Wald im Natura-2000-Netzwerk

Totholz im Urwald Sababurg, Foto: Udo Herbst Wald im Natura-2000-Netzwerk... 36 Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der R...
Author: Angela Wagner
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Totholz im Urwald Sababurg, Foto: Udo Herbst

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Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der Region Braunschweig │2007

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Wald im Natura-2000-Netzwerk – Management und Erhaltungszustände Dr. Axel Ssymank

1. Einleitung In der Europäischen Union wird der Naturschutz im Wesentlichen mit zwei Richtlinien der EU-Vogelschutzrichtlinie (79/409/EWG) und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz „FFH-Richtlinie, 92/43/EWG) umgesetzt. Seit 1992 galt es ein innerhalb der EU einheitliches Schutzgebietssystem aufzubauen, dass sich „Natura 2000“ nennt. Es besteht aus den Vogelschutz- und den FFH-Gebieten. 9,3 % der Bundesfläche bedecken 4617 FFHGebiete, 9,4 % die derzeit 658 EU-Vogelschutzgebiete. Beide Kategorien überschneiden sich zu großen Teilen, so dass das Netz Natura 2000 in ganz Deutschland ca. 14,1 % der terrestrischen Fläche einnimmt. In den FFH-Gebieten sind bestimmte Lebensraumtypen, darunter viele Waldlebensraumtypen besonders zu schützen. Die Meldung der FFH-Gebiete erfolgte nach naturschutzfachlichen Kriterien mit einer doppelten Bewertung, zunächst auf nationaler Ebene, später auf gemeinschaftlicher Ebene. Inzwischen ist die Meldung der FFH-Gebiete weitestgehend abgeschlossen, die Gebiete stehen teilweise bereits auf der sogenannten Gemeinschaftsliste. Ein weiterer Teil der Gebiete ist in der gemeinschaftlichen Bewertung bereits bestätigt worden und eine formale Aufnahme auf die Gemeinschaftsliste wird für die deutschen FFH-Gebiete bis Dezember 2007 abgeschlossen sein. Bei den Vogelschutzgebieten fehlen noch einige Nachmeldungen, die im Laufe des Jahres 2008 erwartet werden. FFH-Gebiete sind nach EU-Recht keine Totalreservate, sondern in ihnen sind bestimmte Lebensraumtypen (Anhang I der FFH-Richtlinie) und bestimmte Pflanzen- und Tierarten (Anhang II) geschützt.

So kann es einerseits „weiße Flecken“ in den FFH-Gebieten geben, die nicht direkt unter den Schutz der FFH-Richtlinie fallen, andererseits gilt ein Umgebungsschutz, der negative Einwirkungen von außen auf die geschützten Lebensraumtypen und Arten grundsätzlich verbietet. Mit etwa 48 % wird rund die Hälfte der Fläche der gemeldeten Gebiete von den geschützten Lebensraumtypen eingenommen. Über die Flächenanteile, die von den gelisteten geschützten Arten oder ihren Habitaten eingenommen werden, gibt es keine Angaben.

2. Wälder im Netz Natura 2000 Wenn man sich die gemeldeten Flächen der Lebensraumtypen anschaut,

gibt es zwei große Anteile. Im marinen Bereich sind es die Lebensraumtypen des Meeres und der Küsten, verständlich durch die traditionell großen Nationalparke an Nord- und Ostseeküste und die umfangreichen Meldungen in der Aussenwirtschaftszone (AWZ, ab 12 Seemeilen). An Land ist der flächenmäßig größte Teil der Lebensraumtypen Wald. Wir haben in Deutschland derzeit 17 Waldlebensraumtypen, die im Anhang I genannt sind (Tabelle 1, Definitionen vgl. Ssymank et al. 1998, Balzer et al. 2004). Mit der letzten Novellierung der EU-Osterweiterung sind zwei Lebensraumtypen zu den ursprünglich 15 Waldlebensraumtypen hinzugekommen (mit allerdings nur sehr geringen Flächenanteilen). Ebenfalls neu sind die „peripannonischen Trockengebüsche“ (LRT 40A0), die als Waldmäntel

*** Tab. 1: Waldlebensraumtypen des Anhangs I in Deutschland mit ihren gemeldeten Flächen Code Lebensraumtyp Typ Fläche (ha) 9130 9110 9170 91E0 9160 91D0 9410 9190 9150 91F0 9180 9140 9420 9120 91G0 91T0 91U0

Basenreiche Buchenwälder Bodensaure Buchenwälder Labkraut-Eichen-Hainbuchenwälder Weichholzauenwälder Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder Moorwälder Montane bis alpine bodensaure Fichtenwälder Alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen Orchideen-Kalkuchenwälder Hartholzauenwälder Schlucht- und Hangmischwälder Subalpine Bergahorn-Buchenwälder Alpine Lärchen- und Arvenwälder Atlantische bodensaure Buchen-Eichenwälder Subkont. bis pannonische Eichen-Hainbuchenwälder Mitteleuropäische Flechten-Kiefernwälder Kiefernwälder der sarmatischen Steppe

B B E S E S N E B S S S N B E N N

325000 237000 48800 44100 33300 26100 22100 17300 16000 14200 13500 1600 1200 520 120 k.A. k.A.

Legende: Fläche in ha (gerundete Werte) der Waldlebensraumtypen in allen gemeldeten FFH-Gebieten, k.A.: keine Angabe, da neu hinzugekommene Lebensraumtypen der EU-Osterweiterung. Typ: B Buchenwälder und buchendominierte Wälder, E Eichen- und Eichen-Hainbuchenwälder, N Nadelwälder, S Wälder an Sonderstandorten.

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bei trockenen Wäldern eine Rolle spielen können, aber nur kleinflächig in wärmegetönten Gebieten vorkommen. In Deutschland und in ganz Mitteleu­ ropa liegt der Schwerpunkt der Umsetzung der FFH-Richtlinie bei den Lebensraumtypen. Im Anhang II der FFH-Richtlinie sind Arten genannt, für die Schutzgebiete für das Netz Natura 2000 ausgewiesen werden müssen, im Anhang IV darüber hinaus streng geschützte Arten (unabhängig von ihren Vorkommen). Bei den Anhang II- und IV-Arten fällt auf, dass ein Großteil der gelisteten seltenen Arten in der mediterranen oder in der makaronesichen Region (Kanarische Inseln, Madeira & Azoren) ihr Verbreitungsgebiet haben. In Deutschland hingegen ist der Anteil der AnhangsArten relativ gering, abgesehen von den Fischarten und den Fledermäusen. Bei den FFH-Waldtypen sind alle flächendeckend oder großflächig in Deutschland vorkommenden Buchenwaldtypen vertreten. Das Gleiche trifft weitgehend auch auf die Eichen- und die EichenHainbuchenwälder zu. Einzig die kleinflächig vorkommenden, aber schützenswerten bodensauren Eichenwälder auf Fels sind nicht abgedeckt. Die Richtlinie schließt im Prinzip alle natürlichen oder naturnahen Nadelwälder (v.a. die natürlichen Fichten- und Tannenwälder) ein. Fichtenforsten außerhalb der Hochlagen und die großflächig immer noch vorhandenen Kiefernforsten fallen jedoch nicht unter den Schutz der FFH-Richtlinie. Eine besondere Gruppe sind die „Wälder an Sonderstandorten“ (z. B. Moorwälder, Auenwälder, Schluchtwälder), die immer schon im Brennpunkt des Naturschutzes standen und deshalb bereits vor ihrer Meldung für die FFH-Richtlinie in Naturschutz- & Waldschutz-Gebieten entsprechend geschützt wurden. Beim Aufbau des Natura-2000-Netzwerkes wurde in den so genannten biogeografischen Seminaren die Frage diskutiert, in welchem Umfang die verschiedenen Lebensraumtypen gemeldet werden müssen, um langfristig deren günstigen Erhaltungszustand sicherstellen zu können. Von den sehr seltenen Lebensraumtypen und/ oder Arten wurde ein Prozentsatz von bis über 80 % eingefordert. Beispiele sind die Hochmoore. Sondertypen der Wälder wie die Schluchtwälder lagen zwischen

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60-80 %. Bei den Buchenwäldern liegt der Meldeprozentsatz bundesweit bei 40-60 %. Bei den Eichen-Hainbuchenwald-Lebensraumtypen ist der Meldeprozentsatz bundesweit am niedrigsten, da rund zwei Drittel der Eichen-Hainbuchenwälder sekundäre Wälder sind. Diese sekundären Wälder sind aufgrund historischer Nutzungsformen und Bewirtschaftung zu Eichen-Hainbuchenwäldern geworden und würden sich ohne entsprechende Pflege oder Bewirtschaftung zu Buchenwäldern entwickeln. Bezüglich der Arten in der FFH-Richtlinie sind drei Gruppen zu unterscheiden: 133 Arten auf Anhang II, 132 Arten auf Anhang IV sowie 87 Arten auf Anhang V (vgl. Artenhandbücher des BfN, Petersen et al. 2003, 2004, Petersen & Ellwanger 2006). 1. Für die in Anhang II der Richtlinie genannten Arten müssen Schutzgebiete zu deren Sicherung ausgewiesen werden. Die Liste der Arten, die in Wäldern typischerweise regelmäßig vorkommen, ist relativ kurz, so etwa der Frauenschuh als Art lichter Wälder, ein Teil der Fledermausarten, ein Teil der Amphibien in Feuchtwäldern oder die beiden Käferarten Eremit und Alpenbock als typische Totholzbewohner. Bei der Entstehung der Richtlinie einschließlich der Novellierungen der Anhänge für die EU-Osterweiterung hat man vor der Aufnahme einer Art in den Anhang II jeweils geprüft, ob die Art europaweit überhaupt gefährdet ist und ob diese nicht bereits durch die Sicherung der Lebensraumtypen des Anhangs I ausreichend geschützt werden kann. Das heißt, dass mittelbar auch die charakteris­ tischen Arten der Lebensraumtypen (als definitorischer Teil des Erhaltungszustandes) einen Schutz durch die FFH-Richtlinie erfahren. In den Anhang II sind daher meist Arten aufgenommen worden, die z.B. besondere Qualitäten indizieren, wie bei den Käfern Indikatorarten für besonders hochwertige Totholzanteile. Erwähnenswert ist, dass ein paar Anhang II-Arten mit großen Raumansprüchen in Wäldern leben oder mit Wäldern in Kontakt stehen, wie etwa Wolf und Luchs. 2. Die sogenannten streng geschützten Arten des Anhangs IV der FFH-Richtline, die unabhängig von dem Schutzgebietssys­ tem überall in Deutschland und in der

EU geschützt sind, also auch außerhalb der gemeldeten FFH-Gebiete. Der Artenschutz der FFH-Richtlinie wird erst in den letzten 2 bis 3 Jahren verstärkt diskutiert, sowohl in seiner rechtlichen Auslegung als auch in der naturschutzfachlichen Umsetzung. Um einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof wegen diesbezüglicher mangelnder Umsetzung der FFH-Richtline entgegenzuwirken, arbeitet man derzeit an einer kleinen Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes. Neuere Urteile des Europäischen Gerichtshofs wie z.B. das Urteil vom 10. Mai 2007 gegen Österreich (C-508/04) und das Urteil gegen Finnland wegen der Wolfsjagd (C342/05) bestimmen die Spielräume in der Umsetzung. 3. Der Anhang V der FFH-Richtlinie ist für uns relativ unbedeutend. In ihm sind Arten aufgeführt, die einer wirtschaftlichen Nutzung unterliegen dürfen, solange ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet wird. Hier sind z.B. Arzneipflanzen wie Arnica montana aufgelistet, interessanterweise auch die Torfmoose, die in Mooren vorkommen. Nach EU-Vogelschutzrichtlinie sind auch alle Vogelarten des Anhangs I dieser Richtlinie sowie die Zugvögel mit ihren Rast‑, Mauser- und Überwinterungsplätzen in Vogelschutzgebieten zu schützen. Dort sind z.B. die höhlenbrütenden Vogelarten wie die Spechte in unseren Wäldern aufgelistet.

4. Der günstige Erhaltungs­ zustand und die Erfolgs­ kontrolle im Blickpunkt der Umsetzung Zentraler moderner Ansatzpunkt der FFH-Richtlinie ist die Konzentration auf das Ziel „einen günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder wiederherzustellen“. Wer sagt aber, was der günstige Erhaltungszustand ist, wie er definiert ist und wie kann man ihn in der Praxis erkennen oder erreichen? Die grundlegende Definition steht in der FFH-Richtlinie selbst. Für die Lebensraumtypen heißt es in Art. 1e: „Die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner

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charakteristischen Arten auswirken können.“ Eine vergleichbare Definition findet sich in Art. 1i für die Arten. Das ist ein sehr hoher fachlicher Anspruch. Die FFHRichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten verbindlich, in regelmäßigen Abständen alle 6 Jahre eine Erfolgskontrolle, die nationalen Berichte nach Art. 17, vorzunehmen. Jedes Unternehmen hat ein entsprechendes Management und Bilanzen. Im Grunde genommen ist das die Bilanz des Naturschutzes, die hier eingefordert wird und erstmalig rechtsverbindlich EUweit eingeführt wird. In Deutschland wird derzeit am zweiten nationalen Durchführungsbericht (Periode 2000 – 2006) gearbeitet, der erstmalig Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Arten und der Lebensraumtypen erbringen soll. Der Bericht war auf Juni 2007 terminiert, wird aber voraussichtlich erst im Dezember bei der Europäischen Kommission vorliegen. Die Form des Berichtes ist EU-weit einheitlich festgelegt (Berichtsformular Doc. Hab.04-03/03 rev.3 und EC guidance, European Commission 2005, 2006). Während im diesjährigen Bericht nur über den Erhaltungszustand als solches berichtet wird, ist für die Folgeberichte auch der Erfolg der durchgeführten Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen zu bewerten, d.h. deren Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume. Der nationale Bericht hat aber nicht nur den Erhaltungszustand in den Natura2000-Gebieten zu erfassen, sondern auch den der Lebensraumtypen und Arten insgesamt (innerhalb und außerhalb der Gebiete). Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Umsetzungsverpflichtungen, die im Bericht im Wesentlichen in Textform abgefragt werden.

das Management vor Ort ganz besonders wichtig. Hier werden die Kategorien A, B und C verwendet mit im Prinzip zwei Stufen auf der günstigen Seite (A und B)

und einer auf der schlechten (C). Diese Bewertung auf lokaler Ebene ist für jeden Lebensraumtyp und jede Art in sogenannten Bewertungsschemata in ihren

Der Erhaltungszustand kann sowohl auf der räumlichen Bezugsebene der biogeografischen Region und des Mitgliedstaates bestimmt werden, als auch lokal an den Vorkommen im einzelnen Natura2000-Gebiet. Dies findet sich auch in den EU-Vorschriften wieder und muss klar getrennt werden: 1. Auf Gebietsebene oder lokaler Ebene gelten die Bewertungskriterien des Standardartenbogens oder des Meldebogens für die Gebiete und wird auch weiterhin so verwendet werden. Dies ist natürlich, abgesehen von der Gebietsauswahl bei Meldung, für die Umsetzung und Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der Region Braunschweig │2007

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Teilkriterien und Parametern zwischen Bund und Ländern abgestimmt und auf Ebene der LANA (Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz) bzw. für Wälder auch der FCK (Forstchefkonferenz) abgestimmt (Burkhardt et al. 2004 Schnitter et al. 2006, website des BfN: http://www. bfn.de/0316_monitoring.html). Als Beispiel soll das Bewertungsschema für die „alten bodensauren Eichenwälder“ (LRT 9190) dienen (Tabelle 2). Die Auswahl der charakteristischen Arten für die Bewertung muss aufgrund der regionalen Unterschiede in Deutschland in den Bundesländern angepasst werden. Dabei sollte eine für den jeweiligen Lebensraumtyp aussagekräftige Artengruppe gewählt werden, um eine realistische Bewertung zu ermöglichen. Im Beispiel müssen Arten der Krautschicht und Kryptogamen bewertet werden. Eine Bewertung der Fauna insbesondere ausgewählter Invertebraten, wie z.B. an Tot- und Altholz gebundene Arten, ist anzustreben, auch wenn dies aus pragmatischen Gründen an gewisse Grenzen stößt. 2. Auf übergeordneten räumlichen Ebenen der biogeografischen Regionen bzw. der Mitgliedstaaten gibt es auf EUEbene eine sogenannte Bewertungsmatrix (vgl. Doc. Hab.04-03/03 rev.3), die als „Ampelschema“ inzwischen in aller Munde ist: rot signalisiert einen ungünstigen Erhaltungszustand (ungünstig – schlecht), gelb wird als Schwellenwert zu einem ungünstigen Erhaltungszustand gewertet (ungünstig – unzureichend), fällt also bereits in die Kategorie ungünstiger Erhaltungszustand, grün als der günstige Erhaltungszustand. In dieser Bewertungsmatrix kommen zwei miteinander verknüpfte Bewertungsprinzipien zur Anwendung. Dies ist zum einen die Bewertung eines eventuellen Rückgangs oder einer qualitativen Verschlechterung in Zahlen als Verlustraten seit Inkrafttreten der Richtlinie (1994) bzw. dem letzten Berichtszeitraum. Zum anderen findet ein Vergleich statt mit einem theoretischen günstigen Erhaltungszustand, also einem Idealwert und es wird eine Abweichung von diesem Referenzwert bewertet. So wird verhindert, dass zum Beispiel eine Art, die in der Vergangenheit dramatische Rückgänge aufwies und wo sich mittlerweile ein viel zu niedriger Restbestand kurzfristig stabilisiert hat, als günstig bewertet wird.

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Wohl gehen die Einzelwerte auf Gebiets­ebene in die Bewertung auf biogeografischer Ebene ein, es gibt jedoch keine 1-zu1-Beziehung zwischen den Bewertungskategorien für die FFH-Gebiete (A, B, C) und der Bewertungsmatrix auf der nationalen bzw. biogeografischer Ebene (rot, gelb, grün). Der nationale Bericht für die biogeografische Region bezieht zusätzliche Bewertungskriterien mit ein, wie das Verbreitungsgebiet einer Art oder dessen Gesamtpopulation. Eine solche Bewertung lässt sich anhand der lokalen Betrachtung des Einzelgebietes nicht vornehmen. In der EU-Bewertungsmatrix gibt es für die Lebensraumtypen 4 Teilkriterien: Verbreitungsgebiet, aktuelle Fläche, Struktur und Funktionen sowie Zukunftsaussichten. Daraus wird ein Gesamtwert gebildet. Für einen günstigen Gesamtwert (grün) darf keines der Teilkriterien einen schlechten Erhaltungszustand aufweisen. 1. Natürliches Verbreitungsgebiet: Hier wird das aktuelle Verbreitungsgebiet (Fläche, die alle Einzelvorkommen inner- und außerhalb der Gebiete umschließt) bewertet. Da sich das Verbreitungsgebiet z.B. durch Klimaveränderungen, durch Aussterbeprozesse oder Landnutzungsveränderungen im steten Wandel befindet, muss prinzipiell alle 6 Jahre berichtet werden, was sich hier verändert hat. Insofern darf der Datenbestand an Kartierungen, bspw. Biotopkartierungen, floristische Kartierungen und Artenkatas­ ter, nicht statisch betrachtet werden. Allein schon vor dem Hintergrund, die Frage des natürlichen Verbreitungsgebietes beantworten zu können, wird deutlich, dass diese Kartierungen immer wieder aktualisiert werden müssen. 2. Aktuelle Fläche Als aktuelle Fläche wird die Gesamtfläche aller Einzelvorkommen in der biogeografischen Region bewertet. Hier kommen Angaben aus der Erfassung der FFH-Gebiete, Flächenangaben außerhalb der Gebiete, ebenfalls aus den Biotopkartierungen der Länder zum Tragen. Eine regelmäßige Fortschreibung und weitgehende Anpassung der Kartieranleitungen an die Bedürfnisse der FFH-Richtlinie ist daher unabdingbar. Karten des Verbreitungsgebiets und der aktuellen Fläche für

jeden Lebensraumtyp bzw. jede Art der Anhänge sind integraler Bestandteil des nationalen Berichts nach Art. 17, d.h. der EU zu übermitteln und öffentlich zugänglich. Dies schließt selbstverständlich nicht aus, das darüber hinaus nicht im Anhang I der FFH-Richtlinie gelistete Biotoptypen von nationaler oder landesweiter Bedeutung kartiert werden müssen. Einerseits können diese bei europaweiter Gefährdung Kandidaten für eine Neuaufnahme sein, andererseits ist dies auf Bundesebene für einen sinnvollen Naturschutz unabdingbar. 3. Struktur und Funktionen In das Kriterium Struktur und spezifische Funktion gehen auch die charakteristischen Arten in die Bewertung ein. Eine Einzelbewertung der charakteristischen Arten in ihrem Erhaltungszustand (wie er aus Art. 1 ableitbar gewesen wäre) ist praktisch nicht umsetzbar, so dass hier eine vereinfachte Bewertung auf der Basis einer Artengruppe erfolgt. Diese beruht auf Präsenz/Absenz der charakteristischen Arten. 4. Zukunftsaussichten Hier werden die o.g. drei Kriterien im Hinblick auf eine Prognose (kurz – bis mittelfristig, d.h. für ein bis zwei Berichtsperioden) einbezogen und die Situation der Gefährdungen und der bestehenden Beeinträchtigungen abgeschätzt. Eine güns­ tige Einschätzung ist nur möglich, wenn keine signifikanten Beeinträchtigungen und Gefährdungen vorliegen. Die EU-Bewertungsmatrix schreibt konkrete Grenzwerte für die Wertstufen des Ampelschemas für alle Mitgliedstaaten verbindlich fest. Nur so kann eine vergleichbare Bewertung auf europäischer Ebene erreicht werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass weitere methodische Festlegungen künftig notwendig sein werden, um die Vergleichbarkeit in allen Parametern zu sichern. Bis 2009 soll aus den von den Mitgliedstaaten eingesandten nationalen Berichten ein Gemeinschaftsbericht für die Europäische Union vorgelegt werden. Das Verfahren hierzu wird derzeit von der EU-Kommission erarbeitet und mit den Mitgliedstaaten abgestimmt.

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Wald im Natura-2000-Netzwerk... 5. M  anagement und Verträglichkeitsprüfungen in der weiteren Umsetzung Neben der Erfolgskontrolle sind das Management in den Gebieten und der Umgang mit Plänen und Projekten in der FFH-Verträglichkeitsprüfung entscheidende Instrumente der Umsetzung von Natura 2000.

her auch Gegenstand der Verurteilung Deutschlands durch den EUGH im Januar 2006 war. In diesem Zusammenhang ist die Verurteilung Englands durch den EUGH bemerkenswert, in der England wegen der Unterlassung der Pflege von Grünland-Lebensraumtypen auf Gibraltar gerügt wurde. Man überließ das Grünland der Sukzession. Damit wird deutlich, dass eine aktive rechtliche Sicherung in der Verantwortung des Mitgliedstaates

öffentlichen Interesses ist. Wird eine Genehmigung eines Projektes mit negativen Auswirkungen in klar definierten Ausnahmefällen erteilt, ist ein funktioneller Ausgleich erforderlich (d.h. keine Ausgleichszahlung, sondern ein bezogen auf die jeweilige Art bzw. Lebensraumtyp effektiv wirksamer Ausgleich). Mindestens ebenso wichtig wie die Verträglichkeitsprüfung ist die Tatsache, dass mit dem Netz Natura 2000 der Anspruch des europäischen Na-

auch greifen muss. Die Inhalte des Urteils sind selbstverständlich auch auf die sekundären Wälder übertragbar. Die Bundesrepublik würde also Probleme bekommen, wenn im großen Stile sekundäre EichenHainbuchenwälder oder Eichenwälder sich durch Sukzession in Buchenwälder umwandeln würden.

turschutzes in einer flächenscharfen Gebietskulisse bekannt ist und damit für alle anderen Planungen die Möglichkeit besteht, bereits im frühen Planungsprozess Konflikte zu vermeiden oder ihnen räumlich auszuweichen. Im Wald bietet dieses Instrument in Natura-2000-Gebieten auch Schutz vor weiteren Zerschneidungen und Flächenverlusten, die auch der Forstwirtschaft und der Jagd zu Nutze kommen.

Managementpläne oder integrierte „Bewirtschaftungspläne“ (Art 6 ( 1 )), wie sie in der Richtlinie heißen, sind nicht zwingend vorgeschrieben. Frankreich z.B. hat die Aufstellung von Managementplänen für alle Natura-2000-Gebiete verbindlich vorgeschrieben. In Deutschland ist das nicht erfolgt und die Länder gehen hier unterschiedliche Wege. Managementpläne bieten die Möglichkeit, die Nutzungen und die naturschutzfachlichen Erhaltungs- und Entwicklungsziele in Einklang zu bringen. Entscheidend ist hierbei, dass die Erhaltungs- und Entwicklungsziele vorgegeben sind. Durch die FFH-Richtlinie kann nicht einfach von der Verpflichtung der Erhaltung eines gemeldeten Lebensraumtyps abgewichen werden. Integrierte Bewirtschaftungspläne (z.B. Forsteinrichtung etc.) müssen daher diese Rahmenbedingungen uneingeschränkt anerkennen, da sie sonst der FFH-Verträglichkeitsprüfung unterliegen. In der Wahl der Mittel und Wege zur Erreichung der naturschutzfachlichen Ziele besteht Flexibilität bis hin zur Möglichkeit ggf. völlig neue Bewirtschaftungsmaßnahmen unterzubringen. Managementpläne sind vor allem dort erforderlich, wo Nutzungen erfolgen, pflegeabhängige Lebensraumtypen oder Arten vorkommen, Zielkonflikte (auch naturschutzfachliche) und Gefährdungen zu erwarten sind und eine Abstimmung mit Eigentümern und Nutzern der Flächen erforderlich ist (vgl. Ellwanger et al. 2006). In Artikel 6 ( 2 ) FFH-RL ist ein Verschlechterungsverbot festgelegt, welches bislang in Deutschland in vielen Bundesländern und im Bundesnaturschutzgesetz nicht ausreichend umgesetzt ist, und da-

Foto: Walter Wimmer

Die Aufstellung von Managementplänen ist ein viel diskutiertes Thema, verbunden mit Fragen wie z. B.: Wieviel kostet die Erstellung? Wofür brauchen wir eigentlich Managementpläne?

Im Falle von Eingriffen in Natura2000-Gebiete, seien es Planungen oder konkrete Einzelprojekte, bietet die FFHVerträglichkeitsprüfung nach Art. 6 ( 3 ) mit der Ausnahmeprüfung nach Art. 6 ( 4 ) ein ausgewogenes Instrument, um die Kohärenz des europäischen Netzes Natura 2000 sicherzustellen und die Substanz der Gebiete nicht zu gefährden. Die Verträglichkeitsprüfung greift nach dem Vorsorgeprinzip bereits bei dem begründeten Verdacht, dass ein Lebensraumtyp oder eine Art erheblich geschädigt werden könnte. Sie umfasst ein genau geregeltes Verfahren, dessen Kernpunkte eine Alternativenprüfung (Standortsalternative und alternative Wege des Erreichens der Projektziele) und die Abprüfung von zwingenden Gründen des überwiegenden

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Das Ziel der Richtlinie ist Erhaltung der biologischen Vielfalt insgesamt. So sollte auch bei den Waldlebensraumtypen, die sehr umfassend definiert sind, die standörtliche und floristisch-faunistische Variabilität berücksichtigt werden. So umfassen viele Waldlebensraumtypen ökologisch recht unterschiedliche Subtypen, wie z.B. die Weichholz-Auenwälder (91E0) mit den Weidenauenwäldern (Salicion albae) an größeren Flüssen, der Grauerlenaue in Kaltluftgebieten und im Alpenraum und der verbreiteten Erlen-Eschen-Galerien im Bergland. Sehr gute Erhaltungszustände sind bei einigen Lebensraumtypen an Sonderstandorten, z.B. den Moorwäldern oder den Schluchtwäldern nur möglich,

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wenn keine forstliche Nutzung erfolgt. Hier hat man sich bei der Bewertung des Erhaltungszustandes darauf geeinigt, dass für einen guten Erhaltungszustand nur eine Nullnutzung oder Naturwald anerkannt wird. Für den Erhalt von Buchenwäldern und den verbreiteten Eichen-Hainbuchenwäldern ist man sich auch in Naturschutzkreisen darüber im Klaren, dass der überwiegende Teil weiterhin genutzt werden wird und auch soll.

te, Naturwaldreservate oder wie immer sie in den verschiedenen Bundesländern genannt werden) ist in Deutschland immer noch sehr niedrig (0,08 % BfN 2004) und sollte sinnvoller Weise in den Natura-2000-Gebieten mittelfristig deutlich erhöht werden. Dabei sind natürlich solche Flächen auszuwählen, die keine pflegebedürftigen oder nutzungsabhängigen Lebensraumtypen bzw. Arten enthalten. Als Zielgröße sollten 1-2 % der Bundesfläche angestrebt werden.

6. Ausblick und Thesen zu Natura 2000 im Wald

Als Artengruppen müssen in Wäldern die Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie, die Vogelarten der Vogelschutzrichtlinie und die mittelbar geschützten charakteristischen oder typischen Arten der Waldlebensraumtypen berücksichtigt werden.

Ziel ist es, dass sich die Gesamtbilanz der jeweiligen Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten in einem FFH-Gebiet grundsätzlich nicht verschlechtern darf. Deutschland hat sich bei der Meldung auf sehr kleinteilige Gebiete eingelassen. Mehr Flexibilität in der Umsetzung hätte hingegen bei größeren Einzelgebieten bestanden. „Top“-Bestände, d.h. der Erhaltungszustand A, sind nur bei Wäldern von Sonderstandorten (z.B. Moor-, Schlucht- und Auwälder) auf ungenutzte Bestände begrenzt. Ein großer Teil der Wälder mittlerer Standorte wird weiterhin forstwirtschaftlich auch in Natura 2000 unter Naturschutzgesichtspunkten in nachhaltiger Weise genutzt werden. Die Anforderungen an die Waldbewirtschaftung steigen natürlich entsprechend mit einem besseren Erhaltungszustand, der dauerhaft zu sichern ist. Bei Erhaltungszustand C im Gebiet besteht im Regelfall Handlungs- oder Entwicklungsbedarf. Es kann zwar aus einem schlechten Erhaltungszustand „rot“ auf biogeografischer Ebene oder im nationalen Bericht nicht unmittelbar auf den Handlungsbedarf im Einzelgebiet oder bei den Vorkommen geschlossen werden. Hier ist zunächst eine Kausalanalyse erforderlich, da die Situation auch auf Veränderungen wie Klimawandel beruhen kann, deren Ursachen nicht lokal im Gebiet oder an Einzelvorkommen beeinflussbar sind. Liegen jedoch fehlendes oder schlechtes Management bei einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes zugrunde, so sind hier zwingend Maßnahmen erforderlich. Der Anteil unbewirtschafteter Referenzflächen in Wäldern (Wildnisgebie-

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Den Schutz der streng geschützten Arten hat man lange Zeit als Banalität nebenher betrachtet. Sie stellen ein zweites Schutzregime dar, völlig unabhängig von der Natura-2000-Schutzgebietskulisse. Die streng geschützten Arten haben daher eine besondere Bedeutung und es bestehen auch eigene Regelungen, wann bzw. welche Ausnahmen von den Regelungen möglich sind. Ein zentraler Punkt ist daher die Erfassung und Verbesserung der Kenntnisse über die Arten des Anhangs IV. Die FFH-Richtlinie schützt bewusst nicht nur die Naturlandschaft, sondern auch die Kulturlandschaft. Dazu gehören bei den Wäldern sicher die sekundären Eichen-Hainbuchenwälder. Hier ist eine forstwirtschaftliche Nutzung sinnvoll bzw. in jedem Falle erforderlich, um sie zu erhalten. Man hat hier schon von der FFHRichtlinie her die Notwendigkeit einer Bewirtschaftung, die dann auch wirtschaftlich sinnvoll erfolgen sollte. Sukzession und Aufforstung von Offenland-Lebensraumtypen in FFH-Gebieten ist nicht erlaubt. Auch dort greift die bereits genannte, aktive Erhaltungsverpflichtung. Aus Sicht des Bundesamtes für Naturschutz werden Managementpläne für den überwiegenden Teil der FFH-Gebiete für erforderlich gehalten. Es gibt nur wenige Gebiete, die weder einer Bewirtschaftung oder Nutzung unterliegen, noch bestimmten Gefährdungen ausgesetzt sind. Managementpläne, alias integrierte Bewirtschaftungspläne dienen vor allem der

Transparenz und Klärung von Nutzer‑, Besitzer- und Naturschutzansprüchen. Verhandelbar mit Nutzerinteressen sind nicht die naturschutzfachlichen Erhaltungs- und Entwicklungsziele, sondern die Wege und Mittel, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen oder können. Damit kommt einer klaren naturschutzfachlichen Zielformulierung in den Managementplänen eine Schlüsselrolle für eine flexible Umsetzung der FFH-Richtlinie zu. Die Frage, wie und in welcher Form die Sicherung der Gebiete gehandhabt wird, ob durch Schutzgebietsausweisung oder durch vertragliche Regelungen, dafür hat das Bundesnaturschutzgesetz bewusst Spielräume gelassen. Hier kommen alle Schutzgebietskategorien nach BNatSchG in Betracht und eine dem Schutzzweck angemessene und entsprechend abgesicherte vertragliche Lösung (problematisch sind hier die Frage der Vertragsdauer, der fehlenden Bindungswirkung gegenüber Dritten und wie verfahren wird bei Auslaufen der Verträge). Grundsätzlich ist zu begrüßen, wenn die Regelungen auf nationaler Ebene bzw. bei den Bundesländern die Spielräume der Umsetzung der FFHRichtlinie nicht unnötig einschränken. Die Organisation und Durchführungen der Berichtspflichten als Steuerungsinstrument und Kontrolle des Erfolges oder der Effizienz von Naturschutzmaßnahmen ist eigentlich noch im Entstehen. Mit dem ersten Bericht zu den Erhaltungszuständen Ende 2007 ist ein wichtiger Schritt getan, die Beurteilung der Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen ist ein weiterer Meilenstein in der darauf folgenden Berichtsperiode. Ein Monitoringsystem ist mit den Bundesländern methodisch festgelegt worden, so zum Beispiel der Flächenumfang, das Stichprobensystem usw. Das System muss nun erstmalig eingerichtet und in Betrieb genommen werden. Auch das ist eine große künftige Aufgabe. Das Monitoring wird v.a. Daten zur Einschätzung der Parameter Struktur, Funktionen und charakteristische Arten erbringen. Veränderungen im Verbreitungsgebiet, in der Fläche der Lebensraumtypen und den Populationen der Arten bedürfen weiterhin der Fortführung der Biotopkataster und Artenkataster auf Länderebene. Die Klärung und Ausgestaltung der Finanzierungs- und Förderkulisse EU-seitig

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im Programm ab 2013 sowie die konkrete Ausgestaltung der Länderprogramme wird im Agrar- und Forstbereich wesentliche Auswirkungen auf die Umsetzung von Natura 2000 haben. Hier sollten alle Möglichkeiten von Kofinanzierungen ausgeschöpft werden und realistische Kostenschätzungen über die erforderlichen Arbeitsleistungen erfolgen, allein schon um in EU- und Landeshaushalten die erforderlichen Mittel für die Umsetzung bereit­stellen zu können. Hier sind bisher erhebliche Defizite zu verzeichnen, angesichts der gewaltigen Aufgabe den Verlust der Biodiversität in Europa zu stoppen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die EU-Veröffentlichungen zu den Finanzierungsmöglichkeiten (http:// ec.europa.eu/environment/funding/intro_en.htm). Ein ganz zentraler Punkt ist die Verbesserung der Akzeptanz des Natura-2000Netzes. Vor allem in den Meldeprozessen hat man Fehler gemacht, indem man immer wieder von politischer Seite erklärt hat, dass man die Schutzgebietskulisse abschließend gemeldet habe. Drei Tranchen hintereinander hat man das immer wieder behauptet. Das hat auch den Naturschutz schwer belastet und diskreditiert. Im BfN werden derzeit gezielt F+E-Projekte durchgeführt und gefördert, die die Akzeptanz von Natura 2000 verbessern helfen. Abschließend möchte man sich in Deutschland eine aktivere und mutigere Umsetzung von Natura 2000 wünschen, geht es doch um den Schutz unseres eigenen nationalen Naturerbes und die Möglichkeit dieses für künftige Generationen nachhaltig zu erhalten (vgl. Ssymank 2007).

Literatur: Balzer, S. & Ssymank, A. (Bearb.) (2005): Natura 2000 in Deutschland. - Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.) - Naturschutz und Biologische Vielfalt 14. Bonn-Bad Godesberg. CD-ROM mit Booklet. Balzer, S., Schröder, E., Ssymank, A., Ellwanger, G., Kehrein, A. & Rost, S. (2004): Ergänzung der Anhänge zur FFH-Richtlinie auf Grund der EU-Osterweiterung: Beschreibung der Lebensraumtypen mit Vorkommen in Deutschland. - Natur und Landschaft 79 (8): 341-349.

Burkhardt, R., Robisch, F. & Schröder, E. unter Mitarbeit der Mitglieder der LANAFCK-Kontaktgruppe und des Bund-Länder AK “FFH-Berichtspflichten Wald” (2004): Umsetzung der FFH-Richtlinie im Wald. Gemeinsame bundesweite Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) und der Forstchefkonferenz (FCK). - Natur und Landschaft 79 (7): 316-323. Ellwanger, G. Schröder, E. & Ssymank, A. (2006): Management für Natura 2000-Gebiete in Deutschland. - In: Ellwanger, G. & Schröder, E. (Bearb.): Management von Natura 2000-Gebieten. Erfahrungen aus Deutschland und ausgewählten anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. - Natursch. Biol. Vielf. 26: 9-26. European Commission (2005): Assessment, monitoring and reporting of conservation status – Preparing the 2001-2007 report under Article 17 of the Habitats Directive (DocHab-04-03/03 rev.3). - http:// circa.europa.eu/Public/irc/env/monnat/ library?l=/reporting_framework/dochab04-03-03/_EN_1.0_&a=d European Commission (2006) [EC guidance]: Assessment, monitoring and reporting under Article 17 of the Habitats Directive: Explanatory Notes & Guidelines Final Draft, October 2006 , Brüssel. - http://circa.europa.eu/Public/irc/env/ monnat/library?l=/guidlines_reporting/ notesguidelines_2/_EN_1.0_&a=d

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Petersen, B., Ellwanger, G., Biewald, G., Hauke, U., Ludwig, G., Pretscher, P., Schröder, E. & Ssymank, A. (Bearb.) (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. 69/1, 743 S. Petersen, B., Ellwanger, G., Bless, R., Boye, P., Schröder, E. & Ssymank, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 2: Wirbeltiere. Schr.R. f. Landschaftspfl. u. Natursch. 69/2, 693 S. Petersen, B. & Ellwanger, G. (Bearb.) (2006): Das europäische Schutzgebiets-

Fachtagung Bewahrung des europäischen Naturerbes – Wälder in der Region Braunschweig │2007

Dr. Axel Ssymank Bundesamt für Naturschutz FFH - Richtlinie / Natura 2000 Konstantinstraße 110 53 179 Bonn [email protected] www.bfn.de

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