Duldung der Wegnahme und Unterbringung von Hunden im Tierheim

VGH München, Beschluss v. 09.01.2017 – 10 ZB 16.1735 Titel: Duldung der Wegnahme und Unterbringung von Hunden im Tierheim Normenketten: PAG Art. 25 N...
Author: Helge Hartmann
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VGH München, Beschluss v. 09.01.2017 – 10 ZB 16.1735 Titel:

Duldung der Wegnahme und Unterbringung von Hunden im Tierheim Normenketten: PAG Art. 25 Nr. 1, Art. 26 Abs. 1, Art. 28 Abs. 3 LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 VwGO § 60 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4 BayVwZVG Art. 35 KG Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 Leitsatz: 1. Die Sicherheitsbehörde kann die Sicherstellung eines Hundes, die die Polizei in eigener Zuständigkeit vorgenommen hat, nicht rückwirkend durch Duldungsanordnung in eine sicherheitsbehördliche Sicherstellung "umwidmen". (amtlicher Leitsatz) Schlagworte: Untersagung, Gefahrenabwehr, Wiedereinsetzung, Sicherstellung, Hundehaltung, Duldungsanordnung, Umwidmung, Unterbringung, Tierheim, Verwahrverhältnis  

Tenor I. Die Berufung wird zugelassen, soweit das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 10. März 2016 die Regelung in Nr. 8 des Bescheids der Beklagten vom 14. August 2015 aufgehoben hat. II. Im Übrigen werden die Anträge des Klägers, unter Ablehnung seines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist, und der Beklagten auf Zulassung der Berufung abgelehnt. III. Soweit die Anträge auf Zulassung der Berufung abgelehnt werden, trägt der Kläger sieben Zehntel und die Beklagte drei Zehntel der Kosten des Verfahrens. IV. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird hinsichtlich des abgelehnten Teils der Zulassungsanträge auf 5.000,-- Euro, und soweit die Berufung zugelassen wird, vorläufig auf 5.000,-- festgesetzt.

Gründe 1 Mit ihren Anträgen auf Zulassung der Berufung wenden sich die Parteien gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2016, soweit sie jeweils unterlegen sind. 2 Mit diesem Urteil hat das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 14. August 2015 aufgehoben, soweit darin angeordnet wird, dass der Kläger die Wegnahme seiner Hunde im Rahmen eines Polizeieinsatzes am 14. Juli 2015 und deren Weitergabe an das Tierheim sowie deren Unterbringung im Tierheim zu dulden hat (Nr. 4). Weiterhin aufgehoben werden die Nr. 8 des Bescheids, in dem die Kostentragungs- und -erstattungspflicht des Klägers für die Tierheimkosten unter Angabe der jeweiligen

Tagessätze festgestellt werden, die Nr. 9 des Bescheids, soweit darin die weitere Verwahrung der Hunde von der Zahlung der Tierheimkosten für den Zeitraum 14. Juli 2015 bis 14. August 2015 abhängig gemacht wird, sowie die Festsetzung der Bescheidsgebühren (Nr. 15). Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3 Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist bereits unzulässig, weil er nicht fristgerecht begründet worden ist (1.). Der Zulassungsantrag der Beklagten ist teilweise abzulehnen (2.), weil die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 2.1) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; 2.2) nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt sind, soweit sie sich gegen die Nrn. 4, 9 und 15 des Bescheids richten. Der Zulassungsantrag der Beklagten hat dagegen Erfolg, soweit er sich gegen die Aufhebung der Nr. 8 des Bescheids vom 14. August 2015 richtet (3.). 4 1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2016, soweit damit seine Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 14. August 2015 abgewiesen worden ist, wird abgelehnt, weil der Kläger die Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zur Begründung des Zulassungsantrags versäumt hat (1.1) und ihm keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist (1.2). 5 1.1 Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist, soweit sie wie hier nicht bereits mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung vorgelegt worden ist, nach § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof einzureichen. Eine Begründung des Zulassungsantrags ist jedoch beim Verwaltungsgerichtshof nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingegangen. 6 Das vollständige Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2016 ist dem Kläger ausweislich der bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde am 6. August 2016 zugestellt worden. Die Frist für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung endete daher nach § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO sowie § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des 6. Oktober 2016. Eine Begründung des Zulassungsantrags ist beim Verwaltungsgerichtshof jedoch weder bis zu diesem Zeitpunkt noch danach eingegangen. 7 1.2 Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist, der am Montag, dem 7. November 2016 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, wird abgelehnt, weil der Kläger die Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. VwGO von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses nicht eingehalten hat, die versäumte Rechtshandlung nicht innerhalb der Antragsfrist nachgeholt hat (§ 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO) und zudem nicht glaubhaft gemacht hat, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war. 8 Auf sein Schreiben vom 30. September 2016, mit dem der Kläger beantragte, die Begründungsfrist für den Zulassungsantrag zu verlängern, weil sein Bevollmächtigter aus Zeitgründen nicht in der Lage sei, die Begründung bis zum Fristablauf zu fertigen, teilte ihm der Senat mit Telefax vom gleichen Tag mit, dass eine Verlängerung der Begründungsfrist nicht möglich sei. Dem Kläger war damit bereits am 30. September 2016 bekannt, dass die Begründungsfrist am 6. Oktober 2016 ablief und eine Verlängerung nicht möglich war. Ein etwaiger Wiedereinsetzungsantrag mit der Glaubhaftmachung von Wiedereinsetzungsgründen hätte also bis spätestens Montag, den 31. Oktober 2016 beim Verwaltungsgerichtshof eingehen müssen. Zudem hätte innerhalb der Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. VwGO die Begründung für den Zulassungsantrag von einem Prozessbevollmächtigten (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO) vorgelegt werden müssen. Der Hinweis auf die Inhaftierung und die angeblichen Schwierigkeiten des

Prozessbevollmächtigten, innerhalb der gesetzlichen Frist für den Kläger tätig zu werden, reichen für eine Glaubhaftmachung der Tatsachen im Sinne des § 60 Abs. 1 i. V. m. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht aus. 9 2. Der Zulassungsantrag der Beklagten ist teilweise abzulehnen, weil die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bezüglich der Nrn. 4, 9 und 15 des Bescheids vom 14. August 2015 nicht vorliegen (2.1). Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bezüglich Nr. 4 des Bescheids ist schon nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt (2.2). 10 2.1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten, bestünden nämlich nur, wenn die Beklagte diesbezüglich einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist hier jedoch bezüglich der Aufhebung von Nr. 4 des Bescheids im Urteil vom 10. März 2016 nicht der Fall (2.1.1). Daher erweist sich auch die darauf basierende Teilaufhebung von Nr. 9 des Bescheids als rechtmäßig (2.1.2). Gleiches gilt für die Aufhebung der Gebührenfestsetzung in Nr. 15 (2.1.3). 11 2.1.1 Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung, Nr. 4 des Bescheids der Beklagten vom 14. August 2015 aufzuheben, damit begründet, dass für eine nachträgliche (rückwirkende) sicherheitsrechtliche Anordnung mangels Vorliegens einer konkreten Gefahr keine Veranlassung bestanden habe, weil die Sicherstellung bereits durch die Polizei in eigener Zuständigkeit erfolgt sei. Der Kläger habe schon aufgrund der polizeilichen Verfügung die Unterbringung der Tiere im Tierheim zu dulden. Dadurch sei ein Verwahrverhältnis zwischen dem Kläger und der Polizei begründet worden. 12 Demgegenüber wendet die Beklagte ein, dass wegen Art. 3 PAG die polizeiliche Sicherstellung bzw. Verwahrung in dem Augenblick rechtswidrig werde, in dem die Sicherheitsbehörde eine eigene Sicherstellungs- und Verwahrungsanordnung hätte treffen können. Eine Vorgehensweise der Beklagten, ex tunc eine Duldung auszusprechen und somit ein neues Verwahrungsverhältnis zwischen dem Hundehalter und der Verwahrungsbehörde zu begründen, wäre konsequent. Die Verwaltungspraxis der Beklagten sei aber eine andere. Die Verwahrtiere würden von Anfang an von der Polizei für die Beklagte im Tierheim abgegeben. Das Tierheim sei insofern nicht Dritter i. S. d. Art. 26 Abs. 1 Satz 3 PAG, sondern verwahre für die Beklagte als Sicherheitsbehörde die Tiere, wozu diese selbst aufgrund des öffentlich-rechtlichen Verwahrverhältnisses zwischen ihr und dem Kläger verpflichtet wäre, aber nicht in der Lage sei. Rechtsgrundlage hierfür sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Die Aufteilung des Verwahrverhältnisses in einen Zeitraum vom 14. Juli 2015 bis 14. August 2015 und einen ab 15. August 2015 sei eine künstliche Aufsplittung eines einheitlichen Lebenssachverhalts. Dem Kläger sei von Anfang an bekannt gewesen, dass für das gesamte Verfahren ausschließlich die Beklagte zuständig gewesen sei. Ihm sei dadurch, dass die Beklagte sich die Sicherstellung und die seitens der Polizei für sie veranlasste Verwahrung mittels Duldungsanordnung zu Eigen gemacht habe, kein Nachteil entstanden. Das Verwaltungsgericht Ansbach habe eine derartige Vorgehensweise im Urteil vom 18. Juli 2013 (AN 5 K 13.762) für rechtmäßig erachtet. Ausschlaggebend für die Wahl dieser Verfahrensweise seien praktische Erwägungen, da bei der Annahme, dass es sich bei der Sicherstellungs- und Verwahrungsanordnung der Tiere um eine eigenständige Maßnahme der Polizei handle, die nicht nachträglich von der Sicherheitsbehörde zur Duldung angeordnet werden könne, die Abrechnung gesondert von der Polizei vorzunehmen wäre. 13 Mit diesen Ausführungen zieht die Beklagte jedoch die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Sicherstellung (und die anschließende Verwahrung) durch die Polizei ausschließlich in eigener Zuständigkeit erfolgt sei, nicht ernsthaft in Zweifel. Vor dem streitgegenständlichen Vorfall am 14. Juli 2015 gab es bereits mehrfach Zwischenfälle mit den Hunden des Klägers. Die Beklagte hörte den Kläger daher

mit Schreiben vom 24. Juni 2015 zu etwaigen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG an und ordnete einen vorläufigen Leinenzwang für seine vier Hunde an. Am 14. Juli 2015 riefen Passanten die Polizei, weil drei Hunde des Klägers einen anderen Hund angegriffen und gebissen hatten. Die Polizeistreife stellte fest, dass der Kläger unter Drogeneinfluss stand. Laut des Berichts der zuständigen Polizeiinspektion erfolgte die Sicherstellung der Hunde (auch des vierten Hundes, der nicht an dem Vorfall beteiligt war), weil „der Kläger dem Haftrichter vorgeführt wurde und somit niemand vor Ort war, der sich um die Hunde hätte kümmern können“. Ein Hinweis darauf, dass die Polizei für die Beklagte tätig geworden wäre, findet sich in dem polizeilichen Bericht vom 14. Juli 2015 nicht. Die Beklagte wird vielmehr gebeten, zu prüfen, ob eine sofortige Untersagung der Hundehaltung möglich ist (Bl. 146). Die Übersendung des Vermerks über den Vorfall vom 14. Juli 2015 durch die Polizeiinspektion 5 Diensthundestaffel an die Beklagte erfolgte mit der Bitte um Kenntnisnahme und direkte Erledigung in eigener Zuständigkeit (Bl. 148). In dem Vermerk werden die Kampfhundeeigenschaft der Hunde, die Zuverlässigkeit des Klägers zur Haltung und zum Führen der Hunde und die Frage, ob die Hunde wieder an ihn ausgehändigt werden sollen, thematisiert. Insoweit wird deutlich, dass die Polizei die Hunde nicht für die Beklagte in Vollzugshilfe (Art. 2 Abs. 3 PAG) sichergestellt hat, sondern in eigener Zuständigkeit nach Art. 25 Nr. 1 PAG tätig geworden ist, weil von den Hunden im Zeitpunkt des polizeilichen Einschreitens eine gegenwärtige (konkrete) Gefahr ausging, da der Halter berauscht bzw. nach Einschätzung der Polizei unzuverlässig war (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 4. Auflage 2014, Art. 25 Rn. 12). Im Übrigen ist die Beklagte im Bescheid vom 14. August 2015 selbst davon ausgegangen, dass die Polizei die Hunde am 14. Juli 2015 rechtmäßig in eigener Zuständigkeit (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 PAG) sicherstellte (S. 15 des Bescheids). Mit der Sicherstellung durch die Polizei erfolgt (zwingend) die polizeiliche Inbesitznahme der Hunde unter Begründung eines neuen amtlichen Gewahrsams (Verwahrung, Art. 26 Abs. 1 PAG). Dadurch entsteht ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zwischen dem bisherigen Gewahrsamsinhaber und dem Freistaat als Träger der Polizei (Schmidbauer, a. a. O., Art. 26 Rn. 1). 14 Anhaltspunkte dafür, dass eine Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG vorliegt und die Beklagte die Gefahr mit Hilfe der Polizei hat beseitigen lassen, sind nicht ersichtlich. Vor dem Vorfall vom 14. Juli 2015 hat die Beklagte eine Sicherstellung der Hunde nicht erwogen, der Erlass einer entsprechenden Anordnung nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG war zuvor nicht beabsichtigt. Ein polizeiliches Handeln in Amtshilfe (s. Art. 4 BayVwVfG) oder Vollzugszugshilfe (Art. 50 ff. PAG) lag hier nicht vor. Ebenso wenig ist eine Weisung der Beklagten an die Polizei nach Art. 10 Satz 2 LStVG i. V. m. Art. 9 Abs. 2 POG erfolgt, dem Kläger die Hunde wegzunehmen und nach Art. 25 PAG sicherzustellen. 15 Die Möglichkeit, dass die Beklagte - wie sie geltend macht - sich die polizeiliche Anordnung zur Sicherstellung der Hunde nachträglich „zu Eigen macht“, indem sie die (rückwirkende) Duldung der polizeilichen Sicherstellung anordnet, besteht nicht. Die Beklagte besitzt als Sicherheitsbehörde die Befugnis, Sachen sicherzustellen, um Gefahren abzuwehren, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen (Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG). Die Polizei darf nur nach Art. 2 Abs. 1, Art. 25 Nr. 1 PAG tätig werden, soweit ihr die Abwehr der Gefahr durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint (Grundsatz der Subsidiarität, Art. 3 PAG). Entfallen nach der polizeilichen Sicherstellung deren Voraussetzungen, weil - wie vorliegend - der Hundehalter wieder auf freiem Fuß ist und nicht mehr unter Drogeneinfluss steht, so hat die Polizei die Sachen an den ursprünglichen Gewahrsamsinhaber herauszugeben (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 PAG), es sei denn die Voraussetzungen für eine Sicherstellung würden erneut eintreten (Art. 28 Abs. 1 Satz 3 PAG). Hat wie vorliegend die Polizei im dafür maßgeblichen Zeitpunkt ihres Einschreitens (vgl. Schmidbauer, a. a. O., Art. 3 Rn. 15) die Erforderlichkeit ihres Tätigwerdens wegen Unaufschiebbarkeit der Gefahrenabwehr zu Recht bejaht, ist und bleibt sie auch für die entsprechende Maßnahme (hier: Sicherstellung der Hunde) zuständig, selbst wenn inzwischen die Sicherheitsbehörde von der Situation und Maßnahme unterrichtet worden ist und demgemäß grundsätzlich selbst tätig werden könnte. Die Auffassung, eine ursprünglich rechtmäßige polizeiliche Sicherstellung könne bereits dadurch rechtswidrig werden, dass die nunmehr grundsätzlich zuständige Sicherheitsbehörde in der

Lage wäre, selbst zu handeln (so offensichtlich aber Koehl auf der Grundlage der - unzutreffenden Vorstellung, bei der Sicherstellung als Dauerverwaltungsakt müsse die polizeiliche Zuständigkeit i. S. v. Art. 3 PAG fortdauernd gegeben sein, BayVBl 2008, 365/367), ist deshalb schon aus systematischen Gründen abzulehnen (vgl. dazu auch Schmidbauer, a. a. O., Art. 3 Rn. 2; Holzner in Beck´scher Online-Kommentar Polizei- und Sicherheitsrecht, Stand: 1.10.2016, Art. 3 Rn. 12). Die Beklagte kann demnach zwar als Sicherheitsbehörde eine Sicherstellungsanordnung gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG oder sonstige Maßnahme zur Gefahrenabwehr in eigener Zuständigkeit im (zeitlichen) Anschluss an die polizeiliche Sicherstellung erlassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (noch) vorliegen (Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: Sept. 2015, Art. 18 Rn. 84). Die von der Beklagten in Nr. 4 des Bescheids vom 14. August 2015 erlassene Maßnahme stellt jedoch keine derartige Sicherstellungsanordnung dar. Die Beklagte hat gerade nicht im Anschluss an die polizeiliche Sicherstellung eine Sicherstellung in eigener Zuständigkeit verfügt (Seite 4 der Begründung des Zulassungsantrags), sondern rückwirkend auf den Zeitpunkt der polizeilichen Sicherstellung der Hunde eine Sicherstellung als eigene Maßnahme begründet bzw. angenommen. Dies ist aus den oben dargelegten systematischen Gründen aber rechtlich nicht möglich. 16 Aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach (vom 18.7.2013 - AN 5 K 13.762) ergibt sich nichts anderes. Die in diesem Verfahren streitgegenständliche Regelung, wonach der Halter die Wegnahme seines Hundes, der bereits bei einem Polizeieinsatz sichergestellt und im Tierheim untergebracht worden war, zu dulden hatte, erging - wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt - in Vollstreckung der Wegnahmeanordnung in Folge der Haltungsuntersagung gemäß Art. 35 BayVwZVG dar. Die Beklagte beabsichtigte demgegenüber mit der Anordnung in Nr. 4 des Bescheids vom 14. August 2015, sich rückwirkend die polizeiliche Sicherstellung „zu Eigen“ zu machen. 17 Die von der Beklagten angeführten praktischen Erwägungen bei der Abrechnung der Verwahrungskosten vermögen die rückwirkende „Umwidmung“ einer polizeilichen Sicherstellung nach Art. 25 Nr. 1 PAG in eine sicherheitsrechtliche nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG nicht zu rechtfertigen. Die Sicherstellung nach Art. 25 PAG setzt bereits begrifflich voraus, dass die Sicherstellung zum Zwecke der Verwahrung erfolgt. Wird die Sicherstellung durch die Polizei in eigener Zuständigkeit verfügt, entsteht kraft Gesetzes ein Verwahrungsverhältnis zwischen dem Träger der Polizeibehörde und dem ursprünglichen Gewahrsamsinhaber (Schmidbauer, a. a. O., Art. 26 Rn. 1). Lediglich die Verwahrung kann einem Dritten, hier dem Tierheim, übertragen werden (Art. 26 Abs. 1 Satz 3 PAG). Eine (vertragliche) Abänderung des öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses dergestalt, dass eine dritte Person, die die Sache für die sicherstellende Behörde verwahrt (Art. 26 Abs. 1 Satz 3 PAG), anstelle des Freistaates Bayern in das öffentliche Verwahrungsverhältnis eintritt, sieht das Gesetz nicht vor. Praktikabilitätserwägungen bei der Abrechnung der Verwahrungskosten können das gesetzlich bestimmte Verwahrungsverhältnis nicht überlagern. 18 2.1.2 Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. März 2016 erweist sich auch als rechtmäßig, soweit Nr. 9 des Bescheids insoweit aufgehoben wurde, als dort auf die Bezahlung der bis zum 14. August 2015 (Bescheidserlasszeitpunkt) angefallenen Tierheimkosten abgestellt wird. Bestand zwischen dem 14. Juli 2015 und dem 14. August 2015 kein Verwahrungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger (s.o.), ist dieser auch nicht verpflichtet, der Beklagten die in diesem Zeitraum angefallenen Verwahrungskosten zu erstatten. Der nach Art. 7 oder 8 PAG Verantwortliche hat zwar die Kosten für die (polizeiliche) Verwahrung zu tragen (Art. 28 Abs. 3 Satz 2 PAG). Da Partner des öffentlich-rechtlichen Verwahrungsverhältnisses aber der Kläger und der Freistaat Bayern (als Träger der Polizei) sind, ist Gläubiger des Kostenerstattungsanspruchs der Freistaat Bayern. Die Beklagte konnte daher den weiteren Verbleib der Hunde im Tierheim nicht von der Bezahlung der Verwahrungskosten für den genannten Zeitraum abhängig machen.

19 2.1.3 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht die Gebührenfestsetzung in Höhe von 300 Euro (Nr. 15 des Bescheids) aufgehoben hat. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Festsetzung einer Gebühr, für die ein Gebührenrahmen bestimmt ist (Art. 6 Abs. 2 KG), um eine Ermessensentscheidung handelt (Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht, Stand: April 2016, Art. 6 Rn. 9). Erweisen sich einzelne Anordnungen eines Bescheids, für den insgesamt eine Gebühr nach Art. 6 Abs. 2 KG festgesetzt worden ist, als rechtswidrig, so ist nicht auszuschließen, dass die Beklagte die innerhalb des vorgesehenen Rahmens zu ermittelnde Gebühr niedriger festgesetzt hätte. Die Beklagte hat im Zulassungsverfahren auch nicht etwa dargelegt, dass und aus welchen Gründen trotz der (teilweisen) Rechtswidrigkeit der Anordnungen in Nrn. 4. und 9. des Bescheids die ursprünglich festgesetzte Gebühr in Höhe von 300 Euro ermessensgerecht sei. 20 2.2 Soweit die Beklagte geltend macht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, fehlt es bereits an einer entsprechenden Darlegung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Um einen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, warum diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B. v. 22.8.2016 - 10 ZB 16.804 - juris Rn. 3 m.w.N). Eine solche Fragestellung lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen. Der Verweis auf eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts ersetzt die Formulierung einer konkreten Rechtsfrage nicht. Die Rechte und Pflichten aus einem durch Sicherstellung begründeten Verwahrungsverhältnis ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz und sind daher nicht klärungsbedürftig. Soweit die Beklagte geklärt haben möchte, ob ihre Verwaltungspraxis, bei einer Sicherstellung durch die Polizei rückwirkend ein Verwahrungsverhältnis zwischen dem ursprünglichen Gewahrsamsinhaber und ihr selbst als Sicherheitsbehörde begründen zu wollen, mit bayerischem Landesrecht vereinbar ist, fehlt es ebenfalls an der Klärungsbedürftigkeit. 21 Die Kostenentscheidung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 154 Abs. 2 und § 155 Abs. 1 VwGO. Der Kläger ist bezüglich seines Rechtsmittels vollständig unterlegen. Die Beklagte hat teilweise obsiegt, so dass sich ausgehend von der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts im Urteil vom 10. März 2016 die ausgesprochene Kostenquotelung ergibt. 22 Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG. 23 Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), soweit die Klage des Klägers abgewiesen worden ist und der Bescheid der Beklagten vom 14. August 2015 in den Nrn. 4., 9. und 15. aufgehoben worden ist. 24 3. Die Berufung ist zuzulassen, soweit das Bayerische Verwaltungsgericht München im Urteil vom 10. März 2016 die Nr. 8 des Bescheids der Beklagten aufgehoben hat. Insoweit bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 10. März 2016. 25 Zur Begründung seiner Entscheidung hat Erstgericht ausgeführt, dass sich aus Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG keine Befugnis ergebe, vor Erlass des Leistungsbescheids eine gesonderte Feststellung darüber zu treffen, wer die Kosten der Verwahrung der Hunde im Tierheim zu tragen hat. Im Übrigen bestehe auch kein praktisches Bedürfnis dafür, weil ein Streit über die Höhe der Auslagen zweckmäßigerweise im Verfahren

bezüglich der Festsetzung der Auslagen ausgetragen werde. Die Beklagte bringt demgegenüber im Zulassungsverfahren vor, dass sich die Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung, wer die Tierheimkosten zu tragen habe, aus Art. 7 Abs. 2 LStVG i. V. m. Art 28 Abs. 3 Satz 2 PAG analog bzw. Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 KG ergebe. Nur diese Kostengrundentscheidung besitze Verwaltungsaktcharakter. Bei der Angabe des Tagessatzes und der höchstmöglichen Dauer des Aufenthalts handle es sich lediglich um einen Hinweis. 26 Damit hat die Beklagte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargelegt, weil sich den genannten gesetzlichen Regelungen nicht entnehmen lässt, dass die Kostengrundentscheidung und die Festsetzung der Höhe der vom Kostenschuldner zu leistenden Auslagen nicht getrennt erfolgen können. Zu folgen ist dem Verwaltungsgericht aber insoweit, dass sich die Regelung in Nr. 8 des Bescheids vom 14. August 2015 nur auf den Zeitraum ab 15. August 2015 erstrecken kann, weil für den vorangegangenen Zeitraum Kostengläubiger der Freistaat Bayern als Träger der Polizei ist. 27 Die vorläufige Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG. 28 Belehrung 29 Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Wegen der Verpflichtung, sich im Berufungsverfahren vertreten zu lassen, wird auf die einschlägigen, jeweils geltenden Vorschriften Bezug genommen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

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