Economic Freedom of the World Annual Report Deutsche Kurzfassung

Economic Freedom of the World Annual Report 2014 Deutsche Kurzfassung Fraser Institute Economic Freedom Network Liberales Institut der Friedrich-Naum...
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Economic Freedom of the World Annual Report 2014 Deutsche Kurzfassung

Fraser Institute Economic Freedom Network Liberales Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Wirtschaftliche Freiheit weltweit im Jahr 2012 – fragile Freiheit in der Demokratie Demokratie und Wahlen sind für die Gestaltung politischer Institutionen von größerer Bedeutung als je zuvor. In den letzten Jahren kamen in einigen Ländern ohne demokratische Tradition die politischen Führer durch Wahlen an die Macht. Irak, Ägypten, die Ukraine und Afghanistan sind nur einige Beispiele. Trotz der weltweiten Ausweitung der Demokratie sind sich nur sehr wenige Menschen ihrer Grenzen bewusst und wissen wenige, wie groß die Bedeutung von Regeln zur Einschränkung der Macht politischer Entscheidungsträger ist. Stattdessen gibt es einen Trend zur Gleichsetzung von Demokratie und Freiheit. Demgegenüber haben die Herausgeber des Economic Freedom of the World (EFW) Report seit Beginn des Projektes betont, wie wichtig eine klare Unterscheidung zwischen Demokratie, insbesondere unbeschränkter Demokratie, und der Gewährleistung wirtschaftlicher Freiheit ist.

Das Konzept der wirtschaftlichen Freiheit Wirtschaftliche Freiheit ruht auf vier wesentlichen Eckpfeilern: 1) individuelle Wahlfreiheit, 2) freiwilliger Austausch auf Märkten, 3) Wettbewerbsfreiheit und 4) Schutz der Person und des Eigentums vor Zugriffen anderer Menschen und des Staates. Wirtschaftliche Freiheit ist gewährleistet, wenn der Einzelne selbst über seine Handlungen entscheiden und in gegenseitigen Austausch mit anderen treten kann, solange dabei nicht das Eigentum anderer verletzt wird. Zwar hat jeder Einzelne das Recht, über seine eigene Zeit, seine Fähigkeiten und die ihm zur Verfügung stehenden Ressourcen zu bestimmen, doch verfügt der Mensch dabei nicht über die Person und das Eigentum anderer. Die Anwendung von Gewalt, Diebstahl, Betrug und physischer Macht haben in einer freien Gesellschaft keinen Platz, den Menschen bleibt es aber in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung unbenommen, frei zu entscheiden, zu handeln sowie mit anderen zu kooperieren und in friedlichem Wettbewerb zu konkurrieren. In einer freien Gesellschaft liegt die primäre Funktion des Staates im Schutz der Individuen und ihres Eigentums vor dem Angriff durch andere. Aufgrund seines besonderen Designs erlaubt der EFW-Index die Überprüfung der Institutionen des Staates und dessen Politik auf ihre Kongruenz mit den Anforderungen an eine freiheitliche Gesellschaft. Mit Hilfe des EFW-Index lässt sich identifizieren, wie nahe die Institutionen und die Politik eines Landes dem Ideal des begrenzten Staates kommen, eines Staates, der Eigentumsrechte schützt und „öffentliche Güter“ nur insoweit bereitstellt, wie zu nationaler Verteidigung und Absicherung eines wertstabilen Geldsystems unbedingt nötig sind. Um ein hohes EFW-Rating zu bekommen, muss die Regierung eines Landes Privateigentum schützen, für alle Bürger gleiche Rechte und den Schutz vertraglicher Vereinbarungen gewährleisten und für eine stabile geldpolitische Ordnung sorgen. Sie muss die Steuerbelastung der Bürger gering halten, darf keine Barrieren für den nationalen und internationalen Handel errichten und sollte dem Markt gegenüber der staatlichen organisierten Wirtschaftslenkung den Vorzug geben. In vielerlei Hinsicht misst der EFW-Index die Übereinstimmung staatlicher Institutionen und Politiken mit der institutionellen Struktur, wie sie die mikroökonomische Forschung als idealtypische Bedingung für Wachstum und Entwicklung identifiziert hat. Mit welcher politischen Struktur ist der wirtschaftlichen Freiheit am meisten gedient? Die Antwort ist ein mit klaren Grenzen versehener Staat, der so gestaltet ist, dass er Minderheitenrechte schützt und eine Politik fördert, die auf gegenseitigem Einverständnis beruht. Wahlen und eine Mehrheitsdemokratie allein reichen nicht aus. Sie müssen durch Grenzen der Macht der Exekutive, konstitutionellen Schutz individueller Rechte, Dezentralisation stattlichen Handels und Rechtsstaatlichkeit gestärkt werden. Wenn nicht, sind politische Instabilität und die Verletzung wirtschaftlicher Freiheit eine unvermeidliche Folge. Politiker, die Medien und viele Intellektuelle haben diese Zusammenhänge immer wieder vernachlässigt. Die vielfach geäußerte Enttäuschung über die Resultate einer Mehrheitsdemokratie sowie den Verlust von politischen und wirtschaftlichen Freiheiten ist daher nicht weiter verwunderlich.

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Warum ist die Messung wirtschaftlicher Freiheit wichtig? Der amerikanische Ökonom und Wirtschafts-Nobelpreisträger Milton Friedman glaubte, dass eine möglichst exakte Messung der wirtschaftlichen Freiheit Wissenschaftler in die Lage versetzen würde, die Determinanten einer prosperierenden Marktwirtschaft zu identifizieren. Aus diesem Grund war die möglichst exakte Messung der wirtschaftlichen Freiheit stets das Hauptziel des Economic Freedom of the World-Projekts. Sozialwissenschaftler versuchen seit Jahren, den Einfluss wirtschaftlicher, politischer, rechtlicher und kultureller Faktoren auf Wachstum und Entwicklung von Volkswirtschaften zu identifizieren. Kein anderes Messinstrument als der Economic Freedom Report erlaubt so eine umfassende Beurteilung des Ausmaßes, mit dem ein Land auf freiwilligen Austausch und Märkte bei der Verteilung ökonomischer Ressourcen zurückgreift. Für die wissenschaftliche Analyse der langfristigen Entwicklung internationaler Unterschiede der wirtschaftlichen Freiheit ist dieser Index von unschätzbarem Wert. Der EFW-Index umfasst inzwischen 152 Länder und lässt sich für mehr als 100 Länder bis 1980 und teilweise sogar bis 1970 zurückverfolgen. Damit ermöglicht der Index Wissenschaftlern die Auswirkung von Unterschieden zwischen den Ländern und Veränderungen über längere Zeiträume zu beurteilen. Darüber hinaus versetzt er sie in die Lage, die Wachstums- und Entwicklungswirkung wirtschaftspolitischer Institutionen genauer zu untersuchen und ihre Wirkung von politischen, klimatischen, lokalen, kulturellen und geschichtlichen Einflüssen zu differenzieren.

Wie wirtschaftliche Freiheit im EFW-Report gemessen wird Mit dem in diesem Report veröffentlichten Index für das Jahr 2012 lässt sich der Grad der wirtschaftlichen Freiheit bestimmen, der in den untersuchten Ländern unter Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen gewährleistet ist. Die wichtigsten Eckpunkte dieses Index sind die individuelle Handlungsfreiheit der Bürger, die Gewährleistung freiwilliger Austauschbeziehungen auf Märkten, ein freier Wettbewerb und Marktzutritt sowie der Schutz von Personen und ihren privaten Eigentumsrechten vor dem gewaltsamen Zugriff durch andere. Datenbasis des Index sind vornehmlich Daten des Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund), der Weltbank (World Bank) und des Internationalen Wirtschaftsforums (World Economic Forum). Von den Projektpartnern erhobene Sekundärdaten aus den einzelnen Ländern werden nur genutzt, wenn offizielle Quellen internationaler Organisationen keine hinreichenden Informationen bieten. Der aggregierte Economic-Freedom-Index (EF-Index) wird aus 42 Maßzahlen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Freiheit in fünf Einzelbereichen des wirtschaftlichen Lebens ermittelt: 1. Umfang der Staatstätigkeit: a. Staatsausgaben b. Transfers und Subventionen c.

Staat als Unternehmer

d. Steuerbelastung 2. Rechtssystem und Schutz von Eigentumsrechten a. Unabhängige Gerichtsbarkeit b. Schutz privater Eigentumsrechte c.

Vertragsfreiheit und starkes Vertragsrecht

3. Stabiles Geldsystem a. Inflation b. Freiheit des Devisenverkehrs 3

Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

4. Freihandel a. Zollschranken b. Nichtmonetäre Handelsbeschränkungen c.

Freiheit des internationalen Kapitalverkehrs

5. Regulierung von Unternehmen sowie des Finanz- und Arbeitsmarktes a. Finanzmarktregulierung b. Arbeitsmarktregulierung c.

Unternehmensregulierung

Wirtschaftliche Freiheit stagniert – Rangliste 2012 Wie bereits im vergangenen Jahr belegen Hongkong und Singapur die Spitzenplätze im Index der wirtschaftlichen Freiheit (Abbildung 1). Ebenfalls in den Top 10 sind Neuseeland, die Schweiz, Mauritius, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kanada, Australien, Jordanien sowie gemeinsam auf Rang 10 Chile und Finnland zu finden. International bedeutsame Länder belegen über den gesamten Index verstreute Positionen: Großbritannien und die USA teilen sich Rang 12, Japan belegt Rang 23, Deutschland ist auf Rang 28 zurückgefallen, Südkorea liegt auf Rang 33, Frankreich schafft nicht mehr als den 58. Rang, Italien belegt nur Rang 78. Noch geringere Ränge erreichen Mexiko (91), Russland (98), Brasilien (103), Indien (110) und China (115). Besonders auffällig ist die gegenläufige Entwicklung des Freiheitsindex in den meisten entwickelten Industrieländern und einigen wirtschaftlich bislang wenig bedeutsamen Reformstaaten. Während sich die wirtschaftliche Freiheit in einigen Industriestaaten wie etwa Finnland, Großbritannien oder Dänemark leicht reduzierte, profitierten Länder wie Irland, Georgien und Armenien von institutionellen Reformen. Da bereits geringe Veränderungen im Indexwert einen deutlichen Einfluss auf die Rangverteilung haben können, sollte die absolute Position eines Landes in der Rangfolge nicht überbewertet werden. Dennoch zeigen die von Jahr zu Jahr immer wieder beobachtbaren Veränderungen in der Rangfolge das Nebeneinander von Mut zu mehr wirtschaftlicher Freiheit in einigen Ländern und der Erosion der wirtschaftlichen Freiheit in anderen Ländern. Insgesamt ist die durchschnittliche wirtschaftliche Freiheit aller Länder mit durchschnittlich 6,84 Punkten gegenüber dem Vorjahreswert von 6,85 geringfügig zurückgegangen, sodass sie wieder auf dem internationalen Niveau von 2005 liegt. Schlusslichter der Bewertung sind Myanmar, die Volksrepublik Kongo, Burundi, Tschad, Iran, Algerien, Argentinien, Simbabwe, die Republik Kongo und wie auch bereits in den vergangenen Jahren ganz am Ende Venezuela.

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

0 Hongkong 1 Singapur 2 Neuseeland 3 Schweiz 4 Mauritius 5 Ver. Arab. Emirate 6 Kanada 7 Australien 8 Jordanien 9 Chile 10 Finnland 10 Grossbritanien 12 USA 12 Irland 14 Katar 15 Georgien 16 Armenien 17 Taiwan 18 Dänemark 19 Malta 20 Peru 20 Estland 22 Costa Rica 23 Japan 23 Bahrain 25 Rumänien 25 Litauen 27 Deutschland 28 Ruanda 29 Norwegen 30 Österreich 31 Schweden 32 Südkorea 33 Zypern 34 Niederlande 34 Nikaragua 36 Island 37 Montenegro 38 Luxemburg 39 Bahamas 40 Bulgarien 40 Tschechien 42 Portugal 43 Lettland 44 Oman 45 Slowakei 45 Uruguay 47 Guatemala 48 Polen 48 Ungarn 50 Philippinen 51 Spanien 51 Belgien 53 Botswana 54 Honduras 55 Israel 55 Uganda 57 Frankreich 58 Kuwait 59 El Salvador 60 Libanon 60 Albanien 62 Brunei Darussalam 62 Jamaika 62 Sambia 65 Dominikanische Rep. 66 Panama 66 Papua Neu Guinea 68 Fidschi 69 Kroatien 70 Turkei 71 Kambodscha 72 Mazedonien 72 Kasachstan 74 Malaysia 74 Sambia 76

2

4

6

8

10

0

8,98 8,54 8,25 8,19 8,09 8,05 8,00 7,87 7,86 7,84 7,84 7,81 7,81 7,80 7,78 7,73 7,72 7,71 7,66 7,63 7,63 7,61 7,60 7,60 7,57 7,57 7,56 7,55 7,53 7,52 7,48 7,47 7,46 7,45 7,45 7,44 7,43 7,41 7,40 7,39 7,39 7,38 7,37 7,36 7,34 7,34 7,33 7,31 7,31 7,30 7,29 7,29 7,27 7,26 7,24 7,24 7,22 7,21 7,20 7,19 7,19 7,18 7,18 7,18 7,13 7,11 7,11 7,10 7,05 7,04 7,03 7,02 7,02 7,00 7,00 6,99

Kenia 77 Mongolei 77 Italien 79 Bosnien-Herzegowina 80 Indonesien 80 Belize 82 Trinidad & Tobago 82 Griechenland 84 Barbados 85 Moldawien 86 Paraguay 87 Saudi Arabien 87 Suriname 89 Kirgisische Rep. 90 Mexiko 91 Haiti 92 Südafrika 93 Tansania 94 Swasiland 95 Tunisien 96 Tadschikistan 97 Ghana 98 Russland 98 Sri Lanka 98 Madagaskar 101 Thailand 102 Brasilien 103 Colombien 104 Sierra Leone 105 Slowenien 105 Kap Verde 107 Bolivien 108 Namibia 109 Indien 110 Guyana 111 Lesotho 111 Marokko 113 Vietnam 114 Aserbaidschan 115 China 115 Serbien 117 Republik Jemen 118 Bangladesh 119 Mauritanien 120 Osttimur 121 Ägypten 122 Ukraine 122 Pakistan 124 Nigeria 125 Nepal 126 Mosambik 127 Guinea-Bissau 128 Kamerun 129 Senegal 130 Ekuador 131 Malawi 131 Mali 133 Elfenbeinküste 134 Burkina Faso 135 Gabun 136 Benin 137 Niger 138 Äthiopien 139 Togo 140 Angola 141 Zentralafrika 142 Myanmar 143 Kongo, Dem. Rep. 144 Burundi 145 Tschad 146 Iran 147 Algerien 148 Argentinen 149 Simbabwe 150 Kongo, Rep. 150 Venezuela 152

Abbildung 1: Wirtschaftliche Freiheit, Rangliste 2012 Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World, 2014 Annual Report

5

2

4

6

8

6,98 6,98 6,92 6,89 6,89 6,88 6,88 6,87 6,86 6,85 6,84 6,84 6,82 6,77 6,75 6,74 6,73 6,71 6,69 6,68 6,67 6,65 6,65 6,65 6,64 6,62 6,61 6,59 6,57 6,57 6,54 6,51 6,50 6,49 6,46 6,46 6,45 6,42 6,39 6,39 6,37 6,34 6,33 6,32 6,28 6,27 6,27 6,26 6,19 6,16 6,09 6,06 6,05 6,02 6,01 6,01 5,98 5,93 5,86 5,78 5,75 5,70 5,65 5,64 5,46 5,29 5,28 5,24 5,21 5,12 5,10 5,09 4,92 4,92 4,58 3,89

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Langfristige Entwicklung 1980-2010 Eine lückenlose Vergleichbarkeit der Indexwerte bis 1980 ist für 101 Länder möglich. Um die im Zeitverlauf an die vorhandene Datenbasis immer wieder angepassten Indexwerte über längere Zeiträume vergleichbar zu machen, wurden die Indizes verkettet und auf das Jahr 2000 normiert. Länder, die nach diesem Zeitpunkt in den Index aufgenommen wurden, können daher in den Längsschnittvergleich nicht aufgenommen werden. 9 8

Economic Freedom Index (verkettet)

7,16

7,25

7,65

7 6

6,36 5,32

5,40

7,67

7,63

6,72

7,76 6,84

7,58 6,85

7,69 6,85

7,57 6,84

5,78

5 4 3 2 1 0 1980

1985

1990

1995

2000

Global (101 Länder)

2005

2010

2011

2012

Deutschland

Abbildung 2: Weltweite durchschnittliche Entwicklung des EFW-Index 1980-2012 (101 Länder, im Vergleich dazu Deutschland)

Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2014, Annual Report, eigene Darstellung

Bis etwa Mitte des vergangenen Jahrzehnts stieg der EFW-Index im globalen Durchschnitt an, seither verharrt er mit leichten Schwankungen auf diesem Niveau (Abbildung 2). Eine ähnliche Entwicklung hat der Index für Deutschland vollzogen, hier jedoch mit einem leichten Rückgang seit der Mitte des vergangenen Jahrzehnts. Im Boxplot-Diagramm (Abbildung 3) fällt auf, dass sich die Maximalwerte kaum verändert haben, die Minimalwerte dagegen heute ein höheres Niveau als in den achtziger Jahren aufweisen. Auch sind hier die Schwankungen stärker ausgeprägt als bei den Spitzenwerten. Erfreulich ist der Anstieg des Medians des EFW-Index. Während die Hälfte der 101 Länder 1980 einen EFW-Index von nicht mehr als 5,3 erreichte, erzielten 2012 fünfzig Prozent einen Index von 7,0 Punkten. Dreiviertel aller Länder kommen heute auf einen Index von mehr als 6,4. 1980 erreichten nicht einmal 25 Prozent diesen Wert.

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

10 9

Economic Freedom Index (verkettet)

8 7 6 5 4 3 2 1 0 1980

1985

1990

1995

2000

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Abbildung 3: Langfristentwicklung des EFW-Index (Box-Whisker-Plot) 1980-2012

Anmerkung: Die Wertemarkierungen entsprechen von oben nach unten dem Maximalwert, oberen Quartil, Median, unterem Quartil und dem Minimalwert. Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2014, Annual Report, eigene Darstellung

Langfristig betrachtet hat sich die wirtschaftliche Freiheit weltweit sehr unterschiedlich entwickelt. In einigen Ländern wurden seit 1980 erfolgreiche institutionelle Reformen durchgeführt, die mit einem Zuwachs an wirtschaftlicher Freiheit verbunden waren, wohingegen die Bürger anderer Länder kaum Fortschritte erlebten oder sogar Verluste an Freiheit hinnehmen mussten. Erfreulich ist der spürbare Freiheitsgewinn in einigen Entwicklungsländern, enttäuschend hingegen die Stagnation oder sogar der leichte Rückgang der Freiheit in anderen Ländern, vor allem aus der Spitzengruppe des Ranking. Venezuelas politische Entwicklung hat in den vergangenen Jahrzehnten den größten Verlust an wirtschaftlicher Freiheit bewirkt (Abbildung 4).

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

-4,0

-3,0

-2,0

-1,0

0,0

1,0

2,0

3,0

4,0

Uganda

4,31

Israel

3,78

Ghana

3,72

Peru

3,64

Nikaragua

3,39

Deutschland

0,41

Schweiz

0,04

Luxemburg

0,01

USA

-0,11

Hongkong

-0,14

Venezuela

5,0

-2,98

Abbildung 4: Gewinner und Verlierer wirtschaftlicher Freiheit

Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2014, Annual Report, eigene Darstellung

Wirtschaftliche Freiheit in Deutschland – Schleichende Erosion der wirtschaftlichen Freiheit Deutschland konnte seine im internationalen Vergleich gute Vorjahresbewertung nicht halten. Ursächlich dafür ist eine Verschlechterung der Bewertung von 7,69 auf 7,57 Punkte im normierten und verketteten Langfristindex. Den im vergangenen Jahr erreichten leichten Zugewinn an wirtschaftlicher Freiheit hat Deutschland nicht verteidigen können. Der seit dem im Jahr 2005 erreichten Höchststand von 7,76 Indexpunkten einsetzende Rückgang der wirtschaftlichen Freiheit konnte somit nicht gestoppt werden. Zwar gehört Deutschland noch immer zu den wirtschaftlich freiesten Ländern weltweit und auch in der Europäischen Union, doch sind Länder wie Irland (14), Armenien (17), Katar (15), Malta (20), Peru (20), Rumänien (25) und Litauen (27) im Analysejahr im Ranking an uns vorbeigezogen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland inzwischen hinter der Schweiz (4), Finnland (10), Großbritannien (12), Irland (14), Dänemark (19), Malta (20), Estland (22), Rumänien (25) und Litauen (27). Wie Tabelle 1 zeigt, belegt Deutschland im Vergleich zu den Partnerländern in der Europäischen Union bei den Einzelindizes nur eine durchschnittliche Position, wobei beim Umfang der Staatstätigkeit lediglich der Durchschnitt erreicht wird. Beim Rechtssystem/Eigentumsschutz und der Währungspolitik kann Deutschland indes Indexwerte über dem Mittelwert verbuchen, rutscht im Freihandel und der Regulierungsintensität allerdings unter den Durchschnittswert. Ähnlich ist die Relation zu den OECDPartnern. Mit der Spitzengruppe (Top 10) kann Deutschland nur in den Bereichen des Rechtssystems/Eigentumsschutzes und bei der Stabilität der Währung mithalten. Bei der Regulierungsintensität wird trotz der Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr nicht einmal der Minimalwert der Spitzengruppe erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr hat es mit Ausnahme der Regulierungsintensität in allen Teilindizes leichte Verschlechterungen gegeben, die auch ausschlaggebend für den Rückgang in der Gesamtbewertung sind. Auffällig ist dies unter anderem im

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Bereich des Umfangs der Staatstätigkeit, hauptsächlich hervorgerufen durch eine Verschlechterung der Bewertung bei den staatlichen Transfers und Subventionen. Hier verändert der Staat stärker als zuvor durch finanzielle Anreize das Verhalten der Marktteilnehmer und verursacht so Verzerrungen des Marktsystems. Merkliche Verschlechterungen gab es jedoch auch bei der Bewertung der Unabhängigkeit der Gerichte, des Geldmengenwachstums und der nichttariflichen Hemmnisse des internationalen Handels. Bei einigen Maßzahlen der fünf Bewertungskategorien deutet sich eine schleichende Erosion der wirtschaftlichen Freiheit an. Kleinere Verbesserungen an anderer Stelle können das nicht kompensieren. Tabelle 1: Deutschland im Vergleich mit den Ländern der EU(28), der OECD und der Top-10-Gruppe (Einzelbewertungen) Land Deutschland EU(28)-Länder Mittelwert Maximum Minimum OECD-Länder Mittelwert Maximum Minimum Top-10-Länder Mittelwert Maximum Minimum Alle Länder Mittelwert Maximum Minimum

Umfang der Staatstätigkeit 5,4

Rechtssystem Eigentumsschutz 7,9

Stabile Währungspolitik 9,5

7,8

Regulierungsintensität 7,1

5,4 7,4 3,6

6,9 8,9 5,0

9,4 9,8 8,2

7,9 8,7 7,4

7,3 7,9 5,7

5,6 8,0 3,6

7,2 8,9 4,5

9,4 9,8 8,1

7,8 8,7 6,8

7,4 8,7 5,7

7,3 9,4 4,9

7,8 8,9 6,5

9,2 9,7 8,4

8,2 9,4 7,2

8,1 9,0 7,2

6,5 9,4 3,2

5,5 8,9 2,2

8,1 9,8 4,7

7,0 9,4 2,6

7,1 9,0 3,9

Freihandel

Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2014, Annual Report

Ein Überblick über die Einzelbewertungen im Bereich der Regulierungsintensität lässt sich Tabelle 2 entnehmen. Nach wie vor leidet Deutschland unter einem stark regulierten Kreditmarkt (92), restriktiver Arbeitsmarktregulierung (80) und einer recht hohen Unternehmensregulierung (48). Im EU-Vergleich kann Deutschland Investoren und Sparern nur unterdurchschnittlich gute Bedingungen bieten. Im Bereich der Arbeitsmarktregulierung konnte Deutschland keine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Zwar ist für Deutschland im Bereich der staatlichen Regulierung seit Jahren ein leichter Aufwärtstrend in der Bewertung zu verzeichnen, doch für internationale Spitzenwerte reicht es in allen Teilbereichen der Regulierungsintensität noch immer nicht.

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Tabelle 2: Deutschland im Vergleich mit den Ländern der EU(28), der OECD und der Top-10-Gruppe (Einzelkomponenten der Regulierungsintensität)

Deutschland EU(28)-Länder Mittelwert Maximum Minimum OECD-Länder Mittelwert Maximum Minimum Top-10-Länder Mittelwert Maximum Minimum Alle Länder Mittelwert Maximum Minimum

Kreditmarktregulierung 8,3

Arbeitsmarktregulierung 6,4

Unternehmensregulierung 6,6

8,8 10,0 6,1

6,7 8,3 4,5

6,4 7,6 5,4

9,0 10,0 6,1

6,6 9,0 4,4

6,6 7,6 5,4

9,4 10,0 6,7

7,7 9,3 5,4

7,2 7,9 6,5

8,5 10,0 2,7

6,5 9,3 2,8

6,3 8,8 3,6

Quelle: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2014, Annual Report

Wirtschaftliche Freiheit, Wohlstand und gesellschaftlicher Fortschritt Seit Beginn des EFW-Projektes lässt sich immer wieder ein stabiler positiver Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und ökonomischer Leistungsfähigkeit zeigen (Abbildung 5). Damit ist gleichzeitig eine positive Relation zwischen wirtschaftlicher Freiheit und anderen Indikatoren der Wohlstandsentwicklung verbunden. Wirtschaftlich freie Menschen sind in der Lage, ihnen zur Verfügung stehende Ressourcen produktiv für ihre individuellen Ziele einzusetzen. Leistung lohnt sich und Investoren akzeptieren Risiken von Zukunftsinvestitionen in Forschung und Entwicklung in der Hoffnung auf die Erwirtschaftung von Gewinnen. Stabile Rahmenbedingungen sichern die wirtschaftlichen Aktivitäten der Marktteilnehmer rechtlich ab, sodass wirtschaftliche Austauschbeziehungen gepflegt werden. Es herrscht eine kreative unternehmerische Atmosphäre, die technischen Fortschritt und neue Produkte sowie Dienstleistungen hervorbringt. Ungünstige institutionelle Rahmenbedingungen in wirtschaftlich unfreien Ländern blockieren hingegen die Produktivitäts- und Entwicklungspotenziale ihrer Bürger.

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

45.000 39.899

40.000

Pro-Kopf-Einkommen in US-$

35.000 30.000 25.000

20.937

20.000 15.000 10.000

9.245 6.253

5.000 0 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

3. Quartil

4. Quartil (frei)

Abbildung 5: Wirtschaftliche Freiheit und Pro-Kopf-Einkommen

Anmerkung: Mit Hilfe der Quartile (lat. Viertelwerte) wird die Gesamtzahl der Länder in vier gleichgroße, nach ihren Indexwerten sortierte Gruppen aufgeteilt. PPP (Purchasing Power Parity): Geldeinheiten wurden durch Kaufkraftparitäten um Unterschiede im Preisniveau zwischen den Ländern bereinigt. Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

Auch das Wirtschaftswachstum eines Landes profitiert von wirtschaftlicher Freiheit (Abbildung 6). Wirtschaftlich unfreie Länder weisen im Durchschnitt eine geringere Wachstumsrate der Wirtschaft als wirtschaftlich freie Länder auf. Mehr Freiheit gibt Anreize zu produktiven Investitionen, die eine wesentliche Grundlage einer wachsenden Wirtschaft sind. 4,0% 3,5%

3,4%

3. Quartil

4. Quartil (frei)

BIP-Wachstum (2000-2012)

3,1% 3,0% 2,6%

2,0%

1,0%

0,0% 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

Abbildung 6: Wirtschaftliche Freiheit und Wirtschaftswachstum

Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

In Ländern mit hoher wirtschaftlicher Freiheit ist zwar der Anteil der ärmsten 10 Prozent der Einwohner nicht wesentlich höher als in wirtschaftlich freien Ländern (Abbildung 7), dafür haben diese Menschen

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

aber ein mehrfach höheres Einkommen als in wirtschaftlich unfreien Ländern. Die ärmsten 10 Prozent in wirtschaftlich freien Ländern verfügen über die achtfache Kaufkraft des ärmsten Einkommensdezil in wirtschaftlich unfreien Ländern (Abbildung 8). Gegen Einkommensarmut helfen daher institutionelle Reformen, die in mehr wirtschaftlicher Freiheit resultieren, sehr wirksam. Wirtschaftliche Freiheit ist zwar kein Patentrezept für eine egalitäre Gesellschaft, aber ein Garant für die Abwesenheit von Hunger und Elend.

Einkommensanteil (unterstes Einkommensdezil)

3,0%

2,8% 2,5%

2,5%

2,4% 2,2%

2,0%

1,5%

1,0%

0,5%

0,0% 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

3. Quartil

4. Quartil (frei)

Abbildung 7: Wirtschaftliche Freiheit und Einkommensanteil der ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung

Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

Pro-Kopf-Einkommen (unterstes Einkommensdezil)

14.000 11.610

12.000 10.000 8.000 6.000 3.929

4.000 2.211 2.000

1.358

0 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

3. Quartil

4. Quartil (frei)

Abbildung 8: Wirtschaftliche Freiheit und absolutes Einkommen der Ärmsten

Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

Lebensqualität ist mehr als materieller Wohlstand, auch Gesundheit und ein langes Leben gehören dazu. Wirtschaftliche Freiheit schafft die Voraussetzung für technischen Fortschritt, der die Menschen von

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

harter, gefährlicher und monotoner Arbeit entlastet. Wirtschaftliche Prosperität stellt die Ressourcen für eine zukunftsfähige Bildung der Bürger zur Verfügung und ermöglicht eine leistungsfähige medizinische Versorgung für ein langes und erfülltes Leben. Ein positiver Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Lebenserwartung ist daher zu erwarten (Abbildung 9). 90 80

Lebenserwartung bei Geburt (in Jahren)

80 70

73

69 63

60 50 40 30 20 10 0 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

3. Quartil

4. Quartil (frei)

Abbildung 9: Wirtschaftliche Freiheit und Lebenserwartung

Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

Wirtschaftliche Freiheit, Bürgerrechte und politische Partizipation sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne den Schutz persönlicher Freiheiten und individueller Grundrechte lässt sich auf lange Frist keine auf freiwilligem Austausch basierende Wirtschaft erhalten. Produktivität und eine Atmosphäre gegenseitigen Vertrauens setzt Bürgerrechte und politische Partizipation voraus. Minderheitenrechte sind nur durchsetzbar, wenn jeder Bürger auf seine Grundrechte bauen kann und seine individuellen Interessen in der Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsprozessen artikulieren kann. Oft waren wirtschaftliche Reformen die Vorboten für eine politische Demokratisierung. In wirtschaftlich freien Ländern ermöglicht der produzierte Wohlstand einen wirtschaftlichen Interessenausgleich zwischen den Bürgern, sodass Verteilungskonflikte eingedämmt werden können, ohne zu einer allzu starken Beschneidung von Bürgerrechten und politischer Partizipation zu führen. Der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit, bürgerlichen Grundrechten und politischer Partizipation ist eindeutig positiv (Abbildung 10).

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Economic Freedom of the World – Annual Report 2014

Political Rights and Civil Liberties, 2012

5

4,7

4,5

4 3,0

3

3,1

2,2

2,3 1,9

2

1,8

1

0 1. Quartil (unfrei)

2. Quartil

3. Quartil

Political Rights, 2012

4. Quartil (frei)

Civil Rights, 2012

Abbildung 10: Wirtschaftliche Freiheit, politische Rechte und Bürgerrechte

Quellen: Fraser Institute, Economic Freedom of the World: 2013 Annual Report; World Bank, World Development Indicators

Dienen demokratische Entscheidungsprozesse nicht der Organisation geeigneter Institutionen für ein friedliches Zusammenleben der Menschen, sondern der Austragung von Konflikten um Privilegien und Macht, sind Eingriffe in die wirtschaftliche Freiheit der Menschen an der Tagesordnung. Nicht selten sind Marktrestriktionen die Vorboten einer Erosion politischer Rechte und bürgerlicher Freiheiten. Deshalb ist Demokratie keine hinreichende Bedingung für wirtschaftliche Prosperität. Stabile konstitutionelle Regeln müssen die Basis einer freiheitlichen Wirtschaftsverfassung bilden.

Kontakt: Dr. Detmar Doering ([email protected]), Leiter des Liberalen Instituts, und Steffen Hentrich, Referent des Liberalen Instituts ([email protected]), unter +49 (0)30 2887 78 36 Die komplette Studie in englischer Sprache finden Sie im pdf-Format zum Download unter https://shop.freiheit.org/#!/pub/id/454.

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