Praktikumsbericht Gliederung 1. 2. 3. 4. 5.

Praktikumsfindung S.1 Vorbereitung S.2 Praktikum in der Schule S.3 Leben, Land und Leute S.4 Fazit S.5

Deutsche Schule Punta Arenas, Magallanes, Chile 30.08.2015 – 12.12.2015

1. Praktikumsfindung Schon lange spürte ich wieder die Sehnsucht im Ausland zu leben und hatte große Lust irgendwo ein Praktikum zu absolvieren. Während meines Romanistikstudiums hatte ich leider keine Möglichkeit und nun nach zwei Semestern DaZ auf Grundschullehramt, kam das Bedürfnis nach mehr praktischem Einblick in den Schulalltag noch hinzu. Da ich nach dem Abitur schon einmal 6 Monate in Buenos Aires gelebt hatte und dort ein Praktikum in einem Kulturzentrum gemacht hatte, war für mich klar: ich will am Liebsten nach Südamerika. Spanisch konnte ich aufgrund des Argentinienaufenthalts und meines ersten Studiums und wollte es auch gerne noch verbessern und die lateinamerikanische Kultur und Lebensart hatte es mir sowieso angetan. Eine geeignetes Angebot bei Student und Arbeitsmarkt gab es nicht und so entschied ich mich für eine selbstständige Praktikumssuche. Ich recherchierte Tage lang im Internet über die Deutschen Schulen in Südamerika und bewarb mich rundum in verschiedenen Ländern initiativ. Aber auch nach Spanien schickte ich zahlreiche Bewerbungen, da auch das für mich in Frage kam. Ich bekam viele Antworten und auch viele Zusagen und wurde dann vor die Frage gestellt „Wohin?“. In Chile war ich schon einmal auf Reisen und es hat mir gut gefallen. Obwohl Argentinien definitiv mein südamerikanisches Lieblingsland ist/war – jetzt ist noch ein Weiteres hinzugekommen – wollte ich nicht nochmal dorthin, sondern etwas Neues kennenlernen. Da ich das Leben in einer südamerikanischen Großstadt schon durch Buenos Aires kannte, zog ich vor allem die kleineren Schulen in kleineren Städten in Betracht. Die Zusage der Deutschen Schule Punta Arenas hat mich sofort irgendwie gereizt. Die südlichste Stadt des chilenischen Festlandes und in dieser wahnsinnigen 1

Umgebung. Mal für eine Zeit am Ende der Welt zu Leben, stellte ich mir unglaublich spannend vor. Wann erlebt man das denn schon einmal? Hinzu kam, dass der Kontakt mit der Beauftragten der Deutschabteilung der Deutschen Schule sofort sehr nett und sie sehr sympathisch und hilfsbereit war. Das ließ mich letztendlich die Entscheidung fällen nach Punta Arenas aufzubrechen. Doch bevor es los ging gab es so Einiges an Papierkram zu erledigen. Ich bewarb mich für ein Stipendium des DAAD Programms Promos (da es eine DSD-Schule ist), musste mein Urlaubssemester beantragen und, und, und ... 2. Vorbereitung Neben der ganzen Bürokratie wollte ich mich aber auch anderweitig auf Patagonien und die chilenische Kultur vorbereiten. So besuchte ich ein Interkulturelles Training des Lehrstuhls für Interkulturelle Kommunikation an der LMU. Mein Spanisch frischte ich auch wieder etwas auf und begann mich im Internet, in Reiseführern und Büchern in die chilenische Kultur, das Land und seine Leute einzulesen. Außerdem habe ich meine Auslandskrankenversicherung die nur 3 Wochen gilt, um die Anzahl an Tagen die ich in Chile sein würde aufgestockt und eine Auslandshaftpflichtund Unfallversicherung abgeschlossen. Am 24. August ging es dann ab ins Flugzeug und los. Ich flog über Sao Paolo, Santiago (eine Nacht Aufenthalt – äußerst angenehm – ich bin in die Stadt in ein Hostel gefahren), Puerto Montt nach Punta Arenas. Ein Visum beantragte ich nicht, da ich aus eigener Erfahrung wusste, wie einfach es ist ein dreimonatiges Touristenvisum durch eine kurze Ein- und Ausreise in ein südamerikanisches Nachbarland zu erneuern. Dadurch bekommt man immer wieder neue drei Monate Aufenthaltsrecht. Nicht bedacht habe ich dabei, dass mein Rückflug erst nach 5 Monaten ist, da ich im Anschluss an mein 3 ½ monatiges Praktikum noch reisen wollte. Den Damen am Lufthansa-Check-In musste ich also erklären, dass ich durch Südamerika reisen werde und mich nicht länger als 3 Monate in einem Land aufhalten werde. Von meinem Praktikum habe ich selbstverständlich nichts erwähnt. Das darf man an der Grenze natürlich nicht sagen. Sonst kommt man gar nicht erst rein, selbst wenn es unbezahlt ist. Dafür bräuchte man dann ein Visum. Aber alles ging glatt und ich konnte fliegen und habe mein Visum auch erfolgreich kurz vor Ablauf der 3 Monate in Argentinien erneuert. Das geht auch an ein und demselben Tag und interessiert die Grenzbeauftragten herzlich wenig. Von Punta Arenas aus ist Argentinien ja auch ganz nah. Ich bin natürlich mit einigen Erwartungen an mein Praktikum gestartet. Ich war sehr aufgeregt mein erstes richtiges und langes Praktikum – ich hatte bisher nur mein dreiwöchiges Orientierungspraktikum und ein zweiwöchiges Montessori-Praktikum absolviert – im Ausland zu machen. Ich stellte mir vor viel, viel Neues zu lernen und war gespannt den DaZ/DaF-Unterricht in verschiedenen Klassen und Stufen mit unterschiedlichen Lehrern zu erleben. Diesen kannte ich bisher nur aus einer Übergangsklasse der Münchner Schwindschule. Ich war unglaublich nervös, dass ich das erste Mal so richtig alleine Unterrichten werden würde und habe das als eine große Verantwortung empfunden. Ich erwartete mir auch einen bilingualen Unterricht und sah auch das als Herausforderung. Ich hatte die Erwartung mitzuhelfen, spannende und langweilige Aufgaben zu übernehmen, Verantwortung zu tragen, zu unterstützen und den Lehreralltag kennenzulernen. Ebenso war ich neugierig, ob die erlernten Inhalte der 2

Universität im Praktikum umsetzbar sein würden. Interessant würde werden, wie Deutschunterricht am Ende der Welt, so fern von Deutschland sein würde. Außerdem an einer Privatschule, was ja alle Deutschen Schulen in Südamerika sind. Wie funktioniert Schule in Chile? Ich wollte mich selber ausprobieren und aktiv und selbstständig im Schulalltag agieren und nicht nur darüber sprechen und lesen und hören. Als Fazit kann ich sagen - alle Erwartungen wurden erfüllt und alle Fragen wurden beantwortet. 3. Praktikum in der Schule Ich kam in Punta Arenas an, wurde wahnsinnig herzlich in der Schule aufgenommen und sofort komplett integriert. Ich habe mich gleich Hals über Kopf ins Schulleben gestürzt. Die ersten Wochen habe ich fast nichts anderes gemacht. Ich durfte in verschiedenen Klassenstufen und bei verschiedenen Lehrern im spanischsprachigen und im Deutschunterricht in der Grundschule hospitieren und unterstützend begleiten. Ich habe eine 2.Klasse das komplette Praktikum hindurch begleitet. Ich durfte selbstständig in Begleitung einer Lehrkraft Deutsch in der 1./2./3./4.Klasse unterrichten. Ich plante mit Unterstützung der Lehrkräfte eigenständig die Stunden, setzte Lernziele, formulierte aus, bereitete vor, setzte um, führte durch und bereitete nach. Ich lernte wahnsinnig viel in der Praxis, beim eigenen Tun, beim Zuschauen und evaluieren. Ich probierte aus und lernte, was gut funktioniert und was nicht. Ich konnte eigene Ideen einbringen. Ich wurde um Hilfe gebeten und meine Hilfe wurde immer dankend angenommen. Mit zwei anderen Praktikanten plante und setzte ich vier Projekte um. Diese waren eine Verbindung der Fächer Biologie und Deutsch. Wir Praktikanten arbeiteten mit Schülern im Schulgarten, im Gewächshaus, bauten Vogelhäuser und Insektenhotels und übten deutsches Vokabular und mündliche Präsentationen zur Ergebnissicherung. Außerdem übernahmen wir die Elternkommunikation. Ich half SuS verschiedener Klassenstufen bei der Vorbereitung auf Deutsche Sprachdiplome, Vergleichsmessungen, Aufsatzwettbewerbe und Debattierwettbewerbe. Ich bekam einen Einblick in das Bewertungssystem, die Benotung, das Korrekturvorgehen und das Erstellen von Prüfungen. Ich lernte Klassenbucheinträge zu verfassen, hatte Prüfungsaufsicht und nahm an zwei Lehrerfortbildungen („Kooperatives Lernen“ und „Theaterpädagogik“) teil. Ich hatte wöchentliche Besprechungen mit meiner Betreuungslehrerin und nahm an der wöchentlichen Deutschfachsitzung teil. Ich arbeitete mit anderen Praktikanten und Lehrkräften zusammen. Auch am Schulgeschehen durfte ich aktiv teilhaben. Ich arbeitete beim nationalen Wettbewerb der rhythmischen Sportgymnastik mit, erlebte Festakte anlässlich des „Día del profesor“, des „Oktoberfests“, des chilenischen Nationalfeiertags, der Wahl der Schülervertretung, des Tags der deutschen Einheit, des Nikolausfests und organisierte Weihnachtsbasteln und ein Lehrerfrühstück. Ich war, vor allem zu Beginn des Praktikums, rundum ausgelastet und habe in kurzer Zeit wahnsinnig viel Neues über mich, die Schule, das Unterrichten und über die Kinder gelernt, wie noch nie zuvor bei einem Praktikum. Ich hatte sehr viel Spaß. Mit der Zeit wurde ich etwas gelassener und vertrauter mit dem Schulalltag und fühlte mich durchaus ausgelastet, aber weniger im Organisationsstress. Ich habe auch vieles aus dem Studium ausprobiert, hier allerdings mehr die praktischen Ideen aus den Seminaren als irgendwelche Vorlesungsinhalte und konnte von Einigem 3

profitieren und bei Einigem feststellen, das es in der Realität und in der Grundschule im DaZ/DaF-Bereich nicht realisierbar ist. Als Fazit, weiß ich jetzt auf jeden Fall wie viel Spaß mir Unterrichten macht und ich bin mir nun fast sicher, diesen Beruf mal anzutreten. Ich habe viel gelernt und werde nun auf jeden Fall anders in die Uni zurückgehen und anders weiter studieren. Ich weiß nun wovon gesprochen wird und kann mir das Erlernte in der Praxis vorstellen. Ich kann jedem nur empfehlen so viele Praktika wie möglich zu machen, man kommt der Berufsrealität viel näher. Auch früh in die Praxis zu schnuppern, erscheint mir sehr sinnvoll, um zu sehen, ob man das will und zu lernen und auch um das Studium aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten. Um zu erkennen was man dabei für den Beruf mitnehmen kann. Ich werde mit großer und vor allem anderer Motivation an die Uni zurückkehren. Hinzu kommt, dass ein Praktikum im Ausland eine spannende Erfahrung ist. Ich habe mein Spanisch verbessert und teils bilingual unterrichtet, was mich wahnsinnig viel weiter gebracht hat. Der Schulalltag in Chile ist aber auf jeden Fall anders, im Lehrerzimmer ist es lauter und lustiger und alles dauert viiiiel länger und das stresst aber niemanden so sehr. Auch ist eine Vertretungssuche oftmals etwas zu spät dran. Alles ist etwas unorganisierter und aufgrund fehlender Struktur viel komplizierter als es sein müsste. Das ist spannend zu erleben und bei manchem wird man als Deutscher wahnsinnig und von manchem, wie beispielsweise der Gelassenheit, kann man sich durchaus mal eine Scheibe abschneiden. 4. Leben, Land und Leute Die Schule ist sehr herzlich und das ganze Kollegium inklusive der Deutschabteilung hat mich sehr offen und warmherzig aufgenommen. Alle waren außerordentlich hilfsbereit, wie ich es noch nie erlebt habe. Ich habe ausschließlich Einheimische kennengelernt. Hier aber vor allem Kollegen aus der Schule. Kontakte außerhalb der Schule zu knüpfen ist über Sport oder Aktivitäten in der Uni durchaus möglich. Hier aber nicht so leicht. Punta Arenas ist sehr klein und die Bewohner sind sehr familienbezogen und laden gerne zu sich nach Hause ein. So habe ich viele Freunde gefunden, ein paar Jahre älter als ich, da es kaum gleichaltrige Kollegen gibt, aber sehr liebe Leute. Man taucht auf jeden Fall richtig ins chilenische Leben ein. Ich wurde zu zahlreichen Grillabenden, Ausflügen und auf viele Estancias (Schaffarmen) mitgenommen und eingeladen und mir sind viele Leute hier sehr ans Herz gewachsen. Doch es gibt hier auch eine Uni und auch abends lässt sich etwas unternehmen. Es gibt Bars und auch die ein oder andere Disko zum ausgehen. Im Vergleich zu meinen Erfahrungen in Buenos Aires ist das hier jedoch eher wenig. Für mich war hier vor allem eher die Leute und die Natur und Umgebung im Mittelpunkt meines Interesses, da ich ja das kulturelle Durcheinander, das Großstadtleben und das Ausgehen usw. schon mal in Buenos Aires hatte und auch in München immer habe. Ich habe mit einem anderen Praktikanten ein kleines Häuschen gemietet, das wir über die Zeitung gefunden haben. Es war möbliert, recht günstig und voll in Ordnung. Der Standard hier ist nicht überall so hoch, viele Häuser sind etwas zugig und kalt, aber meines Erachtens völlig okay. Grundsätzlich wohnen Studenten oder Praktikanten in Punta Arenas meist in Gastfamilien. Diese nehmen gerne Studenten auf und man zahlt für ein Zimmer und Vollverpflegung. In WGs wird hier aus Kostengründen weniger 4

gewohnt. Es gibt aber auch Studentenapartments in denen mehrere Studenten in kleinen Zimmern mit einer Gemeinschaftsküche wohnen. Diese befinden sich vor allem in Uni Nähe und wo genau, lässt sich in der Uni gut erfragen oder auf Gesuchen die dort aufgehängt wurden, finden. Chile hat mir super gut gefallen. Ich habe selten so herzliche Menschen wie hier unten in der Region Magallanes erlebt. Egal ob in der Schule oder außerhalb. Alle sind hilfsbereit und freundlich, wirklich mit wenigen Ausnahmen. Die Stadt ist bunt und windschief und liegt an der Magellanstraße. Es gibt außenherum wahnsinnig viel zu erkunden. Wem die Natur gefällt, wer gerne wandert, klettert, zeltet, reitet, fischt und Feuer macht, ist hier genau richtig. Es ist wirklich wunderschön und ich habe noch nie so viele tolle Tiere gesehen und so eine unglaubliche Weite und so ein Nichts erlebt. Das ist eine einmalige Erfahrung. Ich bin zum südlichsten Zipfel des chilenischen Festlandes gewandert, habe Delfine, Seelöwen, Pinguine, Andenkondore, tausend Vögel, Wildpferde, Guanakos, Ñandus und einen Puma gesehen. Ich war im Torres del Paine Nationalpark und bin 80km gewandert, habe 190 km/h Wind erlebt und das nicht nur einmal, habe die schönsten Berge, Flüsse, Seen und verlassensten Orte meines Lebens gesehen, ich war auf dem Feuerland, und und und... Hier ist es oft sehr windig. Auch im Frühling und Sommer hat es selten über 17 Grad, es scheint viel die Sonne und im Sommer ist es 18 Stunden hell, das Licht ist der Wahnsinn und plötzlich schneit es mal wieder kurz ... Man ist hier wirklich am Ende der Welt und das spürt man. Dessen muss man sich bewusst sein. Dass hier Deutsch gelernt wird, ist umso verrückter. Viele Chilenen haben zwar deutsche Vorfahren, doch trotzdem ist Deutschland so fern und auch für viele SuS ist es schwierig eine Verbindung zur Sprache herzustellen, umso wichtiger ist es das deutsche Praktikanten kommen. Die Magallanicos sind sehr familienbezogen, kulturell ist nicht so viel los und sie arbeiten sehr viel. Sie entwickeln ganz, ganz langsam ein Bewusstsein für Umwelt und Ernährung, trinken gern Wein und essen viel Fleisch, sind lustig und was spannend ist, ganz viele kommen von überall her und haben verschiedenste Vorfahren. Auch die noch nahe Vergangenheit der Pinochet-Diktatur ist durchaus noch spürbar und ich fand es sehr interessant die Nachwehen und noch bestehenden unterschiedlichen Positionen zu hören und mitzuerleben. Mein Spanisch ist nochmal um Einiges besser geworden, das ist richtig toll. 5. Fazit Abschließend kann ich die Praktikumsstelle an der Deutschen Schule Punta Arenas anderen Praktikanten nur wärmstens empfehlen. Man wird eingebunden, herzlich aufgenommen und integriert. Die Schule ist nicht zu groß und nicht zu klein. Man geht nicht verloren und hat was zu tun. Es ist sicher nur ein Teil der chilenischen Realität, dem muss man sich bewusst sein. Die der Oberschicht. An einer öffentlichen Schule sieht der Alltag sicher ganz anders aus. Das war das Einzige was ich sehr schade fand, nur einen Ausschnitt dessen zu erleben. Die Kinder an der Deutschen Schule kommen aus recht wohlhabenden Familien und sind dementsprechend auch etwas verwöhnter. Doch auch das ist eine interessante Erfahrung und die Kinder sind mir natürlich trotzdem sehr ans Herz gewachsen und fehlen mir sehr.

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Die Schule ist auf jeden Fall jederzeit bereit Praktikanten aufzunehmen und wird euch hilfsbereit empfangen. Es ist eine Gesamtschule, kommt also für Grundschullehrer und auch Oberstufenlehrer in Frage. Es gibt auch einen Kindergarten. Auf Punta Arenas und Umgebung muss man Lust haben. Für ein wildes Partypraktikum ist es hier nichts, obwohl man das womöglich auch erleben kann. Doch wen die Natur und Wildnis und das Unberührte interessiert und wer ein ganz eigenes Freiheitsgefühl mal erleben will, der sollte sich die Chance, hier unten mal ein paar Monate seines Lebens zu verbringen, nicht entgehen lassen.

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