TOURISMUS UND KULTURHISTORISCHE BAUTEN

TOURISMUS UND KULTURHISTORISCHE BAUTEN p2 weltkulturerbe semmering-rax-region fachbereich: region, tu wien betreuung: dipl.-ing. nina svanda wintersem...
Author: Maike Knopp
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TOURISMUS UND KULTURHISTORISCHE BAUTEN p2 weltkulturerbe semmering-rax-region fachbereich: region, tu wien betreuung: dipl.-ing. nina svanda wintersemester 2009

Tourismus und kulturhistorische bauten

P2 – Interkommunales Entwicklungskonzept Kleinregion Weltkulturerbe Semmering Rax

LVA: 280.028 Kommunale Entwicklungs- und Flächenwidmungsplanung

Gruppe: Region 6 – [email protected] Jörg Büsser | 0656615 Florian Lehner | 0519107 Daniela Schulhofer | 0406446 Simon Sonnleitner | 0726970 Sebastian Steinbrecher | 0726053

jörg büsser I florian lehner I daniela schulhofer I simon sonnleitner I sebastian steinbrecher

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG ................................................................................................ 5 1.1 PROJEKT 2 ...................................................................................................... 5 1.2 AUFGABENSTELLUNG DER LEHRVERANSTALTUNG...................................................... 5 1.3 ABSTRACT....................................................................................................... 5

2 DIE KLEINREGION .......................................................................................... 7

3 ENTWICKLUNG DES TOURISMUS ................................................................... 8 3.1 WANDEL IN DER LANDSCHAFTSBETRACHTUNG ......................................................... 8 3.2 DER BEGINN DES AUSFLUGSVERKEHRS ................................................................... 8 3.3 DIE EROBERUNG DER LANDSCHAFT – DER BAU DER SEMMERINGBAHN.......................... 9 3.4 ERFOLGSGRÜNDE FÜR DIE FRÜHE ENTWICKLUNG DES FREMDENVERKEHRS .................... 11 3.5 AUFSTIEG ZUM EXKLUSIVEN SOMMERFRISCHE- UND WELTKURORT ............................. 11 3.6 AUSWIRKUNGEN DES FREMDENVERKEHRS AUF DIE GEMEINDEN ................................. 13 3.7 DER BEGINN DES WINTERSPORTS AM SEMMERING ................................................. 14 3.8 VON DEN SCHWIERIGKEITEN DES ERSTEN WELTKRIEGS ZUM AUSHÄNGESCHILD DES ÖSTERREICHISCHEN TOURISMUS ......................................................................... 16

3.9 DIE AUSWIRKUNG DER WIRTSCHAFTSKRISE UND DER ZWEITE WELTKRIEG .................... 18 3.10 VOM RASCHEN WIEDERAUFBAU ZUM „HORRORKABINETT DES ÖSTERREICHISCHEN TOURISMUS“ ............................................................................................... 19 3.11 WIEDERBELEBUNGSMAßNAHMEN ..................................................................... 21

4 ENTWICKLUNGSFAKTOREN DES FREMDENVERKEHRS ................................. 24 jörg büsser I florian lehner I daniela schulhofer I simon sonnleitner I sebastian steinbrecher

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5 KULTURHISTORISCH BEDEUTENDE GEBÄUDE UND VILLENBAUTEN............. 25 5.1 AUSGEWÄHLTE KULTURHISTORISCHE BAUTEN........................................................ 25 5.1.1 HOTEL PANHANS ......................................................................................... 26 5.1.2 SCHLOSS REICHENAU .................................................................................... 29 5.1.3 THALHOF UND RUDOLFSVILLA ......................................................................... 30

6 AKTUELLE TENDENZEN ................................................................................ 31

7 ZUSAMMENFASSUNG.................................................................................. 32

8 QUELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS.................................................. 34 8.1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ................................................................................. 34 8.2 TABELLENVERZEICHNIS ..................................................................................... 34 8.3 QUELLEN ...................................................................................................... 34

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1 Einführung 1.1 Projekt 2 Im Rahmen des Studiums „Raumplanung und Raumordnung" an der Technischen Universität Wien ist im 5. und 6. Semester das Projekt 2 zu absolvieren. Ziel des aktuellen Projektes ist die Erstellung eines interkommunalen Entwicklungskonzeptes sowie eines Flächenwidmungsplanes für die „Kleinregion Weltkulturerbe SemmeringRax-Region“. Diese liegt im südlichen Niederosterreich und wird aus den Gemeinden Breitenstein, Gloggnitz, Payerbach, Prigglitz, Reichenau an der Rax, Schottwien, Schwarzau im Gebirge sowie Semmering gebildet. Da einer sinnvollen Planung, eine sorgfältige und umfangreiche Bestandsanalyse voran gehen muss, gilt es im ersten Abschnitt des Projekts für alle beteiligten Fachbereiche eine Bestandsaufnahme durchzuführen, in der bestehende Strukturen und Gegebenheiten erhoben werden. Um

möglichst

viele

Themenbereiche

abzudecken,

wurden

unterschiedliche

Aufgabenbereiche auf die acht Gruppen, die sich am Projekt 2 beteiligen, aufgeteilt.

1.2 Aufgabenstellung der Lehrveranstaltung Die Lehrveranstaltung „Kommunale Entwicklungs- und Flächenwidmungsplanung“ hat im Wintersemester das Ziel, die Kleinregion Weltkulturerbe-Semmering-Rax in Niederösterreich anhand von verschiedenen thematischen Bestandsanalysen zu untersuchen und daraus für die Planung relevante Grundlagen und Erkenntnisse zu sammeln.

1.3 Abstract In dieser Arbeit wird die Entwicklung des Tourismus am Semmering und in der Reichenauer Gegend von den Anfängen Mitte des 19. Jahrhunderts, der Veränderung durch den Bau der Semmeringbahn, zum Aufstieg um die Jahrhundertwende bis zum allmählichen Rückgang in den 1960er und 1970er Jahren des letzten Jahrhunderts beschrieben.

Dabei

werden

neben

der

geschichtlichen

Entwicklung

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auch 5

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Vorraussetzungen und Ursachen, die diese

beeinflußten, hervorgehoben und

analysiert werden. Ausschlaggebend für die frühe Entwicklung waren neben der Entdeckung landschaftlicher Reize, die leichte Erreichbarkeit und die Reisebereitschaft potentieller Nachfrager, die das luxuriöse Leben in der abgeschiedenen Gegend genossen. Ein weiterer Teil beschäftigt sich mit einigen bedeutenden, während des Aufstiegs des Tourismus entstandenen, kulturhistorischen Bauten und deren Bedeutung für das Landschaftsbild der Region. Abschließend werden aktuelle Trends und Entwicklungen untersucht sowie Potentiale und Probleme zusammenfassend dargestellt.

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2 Die Kleinregion

Die Kleinregion „Weltkulturerbe Semmering-Rax“ umfasst 8 Gemeinden mit insgesamt 16.176 Einwohnern, verteilt auf einer Fläche von 367,7 km².

Als Ziele einer gemeinsamen Regionalentwicklung werden folgende Aspekte genannt:1 -

eine ausgewogene, auf die Stärken der Region abgestimmte, qualitätsorientierte Entwicklung durch Vernetzung von Aktivitäten,

-

Zusammenarbeit der Gemeinden,

-

Ausrichtung auf ein Zukunftsleitbild,

-

Erschließung und Nutzung regionseigener Potenziale und Ressourcen sowie

-

die gezielte Nutzung nationaler und internationaler Erfahrungen im Bereich der Regionalentwicklung

1

http://www.leader-noe-sued.at, Abfrage: Jän. 2010

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3 Entwicklung des Tourismus 3.1 Wandel in der Landschaftsbetrachtung In der Zeit vor der Erfindung der Eisenbahn war das Reisen vor allem ein Mittel zum Zweck,

Hauptmotivationen

waren

dabei

Entdeckungsreisen,

Geschäfts-

und

Forschungsreisen, Bildung oder Religion. Neben verkehrstechnischen Schwierigkeiten war auch das Bewusstsein für die Natur als Ort der Erholung und deren Schönheit nur sehr schwach ausgeprägt. Erst mit dem Aufkommen der Geistesrichtung der Romantik zu Beginn des 19. Jahrhunderts änderte sich auch die Beziehung zu Natur. Die schwärmerischen Beschreibungen von Dichtern und Schriftstellern weckten das Interesse der Stadtbevölkerung an der Natur. Besonders die Bücher von Franz Xaver Embel „Fußreise von Wien nach dem Schneeberge“ (1801) und „Schilderung der Gebirgsgegenden um den Schneeberg in Österreich“ (1803), die zum ersten Mal die Naturschönheiten Niederösterreichs beschreiben machten die Region für Reisende interessant. Neben der reizvollen Landschaft begünstigte auch die Nähe zu Wien das Gebiet Semmering-Rax-Schneeberg als beliebtes Ausflugsziel. (Vgl.: GATTERER, 1993; PAP, 1996; HANZL, 2002)

3.2 Der Beginn des Ausflugsverkehrs „Mit der Bahn rücken die Hochalpen in die Umgebung Wiens“2

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es hauptsächlich den Wohlhabenden vorbehalten in die Region zu reisen, da die zweitägige Wagenreise und die Unterkunft in damaligen Unterkünften ihren Preis hatte. Die Fertigstellung der Bahnstrecke von Wien bis Gloggnitz im Jahr 1842 verbesserte die Erreichbarkeit der Region enorm und ermöglichte durch die angenehmere und 2

KOS, Wolfgang: Eroberung der Landschaft, S. 190

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billigere Verkehrsverbindung einer breiteren Bevölkerungsschicht eine Reise nach Reichenau und Umgebung. Bereits 1850 wurden an einzelnen Tagen über 10.000 Fahrgäste gezählt, die in Gloggnitz aus Wien kommende Züge verließen, etwa ein Drittel der Passagiere waren Wanderer.

Diese ersten „Touristen“ nutzten die

Möglichkeit für Fahrten mit Pferdewagen oder Wanderungen, verließen das Gebiet aber großteils noch am selben Tag. Die neuen Gäste verhalfen Reichenau und Gloggnitz zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, die Gemeinden wurden in Reiseführern erwähnt und die gut besuchten Gasthöfe ausgebaut. (Vgl.: HLAVAC, 1997; BRITT, 2004; KOS, 1992)

3.3 Die Eroberung der Landschaft – Der Bau der Semmeringbahn „Die Eisenbahn, diese zauberische Erfindung, bringt uns in zwei Stunden dahin, wohin wir sonst einen Tag gefahren sind“3

Einen Meilenstein für die Entwicklung des Tourismus in der Region rund um den Semmering stellte die 1854 eröffnete Semmeringbahn dar. Bereits während der 1848 begonnenen Bauarbeiten zog die Bahn großes Interesse der Bevölkerung auf sich, welches sich sogar in Besichtigungsreisen zu verschiedenen Bauabschnitten verdeutlichte. Vor allem der Gegensatz von Natur und Technik machte die Fahrt über den Semmering zu einem Spektakel. In der Anfangszeit der Bahn lag der Reiz in der Fahrt selbst, die zahlreichen Brücken, Tunnels und Viadukte veranschaulichten die „Eroberung der Landschaft“. Abgesehen

vom

Bau

der

Bahn

waren

auch

Veränderungen

in

den

Grundbesitzverhältnissen entscheidend für den Anstieg des Fremdenverkehrs. Die neu entstandene Möglichkeit des Erwerbs von Grund und Boden hatte eine Reihe an Grundstückskäufen, zum Großteil in Reichenau, zur Folge. Die ersten Landhäuser und Sommervillen entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts und wurden in bester Aussichtslage in der unberührten Landschaft errichtet. 3

KOS, Wolfgang: Eroberung der Landschaft, S. 190

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Obwohl es noch einige Jahre dauerte bis man die Ortschaft Semmering als Luftkurort entdeckte, wurden zunehmend auch die entlang der Strecke zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag gelegenen Gebiete interessant. Zunächst gab es in Semmering lediglich den Gasthof „Erzherzog Johann“ auf der Passhöhe, der jedoch nicht für einen längeren Aufenthalt vorgesehen war. Eine systematische Erschließung der Gegend kam erst mit der Gründung eines Verschönerungsvereins, durch dessen markierte Wege angelegt wurden. Die

zunehmende

Attraktivität

der

Semmeringbahn

und

die

ansteigenden

Touristenströme veranlassten den damaligen Südbahndirektor Friedrich Julius Schüler mit Unterstützung des Mitgründers des Verschönerungsvereins Franz Schönthaler zum Bau des ersten Hotels in Semmering. Die

Ausstattung

des

Semmering

(später:

Südbahnhotel) komfortablen Spiel-,

Hotels

mit Zimmern

Rauch-,

60 mit

Damensalons

verdeutlichte bereits von Anfang um welche Zielgruppe man sich bemühte.

Rund

um

das

Südbahnhotel entstanden bald

Abb.: 1 Südbahnhotel nach Erweiterung - 1903 (PAP, 1996)

einige Villen und Landhäuser, die auch eine Reihe von Infrastruktureinrichtungen in die Ortschaft brachten. Da die rasch ansteigenden Besucherzahlen mit dem vorhandenen Angebot an Verpflegungs- und Unterkunftsmöglichkeiten nicht mehr bewältigt werden konnten, wurden vor allem für die nicht zur Oberschicht gehörenden Gäste Touristenhäuser mit einfach eingerichteten Zimmern gebaut. Das Hotel und die umliegenden ersten Villen galten als Initialzündung für die entstehende Tourismuskolonie. (Vgl. GREITER, 2002; HLAVAC, 1997; HANZL, 2002; PAP, 1996)

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3.4 Erfolgsgründe für die frühe Entwicklung des Fremdenverkehrs „Wir steigen aus. Wir atmen rasiermesserscharfe Bergluft ein. Wir sind geborgen und im Waldesfrieden. Hinter uns der Dunst des Getümmels.“4

Die Gründe für den Erfolg des Standorts Semmering lagen einerseits in den klimatischen und landschaftlichen Bedingungen, andererseits in der leichten Erreichbarkeit und einer systematischen Erschließung. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bekam die Heilkraft des Höhenklimas einen hohen Stellenwert. Auch am Semmering bestätigten Gutachten die heilsame Höhenluft, welche als „Semmeringer Luft“ wirksam beworben wurde. Abgesehen von der eindrucksvollen Landschaft boten sämtliche Punkte vom Hotel Semmering bis zu den errichteten Aussichtsplätzen ein imponierendes Panorama, das sowohl direkte Blicke auf die nahen Berge, als auch Fernsichten bis Wien ermöglichte. Der andere für den Erfolg verantwortliche Aspekt war die einfache Erreichbarkeit durch die Semmeringbahn. Die im Vergleich zur Fahrt mit Kutschen kurze Reisedauer begünstigte das Entstehen von Kurzurlauben und ermöglichte auch der einfacheren Bevölkerung einen Ausflug in die Region. Die Südbahngesellschaft erkannte das durch die beiden Zielgruppen entstandene Potential und errichtete Unterkünfte sowohl für die Oberschicht, als auch für die weniger betuchte Gesellschaft. (Vgl.: GREITER, 2002)

3.5 Aufstieg zum exklusiven Sommerfrische- und Weltkurort „Heute stellt sich das Semmeringgebiet so, dass man nicht weiß, ist es ein Land von Stadthäusern oder eine Stadt von Landhäusern“.5

In letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts herrschte in der Region ein regelrechter Bauboom. Durch die Aufenthalte von Mitgliedern des Kaiserhauses erlangte die Region

4 5

KOS, Wolfgang: Eroberung der Landschaft, S. 280 KOS, Wolfgang: Eroberung der Landschaft, S. 304

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beachtliche Bekanntheit und zog laufend neuen Geldadel an, der sich durch den Bau von eigenen Villen Langzeitaufenthalte ermöglichte. Insbesondere Payerbach und Reichenau waren als Standorte für Landhäuser und Sommerresidenzen sehr begehrt, vor allem das aufsteigende Bürgertum versuchte durch markante Bauten den Adel nach zu ahmen. Großen Anteil an der Entwicklung der Gemeinden trugen auch die ortsansässigen Unternehmer bei, die neben der Errichtung von Hotelbauten und Gaststätten auch für das Anlegen von Straßen, Parkanlagen und Spazierwegen verantwortlich waren.

Ein Vergleich der Häuseranzahl verdeutlicht die ausgeprägte Bauphase (Tab. 1).

Jahr

1820

1870

1880

1890

1900

1910

Häuser in Reichenau

45

76

130

138

169

206

Tab.: 1 Häuseranzahl Reichenau (KOS, 1996)

Um der teilweise „wilden“ Bebauung entgegenzuwirken ließ Leo Herzel, der in Reichenau rund 4000 Hektar besaß, einen Parzellierungsplan entwerfen. Der Architekt Lothar Abel plante eine Gartenstadt „Neu Reichenau“, die stark an das Wiener Cottage-Viertel erinnerte. Die 1890 begonnene Umsetzung erfolgte jedoch nur teilweise, in den Jahren des 1. Weltkriegs wurde bereits davon abgewichen. In der

Zeit

um

die

Jahrhundertwende

erwarben

sogar

viele

Reichenauer

Sommerwohnungen, die durch Vermietung ein relativ gutes Einkommen brachten. Abgesehen von Wohnsiedlungen wurden in „Neu Reichenau“ auch eine Schule, ein Hotel, eine Kuranstalt und ein Schwimmbad. Auch

der

Semmering

blühte

gegen

Ende

des

19.

Jahrhunderts

als

Tourismusdestination auf. Die Fertigstellung des Hotel Panhans, auf das im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen wird, brachte ein Wachstum des Ortes mit sich. Vor allem an der Hochstraße, die zur Hauptverbindung der wichtigsten Punkte des Ortes wurde, entstanden zahlreiche Villen und Hotels.

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Ein bedeutendes Element der Siedlungsentwicklung war die Errichtung von eigenen Kuranstalten oder Kurbereichen in den Hotels. Speziell das von den Wiener Architekten Krauss&Tölk geplante Kurhaus Semmering förderte den Ruf des Semmerings als Höhenkurort. Der Semmering wurde mit seiner Hotel- und Villenkolonie zu einem Treffpunkt gehobener

Gesellschaftskreise,

die

ihr

gewohntes Leben kaum einschränken mussten. Die effektvoll in die Landschaft plazierten Luxushotels spiegelten den Stellenwert des Semmeringgebiets wieder und ermöglichten dadurch

die

reizvolle

Hauptattraktionen

der

Aussicht

auf

Umgebung.

die Der

Semmering gilt somit als einer der ersten künstlich angelegten Erholungsorte der Alpen, seine „wie Logen an den Hängen placierten Villen zu den ersten Zweithausadressen Wiens.“6 In

dieser

Zeit

entstanden

auch

das

Alpenstrandbad und das Alpencasino im Hotel

Abb.: 2 Golfplatz Semmering (KOS, 1992)

Panhans sowie der erste Golfplatz Österreichs in Semmering. (Vgl.: GATTERER, 1993; KOS, 1992; PAP, 1996)

3.6 Auswirkungen des Fremdenverkehrs auf die Gemeinden

Der Aufschwung des Fremdenverkehrs in Semmering brachte auch eine Reihe von nützlichen Einrichtungen für den gesamten Ort mit sich. Die Hochstraße bildete eine Promenade mit Zeitungs-, Blumen- und Souvenirgeschäften, daneben waren im Südbahnhotel neben dem Hauptpostamt auch eine Buchhandlung und eine Bankfiliale vorhanden. Durch die hohe Anzahl an Kureinrichtungen war auch für eine gute medizinische Versorgung gesorgt. 6

Kos, Wolfgang: Über den Semmering, S. 192

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Die kontinuierliche Erweiterung der Hotels brachte aber auch das Problem mit sich über kaum einheimische Bevölkerung zu verfügen. Da man auf den Bau von Wohnungen für die Angestellten der Hotels komplett verzichtete, musste der Großteil der ganzjährig Beschäftigten in die umliegenden Gemeinden ausweichen. Auch die Gemeinde Schottwien profitierte vom Aufstieg des Semmering und bot Beherbergungsmöglichkeiten für finanzschwächere Gäste bzw. dem Hotelpersonal an, weiters

wurden

Serviceleistungen

für

die

Hotels

übernommen

(bspw.

Wäschewaschen) Das heute bestehende Breitenstein entstand erst durch den Bau der Semmeringbahn und wurde um 1900 ein beliebter Ort für Urlauber die dem Massentourismus am Semmering ausweichen wollten. In dieser Zeit entstanden auch einige Villen, unter anderem eine von Alma Mahler-Werfel. Bis 1919 gehörte der Ort Semmering offiziell zur Gemeinde Breitenstein. (Vgl.: GREITER, 2002)

3.7 Der Beginn des Wintersports am Semmering „Man möchte gerne den Semmering als österreichisches St. Moritz bezeichnen, als Wintersport-Tummelplatz par excellence.“7

Da

die

aufstrebenden

Hotelbetriebe

zu

Beginn

mit

gravierenden

Auslastungsproblemen zu kämpfen hatten, versuchte man den ganzjährigen Betrieb zu forcieren. Als Beispiel diente dabei die Schweiz, deren Gebirgsorte bereits von einer ganzjährigen Saison profitierten. Durch die Einführung von Sportzügen gelang es der Südbahngesellschaft Gäste aus Wien für einen Ausflug im Winter zu gewinnen, die ersten Versuche den Wintersport in der Region zu positionieren wurden getätigt. Schon bald kam es zur Gründung der ersten Wintersport und Skivereine, deren Ziel es war das Gebiet für den Wintersport zu erschließen. Stand anfänglich die passive Attraktion durch Wettkämpfe im Mittelpunkt, so folgten nach kurzer Zeit Leihdepots und Unterrichtsangebot um sich aktiv zu betätigen. Es folgte eine rege Bautätigkeit in 7

Illustriertes Österreichisches Sportblatt, 1908: „Semmeringer Wintersportnummer“

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der eine Reihe an Infrastrukturen geschaffen wurde. In dieser Zeit wurde eine Bobbahn (1907), eine Rodelbahn (1910) und eine Sprungschanze (1912) errichtet. Bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts stieg der Semmering zu einem der modernsten Wintersportorte Europas auf. (Vgl.: KOS, 1992)

Abb.: 3 Übersicht über Wintersportanlagen (KOS, 1992)

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3.8 Von den Schwierigkeiten des ersten Weltkriegs zum Aushängeschild des österreichischen Tourismus

In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg stiegen die Nächtigungszahlen sowohl im Reichenauertal, als auch in Semmering auf Höchstwerte an (Tab. 2). War der Semmering weiterhin ein Domizil der Oberschicht, so profitierte Reichenau und Payerbach von vielen neu gewonnen Gästen aus der Mittelschicht.

Nächtigungen

Reichenau & Payerbach

Semmering

1904

216.036

k. Werte

1908

252.358

189.323

1912

350.033

203.941

Tab.: 2 Nächtigungen Reichenau & Payerbach (PAP 1996; BRITT, 2004)

Durch die Beschlagnahmung von Hotels und deren Umfunktionierung in Lazarette während des ersten Weltkriegs, standen bis auf die großen Hotelbetriebe am Semmering

nur

mehr

Sommerwohnungen

und

Gaststätten

als

Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung. Aufgrund der wirtschaftlichen und versorgungstechnischen erschwerten Lebensbedingungen blieb vor allem die ehemalige Mittelschicht als Gast aus. Während sich in Payerbach und Reichenau die Ankünfte von 1914 bis 1919 halbierten, wurde der Semmering zum beliebten Ziel der Neureichen und büßte kaum an Nächtigungen ein. Der erste Weltkrieg brachte zwei entscheidende Änderungen für den Fremdenverkehr in der Region. Einerseits fiel durch die Auflösung des Adels eine bedeutende Zielgruppe weg, andererseits wurden mit dem Ausbau des Sozialsystems und der Einführung von geregelten Urlaubsansprüchen für die breite Masse neue Kundenschichten angezogen. Viele Neureiche residierten zwar weiterhin in den Luxushotels, die veränderte Gästestruktur brachte aber eine Umnutzung etlicher Villen mit sich. Diese wurden nun als Pensionen mit Mietwohnungen und Fremdenzimmern angeboten um der neuen Zielgruppe zu entsprechen.

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Im Jahr 1919 wurde die Villenkolonie Semmering von der bäuerlichen Ortschaft Breitenstein getrennt und galt ab dann als eigenen Ortsgemeinde, die zur damaligen Zeit überwiegend aus Hotelangestellten und Eisenbahnern bestand. Neben der von der Landesregierung ausgehenden Ernennung zum heilklimatischen Höhenkurort 1921, wurden 1922 die ersten Gemeindewohnhäuser mit Hilfe eines kommunalen Wohnbaufonds finanziert. Obwohl es teilweise zu Engpässen und Versorgungsschwierigkeiten kam, entwickelte sich der Tourismus relativ rasch. Die Gemeinde errichtete einen elektrischen Skilift, Tennisplätze, den ersten Golfplatz, veranstaltete Motorsportrennen. Die Grandhotels blühten erneut auf, an das Hotel Panhans wurden ein in Europa einzigartiges Alpenstrandbad sowie das erste Spielkasino Österreichs errichtet. Wie bereits erwähnt blieben im Gegensatz zum Semmering in Reichenau und Payerbach viele Gäste der Mittelschicht aus. Ein großer Teil der Bevölkerung, der von der Vermietung von Fremdenzimmern lebte verlor an Einkünften. Die stark vom Fremdenverkehr abhängigen Gemeinden waren durch das Fernbleiben der Gäste wirtschaftlich stark geschwächt. Mit allen Mitteln wollte man den Ruf als Sommerfrische und Fremdenverkehrsort halten. Einen Schub erreichte man dabei durch den Bau der Raxseilbahn (1926), der Gestaltung eines Konzert- und Theaterhauses und der Errichtung des Strandbads Edlach (1928). Als Lohn für die Anstrengungen den alten Ruf wieder zu erlangen wurde Reichenau 1928 ebenfalls zum heilklimatischen Kurort ernannt. Während andere Teile Österreichs schwerwiegenden wirtschaftlichen Problemen gegenüberstanden, wurde in den Grandhotels am Semmering weiterhin gepraßt und luxuriös gelebt, die Nächtigungszahlen stiegen bis Mitte der 1930er Jahre kontinuierlich an (Tab. 3 ). (Vgl. BRITT, 2004; HANZL, 2002) Nächtigungen

Semmering

1925

143.087

1930

189.323

1934

203.941

Tab.: 3 Nächtigungen Semmering (PAP, 1996)

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3.9 Die Auswirkung der Wirtschaftskrise und der zweite Weltkrieg Die allgemeine Wirtschaftskrise in den 30er Jahren machte sich auch in den Fremdenverkehrszahlen am Semmering bemerkbar und leitete die einschneidenden Folgen durch den zweiten Weltkrieg ein. Durch die Tausend-Mark-Sperre blieben bereits in den 30er Jahren viele deutsche Gäste aus. Mit dem Anschluss an das Deutsche Reich besuchte vermehrt die nationalsozialistische Prominenz den Semmering und etliche Pensionen und Villen wurden von nationalsozialistischen Einrichtungen in Besitz genommen. Die Umsetzung der Arisierungsgesetze sorgte bei etwa einem Drittel aller Semmeringvillen für einen gewaltsamen Besitzwechsel. Viele Villen wurden nationalsozialistischen Funktionären vermittelt oder zu Erholungsheimen umfunktioniert. In den ersten Kriegsjahren, blieb der Semmering von den Kämpfen noch verschont und diente oftmals als Rückzugspunkt für die Familien hoher Parteifunktionäre oder als Offizierslazarette. Gegen Ende des 2. Weltkriegs wurde aber auch die Region für eine längere Zeit Frontabschnitt. Zahlreiche Brücken, Hotels lagen in Trümmern, die Bahn, Tunnels und Straßen wurden zerstört oder blockiert. (Vgl.: GREITER, 2002; KOS, 1991)

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3.10 Vom raschen Wiederaufbau zum „Horrorkabinett des österreichischen Tourismus“ Trotz der teils schweren Zerstörungen der Fremdenverkehrsinfrastruktur begann die Region relativ rasch mit dem Wideraufbau von touristischen Einrichtungen. So wurden bereits 1947 Erholungsstätten für Arbeiter eingerichtet, die damit den Beginn des Fremdenverkehrsgeschehens am Semmering nach dem Zweiten Weltkrieg darstellten. Die Nächtigungszahlen stiegen in den folgen Jahren, vor allem durch die Wiedereröffnung der großen Hotels rasant an. Bereits 1949 hatte der Semmering mit mehr als 100.000 Nächtigungen einen höheren Wert als heute (Tab. 4).

Nächtigungen

Semmering

1946

7.348

1947

59.177

1948

75.204

1949

108.525

Tab.: 4 Nächtigungen Semmering '46 - '49 (GREITNER, 2002)

Von den früheren Entwicklungsfaktoren - Amüsement, Gesundheit und Sport – konnte man jedoch nur mit letzterem den Semmering beleben. In den folgenden Jahren wurde massiv in den Wintersport investiert, was die Austragung bedeutender Sportveranstaltungen zur Folge hatte. Durch die Entwicklung des Skifahrens zum Massensport, wurde der Semmering vornehmlich für Tagesgäste aus der näheren Umgebung zum beliebten Ausflugsgebiet. Im Gegensatz zu den größeren, schneesichereren und besser vernetzten Skigebieten Westösterreichs, hatte man am Semmering wenige Gäste mit längerer Aufenthaltsdauer. Speziell in den Sparten Gesundheit und Amüsement konnte man trotz einiger Bemühungen den früheren Stellenwert nicht mehr erreichen. Obwohl die Nächtigungszahlen in den 60er Jahren noch einmal auf einen Höhenpunkt anstiegen bedeutete dies kein Aufblühen des Höhenkurorts. Der Großteil der Nächtigungen wurde durch Erholungsheime erreicht, wohingegen die früheren jörg büsser I florian lehner I daniela schulhofer I simon sonnleitner I sebastian steinbrecher

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Grandhotels in etwa 250 Tage im Jahr leer standen. Daher gelten diese hohen Nächtigungszahlen auch als Scheinblüte, denn die Aufenthalte in billigen Quartieren brachten der Tourismuswirtschaft kaum Einnahmen. Infolgedessen kam es zu einem erheblichen

Rückgang

der

Hotelangestellten,

der

gleichzeitig

mit

der

Bevölkerungsabwanderung wirtschaftliche Probleme mit sich brachte. Auch die restlichen Gemeinden spürten die Auswirkungen des Krieges enorm. Viele ehemalige Sommerwohnungen wurden von nun an dauervermietet oder als eigene Wohnung verwendet. Der Vergleich in Reichenau verdeutlicht diese Veränderung (Tab. 5).

Sommerwohnungen

Reichenau

1913

188

1953

21

Tab.: 5 Sommerwohnungen Reichenau (PAP, 1996)

Zahlreiche gewerbliche Unterkünfte wurden aufgrund ausbleibender Renovierungen eingestellt und oft an Privatinteressenten verkauft, welche diese als Zweit-Wohnsitze verwendeten. Die Gemeinde Reichenau ließ ehemalige Großbetriebe abbrechen und stellte ehemalige touristisch genutzte Gründe zur Parzellierung frei. Mit dieser Entscheidung verlor der Ort endgültig die Chance sich als Kurort erneut zu etablieren. Auch die übrigen umliegenden Gemeinden verloren durch Betriebsschließung an touristischer Bedeutung. Als Ursache für die ausbleibenden Gäste galten nicht alleine die Zerstörungen während des Krieges, vielmehr stellte das veränderte Urlaubsverhalten die Region vor große Herausforderungen. Die ehemaligen über Wochen und Monate dauernden Sommerfrischen wurden immer seltener. Verbesserte Verkehrsangebote ermöglichten in weiter entfernte Gebiete zu reisen, was speziell für junge finanziell unabhängige Menschen zunehmend attraktiv wurde. Der Semmering hingegen wurde vermehrt zum Ziel von Wochenendausflügen oder als Ort für Zweitwohnsitze. Die fehlenden Investitionen führten zu einer Veralterung des Tourismusortes.

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Mit den Schließungen der Hotels Panhans (1970), Südbahnhotel (1978) und des Kurhauses wurde in den 1970ern der Tiefpunkt der Fremdenverkehrsentwicklung erreicht. Immer mehr Unternehmen mussten ihren Betrieb einstellen, da mit dem Fremdenverkehr der wirtschaftliche Motor der Region stark an Bedeutung eingebüßt hatte. Die zunehmende Abwanderung der jungen Generation führte dazu, dass sich der Semmering zum „Horrorkabinett des österreichischen Fremdenverkehrs“8 entwickelte. (Vgl.: GATTERER, 1993; GREITER, 2002; PAP, 1996)

3.11 Wiederbelebungsmaßnahmen In den 80er Jahren zog der Semmering infolge der Wiederentdeckung der Wiener Jahrhundertwende wieder zunehmend Interesse auf sich. Als Zugpferd für die neuerliche Stärkung des Fremdenverkehrs gilt die Wiedereröffnung des Panhans. Das leerstehende Hotel wurde 1978 im Zuge einer Zwangsversteigerung vom Wiener Bauunternehmer A. Kallinger gekauft. Mit finanzieller Unterstützung des Landes Niederösterreich wurde es 1982 neueröffnet. Neben dem Hotelbetrieb entstanden in dieser Zeit auch Eigentumsappartements und eine Hotelfachschule. Im Gegensatz zum Hotel Panhans verfiel das 1978 geschlossene Südbahnhotel zunehmend, einige Rettungsversuche blieben erfolglos. Der aufkommende Reiz des Jugendstils erhöhte das Interesse an den Semmeringvillen und führte zu zahlreichen Renovierungen und Revitalisierungen von alten und leerstehenden Gebäuden. Obwohl das Publikum hauptsächlich aus Tagesgästen bestand bescherten sie der Region einen kleinen Aufschwung im Bereich des Fremdenverkehrs. Die Renovierungen brachten auch Vorteile für regionale Handwerksbetriebe mit sich, die durch neue Aufträge ihr Überleben sicherten. Dabei verfügten sie oft noch über alte

Einrichtungsgegenstände

oder

typische

Tapetenmuster

die

für

die

Innenausstattung gewählt wurden.

8

Kos, Wolfgang: Über den Semmering, S. 192

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21

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Ein weiterer entscheidender Schritt war die Gründung des Tourismusverbandes Semmering-Rax-Schneealpe im Jahre 1971. Dabei standen die gemeinsame Werbung und die Aufhebung des Konkurrenzdenkens im Vordergrund. Die Mitgliedsgemeinden waren Breitenstein, Gloggnitz, Payerbach, Raach, Reichenau, Schottwien, Schwarzau und Semmering. Um die Vermarktung und Aufbereitung des touristischen Angebots möglichst professionell mit modernen Methoden zu gestalten wurde 1976 ein hauptberuflicher Geschäftsführer eingestellt. Kurzfristig konnten dadurch die Nächtigungszahlen konstant gehalten werden, die Ankünfte nahmen sogar zu. Durch das veränderte Urlaubsverhalten, hin zu Kurzurlauben, verkürzte sich aber die durchschnittliche Aufenthaltsdauer enorm, was den Rückgang der Nächtigungen erklärt (Tab. 6).

Reichenau & Payerbach

Ankünfte

Nächtigungen

Aufenthaltsdauer

1975

21.933

211.948

10,0

1980

22.903

199.096

8,7

1985

21.854

152.957

5,6

1990

33.400

183.124

4,4

Tab.: 6 Tourist. Daten Reichenau & Payerbach '75 - '90 (BRITT, 2004)

Im Jahr 1991 wurde Niederösterreich durch ein neues Tourismusgesetz in sieben Tourismusregionen eingeteilt. Der Tourismusverband Semmering-Rax-Schneeberg fiel dabei in die neue Tourismusregion NÖ-Süd Alpin. Weiters wurde zu Beginn der 90er Jahre das Skigebiet am Semmering modernisiert und ausgebaut und seit 1995 ist die Gemeinde Austragungsort von DamenWeltcuprennen. In weitere Folge wurde durch die Errichtung von Flutlichtpisten die Möglichkeit geschaffen auch abends Ski zu fahren. Entlang der Semmeringbahn wurde Mitte der Neunziger Jahre ein „Bahnwanderweg“ errichtet, der den Wanderern neben der landschaftlichen Schönheit, die historische Bahnstrecke näher bringen soll. Die Nominierung und schlußendlich die Ernennung zum Weltkulturerbe verschafften der Region neue Möglichkeiten und Chancen.

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Während die Ankünfte in diesen Jahren zunahmen, konnten die Nächtigungszahlen trotz

dieser

Maßnahmen

nicht

gesteigert

werden

und

sanken

bis

zur

Jahrtausendwende auf einen absoluten Tiefstand (Tab. 7). (Vgl.: BRITT, 2004; GATTERER, 1993; GREITER, 2002) Nächtigungen

Reichenau

Payerbach

1990

143.365

39.038

1995

118.647

29.357

1999

92.691

12.654

Tab.: 7 Nächtigungen Reichenau & Payerbach '90 - '99 (BRITT, 2004)

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Tourismus und kulturhistorische bauten

4 Entwicklungsfaktoren des Fremdenverkehrs In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Entwicklungsfaktoren der Vergangenheit noch einmal zusammengefasst und der gegenwärtigen Situation gegenübergestellt.

Wie bereits im Text ausführlich beschrieben waren zu Beginn vor allem drei Aspekte für die rasante Entwicklung des Fremdenverkehrs in der bis dahin beinahe „unberührten Gegend“

entscheidend.

Rahmenbedingungen,

die

Dazu

zählen

die

leichte

Erreichbarkeit

speziellen und

die

landschaftlichen Entwicklung

im

Beherbergungsbereich. Diese Grundvoraussetzungen waren ausschlaggebend für die Investitionen in der Region, die im Infrastrukturbereich und in der Vermarktung getätigt wurden. Die Entwicklung des Reisens als Erholungszweck spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle, die von immer größeren Bevölkerungsschichten genutzt wurden Der allgemeine Wirtschaftsaufschwung nach dem zweiten Weltkrieg brachte die Region aber in eine zwiespältige Situation. Einerseits konnten kurzfristig extrem viele Gäste gewonnen werden, andererseits erlebten immer mehr Tourismusgebiete einen stärkeren Aufschwung durch vielfältigeres Angebot. Die zunehmende Motorisierung erleichterte das Erreichen von weiter entfernten Zielen und schwächte die Bedeutung der Bahn. Die für den Semmering so bedeutende Sommerfrische wird in dieser Form kaum mehr praktiziert und das veränderte Urlaubsverhalten stellt die Region vor neue Herausforderungen. (Vgl. HANZL, 2002)

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5 Kulturhistorisch bedeutende Gebäude und Villenbauten Die Semmeringarchitektur hat ihren Ursprung in den Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Villen in Reichenau und Payerbach. Einerseits entstanden zu dieser Zeit repräsentative schloßartige Villen wie etwa die Villa Wartholz, andererseits auf den Landschaftsgenuss abzielende Gebäude, bei denen das Hauptaugemerk auf die Aussicht gelegt wurde. Letztere zeichneten sich vor allem durch eine abgeschiedene Lage aus, die das Erscheinungsbild bedeutend prägten. Die spezielle Situierung und Berücksichtigung von ländlichen Gestaltungselementen waren auch Grundgedanke der am Semmering perfektionierten Villenkolonie. An der Entwicklung des Ortes Semmering waren die Architekten Franz von Neumann und Josef Bündsdorf federführend beteiligt. Von Neumann plante vor allem veredelte Varianten alpiner Bauernhaustypen wie das Salzburger-, Schweizer-, oder Tirolerhaus. Bis 1903 erbaute er 10 Villen, darunter seine eigene Villa in der Nähe des Südbahnhotels, die Vorbild für die entstehende Villenkolonie war und als Original der typischen Semmeringvilla gilt. Gestaltungsmerkmale waren „ein Sockelmauerwerk aus Bruchstein,

das

Erdgeschoss

aus

teils

verputztem,

teils

holzverkleideten

Ziegelmauerwerk über dem die oberen Etagen aus Holz hergestellt waren und ein schwach geneigtes Satteldach den Abschluss des Baues bildete. (FOTO S. 183) Der zweite Architekt der das Ortsbild des Semmering maßgeblich prägte war Josef Bündsdorf, der einige Villen im Schweizer Stil errichten ließ und Ende des 19. Jahrhunderts schließlich durch das Silbererschlössl große Bekanntheit erlangte. (Vgl.: BUCHINGER, 2006; KOS, 1992)

5.1 Ausgewählte kulturhistorische Bauten

Hier werden ausgewählte Gebäude in der Region Semmering-Rax vorgestellt, die nach eigenem Ermessen kulturhistorisch von besonderer Bedeutung sind. Der Schwerpunkt liegt auf den Gemeinden Reichenau, Payerbach und Semmering.

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5.1.1 Hotel Panhans Der damalige Restaurantchef des „Hotel Semmering“ (Südbahnhotel) Vicent Panhans beschloß Ende des 19. Jahrhunderts sein eigenes Hotel am Semmering zu errichten. Auf 1025 Metern Seehöhe, zwischen Passhöhe und Hotel Semmering, wurde es 1888 fertig gestellt. Das Hotel hatte zu Beginn 44 Zimmer und war im Gegensatz zum Hotel Semmering, in dem vorwiegend der Hochadel residierte, eine beliebte Unterkunft des mittleren Adels und der Industriellen. Der rasch wachsenden Nächtigungen sorgten für einen baldigen Ausbau und einer Reihe von Villenansiedlungen rund um das Hotel. Nach dem Tod des Gründers übernahm sein Neffe Franz Panhans das Hotel und hatte das Ziel aus dem Panhans ein in Europa einzigartiges Grandhotel zu machen. Der erste Schritt in dieser Richtung war eine Erweiterung um 63 Meter inklusive turmartigen Mittelpavillon, die eine Verdopplung der Zimmeranzahl mit sich brachte. Um auch den Hochadel anzulocken wurden umliegende Villen zugekauft oder neu errichtet. 1905 wurde das Angebot durch eine Genehmigung zur Kurbehandlung erweitert, diese zog jedoch teilweise den Ärger der Nachbarschaft auf sich, da das Abwassersystem nicht auf die neuen Zubauten abgestimmt war. In weiterer Folge wurde der Panhans zum Zentrum des gesellschaftlichen Lebens, der Tagesablauf der Oberschicht unterschied sich kaum von dem in der Stadt, wurde aber durch Autoausflüge und Wanderungen ergänzt. Im Gegensatz zum eher konservativ geführten Südbahnhotel war das Hotel Panhans auch für junge und sportbegeisterte Gruppen attraktiv. Ab 1910 begann eine neue Erweiterung um 400 Zimmer und eine Aufstockung auf 5 Geschoße, damit war das Panhans ab der Fertigstellung im Jahr 1913 mit 250 Metern das größte Hotel Europas.

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Nach dem Tod Franz Panhans wurde das Hotel nach dem ersten Weltkrieg aufgrund finanzieller Probleme und Nächtigungsrückgängen von der Witwe Klara verkauft. Die vorhergehende

Umwandlung

Aktiengesellschaft

sorgte

für

in

eine

unübersichtliche

Besitzverhältnisse und führte neben allgemeiner Alterung zur ersten Schließung des Hotel Panhans im Jahr 1924, konnte aber nach einer Renovierung bereits ein Jahr später wieder aufsperren. Die neue Version beinhaltete sowohl ein Grand Hotel als auch eine Sportpension. In den folgenden Jahren wurden eine Reihe an Investitionen getätigt unter anderem der Bau des Alpenstrandbades (1932, Abb. 5) – während der Eröffnung des ersten alpinen Hallenbades fand auch die erste Misswahl Österreichs statt – sowie die Errichtung des

Abb.: 4 Plakat Alpenstrandbad (KOS, 1992)

Alpencasinos 1934. Während des zweiten Weltkriegs wurde der Panhans zum Gauhotel umbenannt und für parteipolitische Veranstaltungen missbraucht. Gegen Ende des Krieges wurde jedoch auch das lange verschonte Hotel stark zerstört. Nach umstrittenen Investitionen wurde es bald nach dem Krieg wieder eröffnet und konnte auch ziemlich rasch hohe Gästezahlen verzeichnen. Doch wie die gesamte Region litt auch das Hotel an der zunehmende Veralterung und den ausbleibenden Modernisierungsmaßnahmen, ehemalige Stammgäste erwarben eigene

Wohnungen

in

neu

errichten

Reihenhaussiedlungen.

Die

hohen

Personalkosten konnten nicht mehr gedeckt werden und musste der Panhans 1970 geschlossen werden. Durch eine Versteigerung im Jahr 1978, der eine Vereinbarung des zukünftigen Käufers mit dem Land Niederösterreich vorausgegangen war, den Bau von Eigentumswohnungen bei gleichzeitiger Wiedereröffnung des Hotelbetriebes zu

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Tourismus und kulturhistorische bauten

genehmigen und finanziell zu fördern, erlebte der Panhans einen neuerlichen Aufschwung. Neben dem 1982 wiedereröffneten Hotel entstanden Eigentumsappartements und eine Tourismusschule sowie das Institut für Tourismus und Management. Das Hotel wurde darauf wieder zur Attraktion und entwickelte sich zu einem beliebten Seminarhotel. In der Gegenwart versucht das Hotel sich speziell durch die Vermarktung verschiedener Themenschwerpunkte zu präsentieren. So werden regionale Produkte verwendet, Nächtigungen in Kombination mit Theaterstücken angeboten oder Weinverkostungen veranstaltet. (Vgl.: GREITER, 2002; PAP, 1996)

Abb.: 5 Der Panhans im Wandel der Zeit (KOS, 1888)

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5.1.2 Schloss Reichenau Die „Veste Reichenau“ wurde Ende des 12. Jh. erbaut. „1256 wird in einer Urkunde ein gewisser „Perchthold de Reichenau“ erwähnt, womit auch die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Reichenau gegeben war. Die Besitzverhältnisse wechselten von den Pitten-Klamms unter anderem zur Familie Wolfseck, den Fallbachern, zu Herzog Otto dem Fröhlichen und schlussendlich 1333 zu den Zisterziensern aus Neuberg, die das Schloss 450 Jahre verwalteten und umgestalteten und wegen des günstigen Klimas auch als Jahressitz nutzten. Auch Kaiser Karl VI nächtigte oftmals im Schloss, wenn er in dieser Gegend der Jagdlust frönte. Die Berg- und Hüttenwerke Innerberg, die 1780 das Schloss übernahmen und hier ihre Werksleitung einrichteten, dürften sich nur wenig um die Erhaltung der Bausubstanz gekümmert haben, denn 1826 genügte ein kleines Erdbeben, um diverse Räumlichkeiten und die Schlosskapelle zu zerstören. 1829 wurde dann das Schloss umgestaltet und zum Teil neu gebaut, im Jahre 1870 von den Gebrüdern Waissnix erworben. Während des Baues der Semmeringbahn wurden hinter den dicken Mauern die Kassentruhen für die Beschäftigten aufbewahrt. Margarethe Bader-Waißnix errichtete 1992 eine Stiftung zugunsten der Gemeinde Reichenau an der Rax, in die sie das Schloss mit allen Nebengebäuden zwecks Gründung eines Kulturzentrums mit dem Schwerpunkt eines Ausstellungs- und Museumsbetriebes einbrachte. 2003 fand im Schloss Reichenau die NÖ Landesausstellung und 2004 die Ausstellung „150 Jahre Semmeringbahn“ statt. Seit 2005 ist im Schloss, einem beliebten Kulturstandort für Ausstellungen, Festivals und Märkte, die Dauerausstellung „Kulturerbe Reichenau“ zu sehen. Während der Sommermonate wir das Tourismusbüro Reichenau vom Gemeindeamt ins Schloss (laut Slogan: die „Eventlocation“ in den Zauberbergen) ausgelagert. (Vgl.: www.reichenau.at, Stand: Jan. 2010; Infotafel vor Schloss Reichenau, Nov. 2009)

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Abb.: 6 Schloss Reichenau, 2009 (www.reichenau.at)

5.1.3 Thalhof und Rudolfsvilla Der älteste Nachweis des damaligen Bauerngutes Thalhof fand sich 1652. Erstmals wurde das Tavernenrecht 1785 erteilt und 1823 erneuert, Danach war der Thalhof in wenigen Jahren zu einer der bekanntesten Gaststätten des Ostalpenraumes geworden. Durch weitere Jahrzehnte zu einem hervorragenden Hotelbetrieb ausgebaut, verkehrten hier Kaiser Franz Josef I., Kaiserin Elisabeth, viele Angehörige des Kaiserhauses, sowie Künstler, Dichter und zahlreiche andere bedeutende Menschen. Heute wird das abseits gelegene sowie traditionsreiche Hotel als Kurhaus geführt (Vgl.: Tafel Reichenauer Spaziergänge am Thalhof, Nov. 2009) Eine „frühere Dependance-Villa des Thalhofes“9 wurde 1857 zur Rudolfsvilla umgebaut und diente der Kaiserlichen Familie als Sommersitz. Diese war ein Teil der Kaltwasser-Heilanstalt „Rudolfsbad“ (1696 abgerissen) und steht heute unter Denkmalschutz. (Vgl.: HLAVAC, 1997; Informationstafel an der Rudolfsvilla, Nov. 2009)

9

Hlavac, Christian: Die Semmeringbahn als UNESCO-Weltkulturerbestätte, S.43

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30

Tourismus und kulturhistorische bauten

6 Aktuelle Tendenzen Ein Blick auf die Entwicklung der Nächtigungen der letzten 30 Jahre zeigt, dass die Gemeinden der Kleinregion stark an Übernachtungen verloren. Dieser Trend konnte seit 2003 ins Positive umgewandelt werden und sollte durch weitere qualitative Angebotsverbesserungen gestärkt werden. Eine ausführliche Analyse der gegenwärtigen Situation des Tourismus inklusive Zahlen & Fakten wurde anhand des, im Zuge des P2 am Institut für Stadt- und Regionalforschung verfassten Berichtes, „Der Tourismus in der Kleinregion Weltkulturerbe Semmering-Rax“ ausführlich dargestellt. Doch schon die Bezeichnung „Hausberg der Wiener“ deutet auf das Reiseverhalten vieler Gäste hin, die den Semmering großteils für Tagesausflüge nutzen. Auf diese Tendenz wurde bereits reagiert in dem man 13 von 14 Pistenkilometer mit Flutlicht versorgt hatte und somit das Potential des großen Einzugsbereichs nutzte und das abendliche Skifahren ermöglichte. Durch

die

Ernennung

zum

Weltkulturerbe

und

der

Unterstützung

des

Regionalmanagements hat die Region neue Chancen und Möglichkeiten bekommen, die jedoch noch stärker genutzt werden müssen um den Fremdenverkehr am Semmering kontinuierlich zu verbessern.

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Tourismus und kulturhistorische bauten

7 Zusammenfassung Der Semmering und die Reichenauergegend gelten als Pionierregionen des österreichischen Tourismus. Durch den Wandel in der Landschaftsbetrachtung ab Beginn des 19. Jahrhunderts und dem Bau der Bahnstrecke von Wien nach Gloggnitz im Jahr 1842 kamen die ersten Ausfluggäste aus Wien in die Region. Mit der Eröffnung der Semmeringbahn 1854 wurden auch bis dahin nicht erschlossenen Gebiete erreicht und damit die „Eroberung der Landschaft“ besiegelt. Die nun leicht erreichbare Region wurde zunehmend zum Erholungsziel der adeligen und großbürgerlichen Gesellschaft, die mit dem Bau von Sommervillen entscheidend zur Entwicklung beitrugen. Durch die ansteigenden Besucherzahlen wurden am, bis dahin kaum erschlossenen, Semmering erste Hotels errichtet deren bald eine Villenkolonie folgte. Die bedeutenden Grandhotels zu dieser Zeit waren das von der Südbahngesellschaft errichtete Hotel Semmering (später: „Südbahnhotel“) und das Hotel Panhans. Der Semmering gilt somit als erster künstlich angelegter Fremdenverkehrsort, dessen Ausbau der Infrastruktur stark von den privaten Hotelunternehmern ausgegangen war. Durch massive Investitionen wurde der Tourismus in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts

kontinuierlich

Wintersporteinrichtungen

ausgebaut.

(elektr.

Skilft,

In

dieser

Bobbahn,

Zeit

entstanden

Rodelbahn,…),

das

etliche erste

Alpenstrandbad, der erste Golfplatz Österreichs und das Alpencasino im Hotel Panhans, welches ebenfalls das erste in Österreich war. Neben dem Sport war auch die Bedeutung als Höhenkurort entscheidend für die Entwicklung, da in dieser Zeit eine Reihe von Kureinrichtungen entstanden. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die teils stark zerstörten Einrichtungen unter wirtschaftlich

schwierigen

Bedingungen

renoviert

und

revitalisiert.

Die

Nächtigungszahlen stiegen rasch an, wurden aber zum Großteil in neu errichteten preiswerteren Unterkünften getätigt. Durch verbesserte Verkehrsbedingungen nahm jedoch auch der Reiz in weiter entfernte Destinationen zu reisen zu. Der aufkommende

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Tourismus und kulturhistorische bauten

Massentourismus brachte auch eine Veränderung im Urlaubsverhalten mit sich, da die früheren Sommerfrischen kaum mehr Bedeutung hatten. Die ausbleibenden Gäste veranlassten die Schließungen der Grandhotels und einiger Kureinrichtungen und lösten damit den Niedergang des Fremdenverkehrs aus. Vor allem die junge Generation zog es kaum mehr an den Semmering, was eine allgemeine Veralterung der ehemaligen Tourismushochburg mit sich brachte. Erst in den 1980er Jahren erlebte das Gebiet einen neuerlichen Aufschwung und konnte durch

die

Wiedereröffnung

des

Hotel

Panhans

in

Kombination

mit

Eigentumsappartements und einer Tourismusschule den Fremdenverkehr revitalisieren. In der Folge kam es zu weiteren Investitionen, beispielsweise durch den Ausbau des Skigebiets am Semmering, die sinkenden Nächtigungszahlen konnten damit jedoch nicht aufgehalten werden. Im Gegensatz dazu kam es aber zu einem kontinuierlichen Anstieg der Ankünfte, der die Bedeutung als beliebtes Tagesausflugsziel unterstreicht. Die

Ernennung

zum

Weltkulturerbe

1998

ermöglichte

neue

Chancen

und

Entwicklungsmöglichkeiten die den Bekanntheitsgrad der Region fördern und neue Vermarktungspotentiale. Um den aktuellen Aufwärtstrend weiter zu verstärken wird es entscheidend sein, durch kooperatives Handeln gemeinsam Entwicklungsziele zu formulieren und den Tourismus am Semmering und in den umliegenden Gemeinden konkurrenzfähig zu machen.

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8 Quellen- und Abbildungsverzeichnis 8.1 Abbildungsverzeichnis Abb.: 1 Südbahnhotel nach Erweiterung - 1903 (PAP, 1996) ................................................. 10 Abb.: 2 Golfplatz Semmering (KOS, 1992)............................................................................... 13 Abb.: 3 Übersicht über Wintersportanlagen (KOS, 1992) ....................................................... 15 Abb.: 4 Plakat Alpenstrandbad (KOS, 1992) ............................................................................ 27 Abb.: 5 Der Panhans im Wandel der Zeit (KOS, 1888) ............................................................ 28 Abb.: 6 Schloss Reichenau, 2009 (www.reichenau.at) ........................................................... 30

8.2 Tabellenverzeichnis Tab.: 1 Häuseranzahl Reichenau (KOS, 1996) .......................................................................... 12 Tab.: 2 Nächtigungen Reichenau & Payerbach (PAP 1996; BRITT, 2004) ................................ 16 Tab.: 3 Nächtigungen Semmering (PAP, 1996) ........................................................................ 17 Tab.: 4 Nächtigungen Semmering '46 - '49 (GREITNER, 2002)................................................. 19 Tab.: 5 Sommerwohnungen Reichenau (PAP, 1996) ............................................................... 20 Tab.: 6 Tourist. Daten Reichenau & Payerbach '75 - '90 (BRITT, 2004) ................................... 22 Tab.: 7 Nächtigungen Reichenau & Payerbach '90 - '99 (BRITT, 2004).................................... 23

8.3 Quellen − BRITT, Andreas: Tourismus und Tourismusentwicklung in Payerbach und Reichenau, 2004 − BUCHINGER, Günther: Villenarchitektur am Semmering, 2006 − GATTERER, Sabine: Geschichte des Fremdenverkehrs am Semmering, 1993 − GREITER, Tanja: Die wirtschaftliche Entwicklung des Semmeringgebietes, 2002 − HANZL, Tanja: Entwicklungsfaktoren des Fremdenverkehrs dargestellt am Beispiel der Region Semmering, 2002 − HLAVAC, Christian: Die Semmeringbahn als UNESCO-Welterbestätte, 1997 − KOS, Wolfgang: Eroberung der Landschaft, 1992 jörg büsser I florian lehner I daniela schulhofer I simon sonnleitner I sebastian steinbrecher

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− PAP, Robert: Wiedergefundenes Paradies, 1996 − Informationstafel an der Rudolfsvilla, Sichtung Nov. 2009 − Informationstafel Reichenauer Spaziergänge am Thalhof, Sichtung Nov. 2009 − Informationstafel vor Schloss Reichenau, Sichtung Nov. 2009 − www.reichenau.at, Abfrage Jän. 2009 − www.leader-noe-sued.at, Abfrage: Jän. 2010

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