Droht eine Spekulationsblase am landwirtschaftlichen Bodenmarkt? Andreas Tietz Thünen-Institut für Ländliche Räume, Braunschweig
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14. Bodenforum auf der IGW Seite 0 Andreas Tietz Berlin, 24.01.2017 24.01.2017 14. Bodenforum auf der IGW, Berlin
Was sind spekulative Blasen? • Marktsituation, in der der Preis für ein Gut zunächst rasch ansteigt und anschließend (ebenso rasch) abfällt • Beispiele: Wohnimmobilienblase USA, 2007/2008 „Dotcom-Blase“ 2000 bis 2002 „Schwarzer Freitag“ am 25.10.1929 Tulpen-Spekulationsblase in den Niederlanden 1634-1637
• Folgen: Vernichtung von Vermögenswerten
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Bedrohung der Kreditwirtschaft bis hin zur allgemeinen Wirtschaftskrise
Seite 1 24.01.2017
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Spekulationsblasen bei landwirtschaftlichem Boden: USA 1972 - 1987
• Optimismus auf Agrarmärkten, niedrige Zinsen, hohe Kreditvergabe • Hohe Inflation, ab 1982 Änderung der Geldpolitik, steigende Zinsen • Folge: Überschuldete Betriebe, z. B. 30 % Betriebsaufgaben in Iowa Seite 2 24.01.2017
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Markt für Wohnimmobilien in Deutschland aktuell: Warnungen vor einer Blase • Starker Preisanstieg in Großstädten: +33% für Neubauten (2009 bis 2015) Allerdings: Reales Niveau von 1995/1982 noch nicht erreicht
• Kaufpreise sind deutlich stärker als Wohnungsmieten (+22%) gestiegen Käufer nehmen längere Amortisationsdauer in Kauf Mietrenditen in vielen deutschen Großstädten bei unter 4%
• Starker Anstieg der Immobilienkredite gestützt durch Einkommensentwicklung Seite 3 24.01.2017
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Definition Spekulationsblase • Spekulation = Kauf (Verkauf) mit der Absicht des Wiederverkaufs (-kaufs) bei steigenden (fallenden) Preisen Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer unterscheiden sich
• Spekulationsblase = Preisentwicklung beruht auf irrationalen Annahmen Käufer lassen sich von der Annahme treiben, die Preise stiegen immer weiter „Soziale Ansteckung“: Immer mehr wollen mitmachen Kreditgeber kalkulieren mit weiter steigenden Werten Änderung fundamentaler Daten löst Gegenbewegung aus
• Eine Blase sicher zu identifizieren ist ex ante nicht möglich „Erst wenn sie platzt, ist es sicher eine Blase gewesen“ Seite 4 24.01.2017
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Kriterien zur Vorhersage spekulativer Blasen Indikatoren, die auf die mögliche Gefahr einer Spekulationsblase hindeuten: (1) Preisentwicklung über den inneren Wert des Guts hinaus
(2) Starke Zunahme des Marktvolumens / der Marktteilnehmer (3) Deutliche Zunahme von kreditfinanzierten Käufen
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Spekulationsblase bei landwirtschaftlichem Boden? Entwicklung der Kaufwerte Bayern Mecklenb.-Vorpommern
Kaufwert (Euro/ha FdlN)
45.000 40.000 35.000
Niedersachsen Neue Bundesländer
Starke Einkommensrückgänge der Landwirtschaft?
2009 - 2015
Alte Bundesländer
+ 89%
„Völlig unzureichende Faktorentlohnung“?
30.000 25.000
+ 100% + 66% + 185%
20.000
+ 139%
15.000 10.000 5.000 0
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quelle: Statistisches Bundesamt Seite 6 24.01.2017
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Kriterien zur Vorhersage spekulativer Blasen Indikatoren, die auf die mögliche Gefahr einer Spekulationsblase hindeuten: (1) Preisentwicklung über den inneren Wert des Guts hinaus
• „Innerer Wert“ = reale Einkommensmöglichkeiten des Guts • für Landwirtschaftsfläche: • Pachtpreis (bei Verpachtung) • Grundrente (bei Selbstbewirtschaftung)
Seite 7 24.01.2017
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„Innerer Wert“ = Pachtpreis • Keine aussagekräftigen
Neupachten und Bestandspachten für LF insgesamt 600 +31%
statistischen Daten verfügbar 3-Jahres-Rhythmus
• Zahlen 2016 noch nicht verfügbar
Pachtpreis (€/ha LF)
• Erhebung bislang nur im
Niedersachsen Neupachten
500 400 300
Bestandspachten (NI)
+39%
200
MecklenburgVorpommern Neupachten
100
Bestandspachten (MV)
• Auswertung Buchführungsdaten (DBV): 2014/15 und 2015/16 Steigerung der Pachtzahlungen (Durchschnitt) um jeweils 4%
0 1999 2001 2003 2005 2007 2010 2013 Quelle: Statistisches Bundesamt
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Steigende Pachtzahlungen trotz sinkender Grundrenten? • Durchschnittseffekt auslaufende Pachtverträge werden zu höheren Preisen erneuert kurzfristige Erlösschwankungen bilden sich nicht so schnell ab
• Erfolgreiche Betriebe erzielen nach wie vor positive Grundrenten
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Grundrente in erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betrieben BMEL-Testbetriebe: 25% erfolgreichste und am wenigsten erfolgreiche Betriebe in 3 Regionen 1.500
Euro/ha Pachtfläche
1.000 500 0 Süden
Nord-Westen
Osten
-500 -1.000 Unterstes Viertel -1.500
Oberstes Viertel
Durchschnitt der zwei letzten Wirtschaftsjahre (2011/12 und 2012/13)
Quelle: Buchführungsergebnisse der BMEL-Testbetriebe Seite 10 24.01.2017
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Steigende Pachtzahlungen trotz sinkender Grundrenten? • Pacht = Indikator für gewachsene Konkurrenz um Boden Rückgang der LF in Deutschland durch Flächenumwidmung Zusätzliche flächengebundene Erträge (Biogas, Windenergie)
Verschärfte Umweltauflagen in Viehhaltungsregionen Grenzerlös einer zusätzlich gepachteten Fläche kann sehr hoch sein
Pachtgebote richten sich zunehmend nach Grenzkalkulationen
Seite 11 24.01.2017
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„Innerer Wert“ von LF = „Pachtrendite“ = Verhältnis von Pachtpreisen zu Kaufwerten Bayern
Niedersachsen
Mecklenb.-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Relation Neupacht zu Kaufwert
5%
4%
EZB-Leitzins
3%
2%
1%
0%
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
Quelle: Eigene Berechnungen (Statistische Ämter) Seite 12 24.01.2017
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Fazit Kriterium „Innerer Wert“ • Pachtrendite ist in den letzten Jahren gesunken Parallelität zum Markt für Wohnimmobilien Pachtrendite ist niedriger als Mietrendite selbst in boomenden Großstädten gerechtfertigt durch geringeres Risiko
• Im Vergleich zu ähnlich sicheren Anlagealternativen ist Pachtrendite nach wie vor hoch Kaufpreisentwicklung steht im Einklang mit dem inneren Wert der Landwirtschaftsfläche
Seite 13 24.01.2017
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Kriterien zur Vorhersage spekulativer Blasen Indikatoren, die auf die mögliche Gefahr einer Spekulationsblase hindeuten: (1) Preisentwicklung über den inneren Wert des Guts hinaus
(2) Starke Zunahme des Marktvolumens / der Marktteilnehmer • Physisches Marktvolumen: Bodenmobilität • Neue Käufer auf dem Bodenmarkt?
Seite 14 24.01.2017
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Bodenmobilität = Verhältnis von gehandelter Fläche zum Gesamtvolumen der LF Bayern
Niedersachsen
Mecklenb.-Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Prozent gehandelter FdlN an der LF
2,5%
2,0%
1,5%
1,0%
0,5%
0,0%
1999
2001
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quelle: Eigene Berechnungen (Statistische Ämter) Seite 15 24.01.2017
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Fazit Kriterium „Marktvolumen“ • Bodenmobilität ist weitgehend konstant zumindest in den alten Bundesländern in den neuen Bundesländern geprägt durch BVVG-Verkäufe
• Neue Marktteilnehmer? Interesse ist groß Gesetzliche Regelungen dürften die meisten neuen Kaufinteressenten abschrecken
Seite 16 24.01.2017
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Kriterien zur Vorhersage spekulativer Blasen Indikatoren, die auf die mögliche Gefahr einer Spekulationsblase hindeuten: (1) Preisentwicklung über den inneren Wert des Guts hinaus
(2) Starke Zunahme des Marktvolumens / der Marktteilnehmer (3) Deutliche Zunahme von kreditfinanzierten Käufen
Seite 17 24.01.2017
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Kreditvolumen in der Landwirtschaft Entwicklung langfristiger Bankkredite an die Land- und Forstwirtschaft
40
14 Kreditsumme (Mrd. Euro)
12
Veränderung zum Vorjahr 35
10
30 25
8
20
6
15
4
10 2
5 0 2000
Veränderung zum Vorjahr (%)
Summe langfristiger Kredite (Mrd. Euro)
45
0 2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014 Quelle: Deutsche Bundesbank
Seite 18 24.01.2017
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Verwendung der Neukredite in der Landwirtschaft Neukredite der Rentenbank in der Fördersparte Landwirtschaft 1.800 Landw. Gebäude
Neukredite in Mio. Euro
1.600
Flächenkäufe Maschinen und Geräte
1.400
Sonstige
1.200 1.000 800 600 400 200 0 2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
Quelle: Landwirtschaftliche Rentenbank
Seite 19 24.01.2017
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Fazit Kriterium „Kreditvolumen“ • Kredite an die Landwirtschaft sind moderat gestiegen Grund: Zunehmende Kapitalintensität der Landwirtschaft
• Bodenkredite sind ebenfalls angestiegen Grund: Sehr attraktive Finanzierungsbedingungen Anforderungen an die Bonität der Kreditnehmer sind in den letzten Jahren noch gestiegen
Seite 20 24.01.2017
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Fazit • Spekulative Blasen können im Voraus nicht sicher identifiziert werden • Entwicklung der Bodenpreise war noch dynamischer als bei Wohnimmobilien • Wertentwicklung (Kauf, Pacht) spiegelt die gewachsene Konkurrenz um den Faktor Boden • Bodenmarkt ist nicht unmittelbar an konjunkturelle Entwicklungen der Landwirtschaft gekoppelt • Niedriges Zinsniveau und fehlende Anlagealternativen lenken weiterhin Nachfrage auf den Bodenmarkt Rückgang der Bodenpreise in Zukunft denkbar, aber keine Gefahr des Platzens einer „Blase“ Seite 21 24.01.2017
Andreas Tietz 14. Bodenforum auf der IGW, Berlin
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
[email protected] https://www.thuenen.de/de/lr/projekte/bestimmungsgruende-undauswirkungen-der-entwicklungen-auf-landwirtschaftlichen-bodenmaerkten Seite 22 24.01.2017
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