Probleme der

Drogenmythen rund um den Cannabiskonsum

Region

1. „Cannabis als Einstiegsdroge für harten Drogenkonsum.“ 2. „Es gibt typische Verläufe/Konsummuster für Cannabiskonsum.“ 3. „Cannabis erzeugt ein „amotivales Syndrom.“ 4. „Zu Cannabis greifen vor allem Jugendliche, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen.“ 5. „Zum Cannabiskonsum wird man durch den fremden Dealer auf dem Schulhof verführt.“ 6. „Cannabis ist eine harmlose Droge, die keinerlei negative Effekte für den Konsumenten hat.“ Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Die Nutzpflanze Hanf

Region

z Müsli z Backwaren z Öle z Haar- u. Hautpflege z Textilien z Schnüre u. Seile z Baustoff z Papierherstellung z Futtermittel Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Naturdrogen: Problematik der Dosierung

Region

Wirkstoffgehalt variiert in Abhängigkeit von:

ª Sorte (Wild- o. Zuchtsorte) ª Standort (Bodenqualität, Wasser, Nährstoffe) ª Klima (Sonne, Wärme, Wind, Regen) ª Erntezeit (jüngere o. ältere Pflanze) ª Qualität der Ernte (Beimengungen anderer Pflanzenteile, Sand, Staub, Schädlinge)

ª Art der Verarbeitung (Trocknung, Konservierung) ª Zeit u. Art des Aufbewahrens (Licht- u. Luftwirkung) Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Wirksame Inhaltsstoffe von Cannabis

Region ca. 60 Cannabinoide (= stickstofffreie ölige Verbindungen) z

Delta-9-Tetrahydrocannabinol = wichtigster halluzinogener Inhaltsstoff

z

Cannabidiol (CBD) = nicht psychoaktiv, wirkt halluzinogenen Effekten von THC entgegen; verstärkt sedierende und schmerzhemmende Eigenschaften von THC; wirkt den stimulierenden Effekten von THC entgegen

z

Cannabinol (CBN) = verstärkt psycho-aktive Wirkung von THC, in sehr hohen Dosen auch selbst psycho-aktiv

z

Cannabigerol (CBG) = wirkt beruhigend, nicht psycho-aktiv

z

Cannabichromen (CBC) = wirkt beruhigend, nicht psycho-aktiv, verstärkt schmerzhemmende Eigenschaften des THC

z

ätherische Öle

z

Alkaloide = die sehr geringe Konzentration ist nicht wirksam

z

Wachse, Mineralstoffe, Kohlenhydrate Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Psycho-aktive Substanzen: Wirkungsweise Wie wird Cannabis konsumiert?

¾

Rauchen: oft gemischt mit Tabak zu einem Joint gedreht oder in Wasserpfeife o. Bong

¾ ¾

Inhalieren: Räucherwerk Oral: verbacken in z.B. Keksen (Spice-cake), aufgelöst in Fett (Kakao, Milch, Butter) oder als Tee getrunken Wie wird Cannabis dosiert?

¾

Je nach Wirkstoffgehalt der Droge und nach Applikationsform 1-5 g

¾ ¾

Droge ist fettlöslich Wirkstoff zerfällt bei Temperaturen über 54 Grad Celsius Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Cannabis: Effekte des Drogenkonsums

Region

Niedrige Dosierung:

z Intensivierung der Sinneswahrnehmungen (Farb- u. Tonempfindungen) z Linderung bei Muskelnverspannungen, hohem Augeninnendruck. Krampfleiden, Gefäßverengungen z Fördert Entspannung u. Kommunikation z Traditionelles Aphrodisiakum z Es werden weniger die nach außen gerichteten, aggressiven u. lauten, sondern eher die nach innen gerichteten, leisen u. milden Stimmungen angestoßen z Appetitanregend

Trend zu genetischen Veränderungen bringt Sorten mit neuem Wirkstoffgehalt und veränderten Wirkungen hervor! Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Cannabis: Nutzung in der Medizin

Region

Schmerzbehandlung Spasmen Epilepsie

Schlaflosigkeit Angstlindernd Essstörungen Glaukom (grüner Star)

Migräne Erschöpfungszustände

Wastingsyndrom bei AIDS

Wastingsyndrom nach Chemotherapie Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Cannabis: Effekte des Drogenkonsums

Region

Wie Cannabis in höherer Dosierung? z Halluzinationen u. Sinnestäuschungen z Angstzustände, Panikreaktionen u. Verwirrphasen können kurzfristig die psychische Gesundheit beeinträchtigen z Wirkung auf Herz u. Kreislauf z Übelkeit z Vollrausch

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Cannabis: Risiken Welche Risiken hat aktueller Konsum? z Pulsschlaganregend = Gefährdung für Kreislaufgeschädigte z Weit geöffnete Pupillen z Bei schlechtem Set u. Setting Angst u. Panikreaktionen z Bei Überdosierung Halluzinationen Psychosen möglich z Wegen langer Halbwertzeit beim Zerfall des THC (1-3 Tage) vorübergehende u. auch länger andauernde Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses, des Lernens, der Aufmerksamkeit u. anderer geistiger Fähigkeiten Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Cannabis: Risiken

Region

Welche Risiken hat längerfristiger Konsum? z Bei lang andauerndem Konsum Gewöhnungseffekte z Einlagerung von Cannabinoide in Fettgewebe u. Hornhaut = ist lange nachweisbar z Bei langanhaltendem, schweren Rauchen erhöhtes Lungenkrebsrisiko z Mythos "Flash back"? z Realitätsverlust möglich z Keine letale Dosiszbekannt z Keine Toleranzentwicklung z Keine körperlichen Abhängigkeitssymptome

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Literatur und Empfehlung zum Selbststudium!

Region

Dieter Kleiber, Renate Soellner

Cannabiskonsum – Entwicklungstendenzen, Konsummuster und Risiken In Zusammenarbeit mit Peter Tossmann

Juventa Verlag Weinheim u. München 1998

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Gibt es „den“ typischen Cannabiskonsum? KonsumentInnen = relativ heterogene Gruppe!

z

Existenz verschiedenster Konsummuster

z

Diese sind dynamisch = über die Zeit veränderbar im Sinne von "Fort"-Schritten zu intensiveren, als auch von "Rück"-Schritten zu früheren Konsummustern Aspekte einer Differenzierung: z

Sequenzen von Konsummustern (experimentell, gelegentlich, gewöhnlich, kompulsiv)

z

Frequenz u. Menge bezogen auf verschiedene Zeiteinheiten

z

Kombination mit verschiedenen Substanzen

z

Verlauf des Konsums bzw. der Konsumintensität über die Zeit

z

Konsumkontext

z

Konsumfunktion

z

Mit dem Konsum einhergehende Konflikte

z

Involviertheit = Ausmaß der Identifikation mit Konsum, der Übernahme Prof. Dr. Gundula Barsch subkultureller Werthaltungen, Lebens- u. Verhaltensweisen

Probleme der

Cannabiskonsum im letzten Monat

Region

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Typen von CannabiskonsumentInnen

Region

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Cannabiskonsum Konsummuster:

1 Probier- u. Experimentierkonsum: z entwicklungsadäquates Verhalten im Sinne von typischem Neugierverhalten im Jugendalter z Voraussetzung sind spezifische Netzwerke (Modelle für angenehmen, genussvollen Konsum u. Garant der Verfügbarkeit) 2 Gelegenheitskonsum: z Mit spezifischen auslösenden Gelegenheiten verknüpft z Ziel ist Lustgewinn/Steigerung des Wohlbefindens = hedonistische/positive Motive steigern z In der Regel psychosozial unauffällig u. integriert = "normale" junge Menschen Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Cannabiskonsum

Region

Konsummuster: 3 Dauerkonsum: z Fester Platz im Vollzug des Alltags = mehr Tageszeiten des Konsums u. größere Mengen z Häufige Funktion = das eigene Wohlbefinden regulieren bzw. stabilisieren, Motive eher "negative Gefühle vermeiden" z Stärker in Drogenszenen eingebunden (auch wegen Beschaffung), weniger drogenabstinente Freunde z Größeres Risiko polizeilicher Erfassung u.a. Sanktionen (Schule, Lehre, Studium)

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Cannabiskonsum Konsummusterverläufe: stabile Frequenz: z Anfangs mehr, bleibt dann relativ stabil sinkende Frequenz: z Wird erst mehr u. fällt dann signifikant ab Geringe Frequenz: z Bleibt von Beginn an stabil Nicht definierbares Konsummuster : z Nur sehr kurze Konsumdauer

These von Cannabis als Einstiegsdroge widerlegt!

Prof. Dr. Gundula Barsch

Cannabis als Einstiegsdroge?

Probleme der

Region

Cannabiskonsum KonsumentInnen

Probierer Gelegentlich länger m.P.

m.H.

o.H.

Ex-user

o.P.

m.P.

m.H.

o.H.

Gewohnheit lang o.P.

mittel m.P.

m.H.

Klinische Populationen als Problem in der Drogenforschung

kurz o.P.

o.H.

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Leistungsorientierung u. Cannabis

Region

Mythos „amotivales Syndrom“

Wenig leistungsmotiviert Kaum Unterschiede

Hoch leistungsmotiviert mehr mit Konsum

Mittelwertvergleich: Cannabiserfahren = 4,71

Weniger mit Konsum

Normalstichprobe = 5,48 Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme

Neuere Cannabisstudien (Kleiber, Kovar, 1998)

Region

Zusammenhang Werthaltungen u. Cannabiskonsum:

der

Unterschiede zur "normalen" Jugendstichprobe: Weniger ausgeprägt: z Materialistische u. sicherheitsorientierte Werte (z.B. Macht, Reichtum, karriereorientierte Zukunftsplanung) z Anpassungsbereitschaft Stärker ausgeprägt: z Stellenwert von Freiheit u. Freundschaft z Abwechslungsreiches Leben z Autonomie z Toleranz unkonventioneller Formen politischer Beteiligung

Fragen:

¾ Cannabiskonsum = Nonkonformismus o. Devianz? ¾ Cannabis stärker integriert in wertalternative Milieus?

Aussagen zur sozialen Integration in Studie nicht möglich!

¾ Unterschiede Effekte des höheren Bildungsniveaus der KonsumentInnen der Stichprobe? Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Neuere Cannabisstudien (Kleiber, Kovar, 1998) Zusammenhang Familie u. Cannabiskonsum:

Keine Unterschiede bezüglich: z Strukturelle Familienmerkmale (vollständige, unvollständige Familie, anderer Familienkontext) z Life-Events innerhalb der Familie (Scheidung/Trennung der Eltern, Tod eines Elternteils, Erkrankung einer nahestehenden Person, Tod eines Geschwisters, Erwerbslosigkeit eines Elternteils) Unterschiede bezüglich: z Bemerkter illegalisierter Drogenkonsum der Eltern = bemerken weniger rationale Restriktionen der Umwelt u. fühlen sich deshalb freier im Umgang mit Cannabis z Geschwisterlicher Umgang mit Cannabis = drogenkonsumierende Modelle

keine eindeutigen Tendenzen dafür feststellbar, dass familiale Faktoren bestimmte Konsummuster beeinflussen Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Region

Der psychiatrische „Abhängigkeits"-Begriff Abhängigkeit

DSM-IV (Diagnosekriterien der Amerikanischen Psychiatrischen Organisation):

1.

Toleranzentwicklung definiert durch – Verlangen nach ausgeprägter Dosissteigerung für gewünschten Effekt – Deutlich verminderter Effekt bei fortgesetzter Einnahme derselben Dosis

2.

Entzugssymptome, die sich äußern -

Charakteristische Symptome der jeweiligen Substanz

-

Dieselbe Substanz wird eingenommen, um Entzugssymptome zu lindern

3.

Substanz wir häufig in größeren Mengen o. länger als beabsichtigt genommen

4.

Anhaltender Wunsch o. erfolglose Versuche, den Substanzkonsum zu verringern o. zu kontrollieren

5.

Viel Zeit für Aktivitäten, um Substanz zu beschaffen, zu konsumieren u. sich von der Wirkung zu erholen

6.

Wichtige soziale, berufliche o. Freizeitaktivitäten werden aufgegeben o. eingeschränkt

7.

Fortgesetzter Substanzkonsum trotz Kenntnis eines anhaltenden o. Prof. Dr. Gundula Barsch wiederkehrenden körperlichen o. psychischen Problems

11

10 2 1

Konsum trotz Problemen

0 4

Verlust in Beruf u. Sozialem

7

viel Zeit für Konsum

20

Kontrollversuch

30

stärker onsumiert als gewollt

der

Entzug

60

ohne Probleme

Probleme

Anzahl erfüllter DSM-IV-Kriterien in %

Region

53

50

40

22

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Verteilung der einzelnen DSM-IV-Kriterien in %

Region 40 35

34

Entzug

30 24

25

18

20 15 10 5

Stärkerer Konsum als gewollt Reduktionswunsch

12

viel Zeit für Konsum 10 4

Verluste in Beruf u. Sozialem Konsum trotz Probleme

0 Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Neuere Cannabisstudien (Kleiber, Kovar, 1998)

Region

Abhängigkeitskorrelate:

z Keine Unterschiede im Einstiegsalter z Oft jüngeres Lebensalter z Kürzere Konsumdauer (3 bis 7 Jahre) = kein kumulativer Effekt des Langzeitkonsums z Persönlichkeitsvariablen (klinische Diagnostik erbringt allerdings keine Extremwerte): erleben sich selbst x mit geringerem Selbstwertgefühl, x als weniger selbstwirksam, x einsamer u. x weniger selbstbewusst = Schlechtere psychische Gesundheit als andere CannabiskonsumentInnen Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Neuere Cannabisstudien (Kleiber, Kovar, 1998)

Region

Konsequenzen des Cannabiskonsums: z Verschiedene Formen des Cannabiskonsums sind mit psychischer Gesundheit vereinbar z Amotivales Syndrom (vermindert Aktivation u. Leistungsverhalten) infolge eines Langzeitkonsums von Cannabis nicht belegbar z These "Cannabis als Einstiegsdroge" hin zu exzessiverem Gebrauch immer härterer Drogen widerlegt z Möglichkeit der Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit gegeben Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Orte des ersten illegalisierten Drogenkonsums

Region Bahnhof Frauen Männer

Park Arbeitsplatz Schule Reise Technoparty Kneipe Disko Fete zu Hause 0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Durch wen das erste Mal an Drogen gekommen?

Region

Mythos "verführtes Opfer"! Dealer Rezept Fremde Partyleute

Frauen Männer

Mitschüler Geschwister Freund Partner 0

10

20

30

40

50

60

70

80

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Gründe, mit Konsum aufzuhören

Region Schulden Angst vor Strafe Schule/Arbeit Ärger mit Partner Ärger mit Eltern Ärger mit Freunden Gesundheit Angst vor Sucht unangenehm bringt nichts nur probieren 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Neuere Cannabisstudien (Kleiber, Kovar, 1998)

Region

Gründe für Einstellung des Cannabiskonsums: z Keine Unterschiede bei Einstiegsalter u. Konsumdauer (!) z Höheres Lebensalter u. damit Übernahme der Erwachsenenrolle = Antizipation bestimmter Normen u. Werte z Veränderte Lebenssituation x

Ende von Schule u. Studium u. Übergang ins Erwerbsleben

x

Feste Partnerschaftsbeziehungen

x

Elternschaft

z Subjektiv erfahrene Komplikationen in Zusammenhang mit Konsum

Prof. Dr. Gundula Barsch

Probleme der

Wo würde Rat u.Hilfe gesucht?

Region

PfarrerIn LehrerIn Geschwister Drobs Arzt Eltern PartnerIn niemanden Freunde ohne Probleme 0

20

40

60

80 Prof. Dr. Gundula Barsch