. D a es nur noch wenige freie Gebiete in Rio Grande do Sul gab, wanderten die Söhne italienischer, deutscher und polnischer Einwanderer nach Santa Catalina und Parani ab. Der vorherrschend im italienischen Siedlungsgebiet anzutreffende Dialekt ist venezianisch. Aber auch aus Piemont und besonders aus der Lombardei und dem Gebiet von Trient kamen größere Gruppen, wie noch Anfang des 20. Jahrhunderts verwandte Siedlungsnamen bestätigen 2 2 : Nova Brescia, Nova Milano, Nova Trento, Nova Treviso, Nova Vicenza, Valle Veneto, Valle Veronese. Besonders im Hinterland wird noch viel italienisch gesprochen, wenn auch stark mit brasilianischen Regionalismen untermischt. Die Schriftsprache wird kaum mehr beherrscht. Durch die Schließung italienischer Zeitungen und Schulen (auch geographische Bezeichnungen wurden um-

21) Detaillierte Angaben über die Einwanderungspolitik der Regierungen und die Förderung der privaten Kolonisation finden sich bei Jean R o c h e , La Colonisation Allemande et le Rio Grande do Sul, Paris 1959, S. 95-106. 22) Vgl. Octavio A. d e F a r i a , Dicionario Histörico do Estado do Rio Grande do Sul, Pftrto Alegre 1914.

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benannt) im Zuge der Integrationspolitik während des Zweiten Weltkrieges, erfolgte eine Zurückdrängung der italienischen Sprache. 3. D i e E r g e b n i s s e

der

Kolonisation

Nicht nur von italienischen, sondern auch von deutschen Autoren 28 wurde wiederholt der Fleiß, die Genügsamkeit und die Anpassungsfähigkeit der italienischen Einwanderer hervorgehoben. Die wirtschaftliche Entfaltung der Kolonien machte rasche Fortschritte, so daß die Regierung bereits 1884 sämtliche Unterstützungen einstellte (emancipagao economica). Caxias und Princeza Izabel (Bento Gonjalves) wurden 1890, Con de d'Eu (Garibaldi) 1900 zu unabhängigen Munizipien erklärt. Uber die Siedlungsstruktur von Caxias informiert der folgende erste offizielle Plan aus dem Jahre 1890 24 :

(^FprJml

n u c - f e i c f t a f i a n i C a x i a «

fiitna |U28. Ähnlich den Bauern Europas, die Formen der Heimautarkie entwickelten, als während der Weltkriege und unmittelbar danach die industrielle Produktion und der Handel stockten, versuchten die ersten Einwanderer die Grundbedürfnisse ihrer Existenz durch Eigeninitiative zu befriedigen. Jede Familie preßte ö l , siedete Seife, spann Wolle, webte Kleider, machte Wurst, Butter, Käse, mahlte Mehl, backte Brot, sägte Bauholz, preßte Ziegel und brannte sie im Backofen. Die Kenntnisse dazu hatte, wenn auch nicht jeder einzelne, so doch die aus Europa ausgewanderte Gruppe mitgebracht. Die Handwerker unter den Einwanderern betätigten sich während der Aufbauphase in der Landwirtschaft. Erst als die wachsende Dorfgemeinschaft einen höheren Grad an Arbeitsteilung zuließ, konnten auch verschiedene Handwerke vollberuflich ausgeübt werden. Nach von Koseritz 29 soll es 1883 in der Kolonie Princeza Izabel vier Schmieden, eine Tischlerwerkstatt, eine Gerberei, eine „Likörfabrik" und 44 Mühlwerke gegeben haben. Auch in Caxias existierten schon 1881 Sägewerke, Ziegeleien, Gerbereien und Brauereien 80 . 1882 importierte Giovanni Muratore eine Mühle aus Europa und wenig später weitere leistungsfähigere Modelle 31 . 1892 wurden in Caxias zehn wassergetriebene und drei dampfgetriebene Sägewerke gezählt, 52 Mühlen, sieben Gerbereien, sieben Brauereien, eine „Mineralwasserfabrik", je drei Hersteller von Likören und Hüten, zwei Seifen27

) Ρ e 11 a η d a , Imigrafäo e Colonizafäo Italiana, a.a.O., S. 143. Informaföes Estadisticas, Setor Primirio, Rio Grande do Sul, Sudesul, Ministirio do Interior, Porto Alegre 1969, und Anuario Estadistico do Rio Grande do Sul 1968, S. 177. 2®) L a n g e , Südbrasilien, S. 84. 80) Ebd., S. 82. 81) Enciclopidia dos Municipios Brasileiros, vol. XXXIII, Rio de Janeiro 1959, S. 132 f.

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siedereien, 14 Schmieden, fünf Klempnereien, acht Möbeltischlereien, 25 Schuster, zwölf Schneider, eine Böttcherei, mehrere Sattlereien, 26 Brennereien und drei Webstühle 32 . In keiner vergleichbaren Kleinstadt Brasiliens hätte man eine ähnliche Vielzahl von Handwerkern antreffen können, wenn man von den Verhältnissen in den nahegelegenen deutschen Kolonien von Rio Grande do Sul und Santa Catarina absieht. Es wird allgemein angenommen, daß aus diesen Handwerksbetrieben die heutigen Industrieunternehmen im italienischen Siedlungsgebiet hervorgegangen sind Bei näherer Betrachtung dürfte sich diese These jedoch nicht völlig bestätigen, da ein bestimmter Teil der Unternehmen auch von Kaufleuten gegründet wurde oder von Direktzuwanderern, die bereits Erfahrungen in der italienischen Industrie gesammelt hatten. Bereits an der Provinzialausstellung 1875 in Porto Alegre beteiligten sich die Italiener mit handwerklichen und landwirtschaftlichen Produkten und stellten 16 der insgesamt 560 Ausstellungsnummern 34 . Auf der Staatsausstellung von Rio Grande do Sul 1901 35 waren italobrasilianische Unternehmen vor allem in der Nahrungsmittelindustrie (Wein, Weizenmehl, Maismehl, Teigwaren, Schweineschmalz), der Textil- und Bekleidungsindustrie und der Holzbearbeitungsindustrie vertreten. Eine weitere Spezialisierung italienischer Einwanderer fand auf dem Gebiet der Metall- und Eisenverarbeitung statt (Abramo Eberle, Gazola & Travi, Amadeu Rossi u. a.) sowie in der Gerberei und Lederverarbeitung (Cia. Caxiense, Termignoni, Vacchi, Corbetta u. a.). Auf der Farroupilha-Ausstellung 1935 (Exposigao do Centenärio Farroupilhawaren in allen industriellen Branchen, besonders Ρ e 11 a η d a , Imigrafäo e Colonizafäo Italiana, a.a.O., S. 146 sowie Franco C e η η i , Italianos no Brasil, Säo Paulo 1958, S. 127. S3) Limeira Τ e j ο , Α Industria Riograndense em Funjäo da Economia Nacional, Porto Alegre 1937; V a l v e r d e , Excursäo i Regiäo Colonial, a.a.O., S. 508; A. O h l w e i l e r , Söhre ο Processo do Desenvolvimento Industrial do Rio Grande do Sul, in: Revista Brasiliense, N o . 19, Säo Paulo 1958, S. 127; Ρ e 11 a η d a , Imigrafäo e Colonizafäo Italiana, a.a.O., S. 148, und C e η η i , Italianos no Brasil, S. 127. 34) Deutsche Zeitung, Pörto Alegre 29. Mai 1875, S. 3. SB) Catalogo da Exposifäo Industrial, Pörto Alegre 1901. • a e ) Catalogo Geral da Exposifäo do Centenirio Farroupilha, Pärto Alegre 1935, S. 171-202. Zu Ehren der hundertjährigen Wiederkehr des Farrapenkrieges (Guerra dos Farrapos 1835-1845). Inspiriert durch die Unabhängigkeitsbewegung in Uruguay versuchten Bento Gonfalves und Manoel Ribeiro die Unabhängigkeit der Provinz Rio Grande do Sul von Brasilien zu erkämpfen. Die Aufständischen wurden von Garibaldi mit einer selbstorganisierten Flotte unterstützt.

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Ein Jahrhundert italienische Auswanderung nach Brasilien

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in den oben genannten, Unternehmen mit italienischen Namen zu finden, deren Standorte sich über das gesamte Gebiet des Staates verteilten. Etwa 27% aller Aussteller von Industrieprodukten in Rio Grande do Sul waren italienischer Herkunft. Im Munizip P6rto Alegre betrug dieser Anteil etwa 12,5%. Unter den italienischen Einwanderern fehlte es weder an Unternehmern, noch an gelernten oder anlernbaren Arbeitern, so daß sich Caxias trotz seiner verkehrsungünstigen Lage auf dem Hochplateau des Serra-Randes und trotz des Mangels an Rohstoffen für die Metall- und die Textilindustrie in jüngster Zeit zum zweitwichtigsten Industriezentrum des Staates entwickeln konnte S7.

III. Z u s a m m e n f a s s u n g Für die europäische Komponente in der ethnischen Zusammensetzung der heutigen Bevölkerung Brasiliens sind vor allem die Einwanderer aus Portugal und Italien ausschlaggebend gewesen. Zwar setzt die italienische Einwanderung nach Brasilien erst im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts ein, übertrifft dann jedoch vier Jahrzehnte lang an Zahlenstärke und Regelmäßigkeit die Einwanderungen sämtlicher anderer Nationen. Der größte Teil der Italiener findet als Tagelöhner auf den Kaffeepflanzungen von Sao Paulo Arbeit, während ein kleiner Teil mit Unterstützung zentraler und lokaler Behörden innerhalb ethnisch geschlossener Siedlungsräume im äußersten Süden Brasiliens - insbesondere in Rio Grande do Sul - seßhaft wird. Durch den Anbau ackerwirtschaftlicher Polykulturen auf mittleren Familienbetrieben gelingt es, in weniger als zwei Jahrzehnten die Selbstversorgung der italienischen Kolonien zu sichern. Dadurch erhalten und nutzen die Einwanderer die Möglichkeit, Dorfgemeinschaften nach dem Leitbild ökonomischer und gesellschaftlicher Ordnungsvorstellungen zu organisieren, wie sie aus Europa mitgebracht worden waren. Eigene Schulen und Kirchen werden gegründet. Durch fortschreitende Arbeitsteilung gelingt es, bisherige Importgüter in zuneh87) Wenn auch mit erheblichem Abstand nach Pörto Alegre. D o r t -wurden 1965 etwa 26,8% und in Caxias 6,6%> der industriellen Gesamtproduktion von Rio Grande do Sul erwirtschaftet. Siehe Anudrio Estadistico do Rio Grande do Sul 1968, S. 168-173.

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mendem Maße durch handwerkliche und industrielle Eigenproduktion zu substituieren. Für die wirtschaftliche Entwicklung Brasiliens brachte die italienische Einwanderung entscheidende Impulse. Sie war die Grundvoraussetzung für das wirtschaftliche Wachstum des Staates Säo Paulo, der heute zu den infrastrukturell am höchsten entwickelten Gebieten Südamerikas zählt und über die Hälfte der industriellen bzw. der landwirtschaftlichen Produktion Brasiliens erzeugt. In den südlichen Staaten, insbesondere in Rio Grande do Sul, gewannen italienische Einwanderer mehrere 100 000 Hektar ackerwirtschaftliches Neuland, spezialisierten sich auf die Produktion von Wein und Zerealien sowie den Ausbau bestimmter industrieller Branchen.

Resumen El principal componente europeo dentro del actual complejo racial brasileno proviene de la emigraci(5n procedente de Portugal e Italia. La emigraciön italiana al Brasil entre 1861 y 1960 supera la cifra de 1,6 millones, alcanzando sus miximos de intensidad en el periodo que va de 1875 a 1910. L a mayor parte de estos emigrantes se ocupö como jornaleros en las plantaciones cafetaleras de Säo Paulo, que atravesaban un periodo de crisis despues de la aboliciön de la trata de negros, permitiendo una multiplicaci