Ein englischer Garten auf dem Lande

Ein englischer Garten auf dem Lande Oliver Kipp • Karsten Brakemeier Fotos von Sibylle Pietrek Ein englischer Garten auf dem Lande Wie aus dem Nich...
Author: Kajetan Franke
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Ein englischer Garten auf dem Lande

Oliver Kipp • Karsten Brakemeier Fotos von Sibylle Pietrek

Ein englischer Garten auf dem Lande Wie aus dem Nichts ein Paradiesgarten geschaffen wurde

Deutsche Verlags-Anstalt

Inhalt

Gärtnern auf „Englisch“

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Wie ein Kindheitstraum zur Wirklichkeit wird

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Der Anfang wird gemacht 8 Tausend Quadratmeter Giersch 11 Disziplin ist gefordert 12 Der Natur Freiraum lassen 12 Dies ist kein Biogarten! 13

Selbst gemacht

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Wir haben keine Wahl: Wir müssen einfach gärtnern!

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Natürlich: England lässt grüßen 18 Besser originell als original 20 Räume, die wirken sollen 22

Formal und naturnah

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Herrschaften haben einen Park. Wir haben einen Garten! Verliebt, trotz allem … 28 Der Anfang nur mit Plan 30 Das Paradies öffnen? 34

Die große Terrasse

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Mildes England, wildes Ostwestfalen: Wer gärtnert, muss auch etwas wagen

So kommt man zu „Nicht-Winterharten“ 38 Probieren geht über Studieren 40 Stauden brauchen nur eine Winterdecke 42 Ohne Wässern keine Blüten 42 Seltene Gäste aus Südamerika 45 Fuchsien lieben Sonne! 48

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Die Heckengärten 55

Sammlerlust und Baumverbot

Ausblicke schaffen und Einblick verwehren Gartenräume mit unterschiedlichen Themen 58 Erst die Pflanzen, dann der Platz 58 Ein Dahliengarten mit Rosen und Apfelbaum 59 Mediterrane Stimmung im Bassingarten 60 Üppige Rosen im Pavillongarten 60 Der Teichgarten 64 Ein Baumriese als Regendach 67 Die Form folgt der Funktion 69

Im Waldgarten

Bäume sind Individualisten. Darin sind sie uns sehr ähnlich

120 Gärtnern heißt warten – geduldig! 120 Liebe zu Pflanzen hat Gründe! 123 Man muss etwas riskieren! 124 Vom Samenkorn an … 127 Eichen sollst du weichen… 127 Man muss sich trennen können 128 Ohne Rosen geht es nicht! 130

Blüten für alle Jahreszeiten

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Der Natur auf die Finger geschaut

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Einen Wald pflanzen 78 Aus Nichts etwas machen 79 Artenvielfalt und schmuckes Laub 82 Die zweite Etage des Waldes 83 Große Blätter wirken tropisch 84 Ohne Immergrüne kein Winterbild 84 Den Boden mit Stauden bedecken 87 Auf das Kleinklima kommt es an 88 Laub ist Mangelware 91 Ungewöhnliche Magnolien 93

Natur trifft Garten

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Sanfte Übergänge und starke Kontraste

100 Der Weg zur Natur 100 Fast drei Monate Narzissenblüte 102 Alte Obstsorten und exquisite Ziergehölze 105 Das Vis-a-vis: die Rabatte 107 Rosen in kräftigem Rot 108 Die „Brücke“ zum Wald 112 Eine Rabatte ist eine Rabatte 115

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Frühling: Wochen voller Überraschungen

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Zierkirschen brauchen Platz 138 Zwiebelblumen überall 138

Sommerzeit: kräftige Farben und zarte Töne 142 Ein altmodischer Sommer 142 Das Kreuz mit den Ritterspornen 144

Herbstfreuden: späte Blüten und edle Früchte Zuverlässige Gräser 146

Winter: Es wird durchgeblüht

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Sterne im Wintergarten 150 Nur Frost bringt Blütenpausen 152

Anhang

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Pflanzenregister 156 Bezugsadressen 159

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Gärtnern auf „Englisch“ Die Liebe zu englischen Gärten, zu Cottagegärten, Sammlergärten und repräsentativen Anlagen hat in Ostwestfalen Blüten getrieben. Auf fast einem Hektar gedeiht unser Paradies.

Wie ein Kindheitstraum zur Wirklichkeit wird W

as wären wir Gartenfreunde ohne die Briten? Wir wissen genau, dass es inzwischen längst nicht mehr in Mode ist, die Gartenkultur der Briten in den Himmel zu heben und als deutscher, wenn nicht überhaupt als kontinentaler Europäer in Sack und Asche zu gehen. Warum auch, schließlich hatten wir hierzulande eine fantastische Gartenkultur. Und das seit Jahrhunderten. Aber wir Deutschen haben in unserem Gärtnern auch etwas Preußisches, etwas, das nach Ordnung strebt, etwas Rationales. Das haben die Briten nicht. Sie sind immer neugierig, sie fragen, wie sie zum Erfolg kommen, und sie freuen sich – zumindest aus Höflichkeit – immer über den Erfolg der anderen, auch wenn er im eigenen Garten noch auf sich warten lässt. In England gilt eine Pflanze etwas, wenn sie schön ist. In Deutschland muss sie dagegen auch „praktisch“ sein, „gartenwürdig“ nennen wir das dann. Die Briten lieben eine Pflanze wegen einer einzigen, bestechenden Eigenschaft, etwa wegen des Duftes. Wir dagegen geben uns damit nicht zufrieden: Warum nicht auch gesundes Laub, kompakter Wuchs, nicht verblassende Farben und Krankheitsresistenz zum Duft hinzufügen? In unserem eigenen Garten leben wir, Karsten Brakemeier und Oliver Kipp, das „englische“ Gärtnern aus. Und wenn wir ganz persönlich die Frage beantworten müssten, was wir denn ohne die Briten wären, dann können wir uns gar nicht vorstellen, wie unser Leben und Gärtnern verlaufen wäre, wenn wir nicht von Anfang an englische Bücher gelesen und immer wieder englische Gärten besucht hätten. Unsere Pflanzenzusammenstellungen sind undogmatisch und oft vom Zufall geleitet, aber die Aufteilung in Waldgarten, formale Gärten

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und große Rabatten ist klassisch. Und noch eines, etwas sehr Britisches, kommt hinzu: Wir sind Pflanzensammler! Natürlich reisen wir nicht, wie es vor 150 Jahren die berühmten britischen Pflanzensammler taten, nach China oder Nordamerika. Aber wir kaufen begehrenswerte Pflanzen, wann immer wir die Gelegenheit dazu haben.

Der Anfang wird gemacht Gärten fangen oft im Kopf an, zu wachsen. Auch unser Garten ist in der Fantasie entstanden, als die Fläche noch unstrukturiert und unbepflanzt war. Doch wie verwandelt man eine Pferdeweide in ein englisch inspiriertes Gartenparadies? Diese Frage nach dem „Wie?“ haben wir uns eigentlich nie gestellt. Warum auch? Wir träumten beide schon als Kinder von einem Garten, der reich an Standortsituationen und Stimmungen ist – und voll von überraschenden Pflanzen. In diesen Fantasien sollte der Garten Wald, Staudengarten und Wiese sein. Jeder für sich entwickelte in den folgenden Jahrzehnten seine Vision eines Gartens zunächst aber in der Stadt. Unsere Gärten quollen damals über vor seltenen Pflanzen, und auf Raritätenbörsen und Pflanzenmärkten gerieten wir gemeinsam immer in Verzückung angesichts botanischer Kleinode. Solch eine Leidenschaft fällt natürlich nicht vom Himmel. Jeder von uns beiden hat als Kind die „ganz normale“ botanische Sozialisa­t ion durchgemacht: Zunächst gräbt man auf Waldspaziergängen Sämlinge von Eichen, Buchen oder anderen Bäumen aus und schleppt sie in den elterlichen Garten. Dann lässt man sich von Verwandten bei Kaffeebesuchen Ableger von Stauden schenken.

Seite 6/7 und rechte Seite Auf der Obstwiese blühen im Frühjahr die Narzis­sen. Jeder Tuff entstand aus einer einzigen Zwiebel. Durch geschickte Sortenwahl dauert die Blüte bei eher kühler Witterung in manchen Jahren drei Monate. Dann übernehmen die Wildstauden das Regiment und verändern das Gesicht der Wiese.

Unser Tipp: Der Umgang mit invasivem Unkraut Giersch (Aegopodium podragaria) ist eines der hartnäckigsten Wurzelunkräuter. Es ist wegen seiner außerdordentlichen Regenerationsfähigkeit nahezu aussichtslos, ihn mit der Forke oder Hacke dauerhaft zu bekämpfen. Es gibt nur zwei gute Möglichkeiten: Die gesamte Gierschfläche großzügig mit dunkler Folie abdecken, am besten zuvor eine dicke Lage nasses Zeitungspapier darunter, idealerweise bei Austriebsbeginn. Für die gesamte Saison sollte die Folie dann liegen bleiben. Oder man greift zu einem bekannten Herbizid. Die beste Zeit hierfür ist, wenn das Giersch­ laub voll im Saft steht, aber noch nicht ausgereift ist, also um Mitte Mai. Beides hat allerdings bei bereits bepflanzten Beeten den Nachteil, dass auch die anderen Pflanzen die Prozedur nicht überleben werden. Besonders seltene Pflanzen kann man aufnehmen und den Ballen auswaschen, bis auch das letzte weiße Rhizomstück des Gierschs entfernt ist.

Auffälliger wird es, wenn das schmale Taschengeld in eine Sammlung von Kakteen oder Lebenden Steinen investiert wird. Zeitgleich fasziniert die erste selbst erworbene Venusfliegenfalle mit ihren Insektenfangkünsten auf der Fensterbank. Jetzt macht man sich schlau in Büchern, geht mit offenen Augen durch die Welt und beginnt zu kombinieren: Wenn die Venusfliegenfalle – wie man las – aus moorigen Gebieten stammt, braucht sie eine feuchte Umgebung, folglich Wasser im Untersetzer, eine hohe Luftfeuchtigkeit und viel Licht! Und während die Venusfliegenfallen der Schulfreunde nach und nach dahingingen, blieb die eigene und wuchs! Im jugendlichen Alter erwirbt man dann die ersten damals noch kostspieligen Orchideen. Und in Omas Garten darf die erste eigene Staudenrabatte angelegt werden, natürlich alles bei Gräfin Zeppelin bestellt. Eine weitere Gemeinsamkeit von uns beiden war, dass wir unsere Gärten und das damit verbundene Wissen nicht von unseren Eltern übernomlinks Das Haus aus dem Jahr 1914 vom Südwesten aus gesehen. 1999 wurde als Windschutz vor dem „Front Lawn“ eine Thujahecke gesetzt. Der alte Baumbestand mit der damals noch jungen Eiche, der knapp 100 Jahre alten Birne ‘Madame Verté’ und der rechts vom Haus stehenden Kirsche wurde erhalten und ergänzt.

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rechts Von der großen Terrasse schweift der Blick durch die Heckengärten auf das Herfor­der Hügelland. Ein wenig erinnert das an die Hügel Kents. Wir schätzen es, dass die moosgrüne Säule der Scheinzypresse den Blick auf die dahinter liegende Obstwiese behindert, und in die Ferne führt. ganz rechts Am selben Tag fällt der Blick in der entgegengesetzten Richtung auf den krapprot blühenden Pfirsich der Sorte ‘Melred’, der am Haus gezogen wird und inzwischen den ersten Stock hinter sich gelassen hat. Er wird nach der Blüte geschnitten.

Unser Garten verbindet die Freude des Cottagegärtners an einer bunten Vielfalt von Pflanzen im Beet mit den Gestaltungsansätzen historischer und repräsentativer Gärten. men haben. Die hatten nämlich mit Garten nichts am Hut, warum auch, wenn der Nachwuchs sich so darum kümmert. Unsere Großeltern, die allesamt vom Land stammen und äußerst geübt waren in Gemüse- und Pflanzenanzucht, Teilen und Vermehren, Obstbaumschnitt und Kompostwirtschaft, waren unsere Lehrmeister. Zwar wächst heute nicht eine einzige Gemüsepflanze auf unserem knappen Hektar Fläche, aber für schlechte Zeiten kann es nicht schaden, wenn man weiß, wie man sich selbst versorgt! Beim Kauf des Hauses in Löhne, mitten im Herforder Hügelland Ostwestfalens, war der Gar-

ten natürlich noch nicht geplant. Hinter dem Haus erstreckte sich die Pferdeweide der Vorbesitzer, fetter, teilweise durch die Hufe der Pferde verdichteter sandiger Lehmboden. An Bäumen wurde nur ein geringer Bestand übernommen, einige heute noch vitale, gut hundertjährige Obstbäume, zu denen Apfelsorten wie der ‘Westfälische Gülderling’, ‘Schöner von Boskoop’ und eine ‘Rote Sternrenette’ sowie die wärmeliebende Birne ‘Madame Verté’ gehören. Eine große Wald-Kiefer war da und eine der letzten Hofeichen, die fast zwei Jahrhunderte zählt.

Tausend Quadratmeter Giersch Der Anteil an Wildpflanzen war natürlich ungleich höher und noch heute sorgen sie immer wieder für unliebsame Überraschungen. Zwar haben wir über 1000 Quadratmeter Giersch und das Brombeer-

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Oliver Kipp, Karsten Brakemeier Der Traum vom englischen Garten auf dem Lande Wie aus dem Nichts ein Paradiesgarten geschaffen wurde Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 160 Seiten, 24,0 x 28,0 cm

ISBN: 978-3-421-03975-0 DVA Bildband Erscheinungstermin: April 2016

Country-Garden made in Westfalen Auf knapp einem Hektar Weideland entstand in 15 Jahren ein Gartenparadies, das inzwischen zum Geheimtipp für Gartenliebhaber in ganz Deutschland geworden ist. Nur selten öffnen Karsten Brakemeier und Oliver Kipp ihre Gartenpforte. Jetzt geben sie Einblick in ihr privates Paradies, in dem alles selbstgemacht ist, vom Entwurf bis zur Ausführung und Bepflanzung.